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Statt Augenzeugen - Forum

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Zeitschrift des Bundes der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V. | www.bdvi-forum.de<br />

<strong>Statt</strong> <strong>Augenzeugen</strong><br />

Digitale Ermittlungen<br />

– 3-D-Vermessungstechnik<br />

in der Rechtsmedizin<br />

In Augenschein<br />

Photogrammetrische Gutachten<br />

– Tatrekonstruktion<br />

im ÖbVI-Büro<br />

Auf Augenhöhe<br />

Tägliche Chefbehandlung<br />

– Martina Wolkowa im Gespräch<br />

DPAG PVSt G 50591 »Entgelt bezahlt« BDVI Berlin<br />

36. Jahrgang<br />

2010<br />

ISSN 0342-6165<br />

HEFT 1


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_ BDVI-KONGRESS 2010 IN DRESDEN<br />

Feierliche Übergabe der Einladung zum<br />

BDVI-Kongress 2010 an den<br />

sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich<br />

Der Vorsitzende der Landesgruppe Sachsen<br />

des BDVI Wolfgang Heide über reich -<br />

te am 9. Dezember 2009 gemeinsam mit<br />

den Abgeordneten des Sächsischen Landtags<br />

Marko Schiemann und Volker Bandmann<br />

dem sächsischen Ministerpräsidenten<br />

Stanislaw Tillich die Einladung<br />

zum BDVI-Kongress, der im Jahr 2010<br />

zu Gast in der Landeshauptstadt Dresden<br />

sein wird. Herr Schiemann und Herr<br />

Bandmann begleiten die Landesgruppe<br />

Sachsen des BDVI bereits seit dem Jahr<br />

1990 konstruktiv.<br />

_ ÖBVI-EINFÜHRUNG IN BAYERN<br />

Forderung des IGVB<br />

IGVB-Präsident Thomas Fernkorn hat in einem Schreiben<br />

vom 22. Februar 2010 an die bayerische FDP-Fraktion – ähnliche<br />

Briefe gingen auch an die Fraktionen von CSU, FW und<br />

Grünen – auf die schwierige berufsrechtliche Situa tion der<br />

freiberuflichen Vermessungsingenieure in Bayern hinge -<br />

wiesen und die Forderung des Verbandes zur Öffnung der<br />

hoheit lichen Katastervermessung für den Freien Beruf unterstrichen<br />

und damit für die Möglichkeit der Zulassung als<br />

ÖbVI in Bayern plädiert.<br />

»Unser Berufsstand teilt sich in Bayern in zwei Lager. Wäh -<br />

rend die hoheitliche Katastervermessung monopolistisch beim<br />

Staat liegt, wird der Bereich der Ingenieur- und der Baurechts -<br />

:::::: MOSAIK<br />

Von links nach rechts: Ministerpräsident Stanislaw Tillich,<br />

Wolfgang Heide und die Landtagsabgeordneten<br />

Volker Bandmann und Marko Schiemann<br />

Der Ministerpräsident bedankte sich für die<br />

Einladung und sicherte dem Kongress die Unterstützung<br />

des Freistaates Sachsen durch Über -<br />

nahme der Schirmherrschaft zu.<br />

Im Gespräch<br />

vermes sung vom Freien Beruf wahrgenommen. Aufgrund dieser<br />

in Europa einzigartigen Verteilung sieht sich der Freie Beruf in<br />

Bayern gegenüber den in- und ausländischen Kollegen in einem<br />

massiven Wettbewerbsnachteil. Viele Aufträge sind mit Ka tas -<br />

tervermessungen kombiniert, daher sind diese dem bayerischen<br />

Vermessungsingenieur von vorneherein verwehrt. Während in<br />

Deutschland, damit auch in Bayern, die Bedingungen für ausländische<br />

Firmen, hierzulande Fuß zu fassen, immer weiter ver -<br />

bessert werden, ist unser Beruf regelrecht mit einem Berufsverbot<br />

belegt, was die hoheitliche Katastervermessung anbelangt.<br />

Daher fordern wir die Öffnung der hoheitlichen Katastervermessung<br />

für den Freien Beruf in Bayern«, – so Fernkorn.<br />

1<br />

249


MOSAIK MOSAIK<br />

_ BDVI-LANDESGRUPPE HAMBURG<br />

Goldene Ehrennadel<br />

des BDVI für Walter Hanack<br />

und Stabwechsel<br />

im Landesvorsitz<br />

250<br />

Für hervorragende Verdienste um den Freien Beruf des Öffent<br />

lich bestellten Vermessungsingenieurs in der Bundesrepublik<br />

Deutschland wurde auf der Mitgliederversammlung<br />

am 23. Februar in Hamburg Walter Hanack, ÖbVI in Hamburg,<br />

die Goldene Ehrennadel verliehen.<br />

Über 25 Jahre persönlichen, engagierten Einsatzes als Vorsitzender<br />

der Landesgruppe Hamburg und dienstältestes Mitglied<br />

des BDVI-Hauptvorstandes haben die Verbandsarbeit we -<br />

sentlich geprägt und positiv beeinflusst. Zukunftsorientiertes<br />

Den ken und Handeln, pragmatisches und unbürokratisches Len -<br />

ken sind das Markenzeichen von Walter Hanack.<br />

Zum neuen Landesvorsitzenden in Hamburg wurde ÖbVI Gerd<br />

Grabau, Büro Hanack und Partner, gewählt.<br />

Herzlichen Glückwunsch und gutes Gelingen!<br />

_ PROFESSIONELL UND ZEITGEMÄSS<br />

Die neue Internetpräsenz des BDVI<br />

1<br />

Gerd Grabau und Walter Hanack<br />

Die neue Internetpräsenz des BDVI wurde am<br />

10. November 2009 freigeschaltet. Sie ist sowohl<br />

technisch als auch gestalterisch auf einen zeitge<br />

mäßen Stand gebracht worden.<br />

Als Grundlage für das Design diente der beliebte<br />

BDVI-Notizblock. Die bewährte Struktur der Homepage<br />

wurde beibehalten, so auch der Zugang zum<br />

internen Mitgliederbereich der BDVI-Homepage. Zu -<br />

gleich wurde die Seite um einige Bereiche erweitert,<br />

z. B. das aktuelle Thema »Nachwuchsgewinnung«.<br />

Der Beitrag befindet sich im Menü »ÖbVI > BERUFung<br />

ÖbVI« und enthält Informationen über die vom BDVI<br />

unterstützten Initiativen zur Werbung für den be -<br />

ruf lichen Nachwuchs und die entsprechenden Links,<br />

z. B. Arbeitsplatz-Erde.de oder Initiative »Technikum«.<br />

Sehr empfehlenswert ist auch der Bereich »Projekt<br />

Schulstunde« mit vielen Arbeitshilfen und Tipps.<br />

Die Informationen sind allgemein zu gänglich.<br />

_ GIS BEST PRACTICE AWARD<br />

Auslobung 2010<br />

Mit dem GIS Best Practice Award des DVW e. V.<br />

werden GIS-Projekte ausgezeichnet, die beispielgebend<br />

sind und zukünftigen GIS-Projekten als<br />

Vorbild und Referenz dienen.<br />

Durch die Auszeichnung soll die Publizität dieser<br />

Projekte erhöht und die Zusammenarbeit im Geo -<br />

informationswesen gefördert werden. Der GIS Best<br />

Prac tice Award des DVW wird jährlich im Rahmen der<br />

INTERGEO vergeben.<br />

Zur Bewerbung aufgefordert sind Projekte aus<br />

der jeweiligen INTERGEO-Region. 2010 sind dies die<br />

Bun desländer Hessen,<br />

Nordrhein-West fa -<br />

len, Rheinland-Pfalz,<br />

Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen. Der GIS<br />

Best Practice Award<br />

des DVW wird vom<br />

BDVI und weite ren<br />

Verbänden unterstützt.<br />

_ EIN HISTORISCHER SCHRITT<br />

Zusammenschluss<br />

von CLGE und GE<br />

Das wichtigste Thema der Tagungen der Geometer Eu -<br />

ropas (außerordentliche Generalversammlung) und des<br />

CLGE-Vorstandes vom 7. bis 9. Januar in Villars war der<br />

bevorstehende Zusammenschluss von CLGE und GE.<br />

»Diese Entscheidung bedeutet einen historischen Schritt<br />

in Richtung einer stärkeren Vertretung der Geome ter<br />

in Europa«, betonte CLGE-Präsident Henning Elmstroem.<br />

Die im CLGE zuständige Arbeitsgruppe hat einen Vor -<br />

schlag für die Satzung des neuen CLGE nach dem vereinbarten<br />

Grundsatz der Einfachheit vorgelegt. Nun müssen<br />

beide Organisationen eine endgültige Entscheidung da -<br />

rü ber treffen. Geplant ist, den Satzungsentwurf auf den<br />

Ge neralversammlungen im Mai (CLGE) bzw. Juni (GE) vor -<br />

zustellen, damit eine Verabschiedung im September 2010<br />

in Varna möglich ist.<br />

_ SCHLICHTUNGSSTELLE DES BDVI<br />

Beginn der Arbeit<br />

Die BDVI-Mitgliederversammlung hatte sich am 6. Juni vergangenen<br />

Jahres in Zusammenhang mit dem Entschluss über<br />

die neuen Standesregeln des Verbandes eine Schlichtungs -<br />

ord nung gegeben.<br />

Gleichzeitig wurde BDVI-Justitiar Dr. Rüdiger Holthausen als<br />

Vorsitzender der Schlichtungsstelle gemäß Satzung für die Dauer<br />

von vier Jahren einstimmig gewählt. Mittlerweile hat die Schlich -<br />

tungsstelle ihre Arbeit aufgenommen.<br />

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1<br />

251


252<br />

FORUM<br />

36. Jahrgang, 2010, Heft 1<br />

Was soll denn das???<br />

1<br />

EDITORIAL<br />

Kein Vermessungspflock auf dem Titelbild, keine verfremdete ALK und kein Verbandsgrande?<br />

Ja, nicht mal ein Theodolit oder wenigstens eine Fluchtstange? Sondern stattdessen … tja,<br />

das FORUM selbst? Auf einem Frühstückstisch? Haben die sich verdruckt?<br />

Um es zu beantworten: Nein, haben wir nicht. Alles ist volle Absicht.<br />

Aber warum?<br />

Das ist leicht erklärt. Das vorliegende Heft sieht, dem aufmerksamen Leser ist es vielleicht nicht<br />

entgangen, etwas anders aus als seine Vorgängerhefte. Rein optisch. Und derjenige, dem das<br />

nicht sofort aufgefallen ist, der sollte eigentlich mit dem selbstreflektorischen Titelbild darauf<br />

gebracht werden. Die Zeichen der Zeit standen gerade günstig, daher wurde das Heft in seinem<br />

Erscheinungsbild ein bisschen überholt. Das eine oder andere Detail wurde genau beleuchtet<br />

und hier und da ein wenig optimiert. So sind z. B nicht mehr die einzelnen Jahrgänge unterschiedlich<br />

koloriert, sondern die Rubriken des Inhalts. Der Titelseite wurde deutlich mehr Bild anteil<br />

zugestanden und eine kleine Hand voll weiterer Änderungen finden Sie vielleicht bei inten siver<br />

Suche selbst. Inhaltlich sind wir nach wie vor bemüht, bestehende Qualität zu halten – dies -<br />

bezüglich bestand kein Änderungsbedarf.<br />

Und warum nun Frühstückstisch?<br />

Auch das ist schnell begründet: Durch die Art der Darstellung ins Metapherhafte gezwungen<br />

sucht man immer nach Bildern für das, was man transportieren möchte. Und welches Bild passt<br />

besser zu Kontinuität mit ein paar kleinen Neuheiten als das des täglichen Frühstücks? Und, um<br />

ganz platt beim kulinarischen Thema zu bleiben: Das vorliegende Heft 1 / 2010 kommt frisch aus<br />

dem Ei gepellt daher und ist in seinen Themen so vielschichtig wie ein Glas Latte macchiato.<br />

Dabei wird selbstverständlich der Blick auch über den berufspolitischen Tellerrand gewagt …<br />

Genug? Man sieht also, wie mit Macht Bedeutung in Bilder gelegt werden kann. Sie sind immer<br />

herzlich eingeladen, mitzurätseln.<br />

Das mit dem Tellerrand war allerdings gar nicht so weit hergeholt. Denn lesen Sie Näther und<br />

staunen Sie, wie nah man als Geodät den diversen Krimiserien im Privatfernsehen ist. Der Autor<br />

schildert beeindruckend die Aufklärungsarbeiten von Verbrechen und Unfällen mit Hilfe<br />

mo dernster geodätischer Verfahren. Spannend und fachlich höchst interessant.<br />

In der Weiterführung des Themas sei Ihnen Dr. Guske ans Herz gelegt. Sein Bericht zeigt, dass<br />

die Verbrechensaufklärung – hier im Rahmen von Gerichtsgutachten – auch von ÖbVI durchgeführt<br />

werden kann (so das Büro-Know-how für den Einzelfall gegeben ist). Eine weitere Nische?<br />

Man hinterfrage selbst.<br />

Bei allem Neuen im Heft und trotz der Aufgeregtheit darüber, ob die Änderungen Anklang fin den<br />

werden, möchte auch die FORUM-Redaktion dem im Januar 2010 verstorbenen langjährigen Vorsitzenden<br />

der BDVI-Landesgruppe Brandenburg, Herrn ÖbVI Wolfgang Schultz aus Cottbus, die<br />

Ehre erweisen und seiner gedenken. Die beiden sehr persönlichen Nachrufe mögen vermitteln,<br />

welchen Verlust der BDVI und speziell die Landesgruppe Brandenburg durch den frühen Tod<br />

Wolfgang Schultz’ erfahren haben. Wir wünschen den Angehörigen, den Mitarbeitern des Vermessungs<br />

büros und den Kollegen aus dem Verband die notwendige Kraft, mit dem schmerz lichen<br />

Verlust umzugehen.<br />

Von einigen Stellen ist immer wieder zu vernehmen, dass die Kommunikation und die Zusammen<br />

arbeit zwischen ÖbVI und der Bundesgeschäftsstelle des BDVI zu wünschen übrig lassen.<br />

Doch was weiß man von den Tätigkeiten in Berlin? FORUM befragte Martina Wolkowa, Ge schäftsstellen<br />

leiterin, zu ihrer täglichen Arbeit im und für den BDVI.<br />

Und schließlich sei noch der Beitrag von Dr. Holthausen erwähnt, der sich mit der brisanten Fra -<br />

ge befasst, wie die Altersgrenze für die Ausübung des ÖbVI-Berufs definiert wird.<br />

Es soll ja hin und wieder auch Menschen geben, die eine Zeitschrift wie das FORUM von hinten<br />

nach vorne lesen. Diesen Menschen sei gesagt: Das eingangs besprochene Bild mit dem Frühstückstisch<br />

kommt recht bald. Und das, was Sie zuerst gesehen haben, also die letzte Umschlags -<br />

seite, die FORUM-Rückseite sozusagen, war Werbung. Aber ausnahmsweise mal in<br />

eigener Sache: Denn neben dem neuen Heft-Outfit präsentiert die FORUM-Redaktion<br />

www.bdvi-forum.de<br />

die Homepage zur Zeitschrift. Sie sind herzlich eingeladen, das FORUM im Internet zu<br />

besuchen. Sie finden auf dieser Seite Informationen rund um das FORUM (Mediadaten, An -<br />

zeigenpreise, Hinweise für Gastautoren etc.), können darüber hinaus jedes Heft der<br />

vergangenen Jahre kostenfrei herunterladen (natürlich auch das jeweils aktuelle<br />

Heft) und haben außerdem die hoffentlich vielfältig genutzte Möglichkeit, uns Ihre<br />

Meinung zum FORUM mitzuteilen, uns auf Schreibens- und Lesenswertes auf -<br />

merksam zu machen oder einfach nur so mit uns in Kontakt zu treten. (Bitte haben<br />

Sie etwas Nachsicht, wenn gegebenenfalls noch nicht alle Menüpunkte der Seite<br />

aktiviert sind – wir arbeiten daran.)<br />

Ich freue mich auf Ihre digitalen Leserbriefe, hoffe, dass wir mit<br />

all dem Neuen Ihren Geschmack getroffen haben, und verbleibe<br />

nach langem und hartem Winter mit den besten Wünschen für<br />

einen gesunden und konjunkturschwungvollen Frühling.<br />

FORUM<br />

1<br />

253


254<br />

IN DIESEM HEFT IN DIESEM HEFT<br />

IN DIESEM HEFT<br />

1<br />

36. Jahrgang, 2010, Heft 1<br />

MOSAIK 249<br />

FORUM<br />

Editorial<br />

Was soll denn das???<br />

Andreas Bandow 252<br />

Der 9. November 2009, ein denkwürdiger Tag<br />

für das Berliner Vermessungswesen – Leserbrief<br />

Jürgen Burneleit 272<br />

Mitstreiter gesucht<br />

In eigener Sache<br />

FORUM-Redaktion 286<br />

Leiser Nachruf 294<br />

Buchbesprechung: Das deutsche<br />

Vermessungs- und Geoinformationswesen<br />

Wolfgang Guske 302<br />

Buchbesprechung: Die Freien Berufe und<br />

das Vertrauen in der Gesellschaft<br />

Ansätze zu einem Aufbruch – ein Forschungsbericht im Auftrag<br />

des Verbandes Freier Berufe im Lande Nordrhein-Westfalen e. V.<br />

Hubertus Brauer 304<br />

Nachrufe 305<br />

Jobbörse 306<br />

Veranstaltungskalender 307<br />

TECHNIK<br />

3-D-Vermessungstechniken im Einsatz bei<br />

Polizei und Rechtsmedizin in der Schweiz<br />

Digitale Ermittlungen<br />

Silvio Näther 256<br />

Einsatz der Photogrammetrie zur<br />

Tatrekonstruktion eines Kapitalverbrechens<br />

Ein ÖbVI vor Gericht<br />

Wolfgang Guske 266<br />

Tatortvermessung (I) …<br />

256<br />

… ist als Bezeichnung für den Inhalt dieses Beitrages sicherlich<br />

stark untertrieben. Näther schildert in anschaulicher Art und Wei -<br />

se die angewandten Methoden im Rahmen der Zusammenarbeit<br />

des Institutes für Rechtsmedizin der Universität Bern und der Kantonspolizei<br />

Bern. Mit Hilfe und<br />

auf Grundlage von Laserscanning,<br />

Streifenlichtto pometrie<br />

oder anderen Verfah ren werden<br />

so z. B. Tathergänge rekonstruiert<br />

oder Beweismaterialien vir -<br />

tuell asserviert. Fach lich inte -<br />

ressant und spannend zu lesen.<br />

Tatortvermessung (II) …<br />

266<br />

… geht auch in diesem Beitrag über das, was man sich zunächst<br />

vorstellt, hinaus. Guske schildert den Einsatz von photogramme -<br />

trischen Verfahren bei der Untersuchung eines Mordfalls in Berlin.<br />

Im Rahmen eines Gerichtsgutachtens versucht der Autor, den ge -<br />

nauen Ablauf der Schießerei zu rekonstruieren. Der Bericht ist ein<br />

Beispiel mehr dafür, dass ÖbVI auch in zunächst untypi schen Spar -<br />

ten tätig sein können. Lesenswert.<br />

1.300 Chefs<br />

274<br />

Wie geht man mit 1.300 Chefs um?<br />

Wer kennt alle Passwörter für die BDVI-<br />

Home page? Was hat der normale ÖbVI<br />

von der Geschäftsstellenarbeit in Berlin?<br />

Wer ist überhaupt diese Geschäftsstelle?<br />

Und wer ist wofür zuständig? Fra gen<br />

über Fragen. Antworten gibt Martina Wolkowa, Leiterin der Bundes<br />

geschäftsstelle des BDVI. Ein Gespräch.<br />

Verbändegespräch<br />

290<br />

DVW, VDV und BDVI sind gemeinsam berufspolitisch aktiv. Der<br />

gemeinsamen Entschließung zum Erhalt des Diplom-Ingenieurs<br />

folgte eine berufspolitische Deklaration mit einem 7-Punkte-Programm<br />

zur Zusammenarbeit bei vielen wichtigen Themen. Zum<br />

Wohle des Berufes!<br />

Position beziehen<br />

287<br />

Der BDVI veröffentlichte im Januar 2010 sein Positionspapier und<br />

bezieht damit zu den wesentlichen gesellschafts- und berufs -<br />

politischen Themen Stellung. Als Schwerpunkte werden u. a. die<br />

Wiedereinführung der vermessungstechnischen Leistungen in den<br />

verbindlichen Teil der HOAI, die bessere und einheitliche Verfügbarkeit<br />

von Geodaten oder die steuer- und so zial rechtlichen Entlastungen<br />

für Freiberufler behandelt. Grund legend.<br />

Bis dass der Tod<br />

uns scheidet?<br />

282<br />

Hochgradig brisant ist das Thema, welchem sich der BDVI-Justitiar<br />

Dr. Holthausen widmet: Altersgrenzen im Arbeits- und Be -<br />

rufs recht. Ist eine gesetzlich vorgegebene Altersgrenze für die<br />

Berufsausübung bindend? Oder ist eine solche Beschränkung als<br />

Diskriminierung aus Altersgründen anzusehen? Holthausen erläutert,<br />

stellt – und beantwortet – Fragen und bietet eine Übersicht<br />

über die aktuelle Rechtsprechung. Informativ.<br />

VERBAND<br />

»Aus der Lösung einzelner Probleme ist oft viel<br />

mehr herauszuholen als eine einzelne Antwort.«<br />

Martina Wolkowa im Interview<br />

FORUM-Interview 274<br />

BDVI-Positionspapier 2010<br />

BDVI e. V. 287<br />

DVW, VDV und BDVI<br />

berufspolitisch gemeinsam aktiv<br />

Gemeinsame Entschließung<br />

Christof Rek (Vorwort) 290<br />

1990 | 2010 | 2030<br />

Stadtentwicklung im Zeitraster<br />

BDVI e. V. 293<br />

RECHT<br />

Altersgrenzen im Arbeits- und Berufsrecht<br />

Bis dass der Tod uns scheidet?<br />

Rüdiger Holthausen 282<br />

REPORT<br />

Neujahrsempfang des BDVI 2010<br />

Der Ton des geräuschlosen Rechtsfriedens<br />

Martin Ullner 296<br />

Der Freie Beruf in Sachsen.<br />

Sachstand und Prognose.<br />

Politik, Ethik, Technik<br />

Katrin Dreyse 298<br />

MOSAIK 310<br />

IMPRESSUM 312<br />

1<br />

255


256<br />

TECHNIK<br />

SILVIO NÄTHER | BERN<br />

DIGITALE<br />

ERMITTLUNGEN<br />

3-D-Vermessungstechniken<br />

im Einsatz bei Polizei und<br />

Rechtsmedizin in der Schweiz<br />

Seit den 1930er Jahren wird in der Schweiz die Stereophotogrammetrie von<br />

der Polizei eingesetzt. Zu Beginn vorwiegend zur Dokumentation von Ver -<br />

kehrsunfällen, später auch bei Kapitaldelikten. Ende der 1990er Jahre wurde in<br />

vielen europäischen Ländern die Nahbereichsphotogrammetrie eingeführt.<br />

Mit dem Einsatz der Mehrbildphotogrammetrie eröffneten sich auch in der Kri -<br />

mi naltechnik neue Möglichkeiten, beispielsweise zur Vermessung von Tatorten<br />

und zum Erstellen von 3-D-Plänen sowie bei der Größenbestimmung von Straf -<br />

tätern mittels Daten von Überwachungskameras.<br />

1<br />

Zur rechtsmedizinischen Beweissicherung wurde das Verfahren der Photogram-<br />

metrie erstmals 1996 am Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern einge-<br />

setzt. In Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Dienst der Stadtpolizei<br />

Zü rich wurde die so genannte forensische 3-D/CAD-unterstützte Photogramme-<br />

trie (FPHG) entwickelt. Damit war es möglich, geformte Verletzungen und mut-<br />

maßliche Tatwerkzeuge dreidimensional zu erfassen und miteinander zu ver-<br />

gleichen [1].<br />

In den letzten Jahren haben im Bereich der schweizerischen Polizeiarbeit neben<br />

der Photogrammetrie weitere moderne 3-D-Dokumentationsverfahren wie Strei -<br />

fenlichttopometrie und Laserscanning Einzug gehalten und gewinnen an Be-<br />

deutung.<br />

Diese Verfahren dienen der Sicherstellung von Beweismaterial, im Sinne einer<br />

virtuellen Asservierung, und sie liefern als Ergebnis (3-D-Datensätze) die Grund-<br />

lage für anschließende forensische Abklärungen und Rekonstruktionen.<br />

Die Rechtsmedizin hat die Aufgabe, medizinische Befunde von Lebenden und<br />

Verstorbenen für die Organe der Rechtspflege wissenschaftlich und verständlich<br />

zu dokumentieren, zu analysieren und zu erläutern. Die forensische Molekular -<br />

genetik (DNA) und forensische Toxikologie haben dabei den Schritt zum Einsatz<br />

von Hightechmethoden bereits vollzogen.<br />

Im Forschungsprojekt Virtopsy® des Instituts für Rechtsmedizin wurde das op-<br />

tische 3-D-Oberflächenscanning (Streifenlichttopometrie) als Methode zur Do -<br />

kumentation forensisch relevanter Befunde an Körperoberflächen evaluiert und<br />

mit bildgebenden radiologischen Verfahren im Rahmen einer virtuellen Autop-<br />

sie kombiniert [2].<br />

TECHNIK<br />

1<br />

257


258<br />

TECHNIK<br />

ZENTRUM FÜR FORENSISCHE BILDGEBUNG<br />

UND VIRTOPSY®<br />

Im Forschungsprojekt Virtopsy® des Instituts für Rechtsmedizin<br />

wird seit dem Jahr 2000 die Anwendung moderner Techniken<br />

für die postmortale Dokumentation von forensischen Befunden<br />

und für Analysen im Rahmen einer virtuellen Autopsie mit<br />

minimalinvasiven Eingriffen erforscht [3].<br />

Seit 2006 gibt es am Institut für Rechtsmedizin (IRM) Bern das<br />

Zentrum für Forensische Bildgebung und Virtopsy®, welches die<br />

Methoden der virtuellen Autopsie neben der Forschungsarbeit<br />

auch für Dienstleistungen zu Händen der Justiz einsetzt.<br />

Zu den Untersuchungsmethoden gehören die bildgebenden,<br />

radiologischen Verfahren Multislice Computed Tomography<br />

(MSCT), kurz Computertomographie, das Magnet Resonance<br />

Imaging (MRI), auch als Kernspintomographie bekannt, die bild -<br />

gestützte postmortale Biopsie (Gewebeprobenentnahme) und<br />

die postmortale Angiographie (Visualisierung des Gefäßsystems)<br />

(Abb. 1).<br />

Mit diesen Methoden werden Befunde im Körperinneren erho -<br />

ben. Für die Erfassung der Körperoberfläche mit allen äu ßeren<br />

Verletzungen sowie für die Dokumentation mutmaßlicher Tat -<br />

instrumente kommt seit 2003 die hochpräzise 3-D-Digitali sie -<br />

rung mittels Streifenlichttopometrie zum Einsatz [4].<br />

Mit Hilfe der erhobenen digitalen 3-D-Daten des Körperinneren<br />

und der Körperoberfläche werden forensische Rekonstruktionen<br />

durchgeführt [5]. Hierbei wird beispielsweise bei einem<br />

1<br />

Abb. 1 | Der moderne Untersuchungsraum<br />

des Institutes für Rechtsmedizin Bern mit<br />

CT-Scanner, 3-D-Oberflächenscanner,<br />

Angiographie und navigierter Biopsie<br />

Tötungsdelikt untersucht, ob ein mutmaßliches Tatwerkzeug die<br />

dokumentierten Verletzungen verursacht hat oder aus wel cher<br />

Position ein Opfer angeschossen wurde. Bei einem Verkehrsunfall<br />

ist es für die Rekonstruktion des Unfallhergangs bedeutsam,<br />

die Anprallsituation geometrisch zu ermitteln [6].<br />

DOKUMENTATION DES KÖRPERINNEREN<br />

Die bildgebenden Verfahren der Medizin haben in der modernen,<br />

ärztlichen Diagnostik und Therapie eine zentrale Bedeutung. Aufgaben<br />

dieser diagnoseunterstützenden Bildanalyse sind die Abgrenzung,<br />

Analyse, Visualisierung und Identifi zierung medizi -<br />

nischer Bildobjekte, z. B. Gewebe, Tumore und Gefäßsysteme.<br />

Im Zentrum für Forensische Bildgebung und Virtopsy® werden<br />

MSCT und MRI zur Analyse von Todesart und Todesursache und<br />

zum objektiven Beschreiben der inneren Morphologie und Traumata<br />

eingesetzt.<br />

Die Computertomographie ist eine Untersuchungstechnik, die<br />

auf dem klassischen Röntgen basiert. Die Röntgenquelle und<br />

der Detektor rotieren um den durch die Röhre geschobenen Körper,<br />

und aus den von einem Computer aufbereiteten Messergebnissen<br />

wird ein Dichteverteilungsgrad der untersuchten Schich -<br />

ten rekonstruiert.<br />

Das Ergebnis sind 2-D-Schichtbilder des Körperinneren in ei -<br />

ner 3-D-Bildfolge. Im CT erhält man einen guten Kontrast von<br />

Mate rialien mit unterschiedlichen Dichtewerten wie Knochen,<br />

Flüssigkeit und Luft.<br />

Abb. 2 | Die bildgebenden<br />

Verfahren in der virtuellen Autopsie.<br />

Vermessungstechnische Methoden<br />

für die Körperoberfläche<br />

(obere Reihe) und radiologische<br />

Schnittbildverfahren<br />

für das Körperinnere (untere Reihe)<br />

Im Gegensatz zu den CT-Bildern weisen die MRI-Schichtbilder<br />

einen wesentlich besseren Kontrast im Weichteilbereich auf. Das<br />

Magnetresonanzverfahren, auch Kernspintomographie genannt,<br />

beruht auf dem Kernspin-Resonanz-Effekt. Mit Hilfe elektromagnetischer<br />

Wellen wird die Darstellung von Körperschichten<br />

ermöglicht (Abb. 2) [7].<br />

Die Befunderhebung und Beurteilung erfolgen in den Schichtbildern<br />

durch Radiologen. Aus den Schichtbildern lassen sich<br />

aber auch Volumenmodelle rekonstruieren, die einerseits am<br />

Bildschirm betrachtet werden können und zur anschaulichen<br />

Darstellung der Befunde im Körperinneren dienen. Andererseits<br />

können diese Modelle auch exportiert und in einer Visualisationssoftware<br />

weiterverarbeitet werden.<br />

Zum Erstellen und Exportieren solcher 3-D-Modelle z. B. des<br />

Knochenbaus einschließlich vorhandener Knochenverletzungen<br />

(Frakturen) oder der Hautoberfläche des Verstorbenen kann das<br />

Programm Osirix von Apple verwendet werden.<br />

Dieses Programm berechnet nach dem Schwellenwertverfah -<br />

ren aus den 2-D-Schichtbildern in einer 3-D-Bildfolge ein 3-D-<br />

Modell, welches im STL-Format abgespeichert und somit in verschiedenen<br />

3-D-Visualisierungsprogrammen verarbeitet werden<br />

kann.<br />

Abb. 3 zeigt ein 3-D-Körpermodell eines Verstorbenen, erstellt<br />

mittels Photogrammetrie, Oberflächenscanning und Compu tertomographie.<br />

TECHNIK<br />

Abb. 3 | 3-D-Modell des<br />

Verstorbenen, links das Hautmodell,<br />

in der Mitte der Knochenbau<br />

und rechts ein in 3-D-Software<br />

angepasstes Computermodell zur<br />

anatomisch korrekten Bewegung<br />

des Verstorbenen<br />

1<br />

259


260<br />

TECHNIK<br />

DOKUMENTATION DER KÖRPEROBERFLÄCHEN<br />

UND TATINSTRUMENTE<br />

Geformte Verletzungen an der Hautoberfläche oder an Knochen<br />

können Hinweise auf ein mutmaßliches Tatwerkzeug oder eine<br />

andere verletzungsverursachende Struktur geben. Die exakte<br />

dreidimensionale Erfassung der Körperoberfläche mit allen Verletzungen<br />

sowie die Dokumentation mutmaßlicher Tat werk -<br />

zeuge oder der an einem Unfall beteiligten Fahrzeuge erfolgen<br />

mittels Streifenlichttopometrie.<br />

Ein solches berührungsloses Messsystem liefert eine hochauf -<br />

lösende, exakte 3-D-Geometrie eines Objektes, wobei selbst<br />

kleinste Strukturen erfasst und dargestellt werden. Am IRM Bern<br />

setzen wir ein GOM-TRITOP/ATOS-III-System ein. Es ist zur farbechten<br />

3-D-Digitalisierung kleinster Verletzungen sowie grö -<br />

ße rer Objekte, wie beispielsweise eines Pkw, anwendbar.<br />

GOM TRITOP ist ein industrielles optisches Messsystem, wel ches<br />

auf dem Prinzip der digitalen Mehrbildphotogrammetrie basiert<br />

und für die vollautomatische, hochgenaue Messung von 3-D-<br />

Koordinaten diskreter Objektpunkte benutzt wird (Abb. 4).<br />

Die optische Messmaschine GOM ATOS III basiert auf dem Trian<br />

gulationsprinzip. Zwei Kameras beobachten auf das Objekt<br />

projizierte Streifenmuster. Für jedes Kamerapixel werden 3-D-<br />

Koordinaten hochpräzise berechnet. Daraus wird ein Polygon -<br />

netz der Objektoberfläche generiert.<br />

In der forensischen Anwendung ist die Farbinformation des<br />

Mess objektes für weitere Analysen sehr wichtig. Mittels der<br />

1<br />

TRITOP-Software ist es möglich, jedem Punkt des in ATOS erstellten<br />

3-D-Oberflächenmodells den entsprechenden Farb wert<br />

aus den photogrammetrischen Aufnahmen zuzuweisen. Das<br />

Ergebnis ist ein farbiges 3-D-Modell des Objektes, z. B. eines<br />

Leich nams (Abb. 3) mit geformten Hautverletzungen oder eines<br />

Unfallfahrzeuges mit markanten Beschädigungen.<br />

Zur Optimierung des Arbeitsablaufes bei der Digitalisierung Verstorbener<br />

ist der Oberflächenscanner im Untersu chungsraum<br />

an einen Roboterarm montiert und scannt vollautomatisch die<br />

Körperoberfläche (Abb. 1).<br />

Die Dokumentation von Verletzungen an lebenden Personen und<br />

die Digitalisierung von Tat werk zeugen erfolgen in einem separaten<br />

Untersuchungsraum im Zentrum für Forensische Bildgebung.<br />

Nach einem Unfall sichergestellte beteiligte Fahrzeuge werden<br />

vom Unfalltechnischen Dienst (UTD) der Kantonspolizei Bern in<br />

einer Garage/Werkstatt mittels des TRITOP/ATOS-Systems ein -<br />

gescannt. Bei sehr großen Fahrzeugen (Lkws oder Schie nen fahrzeuge)<br />

kann auch das Laserscanning in den Aufnahmepro zess<br />

einbezogen werden.<br />

UNFALL UND TATORTDOKUMENTATION<br />

Neben den Befunden am Körper und den zum Fall gehörenden<br />

Tatwerkzeugen oder Unfallfahrzeugen ist die maßstäbliche Erfassung<br />

des Ereignisortes wichtig für die weiterführenden Untersuchungen.<br />

Für die Vermessung der Örtlichkeit stehen den<br />

Abb. 4 (links) | Automatisierte<br />

digitale Photogrammetrie (links)<br />

und Streifenlichtscanner (rechts)<br />

Abb. 6 | Punktwolke aus<br />

Laserscandaten und farbcodierte<br />

Darstellung von<br />

Geländeunterschieden<br />

Polizeikräften verschiedene Messtechniken zur Verfügung. Ne -<br />

ben der digitalen Photogrammetrie, DGPS und Tachymetrie ist<br />

seit einigen Jahren auch ein 3-D-Laserscanner im Einsatz. Der<br />

UTD Bern setzt eine LEICA ScanStation 2 ein. Aus den erhobenen<br />

Daten wird der Ereignisort mittels CAD-Software in 3-D<br />

mo delliert und in Form von Situationsplänen, Graphiken und<br />

3-D-Ansichten dargestellt.<br />

Bei größeren Ereignisorten und an Örtlichkeiten, die nicht betreten<br />

werden dürfen und wo die Bergungsmaßnahmen nicht<br />

gestört werden dürfen, hat sich zusätzlich zu den photogrammetrischen<br />

Luftaufnahmen von einem ferngesteuerter, Heli -<br />

kop ter (Abb. 5) der Einsatz des Laserscanners bewährt.<br />

Nach dem Einsturz einer brennenden Tiefgarage sollte ermittelt<br />

werden, ob die Erdschicht auf dem Dach der Tiefgarage zu<br />

mächtig war und somit deren Stützpfeiler beim Brand unter<br />

der Last kollabierten.<br />

Das Gelände wurde zweimal erfasst, einmal kurz nach dem Einsturz<br />

und ein weiteres Mal, nachdem die Erdschicht abgetragen<br />

war. Die Differenz zwischen beiden Messungen wurde graphisch<br />

dargestellt (Abb. 6).<br />

Somit konnte ge zeigt werden, an welcher Stelle des Tiefgaragen<br />

daches wie viel Erde aufgetragen war.<br />

Abb. 5 | Ferngesteuertes<br />

unbemanntes Luftfahrzeug<br />

zur Aufnahme von Luftbildern<br />

(Airrobot)<br />

TECHNIK<br />

1<br />

261


262<br />

TECHNIK TECHNIK<br />

VERGLEICH GEFORMTER VERLETZUNGEN<br />

MIT DEM MUTMASSLICHEN TATWERKZEUG<br />

Geformte Haut- oder Knochenverletzungen lassen Rückschlüsse<br />

auf die Form sowie die Positionierung des Tatwerkzeuges zu.<br />

Im Falle einer Bissverletzung galt es zu beurteilen, welcher von<br />

zwei Tatverdächtigen als Beißender in Frage kam, bzw. wel cher<br />

von beiden davon auszuschließen war.<br />

Die Bissverletzung am Unterarm des Opfers wurde mittels Photogrammetrie<br />

und 3-D-Oberflächenscanning erfasst. Von den<br />

Tatverdächtigen wurde jeweils der Gebissabdruck genommen und<br />

ebenfalls mittels Oberflächenscanning digitalisiert (Abb. 7).<br />

Beim geometrischen Vergleich im Computer zeigte sich, dass<br />

beim ersten Tatverdächtigen die Größe des Zahnbogens mit den<br />

ent spre chenden Bissspuren in Form und Größe übereinstimmte.<br />

1<br />

Unregelmäßigkeiten in der Zahnstellung, welche in der Bissspur<br />

ersichtlich waren, konnten hingegen im Gebiss des zweiten Tat -<br />

ver dächtigen wiedergefunden werden (Abb. 8). Das führte zu<br />

der Beurteilung, dass als Verursacher der Bissverletzung eher<br />

Tat verdächtiger 2 in Frage kam. Unter Berücksichtigung wei terer<br />

Fallumstände konnte dieser schließlich als Angreifer ermittelt<br />

werden.<br />

TATREKONSTRUKTION<br />

Abb. 7 | Maßstäbliche<br />

3-D-Modelle der Gebissabdrücke<br />

beider Tatverdächtiger<br />

Abb. 8 | Maßstäblicher<br />

Vergleich des Unterkiefers<br />

des Tatverdächtigen 2<br />

In einem schweren Fall häuslicher Gewalt wurde eine junge Frau<br />

von ihrem Ehemann mit einem Hammer attackiert und starb auf<br />

dem Weg ins Krankenhaus an den schweren Kopfverletzun gen.<br />

Mittels einer Blutspurenanalyse im Schlafzimmer sollte der Hergang<br />

des Ereignisses rekonstruiert und Aussagen des Ehemannes<br />

verifiziert werden. Dieser gab gegenüber den Ermittelnden an,<br />

inmitten eines Streites mit seiner Frau einen Hammer behändigt<br />

und die auf dem Bett vor ihm sitzende Frau auf den Kopf ge -<br />

schlagen zu haben.<br />

Das Schlafzimmer mit einer großen Blutspurenverteilung auf<br />

dem Bett, an den umliegenden Wänden und dem übrigen Mobiliar<br />

wurde mittels Tachymeter und digitaler Photogrammetrie<br />

dreidimensional vermessen. Aus den Daten wurde ein 3-D-<br />

Modell des Raumes erstellt (Abb. 9).<br />

Die Blutspritzer am Bettgestell und den Wänden wurden in den<br />

photogrammetrischen Aufnahmen ausgewertet und mittels<br />

CAD in das 3-D-Modell des Schlafzimmers integriert. Insgesamt<br />

200 einzelne Blutspritzer wurden so erfasst. Mit der Kenntnis<br />

der Geometrie eines Blutspritzers lassen sich Richtung und Auf -<br />

treff winkel des Blutstropfens ermitteln. Mittels ballistischer<br />

Software kann zudem die Flugbahn berechnet werden. Wie in<br />

Abb. 10 dargestellt können so die Ursprungsorte der Blutspritzer<br />

ermittelt werden. Findet man sich überlagernde Blutspritzer,<br />

kann man sogar die chronologische Reihenfolge der Schläge<br />

be stimmen.<br />

Es zeigte sich in dem vorliegenden Fall, dass sich der Kopf der<br />

Frau, als sie die ersten Schläge erlitt, unmittelbar über dem Kis -<br />

sen befand und sie weitere Schläge erhielt, während sie sich<br />

erhob.<br />

Diese Erkenntnis widerlegt die Aussage des Ehemannes. Sehr<br />

wahrscheinlich hat sich, auch aufgrund des Verletzungsmusters<br />

am Kopf der Frau, das Ereignis wie in Abb. 11 dargestellt abgespielt.<br />

Abb. 9 (oben) |<br />

3-D-Modell des<br />

Tatortes (links) mit<br />

den rekonstruierten<br />

Flugbahnen<br />

der Blutstropfen<br />

Abb. 10 |<br />

Ursprungsorte der<br />

Blutspritzer mit<br />

zeitlicher Reihenfolge<br />

Abb. 11 |<br />

Rekonstruierte<br />

Angriffsposition<br />

1<br />

263


264<br />

TECHNIK<br />

VERKEHRSUNFALLREKONSTRUKTION<br />

Grundlage einer dreidimensionalen, geometrischen Unfallrekonstruktion<br />

sind die maßstäblichen, farbtreuen 3-D-Modelle der<br />

Verstorbenen sowie Unfallfahrzeuge.<br />

Computergestützt werden die 3-D-Modelle der Verletzungen<br />

und Beschädigungen geometrisch zusammengeführt und auf<br />

Übereinstimmung nach Lage zueinander, Maß und Form überprüft.<br />

Durch Zuordnung der Verletzungen zu der verletzungs -<br />

verursachenden Fahrzeugstruktur kann so der Kollisionsvorgang<br />

rekonstruiert werden.<br />

Bei einem Verkehrsunfall zwischen einem Radfahrer und einem<br />

Pkw war die Kollisionsstellung der beiden Unfallgegner zu er-<br />

1<br />

Abb. 12 | 2-D-Plan des Unfallortes,<br />

erstellt mittels digitaler<br />

Photogrammetriesystem-Elcovision<br />

Abb. 13 | Erstellung der<br />

Körpermodelle und Rekonstruktion<br />

der Anprallsituation<br />

mitteln. Fuhr der Radfahrer unvermittelt von links auf die Landstraße<br />

ein und wurde dann vom Pkw seitlich erfasst wie vom<br />

Pkw-Lenker angegeben? Oder befand sich der Fahrradfahrer<br />

bereits auf der Fahrbahn in gleicher Fahrtrichtung wie der Pkw,<br />

als er von diesem von hinten erfasst wurde?<br />

Vom UTD wurde unmittelbar nach dem Unfall die Örtlichkeit<br />

mit den vorliegenden Spuren erfasst. Das Ergebnis ist ein 2-D-<br />

Plan des Unfallortes (Abb. 12).<br />

Der Verstorbene wurde im IRM mittels CT und 3-D-Oberflächen -<br />

scanning digitalisiert. Aus den Daten wurden 3-D-Modelle des<br />

Körpers erstellt (Abb. 13).<br />

Das blaue Körpermodell wird an den tatsächlichen Körperbau<br />

des Verstorbenen angepasst und kann anatomisch korrekt bewegt<br />

werden. Damit können im Verlauf der Rekonstruktion verschiedene<br />

Körperhaltungen nachgestellt werden, um die Verletzungen<br />

mit den verletzungsverursachenden Strukturen zu<br />

vergleichen (Abb.13).<br />

Durch den maßstäblichen Vergleich von äußeren und inneren<br />

Verletzungen des Verstorbenen und Deformationen des Fahr -<br />

rades mit den beschädigten Fahrzeugpartien und unter Einbezug<br />

eines Reifenabdrucks auf dem vorderen Stoßfänger des<br />

Pkw konnte eine Primärkollisionsstellung ermittelt werden, in<br />

welcher der Fahrradfahrer von hinten erfasst wurde.<br />

Im Anschluss daran wurde der Fahrradfahrer auf den Pkw aufgeladen<br />

und im weiteren Verlauf weggeschleudert. Spuren an den<br />

getragenen Kleidern stützen dieses Ergebnis.<br />

FAZIT UND AUSBLICK<br />

Anhand der vorgestellten Fälle sollte gezeigt werden, dass mit<br />

Hilfe moderner 3-D-Vermessungsmethoden alle zu einem Fall<br />

gehörenden Befunde digital erfasst und somit zeitlich unbegrenzt<br />

gesichert werden können. Die präzisen virtuellen 3-D-Modelle<br />

des Verstorbenen, das verletzungsverursachende Tat werkzeug<br />

bzw. Unfallfahrzeug und der Tatort können so jederzeit zusammengeführt<br />

werden, mit dem Ziel, den Hergang des Ereignis -<br />

ses zu rekonstruieren. Damit können Ergebnisse erzielt werden,<br />

die wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragen und die mit den<br />

herkömmlichen Methoden nur schwer oder gar nicht möglich<br />

waren.<br />

Die Illustration der Ergebnisse der forensischen Rekonstruktion<br />

mittels graphischer Bilder und erklärenden Texta ermöglicht es,<br />

die Analyseergebnisse Dritten anschaulicher und objektiver zu<br />

vermitteln, als es ein traditionelles Protokoll erlaubt. Hinzu kommt<br />

die Möglichkeit, die Daten zu animieren und in Videoclips zu<br />

präsentieren. Dabei ist für den Betrachter auch nicht unwesent -<br />

lich, dass die Darstellungen von Unfallopfern erheb lich unblu -<br />

tiger sind als photographische Aufnahmen.<br />

Da diese Untersuchungen sehr aufwendig sind und dement -<br />

sprechend auch mehr Kosten verursachen, werden die Gutach -<br />

ten von der Justiz nur in solchen Fällen in Auftrag gegeben, in<br />

denen rekonstruktive Fragen im Raum stehen, die mit den konventionellen<br />

Methoden nicht oder nur unvollständig geklärt<br />

werden können.<br />

Die Ergebnisse unserer Arbeit basieren auf einer hervorragenden<br />

Zusammenarbeit zwischen Rechtsmedizin und Polizei. Die<br />

Dokumentation von Körperoberflächen und 3-D-Rekonstruktion<br />

von Tathergängen ist an unserem Institut zu einem bedeu -<br />

tenden Arbeitsbereich geworden, welcher noch hohes Entwick -<br />

lungspotenzial bietet.<br />

Die gelieferten Gutachten von geo me trischen Rekonstruktionen<br />

finden guten Anklang bei der Justiz, welches eine erhöhte Auftragslage<br />

mit sich zieht. Der Einsatz moderner Messme thoden<br />

wie Oberflächen- und Laserscanning verbessert die Ana lyse möglichkeiten<br />

in der Forensik. So werden die Anwendungs gebiete<br />

ständig erweitert, beispielsweise durch die Gesichts erkennung<br />

in Überwachungsaufnahmen oder den Formspuren vergleich.<br />

Der moderne Vermessungsingenieur ist nicht mehr nur in den<br />

klassischen Aufgabenfeldern der Geodäsie tätig. Die techno -<br />

logi schen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen erfor<br />

dern es, die Betätigungsfelder zu erweitern und Aufgabenstellun<br />

gen zu finden, die der Vermessungsingenieur, Geomati -<br />

ker oder Geoinformatiker auch oder vielleicht sogar besser lösen<br />

kann.<br />

KURZBIOGRAPHIE DES AUTORS<br />

TECHNIK<br />

1999 bis 2004 | Studium an der<br />

HTW Dresden (FH), Studiengang<br />

Vermessungswesen, Diplom-<br />

Ingenieur (FH)<br />

Seit 2004 bis heute | Wissen -<br />

schaftlicher Mitarbeiter im<br />

Forschungsprojekt Virtopsy® am<br />

Institut für Rechtsmedizin Bern<br />

(seit 2006 Forschung und Dienst -<br />

leistung im Zentrum für Forensische Bildgebung und<br />

Virtopsy®)<br />

Seit 2008 bis heute | Mitarbei ter der Fachstelle Vermessung<br />

des Unfalltechnischen Dienstes der Kantonspolizei Bern<br />

[1]W. Brueschweiler, M. Braun, H. J. Fuchser, R. Dirnhofer. Photogramme -<br />

trische Auswertung von Haut- und Weichteilwunden sowie Knochenverletzungen<br />

zur Bestimmung des Tatwerkzeuges; grundlegende Aspekte.<br />

Rechtsmedizin 1997;7: 1976-1983.<br />

[2]U. Buck. 3D-Dokumentation und Visualisierung forensisch relevanter<br />

Befunde an Körperoberflächen und im Körperinneren. Der Vermessungs -<br />

ingenieur (2005), Heft 5, ISSN 0042-4099, Seite 384-388.<br />

[3]M. J. Thali, K. Yen, W. Schweitzer, P. Vock, C. Boesch, C. Ozdoba,<br />

G. Schroth, M. Ith, M. Sonnenschein, T. Doernhofer, E. Scheurer, T. Plattner,<br />

R. Dirnhofer. Virtopsy, a New Imaging Horizon in Forensic Pathology:<br />

Virtual Autopsy by Postmortem Multislice Computed Tomography (MSCT)<br />

and Magnetic Resonance Imaging (MRI) – a Feasibility Study. J Forensic<br />

Sci (2003) 48(2): 386-403.<br />

[4]M. J. Thali, R. Dirnhofer, P. Vock. The Virtopsy Approach – 3D Optical<br />

and Radiological Scanning and Reconstruction in Forensic Medicine.<br />

CRC Press, 2008.<br />

[5]M. J. Thali, M. Braun, U. Buck, E. Aghayev, C. Jackowski, P. Vock,<br />

M. Sonnenschein, R. Dirnhofer. VIRTOPSY – Scientific Documentation,<br />

Reconstruction and Animation in Forensic: Individual and Real 3D Data-<br />

Based Geometric Approach Including Optical Body / Object Surface and<br />

Radiological CT / MRI Scanning. J Forensic Sci (2005) 50(2): 428-424.<br />

[6]U. Buck, S. Naether, M. Braun, S. Bolliger, H. Friederich, C. Jackowski,<br />

E. Aghayev, A. Christe, P. Vock, R. Dirnhofer, M. J. Thali. Application of 3D<br />

Documentation and Geometric Reconstruction Methods in Traffic Accident<br />

Analysis: With High-Resolution Surface Scanning, Radiological<br />

MSCT/MRI Scanning and Real Data-Based Animation. Forensic Sci. Int.<br />

170 (2007): 20-28.<br />

[7]B. G. Brogdon. Forensic Radiology. CRC Press, 1998.<br />

Dipl.-Ing. (FH) Silvio Näther<br />

Institut für Rechtsmedizin | Universität Bern<br />

Bühlstrasse 20 | CH-3012 Bern | Telefon +41 31 631 53 20<br />

E-Mail silvio.naether@irm.unibe.ch | www.virtopsy.com<br />

1<br />

265


266<br />

TECHNIK<br />

WOLFGANG GUSKE | BERLIN<br />

I<br />

n Ergänzung zu den von Näther in diesem Heft geschilderten Anwendungs -<br />

fällen von 3-D-Messverfahren bei Polizei und Rechtsmedizin in der Schweiz<br />

soll ein Beispiel für den Einsatz der Photogrammetrie bei der Tatrekonstruk-<br />

tion eines Tötungsverbrechens vorgestellt werden, das bereits einige Jahre<br />

zurückliegt.<br />

1<br />

EIN ÖBVI<br />

VOR GERICHT<br />

Einsatz der Photogrammetrie<br />

zur Tatrekonstruktion<br />

eines Kapitalverbrechens<br />

AUSGANGSSITUATION<br />

Zwischen zwei seit langem verfeindeten Männern kommt<br />

es zu einer nächt lichen Schießerei. Beide werden durch meh -<br />

rere Schüsse getroffen, einer stirbt in der Folge noch am<br />

Tatort.<br />

Im nachfolgenden Prozess wird der Todesschütze wegen Mor -<br />

des zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ver ur teilt.<br />

TATHERGANG<br />

Abb. 2 | Messbild des Autos<br />

des Beschuldigten<br />

mit Sonden zur Bestimmung<br />

der Schussrichtungen<br />

Nach der Beweisaufnahme erkennt das Ge richt auf folgenden<br />

Ablauf:<br />

Das spätere Opfer hat gemeinsam mit Bekannten sein am<br />

Straßenrand stehendes Auto bestiegen.<br />

Der Beschuldigte nähert sich als Beifahrer mit einem Pkw<br />

von hinten dem Pkw des Opfers und hält neben diesem.<br />

Beide Wagen stehen annähernd parallel in einem Abstand von<br />

60 cm bis 70 cm, maximal 1 m, zueinander. Der Wagen des Be -<br />

schul digten kann um wenige Zentimeter nach hinten versetzt<br />

sein.<br />

Möglich ist noch eine langsame Vorwärtsbewegung des Autos<br />

des Beschuldigten.<br />

Der Beschuldigte gibt zwei Schüsse ab, von denen einer<br />

das Opfer trifft.<br />

TECHNIK<br />

Das spätere Opfer öffnet daraufhin die Autotür und gibt<br />

mehrere Schüsse auf den Wagen des Beschuldigten ab,<br />

durch die dieser und der Fahrer verletzt werden.<br />

Aufgrund der durch einen der Schüsse des Beschuldigten<br />

ausgelösten inneren Blutung tritt trotz Einsatz eines Not -<br />

arztes der Tod des Opfers ein.<br />

Der Beschuldigte behauptete dagegen, bei Annäherung an das<br />

Auto des Opfers von diesem beschossen worden zu sein und in<br />

Notwehr zurückgeschossen zu haben.<br />

Die Verteidigung konnte sich mit ihrem Versuch, anhand der<br />

durch die polizeilichen Untersuchungen ermittelten Schussrich -<br />

tungen einen anderen als den vom Gericht angenommenen<br />

Zeitablauf der abgegebenen Schüsse darzustellen, nicht durchsetzen.<br />

Zur Begründung einer Revisionsverhandlung sollte u. a. der Versuch<br />

unternommen werden, die zeitliche Abfolge der abgegebenen<br />

Schüsse zu rekonstruieren. Dazu waren ei ge ne Messungen<br />

durchzuführen und die Ergebnisse der poli zei lichen Ermittlungen<br />

und der Feststellungen des Gerichts ein zubeziehen.<br />

GRUNDLAGEN<br />

Für die durchzuführenden Untersuchungen standen<br />

der polizeiliche Abschlussbericht,<br />

die Urteilsbegründung des Gerichts und<br />

der Pkw des Beschuldigten<br />

zur Verfügung. Der Pkw des Opfers war nicht mehr vorhanden.<br />

1<br />

267


268<br />

TECHNIK<br />

Im Rahmen der polizeilichen Untersuchungen sind mit Testper -<br />

sonen Versuche zur Bestimmung der Höhe der Abschusshand<br />

in sitzender Stellung, beim Aussteigen aus dem Pkw (ein Bein<br />

bereits außerhalb des Autos auf dem Boden) und in stehender<br />

Position durchgeführt worden.<br />

Die dabei ermittelten Werte sind in die Auswertung eingeflossen.<br />

UNTERSUCHUNGSMETHODIK<br />

Die räumliche Lage von zwei Schusskanälen am Pkw des Be -<br />

schuldigten wurde durch eigene Messungen bestimmt. Ein dritter<br />

Einschuss konnte nicht ausgewertet werden.<br />

Ein Einschuss in den Pkw des Opfers ist nach den Feststellungen<br />

des Gerichts in die weiteren Betrachtungen einbezogen<br />

worden.<br />

Für die Untersuchung der Schusskanäle am Auto des Be schul -<br />

digten und die daraus abgeleiteten Schussrichtungen ist das<br />

Verfahren der Mehrbildphotogrammetrie eingesetzt worden.<br />

Zur Visualisierung wurden in die Schusskanäle Kunststoffstäbe<br />

mit dem entsprechenden Durchmesser eingebracht.<br />

Da für die Beurteilung der Vorgänge die Höhenangaben eine<br />

Rolle spielen, wurde das Auto so belastet, dass annähernd die<br />

Gewichtsverhältnisse von zwei Insassen hergestellt wurden.<br />

1<br />

Für die Bildaufnahme kamen eine Rolleiflex 6006 metric und<br />

eine Rollei d7 metric zum Einsatz. Die dreidimensionale Auswertung<br />

erfolgte mit dem Programmsystem CDW der Rollei Foto -<br />

technic GmbH.<br />

Vom Auto des Opfers standen lediglich Tatortfotos zur Verfügung.<br />

Die linke hintere Scheibe ist annähernd zur Hälfte zerstört<br />

worden. Die Bruchkante verläuft genähert diagonal von<br />

links unten nach rechts oben. Herausgebrochen ist der links<br />

dieser Bruchkante befindliche Teil (Abb. 1).<br />

Laut Feststellung des Gerichts ist die Scheibe durch einen Schuss<br />

des Beschuldigten zerstört worden, der in die B-Säule des Autos<br />

traf.<br />

Die Höhe der unteren Fensterkante und die Höhe des Einschus -<br />

ses in die B-Säule sind durch die polizeilichen Untersuchungen<br />

bekannt.<br />

ERGEBNISSE<br />

Abb. 1 | Zerbrochene Scheibe<br />

am Auto des Opfers<br />

Einschuss im Wagen des Opfers<br />

Das Projektil kann nur den zerbrochenen Teil der linken hinteren<br />

Scheibe des Pkw passiert haben.<br />

Unter Berücksichtigung der durch die polizeilichen Versuche<br />

ermittelten Bereiche der wahrscheinlichen Schussabgabehöhen<br />

und der Höhe des Einschusses in der B-Säule konnten die mög -<br />

lichen Durchstoßpunkte des Projektils durch die Scheibe berechnet<br />

werden. Dabei wurde von gegenseitigen Abständen der beiden<br />

Pkw zwischen 0,6 m und 1 m ausgegangen, die auch das<br />

Gericht seinen Betrachtungen zugrunde legte.<br />

Aus den Höhen dieser möglichen Durchstoßpunkte und den<br />

horizontalen Bereichen des zerbrochenen Teils der Scheibe in<br />

diesen Höhen lassen sich die möglichen Horizontalwinkel des<br />

Schusses berechnen. In Analogie zu den Betrachtungen des<br />

Gerichts wurden die Winkel auf die Längsachse des Autos bezogen.<br />

Daraus ist schließlich der Bereich bestimmt worden, in dem sich<br />

der Revolver zum Zeitpunkt der Schussabgabe befunden ha ben<br />

muss.<br />

In Abhängigkeit von den genannten möglichen seitlichen Abständen<br />

beider Pkws ergibt sich, dass sich der Revolver zum Zeitpunkt<br />

der Abgabe des Schusses, der die B-Säule des Pkw des<br />

Opfers traf, zwischen 5 cm und 26 cm hinter der Einschussstelle<br />

in die B-Säule befand.<br />

TECHNIK<br />

Abb. 3 | Messbild des Autos des<br />

Beschuldigten mit Sonden<br />

zur Bestimmung der Schussrichtungen<br />

Einschüsse in den Wagen<br />

des Beschuldigten<br />

Im Wagen des Beschuldigten<br />

befanden sich drei Einschuss -<br />

stellen, zwei in der Beifahrertür<br />

(Schussrichtung von oben) so -<br />

wie ein Einschuss (mit Schuss -<br />

richtung von unten) in der B-<br />

Säule (Abb. 2 und 3).<br />

Der letztgenannte Einschuss in die B-Säule wurde nicht in die<br />

Auswertung einbezogen, da die Einschussstelle eine Schussrich -<br />

tungsbestimmung nur mit großen Unsicherheiten zuließ. Aufgrund<br />

der Lage des Einschusses und der Richtung des Schus ses<br />

konnte davon ausgegangen werden, dass dieser Schuss als<br />

letzter der untersuchten Schüsse abgegeben wurde, als sich der<br />

Wagen des Beschuldigten bereits entfernte. Für die zu untersuchende<br />

Fragestellung war er deshalb ohnehin unerheblich.<br />

Für die beiden anderen Einschüsse sind photogrammetrisch, wie<br />

oben beschrieben, die Schussrichtungen bestimmt worden. Sie<br />

wurden mit einem Toleranzbereich von jeweils +/- 5° versehen,<br />

der möglichen Verformungen und Richtungsänderungen des<br />

Projektils beim Durchdringen der Karosserie Rechnung tragen<br />

soll.<br />

Unter Berücksichtigung der Höhen der Einschusslöcher, der<br />

pho togrammetrisch bestimmten Vertikalwinkel und der durch<br />

die polizeilichen Untersuchungen ermittelten möglichen Schussabgabehöhen<br />

konnte festgestellt werden, dass der seitliche Ab-<br />

1<br />

269


270<br />

TECHNIK<br />

Schüsse in<br />

die Beifahrertür<br />

stand beider Pkws nicht kleiner als 1 m gewesen sein konnte.<br />

Das Gericht hatte 1 m als maximalen Abstand festgestellt, deshalb<br />

wurde bei den weiteren Untersuchungen von diesem Wert<br />

ausgegangen.<br />

Unter Berücksichtigung der photogrammetrisch ermittelten<br />

Win kel und des seitlichen Abstandes ergab sich, dass sich die<br />

Pistole<br />

befand.<br />

1<br />

Schuss in die B-Säule<br />

zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses, der im vorderen<br />

Teil der Beifahrertür einschlug, in einem Bereich zwischen<br />

33 cm und 54 cm vor der Einschussstelle und<br />

zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses, der im hinteren<br />

Teil der Beifahrertür einschlug, in einem Bereich zwischen<br />

46 cm und 70 cm vor der Einschussstelle<br />

Die Auswertung der Messungen ergab außerdem, dass der Pkw<br />

des Beschuldigten zwischen den Schüssen auf die Beifahrertür<br />

noch in Bewegung war.<br />

Um Maße für die gegenseitige Versetzung der Pkws in Fahrtrichtung<br />

zu den Zeitpunkten der Schussabgaben abzuleiten, muss<br />

die Lage der Waffen in Bezug auf den Pkw bekannt sein.<br />

Da dazu keine verwertbaren Angaben vorlagen, wurde auf die<br />

polizeilichen Untersuchungen zurückgegriffen. Die zur Be stim -<br />

mung von Schusshaltung und Abschusshöhe angefertigten Fotos<br />

zeigen, dass sich die Schusshand bei sitzender bzw. halb-<br />

sitzender Haltung (ein Bein außerhalb des Pkw) immer in der<br />

hinteren Hälfte der Tür befindet. Deshalb wurde davon ausgegangen,<br />

dass sich die Waffen zum Zeitpunkt der Schussabgabe<br />

jeweils ca. 0,2 m vor der hinteren Fensterkante befunden hatten.<br />

Der Pkw des Opfers befand sich unter den genannten Voraussetzungen<br />

um folgende Beträge in Fahrtrichtung vor dem Pkw<br />

des Beschuldigten:<br />

29 cm bis 58 cm beim Schuss auf den Pkw des Opfers<br />

61 cm bis 82 cm beim vorderen Schuss auf den Pkw des<br />

Beschuldigten<br />

34 cm bis 58 cm beim hinteren Schuss auf den Pkw des<br />

Beschuldigten<br />

Schlussfolgerungen<br />

Abb. 4 | Ausschnitt aus der<br />

photogrammetrischen Auswertung<br />

(Ansicht von vorn)<br />

Abb. 5 | Ausschnitt aus der<br />

photogrammetrischen Auswertung<br />

(Ansicht von oben)<br />

Aus den beschriebenen Untersuchungen ergibt sich, dass der<br />

Schuss, der den vorderen Einschuss in die Beifahrertür des<br />

Beschuldigten verursacht hat, vor dem Schuss abgegeben worden<br />

sein muss, der die hintere Scheibe des Pkw des Opfers zerstörte.<br />

Zur zeitlichen Abfolge der Schüsse, die zum hinteren Einschuss<br />

in die Beifahrertür des Beschuldigten und zum Einschuss in die<br />

B-Säule des Pkw des Opfers führten, können keine Angaben<br />

gemacht werden, da sie im selben Bereich der gegenseitigen<br />

Versetzung der beiden Pkw abgegeben wurden.<br />

FAZIT<br />

Die vorgestellten Ergebnisse sind nur zum Teil aus eigenen Messungen<br />

gewonnen worden. Wesentliche Ausgangswerte, wie<br />

Ab stand, Schusshöhe, Schusshaltung, sind nicht bekannt. Sie<br />

beruhen zwar alle auf Feststellungen des Gerichts oder den Er -<br />

gebnissen der polizeilichen Tatortsicherung und den von der<br />

Polizei durchgeführten Versuchen, können jedoch nicht verifi -<br />

ziert werden. Änderungen der Abschusshöhe oder der Lage der<br />

Schusshand führen zu anderen Ergebnissen.<br />

Ein letztlich in sich völlig schlüssiges und nicht angreifbares Er -<br />

gebnis für eine Beweisführung konnte nicht erreicht werden.<br />

Ein (Minimal-)Ziel der Verteidigung bestand jedoch darin, nach -<br />

zuweisen, dass eine andere zeitliche Abfolge des Tathergangs<br />

möglich und wahrscheinlich ist, was im Übrigen auch aus den<br />

polizeilichen Untersuchungsergebnissen abgeleitet werden<br />

kann.<br />

NACHTRAG<br />

Schuss in die B-Säule<br />

Dem Revisionsantrag der Verteidigung wurde stattgegeben und<br />

der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich mit dem Verfahren.<br />

Das Ziel der Verteidigung, den Prozess noch einmal »aufzu rol -<br />

len«, wurde jedoch nicht erreicht. Der Schuldspruch wurde von<br />

Mord auf Totschlag abgeändert, das Urteil im Strafausspruch<br />

auf gehoben und zur erneuten Hauptverhandlung über das Strafmaß<br />

zurückverwiesen.<br />

ÖbVI Dr.-Ing. Wolfgang Guske | FORUM-Redaktion<br />

Schüsse in<br />

die Beifahrertür<br />

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272<br />

FORUM<br />

Der 9. November 2009,<br />

ein denkwürdiger Tag<br />

für das Berliner<br />

Vermessungswesen<br />

1<br />

JÜRGEN BURNELEIT | BERLIN<br />

W as<br />

ist passiert? Die Älteren unter uns werden sich<br />

noch erinnern.<br />

Es war einmal vor langer, langer Zeit im Jahre 1974 ein<br />

kleines Bundesland, genannt Berlin (West), das war rings -<br />

um von einer hohen Mauer umgeben und auf die wirt -<br />

schaftliche Unterstützung der westlich gelegenen Freun-<br />

desländer angewiesen. Auf der anderen Seite der Mauer<br />

regierten scheinbar fremde Mächte, aber eigentlich waren<br />

es doch die eigenen Landsleute.<br />

Zu jener Zeit arbeiteten in den Vermessungsverwaltungen des<br />

kleinen Bundeslandes und bei den freiberuflich tätigen Vermessungsstellen<br />

kluge und mutige Menschen, für die die Wertermittlung<br />

ein wichtiger Bestandteil ihres Berufsverständnis -<br />

ses war. Sie beschlossen daher, die Bedeutung dieses Berufsfeldes<br />

in einem Gesetz angemessen zu verankern. Und so ge -<br />

schah es dann auch.<br />

Von nun an waren die Vermessungsstellen des kleinen Bundes -<br />

landes laut Vermessungsgesetz befugt, alle Grundstücks wert -<br />

ermittlungen öffentlichen Charakters durchzuführen, sofern<br />

nicht der dortige Gutachterausschuss zuständig war.<br />

Nach vielen weiteren Jahren wurden aus den ehemals hin und<br />

wieder auch als Feinde empfundenen Nachbarn um das kleine<br />

Bundesland Mitbürger, das Land vervollständigte sich wieder<br />

und die vormals in weiser Voraussicht agierenden Geodäten er -<br />

kannten, wie wichtig die Implementierung der Wertermittlung<br />

im Vermessungsgesetz seinerzeit gewesen war.<br />

Zahlreiche Transformationsprozesse zwischen den beiden deut -<br />

schen Staaten standen an, zuverlässige öffentlich-rechtliche<br />

Grundstücksbewertungen waren gefragt.<br />

Viele Vermessungsingenieure haben in dieser Zeit eifrig ihren<br />

Sach verstand in die vielfältigen städtebaulichen Entwicklungs -<br />

aufgaben eingebracht und an der Lösung komplexer Wertermittlungsthemen<br />

mitgewirkt.<br />

Etliche Jahre später wurde das vereinte Deutschland nunmehr<br />

im Rahmen einer Verflechtung mit seinen benachbarten und<br />

befreundeten Ländern Teil einer großen Gemeinschaft, der Europäischen<br />

Union.<br />

Kein Bürger dieser Gemeinschaft sollte zukünftig benachteiligt<br />

werden und alle Personen in jedem Land ihrer Wahl frei arbeiten<br />

und leben können. Zu diesem Zweck wurde neues Recht ge -<br />

schaffen, das schon recht kompliziert ist und auch einen ebenso<br />

komplizierten und langen Namen hat: europäische Dienst -<br />

leistungsrichtlinie.<br />

Alle Gesetze in jedem Land mussten sich nun an den strengen<br />

Vorgaben dieser umfangreichen Norm messen lassen, die aber<br />

durchaus nationale Besonderheiten und Ausnahmen vorsah.<br />

In dieser Zeit arbeiteten in der Vermessungsverwaltung des<br />

kleinen Bundeslandes Berlin neue Mitarbeiter; die waren noch<br />

ein bisschen scheu und zaghaft. Möglicherweise mussten sie<br />

auch noch Erfahrungen im Auslegen von schwierigen Gesetzestexten<br />

sammeln. Es hielt sich sogar das Gerücht, sie seien<br />

ein wenig überfordert.<br />

Wie dem auch sei, jedenfalls kamen sie zu der Erkenntnis, dass<br />

die früher aufgestellte gesetzliche Regelung bezüglich der Wert -<br />

ermittlung nicht mehr zu den neuen Berufs- und Arbeits vor -<br />

gaben der Europäischen Union passen würde.<br />

Die Vermessungsleute in den bezirklichen Vermessungsstellen<br />

und ihre freiberuflich tätigen Kollegen, die bei der Erfüllung<br />

der öffentlichen Vermessungsaufgaben seit jeher kollegial und<br />

sach verständig zusammenarbeiten, erfüllte dieses Ansinnen mit<br />

tiefer Sorge.<br />

Und so kam es, wie es kommen musste. An einem kalten, grauen<br />

und regnerischen Tag, es war der 9. November 2009 – für viele<br />

Bürger dieses Landes seit etlichen Jahren ein ganz besonders<br />

freudiger Tag –, wurden die Bestimmungen zur öffentlich-rechtlichen<br />

Wertermittlung aus dem Berliner Vermessungsgesetz ersatzlos<br />

gestrichen.<br />

Doch als das Gesetz geändert war, erkannten auf einmal auch<br />

die verantwortlichen Menschen in der Verwaltung, dass sie viel -<br />

leicht einen Fehler gemacht hatten.<br />

Gut möglich, dass eines Tages aus ihnen doch noch im Laufe<br />

der Jahre mutige und weise Verwalter der Interessen der Vermessungsingenieure<br />

werden.<br />

Bis es so weit ist, müssen ihre freiberuflich tätigen Kollegen,<br />

die bis jetzt die Fahne des ganzheitlichen Berufsverständnis ses<br />

hochhielten, weiterhin die vielschichtige Welt der Wertermitt -<br />

lung erläutern – oft in engagierter Kleinarbeit.<br />

Aber wie macht man deutlich, dass Wertermittlungen mit öffent<br />

lich-rechtlichem Charakter bei den Vermessungsstellen<br />

vortrefflich angesiedelt sind – zum Wohle aller Beteiligten, der<br />

Bürger und der Verwaltung? Wie führt man dieses Märchen noch<br />

zu einem guten Ende?<br />

Dipl.-Ing. Jürgen Burneleit<br />

Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur<br />

Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger<br />

Am Tempelhofer Berg 7 D | 10965 Berlin<br />

E-Mail lefkas@bbjvk.de<br />

FORUM<br />

1<br />

273


274<br />

VERBAND<br />

IM INTERVIEW<br />

MARTINA WOLKOWA<br />

»Aus der Lösung einzelner<br />

Probleme ist oft viel mehr<br />

herauszuholen als eine<br />

einzelne Antwort.«<br />

EIN FORUM-INTERVIEW | VON ANDREAS BANDOW<br />

1<br />

FORUM: Mit wie vielen ÖbVI haben<br />

Sie heute schon telefoniert?<br />

Wolkowa: Ich persönlich mit drei. Nein, stimmt nicht – vier<br />

waren es heute Vormittag. In der Geschäftsstelle gehen am Tag<br />

relativ viele Anrufe ein, oftmals steht das Telefon nicht still –<br />

auf einer Leitung wird immer gesprochen. Verwundert bin ich<br />

dann, wenn es früh beim Eintreffen im Büro heißt: »Es war bis -<br />

her ruhig, noch kein einziger Anruf.« … Na ja, der Mailordner<br />

und die Postmappe auf dem Tisch sorgen dann schon für Ausgleich<br />

… (lacht)<br />

Wo drückt bei den Anrufern der<br />

Schuh am meisten?<br />

Es fällt mir schwer, hier eine pauschale Antwort zu geben.<br />

Die Fragen richten sich querbeet: »… ich habe mein Passwort ver -<br />

gessen, können Sie …«, »… wir würden gerne für eine Veran stal -<br />

tung den Messestand buchen und Give-aways ordern …«, »… unsere<br />

Landesgruppe benötigt dringend – möglichst gestern – eine<br />

Synopse zu Gebühren für … in den Bundesländern …«, »… unser<br />

Büro möchte einen Techniker auszeichnen – hat der BDVI da<br />

was?«, »… besteht die Möglichkeit einer Ratenzahlung?«, »… hat<br />

der BDVI Argumentationshilfen zu …?«. Rechtliche Fragen, die<br />

die Geschäftsstelle zum überwiegenden Teil zur Bearbeitung<br />

an den Justitiar weiterleitet, sind ebenfalls tägliches Geschäft.<br />

VERBAND<br />

Oft ist aus dem Kreis der BDVI-Mitglieder zu vernehmen, dass die Arbeit der Bundesgeschäfts -<br />

stelle des Verbandes nicht in allen Einzelheiten bekannt ist. Oft kommt es auch zu Fehl -<br />

deutungen hinsichtlich der Aufgaben der Geschäftsstellenmitarbeiter.<br />

Muss man in der Geschäftsstelle für einzelne Aufträge für den einzelnen ÖbVI sorgen? Können<br />

tech nische Fragen beantwortet werden? Und welche Personen stehen hinter den zahlreichen<br />

E-Mails aus Berlin? Martina Wolkowa, Leiterin der Bundesgeschäftsstelle, stellt sich den Fragen<br />

des FORUM, um aufzuklären.<br />

Die Vielfalt, das breite Spektrum der Anfragen machen den be -<br />

sonderen Reiz, aber auch die Herausforderung meiner Tä tig -<br />

keit aus. Es kommt ziemlich oft vor, dass ein beinah minüt liches<br />

Umdenken gefragt ist: Buchhaltung, Haushaltsplanung, Frei -<br />

gabe Kongresseinladung, Rücksprache Kongressvortragender,<br />

Anruf Justitiar, Frage zu Homepageinhalten, Auf lage der neuen<br />

Broschüre, Prüfung/Korrektur Positionspa pier, Argumentation<br />

für HOAI, Anzeigenakquise usw.<br />

Es ruft ein ÖbVI aus Saarbrücken<br />

an und unmittelbar danach einer<br />

aus Stralsund. Beide haben das<br />

gleiche Problem. Welches könnte<br />

das sein?<br />

Harter Winter … schlechte Auftragslage … Kurzarbeiter geld -<br />

regelungen … Preiswettbewerb … neue Tätigkeitsbereiche …<br />

GIS-Seminare des BDVI, Rahmenbedingungen GIS-Markt,<br />

Gewerbesteuer … Nachfolge fürs Büro.<br />

Und wie sieht die generelle Bearbeitung<br />

aus, wenn ein ÖbVI anruft<br />

und ein Problem hat?<br />

Es kommt ganz auf das Problem oder das Anliegen an. Oftmals<br />

können wir aus der Lösung eines einzelnen Problems viel mehr<br />

1<br />

275


276<br />

VERBAND<br />

herausholen als eine einzelne Antwort – einen Mehrwert für<br />

alle Mitglieder. Nehmen wir ein einfaches Beispiel – häufige<br />

Anfragen rund um das Thema »Berufsgenossenschaft«: Einsatz<br />

eines Sicherheitsbeauftragten, Aushängepflicht der relevanten<br />

Arbeits schutz vorschriften für Vermessungsbüros, Gefahren ta -<br />

rife etc.<br />

Die Anrufer erhielten und erhalten von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle<br />

eine umfassende Beratung und Informationen –<br />

relevante Unterlagen, hilfreiche Links und falls erforderlich wei -<br />

terführende Erläuterungen durch den BDVI-Justitiar. Aufgrund<br />

der Nachfragen erschien es uns hilfreich, sämtliche Informationen<br />

unter der Rubrik »Berufsgenossenschaft« auf der Homepage<br />

zusammenzuführen, so dass sich ein zeitraubendes Zusammensuchen<br />

der relevanten Informationen aus diversen Quellen<br />

für den einzelnen ÖbVI im Regelfall erübrigt.<br />

Wer ist die Geschäftsstelle?<br />

Und wer ist wofür zuständig?<br />

Das Team in der BDVI-Geschäftsstelle in Berlin machen fünf Personen<br />

aus: Maksim Bock, studentische Aushilfskraft, zuständig<br />

für die EDV-Betreuung der Geschäftsstelle und Landesgruppen;<br />

Marko Krebs, Teamsekretär und gelernter Vermessungstechni -<br />

ker; Guido Müller und Sabine Seidewitz, beide Vermessungs -<br />

assessoren, in erster Linie zuständig für fachliche Anfragen der<br />

BDVI-Mitglieder, Gremien und Landesgruppen. Und schließlich<br />

noch meine Person, Diplom-Pädagogin, als Leiterin der BDVI-<br />

Geschäftsstelle, alles koordinierend und managend.<br />

Es gibt die – zugegebenermaßen<br />

überspitzte – Aussage, dass,<br />

wüssten alle Mitglieder, was sie<br />

aus der BDVI-Geschäftsstelle<br />

herausholen könnten, hier etwa<br />

20 Leute arbeiten müssten. Stimmt<br />

das?<br />

Ja, das würde – überspitzt – zutreffen. Nur allzu oft sehen wir<br />

uns damit konfrontiert, dass unsere Mitglieder nicht wissen, wie<br />

groß und breit gefächert das Angebot des Bundesverbandes ist.<br />

Mangelt es an Kommunikation seitens des BDVI? Ich denke eher<br />

nicht. Kommuniziert wird stetig, mit allen Mitteln auf allen Wegen<br />

– über die BDVI-Homepage, Kurzinfos per Mail, BDVI-Info<br />

per Mail, BDVI-Jahresbericht via Post, BDVI-FORUM ebenfalls<br />

per Post und auf dem BDVI-Kongress persönlich. Die Antwort<br />

darauf scheint vielmehr im permanenten Zeitdruck bei unseren<br />

Mitgliedern zu liegen, ausgelöst durch den immer stärker werden<br />

den Kampf um neue Auftragsquellen in schrumpfenden Bü -<br />

ros. Doch nur die eigene Suppe kochen, keinen Schritt vor die<br />

1<br />

Tür wagen hilft auch nicht weiter. Weder dem einzelnen ÖbVI<br />

noch allen, vertreten durch den Berufsverband.<br />

Wie sieht das ganz konkrete für<br />

jeden ÖbVI greifbare Angebot des<br />

Bundesverbandes aus?<br />

Die Aktivitäten in den Landesgruppen sind dem Einzel-ÖbVI noch<br />

einigermaßen präsent. Doch was macht der Bundesverband?<br />

Schulterzucken? Dann seien hier zumindest einige greifbare<br />

Leistungen benannt: Stellungnahmen zu Existenzgründun gen,<br />

Musterverträge (Arbeitsverträge, Berufsausbildungs verträge,<br />

Altersteilzeit ver träge), Gutachten und Bücher, Vorteile durch<br />

Rahmenverträge, soziale Unterstützung durch den Sozialfonds<br />

(Zuwendung an Hinterbliebene, Unterstüt zungszahlung in Not -<br />

fällen), Vermittlung über die Jobbörse und Gerätebörse, Organisation<br />

von Weiterbildungen, Seminaren, Bildungsreisen,<br />

Vergünstigungen bei Seminarangeboten, Messeteilnahme, Versicherungen,<br />

Tele kommunikation, Autovermietung und -kauf,<br />

Unterstützung in der Außendarstellung der Büros durch Hilfe<br />

bei der Homepageerstellung, Unterrichtsstunden an Schulen,<br />

Flyer, Bro schü ren, Give-aways, BDVI-Kalender, ÖbVI-Suchservice,<br />

Re cher chedienste und Informationen zu aktuellen Recht -<br />

sprechungen sowie Rechtsberatungen zum Berufsrecht, Vermessungsrecht,<br />

Grundstücks- und Baurecht, Sachverständigenrecht,<br />

Arbeitsrecht, Haftungsrecht etc. durch die BDVI-Justitiare – unbürokratisch<br />

und prompt. Ein Anruf in der BDVI-Geschäftsstelle<br />

oder auch beim Justitiar direkt genügt.<br />

Und das multipliziert mit 1.300?<br />

Und diese Aufzählung umreißt nur einen Teil der Leistungen<br />

des Verbandes!<br />

Hinzu kommt die nicht direkt greifbare, aber für den gesamten<br />

Berufsstand und auch jeden einzelnen ÖbVI umso wichtigere<br />

Arbeit in der Umsetzung der berufspolitischen nationalen und<br />

internationalen Ziele des BDVI – sei es das po si tiv beendete<br />

Vertragsverletzungsverfahren auf europäischer Ebene, der be -<br />

schlos sene Zusammenschluss der Geometer Europas und CLGE<br />

(ein historischer Schritt in Richtung einer stär ke ren Vertretung<br />

der europäischen Geometer) die Leitbild ge stal tung des BDVI und<br />

Etablierung des BDVI als Marke, das Ringen um den Erhalt und<br />

nunmehr um die Wiederaufnahme der vermessungstechnischen<br />

Leistungen in den ver bind lichen Teil der HOAI, die Ausarbeitung<br />

gemeinsamer Positions papiere mit der AdV, die Zusammen arbeit<br />

mit den Verbänden und Kammern der Freien Berufe, die Stär -<br />

kung der Marke » Geo däsie«, die Neuordnung des Berufsbildes<br />

Vermessungstechniker, die Nachwuchsgewinnung, Aufzeigung<br />

neuer Berufsfelder und vieles mehr.<br />

Wie sieht die Begleitung berufs -<br />

politischer Themen aus?<br />

An erster Stelle sei hier die koordinierende Funktion genannt.<br />

Bei berufspolitischen Aktivitäten – nehmen wir z. B. die derzeit<br />

aktuelle Wiedereinführung der Teile X-XIII in den verbindlichen<br />

Teil der HOAI – fließen in der BDVI-Geschäftsstelle alle Informationen<br />

zusammen, werden intern mit der Task-Force HOAI<br />

abgestimmt und dann den Zuständigen in den BDVI-Landesgruppen,<br />

und -Gremien, allen beteiligten Verbänden und Kammern<br />

im Sinne eines einheitlichen Vorgehens zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Darüber hinaus leistet die Geschäftsstelle Zuarbeit in Form von<br />

Recherchen, Umfragen, Auswertungen, Synopsen. Es werden<br />

Entwürfe für Stellungnahmen verfasst, die dann zur Diskussion<br />

und Entscheidung in die zuständigen Kommissionen und Gre -<br />

mien eingebracht werden. Der Kontakt zu Politik und Bundes -<br />

ministerien läuft größtenteils ebenfalls über die BDVI-Ge -<br />

schäfts stelle.<br />

Wie werden Präsidium, Hauptvorstand<br />

und Kommissionen unterstützt?<br />

Wir sehen es als unsere Pflicht an, den im Präsidium, Hauptvorstand<br />

und in den Kommissionen ehrenamtlich tätigen ÖbVI die<br />

VERBAND<br />

Arbeit so weit wie nur möglich abzunehmen, sowohl inhaltlich<br />

als auch organisatorisch.<br />

Die Bündelung der aufgeworfenen Probleme, Informationen<br />

und Aktivitäten, deren Vorab aus wertung, die Erarbeitung von<br />

Entwurfsvorlagen, die Einbrin gung in die Arbeit der BDVI-Gre -<br />

mien je nach Zuständigkeit, die anschließende fachgerechte Be -<br />

arbeitung und Umsetzung der Entscheidungen und Be schlüsse<br />

und deren Weiterverfolgung sowie das Koordinieren und Ineinandergreifen<br />

der Arbeit der einzelnen Gremien gehören ge -<br />

nauso zu den Aufgaben der Geschäftsstelle wie die Aufstellung<br />

und Abstimmung der Tagesordnung, Organisation der Sitzungen,<br />

Einladung der Teilneh mer, Protokollführung etc.<br />

Funktionieren die Kommunikation<br />

und die Zusammenarbeit mit den<br />

Landesgruppen? Reibungslos? Oder<br />

mit Reibungsverlusten?<br />

Dass eine Zusammenarbeit immer reibungslos läuft, wäre<br />

Wunsch denken und liegt im Verband wie auch in jeder anderen<br />

Firma im Bereich des Illusorischen.<br />

Sicherlich gab es Entscheidungen, die sich im Nachhinein als<br />

konfliktträchtig und nicht zielführend erwiesen haben und zu<br />

Reibungen im Hauptvorstand führten. Die wichtigen Entscheidungen<br />

des Verbandes wurden jedoch stets auf demokra tischer<br />

1<br />

277


278<br />

VERBAND<br />

Basis nach umfassender Information und Kommunikation im<br />

Hauptvorstand getroffen, der im Verband als aktive Schnitt -<br />

stelle zwischen dem BDVI Bund und den Landesgruppen und<br />

schließlich jedem einzelnen Mitglied fungieren soll.<br />

Das Hauptproblem im BDVI steckt meines Erachtens in der permanenten<br />

Aufteilung und Aufdröselung in Landesgruppen- und<br />

Bundesarbeit. Das Engagement im BDVI sollte als ein Ganzes<br />

gesehen werden – die Landesgruppen sind ohne das Wirken auf<br />

Bundesebene und der Bund ohne das Handeln auf Landesebene<br />

nicht durchschlagend.<br />

Das berufspolitische Engagement in den Landesgruppen wie auch<br />

im BDVI Bund ist äußerst wichtig und erfordert unheimlich viel<br />

Zeit und Kraft einiger, leider viel zu weniger, Verbandsaktiver.<br />

Eine Frage zur Struktur:<br />

Wären andere Konstellationen<br />

als Präsident/GS-Leiterin<br />

besser/schlechter/denkbar?<br />

Die derzeitige Konstellation Präsident/GS-Leiterin halte ich für<br />

gut. Das wurde so auch von der im Verband eingesetzten Fin -<br />

dungs kommission bestätigt. Die Richtungsentscheidungen des<br />

Verbandes werden vom Präsidium und Hauptvorstand gegeben,<br />

die BDVI-Geschäftsstelle »gewährleistet deren kompetente Umsetzung<br />

und die Abarbeitung der organi sa torischen und inhalt -<br />

1<br />

Geschichte<br />

(der Bundesgeschäftsstelle in Berlin)<br />

Seit 1. November 2002 befindet sich die Geschäftsstelle des<br />

BDVI in der Luisenstraße 46 in Berlin-Mitte und somit in direkter<br />

Nachbarschaft zum BFB, dem Bundestag und den Landesvertretungen<br />

beim Bund.<br />

Das Präsidium unter Präsident Volkmar Teetzmann hatte sich für einen<br />

Umzug von Köln nach Berlin entschieden, um noch intensiver die berufs -<br />

ständischen Positionen des Verbandes in die politische Willensbildung<br />

einbringen und die Interessen der BDVI-Mitglieder gegenüber Politik,<br />

Wirtschaft und Verwaltung vertreten zu können.<br />

Zunächst nahm RA Andrea Fey die Aufgaben der Geschäftsführung wahr.<br />

Nach ihrem Ausscheiden im November 2005 und dem Verzicht auf<br />

erneute Be setzung der Position des Geschäftsführers wurde der Schwerpunkt<br />

auf die personelle Unterstützung wichtiger Verbandsfunktionen<br />

durch die BDVI-Geschäftsstelle gelegt. Dafür sind weitere Aufgaben der<br />

Geschäftsführung auf die Leitung der Geschäftsstelle, Frau Wolkowa,<br />

übertragen und zur fachlichen Unterstützung ein weiterer Vermessungsassessor<br />

eingestellt worden.<br />

lichen Aufgaben fachgerecht und in der gebotenen Zeit« – so<br />

das Fazit der Kommission.<br />

Also wäre die Kombination<br />

Präsident/Geschäftsführerin, so<br />

wie bis vor ein paar Jahren noch<br />

im Amt, weniger zielführend?<br />

Alles zu seiner Zeit. Es ist eine Frage der Entwicklung des Verbandes<br />

und der BDVI-Geschäftsstelle. Anfänglich (2002/2003)<br />

war die Konstellation Präsident/Geschäftsführerin sicher pas -<br />

send. Nach und nach hatte sich diese in der Praxis jedoch überholt.<br />

Viele Aufgaben der Geschäftsführung wurden auf die Ge -<br />

schäfts stellenleitung übertragen. Die Assessoren in der BDVI-<br />

Ge schäfts stelle liefern den fachlichen Background.<br />

Stichwort Kommunikation gegenüber<br />

der Politik, den anderen Verbänden<br />

usw.<br />

Zurückblickend auf die nun schon acht Jahre meiner Tätigkeit<br />

in der BDVI-Geschäftsstelle kann ich festhalten, dass die Zu -<br />

sammenarbeit mit den Ingenieurkammern, den anderen Verbänden<br />

der Freien Berufe und der Vermessung speziell we sent -<br />

lich enger, harmonischer und lösungsorientierter geworden ist.<br />

Zu nennen wären da beispielhaft die Eckwerte- und Spitzenge-<br />

spräche zwischen AdV und BDVI. Und natürlich die Verbunden -<br />

heit zwischen DVW, BDVI und VDV – zurückzuführen in erster<br />

Linie auf die Erkenntnis, dass wir nur gemeinsam mit den anderen<br />

Verbänden der Vermessung ein zukunftsfähiges Berufsbild<br />

etablieren können. Diese Verbundenheit fand ihren Ausdruck<br />

in der »Berufspolitischen Deklaration« der drei Verbände.<br />

Was die Kommunikation gegenüber der Politik anbelangt, so<br />

ergibt sich die Antwort direkt aus dem Vorgesagten – es wird<br />

immer schwerer, sich gegenüber der Politik im Alleingang als<br />

BDVI durchzusetzen. Hier ist ein einheitliches, abgestimmtes Han -<br />

deln der Verbände der Vermessung und Kammern erfor der lich.<br />

In Bezug auf die Diskussion in<br />

der letzten Hauptvorstandssitzung:<br />

CRM im BDVI?<br />

Das CRM-System (Customer-Relationship-Management-System)<br />

des BDVI wurde eingeführt, um innerhalb des Verbandes<br />

eine möglichst weitgehende Vernetzung zu realisieren und die<br />

(all)tägliche Arbeit zu erleichtern, so z. B. bei der Adress- und<br />

Terminverwaltung oder dem Erstellen von Serienbriefen und<br />

Rund-E-Mails.<br />

In der Datenbank sind neben sämtlichen Mitgliederinformationen<br />

Kontaktdaten zu wichtigen Persönlichkeiten aus Wirt -<br />

schaft, Politik und Verwaltung hinterlegt, durch entsprechende<br />

Filter und Verteilerlisten können gewünschte Personenkreise<br />

VERBAND<br />

gezielt und effektiv angesprochen werden. Das umständliche<br />

Führen unzähliger Excel-Tabellen und die Aktenwirtschaft ge -<br />

hören damit der Vergangenheit an.<br />

Das System steht den Verantwortungsträgern im Verband und<br />

allen Landesgruppen zur Verfügung. Doch wird es leider sehr<br />

unterschiedlich genutzt. Es sind bei weitem noch nicht alle Mög -<br />

lichkeiten ausgeschöpft. Die Geschäftsstelle bietet den BDVI-<br />

Landesgruppen daher eine eintägige Schulung an, in der die<br />

viel fältigen Möglichkeiten des Systems – von der Mitglieds akte<br />

über die Projektverwaltung bis hin zum Arbeiten unterwegs –<br />

an hand konkreter Beispiele vorgestellt, Fragen rund um das CRM-<br />

System beantwortet sowie Probleme/Verbesse rungs vor schläge<br />

diskutiert werden können. Die erste Schulung für die Landesgruppen<br />

NRW und Hessen sowie den BDVI-Justitiar fand am<br />

30. November 2009 in Köln statt. Die Schulung für die Landes -<br />

gruppen Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen ist für den 22. März 2010 terminiert. Die ande ren/<br />

übrigen Landesgruppen folgen im Verlauf des Frühjahrs.<br />

Der Fragesteller kennt die<br />

Antwort, trotzdem: Welchen Anteil<br />

hat die BDVI-Geschäftsstelle bzw.<br />

haben Sie persönlich am FORUM?<br />

Von der finanziellen Seite betrachtet, wird das FORUM zu knapp<br />

einem Drittel durch den Verkauf von Anzeigen refinanziert. Die<br />

1<br />

279


280<br />

VERBAND<br />

Anzeigenakquise gehört nun schon seit Jahren zu meinem Wir -<br />

kungskreis. Außerdem ist die Geschäftsstelle verantwortlich für<br />

das Mosaik, den Veranstaltungskalender, die Jobbörse und den<br />

einen oder anderen Artikel im redaktionellen Teil des Heftes.<br />

Und was sicherlich noch wichtig ist: Durch die Mitarbeit in der<br />

Redaktion ist die Koppelung und Rückkoppelung zu den Gre -<br />

mien und Kommissionen des Verbandes aus einem weiteren<br />

Blickwinkel gewährleistet.<br />

Eine persönliche Frage: Wie kommt<br />

man in so exponierter Funktion<br />

als Frau in einem noch immer<br />

von Männern dominierten Verband<br />

zurecht? Oder ist diese Frage<br />

unverschämt?<br />

Gut. Egal ob Mann oder Frau – Akzeptanz, Ansehen und Vertrauen<br />

gewinnt man/frau oder eben auch nicht.<br />

Noch eine persönliche Frage: Wie<br />

geht man im täglichen Arbeiten mit<br />

1.300 Chefs um?<br />

Auf Augenhöhe … mit Feingefühl, sachlich, kompetent und<br />

freundlich-charmant.<br />

1<br />

Und wenn trotzdem ein Mitglieds -<br />

chef einmal Chefmitglied sein<br />

möchte und lospoltert?<br />

Man sollte auf eine Frage nicht mit einer Gegenfrage ant worten,<br />

aber dennoch: Wie ist es, wenn Ihr Kunde (König!) trotz Sachlichkeit,<br />

Feingefühl und Höflichkeit Ihrerseits auf einmal<br />

lospoltert? Was machen Sie dann? Wie bringt man jemanden<br />

vom Polterpfad in ein ruhigeres Fahrwasser? Eine oder die ein -<br />

zige Möglichkeit ist: tief durchatmen, ruhig bleiben. Schrei en<br />

kann man danach, wenn der Hörer aufgelegt ist. Einfach ge -<br />

sagt … (lacht)<br />

Welchen Wunsch haben Sie an die<br />

Mitglieder?<br />

Mehr Interesse zeigen, mitmachen, sich aktiv am Verbandsleben<br />

beteiligen, viel mehr Feedback zu Aktivitäten des Verbandes lie -<br />

fern. Und schauen Sie öfter mal vorbei auf www.bdvi.de. Es werden<br />

für Sie täglich neue Informationen auf der Seite ein gestellt.<br />

Und welchen Wunsch haben Sie an<br />

die Gremien des Verbandes?<br />

Trotz mangelnder Zeit und Auftragsflaute … Wahrnehmung der<br />

bereitgestellten Informationen, kundige Sitzungsvorbe reitung,<br />

Werdegang<br />

Als »waschechte« Berlinerin, Baujahr ‘64, 1974 aufgrund<br />

familiärer Umstände nach Moskau »exportiert«.<br />

Oberschulabschluss und danach 1981-1986 Abendstudium an der<br />

Staatlichen Moskauer Pädagogischen Maurice-Thorez Hochschule<br />

für Fremdsprachen (heute Fakultät der Moskauer Staatlichen<br />

Linguistischen Universität), Abschluss: Dipl.-Pädagogin. 1981-1986<br />

neben dem Studium Tätigkeit als freischaffende Übersetzerin und<br />

Dolmetscherin in Moskau für mehrere Zeitschriften, u. a. den »Sputnik«<br />

und den Moskauer Rundfunk; 1987-1991 Deutschlehrerin an<br />

einer Moskauer Schule mit erweiter tem Fremdsprachenunterricht.<br />

1991 Rückkehr nach Deutschland, neu Fuß fassen: zuerst in einer<br />

Firma in Fürstenwalde als Dolmet sche rin/Übersetzerin.<br />

1994 Beginn der Laufbahn in der Vermessung – acht Jahre bei ÖbVI<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Guske als kaufmännische Angestellte, Einblick in<br />

alle Geschäftsabläufe eines ÖbVI-Büros. Parallel Weiterbildung in<br />

Richtung Management. Zugleich ehrenamtliches Wirken als redaktionelle<br />

Mitarbeiterin des FORUM. Ab 2002 Tätigkeit in der BDVI-<br />

Geschäftsstelle, ab dem 1. August 2003 als deren Leiterin.<br />

konstruktive, ergebnisorientierte und lebendige Mitarbeit,<br />

»über den Tellerrand schauen«.<br />

Und an die FORUM-Redaktion<br />

speziell? So als Teil derselben?<br />

Die FORUM-Redaktion ist ein tolles Team – feinfühlig und sensibel,<br />

auf jeden Fall ideenreich und kreativ, manchmal stur, doch<br />

eher einfach sehr selbstbewusst, kritisch nach vorne schauend,<br />

mit dem nötigen Ernst und Spaß bei der Sache. So haben wir<br />

es gehalten und möge es bleiben. Schön wäre es, weitere enga<br />

gierte Kreativköpfe aus den BDVI-Mitgliederreihen dazu zu -<br />

gewinnen. Ich bin gespannt darauf, wie das neue FORUM-Layout<br />

angekommen ist.<br />

Letzte Frage: Wo steht der Verband<br />

in zehn Jahren?<br />

Ich hoffe, als Qualitätsmarke »BDVI®« national und international.<br />

Frau Wolkowa, ich danke für das<br />

Gespräch.<br />

Ein FORUM-Interview von Andreas Bandow<br />

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282<br />

RECHT<br />

Altersgrenzen im<br />

Arbeits- und Berufsrecht<br />

RÜDIGER HOLTHAUSEN | KÖLN<br />

Berufliche Altersgrenzen finden sich vielfältig. Wurden sie in früheren Zeiten als fast durchweg<br />

unproblematisch beurteilt, hat sich das aufgrund der Rechtsentwicklung auf der EU-<br />

Ebene und der im Anschluss daran ergangenen Entscheidungen maßgeblich des Europäischen<br />

Gerichtshofes (EuGH) sowie der nationalen Gerichte nachhaltig geändert. Maßstab des EuGH<br />

wiederum ist vor allem die EU-Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines<br />

allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.<br />

Unter anderem auf seiner Grundlage hat der Bundesgesetzgeber das Allgemeine Gleichbehand-<br />

lungsgesetz vom 14. August 2006 (AGG) erlassen. EU-Richtlinie und AGG untersagen eine Diskri-<br />

minierung aus Gründen des Alters. Die folgende, nicht vollständige Übersicht über die aktuelle<br />

Rechtsprechung nur der letzten zwölf Monate zeigt eine deutliche Tendenz, Altersgrenzen an dem<br />

Maßstab der EU-Richtlinie einer scharfen Prüfung zu unterziehen.<br />

1<br />

Bis dass der Tod uns scheidet?<br />

Landesarbeitsgericht (LAG) Köln,<br />

Urteil vom 12. Februar 2009 – 7 Sa 1132/08<br />

Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Wirksamkeit einer<br />

Befristung im Hochschulbereich, wonach Beschäftigungsverhält -<br />

nisse mit wissenschaftlichem Personal auf so genannten Nachwuchsstellen<br />

nur zulässig seien, wenn das Beschäftigungs ver hält -<br />

nis grundsätzlich vor dem vollendeten 40. Lebensjahr endet.<br />

Das LAG beurteilte diese Regelung als Verstoß gegen das Benach -<br />

teiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 AGG. Die Befristungsabrede<br />

sei unwirksam, so dass zwischen den Parteien ein unbefristetes<br />

Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Die von der Universi -<br />

tät verfügte starre Altersgrenze sei unangemessen und könne<br />

auch nicht durch das von ihr angestrebte Ziel, eine Herabsetzung<br />

des Erstberufungsalters von Professoren zu erreichen, gerechtfertigt<br />

werden.<br />

EuGH, Urteil vom 5. März 2009 – C-388/07<br />

Hier stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer gesetzlichen<br />

Vorschrift des britischen Rechts, wonach Beschäftigte mit Errei -<br />

chen des jeweils üblichen Ruhestandsalters oder des 65. Lebens -<br />

jahres vom Arbeitgeber entlassen werden können. Der EuGH sieht<br />

hierin nicht generell einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie. Zwar<br />

liege eine Ungleichbehandlung aus Gründen des Alters vor, die<br />

nach der Richtlinie grundsätzlich verboten sei. Ungleichbehand -<br />

lung aus Gründen des Alters sei aber dann nicht diskriminierend,<br />

wenn<br />

sie objektiv und angemessen sowie durch rechtmäßige Ziele<br />

(insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt<br />

und berufliche Bildung) gerechtfertigt sei und<br />

die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen<br />

seien.<br />

Nach diesen Grundsätzen sei eine Ungleichbehandlung wegen<br />

des Alters grundsätzlich zulässig, wenn sie ein verhältnismäßiges<br />

Mittel zur Erreichung eines rechtmäßigen sozialpolitischen Ziels<br />

aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und be -<br />

ruf liche Bildung darstelle. Ob diese Voraussetzungen im Streitfall<br />

erfüllt seien, müsse das nationale (britische) Gericht noch prü -<br />

fen und dann entscheiden.<br />

Bundesarbeitsgericht (BAG), Entscheidung<br />

vom 17. Juni 2009 – 7 AZR 112/08<br />

Das BAG hatte in diesem Fall (und in zwei weiteren Fällen) über<br />

die Wirksamkeit von tariflichen Altersgrenzen für Piloten zu ent -<br />

scheiden. Der einschlägige Manteltarifvertrag sieht u. a. vor, dass<br />

die Arbeitsverhältnisse mit Ablauf des Monats enden, in dem<br />

die Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollenden, ohne dass es einer<br />

Kün digung bedarf. Das BAG hat dem EuGH die Frage zur Vorab<br />

ent scheidung vorgelegt, ob eine tarifliche Regelung über eine<br />

RECHT<br />

Alters grenze von 60 Jahren für Piloten mit dem Gemeinschaftsrecht<br />

vereinbar sei. Zwar – so das BAG in seiner Begründung –<br />

sei bisher die tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten<br />

stets als wirksam beurteilt worden. Nach Inkrafttreten des AGG<br />

am 18. August 2006 und der neueren Rechtsprechung des EuGH<br />

zum gemeinschaftsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung<br />

hänge es jedoch von der Auslegung des Gemeinschaftsrechts<br />

ab, ob die bisherige Rechtsprechung des BAG aufrechterhalten<br />

werden könne. Fraglich sei insbesondere, ob eine tarifliche Altersgrenze<br />

mit der EU-Richtlinie vereinbar sei. Ausnahmen von<br />

den Diskriminierungsverboten seien nur eingeschränkt zulässig,<br />

etwa aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder wenn ein<br />

bestimmtes Merkmal aufgrund der Art der beruflichen Tätigkeit<br />

oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und<br />

entschiedene berufliche Anforderung darstelle.<br />

Im Übrigen könnten Mitgliedsstaaten nur dann vorsehen, dass<br />

Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung<br />

darstellten, wenn die o. g. Einschränkungen (vgl. Urteil des Eu-<br />

GH vom 5. März 2009) gegeben seien.<br />

Der EuGH hat über das Vorabentscheidungsersuchen des BAG<br />

bisher noch nicht entschieden.<br />

Hessischer Verwaltungsgerichtshof (VGH),<br />

Urteil vom 29. September 2009 – 1 B 2487/09<br />

Der Hessische VGH beurteilt eine Regelung, wonach hessische<br />

Beamte spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Ruhe -<br />

stand treten müssen, als mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben<br />

vereinbar und deshalb wirksam. Hierin liege zwar eine<br />

Un gleichbehandlung wegen des Alters, diese sei aber durch das<br />

legitime Ziel einer durchmischten Altersstruktur innerhalb der<br />

Beamtenschaft gerechtfertigt. Die Altersgrenze trage auch<br />

dem gesellschaftlichen Konsens Rechnung, wonach ab einem<br />

be stimm ten Zeitpunkt die älteren Beschäftigten zurücktreten<br />

müss ten, um Arbeitsplätze für jüngere Kollegen freizumachen.<br />

Auch habe der Landesgesetzgeber in generalisierender Be trach -<br />

tungsweise davon ausgehen dürfen, dass mit Erreichen der Altersgrenze<br />

die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit typi -<br />

scherweise nachlasse.<br />

EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 – C-229/08<br />

In dieser Entscheidung beurteilt der EuGH die Wirksamkeit einer<br />

hessischen Regelung, wonach das Höchstalter für die Einstellung<br />

von Feuerwehrleuten des mittleren technischen Dienstes,<br />

die insbesondere bei der Brandbekämpfung eingesetzt werden,<br />

auf 30 Jahre festgesetzt ist. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass die Altersgrenze gerechtfertigt sei. Das Bemühen, die Einsatzbereitschaft<br />

und das ordnungsgemäße Funktionieren der<br />

Berufsfeuerwehr zu gewährleisten, stelle einen rechtmäßigen<br />

Zweck dar. Ferner könne eine besonders ausgeprägte körperliche<br />

Eignung als eine wesentliche und entscheidende berufliche<br />

1<br />

283


284<br />

RECHT<br />

Anforderung angesehen werden, um den Beruf des Feuerwehr -<br />

mannes im mittleren technischen Dienst auszuüben. Das Erfordernis<br />

der vollen körperlichen Eignung zur Ausübung dieser<br />

Tätigkeit stehe im Zusammenhang mit dem Alter der Angehö -<br />

rigen dieses Dienstes. Die Altersgrenze könne als eine Re ge lung<br />

angesehen werden, die zum einen dem Ziel, die Einsatz bereit -<br />

schaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Berufsfeuer -<br />

wehr zu gewährleisten, angemessen sei und zum anderen nicht<br />

über das hinaus gehe, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich<br />

sei.<br />

EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 – C-341/08<br />

Zu beurteilen war hier die Altersgrenze für Vertragszahnärzte nach<br />

dem Sozialgesetzbuch, wonach eine Altersgrenze von 68 Jah ren<br />

für Vertragszahnärzte gilt. Der EuGH meint, dass es ein Mitglieds -<br />

staat zulässigerweise für erforderlich halten könne, für die Aus -<br />

übung eines ärzt lichen Berufes eine Altersgrenze festzulegen,<br />

um die Ge sundheit der Patienten zu schützen.<br />

Allerdings stehe die EU-Richtlinie einer solchen Altersgrenze ent -<br />

gegen, wenn die Maßnahme nur das Ziel habe, die Gesundheit<br />

der Patienten vor der nachlassenden Leistungsfähigkeit von Vertragszahnärzten,<br />

die das Alter von 68 Jahren überschritten hätten,<br />

zu schützen, da diese Altersgrenze nicht für Zahnärzte außerhalb<br />

des Vertrags zahnarztsystems gelte. Die Richtlinie sei aber<br />

mit der Altersgrenze vereinbar, wenn sie die Verteilung der Be -<br />

rufs chancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufs -<br />

gruppe der Vertragszahnärzte zum Ziel habe und wenn sie unter<br />

Berücksichtigung der Situation auf dem betreffenden Arbeitsmarkt<br />

zur Erreichung dieses Ziels an ge messen und erforderlich<br />

sei. Das Alter von 68 Jahren erscheine hinreichend weit fortge -<br />

schritten, um als Endpunkt der Zulassung als Vertragszahnarzt<br />

zu dienen. Das zu ständige deutsche Sozialgericht muss nun feststellen,<br />

welches konkrete Ziel mit der Altersgrenze für Vertrags -<br />

zahnärzte verfolgt wird.<br />

EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 – C-555/07<br />

Mit diesem Urteil hat der EuGH die deutsche Regelung des § 622<br />

Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach bei der Berechnung der verlängerten<br />

Kündigungsfristen nur Beschäftigungs zeiten ab Vollendung des<br />

25. Lebensjahres berücksichtigt werden, für gemeinschafts wid -<br />

rig erklärt. Es handele sich um eine Diskriminierung aus Gründen<br />

des Alters. Die Re gelung sei auch nicht durch ein legitimes<br />

Ziel der Beschäftigungspolitik oder des Arbeitsmarktes gerechtfertigt.<br />

WAS BEDEUTET DIESE RECHTSENTWICKLUNG NUN<br />

FÜR ÖFFENTLICH BESTELLTE VERMESSUNGSINGENIEURE<br />

(ÖBVI)?<br />

Soweit ersichtlich hat sich bisher allein der Verfassungsgerichtshof<br />

(VerfGH)des Freistaates Sachsen ausführlich mit der Altersgrenze für<br />

ÖbVI (dort nach dem sächsischen Berufsrecht, wonach das Amt mit<br />

1<br />

der Vollendung des 68. Lebensjahres erlischt) befasst. Mit seinem<br />

Beschluss vom 28. Juni 2006 – Vf. 78-IV-04 – hat der VerfGH Sachsen<br />

diese Altersgrenze als verfassungsgemäß beurteilt.<br />

Zwar gelte das Grundrecht der Berufsfreiheit auch für im öffentlichen<br />

Dienst ausgeübte oder durch öffentlich-recht liche Bindungen »staat -<br />

lich gebundene« Berufe. Für diese Berufe eröffne Art. 33 GG jedoch<br />

die Möglichkeit zu Sonderregelungen, insbesondere Höchstaltersgren -<br />

zen. Durch die Beleihung mit Hoheitsfunktionen sei das Berufsbild<br />

des ÖbVI dem des öffentlichen Dienstes angenähert, so dass es dem<br />

Gesetzgeber erlaubt sei, eine Altersgrenze zu bestimmen, die derje ni -<br />

gen näher komme, die für den öffentlichen Dienst gelte. Zwar bestehe<br />

ein gewichtiger Unterschied zum öffentlichen Dienst in der fehlenden<br />

staatlichen Altersvorsorge. Dieser Belastung stünden jedoch so wohl<br />

die nach wie vor vorhandene Mög lichkeit längerer Berufs aus übung<br />

als auch die erheblich erweiterten Erwerbsmöglichkeiten gegenüber.<br />

Die EU-Richtlinie 2000/78/EG stehe der Altersgrenze nicht entgegen,<br />

denn die Präambel dieser Richtlinie begrenze in Begründungserwägung<br />

14 den von der Richtlinie abgedeckten Bereich dahin, dass sie<br />

die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Festsetzung der Altersgrenzen<br />

für den Eintritt in den Ruhestand nicht berühre.<br />

Zu Notaren hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss<br />

vom 26. November 2007 – NotZ 23/07 – ent schlos sen, § 6 Abs. 1 Satz 2<br />

BNotO als wirksam zu be ur teilen, wonach Bewerber nach Vollendung<br />

des 60. Lebensjahres nicht erstmals zum Notar bestellt werden können.<br />

Zu den hochrangigen Gemeinschaftsgütern, die eine subjektive Be -<br />

rufszulassungsbeschränkung grundsätzlich rechtfertigen könnten,<br />

zähle die Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspfle ge. In sei -<br />

ner Entscheidung vom 29. Oktober1992 – 1 BvR 1581/91 – habe das<br />

Bundes verfassungsgericht (BVerfG) eine gesetzliche Altersgrenze von<br />

70 Jahren für die Ausübung des Notarberufes mit der Begründung<br />

be stätigt, dass diese eine geordnete Alters struktur innerhalb des Notarberufes<br />

bezweckende Re gelung der Funktionsfähigkeit der vorsorgenden<br />

Rechts pflege diene und damit einem besonders wichtigen<br />

Ge meinschaftsgut, weil ohne sie dadurch, dass die Zulassungspraxis<br />

Bedürftigkeitsgesichtspunkten Rechnung tragen müsse und so jüngere<br />

Berufsbewerber nur im Rahmen frei werdender Notariatsstellen<br />

Berücksichtigung finden könnten, dem Rechtsuchenden in zu neh -<br />

men dem Maße nur noch lebensältere Notare zur Verfügung stünden,<br />

deren Berufserfahrung wegen ihrer späteren Zulassung geringer wäre.<br />

Der BGH hat im Beschluss vom 26.November 2007 Zweifel daran ge -<br />

äußert, ob die Richtlinie 2000/78/EG anwendbar ist, weil sich aus den<br />

einschlägigen EG-Bestimmungen eine Zuständigkeit der Gemeinschaft<br />

zur Regelung des Zugangs zur selbstständigen Tätigkeit, insbesondere<br />

zum »freien« Notariat, nicht herleiten lasse. Selbst wenn die Richtlinie<br />

anwendbar sei, liege ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung<br />

wegen des Alters nicht vor, weil die Bestimmung das legi time Ziel der<br />

Sicherung einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege verfolge.<br />

Der BGH wird sich in diesem Jahr erneut mit einem Antrag auf Überprüfung<br />

der Altersgrenze für Notare nach § 47 BNotO (70 Jahre) zu<br />

befassen haben (NotZ 16/09). Dabei wird der BGH auch zu beurteilen<br />

haben, ob die Richtlinie 2000/78/EG möglicherweise deshalb nicht<br />

für Notare gilt, weil sie öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 45 EG<br />

(nunmehr Art. 51; der bisherige Vertrag zur Gründung der Europäi -<br />

schen Gemeinschaft [EGV] ist mit Wirkung ab 1. Dezember 2009 umbenannt<br />

in »Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union«<br />

[AEUV]. ausüben. Diese Frage hat im Übrigen der EuGH auch im Zusammenhang<br />

mit von der EU-Kommission gegen mehrere Länder – u. a.<br />

gegen Deutschland – angestrengten Verfahren zu beantworten, bei<br />

denen es um die Zulässigkeit des Staatsangehörig keitsvorbehaltes für<br />

die Ausübung des Notarberufes geht. Die EU-Kommission ist der Ansicht,<br />

dass das ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit ist; die<br />

Tätigkeit der Notare sei nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt<br />

verbunden (Az. C-54/08).<br />

Die Diskussion auch im Berufsrecht der Notare ist durch die Entscheidungen<br />

des BVerfG und des BGH also kei neswegs beendet, sondern<br />

in vollem Gange.<br />

Es bleibt fraglich, ob der Gesetzgeber unterstellen darf, dass ein Notar<br />

ab dem Lebensalter 70 zur geordneten vorsorgenden Rechtspflege<br />

nicht mehr fähig ist oder ob das eine willkürliche, insbesondere unverhältnismäßige<br />

Re ge lung ist. Das gilt in gleicher Weise für eine<br />

Al ters be schrän kung der ÖbVI in Bezug auf die Erfordernisse eines ge -<br />

ordneten Vermessungswesens.<br />

Zu bedenken ist hier etwa, ob es nicht auch mildere Mittel als das Erlöschen<br />

der Zulassung gibt, wie etwa eine Ver kürzung der Prüfungs -<br />

intervalle oder eine Fortbildungs pflicht. Gerade weil die Richtlinie eine<br />

Pauschalierung und Begründung mit Vorurteilen verhindern will, wird<br />

in der Literatur teilweise in Abrede gestellt, dass der Gesetz geber dem<br />

Notar jede Möglichkeit nehmen dürfe, seine fortbestehende Leistungsfähigkeit<br />

zu zeigen. Auch das Argument der Schaffung einer geordneten<br />

Alters struk tur sei nicht mehr als eine allgemein gehaltene Begründung,<br />

die gerade nicht dazu ausreiche, die Ausnahme vom Verbot<br />

der Altersdiskriminierung zu rechtfertigen. Gleiches gelte für das<br />

Argument, die Altersbe grenzung sei geeignet und erforderlich, die Ausbildung<br />

des Notarnachwuchses sicherzustellen, denn es sei keineswegs<br />

sichergestellt, dass ein Notarbewerber nach zeit- und kostenauf wen -<br />

diger Ausbildung die Zulassung erhalte.<br />

Jedenfalls hat der EuGH mit seiner Entscheidung vom 12. Januar 2010<br />

(C-341/08) dem Argument den Boden entzogen, dass (in Bezug auf<br />

Notare) die Sicherung einer geordneten Rechtspflege und (in Bezug<br />

auf ÖbVI) die Sicherung eines geordneten Vermessungswesens Ge -<br />

meinwohlaufgaben von so hohem Rang sind, dass sie eine Altersgrenze<br />

rechtfertigen. Dort hat der EuGH ja gerade die Auffassung vertreten,<br />

dass eine nationale Maßnahme, mit der für die Ausübung des Berufs<br />

des Vertragszahnarztes eine Höchstaltersgrenze festgelegt werde, unzulässig<br />

sei, wenn sie nur das Ziel habe, die Gesundheit der Patienten<br />

RECHT<br />

vor der nachlassenden Leistungsfähigkeit des Arztes zu schützen,<br />

da die Altersgrenze nicht für Zahnärzte außerhalb des Vertrags -<br />

zahn arztsystems gelte.<br />

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Altersgrenzen im ÖbVI-<br />

Berufsrecht ist also die weitere Rechtsprechung maßgeblich für<br />

Notare sehr genau im Auge zu behalten. Das gilt vorrangig für die<br />

Frage, ob die EU-Richtlinie 2000/78/EG auf ÖbVI anwendbar sein<br />

sollte. Das wird möglicherweise nicht von der Beantwortung der<br />

Frage abhängen, ob ÖbVI öffent liche Gewalt gemäß Art. 45 EG bzw.<br />

Art. 51 AEUV aus üben, denn das nach Art. 137 EG (nun: Art. 151<br />

AEUV) der EU übertragene Arbeitsrecht umfasst auch die Beschäftigungsbedingungen<br />

Selbstständiger. In der Literatur wird zu Recht<br />

darauf hingewiesen, dass die Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/<br />

EWG ausdrücklich den Zugang zu selbstständiger Tätigkeit einbe<br />

zieht. Die Richtlinie nimmt auch den Be reich, der zur öffent li -<br />

chen Gewalt im Sinne des Art. 51 AEUV zählt, vom Anwendungsbereich<br />

nicht aus. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach<br />

§ 24 AGG die Vorschriften des AGG auch für Beamte gelten.<br />

Es lässt sich daher mit guten Gründen die Auffassung vertreten,<br />

dass die EU-Richtlinie 2000/78/EG auch für ÖbVI gilt. Die Entscheidung<br />

des Sächsischen VerfGH lehnt das zwar unter Hinweis auf<br />

die oben zitierte Begründungserwägung 14 ab. Die Begründungs -<br />

erwägung kann aber schlechterdings nicht den sachlichen Anwendungsbereich<br />

einer Richtlinie einschränken. Der Zweck der Erwägung<br />

besteht allein darin, die Richtlinie zu begründen, nicht<br />

aber – entgegen dem Wortlaut der Richtlinie –, deren Geltungsbereich<br />

in wesentlichem Umfange abzuändern; der Wortlaut der<br />

Richtlinie steht ja gerade festen Altershöchstgrenzen entgegen.<br />

Das – sonst häufig als »letzte Instanz« verstandene – BVerfG hat<br />

sich im Fall der Altersgrenze für Vertragszahnärzte (vgl. oben, Eu-<br />

GH, C-341/08) einer Stellungnahme entzogen, ob das europa -<br />

rechtliche Antidiskriminierungsverbot durch die Altersgrenze verletzt<br />

ist. Mit dem Beschluss vom 7. August 2007 – 1 BvR 1941/07 –<br />

hat es darauf hingewiesen, es sei zur Entscheidung über die Frage,<br />

ob eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts mit einer vorrangigen<br />

Bestimmung des europäischen Gemeinschaftsrechts un -<br />

vereinbar sei, nicht zuständig. Die Lösung dieses Normenkonfliktes<br />

sei der Kompetenz des zuständigen Fachgerichts überlassen.<br />

Das BVerfG beschränkt sich insoweit auf eine Prüfung der Einhaltung<br />

des Willkürverbotes durch das Fachgericht.<br />

23. Februar 2010<br />

Dr. Rüdiger Holthausen<br />

Rechtsanwalt, BDVI-Justitiar<br />

c/o Esser u. Dr. Holthausen Rechtsanwälte<br />

Am Römerturm 1 | 50667 Köln<br />

E-Mail r.holthausen@esser-holthausen.de<br />

1<br />

285


286<br />

FORUM<br />

In eigener Sache<br />

MITSTREITER GESUCHT<br />

U<br />

m es gleich ganz kurz zu machen: Die FORUM-Redaktion sucht neue<br />

Mitstreiter! Eine Zeitschrift wie das FORUM wird hauptsächlich<br />

durch Sie, die Mitglieder des BDVI, gestaltet. In der Vielzahl passiv, durch<br />

manche aber auch aktiv. Und das dürften gerne mehr sein.<br />

Wir, ein unternehmungslustiges und schreibfreudiges Team, heißen Gleichgesinnte<br />

im Redaktionskollegium herzlich willkommen. Sie können hier Ihre Kreativität in Form<br />

von Text- und Bildbeiträgen, Berichten und Interviews ausleben – eine hervorragende<br />

Abwechslung zu Widerspruchsbescheiden, Gutachten und Anträgen.<br />

Wir treffen uns vierteljährlich + x zur Redaktionskonferenz in einem Lokal unserer<br />

Wahl in und um Berlin und sind auch für Auswärtsspiele offen.<br />

Es finden sich bislang ein: vier ÖbVI, die Geschäftsstellenleiterin, Vertreter der<br />

Agentur Nolte Kommunikation, ein Fotograf und manchmal auch Gäste. Dies aber leider<br />

recht selten.<br />

Wir bieten: gute Stimmung und für jeden geschriebenen Artikel eine kleine Auf -<br />

wands entschädigung. Reich wird man jedoch »nur« an Erfahrungen und genutzten<br />

Möglichkeiten. Eine warme Suppe und ein Kaltgetränk sind auch im Angebot enthalten.<br />

Und manchmal auch eine Scheibe Brot.<br />

Klingt das verlockend? Dann einfach Bescheid geben (E-Mail, Telefon, Fax, Brief, …)<br />

und ausprobieren.<br />

Wir freuen uns auf Mittäter!<br />

Die FORUM-Redaktion<br />

PS:<br />

Sollten Sie den Stress kurz vor Redaktionsschluss, die Mühen oder den Weg scheuen,<br />

bitten wir trotzdem, uns Probleme zu benennen, auf Vorträge oder Beiträge hinzuweisen<br />

oder die Redaktion zu relevanten Ereignissen einzuladen. Wir können nur die Inhalte<br />

verwerten, die wir entweder selber aufspüren oder die uns angetragen werden.<br />

Und, ganz wichtig: Kritik als einfachste Form der Mitgestaltung ist selbstredend<br />

immer willkommen. Es lebe der Leserbrief!<br />

1<br />

VERBAND<br />

BDVI-Positionspapier 2010<br />

Am 28. Januar 2010 hat der Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V. (BDVI)<br />

sein Positionspapier veröffentlicht. Der Verband bezieht damit zu den wesentlichen, für den<br />

Berufsstand besonders relevanten gesellschafts- und berufspolitischen Themen Stellung. Das zwei-<br />

seitige Papier informiert über die aktuellen Ziele und Forderungen des BDVI.<br />

Zu den wichtigsten Forderungen zählen:<br />

die Anerkennung der besonderen Stellung des Freien Berufs ÖbVI in Bezug zum Europarecht<br />

die Überarbeitung der HOAI im Sinne des Bundesratsbeschlusses, insbesondere die Rückführung<br />

der vermessungstechnischen Leistungen in den verbindlichen Teil<br />

die Novellierung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) mit angemesse-<br />

nen Vergütungssätzen für die Sachverständigenleistungen von Vermessungsingenieuren<br />

die bessere und einheitliche Verfügbarkeit von Geobasisdaten und nutzerorientierte Gebühren<br />

steuer- und sozialrechtliche Entlastungen für Freiberufler, vor allem bei Existenzgründungen<br />

Maßnahmen und Anreize, dem Fachkräftemangel im Ingenieurbereich entgegenzusteuern<br />

1<br />

287


288<br />

VERBAND<br />

Positionspapier<br />

Bund der Öffentlich<br />

bestellten Vermessungsingenieure e. V.<br />

Berlin, im Januar 2010<br />

GEOMETER IN EUROPA<br />

Der BDVI spricht sich für eine Annäherung der Qualifi -<br />

ka tionsanforderungen der Geometerberufe auf höchs -<br />

tem Niveau in Europa aus.<br />

Der BDVI setzt sich für eine Annäherung der Qualifikationsanforderungen<br />

auf hohem Niveau in Europa ein und unter streicht<br />

damit die Bedeutung der beliehenen/öffentlich bestellten Geo -<br />

meter für die Eigentumssicherungssysteme in den Mit glieds -<br />

staaten.<br />

Die Tätigkeiten des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs<br />

sind »Ausübung öffentlicher Gewalt« im Sinne des Art. 45 EG –<br />

das Berufsrecht des ÖbVI unterfällt also im »hoheitlichen« Teil<br />

nicht dem EG-Vertrag.<br />

Für den nicht hoheitlichen Teil des Berufes arbeitet der BDVI<br />

mit an einem europäischen Berufsprofil, das den Entwicklungen<br />

aus Art. 43 und 49 EG (Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungs<br />

freiheit) sowie den Richtlinien 2006/123/EG (DL-RL) und<br />

2005/35/EG (BA-RL) Rechnung trägt. Die Geometerverbände aus<br />

allen europäischen Staaten arbeiten dafür eng im »Comité de<br />

Liaison des Géomètres Européens« zusammen. Dort wurde – ent -<br />

sprechend Art. 37 DL-RL – im September 2009 der »Verhaltens -<br />

kodex für europäische Geometer« verabschiedet, mit dem –<br />

im Sinne des Verbraucherschutzes – für grenzüberschreitende<br />

Dienstleistungen gemeinsame verbindliche Standes- und Verhaltensregeln<br />

definiert werden – ein wichtiger Schritt hin zum<br />

»europäischen Geometer«.<br />

HOAI<br />

Der BDVI fordert die Überarbeitung der HOAI, insbe -<br />

sondere die Rückführung der Leistungsbilder VI und X<br />

bis XIII der HOAI 1996, u. a. der vermessungstechni -<br />

schen Leistungen, in den verbindlichen Teil.<br />

Ingenieurgeodätische Leistungen bilden die Grundlage von Bautätigkeiten<br />

und Investitionen und begleiten diese im ge samten<br />

Planungsprozess. Der BDVI setzt sich daher zusammen mit an-<br />

1<br />

deren Verbänden vehement für die weitere Novellierung der<br />

HOAI im Sinne der Entschließung des Bundesrates ein.<br />

JVEG<br />

Der BDVI fordert im Rahmen der Novellierung des JVEG<br />

die Anerkennung der Sachverständigenleistung von<br />

Ver messungsingenieuren.<br />

Freiberufliche Vermessungsingenieure verfügen über umfang -<br />

reiche Kenntnisse und Erfahrungen im Liegenschafts-, Grundstücks-,<br />

Bau- und Bewertungsrecht. Ihre gutachterliche Tätig -<br />

keit geht weit über vermessungstechnische Sachverhalte hinaus.<br />

Neben der geplanten Umbenennung des Sachgebietes (»Vermessungs-<br />

und Katasterwesen«) müssen angemessene Vergütungssätze<br />

berücksichtigt werden.<br />

FÖDERALISMUS<br />

Der BDVI setzt sich für eine Harmonisierung des Vermes<br />

sungswesens auf Bundesebene ein.<br />

Im Zuge des europäischen Einigungsprozesses sind die Unterschiede<br />

in Benutzung und Qualität des Liegenschaftskatasters<br />

in den einzelnen Bundesländern zu minimieren. Der BDVI fordert<br />

eine bessere und einheitliche Verfügbarkeit von Geobasisda ten<br />

im bundesweiten Maßstab. Ein erster Schritt auf diesem Weg<br />

wird die Einführung der Technologie »Amtliches Liegenschafts -<br />

katasterinformationssystem« (ALKIS) sein. Zusätzlich sind aber<br />

die Gebührenordnungen in den Ländern und die Ge büh renricht -<br />

linie der AdV (Arbeitsgemeinschaft der Vermessungs ver wal tun -<br />

gen) transparenter und nutzerorientierter zu gestalten.<br />

EXISTENZGRÜNDUNG<br />

Der BDVI setzt sich für günstige Rahmenbedingungen<br />

bei Existenzgründungen ein.<br />

Der Schritt in die Selbstständigkeit soll gezielt durch steuerliche<br />

Ent lastungen und Stundung der Sozialversicherungsbeiträge in<br />

der Anfangszeit sowie durch bürokratische Erleichterungen ge -<br />

för dert werden. Für viele Freiberufler, vor allem bei Kleinstgrün -<br />

dun gen, sind Kleinkredite bei Hausbanken oder Existenzgründer -<br />

dar lehen der KfW-Mittelstandsbank nur in seltenen Fällen zu gänglich.<br />

Hier sind Finanzierungsalternativen gefragt, bei denen so zi -<br />

a le und unternehmerische Kompetenzen berücksichtigt wer den.<br />

BÜROKRATIEABBAU DURCH BELEIHUNG<br />

Der BDVI fordert eine Erweiterung der Beleihungsbe -<br />

reiche für ÖbVI.<br />

Die Übertragung von hoheitlichen Vermessungsaufgaben auf<br />

beliehene Freiberufler hat sich in Deutschland bestens bewährt.<br />

Die öffentliche Bestellung bietet die Vorteile freiberuflicher<br />

Dienstleistung wie Bürgernähe, Flexibilität und Innovationskraft<br />

bei gleichzeitiger staatlicher Kontrolle. Daher ist die Zulassungs -<br />

möglichkeit von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren<br />

auch in Bayern dringend geboten. Und in den Ländern, wo die<br />

Politik eine quotierte Aufgabenzuweisung an Freibe ruf ler be -<br />

schlossen hat, ist dies auch in die Tat umzusetzen.<br />

Um den Anforderungen der überregional tätigen Auftraggeber<br />

besser gerecht werden zu können, sind die rechtlichen Rahmen -<br />

bedingungen für länderübergreifende Kooperationen von ÖbVI<br />

bzw. zwischen ÖbVI und anderen Freiberuflern zu schaffen.<br />

EIGENTUMSSICHERUNG<br />

Der BDVI spricht sich für den Erhalt unseres bewährten<br />

Eigentumssicherungssystems mit dem hohen Standard<br />

im Kataster aus.<br />

Abgemarkte Grundstücksgrenzpunkte tragen wesentlich zur<br />

Siche rung des nachbarschaftlichen Grenzfriedens bei. Daher<br />

sollen festgestellte Grenzen weiterhin abgemarkt werden. Von<br />

diesem Gebot dürfen nur unter ganz bestimmten Voraussetzun -<br />

gen begründete Ausnahmen zugelassen werden.<br />

Amtliche bzw. qualifizierte Lagepläne beinhalten genaue Aussagen<br />

über liegenschaftsrechtliche, baurechtliche und weitere<br />

rechtliche Sachverhalte, für deren Richtigkeit die Verfasser mit<br />

Siegel garantieren. Auch bei Absteckungen von Gebäuden, die<br />

auf der Grenze geplant sind oder einen bestimmten Abstand zur<br />

Grenze einhalten müssen, ist eine Grenzherstellung erforderlich.<br />

Nur die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure besitzen<br />

– neben den behördlichen Vermessungsstellen – die dafür<br />

notwendige umfangreiche Qualifikation und durch die Beleihung<br />

besondere Vertrauensstellung. Zur Gewährleistung des<br />

Verbraucherschutzes sollen diese Aufgaben den ÖbVI und Behörden<br />

vorbehalten bleiben.<br />

STEUER- UND SOZIALRECHT<br />

VERBAND<br />

Der BDVI unterstützt die Positionen des Bundesverbandes<br />

der Freien Berufe und fordert steuer- und so -<br />

zialpolitische Regelungen, die stärker die Bedürfnisse<br />

von Freiberuflern berücksichtigen.<br />

Das Steuerrecht ist insgesamt zu vereinfachen und Gesetzes -<br />

änderungen sind in einem Jahressteuergesetz zusammenzufas -<br />

sen. Insbesondere für Freiberufler ist das Prinzip der Be steue -<br />

rung nach der Leistungsfähigkeit sehr wichtig. Die vollständige<br />

Absetzbarkeit der Steuerberatungskosten und reali tätsnähere<br />

Bewertungsvorschriften bei der Erbschaftssteuer gehören ebenso<br />

zum Forderungskatalog wie die Wiedereinführung der degressiven<br />

AfA, die spürbare Impulse für die Neubautätigkeit und<br />

den Umbau im Bestand bringen kann.<br />

Der BDVI setzt sich für die Stärkung der privaten und betrieb -<br />

lichen Altersvorsorge ein. Hierfür sind weitere Anreize zu schaffen.<br />

Außerdem wird die Rückkehr zur alten Kran kengeld rege -<br />

lung für Selbstständige begrüßt.<br />

BERUFSNACHWUCHS<br />

Der BDVI setzt sich für die Modernisierung des Ausbildungsberufs<br />

»Vermessungstechniker/-in« ein und unterstützt<br />

geeignete Maßnahmen, um dem drohenden<br />

Ingenieurmangel in der Geodäsie/ Geoinformation entgegenzuwirken.<br />

In der Schulausbildung ist dem mathematischen und naturwissenschaftlich-technischen<br />

Bereich mehr Gewicht zu geben.<br />

Die neue Ausbildungsverordnung für Berufe in der Geoinforma -<br />

tionstechnologie bietet die Grundlage, dass auch in Zukunft<br />

gut ausgebildete junge Fachkräfte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Ein weiterhin hohes Niveau im Ingenieurstudium, auch als Ba -<br />

che lor oder Master, muss gewährleistet sein. Der BDVI spricht<br />

sich für den Erhalt des akademischen Grades des Dipl.-Ing. aus.<br />

Der BDVI begrüßt und unterstützt Fördermaßnahmen zur Be -<br />

rufs orientierung, hält jedoch weiterführende Maßnahmen zur<br />

Nachwuchswerbung für notwendig.<br />

KONTAKT<br />

BDVI e. V. | Luisenstraße 46 | 10117 Berlin<br />

Telefon 030/240 83 83 | Fax 030/240 83 859<br />

E-Mail info@bdvi.de | www.bdvi.de<br />

1<br />

289


290<br />

VERBAND<br />

Gemeinsame Entschließung<br />

DVW, VDV und BDVI<br />

berufspolitisch gemeinsam aktiv<br />

Z<br />

unächst verständigten sich die Präsidenten der drei Verbände DVW, VDV und BDVI Anfang<br />

des Jahres 2010 auf eine gemeinsame Entschließung zum Erhalt des Diplom-Ingenieurs. Sie<br />

sind somit dem Ansinnen der Ingenieur- und Baukammer gefolgt und haben diese Forderungen<br />

an die Vertreter von Politik gesandt.<br />

Auf Initiative der beiden Ehrenpräsidenten Volkmar Teetzmann und Hagen Graeff sind je zwei Ver -<br />

treter des DVW, des BDVI und des VDV in Siek bei Hamburg zusammengekommen und haben im<br />

Februar in einer berufspolitischen Deklaration mit einem 7-Punkte-Programm die Zusammen arbeit<br />

in vielen wichtigen Themen vereinbart.<br />

Damit schlägt auch der DVW als technisch-wissenschaftlicher Verein einen neuen Weg ein.<br />

Zur Stärkung der öffentlichen Wahrnehmung sollen zukünftig berufspolitische Themen abge stimmt<br />

werden. Die nächsten gemeinsamen Schritte sind bereits in einer To-do-Liste zusammengefasst<br />

und werden in Angriff genommen! Weiter so zum Wohle unseres Berufes!<br />

1<br />

Dipl.-Ing. Christof Rek, Vizepräsident des DVW<br />

VERBAND<br />

VDV E. V.<br />

Der Verband Deutscher Vermessungsingenieure e. V.<br />

(VDV) ist die größte berufspolitische Interessenver -<br />

tretung für Vermessungs- und Geoinformations -<br />

ingenieure in Deutschland. Die Mitwir kung bei der<br />

strukturellen Gestaltung des deutschen Vermessungs-<br />

und Geoinformationswesens gehört zu den<br />

primären Zielen des Verbandes. Der VDV bündelt<br />

die Interessen und Belange seiner Mitglieder aus<br />

der freien Wirtschaft sowie dem öffentlichen Dienst<br />

und vertritt sie gegenüber Politik und Gesellschaft<br />

im nati o nalen wie auch internatio nalen Kontext.<br />

Der VDV engagiert sich für die Ausbildung gut qua -<br />

li fizierten Ingenieurnachwuchses, die Erhöhung des<br />

Frauenanteils und für permanente Weiter bildung<br />

im Beruf.<br />

BDVI E. V.<br />

Der BDVI ist die Berufsvertretung der Öffentlich<br />

bestellten Vermessungsingenieure in Deutschland.<br />

Als Wirtschafts- und Berufsverband vertritt er die<br />

Interessen seiner ca. 1.300 Mitglieder und verschafft<br />

ihnen Gehör gegenüber Politik, Wirtschaft<br />

und Verwaltung. Im Vordergrund der Verbands -<br />

arbeit steht dabei, den einzelnen Berufsträger als<br />

Teil des öffentlichen Vermessungswesens zu stär ken<br />

und gleichzeitig das den Beruf fördernde Gesamtinteresse<br />

der beliehenen Freiberufler hervor zu heben.<br />

Die ÖbVI sind vom Staat beliehene Freiberufler,<br />

die mit hoheitlichen Aufgaben im Bereich Vermessungswesen<br />

betraut sind. Vergleichbar mit Notaren<br />

erbringen sie öffentliche Dienstleistungen in<br />

privater Organisation. Ein ÖbVI untersteht staat -<br />

licher Aufsicht und darf nicht in einem Weisungs -<br />

verhältnis oder gewerblich tätig sein; sein Handeln<br />

ist von Neutralität und persönlichem Verantwortungsbewusstsein<br />

bestimmt. Bei allen Aufgaben in<br />

Bezug auf Grundstücke und Immobilien sind sie<br />

technische Dienstleister, aber auch Berater und<br />

Mittler zwischen Wirtschaft und Verwaltung.<br />

DVW E. V.<br />

Der DVW e. V. – Gesellschaft für Geodäsie, Geo -<br />

information und Landmanagement – vertritt, fördert und koordiniert<br />

die Belange seiner Mitglieder in den Bereichen Geodäsie, Geoinformation<br />

und Landmanagement. Er wirkt bei der nationalen Aus-, Fortund<br />

Weiterbildung aktiv mit und pflegt in diesem Rahmen auch die<br />

internationale Zusammenarbeit. Der DVW kooperiert mit zahlreichen<br />

wissenschaftlichen Vereinigungen, Hochschulen und Institutionen und<br />

verfügt auf diese Weise über ein ausgedehntes Expertennetzwerk.<br />

Der DVW stellt die Leistungen und die Bedeutung von Geodäsie, Geo -<br />

information und Landmanagement in der Öffentlichkeit dar und wirkt<br />

bei Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen mit.<br />

1<br />

291


292<br />

VERBAND VERBAND<br />

1<br />

Von links nach rechts, stehend:<br />

Burkhard Kreuter, Hagen Graeff,<br />

Rudolf Wehmeyer, Christof Rek,<br />

Volkmar Teetzmann<br />

Von links nach rechts, sitzend:<br />

Wilfried Grunau, Michael Zurhorst,<br />

Karl-Friedrich Thöne<br />

1990 2010<br />

1990 | 2010 | 2030<br />

Stadtentwicklung<br />

im Zeitraster<br />

Der BDVI-Kongress findet vom 27. bis 29. Mai 2010 im Hotel »The Westin<br />

Bellevue Dresden« statt – direkt am gegenüberliegenden Elbufer<br />

von Semperoper, Zwinger und Sächsischem Landtag.<br />

Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, hat die Schirmherrschaft über die<br />

Kongressveranstaltung übernommen. In seinem Namen wird der Chef der Staatskanzlei, Dr. Johannes<br />

Beermann, Grußworte der Landesregierung entrichten.<br />

Donnerstag, 27. Mai 2010<br />

10:00-16:00 Uhr Sitzung des Hauptvorstandes Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

www.westin-dresden.de<br />

16:00-17:30 Uhr BI – Bildungsinstitut des BDVI Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

ab 19:00 Uhr Get-together Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

Atrium & Canalettoterrasse<br />

Freitag, 28. Mai 2010<br />

ab 9:30 Uhr Markt der Möglichkeiten Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

10:00-16:30 Uhr Kongressveranstaltung Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

ab 19:15 Uhr Abendveranstaltung Raddampfer »Leipzig«<br />

Samstag, 28. Mai 2010<br />

9:30-13:00 Uhr Mitgliederversammlung Hotel »The Westin Bellevue Dresden«<br />

Ihre Ansprechpartner in der BDVI-Geschäftsstelle:<br />

Martina Wolkowa, Sabine Seidewitz, Guido Müller, Marko Krebs<br />

Luisenstraße 46 | 10117 Berlin | Telefon 030/240 83 83 | E-Mail info@bdvi.de | www.bdvi.de<br />

2030<br />

1<br />

293


294<br />

FORUM<br />

Leiser Nachruf<br />

Leiser Nachruf im Nachgang zu der großen und würdigen Trauerfeier am 28. Januar, mit der auch<br />

seine Kollegen von Wolfgang Schultz Abschied genommen haben. Gedanken eines Begleiters, der<br />

mit dem Brandenburger zwei Jahrzehnte lang getagt, auch gestritten, aber immer miteinander<br />

an der Zukunft des Verbandes gearbeitet hat. Jeder mit seinen Mitteln.<br />

Wolfgang Schultz hat es nie in die »Bundespolitik« gezogen.<br />

Sein Wirkungsfeld war das Bundesland Brandenburg, viel leicht<br />

darf man augenzwinkernd sagen: sein Bundesland. Und seine<br />

Überzeugung war immer, dass die eigentliche, die wichtigste<br />

Verbandsarbeit in den Landesgruppen vor Ort ge leistet wird.<br />

Und immer, wenn dieses Credo wieder in den Gremien be -<br />

kannt werden musste, war es der Start zu einer Aufzählung<br />

und in Folge auch zu einer wortreichen Abwägung von Verbandsaufgaben<br />

im Bund und vor Ort. Das Spannungsfeld zu<br />

be nennen und die Bedeutung seiner Arbeit vor Ort immer wie -<br />

der herauszustellen war eine wichtige, für den BDVI sogar not -<br />

wendige Leistung von Wolfgang Schultz.<br />

Meiner Kenntnis nach hat Wolfgang Schultz sein berufs stän -<br />

di sches Arbeitsfeld gut bestellt. Will heißen, dass er erfolg -<br />

reich daran mitgearbeitet hat, die Rechtsgrundlagen für die<br />

Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Brandenburg<br />

so zu gestalten, dass die Kollegen ihren Beruf eigenständig aus -<br />

1<br />

üben und entwickeln konnten. Dazu braucht es gute, trag -<br />

fähi ge, ja vertrauensfähige Beziehungen zu allen Verantwortungsträgern<br />

in Verwaltung und Politik, ohne die der Berufs -<br />

stand nicht existieren kann. Täuscht der Eindruck, oder war<br />

es eine besondere Fähigkeit von Wolfgang Schultz, gerade in<br />

Brandenburg die dortigen Gestalter von der Wichtigkeit der<br />

ÖbVI für die Sicherung des Eigentums zu überzeugen?<br />

Der leise Nachruf ist ein nachdenklicher. Verbunden mit Ge -<br />

danken über das natürliche Spannungsfeld der Verbands arbeit<br />

in den Landesgruppen und in den Bundesgremien. Ein Nachdenken<br />

über die Grundlagen des Berufs, die uns ausmachen,<br />

und eine Reverenz vor Wolfgang Schultz, der unseren Berufs -<br />

stand in seinem Bundesland engagiert mit- und wei ter ent -<br />

wickelt hat.<br />

Dr.-Ing. Walter Schwenk | FORUM-Redaktion<br />

Lausitzer Rundschau<br />

In stillem Gedenken<br />

Am 20. Januar 2010 wurde Dipl.-Ing. Wolfgang Schultz,<br />

Öffent lich bestellter Vermessungsingenieur und langjähriger Vorsit<br />

zender der BDVI-Landesgruppe Brandenburg, im Alter von 58 Jahren<br />

völlig unerwartet aus dem Leben gerissen.<br />

Mit ihm verliert der BDVI mitten aus dem aktiven Wirken einen sei -<br />

ner fähigsten Vertreter, dessen Leistungen um den Aufbau und die<br />

Stärkung des gesamten Berufsstandes, insbesondere in den neuen<br />

Bundesländern, kaum hoch genug zu würdigen sind. Sein Ideenreichtum,<br />

sein Sachverstand und seine heraus ragenden mensch -<br />

lichen Qualitäten machten ihn zu einer markanten und äußerst<br />

geachteten Persönlichkeit nicht nur unter den brandenburgischen<br />

Geodäten.<br />

Wolfgang Schultz wurde am 26. Dezember 1951 im sächsi schen<br />

Bad Schandau geboren, ging dort zur Schule und absolvierte anschließend<br />

eine zweijährige Lehrausbildung an der Betriebsbe rufs -<br />

schule in Dresden-Lockwitz, die er 1970 als Vermessungsfacharbei<br />

ter abschloss. Nach dem Grundwehrdienst und kurzzeitiger An -<br />

stellung beim Topographischen Dienst Dresden studierte er von<br />

1972 bis 1975 an der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartographie<br />

Dresden. Sein beruflicher Le bensweg führte ihn danach in die<br />

Niederlausitz, wo er im Betriebsteil Cottbus des VEB Geodäsie und<br />

Kartographie Dresden zunächst als Messtruppführer im Kraftwerk<br />

Jänschwalde tätig war und ab 1976 den Stützpunkt Ingenieurvermessung<br />

der Tagebaue Jänschwalde und Cottbus-Nord leitete.<br />

Gleich zeitig absolvierte Wolfgang Schultz ab 1979 ein Fernstu dium<br />

an der Technischen Universität Dresden in der Fachrichtung Geodäsie,<br />

das er 1985 mit Bestnoten als Diplom-Ingenieur abschloss.<br />

Zwischenzeitlich zum Objektleiter der Ingenieur- und Liegenschaftsvermessung<br />

im Kraftwerk Jänsch walde geworden, nutzte er die sich<br />

mit der politischen Wende im Herbst 1989 bietende Mög lichkeit<br />

und gründete im Oktober 1990 ein eigenes Vermessungsbüro mit<br />

damals 14 Mit arbeitern, das er mit viel Geschick und Weitblick zu<br />

einem erfolgreichen und leistungsstarken Unter nehmen mit bis zu<br />

65 Mitarbeitern ausbaute. Neben der Ingenieur- und Berg bau -<br />

vermessung entwickelte sich die hoheitliche Liegenschafts ver mes -<br />

sung schnell zu einer tragen den Säule seines Vermessungsbüros,<br />

nachdem Wolfgang Schultz 1992 als Vermessungsbefugter im Land<br />

Brandenburg und nach erfolg reicher Qualifizierung und Prüfung<br />

im Jahr 1995 als Öffent lich be stellter Vermessungsingenieur zugelassen<br />

wurde.<br />

Seit 1990 war Wolfgang Schultz Mitglied im BDVI und engagierte<br />

sich von Anfang an neben den Herausforderungen beim Aufbau<br />

des eigenen Büros mit hohem persönlichem Einsatz und nie versie<br />

gender Energie für die Belange seines Berufs stands. Bereits 1992<br />

wurde er zum Vorsitzenden der neu entstandenen Landesgruppe<br />

Brandenburg im BDVI gewählt und behielt dieses Amt bis zu seinem<br />

Tod mehr als 17 Jahre.<br />

FORUM<br />

Sein unermüdliches Wirken und, um es mit seinen Worten zu sa -<br />

gen, seine Mann-Power hatten entscheidenden Einfluss auf die Ent -<br />

wicklung des brandenburgischen Vermessungswesens. Nachdem in<br />

den Anfangsjahren seiner Amtszeit die Vorbe rei tung der Vermessungsbefugten<br />

auf die Zulassungsprüfung zum ÖbVI im Mittelpunkt<br />

der Verbandsarbeit stand, konzentrierte sich die be rufspolitische<br />

Arbeit zunehmend auf Sach themen wie die Ausarbeitung der Vor -<br />

schriften zur Liegenschaftsvermessung, die Ge büh renordnung, die<br />

Novellierungen der Bau ordnung, der Bauvorlagenverordnung und der<br />

Berufsordnung. In all diesen Themen feldern hat Wolfgang Schultz<br />

den fachlichen Diskurs nachhaltig geprägt und sichtbare Leitli nien<br />

hinterlassen. Er verstand es immer, die Belange des Freien Berufs<br />

mit Augenmaß, Kreativi tät und Kompetenz gegenüber der Vermes -<br />

sungs- und Katasterverwaltung zu ver treten und beharrlich dafür<br />

einzustehen. Durch seine Fairness, Aufrichtigkeit, Verläss lichkeit<br />

sowie sein überdurchschnittliches und unei gen nütziges Engagement<br />

erwarb er sich dabei große Akzeptanz und Wert schät zung<br />

und legte so den Grundstein für das kollegiale und auf gemeinsame<br />

Problemlösung gerichtete Verhältnis zwi schen Verwaltung<br />

und Freiem Beruf in Brandenburg.<br />

Ausdruck für das von Wolfgang Schultz gelebte vertrau ensvolle<br />

Miteinander des »Brandenburger Wegs« ist nicht zuletzt die von<br />

ihm maßgeblich geprägte gemeinsame Fachtagung von Freiem Be -<br />

ruf und Verwaltung, die sich seit 1994 unter seiner Ägide zu einem<br />

renommierten <strong>Forum</strong> für frucht volle Diskussionen zum öffentlichen<br />

Vermessungswesen entwickelte.<br />

Gewicht hat sein Wort auch dadurch gewonnen, dass er immer bemüht<br />

war, auf seine Gesprächspartner einzugehen und deren Standpunkte<br />

in die eigenen Überlegungen einzu be zie hen. Im Gegenzug<br />

scheute er sich jedoch auch nicht, ohne Wenn und Aber kritisch<br />

seine Meinung zu äußern, wo es nottat. Exzellent und immer mit<br />

einer Prise Humor gewürzt konnte er Probleme ana ly sieren und Lösungsansätze<br />

strukturieren. Dafür wurde er allseits geschätzt.<br />

Nicht nur auf Landesebene hat er die Verbandsarbeit in zahl rei -<br />

chen Kommissionen, Arbeitsgruppen und Gremien durch sei ne aktive<br />

Mitarbeit bereichert. Als Mitglied im Hauptvorstand des BDVI<br />

setz te er sich auf Bundesebene unermüdlich für die Sicherung und<br />

Weiterentwicklung des Berufsstandes ein und stritt für eine Stär -<br />

kung der berufspolitischen Basisarbeit in den Bundesländern.<br />

Wolfgang Schultz war mit Leib und Seele Geodät. Er war Kolle ge,<br />

Mitstreiter und Freund.<br />

Wir, die Brandenburger ÖbVI, haben ihm unendlich viel zu verdanken<br />

und werden seiner immer ehrend gedenken.<br />

Die Mitglieder der BDVI-Landesgruppe Brandenburg<br />

1<br />

295


296<br />

REPORT<br />

Der Ton des geräuschlosen Rechtsfriedens<br />

Neujahrsempfang des BDVI 2010<br />

MARTIN ULLNER | SCHÖNEICHE BEI BERLIN<br />

W<br />

ieder ein Jahr um. Wieder der Neujahrsempfang des BDVI und der Landesgruppe Berlin<br />

im Rathaus Schöneberg. Wieder ein angenehmer, aber kein leichtgewichtiger Abend.<br />

»Risiken und Chancen des Freien Berufs« hatten sich diesmal die Veranstalter auf die Fahnen<br />

geschrieben.<br />

Im gediegenen Rahmen der Bibliothek des Rathauses kamen<br />

am 26. Januar 2010 die Mitglieder und Vordenker des BDVI sowie<br />

Vertreter der Vermessungsverwaltungen, Kammern, Verbände<br />

und der Geoinformationswirtschaft zusammen – also alle, die<br />

auch im Jahr 2010 wieder die Lebendigkeit und die Qualität des<br />

BDVI in die Welt tragen sollen und können. Der warme Hände -<br />

druck des Landesvorsitzenden Christof Rek wurde jedem Ein -<br />

zelnen zuteil, der den Temperaturen der Berliner Kältekammer<br />

trotzte.<br />

1<br />

Die teils lakonischen Begrüßungsworte des Baustadtrates Bernd<br />

Krömer als Hausherr lockerten die letzte temperaturbedingte<br />

Steifigkeit. Er lobte den hohen Organisationsgrad der ÖbVI in<br />

ihrer Interessenvertretung und freute sich, den Veranstal tungs -<br />

ort zum wiederholten Male zur Verfügung stellen zu dürfen,<br />

auch zum 25. Neujahrsempfang!<br />

Christof Rek entgegnete in seiner Ansprache anschließend, dass<br />

es erst 23 Jahre gewesen seien, aber die Jubiläumsveranstal-<br />

tung auch wieder hier stattfinden könne. Er hieß nochmals<br />

alle Anwesenden herzlich willkommen und gab einen kurzen<br />

Rückblick (Stichwort: HOAI). Zu den Unstimmigkeiten über das<br />

Ber liner Vermessungsgesetz im Abgeordnetenhaus forderte er:<br />

»Komplett neue Ansätze bitte!« Der Blick in die Zukunft des Be -<br />

rufsstandes bedeutet für ihn: Online-Kataster, Veredelung von<br />

Geodaten, Leben von Standesregeln.<br />

In seinem Grußwort kam BDVI-Präsident Michael Zurhorst<br />

u. a. zu dem Schluss, dass anhand aktueller Entwicklungen<br />

berufspolitisch eine Prognose für 2020 kaum möglich sei. Die<br />

ÖbVI sollten sich durch Strohfeuer wie Gebäudeeinmessungen,<br />

Aufträge durch das Konjunkturpaket II oder Aufgabenverlage -<br />

rung aus der Verwaltung zum Freien Beruf nicht blenden lassen.<br />

Seine Schlagworte zur Zukunftssicherung sind Leitbild, Qua -<br />

litätssicherung und Vertrauensmarketing. Diese sollen mit professioneller<br />

Unterstützung durch Prof. Hommerich den Ton er -<br />

zeugen, der die Qualitäten der ÖbVI präziser und in breiteren<br />

Gesellschaftsschichten zur Geltung bringt.<br />

Zum Festvortrag war in diesem Jahr Dr. Ulrich Oesingmann, Prä -<br />

sident des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB), geladen<br />

(der »Mann bei Merkel«). Sein Bild des Freiberuflers sei geprägt<br />

vom geräuschlosen Herstellen des Rechtsfriedens. Er meinte das<br />

selbst redend positiv.<br />

Eine Million Freiberufler (ein Viertel aller Selbstständigen), die<br />

jeden zehnten Euro in Deutschland erwirtschaften und 2,9 Mil-<br />

REPORT<br />

lionen Angestellte haben, besitzen als einzige Sicherheit ihren<br />

guten Ruf, so Oesingmann. Den gilt es nicht nur zu festigen,<br />

son dern auch vor Angriffen zu schützen. Der BFB hat einerseits<br />

dazu einen Wertekanon mit zehn Leitthesen aufgestellt und<br />

begrüßt außerordentlich die diesbezüglichen Aktivitäten des<br />

BDVI. Andererseits begegnet der Verband Spitzen aus der Politik,<br />

die auf Einengung der Spielräume von Freiberuflern zielen.<br />

Die Wah rung des empfindlichen Gleichgewichts beim Vertrauen<br />

erfordert neuartige Ansätze.<br />

»Wer schreit, hat nicht Recht – wer nie schreit, bekommt nie<br />

Recht«, könnte man nun profan sagen. Diese Redewendung<br />

stellt aber nur die Pole dar. Das Spektrum darin ist immens. Marke<br />

ting mit dem sensiblen Gut Vertrauen sollte einen definierten,<br />

wahrnehmbaren Ton haben.<br />

Um kein falsches Bild vom Abend aufkommen zu lassen: Der<br />

inoffizielle Teil in kleineren Kreisen stand dem offiziellen in sei -<br />

ner Qualität nicht nach. Auch wenn es sich nun hier und da um<br />

leichtere Kost handeln mochte. Und um einen leiseren Ton. Aber<br />

das gehört zu einem erfolgreichen Neujahrsempfang schließlich<br />

dazu.<br />

Dipl.-Ing. Martin Ullner | FORUM-Redaktion<br />

1<br />

297


298<br />

REPORT<br />

Politik, Ethik, Technik<br />

Der Freie Beruf<br />

in Sachsen.<br />

Sachstand und<br />

Prognose.<br />

KATRIN DREYSE | DRESDEN<br />

A m<br />

1<br />

20. November 2009 fand die Jahreshauptversammlung der BDVI-Landesgruppe Sachsen<br />

im an der Elbe gelegenen Schlosshotel in Dresden-Pillnitz statt.<br />

Der Vorsitzende der Landesgruppe, ÖbVI Wolfgang<br />

Heide, begrüßte die über 80 Teilnehmer,<br />

zu denen Vertreter aus den Ministerien, Verwaltungen,<br />

Landkreisen und Hochschulen, aus<br />

befreundeten Verbänden sowie viele BDVI-Mitglieder<br />

gehörten.<br />

In der Einführung der Vortragsveranstaltung<br />

wurde insbesondere die gute und konstruktive<br />

Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Staats -<br />

ministerium des Innern (SMI) hervorgehoben,<br />

die von einer vertrauens vollen Atmosphäre ge -<br />

prägt ist. So konnte Dr. Frank Pfeil, Abtei lungs -<br />

leiter des SMI, begrüßt werden.<br />

Dieser betonte, dass im Rahmen der Novelle des<br />

Gesetzes über das Geoinformationswesen keine<br />

Veränderung an fachlichen Inhalten sowie der<br />

Vorsitzender der Landesgruppe Sachsen des BDVI Wolfgang Heide<br />

Aufgabenzuweisung an die Landkreise und kreis -<br />

freien Städte erfolgen soll. Dr. Pfeil wür digte die<br />

Mitgliedschaft des BDVI Sachsen in der gdi.initiative.sachsen.de und rief dazu auf, die Wahrnehmung des Vermessungs-<br />

und Geoinformations wesens in der Öffentlichkeit weiter zu schärfen.<br />

BDVI-Präsident Michael Zurhorst hob in seinem Grußwort hervor, dass der BDVI durch die Entwicklung eines Leitbildes<br />

und einer Methodik des Qualitätsmanagements die öffentliche Wahrnehmung des freiberuflichen Berufsstandes<br />

der ÖbVI im Sinne eines Vertrauensmarketings weiter verbessern möchte. Er dankte der Ingenieurkammer<br />

Sachsen und der BDVI-Landesgruppe für ihr Engagement für<br />

den Erhalt der vermessungs technischen Leistungen im ver -<br />

bindlichen Teil der HOAI im vergangenen Jahr.<br />

Als Vertreter der Landeshauptstadt Dresden war der Beigeord<br />

nete für Stadtentwicklung, Bürgermeister Jörn Marx, ver -<br />

treten, der die Gäste über die demographische, wirt schaft -<br />

liche und archi tektonische Entwicklung der Landeshauptstadt<br />

des Freistaates Sachsen informierte.<br />

In einem beeindruckenden Vortrag mit dem Titel »Welt mit<br />

Zukunft – Herausforderungen an die Geodäsie« zeigte Prof.<br />

Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Globalisierungsexperte und<br />

Mitglied des Club of Rome, die Auswirkungen und Folgen<br />

der Finanz- und Wirtschaftskrise auf.<br />

Gleichzeitig skizzierte er die Perspektiven unserer Welt und<br />

zeigte Verbesserungsansätze auf. Gekonnt verstandes Prof.<br />

Dr. Dr. Radermacher, auf wirt schaft swissenschaftlich höchs -<br />

tem Niveau seine Thesen zu präsentieren und neue Impulse<br />

für das eigene Handeln zu geben.<br />

Prof. Willfried Schwarz von der Bauhaus-Universität Weimar kam mit dem Thema »Trends in der geodätischen Mess -<br />

technik und ihre Bedeutung für Studium und Beruf« nach Pillnitz. Laser-Interferometrie, faseroptische Sensoren,<br />

Vibrometer, die aktuellen Schwerefeldmissionen CHAMP, GRACE und GOCE sowie weitere Sensoren und Sensor -<br />

systeme mit ihren innovativen Anwendungsfeldern wurden im Vortrag eindrucksvoll erläutert. Neben den aktuellen<br />

REPORT<br />

Abteilungsleiter des Sächsischen Staatsministeriums des Innern Dr. Frank Pfeil<br />

1<br />

299


300<br />

REPORT<br />

1<br />

Messsystemen kamen auch die zur geodätischen Mess technik dazu -<br />

gehörigen Auswerte- und Analyse verfahren zur Sprache. Bei den von<br />

Schwarz erläuterten Messergebnissen ging es um Genauigkeiten bis in<br />

den µm-Be reich (10-6), Genauigkeiten, welche vor allem im Maschinen -<br />

bau von großer Bedeutung sind.<br />

Die im Vortragstitel erwähnten Trends zutreffend abzuschätzen wird<br />

umso schwieriger, je langfristiger die Vorhersage gelten soll. Motor aller<br />

Entwicklungen ist die kontinuierliche Verbesserung der Rechentechno<br />

logie. Einzelsensoren werden kleiner, preis werter und leistungsfähiger.<br />

Geodäten werden prüfen müssen, welche Sensoren für ihre Aufga ben -<br />

felder geeignet bzw. effizient sind, und ihre geodätische Mess technik<br />

gegebenenfalls um diese innovativen Sensoren erweitern. In der Mess -<br />

philosophie wird die Ent wicklung vom Punkt zur Fläche und vom Statischen<br />

zum Kinematischen gehen, so Schwarz.<br />

Beim Laserscanner gehe der Trend hin zum intelligenten, kinemati schen<br />

Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher,<br />

Scanning z. B. von Fahrzeugen und Helikoptern sowie zur Kombina-<br />

Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, Ulm tion von aerialem und terrestrischem Laserscanning. Die geodätische<br />

Mess technik wird sich durch Integration und Fusion von Laserscannern<br />

mit den unterschied lichsten Sensoren hin zu Multisensorsystemen, z. B. einem vollautomatischen Messfahrzeug,<br />

entwickeln.<br />

Deshalb: Der Wandel von der statischen (Einzelpunktaufnah me) zur kinematischen (flächenhaften) Aufnahme<br />

braucht Fachkräfte zur Interpretation der Ergebnisse. Hier sollten sich die Geodäten nicht »ausbooten« lassen. Trotz<br />

aller Knopfdruck technik an den Instrumenten ist der Sach -<br />

verstand notwendig. Mit seinem Aufruf zur Pflege der interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit, der Erschließung neuer<br />

Arbeitsfelder und deren Internationalisierung animierte<br />

Prof. Schwarz die Zuhörer nachhaltig zum Nachdenken<br />

über den Berufsstand des ÖbVI.<br />

Welchen Stellenwert das Vertrauen in den Freien Beruf<br />

gerade in Zeiten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

hat, erläuterte Dr. Ellen Madeker von der Friedrich-Naumann-Stiftung<br />

FÜR DIE FREIHEIT, Brüssel, in ihrem Vortrag<br />

über das Leitbild der Freien Berufe als vertrauensbildende<br />

Maßnahme.<br />

Das Vertrauen in die Freien Berufe wurde auch durch die<br />

Wirtschafts- und Finanzkrise nicht geschwächt. Um das<br />

Vertrauen ihrer Mandanten, Klienten oder Patienten zu<br />

be wahren und zu stärken, hat das Präsidium des Bundes -<br />

verbands der Freien Berufe Anfang 2008 die Entwicklung<br />

eines Leitbilds für die Freien Berufe beauftragt.<br />

Prof. Willfried Schwarz, Bauhaus-Universität, Weimar<br />

Dieses Leitbild soll stehen für die Berufsethik und den<br />

Mehr wert der Freien Berufe für die Gesellschaft. In einem Prozess der Überprüfung des freiberuflichen Selbstbildes<br />

ging es insbe sondere darum, den Wertekern der Freiberuflichkeit gegen über Politik und Öffentlichkeit klar herauszustellen.<br />

Freie Be rufe sind Vertrauensberufe und sollten sich dessen bewusst sein. Es sollte klar sein, dass ein<br />

Vertrauensverlust nicht nur schlicht Verdienstausfall oder (im schlimmsten Fall) Existenzruin bedeute, sondern auch,<br />

dass das Gemeinwohl auf dem Spiel stehe. Denn die Dienstleistungen,<br />

die Freie Berufe erbringen, sind auf das Engste mit dem Wohle der Allgemeinheit<br />

verknüpft.<br />

Das Leitbild stellt das Berufsethos als Kernelement<br />

des Freien Berufs dar. Es kommuniziert, wofür die<br />

Freien Berufe stehen, und formuliert ethische<br />

Maßstäbe, denen sich die Berufsträger verpflichten<br />

und an denen sie gemessen werden wollen.<br />

Weitere Thesen des Leitbildes sind, dass die Ausübenden der Freien<br />

Berufe fachlich unabhängig sind, ihre Leistung persönlich erbringen,<br />

verlässliche Partner<br />

sind, in Ausbildung<br />

in ves tieren und auf<br />

transparente Selbst -<br />

verwaltung setzen.<br />

Sie stehen für ein innovatives<br />

Europa und<br />

passen sich flexi bel<br />

an sich verändernde<br />

Bedürfnisse an.<br />

Dr. Ellen Madeker<br />

stellte heraus, dass<br />

das Leitbild eine<br />

ehrgeizige und an -<br />

spruchs volle Selbst -<br />

verpflichtung formu -<br />

liert. Es soll so wohl<br />

Qualität für die frei -<br />

berufliche Dienst leis -<br />

tung garantieren als<br />

Dr. Ellen Madeker,<br />

Friedrich-Naumann-Stiftung FÜR DIE FREIHEIT, Brüssel<br />

auch Arbeitsauftrag an die Berufs träger selbst sein, sich weiterzuent -<br />

wickeln und kritisch zu prüfen, ob sie die Anforderungen erfüllen. Der<br />

Erfolg des Leitbildes hängt schließlich davon ab, ob es von den Be rufs -<br />

trägern angenommen und in die Praxis umgesetzt wird. Nur wenn die<br />

Berufsträger das Leitbild mit Leben erfüllen, wird es mehr sein als ein<br />

reines Lippenbe kennt nis und seine vertrauenstärkende Wirkung vollständig<br />

entfalten.<br />

Im Anschluss an die Vortragsveranstaltung nutzten viele Gäste die Ge -<br />

legenheit zu einem Gedankenaustausch in lockerer Atmosphäre. In der<br />

darauf folgenden Mitgliederversammlung wurde über die ereignis reiche<br />

Verbandsarbeit des zurückliegenden Jahres berichtet, deren Schwerpunkt<br />

der Erhalt der Verbindlichkeit der Honorare der HOAI, insbesondere<br />

für die vermessungstechnischen Leistungen, war. Der erfolg reiche<br />

Tag klang bei einem gemeinsamen Abendessen mit kabarettis tischen<br />

Darbietungen aus.<br />

Dipl.-Ing. Katrin Dreyse | BDVI Landesgruppe Sachsen<br />

Schlüterstraße 19 | 01277 Dresden | www.bdvi-sachsen.de<br />

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302<br />

34<br />

FORUM<br />

KLAUS KUMMER / JOSEF FRANKENBERGER (HRSG.)<br />

DAS DEUTSCHE<br />

VERMESSUNGS- UND GEO -<br />

INFORMATIONSWESEN<br />

Autoren geben auf rund 900 Seiten einen Überblick über den<br />

aktuellen Stand des deutschen Vermessungs- und Geoinforma<br />

tionswesens, in einem Werk, das als Jahrbuch mit jährlichen Ak tuali<br />

sierungsbänden konzipiert ist. Geplant ist, es alle drei Jahre völlig<br />

überarbeitet neu herauszugeben – ein ambitioniertes Ziel. Die Heraus<br />

geber begründen es in ihrem Vorwort mit der Notwendigkeit ei -<br />

ner engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller mit Geodaten -<br />

ma nagement und Geodateninfrastruktur befassten Beteiligten. Ihr<br />

Wunsch ist, dass die ses Buch »eine Community-Plattform und eine Art<br />

›geodätisches Wiki pedia‹ für alle Berufstätigen und den Berufsnachwuchs«<br />

wird.<br />

Diesem Ziel entsprechend ist es inhaltlich breit aufgestellt und in folgende<br />

fünf Teile untergliedert:<br />

Teil A: Gesellschaftliche Verankerung und<br />

institutionelles Gefüge<br />

Teil B: Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche<br />

Teil C: Technische Netzwerke und Transfer<br />

Teil D: Forschung und Lehre<br />

Teil E: Rückblick und Anhang<br />

Einleitend spannt Kerber im Teil A den Bogen von der histo ri schen über<br />

die politische und administrative Dimension des Geoinformationswesens<br />

bis zu seiner Bedeutung in der Bundes verwaltung. Er gibt u. a.<br />

einen sehr informativen Überblick über vielfältige Dienststellen der<br />

Bundesverwaltung, die als Anbieter oder Nutzer von Geoinforma tionen<br />

in Er schei nung treten. Als Vision nennt er einen »Geoinformations -<br />

dienst Deutschland«, der ressort- und verwaltungsebenenüber grei fend<br />

tätig werden könnte und zur Stärkung des deut schen Geo informa tions -<br />

wesens in seiner Außenwirkung beitragen könnte.<br />

Über Auftrag, Zuständigkeiten, Organisation und Institutionen des deutschen<br />

Vermessungs- und Geoinformationswesens infor mieren Creuzer<br />

und Zeddies. Im Kapitel über die Zu stän dig keiten gehen sie ausführlich<br />

auf Rolle, Rechtsstellung und Aufgaben der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure<br />

ein. Über den BDVI wird im Kontext mit Fachverwaltungen<br />

und BKG informiert.<br />

1<br />

Verlag Wichmann, Heidelberg 2010,<br />

ISBN 978-3-87907-487-7,<br />

878 Seiten, 118,00 E<br />

»GeoGovernment und Zusammenarbeit«<br />

ist das Thema von Kummer, nicht nur<br />

einer der Herausgeber, sondern auch Au -<br />

tor. Ausgehend von einem neuen Staats -<br />

verständnis diskutiert er die sich daraus<br />

ergebenden Konsequenzen für das Vermessungs-<br />

und Geoinformations wesen,<br />

einschließlich Mög lich kei ten und Grenzen<br />

von Privatisierungen.<br />

Er stellt die Rolle des Vermessungs we sens im GDI-Prozess vor und behandelt<br />

die Strategie der Zusammenarbeit im Vermessungs- und Geo -<br />

informationswesen, basierend auf den Grundsätzen des amtlichen Ver -<br />

messungs we sens.<br />

Neben der Würdigung von Arbeitskreisen im föde ral or ganisierten Vermessungswesen,<br />

der Erläuterung der strategi schen Leit linien und der<br />

Bund-Länder-Kooperationen geht er auch auf die Zusammenarbeit<br />

zwischen Verwaltung und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieu -<br />

ren auf der Grundlage des Eckwertepapiers von AdV und BDVI ein.<br />

Abgerundet wird dieser erste Teil von Meinert und Streuff, die sich mit<br />

Geoinformation im internationalen Umfeld auseinandersetzen. Es werden<br />

die wesentlichen Akteure auf euro päischer und globaler Ebene vor -<br />

gestellt und es wird ein Über blick über internationale Programme, Initiativen<br />

und Projekte gegeben. Schließlich widmen sie sich auch dem<br />

vieldiskutierten Thema der Informations- und Datenpolitik, also Fragen<br />

des Zugangs und der Kosten der Daten.<br />

Der Teil B umfasst in großen Teilen zusammengefasste Darstellungen<br />

der fachlichen Bereiche des Vermessungs- und Geoinformationswesens<br />

im gesellschaftlichen und rechtlichen Kontext. Im Einzelnen werden<br />

behandelt:<br />

Geodätischer Raumbezug (Heckmann, Jahn)<br />

Geotopographie (Jäger)<br />

Liegenschaftskataster und Liegenschaftsvermessungen<br />

(Bauer, Püschel, Wiedenroth, Zurhorst)<br />

Entwicklung ländlicher Räume (Thomas)<br />

Immobilienwertermittlung (Ziegenbein)<br />

Aufgaben in Städtebau und Stadtentwicklung (Kötter)<br />

In allen diesen Aufgabenfeldern sind auch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure<br />

tätig – von besonderem Interesse sind sicher die<br />

Aus führungen zu Liegenschaftskataster und Lie gen schafts ver mes sun -<br />

gen, nicht nur, weil einer der Autoren der BDVI-Präsident ist. Auf über<br />

60 Seiten wird ausgehend von der rechtlichen und historischen Einordnung<br />

ein Überblick über Zweck, Inhalt, Führung und Fortführung des<br />

Liegenschaftskatasters, über verwaltungsverfahrensrechtliche Grundlagen<br />

und die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen ge ge ben.<br />

Schließlich wird auch die Bedeutung des Liegenschafts ka tasters als Basisinformationssystem<br />

hervorgehoben. Ähnlich informativ sind die anderen<br />

Darstellungen aufgebaut.<br />

Abschließend zu diesem Teil wird über Struktur und Aufgaben weite -<br />

rer wesentlicher Akteure im Vermessungs- und Geoiformationswesen<br />

informiert:<br />

Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen<br />

(Lucht, Jäger, Schaar, Wanzke)<br />

Freier Beruf, Ingenieurvermessung und Geoinformationswesen<br />

(Grunau, Stichling)<br />

Im letztgenannten Beitrag, der von einem Öffentlich bestellten Vermes<br />

sungsingenieur in seiner Funktion als Präsident des DDGI mitge -<br />

staltet wurde, werden u. a. auch noch einmal Rolle und Aufgaben des<br />

ÖbVI im Vergleich und in Abgrenzung zum beratenden Ingenieur und<br />

zu anderen Freien Berufen dar ge stellt.<br />

Der Teil C umfasst drei Komplexe. Birth und Schleyer befassen sich mit<br />

dem aktuellen Thema »Geodateninfrastruktur«. Infor miert wird über<br />

Aufbau und Betrieb der GDI-DE einschließlich der Gremien, die damit<br />

befasst sind, die INSPIRE-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung. Die<br />

Be deutung des Basisinformati ons systems für die GDI und ihr infrastruk -<br />

turelles Architektur kon zept werden vorgestellt. Im engen Zusammenhang<br />

damit stehen die Fragen der Normung und Standardisierung, die<br />

Seifert behandelt. Ausgehend von der Zielstellung, mangelnde Interope<br />

rabilität im Geoinformationsbereich durch internationale Standar -<br />

di sierung zu beheben, beschreibt er Normen, Standards und Gremien und<br />

geht auf das AAA-Anwendungsschema als AdV-Standard ein. Er hebt<br />

die Bedeutung der Normen für die Umsetzung der INSPIRE-Richt linie<br />

hervor und gibt einen Überblick über die Normungsstrategie der AdV.<br />

Von Fabian und Jäger-Bredenfeld werden schließlich Gesichtspunkte,<br />

die mit Bereitstellung und Nutzung der Geobasisda ten zusammenhängen,<br />

erläutert. Vorgestellt werden Produkte und Dienste der öffent -<br />

lichen Verwaltung und Möglichkeiten der Bereitstellung. Fragen des<br />

Schutzes von Geobasisdaten und der damit im Zusammenhang stehen<br />

den Verwertungs- und Nutzungsrechte werden ebenso behandelt<br />

wie Gebühren- und Geschäftsmodelle.<br />

Der Teil D beinhaltet den Komplex »Forschung und Lehre«. Brüg ge mann,<br />

Kutterer und Sandmann geben einen Überblick über Entwicklungs -<br />

schwerpunkte und Forschungsvorhaben. Es wird zunächst das Projekt<br />

Deutschland-Online und das darin ent hal tene Vorhaben Geodaten be -<br />

schrieben. Ein zweiter Schwerpunkt gilt den Entwicklungen im amt -<br />

lichen Vermessungswesen und schließlich wird in einem dritten Teil über<br />

die geodä tische Forschung in Deutschland in ihren äußerst viel fältigen<br />

Facetten berichtet.<br />

Heipke, Müller und Schultze behandeln Ausbildung und Qualifikations -<br />

wege. Gerade die damit zusammenhängenden Entwicklungen werden<br />

ja bereits seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Zunächst wird die Vermessungstechniker-<br />

und Karto graphenausbildung vorgestellt, wobei auf<br />

die aktuelle Diskussion zu einer neuen Struktur der Ausbildungs berufe<br />

eingegangen wird. In diesem Zusammenhang wird der Standpunkt des<br />

BDVI zur Vermessungstechnikerausbildung ausdrücklich genannt.<br />

Ein zweiter Schwerpunkt umfasst Studium und Promotion mit der<br />

Vorstellung der Studiengänge, die im Ergebnis des Bologna-Prozes -<br />

ses entstanden sind, und gibt einen Überblick über Universitäten und<br />

Hochschulen in Deutschland mit Studienmöglichkeiten in Geodäsie<br />

und Geoinformatik bzw. Geoinformation einschließlich der angebo -<br />

tenen Studiengänge.<br />

Schließlich werden die beamtenrechtlichen Laufbahnausbildungen<br />

und die berufliche Weiterbildung behandelt.<br />

Der abschließende Teil E umfasst einen historischen Rückblick aus der<br />

Feder des zweiten Herausgebers Frankenberger, »Das deutsche Vermes<br />

sungswesen von 1882 bis 2010 – Marksteine einer Entwicklung«,<br />

sowie zwei Anhänge mit Abkürzungs- und Autorenverzeichnis.<br />

Den Autoren des vorliegenden Werkes ist es gelungen, einen ausge -<br />

zeichneten Überblick über das deutsche Vermessungs- und Geoinfor -<br />

mationswesen im Jahr 2010 zu geben. Sie haben ein Werk vorgelegt,<br />

das nicht nur Fachleute aus der Vermessungs- und Geoinformationsbranche<br />

ansprechen sollte, sondern das hervorragend geeignet ist,<br />

Kollegen aus Nachbardisziplinen mit Aufgaben, Zielen und Problemen<br />

unseres Fachgebietes bekannt zu machen. Es wird sicher auch<br />

seinen Platz in der Ausbildung finden, weil die Beiträge einen guten<br />

zusammengefassten Überblick über das jeweilige Fachgebiet geben.<br />

Sie können für den interessierten Leser eine Grundlage für ein tiefe -<br />

res Eindringen in spezielle Fragen sein, unterstützt durch die um fang -<br />

reichen Quellenangaben zu jedem Abschnitt.<br />

Der gute Gesamt eindruck wird durch die hervorragende graphi sche<br />

Gestaltung der Bei träge noch unterstützt.<br />

Die geplante regelmäßige Aktualisierung ist für viele der dargestellten<br />

Teildisziplinen sicher erforderlich, werden doch Themen behandelt,<br />

die durch Entwicklungen in der Verwaltung, durch den weiteren<br />

Aufbau der GDI, die Diskussionen über die Ausbildung, Bezugs- und<br />

Nutzungsbedingungen von Geobasisdaten oder andere Veränderungen<br />

unter neuen Gesichtspunkten betrachtet werden müssen. Im Sinne<br />

der von den Herausgebern gewünschten Community-Plattform wäre<br />

es wünschenswert, diese Aktualisierungen für die Diskussion unterschiedlicher<br />

Standpunkte zu nutzen.<br />

Die Herausgeber, die als ausgewiesene Kenner des amtlichen deutschen<br />

Vermessungswesens auch den FORUM-Lesern seit langem bekannt<br />

sind, können beglückwünscht werden, weil es ihnen gelungen ist, hervorragende<br />

Fachleute für die Realisierung ihres Vorhabens zu gewinnen.<br />

Sie haben ein Werk vorgelegt, dem eine weite Verbreitung zu<br />

wünschen ist, auch und gerade unter den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren,<br />

sind diese doch an vielen der vorgestellten Ent -<br />

wicklungen direkt beteiligt oder von den Auswirkungen in ihrer Arbeit<br />

betroffen.<br />

Wolfgang Guske | Berlin<br />

FORUM<br />

1<br />

303


304<br />

FORUM<br />

CHRISTOPH HOMMERICH<br />

DIE FREIEN BERUFE<br />

UND DAS VERTRAUEN<br />

IN DER GESELLSCHAFT<br />

Ansätze zu einem Aufbruch –<br />

ein Forschungsbericht im Auftrag<br />

des Verbandes Freier Berufe im<br />

Lande Nordrhein-Westfalen e. V.<br />

Selbstverständlichkeit, Selbstgenügsamkeit und Selbst zu frie -<br />

denheit führten zu einer falschen Verortung der Freien Be -<br />

rufe und boten den überzogenen Deregulierungsbemühungen<br />

der Europäischen Union breiten Raum. Das führte in Deutsch -<br />

land wiederum zu einer rein ökonomischen Betrachtungsweise<br />

der Freien Berufe. Dieses wurde besonders deutlich in der Handlungsweise<br />

der Politik in Fragen der Honorierung von Archi tek -<br />

ten und Ingenieuren.<br />

Die Abschaffung von Hono rar zonen sollte Wettbewerbsanreize<br />

für Freiberufler schaffen, die Servicequalität verbessern und Innovationen<br />

fördern. Dass dieses nur mit bereits verdientem Ein -<br />

kommen finanziert werden kann und nicht mit Preisdum ping,<br />

genau daran hatte keiner in den Ressorts der Politik gedacht.<br />

Der Verband Freier Berufe im Lande Nordrhein-Westfalen e. V.<br />

(VFB NW) gab einen Forschungsbericht in Auftrag, um einen<br />

Beitrag zur Zukunft der freiberuflichen Tätigkeiten hinsichtlich<br />

der Einordnung in das Wirtschafts- und Gesellschaftsgeflecht<br />

von Mitteleuropa zu leisten. Prof. Dr. Christoph Hommerich zeigt<br />

den heutigen Standort der Freien Berufe in NRW und Deutschland<br />

auf. Er benennt die Defizite des Selbstverständnisses und<br />

der Reputation.<br />

Merkmale wie Eigenverantwortung, Gemeinwohl, Professiona -<br />

lität, Selbstverantwortung und Verbraucherschutz werden in<br />

dem Kontext der Freien Berufe vertieft untersucht. Als Allein-<br />

1<br />

Nomos Verlag, Baden-Baden,<br />

304 Seiten, kartoniert,<br />

ISBN 978-3-8329-5091-0,<br />

58,00 E<br />

stellungsmerkmale stehen sie im be -<br />

sonderen Fokus der Betrachtung.<br />

Die Studie kommt zu dem klaren Er -<br />

gebnis, dass es ge boten ist, die Freien<br />

Berufe in einen ethischen Ordnungs -<br />

rahmen einzubinden, der eine verlässliche<br />

moralische Infrastruktur<br />

schafft. Diese ist eine Voraus setzung<br />

für den Aufbau von Vertrauenswürdigkeit. Das Ziel können die<br />

Freien Berufe nur im Dialog mit ihrem Umfeld erreichen und<br />

die Gesellschaft von ihrem Gemeinwohlauftrag überzeugen. Die<br />

Inhalte dieser Verantwortung für Gemeinwohlbelange stehen<br />

nicht ein für alle Mal fest; sie müssen in jeder Generation immer<br />

wieder neu gerechtfertigt werden.<br />

In den Mittelpunkt seiner Betrachtung stellt Prof. Hommerich<br />

das Vertrauen. Fehlt es an Vertrauen in die Freien Berufe, wachsen<br />

die Lebensrisiken der Bürger und die Risiken für Unter neh -<br />

men. Mit wachsenden Risiken steigen zugleich die Kosten ihrer<br />

Vermeidung. Die aktuelle Vertrauenskrise in bestimmte Kreise<br />

und Unternehmen ist ein eindrucksvoller Beleg für diese immensen<br />

Kosten.<br />

In 20 Thesen, vom »Differenzierungsgrad aller Akteure« bis hin<br />

zu weiteren Themen wie »Aufbruch zur Transparenz der Leistun<br />

gen«, »Glaubwürdige Selbstverpflichtung auf ethische Standards«,<br />

»Gelebte Ethik«, »Selbstunterwerfung unter laufende<br />

Qualitätsprüfung«, manifestiert die Studie die Wege zur Vertrau<br />

ens würdigkeit der Freien Berufe und setzt Zeichen für die<br />

Übernahme öffentlicher Verantwortung.<br />

Unter der Überschrift »Das Kammerprinzip – dritter Weg zwi -<br />

schen Markt und Staat« beschreibt der Bericht die berufs stän -<br />

dische Selbstverwaltung als mittleren Weg zwischen Markt kon -<br />

trolle und staatlicher Kontrolle. Die Selbstkontrolle bindet die<br />

Professionen an den Gemeinwohlauftrag. Selbstbindung und<br />

Selbstorganisation haben den Vorrang vor staatlicher Regu lie -<br />

rung; die Verantwortung des Staates bleibt aber erhalten. Zu -<br />

kunftsaufgabe soll es sein, die Unternehmen der Freien Berufe<br />

neu auszurichten, so dass auch diese Unternehmen sich nachhaltig<br />

entwickeln können.<br />

Der Forschungsbericht im Auftrag des VFB NW ist eine beach -<br />

tenswerte Studie, die dazu geeignet ist, die Legitimationsaufgabe<br />

als Kernaufgabe von Kammern und Verbänden von Be -<br />

rufs trägern zu verdeutlichen, diese neu zu beleben und an lang -<br />

fristigen Zielen festzumachen. Lesenswert für jeden Frei be rufler,<br />

der an seiner persönlichen Reputation und seiner Profession<br />

etwas verbessern will.<br />

Hubertus Brauer | Ratingen<br />

Wir trauern um unseren langjährigen und geschätzten Kollegen<br />

HERRN DIPL.-ING.<br />

BERT KIVER<br />

ÖFFENTLICH BESTELLTER VERMESSUNGSINGENIEUR I. R.<br />

IN STOLBERG<br />

* 23. DEZEMBER 1922 † 26. OKTOBER 2009<br />

Wir beklagen seinen Tod aufrichtig und werden unseren Kollegen<br />

stets in ehrender Erinnerung behalten.<br />

Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.,<br />

Landesgruppe Nordrhein-Westfalen<br />

Mit tiefer Trauer nehmen wir Abschied von unserem Vorsitzenden<br />

HERRN DIPL.-ING.<br />

WOLFGANG SCHULTZ<br />

ÖFFENTLICH BESTELLTER VERMESSUNGSINGENIEUR<br />

* 26. DEZEMBER 1951 † 20. JANUAR 2010<br />

Wir verlieren mit ihm einen außergewöhnlichen Menschen voller<br />

unermüdlicher Energie und Lebensfreude, der für alle unfassbar und<br />

viel zu früh von uns gegangen ist.<br />

Mit seinen Visionen, seiner Geradlinigkeit und seinen menschlichen<br />

Qualitäten hat er wie kein anderer unseren Berufsstand geprägt.<br />

Wir verdanken ihm viel.<br />

Den Angehörigen gilt unser tief empfundenes Mitgefühl.<br />

Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.,<br />

Landesgruppe Brandenburg<br />

Völlig unerwartet ereilte uns die Nachricht vom<br />

plötz lichen Tod von<br />

HERRN DIPL.-ING.<br />

NORBERT DEHNE<br />

FORUM<br />

ÖFFENTLICH BESTELLTER VERMESSUNGSINGENIEUR IN BONN<br />

* 20. MÄRZ 1952 † 2. JANUAR 2010<br />

Wir sind über den viel zu frühen Verlust tief betroffen und<br />

werden unserem Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren.<br />

Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.,<br />

Landesgruppe Nordrhein-Westfalen<br />

Die Landesgruppe Baden-Württemberg trauert um<br />

HERRN DIPL.-ING.<br />

RAINER PERLWITZ<br />

ÖFFENTLICH BESTELLTER VERMESSUNGSINGENIEUR I. R.<br />

IN KARLSRUHE<br />

* 9. DEZEMBER 1941 † 6. MÄRZ 2010<br />

Wir betrauern den Tod unseres Kollegen zutiefst und<br />

werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.<br />

BDVI-Landesgruppe Baden-Württemberg<br />

Vorstand und Mitglieder<br />

1<br />

305


FORUM<br />

JOBBÖRSE<br />

GESUCHE<br />

PLZ-Bereich 0<br />

Chiffre 5608 Kenntnisse in Liegenschaftswesen, Grundbuchrecht, Verwaltung<br />

und Büroorganisation. Lehrveranstaltungen zu den Thema »Vermessungskunde«<br />

und »Grundbuchrecht« im Bereich Bauingenieurwesen einer FH in Niedersachsen.<br />

Ich suche eine Stelle im Innendienst eines ÖbVI-Büros, gerne mit Büro orga -<br />

ni sation, oder in der öffentlichen Verwaltung in Sachsen.<br />

PLZ-Bereich 1<br />

Chiffre 5607 Dipl.-Ing. (FH) Vermessungswesen sucht neue Herausforderung im<br />

Raum Berlin/BRB, vorzugsweise in der Nähe von Potsdam. 20 Jahre Berufs erfah -<br />

rung, hervorragende Kenntnisse im Bereich der Liegenschafts- und Ingenieur ver -<br />

messung. Gute Kenntnisse im Umgang mit der gängigen Vermessungs- und GDV-<br />

Software, insbesondere im Umgang mit Smallworld. Weiterbildung Arg Gis 9.3,<br />

ANZEIGENAUFTRAG<br />

Rückfragen richten Sie bitte an: Frau Wolkowa, 030/240 83 83<br />

Absender<br />

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306<br />

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Arbeiten sind selbstverständlich. Ein kurzfristiger Arbeitsbeginn ist möglich und<br />

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chancen geboten, Eigenkapital ist nicht erforderlich. Wenn Sie sich angesprochen<br />

fühlen, senden Sie bitte Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen an die<br />

Fa. NafoRe, Grimmestraße 23, 59821 Arnsberg, oder schicken Sie uns Ihre Unter<br />

lagen per E-Mail an: birgit.nowak@NafoRe.de.<br />

ZUSCHRIFTEN* erbeten an:<br />

BDVI, »FORUM-Jobbörse«, Luisenstraße 46, 10117 Berlin<br />

[ ] BITTE VERÖFFENTLICHEN SIE MEIN STELLENANGEBOT:<br />

[ ] BITTE VERÖFFENTLICHEN SIE MEIN STELLENGESUCH:<br />

[ ] ICH INTERESSIERE MICH FÜR CHIFFRE-NR.:<br />

Textanzeigen in der Jobbörse<br />

[ ] Anzeigen je angefangene 300 Zeichen 20,00 E<br />

Zusätzliche Optionen:<br />

[ ] FETTDRUCK MIT EINER ZUSATZFARBE: + 13,00 E<br />

[ ] FARBIGER RAHMEN: + 13,00 E<br />

BI-BILDUNGSINSTITUT – Seminarkalender 2010<br />

20. April 2010,<br />

Köln<br />

29. April 2010,<br />

Mellendorf<br />

10:00 bis 16:00 Uhr<br />

21. April 2010,<br />

Berlin<br />

9:30 bis 13:00 Uhr<br />

11. Mai 2010,<br />

Köln<br />

18. Mai 2010,<br />

Mellendorf<br />

9:30 bis 13:00 Uhr<br />

20. Mai 2010, Köln<br />

1. Juni 2010,<br />

Mellendorf<br />

8. Juni 2010, Berlin<br />

10:00 bis 16:00 Uhr<br />

10. Juni 2010,<br />

Köln<br />

17. Juni 2010,<br />

Mellendorf<br />

24. Juni 2010, Berlin<br />

9:30 bis 13:00 Uhr<br />

GRUNDZÜGE DES VERGABERECHTS<br />

Ziel des Seminars ist, die wesentlichen Eckdaten zum Vergaberecht<br />

und ihre Auswirkungen auf die Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe<br />

ge rade in Bezug auf Vermessungsleistungen deutlich zu machen. Das<br />

be trifft maßgeblich:<br />

die Darstellung der rechtlichen Grundlagen des Vergaberechts<br />

das System des Rechtsschutzes für Bieter bzw. Bewerber<br />

Teilnehmerbeitrag<br />

Köln: BDVI-Mitglieder 150,00 E, Nichtmitglieder 200,00 E<br />

Mellendorf: BDVI-Mitglieder 200,00 E, Nichtmitglieder 250,00 E<br />

NEUORIENTIERUNG DER WERBUNG DURCH ÖBVI –<br />

VOM WERBEVERBOT ZUM GRUNDSATZ DER WERBEFREIHEIT<br />

Welche Werbung ist dem ÖbVI verfassungsrechtlich erlaubt?<br />

Welcher gesetzliche Rahmen existiert für die Werbung?<br />

Welche Vorgaben enthalten das Berufs- und Wettbewerbsrecht?<br />

Was umfasst das Verbot berufswidriger Werbung?<br />

Beispiele für zulässige und unzulässige Werbung<br />

Teilnehmerbeitrag<br />

BDVI-Mitglieder 150,00 E, Nichtmitglieder 200,00 E<br />

INFORMATIONSFREIHEITSGESETZ –<br />

DER ÖBVI ALS INFORMATIONSPFLICHTIGE STELLE<br />

Teilnehmerbeitrag<br />

Köln: BDVI-Mitglieder 100,00 E, Nichtmitglieder 150,00 E<br />

Mellendorf: BDVI-Mitglieder 150,00 E, Nichtmitglieder 200,00 E<br />

HAFTUNG DES ÖBVI – VERTEIDIGUNGSSTRATEGIE<br />

Teilnehmerbeitrag<br />

Köln: BDVI-Mitglieder 150,00 E, Nichtmitglieder 200,00 E<br />

Mellendorf, Berlin: BDVI-Mitglieder 200,00 E, Nichtmitglieder 250,00 E<br />

GEODATEN IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN<br />

DATENSCHUTZ UND INFORMATIONSFREIHEIT<br />

Teilnehmerbeitrag<br />

Köln: BDVI-Mitglieder 100,00 E, Nichtmitglieder 150,00 E<br />

Mellendorf, Berlin: BDVI-Mitglieder 150,00 E, Nichtmitglieder 200,00 E<br />

FORUM<br />

Referent:<br />

RA Dr. Rüdiger Holthausen<br />

Referentin:<br />

Dr. Lisa Keddo LL. M.<br />

Referentin:<br />

Dr. Lisa Keddo LL. M.<br />

Referent:<br />

RA Dr. Rüdiger Holthausen<br />

Referentin:<br />

Dr. Lisa Keddo LL. M.<br />

Unsere Kontaktdaten: BDVI Bildungsinstitut, ddp, Gabriele Grundner<br />

Herderstraße 62 | 40882 Ratingen | Fon 02102/58 86 93 | Fax 02102/58 86 94 | E-Mail gabriele.grundner@arcor.de oder<br />

Geschäftsstelle der BDVI-Landesgruppe NRW, Geschäftsstellenleiterin Nicole Harder<br />

Neuenhöfer Allee 49–51 | 50935 Köln | Fon 0221/406 42 00 | Fax 0221/406 42 30 | E-Mail nrw@bdvi.de<br />

Diese Seminare werden bei der Ingenieurkammer-Bau zur Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen gemäß<br />

§ 3 Abs. 2 Fort- und Weiterbildungsordnung eingereicht.<br />

1<br />

307


310<br />

MOSAIK<br />

Kategorie »Straßen- und Eisenbahnbrücken«: Elbebrücke Mühlberg (Brandenburg/Sachsen) Kategorie »Fuß- und Radwegbrücken«: Stadthafenbrücke Sassnitz (Insel Rügen)<br />

_ DEUTSCHER BRÜCKENBAUPREIS 2010 VERLIEHEN<br />

Elbebrücke Mühlberg (Brandenburg/Sachsen)<br />

und Stadthafenbrücke Sassnitz (Insel Rügen) sind<br />

die Preisträger<br />

1<br />

Die Elbebrücke bei Mühlberg an der Landesgrenze<br />

Bran denburg/Sachsen in der Kategorie »Straßen- und<br />

Eisenbahnbrücken« und die Stadthafenbrücke Sassnitz<br />

auf der Insel Rügen in der Kategorie »Fuß- und Radwegbrücken«<br />

sind die Gewinner des am 15. März in<br />

Dresden vergebenen Deutschen Brückenbaupreises<br />

2010.<br />

Als maßgeblich verantwortliche Ingenieure wurden<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer sowie Prof. Dr. Mike Schlaich<br />

und Dipl.-Ing. Andreas Keil ausgezeichnet. Dipl.-Ing. Wolfgang<br />

Eilzer ist beim so genannten Auge von Mühlberg ei -<br />

ne Kombination aus innovativer Konstruktionsidee und<br />

schlichter Eleganz gelungen. Die 700 m lange Elbebrücke<br />

erfüllt auch ökologische Vorgaben optimal. Prof. Mike<br />

Schlaich und Dipl.-Ing. Andreas Keil haben in ihrem Bau -<br />

werk Form und Funktion beispielhaft miteinander verbun -<br />

den. Die kühn geschwungene, extrem schlanke Brücke<br />

verbindet die Stadt Sassnitz über 22 m Höhenunterschied<br />

hinweg mit dem Stadthafen.<br />

Mit den Preisträgern erlebten rund 1.300 Gäste die feier -<br />

liche Verleihung des Deutschen Brückenbaupreises 2010<br />

im Audimax der TU Dresden. Der Preis, den die Bundes -<br />

ingenieurkammer (BIngK) und der Verband Beratender<br />

Ingenieure (VBI) 2006 erstmals verliehen, wurde in den<br />

Ka te gorien »Straßen- und Eisenbahnbrücken« sowie »Fuß -<br />

Preisträger Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer (6. v. l.) mit seinem Team<br />

Preisträger<br />

Prof. Dr. sc. techn. Mike Schlaich (2. v. l.)<br />

und Dipl.-Ing. Andreas Keil (3. v. l.)<br />

und Radwegbrücken« ausgelobt. Neben dem Bauwerk<br />

wurden jeweils die beteiligten Ingenieure mit der Preisskulptur<br />

ausgezeichnet, deren schöpferische Leistung<br />

maßgeblich zum Entstehen des Bauwerks beigetragen<br />

hat.<br />

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent -<br />

wicklung (BMVBS) unterstützt und fördert den Deutschen<br />

Brückenbaupreis als Schirmherr im Rahmen der Initiative<br />

Baukultur. Hauptsponsor ist die Deutsche Bahn AG. Der<br />

Deutsche Brückenbaupreis wird von BIngK und VBI alle<br />

zwei Jahre vergeben, um den Beitrag der Ingenieure zur<br />

Baukultur stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.<br />

Der Preis dient der Auszeichnung kreativer Ingenieurleistungen<br />

in der Königsdisziplin des Ingenieurbaus.<br />

Zum Deutschen Brückenbaupreis 2010 waren 27 Bewer<br />

bungen eingegangen. Daraus hat die Jury je Kategorie<br />

drei Bauwerke nominiert und je ein Siegerbauwerk gekürt.<br />

Neben den Preisträgern Elbebrücke Mühlberg und Stadt -<br />

hafenbrücke Sassnitz nominierte die Jury folgende Bau -<br />

werke zum Deutschen Brückenbaupreis 2010: in der Ka tegorie<br />

»Straßen- und Eisenbahnbrücken« die Muldebrü cke<br />

bei Wurzen (Sachsen) und die Rügenbrücke (Strelasundquerung),<br />

in der Kategorie »Fuß- und Radwegbrücken« die<br />

Altmühlbrücke Eichstätt (Bayern) und die Havenbrücke<br />

Bremerhaven.<br />

Verband Beratender Ingenieure, Volker Zappe<br />

MOSAIK<br />

1<br />

311


312<br />

MOSAIK INHALT<br />

_ INITIATIVE »TECHNIKUM«<br />

Studien- und Berufsorientierung<br />

im MINT-Bereich<br />

Ziel dieser Initiative ist die Förderung der<br />

Studien- und Berufsorientierung im MINT-<br />

Bereich (u. a. im Vermessungswesen) zur<br />

Steigerung des Interesses für das Ingenieurstudium.<br />

Das Technikum ist daher an<br />

Interessierte mit Fachhoch- oder Hoch -<br />

schulreife vor Beginn eines Studiums ge -<br />

richtet und wird als mehrmonatiges freiwilliges<br />

Betriebspraktikum in Technikum-<br />

Betrieben in Kooperation mit regionalen<br />

Hochschulen durchgeführt.<br />

Der BDVI sieht als offizieller Technikum-<br />

Rahmenpartner hier eine gute Möglichkeit,<br />

dem zu erwartenden Nachwuchsproblem<br />

ent gegenzusteuern und die Wahrnehmung<br />

des Berufsstandes in der Öffentlichkeit zu<br />

ver bes sern. Daher möchte der Verband seine<br />

Mit glieder und Interessierte aus den anderen<br />

Spitzenverbänden über die Initiative »Technikum«<br />

informieren und aufrufen, sich daran<br />

zu beteiligen.<br />

1<br />

Unter www.bdvi.de/de/oebvi/ berufung/<br />

nach wuchs/1311-technikum.html<br />

und www.tech nikum.de erhalten Interes sier -<br />

te aus führliche Informationen und die Kon -<br />

takt daten der Service- und Programmstelle.<br />

Über das Internetportal www.techni kum.de<br />

erfolgt ein Großteil der organisa torischen<br />

Um setzung.<br />

Die Laufzeit der Initiative endet am<br />

31. Dezember 2011.<br />

Bitte wenden Sie sich an die Bundesge -<br />

schäftsstelle, falls Sie weitere Informationen<br />

wünschen oder Ihr Interesse an dieser Initiative<br />

bekunden möchten. Ihr Feedback ist uns<br />

sehr wichtig.<br />

_ TEGOVA<br />

REV-Zertifizierung durch BDVI<br />

Die TEGoVA hat zur besseren Transparenz und Vergleichbarkeit in der Wertermittlung<br />

im europäischen Rahmen das Qualitätssiegel »Recognised European Valuer« (aner kann -<br />

ter europäischer Wertermittler) entwickelt.<br />

Sowohl die Wertermittler als auch die zur REV-Zertifizierung berechtigten Mitglieds ver -<br />

bände müssen bestimmte Voraussetzungen der TEGoVA erfüllen, um den anspruchsvollen<br />

europäischen Standard in Ausbildung, Eignung und Erfahrung sicherzustellen.<br />

Die vom BDVI beantragte Berechtigung zur Zertifizierung soll auf der kommenden<br />

TEGoVA-Generalversammlung im Juni dieses Jahres in Paris genehmigt werden. Somit können<br />

an schließend interessierte Mitglieder des BDVI, die die notwendigen Erfahrungen in<br />

der Immobilienbewertung aufweisen, die REV-Zertifizierung beim BDVI beantragen.<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER<br />

Bund der Öffentlich bestellten<br />

Vermessungsingenieure e. V. (BDVI)<br />

Luisenstraße 46, 10117 Berlin<br />

Telefon 030/240 83 83<br />

Fax 030/240 83 859<br />

SCHRIFTLEITUNG<br />

Dipl.-Ing. Andreas Bandow<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Guske<br />

Magdeburger Straße 14,<br />

14806 Bad Belzig<br />

Telefon 033841/799 779<br />

Fax 033841/799 780<br />

bandow@franzen-bandow.de<br />

forum@bdvi.de<br />

REDAKTION<br />

Dr.-Ing. Walter Schwenk<br />

Dipl.-Ing. Karin Reimers<br />

Martina Wolkowa<br />

Dipl.-Ing. Martin Ullner<br />

Robert Lehmann<br />

REDAKTION MOSAIK<br />

Martina Wolkowa<br />

Luisenstraße 46, 10117 Berlin<br />

Telefon 030/240 83 83<br />

Fax 030/240 83 859<br />

ÜBERSETZUNGEN<br />

Christine von Kaler<br />

Wittlicher Straße 22, 15806 Zossen<br />

www.cvk-uebersetzungen.de<br />

KONZEPT + GESTALTUNG<br />

Nolte | Kommunikation<br />

Motzstraße 34, 10777 Berlin<br />

www.nolte-kommunikation.de<br />

DRUCK<br />

MEDIALIS Offsetdruck GmbH<br />

Gedruckt auf Zanders Megamatt<br />

MANUSKRIPTE<br />

Bitte an die Schriftleitung rich ten. Ge -<br />

zeich ne te Bei trä ge stellen die Ansicht<br />

des Ver fassers dar, nicht aber unbedingt<br />

die des BDVI oder der Schriftleitung.<br />

Mit der Annahme des Manus kriptes und<br />

der Veröffentlichung geht das alleinige<br />

Recht der Vervielfältigung und der Über -<br />

setzung auf den BDVI über.<br />

Alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugs<br />

weisen Nachdrucks, der foto me chani<br />

schen Wiedergabe und Über setzung.<br />

Der Abdruck von Originalartikeln ohne<br />

vor herige Zustimmung der Schrift lei tung<br />

ist nicht gestattet.<br />

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36 E*, für das Einzelheft 10 E*<br />

* zzgl. MwSt. und Versand<br />

ISSN<br />

0342-6165<br />

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Bund der Öffentlich bestellten<br />

Vermessungsingenieure e. V. (BDVI)<br />

Martina Wolkowa<br />

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BILDNACHWEIS<br />

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Brückenbaupreis 2010, Jörg Schöner


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