Gesund & Leben 2022 / 11
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PILZE<br />
DIE<br />
WUND ERWELT<br />
D ER<br />
PILZE<br />
Sie sind hervorragend vernetzt, großartige Teamplayer<br />
und essenziell für den Erhalt unseres Ökosystems. Pilze<br />
enthalten aber auch viele gesunde Inhaltsstoffe und gelten<br />
als vielversprechende Quelle für medizinische Wirkstoffe.<br />
GESUND & LEBEN über die fantastischen Fungi und warum<br />
sie für Mensch und Natur unentbehrlich sind.<br />
FOTOS: ISTOCK_ DRPAS_ UMAIMON_ KESU01; M FRIEBES<br />
Gernot Friebes,<br />
Pilzexperte, Kurator Botanik –<br />
Mykologie; Joanneum Graz.<br />
Wie viele Pilzarten es tatsächlich<br />
auf Erden gibt, darüber gehen die<br />
Schätzungen unter Mykologen<br />
– so der Name für Pilzexperten –<br />
auseinander. Es dürfte aber in die<br />
Millionen gehen, wissenschaftlich beschrieben<br />
sind derzeit rund 100.000 Arten. Sicher ist: Der<br />
Großteil der Pilzwelt bleibt dem menschlichen<br />
Auge verborgen, denn nur rund ein Zehntel, die<br />
sogenannten Großpilze, besitzt einen Fruchtkörper<br />
mit Hut und Stiel. „Die Welt der Pilze<br />
spielt sich hauptsächlich im Verborgenen ab“,<br />
erläutert Gernot Friebes. „Denn der eigentliche<br />
Pilz besteht aus einem Geflecht aus fadenförmigen<br />
Zellen, das sich im Untergrund verbirgt“, so<br />
der Pilzexperte vom Joanneum in Graz. Egal ob<br />
Wüste oder Meer, Süß- oder Salzwasser, alpine<br />
Region oder Wald: Pilze sind überall um uns<br />
und sie besiedelten die Erde vermutlich bereits<br />
vor rund 800 Millionen Jahren. Das legt ein Pilzfossilienfund<br />
aus Afrika nahe. Vermutlich waren<br />
Pilze damit wichtige Partner für die ersten Landpflanzen<br />
auf Erden.<br />
WOOD WIDE WEB<br />
Eine Aufgabe, die sie bis heute erfüllen. „Ihre<br />
Funktion für unser Ökosystem ist gewaltig“,<br />
wie Friebes erläutert. „In den Wäldern verweben<br />
sie sich zum Beispiel mit Baumwurzeln zu<br />
sogenannten Mykorrhiza-Netzwerken.“ Durch<br />
diese oft auch als „Wood Wide Web“ genannte<br />
Symbiose profitierten beide Beteiligten, so Friebes:<br />
„Die Pilze versorgen die Bäume mit Nähr-<br />
stoffen und Wasser aus der Erde, nehmen den<br />
von den Bäumen gespeicherten Kohlenstoff auf<br />
und speichern ihn wiederum in der Erde ab. Die<br />
Bäume geben dafür Zucker, der bei der Photosynthese<br />
entsteht, an die Pilze ab.“ Auch als meisterhafte<br />
Zersetzer kommen Pilze zum Einsatz, denn<br />
sie können als Stoffwechselspezialisten fast alles<br />
abbauen - von Holz, über Gestein bis zu Plastik.<br />
„Selbst parasitäre Pilze sind unverzichtbar, denn<br />
sie befallen geschwächte Bäume und sorgen dafür,<br />
dass Platz für Jungwuchs entsteht“, so der Experte.<br />
Auch der Gehalt an Kohlenstoff und Sauerstoff<br />
in der Atmosphäre hängt davon ab, wie rege sich<br />
Pflanzen und Pilze austauschen – und damit unser<br />
weltweites Klima.<br />
WAFFE GEGEN MULTIRESISTENTE<br />
ERREGER<br />
Pilze halten jedoch nicht nur das weltweite Ökosystem<br />
in Balance, sondern bieten auch für den<br />
menschlichen Organismus zahlreiche Vorteile.<br />
Denn Pilze sind nicht nur schmackhaft, sondern<br />
auch gesund: Sie sind eine gute Proteinquelle, liefern<br />
zahlreiche Mineralstoffe und Spurenelemente<br />
wie Kalzium, Magnesium, Zink und Selen sowie<br />
Vitamine und haben kaum Kalorien. Doch Fungi,<br />
so der wissenschaftlich korrekte Begriff, sind auch<br />
wahre Wirkstoffproduzenten. Einem Pilz verdanken<br />
wir beispielsweise das erste Antibiotikum:<br />
1928 fand der Mikrobiologe Alexander Fleming<br />
durch Zufall heraus, dass Pilze Bakterien den<br />
Garaus machen können. Nach der Rückkehr aus<br />
dem Urlaub stellte der Schotte nämlich fest, dass<br />
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