05.12.2022 Aufrufe

FOCUS-MONEY_2022-50_Vorschau

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FocusMoney Cover


Alle <strong>FOCUS</strong>-Titel to go.<br />

focus-shop.de<br />

JETZT<br />

E-PAPER LESEN:


moneyeditorial<br />

EDITORIAL<br />

Frohe Nachrichten<br />

zum Advent<br />

GEORG MECK<br />

Chefredakteur<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong><br />

spüren Sie das auch, diese Sehnsucht nach vorweihnachtlicher Harmonie?<br />

Ob es am milden Schein der Adventskerzen liegt oder an der allgemeinen Erschöpfung<br />

nach Monaten mit Krieg und Pandemie, die Welt erscheint in diesen<br />

Tagen etwas versöhnlicher, etwas frohgemuter und optimistischer; im<br />

Zwischenmenschlichen, aber auch im Finanziellen, wofür wir uns in erster<br />

Linie zuständig fühlen. Bevor es also zu besinnlich wird, hier ein paar harte<br />

wirtschaftliche Fakten, die zur Hoffnung Anlass geben.<br />

+ Die Inflation hat offenbar den Höhepunkt überschritten. Die Geldentwertung<br />

in der Euro-Zone ist überraschend gesunken, zum ersten Mal seit Langem.<br />

Nun sind 10 Prozent Inflation wahrlich kein Grund für die Europäische<br />

Zentralbank, die Hände in den Schoß zu legen. Dennoch: Die Statistik verspricht<br />

Erleichterung. Das Tanken wird gleich etwas weniger zur Tortur,<br />

wenn der Spritpreis unter die 2-Euro-Marke rutscht.<br />

+ Die fürs nächste Jahr prophezeite Pleitewelle fällt womöglich aus. Es häufen<br />

sich die Anzeichen und Ansichten, dass wir glimpflicher davonkommen<br />

als befürchtet. „Die Stimmung hellt sich auf“, so sagte es mir beim Adventstee<br />

ein bestens vernetzter Wirtschaftsprüfer, der Tausende Bilanzen im Blick<br />

hat. Ein weiterer Beleg: Aufgrund der „abnehmenden Unsicherheit“ wollen<br />

die Unternehmen in Deutschland wieder mehr Personal einstellen, meldet<br />

das Ifo-Beschäftigungsbarometer – so denn Fachkräfte zu finden sind.<br />

+ Das Freihandelsabkommen mit Kanada ist unter Dach und Fach, endlich!<br />

Nach jahrelangen Debatten hat der Bundestag dem Vertrag zugestimmt (abgesehen<br />

von den Rändern links und rechts außen im Parlament). Die liberalen<br />

Demokratien rücken zusammen. Gut so! Handel und Austausch mehren<br />

den Wohlstand in der Welt.<br />

+ An der Börse geht es aufwärts: Der Dax hat im Oktober 9,4 Prozent<br />

gewonnen, im November 8,6 Prozent. Die Börse handelt die<br />

Zukunft, heißt es so schön. Der Kapitalmarkt nimmt, wie immer,<br />

die Entwicklung vorweg. Hoffen wir, dass er recht behält.<br />

Nicht nur im Advent.<br />

Herzlich Ihr<br />

Aus aktuellem Anlass!<br />

Lesen Sie <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Inflation bewegt sich in Deutschland wie im Durchschnitt<br />

der Euro-Zonen-Länder auf zweistelligen Werten. Bange<br />

blicken die Börsianer auf die Notenbanken: Wie geht es weiter mit<br />

der Zinspolitik? Stürzen die Volkswirtschaften in eine tiefe Rezession?<br />

Und was heißt das für die Märkte und die Aktienkurse? Mein Tipp:<br />

Sie erfahren alles Wichtige in <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong>. Den portofreien<br />

Kombi-Bezug (Print und Digital) für 1 Jahr erhalten Sie zum Vorzugspreis<br />

von nur 210,60 €* (statt 275,40 € – Sie sparen 24 %) und sichern<br />

sich einmalig eine 120-€-Prämie als Dankeschön. Wie das geht?<br />

Bestellen Sie einfach auf<br />

www.focus-abo.de/money-editorial<br />

das exklusive Angebot für <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong>-Leser und erhalten Sie<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> innerhalb von zwei Wochen portofrei nach Hause geliefert.<br />

Die Digital ausgabe lesen Sie als einer der Ersten einen Tag früher – dienstags<br />

ab 8.00 Uhr. Wenn Sie <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> nach Bezug wieder im Handel kaufen<br />

möchten: Ein Anruf genügt, und das Abo ist beendet.<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />

Foto: F. Röth<br />

*inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht<br />

3


moneyinhalt<br />

7. DEZEMBER <strong>2022</strong> www.money.de<br />

moneykompakt<br />

6 Strategie: Gold und Euro<br />

werden teurer<br />

7 Das kaufe ich jetzt:<br />

Bohrerspezialist erhöht die<br />

Drehzahl<br />

7 Chart der Woche: Rohstoffe<br />

sichern unsere Zukunft<br />

7 Hit & Shit: Allzeithoch für<br />

Deutsche Börse, das WM-Aus für<br />

Deutschland – und die Folgen<br />

8 Wirecard: Profitieren die betrogenen<br />

Aktionäre von einer Verurteilung<br />

von Ex-Chef Braun?<br />

8 BASF: Stellenstreichungen statt<br />

Weihnachtsfeier<br />

9 Jahressteuergesetz: Verbesserungen<br />

eingearbeitet<br />

98 Andis Börsenbarometer:<br />

Warnung aus dem Ländle<br />

moneytitel<br />

10 Inflation? Rezession? Kaufen?<br />

Die Prognosen sind vielfältig wie<br />

selten zuvor. Wann und wo sich<br />

der Einstieg wirklich lohnt<br />

14 Im Angebot: Deutsche Aktien mit<br />

einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis,<br />

die gute Chancen bieten<br />

18 Zertifikate: Stressfrei auf Renditefang<br />

– einfach und mit weniger<br />

Risiko an die Börse gehen<br />

20 Europäische Midcaps: Fünf<br />

Aktien für (fast) jeden Anlagestil<br />

24 Chartsignal: Erste Trendumkehr-<br />

Signale bei der Compugroup-Aktie<br />

24 Börsenwissen: Lohnt sich<br />

Diversifikation noch?<br />

26 Interview: Gute Einstiegschancen<br />

bei Value-Aktien „mit Twist“ sieht<br />

GANÉ-Fondsmanager Uwe<br />

Rathausky<br />

10<br />

Gute Chancen<br />

Anleger müssen noch etwas<br />

abwarten. Aber 2023 stehen<br />

fantastische Kaufgelegenheiten<br />

an. Wo der Einstieg schon lohnt<br />

und wer auf die Watchlist gehört<br />

30 Bester Kaufzeitpunkt: Diese<br />

Aktien gehören jetzt auf die<br />

Watchlist<br />

moneymarkets<br />

34 China: Noch im Krisenmodus<br />

– aber wie lange? Welche<br />

europäischen Aktien von einem<br />

China-Aufschwung profitieren<br />

38 Interview: Bilfinger-Chef Thomas<br />

Schulz sendet einen Weckruf an<br />

Deutschland<br />

41 Data Modul: Die Aktie des<br />

Display-Spezialisten ist attraktiv<br />

bewertet<br />

42 AT&S: Unterbewerteter Nischenplayer<br />

aus der Chip-Branche zum<br />

Schnäppchenpreis<br />

44 US-Handel: Billig-Ketten profitieren<br />

von der Krise<br />

47 Kolumne: In den Prognosen, die<br />

ein „verlorenes Jahrzehnt“<br />

heraufbeschwören, sieht Ken<br />

Fisher positive Signale<br />

48 EZB: Warum Europa Angst vor<br />

einer quantitativen Straffung hat,<br />

analysiert „The Economist“<br />

<strong>50</strong> Infineon: Kein Schweinezyklus in<br />

Sicht<br />

52 IBM: Der „große Blaue“ steht am<br />

Beginn eines neuen Trends<br />

62 Krypto-Podcast: „Missing Magic<br />

Money“ – der Skandal um die<br />

Kryptobörse FTX<br />

64 Musterdepots: Die Experten<br />

haben Hoffnung auf eine Hausse<br />

4 Titelfoto: Shutterstock<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>


moneydigital<br />

56 Social Trends: IT-Fachkräftemangel<br />

sprengt alle Rekorde<br />

57 Aktienanalyse: Ölriese Chevron<br />

weiter auf Kurs<br />

59 Interview: „Warum die Rezession<br />

noch verstärken?“, fragt Ökonom<br />

Heiner Flassbeck<br />

dswanlegerschutz<br />

66 Analyse und Abwägung: Wie soll<br />

Deutschland mit Katar umgehen?<br />

moneyservice<br />

68 Marktplatz: Oldtimer des Monats,<br />

Genuss fürs Gehör<br />

70 Camper: Wer im Sommer 2023<br />

ein Wohnmobil mieten will, muss<br />

schon jetzt buchen<br />

74 Bücher: Tipps für Wirtschafts-Bücher<br />

unter dem Weihnachtsbaum<br />

76 Lebensversicherung: Welche<br />

Branchenriesen mit besonders<br />

starker Finanzkraft überzeugen<br />

moneyanalyse<br />

81 Fonds<br />

82 Deutsche Aktien<br />

90 Internationale Aktien<br />

96 ETFs<br />

97 Zertifikate<br />

34<br />

Kommt der China-Aufschwung?<br />

Derzeit bestimmen schlechte Nachrichten das China-Bild. Langfristig setzen<br />

Anleger auf Europa-Aktien, die von einer Wende zum Besseren profitieren<br />

44<br />

Rezessions-Gewinner<br />

In Amerika droht eine Rezession.<br />

Kommt der Konjunkturrutsch,<br />

gehören Billig-Händler zu den<br />

Profiteuren. Die Aktien der<br />

lukrativsten US-Händler<br />

70<br />

Hohe Nachfrage<br />

Urlaub mit dem Wohnmobil boomt. Wer im Sommer<br />

2023 mit dem Camper verreisen will, muss schon<br />

jetzt buchen. Die besten und günstigsten Anbieter<br />

moneyrubriken<br />

3 Editorial<br />

80 Leserbriefe –<br />

Impressum<br />

98 Termine<br />

38<br />

„Die extreme Energiepolitik kostet uns Wohlstand –<br />

in der Industrie wie im privaten Bereich“<br />

THOMAS SCHULZ, VORSTANDSVORSITZENDER DER BILFINGER SE<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />

Fotos: Adidas (2), Nike (2), Bloomberg, 123RF, Bilfinger Composing: <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong><br />

5


moneytitel<br />

STRATEGIE<br />

INFLATION?<br />

REZESSION?<br />

KAUFEN?<br />

WOHIN JETZT?<br />

Prognosen mit<br />

riesiger<br />

Spannweite<br />

10 Illustration: iStock<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>


„Fantastische Kaufgelegenheiten“ gibt es im ersten Quartal 2023. Bis dahin drohen<br />

Rückschläge. Anleger brauchen jetzt noch etwas Geduld, bis es richtig losgeht<br />

von MIKA HOFFMANN<br />

Auf den Tag genau vor 23 Jahren habe ich begonnen,<br />

für <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> zu arbeiten. Noch<br />

nie war es in der langen Zeit so schwierig, eine<br />

Prognose für die Börsen abzugeben – sei es für<br />

die nächsten Wochen, die nächsten Monate<br />

oder die nächsten zwei bis drei Jahre. Zu viele<br />

Fragezeichen ploppen auf, zu viele Faktoren, die das Börsengeschehen<br />

beeinflussen, sind ungeklärt.<br />

Sinkt endlich die Inflation, die so hoch ist wie seit Jahrzehnten<br />

nicht mehr – und wie lange dauert es, bis die Bremsmaßnahmen<br />

der Notenbanken wirken? Und werden die Federal<br />

Reserve und die Europäische Notenbank es schaffen,<br />

die Preissteigerungsraten abzubremsen, ohne die Konjunktur<br />

in eine tiefe Rezession zu schicken und ohne eine neue<br />

Schuldenkrise vor allem in der Europäischen Währungsunion<br />

auszulösen? Ganz abgesehen von Fragen, die direkt mit<br />

den Kursen nichts zu tun haben: Wie lange dauert der russische<br />

Angriffskrieg auf die Ukraine noch? Oder: Verschärft<br />

sich das Verhältnis zwischen den USA und China?<br />

Bärenmarktrally oder neuer Aufwärtstrend? Die wichtigste<br />

Frage für Börsianer lautet: Was heißt das alles letztlich für<br />

die Aktienkurse? Setzt sich der mittelfristige Abwärtstrend<br />

fort, den wir seit Jahresanfang sehen? Oder wird aus der Erholung<br />

der vergangenen Wochen, die die Kurse an der Wall<br />

Street und in Europa immerhin um mehr als 20 Prozent nach<br />

oben gebracht hat, eine Trendwende – und wir steuern schon<br />

bald wieder die alten Höchststände an?<br />

Auch die Profis sind einigermaßen ratlos. Die Prognosen<br />

der großen Investmentbanken sind normalerweise alle recht<br />

ähnlich, unterscheiden sich nur in Nuancen. Aber für 2023<br />

ist alles dabei: von einer sanften Landung der Weltwirtschaft<br />

bis hin zu einer tiefen globalen Rezession. Allein die Bank of<br />

America hat für ihre Prognose für den amerikanischen Aktienmarkt<br />

zwischen dem optimistischsten und pessimistischsten<br />

Szenario eine Spanne von <strong>50</strong> (!) Prozent. Da ist<br />

wirklich für jeden etwas dabei!<br />

Mit seiner Prognose für <strong>2022</strong> lag Michael Wilson, Chef-Aktienstratege<br />

von Morgan Stanley, ziemlich richtig. Er prognostizierte<br />

für den S&P-<strong>50</strong>0, den wichtigsten amerikanischen<br />

Aktienindex, einen Jahresendstand von 3900 Punkten. Aktuell<br />

liegt das Börsenbarometer bei etwas über 4000 Zählern.<br />

Diese Vorhersage war angesichts des schwierigen Umfelds<br />

eine ziemlich gute Leistung – vor allem, weil sich Wilson als<br />

einer der wenigen Auguren der wichtigsten In vest mentbanken<br />

traute, den deutlichen Kursrutsch amerikanischer Aktien<br />

zu prognostizieren. Umso interessanter ist es, seinen Ausblick<br />

für 2023 genauer anzuschauen.<br />

Wilson sieht eine „fantastische Kaufgelegenheit“. Aber bevor<br />

Sie zu früh euphorisch werden: Der Morgan-Stanley-Experte<br />

erwartet sie erst im Lauf des nächsten Jahres. Zunächst<br />

Erholung seit Oktober<br />

Besonders der deutsche Aktienmarkt zeigt seit Anfang<br />

Oktober eine deutliche Erholung. Die Chancen<br />

stehen gut, dass der Aufschwung bis zum Jahresende<br />

hält. Danach drohen Schwierigkeiten.<br />

Deutsche und US-Aktien<br />

Entwicklung seit 1.1.<strong>2022</strong> in Prozent, auf Euro-Basis<br />

S&P-<strong>50</strong>0<br />

Dax<br />

JAN F M A M J J A S O N DEZ<br />

Quelle: Bloomberg<br />

0<br />

–5<br />

–10<br />

–15<br />

–20<br />

–25<br />

Kräftiger Anstieg<br />

Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sind<br />

in Deutschland und den USA seit Jahresbeginn<br />

deutlich gestiegen – auch wenn die Kurse zuletzt<br />

abflachten. Wie es weitergeht, bleibt spannend.<br />

Zehnjährige Staatsanleihen<br />

Rendite in Prozent<br />

USA<br />

Deutschland<br />

JAN F M A M J J A S O N DEZ<br />

Quelle: Bloomberg<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

–1<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />

11


moneymarkets<br />

CHINA<br />

Mit den Europäern<br />

gewinnen<br />

Covid-Lockdown, Proteste und Konjunkturloch – China<br />

befindet sich im Krisenmodus. Doch wer langfristig<br />

agiert, setzt heute schon auf die Gewinner von<br />

morgen. Wer aus Europa besonders von einem<br />

Konjunkturaufschwung in China profitieren würde<br />

von JOHANNES HEINRITZI<br />

Wirtschaftswachstum über Durchschnitt<br />

Aus heutiger Sicht wird das Bruttoinlandsprodukt im<br />

Reich der Mitte stärker steigen als in westlichen und<br />

auch den meisten aufstrebenden Staaten. Doch es<br />

gibt Risiken wie den Immobilienmarkt und Covid.<br />

Prognosen des Wirtschaftswachstums<br />

BIP-Veränderung zum Vorjahr in Prozent<br />

3,1<br />

4,5<br />

4,8<br />

<strong>2022</strong> 2023 2024<br />

China<br />

Quellen: UBS, Bloomberg<br />

3,2<br />

0,2<br />

Euro-Zone<br />

0,8<br />

1,9<br />

0,2<br />

USA<br />

0,3<br />

3,2<br />

2,1<br />

Welt<br />

2,7<br />

COVID-ISOLATION:<br />

Wird die Null-Covid-Politik<br />

aufgegeben, droht<br />

eine Gesundheitskrise,<br />

die die Krankenhäuser<br />

in China überlasten<br />

könnte<br />

34 Foto: Bloomberg<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>


Xi Jinping muss gehen!“ So direkt war die Unzufriedenheit<br />

der chinesischen Bevölkerung schon lange nicht<br />

mehr zu sehen und zu spüren. In Shanghai, Peking<br />

wie auch Wuhan und Urumqi gingen viele auf die Straßen.<br />

Vor allem die harsche Null-Covid-Politik der Staatslenker ist<br />

der große Reibungspunkt. Nach viel vergeudeter Zeit, nahezu<br />

drei Jahren mit Lockdowns und ohne weitreichend funktionierende<br />

Impfungen, da die chinesischen Impfstoffe wenig<br />

wirksam und ausländische (mRNA-Vakzine) nicht<br />

zugelassen sind, steht die Bevölkerung im Reich der Mitte<br />

ohne Herdenimmunität da. Vor jedem Covid-Ausbruch muss<br />

sich Peking fürchten, zöge dies doch voraussichtlich Tausende<br />

von Covid-Toten nach sich. Doch Xi Jinping dürfte ebenso<br />

klar sein, dass sich die Regierung keine weitere starke Konjunkturdelle<br />

erlauben kann. Denn sonst kämen die Proteste<br />

von den dann in wirtschaftliche Nöte Geratenen.<br />

Tatsächlich hat Peking ein großes Problem. Denn die neuen<br />

Covid-Varianten sind zwar weniger tödlich, verbreiten<br />

sich aber schneller. Das bedeutet, dass sich bei einer Öffnung<br />

Chinas Covid wie ein Lauffeuer ausbreiten würde. Auch<br />

Es könnte eine Erholung geben<br />

Der Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managersʼ<br />

Index, kurz PMI) gilt als Konjunkturbarometer. Liegt er<br />

unter <strong>50</strong> Punkten, zeigt dies eine Schrumpfung an.<br />

Für 2023 und 2024 wird wieder ein Anstieg des PMI<br />

für das verarbeitende Gewerbe über <strong>50</strong> erwartet.<br />

Caixin-Einkaufsmanager-Index für China<br />

Verarbeitendes Gewerbe, in Punkten<br />

2013 14 15 16 17 18 19 20 21 22 2023<br />

Quelle: Trading Economics<br />

Prognose<br />

52<br />

48<br />

44<br />

40<br />

CHINA<br />

Wohin die chinesische Reise geht<br />

Sobald zu viel Macht in die Hand eines Politikers gelangt, ist es<br />

schwierig, die nächsten Schritte der Regierung zu erahnen. Dies<br />

ist spätestens seit dem 20. Parteikongress auch in China der Fall.<br />

Präsident Xi Jinping baute seine Macht deutlich aus. Xi hat sich auf<br />

die Fahnen geschrieben, dass China selbstversorgend, die nationale<br />

Sicherheit gestärkt, aber auch das Gemeinwohl oder besser<br />

der Wohlstand ausgebaut wird. Um Letzteres zu erreichen, braucht<br />

China weiterhin Wachstum. Dazu nimmt Peking viel Geld in die<br />

Hand. Das staatliche Budgetdefizit dürfte in diesem und den nächsten<br />

zwei Jahren mehr als fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

(BIP) erreichen. Das ist mehr als der weltweite Durchschnitt.<br />

Doping für die Konjunktur. Neben der Fiskalpolitik hat die Notenbank<br />

eingegriffen, um die Konjunktur zu stützen. Die Peopleʼs<br />

Bank of China (PBOC) reduzierte die Mindestreserveanforderungen<br />

für die meisten Banken. Der durchschnittliche Satz sinkt damit<br />

von 8,1 auf 7,8 Prozent, was rund <strong>50</strong>0 Milliarden Renminbi (66,5 Milliarden<br />

Euro) mehr an möglichen Langfrist-Krediten für die Wirtschaft<br />

und eine jährliche Zinsentlastung der Banken von 5,6 Milliarden<br />

Renminbi bedeuten dürfte, so die Zentralbank. Bereits Mitte<br />

November hat die PBOC Maßnahmen ergriffen, um den angeschlagenen<br />

Immobiliensektor zu stärken. Zuvor waren die Investitionen<br />

in Immobilien im Oktober um gut zwölf Prozent gegenüber Oktober<br />

2021 gefallen. Wie sich die Proteste, vor allem, sollten sie sich<br />

drastisch ausweiten, auswirken werden, ist noch nicht abzusehen.<br />

Tritt daher Xi international radikaler auf? Gut möglich, dass sich das<br />

geopolitische Klima nochmals verschlechtert. Investments in China<br />

werden daher weiterhin mit hohen Risiken behaftet sein.<br />

HAFEN SHANGHAI: Peking will den Wohlstand im Land in der<br />

Breite vermehren. Dafür braucht es Wirtschaftswachstum<br />

Zentralbank pumpt Geld ins System<br />

Schon wird spekuliert, ob der chinesische Leitzins<br />

Anfang 2023 nach unten gehen wird. Der Mindestreservesatz<br />

(RRR) für den Bankenapparat wurde<br />

Mitte November bereits gekappt.<br />

Mindestreservesatz der chinesischen Zentralbank<br />

in Prozent<br />

1994 2000 05 10 15 2020<br />

20<br />

16<br />

12<br />

8<br />

4<br />

Quelle: Standard Chartered<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong> Foto: Bloomberg<br />

35


moneymarkets<br />

HALBLEITER IN NAHAUF-<br />

NAHME: IC-Substrate verpacken<br />

immer mehr Datenträger<br />

auf immer kleineren Flächen<br />

AT&S<br />

Unterbewerteter Nischenplayer<br />

Der Hersteller von Leiterplatten und IC-Substraten hat in einem lukrativen Segment der<br />

Halbleiterbranche seine beste Zeit noch vor sich. Antizyklische Anleger steigen jetzt ein und<br />

setzen darauf, dass das Unternehmen in den nächsten Jahren einen Gewinnsprung hinlegt<br />

von STEFAN RIEDEL<br />

In der Halbleiterbranche hat Europa einige globale Schwergewichte<br />

im Rennen. Infineon aus Deutschland, NXP<br />

Semi conductors aus den Niederlanden und ST Microelectronics<br />

aus Italien sind den meisten Anlegern ein Begriff.<br />

Weniger bekannt ist dagegen noch AT&S aus Leoben in der<br />

Steiermark. Dabei glänzt das im Wiener Leitindex ATX gelistete<br />

Unternehmen mit einer günstig bewerteten Aktie –<br />

das Ganze kombiniert mit neuem Wachstumsschub in den<br />

nächsten Jahren.<br />

Margenstarke Winzlinge. Das Metier von AT&S sind nicht<br />

die großen Wafer, sondern die Ministrukturen auf den Leiterplatten.<br />

Substrate spielen als Verbindungselemente zwischen<br />

den Leiterplatten und Chips in der Miniaturisierung der Elektronik<br />

eine immer wichtigere Rolle. Hunderte solcher Elektronik-Bausteine<br />

können auf einer einzigen Platine kompakt<br />

verlötet werden. Verbaut werden Substrate in Smartphones<br />

und Laptops, aber auch in Netzwerken der Telekommunikation<br />

und in der Luft- und Raumfahrt. Zu den Kunden zählen<br />

Apple, Intel und große europäische Autozulieferer. Ganz oben<br />

bei Verkaufspreis und Margen stehen die ABF-Substrate für<br />

High-Performance-Prozessoren, wie sie für Server, 5G-Basisstationen<br />

und Datenzentren benötigt werden.<br />

42<br />

Foto: Shutterstock<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!