Statt Augenzeugen - Forum
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270<br />
TECHNIK<br />
Schüsse in<br />
die Beifahrertür<br />
stand beider Pkws nicht kleiner als 1 m gewesen sein konnte.<br />
Das Gericht hatte 1 m als maximalen Abstand festgestellt, deshalb<br />
wurde bei den weiteren Untersuchungen von diesem Wert<br />
ausgegangen.<br />
Unter Berücksichtigung der photogrammetrisch ermittelten<br />
Win kel und des seitlichen Abstandes ergab sich, dass sich die<br />
Pistole<br />
befand.<br />
1<br />
Schuss in die B-Säule<br />
zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses, der im vorderen<br />
Teil der Beifahrertür einschlug, in einem Bereich zwischen<br />
33 cm und 54 cm vor der Einschussstelle und<br />
zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses, der im hinteren<br />
Teil der Beifahrertür einschlug, in einem Bereich zwischen<br />
46 cm und 70 cm vor der Einschussstelle<br />
Die Auswertung der Messungen ergab außerdem, dass der Pkw<br />
des Beschuldigten zwischen den Schüssen auf die Beifahrertür<br />
noch in Bewegung war.<br />
Um Maße für die gegenseitige Versetzung der Pkws in Fahrtrichtung<br />
zu den Zeitpunkten der Schussabgaben abzuleiten, muss<br />
die Lage der Waffen in Bezug auf den Pkw bekannt sein.<br />
Da dazu keine verwertbaren Angaben vorlagen, wurde auf die<br />
polizeilichen Untersuchungen zurückgegriffen. Die zur Be stim -<br />
mung von Schusshaltung und Abschusshöhe angefertigten Fotos<br />
zeigen, dass sich die Schusshand bei sitzender bzw. halb-<br />
sitzender Haltung (ein Bein außerhalb des Pkw) immer in der<br />
hinteren Hälfte der Tür befindet. Deshalb wurde davon ausgegangen,<br />
dass sich die Waffen zum Zeitpunkt der Schussabgabe<br />
jeweils ca. 0,2 m vor der hinteren Fensterkante befunden hatten.<br />
Der Pkw des Opfers befand sich unter den genannten Voraussetzungen<br />
um folgende Beträge in Fahrtrichtung vor dem Pkw<br />
des Beschuldigten:<br />
29 cm bis 58 cm beim Schuss auf den Pkw des Opfers<br />
61 cm bis 82 cm beim vorderen Schuss auf den Pkw des<br />
Beschuldigten<br />
34 cm bis 58 cm beim hinteren Schuss auf den Pkw des<br />
Beschuldigten<br />
Schlussfolgerungen<br />
Abb. 4 | Ausschnitt aus der<br />
photogrammetrischen Auswertung<br />
(Ansicht von vorn)<br />
Abb. 5 | Ausschnitt aus der<br />
photogrammetrischen Auswertung<br />
(Ansicht von oben)<br />
Aus den beschriebenen Untersuchungen ergibt sich, dass der<br />
Schuss, der den vorderen Einschuss in die Beifahrertür des<br />
Beschuldigten verursacht hat, vor dem Schuss abgegeben worden<br />
sein muss, der die hintere Scheibe des Pkw des Opfers zerstörte.<br />
Zur zeitlichen Abfolge der Schüsse, die zum hinteren Einschuss<br />
in die Beifahrertür des Beschuldigten und zum Einschuss in die<br />
B-Säule des Pkw des Opfers führten, können keine Angaben<br />
gemacht werden, da sie im selben Bereich der gegenseitigen<br />
Versetzung der beiden Pkw abgegeben wurden.<br />
FAZIT<br />
Die vorgestellten Ergebnisse sind nur zum Teil aus eigenen Messungen<br />
gewonnen worden. Wesentliche Ausgangswerte, wie<br />
Ab stand, Schusshöhe, Schusshaltung, sind nicht bekannt. Sie<br />
beruhen zwar alle auf Feststellungen des Gerichts oder den Er -<br />
gebnissen der polizeilichen Tatortsicherung und den von der<br />
Polizei durchgeführten Versuchen, können jedoch nicht verifi -<br />
ziert werden. Änderungen der Abschusshöhe oder der Lage der<br />
Schusshand führen zu anderen Ergebnissen.<br />
Ein letztlich in sich völlig schlüssiges und nicht angreifbares Er -<br />
gebnis für eine Beweisführung konnte nicht erreicht werden.<br />
Ein (Minimal-)Ziel der Verteidigung bestand jedoch darin, nach -<br />
zuweisen, dass eine andere zeitliche Abfolge des Tathergangs<br />
möglich und wahrscheinlich ist, was im Übrigen auch aus den<br />
polizeilichen Untersuchungsergebnissen abgeleitet werden<br />
kann.<br />
NACHTRAG<br />
Schuss in die B-Säule<br />
Dem Revisionsantrag der Verteidigung wurde stattgegeben und<br />
der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich mit dem Verfahren.<br />
Das Ziel der Verteidigung, den Prozess noch einmal »aufzu rol -<br />
len«, wurde jedoch nicht erreicht. Der Schuldspruch wurde von<br />
Mord auf Totschlag abgeändert, das Urteil im Strafausspruch<br />
auf gehoben und zur erneuten Hauptverhandlung über das Strafmaß<br />
zurückverwiesen.<br />
ÖbVI Dr.-Ing. Wolfgang Guske | FORUM-Redaktion<br />
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