FOCUS-MONEY_2022-50_Vorschau
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E-PAPER LESEN:
moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
Frohe Nachrichten<br />
zum Advent<br />
GEORG MECK<br />
Chefredakteur<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong><br />
spüren Sie das auch, diese Sehnsucht nach vorweihnachtlicher Harmonie?<br />
Ob es am milden Schein der Adventskerzen liegt oder an der allgemeinen Erschöpfung<br />
nach Monaten mit Krieg und Pandemie, die Welt erscheint in diesen<br />
Tagen etwas versöhnlicher, etwas frohgemuter und optimistischer; im<br />
Zwischenmenschlichen, aber auch im Finanziellen, wofür wir uns in erster<br />
Linie zuständig fühlen. Bevor es also zu besinnlich wird, hier ein paar harte<br />
wirtschaftliche Fakten, die zur Hoffnung Anlass geben.<br />
+ Die Inflation hat offenbar den Höhepunkt überschritten. Die Geldentwertung<br />
in der Euro-Zone ist überraschend gesunken, zum ersten Mal seit Langem.<br />
Nun sind 10 Prozent Inflation wahrlich kein Grund für die Europäische<br />
Zentralbank, die Hände in den Schoß zu legen. Dennoch: Die Statistik verspricht<br />
Erleichterung. Das Tanken wird gleich etwas weniger zur Tortur,<br />
wenn der Spritpreis unter die 2-Euro-Marke rutscht.<br />
+ Die fürs nächste Jahr prophezeite Pleitewelle fällt womöglich aus. Es häufen<br />
sich die Anzeichen und Ansichten, dass wir glimpflicher davonkommen<br />
als befürchtet. „Die Stimmung hellt sich auf“, so sagte es mir beim Adventstee<br />
ein bestens vernetzter Wirtschaftsprüfer, der Tausende Bilanzen im Blick<br />
hat. Ein weiterer Beleg: Aufgrund der „abnehmenden Unsicherheit“ wollen<br />
die Unternehmen in Deutschland wieder mehr Personal einstellen, meldet<br />
das Ifo-Beschäftigungsbarometer – so denn Fachkräfte zu finden sind.<br />
+ Das Freihandelsabkommen mit Kanada ist unter Dach und Fach, endlich!<br />
Nach jahrelangen Debatten hat der Bundestag dem Vertrag zugestimmt (abgesehen<br />
von den Rändern links und rechts außen im Parlament). Die liberalen<br />
Demokratien rücken zusammen. Gut so! Handel und Austausch mehren<br />
den Wohlstand in der Welt.<br />
+ An der Börse geht es aufwärts: Der Dax hat im Oktober 9,4 Prozent<br />
gewonnen, im November 8,6 Prozent. Die Börse handelt die<br />
Zukunft, heißt es so schön. Der Kapitalmarkt nimmt, wie immer,<br />
die Entwicklung vorweg. Hoffen wir, dass er recht behält.<br />
Nicht nur im Advent.<br />
Herzlich Ihr<br />
Aus aktuellem Anlass!<br />
Lesen Sie <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Inflation bewegt sich in Deutschland wie im Durchschnitt<br />
der Euro-Zonen-Länder auf zweistelligen Werten. Bange<br />
blicken die Börsianer auf die Notenbanken: Wie geht es weiter mit<br />
der Zinspolitik? Stürzen die Volkswirtschaften in eine tiefe Rezession?<br />
Und was heißt das für die Märkte und die Aktienkurse? Mein Tipp:<br />
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<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />
Foto: F. Röth<br />
*inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht<br />
3
moneyinhalt<br />
7. DEZEMBER <strong>2022</strong> www.money.de<br />
moneykompakt<br />
6 Strategie: Gold und Euro<br />
werden teurer<br />
7 Das kaufe ich jetzt:<br />
Bohrerspezialist erhöht die<br />
Drehzahl<br />
7 Chart der Woche: Rohstoffe<br />
sichern unsere Zukunft<br />
7 Hit & Shit: Allzeithoch für<br />
Deutsche Börse, das WM-Aus für<br />
Deutschland – und die Folgen<br />
8 Wirecard: Profitieren die betrogenen<br />
Aktionäre von einer Verurteilung<br />
von Ex-Chef Braun?<br />
8 BASF: Stellenstreichungen statt<br />
Weihnachtsfeier<br />
9 Jahressteuergesetz: Verbesserungen<br />
eingearbeitet<br />
98 Andis Börsenbarometer:<br />
Warnung aus dem Ländle<br />
moneytitel<br />
10 Inflation? Rezession? Kaufen?<br />
Die Prognosen sind vielfältig wie<br />
selten zuvor. Wann und wo sich<br />
der Einstieg wirklich lohnt<br />
14 Im Angebot: Deutsche Aktien mit<br />
einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis,<br />
die gute Chancen bieten<br />
18 Zertifikate: Stressfrei auf Renditefang<br />
– einfach und mit weniger<br />
Risiko an die Börse gehen<br />
20 Europäische Midcaps: Fünf<br />
Aktien für (fast) jeden Anlagestil<br />
24 Chartsignal: Erste Trendumkehr-<br />
Signale bei der Compugroup-Aktie<br />
24 Börsenwissen: Lohnt sich<br />
Diversifikation noch?<br />
26 Interview: Gute Einstiegschancen<br />
bei Value-Aktien „mit Twist“ sieht<br />
GANÉ-Fondsmanager Uwe<br />
Rathausky<br />
10<br />
Gute Chancen<br />
Anleger müssen noch etwas<br />
abwarten. Aber 2023 stehen<br />
fantastische Kaufgelegenheiten<br />
an. Wo der Einstieg schon lohnt<br />
und wer auf die Watchlist gehört<br />
30 Bester Kaufzeitpunkt: Diese<br />
Aktien gehören jetzt auf die<br />
Watchlist<br />
moneymarkets<br />
34 China: Noch im Krisenmodus<br />
– aber wie lange? Welche<br />
europäischen Aktien von einem<br />
China-Aufschwung profitieren<br />
38 Interview: Bilfinger-Chef Thomas<br />
Schulz sendet einen Weckruf an<br />
Deutschland<br />
41 Data Modul: Die Aktie des<br />
Display-Spezialisten ist attraktiv<br />
bewertet<br />
42 AT&S: Unterbewerteter Nischenplayer<br />
aus der Chip-Branche zum<br />
Schnäppchenpreis<br />
44 US-Handel: Billig-Ketten profitieren<br />
von der Krise<br />
47 Kolumne: In den Prognosen, die<br />
ein „verlorenes Jahrzehnt“<br />
heraufbeschwören, sieht Ken<br />
Fisher positive Signale<br />
48 EZB: Warum Europa Angst vor<br />
einer quantitativen Straffung hat,<br />
analysiert „The Economist“<br />
<strong>50</strong> Infineon: Kein Schweinezyklus in<br />
Sicht<br />
52 IBM: Der „große Blaue“ steht am<br />
Beginn eines neuen Trends<br />
62 Krypto-Podcast: „Missing Magic<br />
Money“ – der Skandal um die<br />
Kryptobörse FTX<br />
64 Musterdepots: Die Experten<br />
haben Hoffnung auf eine Hausse<br />
4 Titelfoto: Shutterstock<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>
moneydigital<br />
56 Social Trends: IT-Fachkräftemangel<br />
sprengt alle Rekorde<br />
57 Aktienanalyse: Ölriese Chevron<br />
weiter auf Kurs<br />
59 Interview: „Warum die Rezession<br />
noch verstärken?“, fragt Ökonom<br />
Heiner Flassbeck<br />
dswanlegerschutz<br />
66 Analyse und Abwägung: Wie soll<br />
Deutschland mit Katar umgehen?<br />
moneyservice<br />
68 Marktplatz: Oldtimer des Monats,<br />
Genuss fürs Gehör<br />
70 Camper: Wer im Sommer 2023<br />
ein Wohnmobil mieten will, muss<br />
schon jetzt buchen<br />
74 Bücher: Tipps für Wirtschafts-Bücher<br />
unter dem Weihnachtsbaum<br />
76 Lebensversicherung: Welche<br />
Branchenriesen mit besonders<br />
starker Finanzkraft überzeugen<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
34<br />
Kommt der China-Aufschwung?<br />
Derzeit bestimmen schlechte Nachrichten das China-Bild. Langfristig setzen<br />
Anleger auf Europa-Aktien, die von einer Wende zum Besseren profitieren<br />
44<br />
Rezessions-Gewinner<br />
In Amerika droht eine Rezession.<br />
Kommt der Konjunkturrutsch,<br />
gehören Billig-Händler zu den<br />
Profiteuren. Die Aktien der<br />
lukrativsten US-Händler<br />
70<br />
Hohe Nachfrage<br />
Urlaub mit dem Wohnmobil boomt. Wer im Sommer<br />
2023 mit dem Camper verreisen will, muss schon<br />
jetzt buchen. Die besten und günstigsten Anbieter<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe –<br />
Impressum<br />
98 Termine<br />
38<br />
„Die extreme Energiepolitik kostet uns Wohlstand –<br />
in der Industrie wie im privaten Bereich“<br />
THOMAS SCHULZ, VORSTANDSVORSITZENDER DER BILFINGER SE<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />
Fotos: Adidas (2), Nike (2), Bloomberg, 123RF, Bilfinger Composing: <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong><br />
5
moneytitel<br />
STRATEGIE<br />
INFLATION?<br />
REZESSION?<br />
KAUFEN?<br />
WOHIN JETZT?<br />
Prognosen mit<br />
riesiger<br />
Spannweite<br />
10 Illustration: iStock<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>
„Fantastische Kaufgelegenheiten“ gibt es im ersten Quartal 2023. Bis dahin drohen<br />
Rückschläge. Anleger brauchen jetzt noch etwas Geduld, bis es richtig losgeht<br />
von MIKA HOFFMANN<br />
Auf den Tag genau vor 23 Jahren habe ich begonnen,<br />
für <strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> zu arbeiten. Noch<br />
nie war es in der langen Zeit so schwierig, eine<br />
Prognose für die Börsen abzugeben – sei es für<br />
die nächsten Wochen, die nächsten Monate<br />
oder die nächsten zwei bis drei Jahre. Zu viele<br />
Fragezeichen ploppen auf, zu viele Faktoren, die das Börsengeschehen<br />
beeinflussen, sind ungeklärt.<br />
Sinkt endlich die Inflation, die so hoch ist wie seit Jahrzehnten<br />
nicht mehr – und wie lange dauert es, bis die Bremsmaßnahmen<br />
der Notenbanken wirken? Und werden die Federal<br />
Reserve und die Europäische Notenbank es schaffen,<br />
die Preissteigerungsraten abzubremsen, ohne die Konjunktur<br />
in eine tiefe Rezession zu schicken und ohne eine neue<br />
Schuldenkrise vor allem in der Europäischen Währungsunion<br />
auszulösen? Ganz abgesehen von Fragen, die direkt mit<br />
den Kursen nichts zu tun haben: Wie lange dauert der russische<br />
Angriffskrieg auf die Ukraine noch? Oder: Verschärft<br />
sich das Verhältnis zwischen den USA und China?<br />
Bärenmarktrally oder neuer Aufwärtstrend? Die wichtigste<br />
Frage für Börsianer lautet: Was heißt das alles letztlich für<br />
die Aktienkurse? Setzt sich der mittelfristige Abwärtstrend<br />
fort, den wir seit Jahresanfang sehen? Oder wird aus der Erholung<br />
der vergangenen Wochen, die die Kurse an der Wall<br />
Street und in Europa immerhin um mehr als 20 Prozent nach<br />
oben gebracht hat, eine Trendwende – und wir steuern schon<br />
bald wieder die alten Höchststände an?<br />
Auch die Profis sind einigermaßen ratlos. Die Prognosen<br />
der großen Investmentbanken sind normalerweise alle recht<br />
ähnlich, unterscheiden sich nur in Nuancen. Aber für 2023<br />
ist alles dabei: von einer sanften Landung der Weltwirtschaft<br />
bis hin zu einer tiefen globalen Rezession. Allein die Bank of<br />
America hat für ihre Prognose für den amerikanischen Aktienmarkt<br />
zwischen dem optimistischsten und pessimistischsten<br />
Szenario eine Spanne von <strong>50</strong> (!) Prozent. Da ist<br />
wirklich für jeden etwas dabei!<br />
Mit seiner Prognose für <strong>2022</strong> lag Michael Wilson, Chef-Aktienstratege<br />
von Morgan Stanley, ziemlich richtig. Er prognostizierte<br />
für den S&P-<strong>50</strong>0, den wichtigsten amerikanischen<br />
Aktienindex, einen Jahresendstand von 3900 Punkten. Aktuell<br />
liegt das Börsenbarometer bei etwas über 4000 Zählern.<br />
Diese Vorhersage war angesichts des schwierigen Umfelds<br />
eine ziemlich gute Leistung – vor allem, weil sich Wilson als<br />
einer der wenigen Auguren der wichtigsten In vest mentbanken<br />
traute, den deutlichen Kursrutsch amerikanischer Aktien<br />
zu prognostizieren. Umso interessanter ist es, seinen Ausblick<br />
für 2023 genauer anzuschauen.<br />
Wilson sieht eine „fantastische Kaufgelegenheit“. Aber bevor<br />
Sie zu früh euphorisch werden: Der Morgan-Stanley-Experte<br />
erwartet sie erst im Lauf des nächsten Jahres. Zunächst<br />
Erholung seit Oktober<br />
Besonders der deutsche Aktienmarkt zeigt seit Anfang<br />
Oktober eine deutliche Erholung. Die Chancen<br />
stehen gut, dass der Aufschwung bis zum Jahresende<br />
hält. Danach drohen Schwierigkeiten.<br />
Deutsche und US-Aktien<br />
Entwicklung seit 1.1.<strong>2022</strong> in Prozent, auf Euro-Basis<br />
S&P-<strong>50</strong>0<br />
Dax<br />
JAN F M A M J J A S O N DEZ<br />
Quelle: Bloomberg<br />
0<br />
–5<br />
–10<br />
–15<br />
–20<br />
–25<br />
Kräftiger Anstieg<br />
Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sind<br />
in Deutschland und den USA seit Jahresbeginn<br />
deutlich gestiegen – auch wenn die Kurse zuletzt<br />
abflachten. Wie es weitergeht, bleibt spannend.<br />
Zehnjährige Staatsanleihen<br />
Rendite in Prozent<br />
USA<br />
Deutschland<br />
JAN F M A M J J A S O N DEZ<br />
Quelle: Bloomberg<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
–1<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong><br />
11
moneymarkets<br />
CHINA<br />
Mit den Europäern<br />
gewinnen<br />
Covid-Lockdown, Proteste und Konjunkturloch – China<br />
befindet sich im Krisenmodus. Doch wer langfristig<br />
agiert, setzt heute schon auf die Gewinner von<br />
morgen. Wer aus Europa besonders von einem<br />
Konjunkturaufschwung in China profitieren würde<br />
von JOHANNES HEINRITZI<br />
Wirtschaftswachstum über Durchschnitt<br />
Aus heutiger Sicht wird das Bruttoinlandsprodukt im<br />
Reich der Mitte stärker steigen als in westlichen und<br />
auch den meisten aufstrebenden Staaten. Doch es<br />
gibt Risiken wie den Immobilienmarkt und Covid.<br />
Prognosen des Wirtschaftswachstums<br />
BIP-Veränderung zum Vorjahr in Prozent<br />
3,1<br />
4,5<br />
4,8<br />
<strong>2022</strong> 2023 2024<br />
China<br />
Quellen: UBS, Bloomberg<br />
3,2<br />
0,2<br />
Euro-Zone<br />
0,8<br />
1,9<br />
0,2<br />
USA<br />
0,3<br />
3,2<br />
2,1<br />
Welt<br />
2,7<br />
COVID-ISOLATION:<br />
Wird die Null-Covid-Politik<br />
aufgegeben, droht<br />
eine Gesundheitskrise,<br />
die die Krankenhäuser<br />
in China überlasten<br />
könnte<br />
34 Foto: Bloomberg<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>
Xi Jinping muss gehen!“ So direkt war die Unzufriedenheit<br />
der chinesischen Bevölkerung schon lange nicht<br />
mehr zu sehen und zu spüren. In Shanghai, Peking<br />
wie auch Wuhan und Urumqi gingen viele auf die Straßen.<br />
Vor allem die harsche Null-Covid-Politik der Staatslenker ist<br />
der große Reibungspunkt. Nach viel vergeudeter Zeit, nahezu<br />
drei Jahren mit Lockdowns und ohne weitreichend funktionierende<br />
Impfungen, da die chinesischen Impfstoffe wenig<br />
wirksam und ausländische (mRNA-Vakzine) nicht<br />
zugelassen sind, steht die Bevölkerung im Reich der Mitte<br />
ohne Herdenimmunität da. Vor jedem Covid-Ausbruch muss<br />
sich Peking fürchten, zöge dies doch voraussichtlich Tausende<br />
von Covid-Toten nach sich. Doch Xi Jinping dürfte ebenso<br />
klar sein, dass sich die Regierung keine weitere starke Konjunkturdelle<br />
erlauben kann. Denn sonst kämen die Proteste<br />
von den dann in wirtschaftliche Nöte Geratenen.<br />
Tatsächlich hat Peking ein großes Problem. Denn die neuen<br />
Covid-Varianten sind zwar weniger tödlich, verbreiten<br />
sich aber schneller. Das bedeutet, dass sich bei einer Öffnung<br />
Chinas Covid wie ein Lauffeuer ausbreiten würde. Auch<br />
Es könnte eine Erholung geben<br />
Der Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managersʼ<br />
Index, kurz PMI) gilt als Konjunkturbarometer. Liegt er<br />
unter <strong>50</strong> Punkten, zeigt dies eine Schrumpfung an.<br />
Für 2023 und 2024 wird wieder ein Anstieg des PMI<br />
für das verarbeitende Gewerbe über <strong>50</strong> erwartet.<br />
Caixin-Einkaufsmanager-Index für China<br />
Verarbeitendes Gewerbe, in Punkten<br />
2013 14 15 16 17 18 19 20 21 22 2023<br />
Quelle: Trading Economics<br />
Prognose<br />
52<br />
48<br />
44<br />
40<br />
CHINA<br />
Wohin die chinesische Reise geht<br />
Sobald zu viel Macht in die Hand eines Politikers gelangt, ist es<br />
schwierig, die nächsten Schritte der Regierung zu erahnen. Dies<br />
ist spätestens seit dem 20. Parteikongress auch in China der Fall.<br />
Präsident Xi Jinping baute seine Macht deutlich aus. Xi hat sich auf<br />
die Fahnen geschrieben, dass China selbstversorgend, die nationale<br />
Sicherheit gestärkt, aber auch das Gemeinwohl oder besser<br />
der Wohlstand ausgebaut wird. Um Letzteres zu erreichen, braucht<br />
China weiterhin Wachstum. Dazu nimmt Peking viel Geld in die<br />
Hand. Das staatliche Budgetdefizit dürfte in diesem und den nächsten<br />
zwei Jahren mehr als fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
(BIP) erreichen. Das ist mehr als der weltweite Durchschnitt.<br />
Doping für die Konjunktur. Neben der Fiskalpolitik hat die Notenbank<br />
eingegriffen, um die Konjunktur zu stützen. Die Peopleʼs<br />
Bank of China (PBOC) reduzierte die Mindestreserveanforderungen<br />
für die meisten Banken. Der durchschnittliche Satz sinkt damit<br />
von 8,1 auf 7,8 Prozent, was rund <strong>50</strong>0 Milliarden Renminbi (66,5 Milliarden<br />
Euro) mehr an möglichen Langfrist-Krediten für die Wirtschaft<br />
und eine jährliche Zinsentlastung der Banken von 5,6 Milliarden<br />
Renminbi bedeuten dürfte, so die Zentralbank. Bereits Mitte<br />
November hat die PBOC Maßnahmen ergriffen, um den angeschlagenen<br />
Immobiliensektor zu stärken. Zuvor waren die Investitionen<br />
in Immobilien im Oktober um gut zwölf Prozent gegenüber Oktober<br />
2021 gefallen. Wie sich die Proteste, vor allem, sollten sie sich<br />
drastisch ausweiten, auswirken werden, ist noch nicht abzusehen.<br />
Tritt daher Xi international radikaler auf? Gut möglich, dass sich das<br />
geopolitische Klima nochmals verschlechtert. Investments in China<br />
werden daher weiterhin mit hohen Risiken behaftet sein.<br />
HAFEN SHANGHAI: Peking will den Wohlstand im Land in der<br />
Breite vermehren. Dafür braucht es Wirtschaftswachstum<br />
Zentralbank pumpt Geld ins System<br />
Schon wird spekuliert, ob der chinesische Leitzins<br />
Anfang 2023 nach unten gehen wird. Der Mindestreservesatz<br />
(RRR) für den Bankenapparat wurde<br />
Mitte November bereits gekappt.<br />
Mindestreservesatz der chinesischen Zentralbank<br />
in Prozent<br />
1994 2000 05 10 15 2020<br />
20<br />
16<br />
12<br />
8<br />
4<br />
Quelle: Standard Chartered<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong> Foto: Bloomberg<br />
35
moneymarkets<br />
HALBLEITER IN NAHAUF-<br />
NAHME: IC-Substrate verpacken<br />
immer mehr Datenträger<br />
auf immer kleineren Flächen<br />
AT&S<br />
Unterbewerteter Nischenplayer<br />
Der Hersteller von Leiterplatten und IC-Substraten hat in einem lukrativen Segment der<br />
Halbleiterbranche seine beste Zeit noch vor sich. Antizyklische Anleger steigen jetzt ein und<br />
setzen darauf, dass das Unternehmen in den nächsten Jahren einen Gewinnsprung hinlegt<br />
von STEFAN RIEDEL<br />
In der Halbleiterbranche hat Europa einige globale Schwergewichte<br />
im Rennen. Infineon aus Deutschland, NXP<br />
Semi conductors aus den Niederlanden und ST Microelectronics<br />
aus Italien sind den meisten Anlegern ein Begriff.<br />
Weniger bekannt ist dagegen noch AT&S aus Leoben in der<br />
Steiermark. Dabei glänzt das im Wiener Leitindex ATX gelistete<br />
Unternehmen mit einer günstig bewerteten Aktie –<br />
das Ganze kombiniert mit neuem Wachstumsschub in den<br />
nächsten Jahren.<br />
Margenstarke Winzlinge. Das Metier von AT&S sind nicht<br />
die großen Wafer, sondern die Ministrukturen auf den Leiterplatten.<br />
Substrate spielen als Verbindungselemente zwischen<br />
den Leiterplatten und Chips in der Miniaturisierung der Elektronik<br />
eine immer wichtigere Rolle. Hunderte solcher Elektronik-Bausteine<br />
können auf einer einzigen Platine kompakt<br />
verlötet werden. Verbaut werden Substrate in Smartphones<br />
und Laptops, aber auch in Netzwerken der Telekommunikation<br />
und in der Luft- und Raumfahrt. Zu den Kunden zählen<br />
Apple, Intel und große europäische Autozulieferer. Ganz oben<br />
bei Verkaufspreis und Margen stehen die ABF-Substrate für<br />
High-Performance-Prozessoren, wie sie für Server, 5G-Basisstationen<br />
und Datenzentren benötigt werden.<br />
42<br />
Foto: Shutterstock<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>50</strong>/<strong>2022</strong>