Statt Augenzeugen - Forum
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TECHNIK TECHNIK<br />
VERGLEICH GEFORMTER VERLETZUNGEN<br />
MIT DEM MUTMASSLICHEN TATWERKZEUG<br />
Geformte Haut- oder Knochenverletzungen lassen Rückschlüsse<br />
auf die Form sowie die Positionierung des Tatwerkzeuges zu.<br />
Im Falle einer Bissverletzung galt es zu beurteilen, welcher von<br />
zwei Tatverdächtigen als Beißender in Frage kam, bzw. wel cher<br />
von beiden davon auszuschließen war.<br />
Die Bissverletzung am Unterarm des Opfers wurde mittels Photogrammetrie<br />
und 3-D-Oberflächenscanning erfasst. Von den<br />
Tatverdächtigen wurde jeweils der Gebissabdruck genommen und<br />
ebenfalls mittels Oberflächenscanning digitalisiert (Abb. 7).<br />
Beim geometrischen Vergleich im Computer zeigte sich, dass<br />
beim ersten Tatverdächtigen die Größe des Zahnbogens mit den<br />
ent spre chenden Bissspuren in Form und Größe übereinstimmte.<br />
1<br />
Unregelmäßigkeiten in der Zahnstellung, welche in der Bissspur<br />
ersichtlich waren, konnten hingegen im Gebiss des zweiten Tat -<br />
ver dächtigen wiedergefunden werden (Abb. 8). Das führte zu<br />
der Beurteilung, dass als Verursacher der Bissverletzung eher<br />
Tat verdächtiger 2 in Frage kam. Unter Berücksichtigung wei terer<br />
Fallumstände konnte dieser schließlich als Angreifer ermittelt<br />
werden.<br />
TATREKONSTRUKTION<br />
Abb. 7 | Maßstäbliche<br />
3-D-Modelle der Gebissabdrücke<br />
beider Tatverdächtiger<br />
Abb. 8 | Maßstäblicher<br />
Vergleich des Unterkiefers<br />
des Tatverdächtigen 2<br />
In einem schweren Fall häuslicher Gewalt wurde eine junge Frau<br />
von ihrem Ehemann mit einem Hammer attackiert und starb auf<br />
dem Weg ins Krankenhaus an den schweren Kopfverletzun gen.<br />
Mittels einer Blutspurenanalyse im Schlafzimmer sollte der Hergang<br />
des Ereignisses rekonstruiert und Aussagen des Ehemannes<br />
verifiziert werden. Dieser gab gegenüber den Ermittelnden an,<br />
inmitten eines Streites mit seiner Frau einen Hammer behändigt<br />
und die auf dem Bett vor ihm sitzende Frau auf den Kopf ge -<br />
schlagen zu haben.<br />
Das Schlafzimmer mit einer großen Blutspurenverteilung auf<br />
dem Bett, an den umliegenden Wänden und dem übrigen Mobiliar<br />
wurde mittels Tachymeter und digitaler Photogrammetrie<br />
dreidimensional vermessen. Aus den Daten wurde ein 3-D-<br />
Modell des Raumes erstellt (Abb. 9).<br />
Die Blutspritzer am Bettgestell und den Wänden wurden in den<br />
photogrammetrischen Aufnahmen ausgewertet und mittels<br />
CAD in das 3-D-Modell des Schlafzimmers integriert. Insgesamt<br />
200 einzelne Blutspritzer wurden so erfasst. Mit der Kenntnis<br />
der Geometrie eines Blutspritzers lassen sich Richtung und Auf -<br />
treff winkel des Blutstropfens ermitteln. Mittels ballistischer<br />
Software kann zudem die Flugbahn berechnet werden. Wie in<br />
Abb. 10 dargestellt können so die Ursprungsorte der Blutspritzer<br />
ermittelt werden. Findet man sich überlagernde Blutspritzer,<br />
kann man sogar die chronologische Reihenfolge der Schläge<br />
be stimmen.<br />
Es zeigte sich in dem vorliegenden Fall, dass sich der Kopf der<br />
Frau, als sie die ersten Schläge erlitt, unmittelbar über dem Kis -<br />
sen befand und sie weitere Schläge erhielt, während sie sich<br />
erhob.<br />
Diese Erkenntnis widerlegt die Aussage des Ehemannes. Sehr<br />
wahrscheinlich hat sich, auch aufgrund des Verletzungsmusters<br />
am Kopf der Frau, das Ereignis wie in Abb. 11 dargestellt abgespielt.<br />
Abb. 9 (oben) |<br />
3-D-Modell des<br />
Tatortes (links) mit<br />
den rekonstruierten<br />
Flugbahnen<br />
der Blutstropfen<br />
Abb. 10 |<br />
Ursprungsorte der<br />
Blutspritzer mit<br />
zeitlicher Reihenfolge<br />
Abb. 11 |<br />
Rekonstruierte<br />
Angriffsposition<br />
1<br />
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