Statt Augenzeugen - Forum
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FORUM<br />
KLAUS KUMMER / JOSEF FRANKENBERGER (HRSG.)<br />
DAS DEUTSCHE<br />
VERMESSUNGS- UND GEO -<br />
INFORMATIONSWESEN<br />
Autoren geben auf rund 900 Seiten einen Überblick über den<br />
aktuellen Stand des deutschen Vermessungs- und Geoinforma<br />
tionswesens, in einem Werk, das als Jahrbuch mit jährlichen Ak tuali<br />
sierungsbänden konzipiert ist. Geplant ist, es alle drei Jahre völlig<br />
überarbeitet neu herauszugeben – ein ambitioniertes Ziel. Die Heraus<br />
geber begründen es in ihrem Vorwort mit der Notwendigkeit ei -<br />
ner engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller mit Geodaten -<br />
ma nagement und Geodateninfrastruktur befassten Beteiligten. Ihr<br />
Wunsch ist, dass die ses Buch »eine Community-Plattform und eine Art<br />
›geodätisches Wiki pedia‹ für alle Berufstätigen und den Berufsnachwuchs«<br />
wird.<br />
Diesem Ziel entsprechend ist es inhaltlich breit aufgestellt und in folgende<br />
fünf Teile untergliedert:<br />
Teil A: Gesellschaftliche Verankerung und<br />
institutionelles Gefüge<br />
Teil B: Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche<br />
Teil C: Technische Netzwerke und Transfer<br />
Teil D: Forschung und Lehre<br />
Teil E: Rückblick und Anhang<br />
Einleitend spannt Kerber im Teil A den Bogen von der histo ri schen über<br />
die politische und administrative Dimension des Geoinformationswesens<br />
bis zu seiner Bedeutung in der Bundes verwaltung. Er gibt u. a.<br />
einen sehr informativen Überblick über vielfältige Dienststellen der<br />
Bundesverwaltung, die als Anbieter oder Nutzer von Geoinforma tionen<br />
in Er schei nung treten. Als Vision nennt er einen »Geoinformations -<br />
dienst Deutschland«, der ressort- und verwaltungsebenenüber grei fend<br />
tätig werden könnte und zur Stärkung des deut schen Geo informa tions -<br />
wesens in seiner Außenwirkung beitragen könnte.<br />
Über Auftrag, Zuständigkeiten, Organisation und Institutionen des deutschen<br />
Vermessungs- und Geoinformationswesens infor mieren Creuzer<br />
und Zeddies. Im Kapitel über die Zu stän dig keiten gehen sie ausführlich<br />
auf Rolle, Rechtsstellung und Aufgaben der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure<br />
ein. Über den BDVI wird im Kontext mit Fachverwaltungen<br />
und BKG informiert.<br />
1<br />
Verlag Wichmann, Heidelberg 2010,<br />
ISBN 978-3-87907-487-7,<br />
878 Seiten, 118,00 E<br />
»GeoGovernment und Zusammenarbeit«<br />
ist das Thema von Kummer, nicht nur<br />
einer der Herausgeber, sondern auch Au -<br />
tor. Ausgehend von einem neuen Staats -<br />
verständnis diskutiert er die sich daraus<br />
ergebenden Konsequenzen für das Vermessungs-<br />
und Geoinformations wesen,<br />
einschließlich Mög lich kei ten und Grenzen<br />
von Privatisierungen.<br />
Er stellt die Rolle des Vermessungs we sens im GDI-Prozess vor und behandelt<br />
die Strategie der Zusammenarbeit im Vermessungs- und Geo -<br />
informationswesen, basierend auf den Grundsätzen des amtlichen Ver -<br />
messungs we sens.<br />
Neben der Würdigung von Arbeitskreisen im föde ral or ganisierten Vermessungswesen,<br />
der Erläuterung der strategi schen Leit linien und der<br />
Bund-Länder-Kooperationen geht er auch auf die Zusammenarbeit<br />
zwischen Verwaltung und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieu -<br />
ren auf der Grundlage des Eckwertepapiers von AdV und BDVI ein.<br />
Abgerundet wird dieser erste Teil von Meinert und Streuff, die sich mit<br />
Geoinformation im internationalen Umfeld auseinandersetzen. Es werden<br />
die wesentlichen Akteure auf euro päischer und globaler Ebene vor -<br />
gestellt und es wird ein Über blick über internationale Programme, Initiativen<br />
und Projekte gegeben. Schließlich widmen sie sich auch dem<br />
vieldiskutierten Thema der Informations- und Datenpolitik, also Fragen<br />
des Zugangs und der Kosten der Daten.<br />
Der Teil B umfasst in großen Teilen zusammengefasste Darstellungen<br />
der fachlichen Bereiche des Vermessungs- und Geoinformationswesens<br />
im gesellschaftlichen und rechtlichen Kontext. Im Einzelnen werden<br />
behandelt:<br />
Geodätischer Raumbezug (Heckmann, Jahn)<br />
Geotopographie (Jäger)<br />
Liegenschaftskataster und Liegenschaftsvermessungen<br />
(Bauer, Püschel, Wiedenroth, Zurhorst)<br />
Entwicklung ländlicher Räume (Thomas)<br />
Immobilienwertermittlung (Ziegenbein)<br />
Aufgaben in Städtebau und Stadtentwicklung (Kötter)<br />
In allen diesen Aufgabenfeldern sind auch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure<br />
tätig – von besonderem Interesse sind sicher die<br />
Aus führungen zu Liegenschaftskataster und Lie gen schafts ver mes sun -<br />
gen, nicht nur, weil einer der Autoren der BDVI-Präsident ist. Auf über<br />
60 Seiten wird ausgehend von der rechtlichen und historischen Einordnung<br />
ein Überblick über Zweck, Inhalt, Führung und Fortführung des<br />
Liegenschaftskatasters, über verwaltungsverfahrensrechtliche Grundlagen<br />
und die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen ge ge ben.<br />
Schließlich wird auch die Bedeutung des Liegenschafts ka tasters als Basisinformationssystem<br />
hervorgehoben. Ähnlich informativ sind die anderen<br />
Darstellungen aufgebaut.<br />
Abschließend zu diesem Teil wird über Struktur und Aufgaben weite -<br />
rer wesentlicher Akteure im Vermessungs- und Geoiformationswesen<br />
informiert:<br />
Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen<br />
(Lucht, Jäger, Schaar, Wanzke)<br />
Freier Beruf, Ingenieurvermessung und Geoinformationswesen<br />
(Grunau, Stichling)<br />
Im letztgenannten Beitrag, der von einem Öffentlich bestellten Vermes<br />
sungsingenieur in seiner Funktion als Präsident des DDGI mitge -<br />
staltet wurde, werden u. a. auch noch einmal Rolle und Aufgaben des<br />
ÖbVI im Vergleich und in Abgrenzung zum beratenden Ingenieur und<br />
zu anderen Freien Berufen dar ge stellt.<br />
Der Teil C umfasst drei Komplexe. Birth und Schleyer befassen sich mit<br />
dem aktuellen Thema »Geodateninfrastruktur«. Infor miert wird über<br />
Aufbau und Betrieb der GDI-DE einschließlich der Gremien, die damit<br />
befasst sind, die INSPIRE-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung. Die<br />
Be deutung des Basisinformati ons systems für die GDI und ihr infrastruk -<br />
turelles Architektur kon zept werden vorgestellt. Im engen Zusammenhang<br />
damit stehen die Fragen der Normung und Standardisierung, die<br />
Seifert behandelt. Ausgehend von der Zielstellung, mangelnde Interope<br />
rabilität im Geoinformationsbereich durch internationale Standar -<br />
di sierung zu beheben, beschreibt er Normen, Standards und Gremien und<br />
geht auf das AAA-Anwendungsschema als AdV-Standard ein. Er hebt<br />
die Bedeutung der Normen für die Umsetzung der INSPIRE-Richt linie<br />
hervor und gibt einen Überblick über die Normungsstrategie der AdV.<br />
Von Fabian und Jäger-Bredenfeld werden schließlich Gesichtspunkte,<br />
die mit Bereitstellung und Nutzung der Geobasisda ten zusammenhängen,<br />
erläutert. Vorgestellt werden Produkte und Dienste der öffent -<br />
lichen Verwaltung und Möglichkeiten der Bereitstellung. Fragen des<br />
Schutzes von Geobasisdaten und der damit im Zusammenhang stehen<br />
den Verwertungs- und Nutzungsrechte werden ebenso behandelt<br />
wie Gebühren- und Geschäftsmodelle.<br />
Der Teil D beinhaltet den Komplex »Forschung und Lehre«. Brüg ge mann,<br />
Kutterer und Sandmann geben einen Überblick über Entwicklungs -<br />
schwerpunkte und Forschungsvorhaben. Es wird zunächst das Projekt<br />
Deutschland-Online und das darin ent hal tene Vorhaben Geodaten be -<br />
schrieben. Ein zweiter Schwerpunkt gilt den Entwicklungen im amt -<br />
lichen Vermessungswesen und schließlich wird in einem dritten Teil über<br />
die geodä tische Forschung in Deutschland in ihren äußerst viel fältigen<br />
Facetten berichtet.<br />
Heipke, Müller und Schultze behandeln Ausbildung und Qualifikations -<br />
wege. Gerade die damit zusammenhängenden Entwicklungen werden<br />
ja bereits seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Zunächst wird die Vermessungstechniker-<br />
und Karto graphenausbildung vorgestellt, wobei auf<br />
die aktuelle Diskussion zu einer neuen Struktur der Ausbildungs berufe<br />
eingegangen wird. In diesem Zusammenhang wird der Standpunkt des<br />
BDVI zur Vermessungstechnikerausbildung ausdrücklich genannt.<br />
Ein zweiter Schwerpunkt umfasst Studium und Promotion mit der<br />
Vorstellung der Studiengänge, die im Ergebnis des Bologna-Prozes -<br />
ses entstanden sind, und gibt einen Überblick über Universitäten und<br />
Hochschulen in Deutschland mit Studienmöglichkeiten in Geodäsie<br />
und Geoinformatik bzw. Geoinformation einschließlich der angebo -<br />
tenen Studiengänge.<br />
Schließlich werden die beamtenrechtlichen Laufbahnausbildungen<br />
und die berufliche Weiterbildung behandelt.<br />
Der abschließende Teil E umfasst einen historischen Rückblick aus der<br />
Feder des zweiten Herausgebers Frankenberger, »Das deutsche Vermes<br />
sungswesen von 1882 bis 2010 – Marksteine einer Entwicklung«,<br />
sowie zwei Anhänge mit Abkürzungs- und Autorenverzeichnis.<br />
Den Autoren des vorliegenden Werkes ist es gelungen, einen ausge -<br />
zeichneten Überblick über das deutsche Vermessungs- und Geoinfor -<br />
mationswesen im Jahr 2010 zu geben. Sie haben ein Werk vorgelegt,<br />
das nicht nur Fachleute aus der Vermessungs- und Geoinformationsbranche<br />
ansprechen sollte, sondern das hervorragend geeignet ist,<br />
Kollegen aus Nachbardisziplinen mit Aufgaben, Zielen und Problemen<br />
unseres Fachgebietes bekannt zu machen. Es wird sicher auch<br />
seinen Platz in der Ausbildung finden, weil die Beiträge einen guten<br />
zusammengefassten Überblick über das jeweilige Fachgebiet geben.<br />
Sie können für den interessierten Leser eine Grundlage für ein tiefe -<br />
res Eindringen in spezielle Fragen sein, unterstützt durch die um fang -<br />
reichen Quellenangaben zu jedem Abschnitt.<br />
Der gute Gesamt eindruck wird durch die hervorragende graphi sche<br />
Gestaltung der Bei träge noch unterstützt.<br />
Die geplante regelmäßige Aktualisierung ist für viele der dargestellten<br />
Teildisziplinen sicher erforderlich, werden doch Themen behandelt,<br />
die durch Entwicklungen in der Verwaltung, durch den weiteren<br />
Aufbau der GDI, die Diskussionen über die Ausbildung, Bezugs- und<br />
Nutzungsbedingungen von Geobasisdaten oder andere Veränderungen<br />
unter neuen Gesichtspunkten betrachtet werden müssen. Im Sinne<br />
der von den Herausgebern gewünschten Community-Plattform wäre<br />
es wünschenswert, diese Aktualisierungen für die Diskussion unterschiedlicher<br />
Standpunkte zu nutzen.<br />
Die Herausgeber, die als ausgewiesene Kenner des amtlichen deutschen<br />
Vermessungswesens auch den FORUM-Lesern seit langem bekannt<br />
sind, können beglückwünscht werden, weil es ihnen gelungen ist, hervorragende<br />
Fachleute für die Realisierung ihres Vorhabens zu gewinnen.<br />
Sie haben ein Werk vorgelegt, dem eine weite Verbreitung zu<br />
wünschen ist, auch und gerade unter den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren,<br />
sind diese doch an vielen der vorgestellten Ent -<br />
wicklungen direkt beteiligt oder von den Auswirkungen in ihrer Arbeit<br />
betroffen.<br />
Wolfgang Guske | Berlin<br />
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