Gesund & Leben 2023/10
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DAS MAGAZIN DER<br />
<strong>10</strong>/23, 18. Jahrgang, € 2,40<br />
GESUND LEBEN<br />
IN WIEN<br />
www.aekwien.at<br />
Einfache Übungen für<br />
mehr Gelassenheit im <strong>Leben</strong><br />
STRESS<br />
frei<br />
IM<br />
ALLTAG<br />
BESSER SEHEN –<br />
EIN LEBEN LANG<br />
Was Sie Tag für Tag für<br />
Ihre Sehkraft tun können<br />
SO HALTEN SIE<br />
IHRE KNOCHEN FIT<br />
Osteoporose rechtzeitig<br />
erkennen und behandeln<br />
ABWEHRKRÄFTE<br />
STÄRKEN IM HERBST<br />
So wehrt sich unser Immunsystem<br />
gegen Viren, Bakterien und Pilze<br />
ESSEN NACH DEN<br />
5 ELEMENTEN<br />
Der Rhythmus der Natur<br />
als Grundlage der Ernährung
MEDIZIN KOMPAKT<br />
WUSSTEN<br />
SIE, DASS ...<br />
… vegetarische Kost das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
reduziert? Pflanzenbasierte<br />
Ernährung verbessert signifikant das Wohlbefinden<br />
von Personen mit hohem Risiko für Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen – das belegt nun eine Überblicksarbeit,<br />
die 20 klinische Studien analysierte. Die insgesamt<br />
1.878 Teilnehmenden wiesen entweder eine<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes oder mindestens<br />
zwei kardiometabolische Risikofaktoren auf.<br />
Das Ergebnis der Metaanalyse: Nach sechs Monaten<br />
vegetarischer Kost zeigten sich Verbesserungen bei<br />
Fettstoffwechsel, Blutzucker und Körpergewicht. n<br />
FOTOS:ISTOCK_ BUTENKOW_ FILISTIMLYANIN_<br />
SHENDART_ BLACKJACK3D<br />
n ZAHL DES MONATS<br />
24<br />
Jahre …<br />
… länger leben Männer<br />
durchschnittlich, wenn sie acht<br />
Verhaltensweisen beachten, Frauen kommen so auf<br />
21 Jahre zusätzlicher <strong>Leben</strong>serwartung. Das zeigt eine<br />
Studie, die bei der Ernährungskonferenz in Boston, USA,<br />
vorgestellt wurde. Die Wissenschaftler analysierten dazu<br />
Daten von über 700.000 Personen zwischen 40 und 99<br />
Jahren. Das Ergebnis: Wer spätestens ab<br />
40 regelmäßig Sport treibt, nicht raucht,<br />
Schmerzmittel nicht missbraucht,<br />
Stress und Alkohol reduziert, sich<br />
gesund ernährt, für ausreichend<br />
Schlaf sorgt und gute soziale Kontakte<br />
pflegt, lebt deutlich länger. „Wir<br />
waren überrascht, wie viel man<br />
mit der Einführung von allen<br />
acht <strong>Leben</strong>sstilfaktoren gewinnen<br />
konnte“, so Studienleiter Xuan-Mai<br />
Nguyen in einer Mitteilung der<br />
US-Ernährungsgesellschaft. n<br />
KI<br />
SAGT VERLAUF VON<br />
MAGERSUCHT<br />
VORAUS<br />
Rund 18 von 1.000 12- bis 17-jährigen Frauen<br />
leiden an einer Essstörung, die Dunkelziffer<br />
ist vermutlich wesentlich höher.<br />
Besonders schwerwiegende Folgen hat die<br />
Magersucht, denn: Anorexia Nervosa (AN)<br />
kann tödlich enden und ist auch häufig<br />
nach einer Rehabilitation nicht überstanden.<br />
Verantwortlich dafür sind dauerhafte<br />
Veränderungen im Gehirn. Diese konnte ein<br />
Team des Universitätsklinikums Dresden nun mithilfe<br />
von künstlicher Intelligenz (KI) nachweisen. Basierend<br />
auf Messungen und MRT-Untersuchungen konnten die<br />
Forscher mit maschinellem Lernen, einer Form der KI, zwischen<br />
gesunden Personen und den verschiedenen Stadien<br />
der Anorexia Nervosa unterscheiden. „Bemerkenswert ist,<br />
dass die Gehirnveränderungen bei Betroffenen mit schlechterem<br />
Langzeitverlauf stärker ausgeprägt waren“, so Studienleiter<br />
Prof. Stefan Ehrlich. Das Erkennen dieser anhaltenden<br />
Veränderungen könnte erheblich zur Entwicklung wirksamerer<br />
Nachbehandlungsstrategien beitragen.<br />
n<br />
MEHRFACH-<br />
IMPFUNG?<br />
Die meisten machen sich vor einer Impfung<br />
Gedanken über Schmerzen oder Nebenwirkungen.<br />
Welcher Arm für den Pieks genommen werden soll, TIPP<br />
steht eher nicht im Fokus der Überlegungen. Diesem Wie Impfungen unser<br />
Thema haben sich nun zwei Immunologinnen am Immunsystem<br />
Uniklinikum Saarland gewidmet und anhand der unterstützen, lesen<br />
ersten und zweiten Corona-Imfpung untersucht, ob<br />
Sie ab<br />
eine ipsilaterale (zweimal in denselben Arm) oder eine Seite 24!<br />
contralaterale (abwechselnd linker und rechter Arm)<br />
besseren Schutz generiert. Das Ergebnis: Die Zahl der CD8-<br />
T-Zellen, umgangssprachlich Killerzellen genannt, war zwei Wochen<br />
nach der Impfung mit 67 Prozent bei den „einseitig“ Geimpften<br />
deutlich höher, als bei den contralateral geimpften Personen (43<br />
Prozent). Zudem konnten die Antikörper bei den ipsilateral Geimpften<br />
effizienter an den Viren andocken.<br />
n<br />
DIE NAGELPROBE bestehen<br />
Selber Arm!<br />
n GESUNDHEITSTIPP DES MONATS<br />
Veränderungen der Nägel verraten<br />
einiges über die <strong>Gesund</strong>heit<br />
unseres Körpers und sollten<br />
immer ärztlich abgeklärt werden.<br />
Glatt, fest und leicht rosig – so<br />
sehen Finger- und Fußnägel<br />
idealerweise aus. Kommt es<br />
zu Veränderungen wie Verfärbungen, Verdickungen oder<br />
plötzliche Brüchigkeit, ist eine ärztliche Abklärung gefragt,<br />
denn sie können einen ersten Hintergrund haben.<br />
☐ So kann eine Verfärbung des Nagelmondes, wenn diese<br />
leicht rosa ist, auf Herzprobleme hinweisen, die sich auf<br />
die Sauerstoffversorgung des Nagelmondes auswirken.<br />
Eine eher bräunliche Verfärbung kann durch zuviel Fluorid<br />
im Körper ausgelöst werden.<br />
☐ Für brüchige oder rissige Nägel kann ein Biotin-Mangel<br />
verantwortlich sein.<br />
☐ Ein Vitamin-B12-Mangel hingegen wirkt sich häufig so aus,<br />
dass die Nägel gar nicht wachsen.<br />
☐ Bräunlich oder gelblich verfärbte Stellen können ein<br />
Hinweis auf einen Nagelpilz sein.<br />
☐ Hinter weißen Punkten steckt häufig nur ein harmloser<br />
Kalziummangel.<br />
☐ Hat der Nagel braune Flecken oder verdickt sich, kann das<br />
darauf hindeuten, dass sich unter dem Nagel schwarzer<br />
oder weißer Hautkrebs gebildet hat.<br />
n<br />
GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
3
4-Seiten-Spezial<br />
GESUND IN WIEN<br />
Seite 6 bis 9<br />
n LEBENSFREUDE<br />
3 Medizin kompakt<br />
<strong>10</strong> Raus aus der Stressfalle<br />
So meistern Sie Ihren Alltag mit mehr<br />
Gelassenheit.<br />
18 TCM-Ernährung<br />
Ernährung nach den Empfehlungen der<br />
Traditionellen Chinesischen Medizin.<br />
21 Rezepte nach TCM<br />
Drei gesunde Rezepte zum Nachkochen.<br />
n LEBENSKRAFT<br />
START DER GROSSEN SERIE:<br />
UNSER IMMUNSYSTEM<br />
24 Teil 1: Wie funktioniert das Immunsystem?<br />
So kämpft unser Abwehrsystem gegen<br />
Viren, Bakterien und Pilze.<br />
18<br />
TCM – Essen im<br />
Rhythmus der<br />
Natur. Mit<br />
Rezepten!<br />
32 Starke Knochen<br />
Osteoporose muss nicht sein! Das<br />
können Sie für starke Knochen tun.<br />
36 Körpertemperatur<br />
Wann wird Fieber gefährlich?<br />
Was ist eine Unterkühlung?<br />
<strong>10</strong><br />
Raus aus der<br />
Stressfalle!<br />
So finden<br />
Sie zu mehr<br />
Gelassenheit.<br />
Impressum: GESUND & LEBEN in WIEN ist das offizielle <strong>Gesund</strong>heitsmagazin der Wiener Ärztekammer. Zielgruppe & Richtung des Magazins:<br />
<strong>Gesund</strong>heitsrelevante und wichtige medizinische Informationen für alle gesundheitsbewussten Wienerinnen und Wiener. Medieninhaber, Verlag,<br />
Redaktion: ÄrzteVerlag GmbH, <strong>10</strong>90 Wien, Währingerstraße 65. Herausgeber: Komm.-Rat Axel C. Moser, Mag. Philipp Ita. Mitglied der Geschäftsleitung:<br />
Petra Hubert-Schimek. Chefredakteur: Mag. Ralf Strobl. Chefin vom Dienst: Yesim Seiler. Artdirektion: DI Lissa Weissenbacher (Ltg.), Verena Ohnewas, BSc.<br />
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65. Hersteller: Druckerei Berger, 3580 Horn. Aboservice: Tel.: 01/961<strong>10</strong>00-230, abo@gesundundleben.at. Einzelpreis: Euro 2,40. Abopreis: Euro 19,90/Jahr.<br />
GESUND & LEBEN erscheint <strong>10</strong>x/Jahr. Seiten, die mit „Werbung“ oder „Advertorial“ gekennzeichnet sind, sind entgeltliche Einschaltungen gemäß §26 Mediengesetz.<br />
Alle Rechte vorbehalten, auch die Übernahme, vollständige oder auszugsweise Weiter- oder Wiedergabe, gem. §44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz.<br />
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201920021<br />
Österreicherinnen und Österreicher. P.b.b. Erscheinungsort: Wien. Verlagspostamt: <strong>10</strong>90 Wien. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz siehe<br />
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und/oder des Medieninhabers wieder. Für diese wird keine Haftung übernommen. Weiterführende Details finden Sie unter www.gesundundleben.at.<br />
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24<br />
Start der großen<br />
Serie über unser<br />
Immunsystem.<br />
38 <strong>Gesund</strong>e Augen – ein <strong>Leben</strong> lang<br />
Der große Ratgeber für Ihre<br />
Augengesundheit.<br />
42 Wunden richtig behandeln<br />
Was tun bei Schnittwunden?<br />
Wann muss ich zum Arzt?<br />
n LEBENSNAH<br />
46 <strong>Gesund</strong>e Haut im Herbst<br />
Ihre Hautpflege in der kalten Jahreszeit.<br />
50 <strong>Gesund</strong>heits-Kreuzworträtsel<br />
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FOTOS: ISTOCK_WILDPIXL_ ALENAPAULUS_TETIANA LAZUNOVA ;NINA MANDL; STEFAN SEELIG<br />
… WEIL DAS<br />
FACHWISSEN ZÄHLT<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER!<br />
Die letzten Wochen und damit der<br />
beginnende Herbst waren geprägt von<br />
außergewöhnlich warmem Wetter für<br />
diese Jahreszeit. Nichtsdestotrotz tut<br />
man gut daran, schon jetzt mit Blick<br />
auf die kalte Jahreszeit vorzusorgen. Um<br />
gesundheitlich gut durch die traditionell<br />
von Infektionskrankheiten geprägte Saison<br />
zu kommen, sollte man unbedingt die Influenza-<br />
und Corona-Impfung im Auge behalten:<br />
Wiens Ärztinnen und Ärzte informieren Sie<br />
hier zuverlässig.<br />
Rund um das Immunsystem kann<br />
man aber auch selbst mit kleinen Schritten<br />
viel erreichen: Kurze Übungen zum<br />
Stressabbau im hektischen Alltag oder<br />
ganz generell sogenannte <strong>Leben</strong>sstiladaptierungen<br />
wie mehr Bewegung zu<br />
machen: Gesünder geht immer!<br />
Um gleich beim Thema zu bleiben: Prävention<br />
ist viel mehr als eine lästige Pflicht, es<br />
ist eine Investition in Ihre langfristige <strong>Gesund</strong>heit.<br />
Daher erinnern wir an dieser Stelle gerne an die vielfältigen Früherkennungsprogramme<br />
und Vorsorgeuntersuchungen, die derzeit<br />
in Wiens <strong>Gesund</strong>heitslandschaft schon möglich sind und konstant<br />
weiter ausgebaut werden. Jedoch gibt es zum Beispiel beim neuen<br />
Darmkrebs-Screening-Programm, welches nach einer Pilotphase<br />
unter anderem in Wien auf ganz Österreich ausgerollt werden soll,<br />
noch Nachbesserungsbedarf. Es sieht vor, Patientinnen und Patienten<br />
eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Stuhl-Schnelltest<br />
und einer Darmspiegelung anzubieten. Dabei darf aber den Patientinnen<br />
und Patienten nicht eine falsche Gleichwertigkeit suggeriert<br />
werden. Was genau hier noch nachgebessert werden muss,<br />
lesen Sie auf Seite 7.<br />
Wir wünschen Ihnen jedenfalls eine interessante, informative und<br />
vielfältige Lektüre unserer Patientenzeitung, den vielleicht ein<br />
oder anderen für Sie wichtigen <strong>Gesund</strong>heitstipp und vor allem<br />
eines: Bleiben Sie gesund!<br />
n<br />
Herzlich<br />
Johannes Steinhart und Erik Randall Huber<br />
Präsident und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien<br />
EDITORIAL<br />
4 GESUND & LEBEN <strong>10</strong> /23<br />
5
DARMSPIEGELUNG ZUR<br />
DARMKREBS-VORSORGE<br />
Früherkennung und Entfernung von kleineren Polypen ist nur mithilfe<br />
einer Koloskopie möglich. Fokus des Screening-Programms darf daher<br />
nicht auf Stuhl-Schnelltests liegen, sondern auf der Darmspiegelung.<br />
Dr. Bonni Syeda<br />
„Darmkrebs ist eine Tumorform,<br />
bei der durch rechtzeitige Vorsorge<br />
das Auftreten von Tumorvorstufen<br />
erkannt und durch ihre Entfernung<br />
mittels Koloskopie Darmkrebs<br />
verhindert werden kann.“<br />
Dr. Erik Randall Huber,<br />
Obmann der Kurie<br />
niedergelassene Ärzte<br />
und Vizepräsident<br />
der Ärztekammer<br />
für Wien<br />
Dr. Bonni Syeda,<br />
Internistin und Obfrau<br />
der Sektion Fachärzte<br />
der Wiener<br />
Ärztekammer<br />
6 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
FOTOS: ISTOCK_ MI-VIRI; STEFAN SEELIG; PRIVAT BEIGESTELLT<br />
Die Wiener Ärztekammer begrüßt grundsätzlich<br />
das von der Bundesregierung<br />
angekündigte österreichweite Darmkrebs-Screening-Programm.<br />
Das Projekt,<br />
bei dem Wien eine von drei Pilotregionen<br />
sein soll, bevor es österreichweit ausgerollt wird,<br />
„kann aber nur dann nachhaltig funktionieren,<br />
wenn die Ärzteschaft bereits in der Planungsphase<br />
und klarerweise in der Umsetzungsphase<br />
aktiv eingebunden wird“, betont Dr. Erik Randall<br />
Huber, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien<br />
und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte. Im<br />
Gegensatz zum bestehenden Programm bietet<br />
das neue Darmkrebs-Screening-Programm den<br />
Patientinnen und Patienten eine Wahlmöglichkeit<br />
zwischen einem Stuhl-Schnelltest und einer<br />
Darmspiegelung. Dabei dürfe den Patientinnen<br />
und Patienten aber nicht eine falsche Gleichwertigkeit<br />
suggeriert werden.<br />
5.000 DARMKREBSFÄLLE PRO JAHR<br />
Etwa 5.000 Menschen in Österreich erkranken<br />
jährlich an Darmkrebs und mehr als die Hälfte<br />
davon stirbt an den Folgen dieser dritthäufigsten<br />
Krebserkrankung. „Darmkrebs ist aber eine<br />
Tumorform, bei der durch rechtzeitige Vorsorge<br />
das Auftreten von Tumorvorstufen erkannt und<br />
durch ihre Entfernung mittels Koloskopie Darmkrebs<br />
verhindert werden kann“, sagt Dr. Bonni<br />
Syeda, Internistin und Obfrau der Sektion Fachärzte<br />
der Wiener Ärztekammer. Derzeit nehmen<br />
österreichweit nur etwa 15 bis 20 Prozent der<br />
Menschen eine Vorsorgekoloskopie in Anspruch.<br />
Durch das geplante strukturierte Darmkrebs-<br />
Screening-Programm mit postalischen Einladungen<br />
könne diese Zahl hoffentlich gesteigert und<br />
die hohe Sterberate gesenkt werden.<br />
KOLOSKOPIE MIT VIELEN VORTEILEN<br />
Im Darmkrebs-Screening-Programm ist jedoch<br />
eine Wahlfreiheit zwischen einer Vorsorgekoloskopie<br />
und einem Stuhl-Schnelltest (FIT) durch<br />
den medizinischen Laien vorgesehen. „Wir sehen<br />
das kritisch, weil diese Schnelltests erst anschlagen,<br />
wenn ein Darmpolyp – eine Krebsvorstufe<br />
– in der Größe weit fortgeschritten und bereits<br />
Blut im Stuhl vorhanden ist. Hingegen können<br />
mit einer Vorsorge-Koloskopie bereits kleine Polypen<br />
in einem weit früheren Stadium im Rahmen<br />
der Untersuchung erkannt und gleich entfernt<br />
werden“, so Syeda. Weiters muss nach einem<br />
positiven Stuhlschnelltest erst recht wieder eine<br />
Koloskopie durchgeführt werden. Die dann zu<br />
entfernenden Darmpolypen sind aber weit größer<br />
und die Untersuchung ist mit mehr Zeitaufwand<br />
und größerem Untersuchungsrisiko verbunden.<br />
Für die Vorsorgekoloskopie ist zudem mittels qualitativ<br />
hochwertiger Studien nachgewiesen, dass<br />
die darmkrebsbedingte Sterblichkeit bei den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern gesenkt werden<br />
kann. Für den Stuhlschnelltest fehlt diese Evidenz.<br />
„Daher sollten den am Darmkrebs-Screening<br />
Programm teilnehmenden Menschen primär eine<br />
Vorsorge-Darmspiegelung angeboten werden<br />
und lediglich bei Gegenanzeigen der Stuhltest“, so<br />
Syeda. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass statt<br />
wie bisher eine tatsächliche Krebsvorsorge, künftig<br />
lediglich eine Krebs-Früherkennung erfolgen<br />
werde. Selbstverständlich seien alle niedergelassene<br />
Labormediziner und Endoskopiker in Wien<br />
bereit, am Screening-Programm sowie an der<br />
Abwicklung und Auswertung der Stuhl-Schnelltests<br />
mitzuwirken. Die Schnelltests sollten aber<br />
nicht nur über eine zentrale Stelle, sondern auch<br />
direkt in den Ordinationen der endoskopierenden<br />
Ärztinnen und Ärzte ausgewertet werden dürfen.<br />
Dann kann bei einem pathologischen Befund<br />
gleich die Planung einer Koloskopie eingeleitet<br />
werden. „Jedenfalls muss im Sinne einer Krebsvorsorge<br />
statt Krebs-Früherkennung der Schwerpunkt<br />
des Vorsorgeprogramms auf der Koloskopie<br />
liegen und nicht beim Stuhl-Schnelltest. Wir sind<br />
auch gerne bereit, unsere Expertise in das Projekt<br />
einzubringen und als Projektpartner aufgenommen<br />
zu werden“, so Huber abschließend. n<br />
7
FOTOS: ISTOCK_GIRAFCHIK123_ LITTLEBEE80 ; STEFAN SEELIG_ OLIVER TOPF<br />
KEIN<br />
Ärztekammer für Wien<br />
startet mit neuen<br />
Initiativen gegen<br />
Sexismus und zur<br />
Schaffung von<br />
Awareness.<br />
I<br />
SEXISMUS<br />
IN DER MEDIZIN!<br />
n einem Artikel in der Zeitung „Die Presse“ (Online-Version vom 19.08.23) beschreiben<br />
Dr. Anna-Christina Kichler, stellvertretende Obfrau Sektion Turnusärzte der Ärztekammer<br />
für Wien, Antonia Greb und Julia Harl, 1. und 2. Leiterin des Referats für Frauenpolitik<br />
der Ärztekammer für Wien, gemeinsam mit vier weiteren Kolleginnen ein erschütterndes<br />
System aus strukturellem Sexismus und stark hierarchisch geprägten Krankenhausorganisationen<br />
in Österreich mit männlich dominierten Machtverhältnissen. Darunter fallen<br />
offensichtlich unzulässige Vorgehensweisen wie z. B. Fragen nach der Familienplanung<br />
von Bewerberinnen oder auch Grenzüberschreitungen im Graubereich, die zwar nicht<br />
strafbar sind, von den Betroffenen aber nur selten zur Sprache gebracht werden. Das<br />
wollen die Ärztinnen ändern.<br />
STRUKTURELLER SEXISMUS<br />
„Struktureller Sexismus im Spital, in der Medizin generell, ist ein großes Problem,<br />
über das bislang laut geschwiegen wurde. Jede und jeder im <strong>Gesund</strong>heitssystem<br />
kennt derartige Vorfälle, doch aufgrund fehlender Sanktionsmechanismen passiert<br />
oft nichts. Deshalb wollen wir endlich Awareness schaffen und den Weg für eine<br />
Verbesserung innerhalb dieses Systems bereiten“, sagt Kichler. Harl betont: „Sexistische<br />
Verhaltensmuster im <strong>Gesund</strong>heitssystem sind tief verankert und zeigen sich in<br />
verschiedensten Formen, beispielsweise auch gegenüber Müttern bzw. werdenden<br />
Müttern. Ein Ausfall durch Schwangerschaft ist für viele Vorgesetzte leider immer<br />
noch Anlass, engagierte Ärztinnen niederzumachen.“<br />
Die drei Funktionärinnen wollen die bestehende Meldestelle des frauenpolitischen<br />
Referats in der Ärztekammer für Wien ausbauen. „Es geht auch darum, Kolleginnen<br />
zu zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, Übertritte zu melden – unter der Garantie,<br />
dass der eigene Name anonym bleibt. Viele wissen das gar nicht“, sagt Greb. Unter<br />
der E-Mail-Adresse ombuds-stelle@aekwien.at besteht die Möglichkeit der Meldung<br />
entsprechender Vorfälle in den Bereichen Sexismus, Mobbing, Gewalt, Rassismus<br />
und Diskriminierung.<br />
Greb weiter: „Wichtig ist uns, dass die Meldestelle aufgewertet wird und es nicht<br />
nur darum geht, Fälle zu kommunizieren, sondern auch konkret Hilfestellungen anzubieten.“<br />
Die drei Frauen weisen zudem auf die Netzwerktreffen der Reihe<br />
„Ärztinnen:Connect“ des Referats für Frauenpolitik der Ärztekammer Wien hin. n<br />
Dr. Anna-Christina Kichler,<br />
stellvertretende Obfrau<br />
Sektion Turnusärzte der<br />
Ärztekammer für Wien<br />
Dr. Antonia Greb,<br />
1. Leiterin des Referats<br />
für Frauenpolitik der<br />
Ärztekammer für Wien<br />
Dr. Julia Harl,<br />
2. Leiterin des Referats<br />
für Frauenpolitik der<br />
Ärztekammer für Wien<br />
Dr. Thomas Holzgruber,<br />
Patientenombudsmann der<br />
Ärztekammer für Wien<br />
Thomas Holzgruber:<br />
Dr. Thomas Holzgruber ist neuer Patientenombudsmann der<br />
Ärztekammer für Wien. Er folgt damit Dr. Franz<br />
Bittner nach, der nach mehr als zehnjähriger<br />
Tätigkeit sein Amt mit 31. August<br />
<strong>2023</strong> zurückgelegt hat. Holzgruber<br />
wird seine neue Aufgabe neben<br />
seiner Tätigkeit als Generalsekretär<br />
der Ärztekammer für Wien<br />
erfüllen.<br />
Die Position eines Patientenombudsmanns<br />
in Wien<br />
wurde von der Ärztekammer<br />
im Frühjahr 2013 geschaffen. Zu<br />
den Hauptaufgaben gehören die<br />
Entgegenname und Bearbeitung<br />
von Patientenbeschwerden sowie die<br />
Erteilung von Auskünften gegenüber<br />
Patientinnen und Patienten. Insbesondere<br />
betrifft das die Vermittlung bei Konflikten mit<br />
Wiener Ärztinnen und Ärzten, Wiener <strong>Gesund</strong>heitseinrichtungen<br />
und Spitälern, das Nachgehen von Patientenbeschwerden<br />
mit dem Versuch, Konfliktsituationen zu bereinigen<br />
sowie die Aufklärung von Missverständnissen, Mängeln<br />
und Missständen.<br />
SCHNITTSTELLE ZWISCHEN ÄRZTINNEN, ÄRZTEN SO-<br />
WIE PARIENTINNEN UND PATIENTEN<br />
Holzgruber will gemäß diesen Richtlinien die erfolgreiche<br />
Arbeit Bittners fortsetzen und als Schnittstelle zwischen Ärztinnen<br />
und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten – in<br />
enger Kooperation mit der Wiener Pflege-, Patientinnenund<br />
Patientenanwaltschaft – fungieren. „Mir geht es darum,<br />
Patientenbeschwerden effizient zu bearbeiten, mit dem Versuch,<br />
individuelle Lösungen im Sinne der Patientinnen und<br />
IHR NEUER PATIENTENOMBUDSMANN<br />
Individuelle<br />
Lösungen im Sinne<br />
der Patientinnen<br />
und Patienten –<br />
Gute Kommunikationsund<br />
Kooperationsbasis<br />
mit allen<br />
Stakeholdern.<br />
Patienten zu erzielen sowie Abläufe im <strong>Gesund</strong>heitssystem<br />
zu erklären“, so Holzgruber.<br />
Eine gute Kommunikations- und Kooperationsbasis<br />
mit allen Stakeholdern im <strong>Gesund</strong>heitsbereich<br />
ist Holzgruber wichtig. Er werde dabei immer<br />
die Anliegen der Patientinnen und Patienten<br />
im Auge behalten, „insbesondere in Zeiten<br />
immer knapper werdender Ressourcen<br />
und Engpässen in der medizinischen<br />
Versorgung.“ In diesem Sinne will er<br />
auch fortsetzen, was sein Vorgänger<br />
Franz Bittner „in vorbildlicher Weise“<br />
aufgebaut hat. Holzgruber: „Ihm kann<br />
man nicht genug danken<br />
„Franz Bittner kann man nicht<br />
genug dafür danken, was er in den<br />
letzten zehn Jahren in Wien für die<br />
Anliegen der Patientinnen und<br />
Patienten geleistet hat.“<br />
Dr. Thomas Holzgruber über<br />
seinen Vorgänger Franz Bittner<br />
dafür, was er in den letzten zehn Jahren in Wien für die Anliegen<br />
der Patientinnen und Patienten geleistet hat.“<br />
ZWEI DRITTEL DER FÄLLE WERDEN POSITIV ERLEDIGT<br />
Die Patientenombudsstelle der Ärztekammer für Wien bearbeitet<br />
jährlich zwischen 2.500 und 3.000 Fälle. Erfreulich ist,<br />
dass zwei Drittel der eingelangten Fälle im Sinne der Patientinnen<br />
und Patienten positiv erledigt werden können.<br />
Einer Vielzahl von Beschwerden liegen Kommunikationsprobleme<br />
zugrunde. Generell lässt sich eine Zunahme der<br />
Beschwerden mit unterschiedlichsten Inhalten verzeichnen,<br />
wobei auch festzuhalten ist, dass die Patientenombudsstelle<br />
nicht nur mit Beschwerden über Ordinationen und Institute<br />
befasst wird. Eine große Anzahl an Beschwerden betrifft<br />
auch Spitäler, die Sozialversicherung sowie den Sozialbereich<br />
schlechthin.<br />
n<br />
Ihr persönlicher Kontakt zum<br />
Patient*innenombudsmann:<br />
www.patientenombudsmann-wien.at/<br />
8 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
9
STRESS<br />
Eine gewisse Dosis<br />
Stress gehört zum Alltag.<br />
Problematisch wird es,<br />
wenn Stress zu stark wird,<br />
chronisch anhält und<br />
Erholungsphasen fehlen.<br />
GESUND & LEBEN<br />
erläutert, wie wir<br />
die Stressspirale<br />
durchbrechen, in<br />
Stresssituationen<br />
blitzschnell entspannen<br />
und Stress durch gezieltes<br />
Stressmanagement im<br />
Alltag reduzieren<br />
können.<br />
STRESSMANAGEMENT<br />
lass<br />
nach!<br />
FOTOS: ISTOCK_IANTONIOGUILLEM<br />
<strong>10</strong> GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
11
STRESSMANAGEMENT<br />
STRESS<br />
frei!<br />
Mit diesen Übungen wird der Stress in kurzer Zeit abgebaut.<br />
Einfach einmal ausprobieren!<br />
ie Hände beginnen zu schwitzen, das Herz zu<br />
rasen, die Atmung wird schneller und flacher.<br />
Mit diesen und weiteren körperlichen Symptomen<br />
macht sich ein Gefühl bemerkbar, dass wir<br />
alle kennen: Stress. Ein Schlagwort unserer heutigen<br />
Zeit, die durch Leistungsdruck, ständige<br />
Erreichbarkeit und Reizüberflutung geprägt<br />
ist. Ganz entgehen kann man Stresssituationen<br />
nicht; in gewissem Maße gehört Stress auch<br />
zu unserem <strong>Leben</strong> und kann bei hoher Belastung<br />
dazu beitragen, Herausforderungen besser<br />
meistern zu können. „Problematisch wird<br />
es, wenn der erlebte Stress zu stark wird, wenn<br />
er zu lange anhält und wenn Ressourcen, die<br />
unser Körper verbraucht hat, nicht mehr aufgefüllt<br />
werden können“, erläutert Eva Asselmann,<br />
Professorin für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie<br />
an der HMU Health and Medical<br />
University in Potsdam (D). Wie man dem<br />
entgegenwirken kann, beschreibt die Expertin<br />
in ihrem Ratgeber „Easy Relax“. „Ziel des Buches<br />
ist es, Menschen eine Methode zu vermitteln,<br />
mit der sie blitzschnell direkt in der Stresssituation<br />
entspannen können.“<br />
CHRONISCHER STRESS MACHT KRANK<br />
Dafür erläutert die Psychologin zunächst die<br />
Hintergründe von Stress – die unseren Vorfahren<br />
ursprünglich das Überleben sicherten.<br />
Denn bei Stress mobilisiert der Körper all seine<br />
Kräfte und stellt durch Reaktionen wie die stärkere<br />
Durchblutung der Organe, die Anspannung<br />
der Muskeln und die schnellere Atmung<br />
sicher, in lebensbedrohlichen Situationen<br />
schnell reagieren zu können. Früher bedeutete<br />
dies, bei Angriffen von gefährlichen Tieren<br />
oder fremden Stämmen zu kämpfen oder die<br />
Flucht ergreifen zu können. Der Stress, der uns<br />
heute plagt, ist jedoch nicht mehr unmittelbar<br />
lebensgefährlich und Reaktionen wie Flucht<br />
oder Kampf stehen meist nicht zur Auswahl,<br />
wenn etwa die Führungskraft brüllt, Kundinnen<br />
und Kunden genervt vor unserem Schalter<br />
stehen oder der Mix aus beruflichen und familiären<br />
Anforderungen schlichtweg zu viel wird.<br />
Dazu kommt, dass früher Phasen von extremer<br />
12<br />
„Heute ist es<br />
viel schwerer,<br />
sich von<br />
stressigen<br />
Situationen zu<br />
erholen, da wir<br />
konstant von<br />
Reizen überflutet<br />
werden.<br />
Prof. Dr. Eva Asselmann,<br />
Professorin für<br />
Differentielle und<br />
Persönlichkeitspsychologie<br />
an der Health and<br />
Medical University<br />
Potsdam,<br />
Deutschland.<br />
Anspannung von Phasen der Entspannung<br />
abgelöst werden. „Heute ist es viel schwerer,<br />
sich von stressigen Situationen zu erholen, da<br />
wir konstant von Reizen überflutet werden“,<br />
so Asselmann. Die Gefahr dabei: Konstanter<br />
Stress kann chronisch werden und gefährliche<br />
körperliche Folgen haben. Wird der körperliche<br />
Stress nicht durch Entspannungsphasen<br />
abgebaut, kann er ernsthafte Erkrankungen wie<br />
Bluthochdruck, Herzinfarkte, Schlaganfälle,<br />
Diabetes oder Verdauungsstörungen auslösen.<br />
Auch die unangenehme Reizdarm-Erkrankung<br />
kann durch Stress ausgelöst bzw. dadurch verstärkt<br />
werden. Doch nicht nur die körperliche,<br />
sondern auch die psychische <strong>Gesund</strong>heit leidet,<br />
denn chronischer Stress kann wissenschaftlich<br />
belegt zu Depressionen, Angsterkrankungen,<br />
Substanzabhängigkeiten oder Burn-out führen.<br />
DEN TEUFELSKREIS DURCHBRECHEN<br />
„Umso wichtiger ist es, Strategien zur Hand zu<br />
haben, um mit Stresssymptomen richtig umzugehen<br />
und die Stressspirale durchbrechen zu<br />
können“, erläutert Asselmann. Stress wirkt sich<br />
nicht nur auf den Körper, sondern auch auf<br />
unsere Gedanken, Gefühle und unser Verhalten<br />
aus. „Ein Beispiel wäre, dass man in einer Stress-<br />
FOTOS: ISTOCK_ ALENAPAULUS; JENS GYARMATY<br />
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Ein Wellness-Trip nach<br />
Slowenien verspricht die<br />
perfekte Kombination aus<br />
Action pur & Entspannung.<br />
In Slowenien ist die Leidenschaft<br />
für den Sport auf Schritt und Tritt<br />
zu spüren. Selbst in den Wellness-<br />
Resorts, wo eigentlich „Dolce far<br />
niente” angesagt ist, kann man so<br />
richtig loslegen und bei Action in<br />
freier Natur seine Kräfte erproben.<br />
Professionell geleitete Workouts an<br />
der frischen Luft oder Streifzüge durch<br />
die Umgebung und sind mittlerweile<br />
Teil eines jeden Kurerlebnisses.<br />
Yoga mit Blick aufs Meer hat in<br />
Portorož längs schon Tradition,<br />
Forest Bathing und Meditation unter<br />
Kurze Muskelentspannung<br />
Im ersten Schritt können Sie Ihr Bewusstsein dafür schärfen, wie sich der Unterschied<br />
zwischen angespannten und entspannten Muskeln anfühlt – ein Gefühl,<br />
das im Dauerstress schnell verloren geht. Schließen Sie dafür die Augen und<br />
atmen Sie tief durch. Gehen Sie die verschiedenen<br />
Muskelpartien Ihres Körpers von oben bis<br />
unten gedanklich durch. Versuchen Sie<br />
dabei, nach und nach die Muskeln in<br />
den einzelnen Körperteilen (z. B.<br />
den Armen) für einige Sekunden<br />
leicht anzuspannen und wieder<br />
zu entspannen. Bis Sie mit dem<br />
gesamten Körper durch sind<br />
und sich alle Muskelpartien<br />
entspannt anfühlen, vergehen<br />
zu Beginn mit Sicherheit<br />
zehn Minuten. Diese Technik<br />
lässt sich mit viel Übung<br />
abkürzen, bis Entspannung<br />
in Sekundenschnelle gelingt.<br />
DURCHATMEN ODER DURCHSTARTEN? BEIDES!<br />
freiem Himmel gehören in Dolenjske<br />
Toplice Spa Resort zum Programm.<br />
In Dobrna schließen die Wanderwege<br />
direkt an den mit altem Baumbestand<br />
bepflanzten Kurpark an. Sie führen<br />
zu attraktiven Zielen wie einer Höhle<br />
im Karst oder einem Gehöft mit alter<br />
Rauchkuchl. Und keine 15 Kilometer<br />
vom Resort entfernt lässt es sich am<br />
Velenjsko jezero wunderbar mit dem<br />
SUP über den See gleiten.<br />
Vier Schätze aus der Apotheke der<br />
Natur erwarten Gäste in der Therme<br />
Zreče: Neben dem Thermalwasser<br />
sorgen hier alpines Reizklima, Torf und<br />
Vulkanschlamm für gute Kurerfolge.<br />
Geführte Wanderungen zu den<br />
Lovrenška Seen, ein Baumwipfelpfad<br />
und andere Outdoor-Angebote im<br />
Sportzentrum Rogla (1517 m) sorgen<br />
für Abwechslung.<br />
Schnelle<br />
Atementspannung<br />
Sind wir gestresst, atmen wir<br />
schneller und flacher. Den Fokus bewusst<br />
auf die Atmung zu lenken und langsam tief einund<br />
auszuatmen, kann Stress merklich reduzieren.<br />
Noch besser funktioniert es mit einem Entspannungswort<br />
– einem Begriff, den man persönlich mit Entspannung<br />
verbindet, zum Beispiel „Meeresrauschen“ oder<br />
„Sonnenuntergang“. Nun bewusst und tief in den Bauch einatmen<br />
und dabei „Einatmen“ denken, beim Ausatmen das<br />
Entspannungswort gedanklich formulieren, die Luft wieder<br />
aus dem Körper fließen lassen und bewusst wahrnehmen,<br />
wie die Entspannung immer weiter zunimmt.<br />
Die neue Trendsportart „Piloxing”<br />
bildet neuerdings einen Schwerpunkt<br />
in der Therme Šmarješke Toplice.<br />
Sie verbindet die Kraft, Schnelligkeit<br />
und <strong>Leben</strong>digkeit des Boxsports mit<br />
entspannten Tanzbewegungen und<br />
Pilateselementen und ist deshalb sehr<br />
beliebt.<br />
Ob in der Halle oder im Fitnessstudio,<br />
in der Therme Olimia wird jede<br />
Sportart groß geschrieben. Golfern<br />
verlangt der nur 2 Kilometer entfernte<br />
GC Olimje viel technisches Können<br />
ab. Ptuj, die ältesten Stadt Sloweniens,<br />
punktet nicht nur mit einer Therme,<br />
die zu den größten Badelandschaften<br />
des Landes gehört, sondern auch mit<br />
einem Golfplatz, der für seine vielen<br />
Wasserhindernisse, engen Fairways<br />
und schnellen Greens geschätzt wird.<br />
Auch die „Terme 3000” in Moravske<br />
Toplice zieht sportbegeisterte Kurgäste<br />
an. Der 18-Loch GC „Livada”<br />
breitet sich im pannonischen Flachland<br />
aus und ist aber dennoch nicht zu<br />
unterschätzen. Und noch ein Tipp, die<br />
geheimnisvolle Landschaft von Prekmurje<br />
lässt sich am besten mit dem<br />
Fahrrad erkunden! Genuss pur!<br />
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Slowenisches<br />
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• T: +43 1 715 40 <strong>10</strong><br />
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STRESSMANAGEMENT<br />
GESUND<br />
MIT IHRER<br />
WIENER APOTHEKE<br />
situation denkt: ‚Das schaffe ich nicht, das überfordert<br />
mich total.‘ Gleichzeitig merkt man, wie das<br />
Herz rast, der Magen flau wird und Gefühle von<br />
Angst und Ärger hochkommen. Als Reaktion darauf<br />
rennt man vielleicht raus und raucht erstmal<br />
eine Zigarette, wodurch der Stress langfristig nicht<br />
abflaut, sondern eher stärker wird“, beschreibt<br />
die Psychologin. „Diese vier Ebenen – Körper,<br />
Gedanken, Emotionen und Verhalten – existieren<br />
nicht losgelöst voneinander, sondern<br />
hängen zusammen. Durch körper-<br />
lichen Stress denke und verhalte<br />
ich mich auch negativer und<br />
fühle mich in der Konsequenz<br />
immer schlechter.“<br />
Ein Teufelskreis, den es zu<br />
durchbrechen gilt. Hier<br />
setzt Eva Asselmanns<br />
n BUCHTIPP<br />
Eva Asselmann<br />
EASY RELAX.<br />
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der Österreicher<br />
(Fast) dauerhaft<br />
Häufig<br />
Hin und wieder<br />
Selten<br />
Gemeinsam:<br />
(Fast) dauerhaft, Häufig, Hin und wieder)<br />
Wie häufig fühlen Sie sich ganz generell<br />
gestresst in Ihrem <strong>Leben</strong>?<br />
0 %<br />
Technik der Blitzentspannung „Easy Relax“ an, die<br />
in nur 20 Sekunden für mehr Ruhe und Gelassenheit<br />
sorgt. Sie basiert auf der Methode der Angewandten<br />
Entspannung, die ursprünglich vom<br />
schwedischen Psychologie-Professor Lars-Göran<br />
Öst zur Behandlung von Angststörungen entwickelt<br />
wurde. „Menschen mit starken Ängsten und<br />
Sorgen sind häufig dauerhaft angespannt und<br />
gestresst. Wir wollten testen, ob die Methode auch<br />
psychisch gesunden Personen bei Alltagsstress<br />
hilft“, erläutert Asselmann den Hintergrund. Hierzu<br />
wurden 277 Personen mit erhöhten Stress-, Angstoder<br />
depressiven Symptomen per Zufall einer<br />
Interventionsgruppe und einer Kontrollgruppe<br />
<strong>10</strong> %<br />
20 %<br />
30 %<br />
40 %<br />
50 %<br />
zugeteilt. Nur die Interventionsgruppe erhielt ein<br />
zehnwöchiges Training, um die Easy-Relax-Technik<br />
zu erlernen. Die Teilnehmenden nahmen vor<br />
und nach dem Training sowie ein Jahr später an<br />
umfangreichen Erhebungen teil, bei denen ihre<br />
mentale und körperliche <strong>Gesund</strong>heit untersucht<br />
wurde. Das Ergebnis: Die Technik wirkte – in der<br />
Interventionsgruppe nahmen Stress, Ängste,<br />
depressive Symptome, Ärger, psychosomatische<br />
Beschwerden und Schlafprobleme stärker ab als in<br />
der Kontrollgruppe.<br />
8,9 %<br />
33,5 %<br />
41,9 %<br />
15,6 %<br />
84,3 %<br />
IN ACHT WOCHEN ZU WENIGER<br />
STRESS<br />
Auch wenn man am Ende des Programms<br />
in kurzen 20 Sekunden<br />
entspannen kann: Die Methode zu<br />
erlernen, benötigt etwas Zeit. „Ich<br />
vergleiche es gerne<br />
mit Autofahren.<br />
Zunächst müssen wir<br />
Fahrstunden nehmen,<br />
aber mit zunehmender<br />
Übung automatisieren<br />
wir die einzelnen<br />
Abfolgen beim<br />
Fahren.“ Genauso<br />
funktioniere auch das<br />
Entspannungstraining.<br />
„Dabei wird Entspannung<br />
zunächst<br />
in Ruhe geübt, stufenweise<br />
abgekürzt<br />
und schließlich in<br />
den hektischen Alltag<br />
übertragen“, so die<br />
Psychologin. Grundlage<br />
von Easy Relax ist<br />
die sogenannte progressive<br />
Muskelentspannung,<br />
die vom<br />
amerikanischen Arzt<br />
Edmund Jacobson<br />
bereits 1929 entwickelt<br />
wurde. Bei dieser Methode geht es darum,<br />
die einzelnen Muskelgruppen des Körpers nacheinander<br />
erst kurz anzuspannen und dann wieder<br />
zu entspannen, wodurch ein Zustand intensiver<br />
Tiefenentspannung entsteht. In ihrem Buch führt<br />
Asselmann durch die Technik, die etwa 15 bis 20<br />
Minuten in Anspruch nimmt, und rät dazu, diese<br />
mindestens eine Woche lang zwei Mal täglich zu<br />
üben. Im nächsten Schritt geht es um die Entspannung<br />
der einzelnen Muskelgruppen ohne vorherige<br />
Anspannung, die bereits in etwa fünf Minuten<br />
zu einem entspannten Zustand führt. Auch diese<br />
Übung sollte eine Woche lang mindestens drei Mal<br />
täglich durchgeführt werden. In Woche drei lernt<br />
60 %<br />
70 %<br />
80 %<br />
80 %<br />
<strong>10</strong>0 %<br />
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HILFE AUS DER APOTHEKE<br />
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Priv.-Doz. DDr.<br />
Philipp Saiko, Präsident,<br />
& Mag. pharm. Susanne<br />
Ergott-Badawi, Vizepräsidentin<br />
Apothekerkammer Wien<br />
Unser Immunsystem ist in der kalten Jahreszeit einer<br />
starken Belastungsprobe ausgesetzt. Um Erkältungskrankheiten<br />
und Infekte erfolgreich abzuwehren, sollten<br />
Sie Ihre Abwehrkräfte rechtzeitig gezielt stärken –<br />
am besten durch ausreichend Schlaf, Bewegung an der<br />
frischen Luft sowie einer vitamin- und mineralstoffreichen<br />
Ernährung. Vitamin C ist eines der wichtigsten Vitamine zur<br />
Unterstützung unseres Immunsystems. Neben Vitamin C helfen<br />
auch Vitamin D sowie Zink und Selen – letztere zählen zu<br />
den wichtigen Spurenelementen im Kampf gegen Infektionen.<br />
Zudem gibt es eine Vielzahl an traditionellen pflanzlichen Präparaten,<br />
die vor allem in Form von Tropfen, Säften, Tabletten<br />
oder als Tee die Abwehrkräfte stärken. Neben Extrakten aus<br />
dem roten Sonnenhut (Echinacea purpurea), haben sich außerdem<br />
Extrakte der schwarzen Holunderbeere (Sambucus<br />
nigra ) oder der Zistrose (Cistus) bewährt.<br />
Achten Sie auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr,<br />
um Ihre Schleimhäute feucht zu halten! Greifen Sie dafür am<br />
besten zu Wasser oder hochwertigen Tees aus der Apotheke.<br />
Zwischen 1.5 und 2 Liter täglich sollten es mindestens sein.<br />
Welche Tees in der kalten Jahreszeit wohltuend sind, verraten<br />
Ihnen Ihre Apothekerinnen und Apotheker in einem persönlichen<br />
Gespräch.<br />
Die Nasenschleimhaut braucht ebenfalls Feuchtigkeit, da<br />
sie sonst ihre Schutzfunktion nicht erfüllen kann. Pflegende<br />
Nasensprays und Nasenduschen sowie eine ausreichende<br />
Luftfeuchtigkeit in den Innenräumen beugen einer trockenen<br />
Nasenschleimhaut vor.<br />
GESUND UND FIT<br />
DURCH DIE KALTE<br />
JAHRESZEIT<br />
MIT<br />
IMPFUNGEN<br />
VORSORGEN<br />
Vergessen Sie nicht auf die jährliche Influenzaimpfung! Sie<br />
wird prinzipiell allen Personen empfohlen, ganz besonders aber<br />
Menschen ab dem 60. <strong>Leben</strong>sjahr und Personen mit chronischen<br />
Erkrankungen.<br />
Gegen Pneumokokken gibt es ebenfalls eine Schutzimpfung.<br />
Dabei handelt es sich um Bakterien, die<br />
Erkrankungen wie Lungenentzündungen, Mittelohrentzündungen<br />
oder Gehirnhautentzündungen<br />
hervorrufen können. Betroffen sind vor allem<br />
Säuglinge und Kleinkinder, ältere Menschen,<br />
chronisch Kranke sowie Personen mit einem<br />
geschwächten Immunsystem.<br />
STRESS MEIDEN<br />
Stress kann neben anderen psychischen Faktoren einen negativen<br />
Effekt auf das Immunsystem haben. All jene, die unter<br />
Dauerstress stehen, sollten sich daher unbedingt Ruhephasen<br />
gönnen und versuchen, Stress auszugleichen. B-Vitamine<br />
oder traditionell pflanzliche Arzneimittel aus der sibirischen<br />
Ginsengwurzel (Eleutherococcus senticosus) sowie der Rosenwurz<br />
(Rhodiola rosea) können bei Müdigkeit, Kraftlosigkeit und<br />
Erschöpfungszuständen helfen. Welches Präparat speziell für<br />
Sie geeignet ist und was Sie bei der Einnahme beachten müssen,<br />
erfahren Sie in Ihrer Apotheke ums Eck.<br />
Auch manche Medikamente, wie beispielsweise Antibiotika<br />
oder eine Chemotherapie, können das Immunsystem beeinträchtigen.<br />
Besprechen Sie daher am besten mit Ihrer Apothekerin<br />
oder Ihrem Apotheker persönlich, wie Sie Ihre Abwehrkräfte<br />
nachhaltig stärken können.<br />
<br />
14 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
15
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Österreichisches Medizinprodukt: Gebrauchsanweisung beachten.<br />
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Im Gespräch verrät Prof. Dr. Eva Asselmann, wie sich<br />
Stresssituationen mit gutem Stressmanagement entschärfen<br />
lassen, welche Rolle die richtige Einstellung<br />
spielt und warum es nicht das Ziel sein sollte, nie wieder<br />
Stress im <strong>Leben</strong> haben zu wollen.<br />
Frau Prof. Dr. Asselmann, wie gelingt es in unserer<br />
leistungsorientierten Zeit, Stress zu reduzieren?<br />
Durch gezieltes Stressmanagement, das auf drei Säulen<br />
basiert. Zunächst geht es um clevere Alltagsorganisation:<br />
Zum Beispiel kann man überlegen, welche Aufgaben<br />
man abgeben oder delegieren könnte oder wie sich<br />
Arbeitsabläufe sinnvoller gestalten lassen – etwa durch mehr<br />
Puffer, Pausen oder frühzeitige Planung.<br />
Welche Rolle spielt die zweite, die gedankliche, Ebene?<br />
Häufig ist die Situation die eine Sache, die andere ist, wie wir auf sie reagieren.<br />
Bestimmte Gedanken und Einstellungen verschärfen Gefühle von<br />
Stress. Dazu gehören Überzeugungen wie perfekt sein zu müssen und keine<br />
Fehler machen zu dürfen oder dass wir nur stark sind, wenn wir alles alleine<br />
machen und niemanden um Unterstützung bitten. Wenn wir so durch den<br />
Alltag gehen, kann uns eine Stresssituation schnell um den Verstand bringen.<br />
Um mich in herausfordernden Situationen weniger unter Druck zu setzen,<br />
kann ich versuchen, derartige Gedankenmuster bewusst zu erkennen<br />
und aktiv zu verändern.<br />
Die dritte Säule setzt auf Entspannung und Regeneration …<br />
Genau. Dazu gehören sowohl Methoden zur kurzfristigen Entspannung in<br />
Stresssituationen, etwa Easy Relax, als auch Strategien zur langfristigen Erholung.<br />
Zum Beispiel ist es wichtig, nach Feierabend und am Wochenende<br />
abschalten zu können, Zeit für Urlaube einzuplanen und genügend Pausen<br />
in den Alltag zu inkludieren, in denen ich meine Batterie wieder aufladen<br />
kann.<br />
Was kann ich machen, wenn ich merke, dass es gerade in allen<br />
<strong>Leben</strong>sbereichen zu viel wird?<br />
Wenn einem alles über den Kopf wächst, kann es hilfreich sein, einen Schritt<br />
zurückzutreten und sich zu überlegen: „Was ist mir eigentlich wichtig im <strong>Leben</strong>?<br />
Was sind meine<br />
„ES IST WICHTIG,<br />
AUF DIE SYMPTOME<br />
ZU HÖREN!“<br />
wesentlichen Werte<br />
und Ziele? Was macht<br />
ein sinnerfülltes <strong>Leben</strong><br />
für mich aus?“ Im<br />
nächsten Schritt kann<br />
man dann überlegen,<br />
wie sich das <strong>Leben</strong><br />
mehr nach den eigenen Werten ausrichten lässt, wo man Prioritäten setzen<br />
und wo kürzertreten kann.<br />
Stresst Sie persönlich noch etwas?<br />
Natürlich wende ich die Entspannungsmethode auch selbst an und finde<br />
sie sehr hilfreich. Nichtsdestotrotz wächst auch mir mein Alltag manchmal<br />
über den Kopf. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt: Man sollte sich nicht<br />
zum Ziel setzen, nie wieder Stress, Angst oder negative Gedanken haben zu<br />
wollen, denn sie gehören zum <strong>Leben</strong> dazu. Stress ist wichtig, denn er signalisiert<br />
uns: „Achtung, jetzt wird es zu viel.“ Anstatt Stress zu verteufeln und<br />
wegdrücken zu wollen, geht es eher darum, einen guten Umgang mit ihm zu<br />
finden, sodass wir an Herausforderungen nicht zerbrechen, sondern daran<br />
wachsen.<br />
n<br />
FOTOS: ISTOCK_ ALENAPAULUS<br />
„Viele Menschen<br />
bemerken erst, dass sie<br />
gestresst sind, wenn sie<br />
schon fix und fertig sind.<br />
Entsprechend geht es<br />
darum, frühe<br />
Stresssymptome besser<br />
wahrzunehmen.“<br />
STRESSMANAGEMENT<br />
man, mindestens acht Mal täglich im Rhythmus<br />
der eigenen Atmung zu entspannen. Mit<br />
der Atementspannung lässt sich bereits in zwei<br />
bis drei Minuten ein Ruhezustand erreichen.<br />
Das bisher Erlernte wird in der vierten Woche<br />
im Alltag umgesetzt – etwa im Sitzen, im Gehen<br />
oder bei einfachen Tätigkeiten – und in Woche<br />
fünf auf die 20 sekundenlange Blitzentspannung<br />
reduziert. Um diese Blitzentspannung<br />
auch in Stresssituationen erfolgreich einsetzen<br />
zu können, übt man in Woche sechs zunächst<br />
in imaginierten Stresssituationen zu entspannen<br />
und stellt sich dafür etwa eine schwierige<br />
Präsentation oder eine große Prüfung vor. Im<br />
letzten Schritt geht es dann darum, die Blitzentspannung<br />
in tatsächlichen Stresssituationen im<br />
Alltag einzusetzen. „Das Training endet damit,<br />
eine Zwischenbilanz zu ziehen“, so Asselmann.<br />
Welche Erfolge konnten mit der Blitzentspannung<br />
erreicht werden, wo könnte man die Technik<br />
in den kommenden Wochen und Monaten<br />
einsetzen?<br />
EIGENE MUSTER ERKENNEN<br />
Das Training wird durch ein Entspannungs- und<br />
ein Stress-Tagebuch ergänzt, beide sollen während<br />
des Erlernens der Methode geführt werden.<br />
In ersterem werden Erfolge, die sich durch<br />
das Entspannungstraining eingestellt haben,<br />
festgehalten, in letzterem typische Stresssituationen<br />
notiert, um herauszufinden, mit welchen<br />
körperlichen Empfindungen, Gedanken<br />
und Gefühlen sich Stress individuell ankündigt.<br />
„Stress frühzeitig im Alltag zu erkennen ist ein<br />
wichtiger Teil des Trainingsprogramms“, erklärt<br />
die Expertin. „Entspannung<br />
ist vor allem dann<br />
effektiv, wenn wir sie<br />
frühzeitig bei den allerersten<br />
Anzeichen von<br />
Stress im Alltag einsetzen.<br />
Viele Menschen<br />
bemerken aber erst,<br />
dass sie gestresst sind,<br />
wenn sie schon fix und<br />
fertig sind. Entsprechend<br />
geht es darum,<br />
frühe Stresssymptome<br />
besser wahrzunehmen.“<br />
Wer persönliche<br />
Stressfallen erkennt,<br />
kann sie durch clevere<br />
Alltagsorganisation mitunter<br />
sogar ganz beseitigen.<br />
Wie das geht, erläutert<br />
Eva Asselmann im<br />
Interview.<br />
CLAUDIA SEBUNK n<br />
n KOLUMNE<br />
PHARMIG-Präsident<br />
Mag. Ingo Raimon<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER!<br />
Gurt sei Dank! So lautet ein oft plakatierter<br />
Hinweis auf Österreichs Autobahnen,<br />
um ans Anschnallen zu erinnern. Denn<br />
der angelegte Gurt kann schwere Folgen<br />
bei Unfällen verhindern oder wesentlich<br />
dazu beitragen, Verletzungen zu mildern<br />
und somit <strong>Leben</strong> zu retten.<br />
Impfungen können den Ausbruch von<br />
Krankheiten verhindern oder den Verlauf<br />
einer Infektionskrankheit wesentlich<br />
abmildern. Eine Impfung ist somit wie<br />
ein Sicherheitsgurt. Verabreicht mit<br />
einem kleinen Pieks, entfalten Impfstoffe<br />
ihre große Schutz wirkung, und das bei<br />
bis zu 20 verschiedenen Infektionskrankheiten.<br />
Das Impfen hat aber noch ein anderes<br />
Ziel: Die Maßnahme schützt nicht nur<br />
den Einzelnen, sondern die gesamte<br />
Bevölkerung. Denn: Wer selbst nicht<br />
erkrankt, kann auch niemanden<br />
anstecken. Das ist für all jene wichtig,<br />
die selbst nicht geimpft werden können,<br />
wie etwa Säuglinge oder Menschen<br />
mit einem nicht voll funktionsfähigen<br />
Immunsystem. Eine hohe Impfquote<br />
führt dazu, dass einzelne Krankheitserreger<br />
ausgerottet werden können. Bei<br />
zwei Krankheiten ist dieser bedeutende<br />
Meilenstein bereits weitgehend gelungen:<br />
Seit 1980 gelten die Pocken weltweit<br />
als ausgerottet. Seit 2002 ist Europa frei<br />
von der Kinderlähmung und 2020 hat<br />
laut Weltgesundheitsorganisation auch<br />
Afrika die Kinderlähmung eliminiert.<br />
Ein Impfpass-Check beim nächsten<br />
Ordinationsbesuch kann helfen, den<br />
eigenen Impfstatus aufzufrischen. Denn<br />
so wie ein „Ja“ zum Gurt bedeutet, die<br />
eigene Sicherheit ein Stück weit selbst<br />
in die Hand zu nehmen, ist ein „Ja“ zum<br />
Impfen ein Beitrag zur eigenen <strong>Gesund</strong>heit.<br />
Pieks sei Dank!<br />
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GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23 WERBUNG<br />
17
ERNÄHRUNG<br />
Uns wieder in den Rhythmus der Natur einzugliedern<br />
und auf die Signale unseres Körpers zu achten – das steht<br />
bei der Ernährung auf Grundlage der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin im Fokus. GESUND & LEBEN hat<br />
der 5-Elemente-Küche in den Topf geschaut.<br />
ZURÜCK ZUM<br />
Ursprung<br />
Mit einem hartnäckigen Mythos<br />
über die Küche der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin (TCM)<br />
räumt Ernährungsberaterin Mag.<br />
Nina Mandl gleich zu Beginn auf:<br />
„Viele Menschen glauben, dass<br />
TCM-Ernährung bedeutet, nur noch asiatisch oder<br />
mit Wurzeln kochen zu dürfen. Darum geht es<br />
überhaupt nicht, im Gegenteil: Wir sprechen von<br />
einer ausgewogenen Ernährungsphilosophie mit<br />
starker regionaler und saisonaler Ausrichtung.“<br />
Neben Akupunktur, Heilkräuter- und Bewegungstherapien<br />
wie Tai-Chi und Qigong<br />
zählt die Ernährung zu den wichtigsten<br />
Säulen des Behandlungssystems der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin. Konkret<br />
geht es darum, unseren Körper wieder in<br />
ein harmonisches Gleichgewicht<br />
zu bringen, in dem die<br />
<strong>Leben</strong>senergie ungehindert<br />
fließen kann.<br />
„In der westlichen Medizin<br />
orientieren wir uns sehr stark<br />
an Blutwerten und bildgebenden<br />
Verfahren und versuchen,<br />
Ungleichgewichte rasch durch<br />
Medikamente auszugleichen.<br />
Die TCM sieht die Ernährung<br />
hingegen als ersten Ansatzpunkt.<br />
Erst, wenn damit keine Erfolge bei leichteren<br />
Beschwerden erzielt werden, kommt die Arzneimitteltherapie<br />
zum Einsatz“, erklärt Mandl.<br />
KÖRPERSIGNALE WAHRNEHMEN<br />
Doch wie erkennt man, in welchen Bereichen<br />
unseres Körpers ein Ungleichgewicht herrscht?<br />
„Wir sprechen von<br />
einer ausgewogenen<br />
Ernährungsphilosophie<br />
mit starker regionaler und<br />
saisonaler Ausrichtung.“<br />
Mag. Nina Mandl, Ernährungsberaterin,<br />
Wien, www.ninamandl.at<br />
„Als Basisdiagnostik in der TCM gelten die Pulsund<br />
Zungenuntersuchung. So wird der Puls an<br />
drei Stellen beider Handgelenke gemessen und<br />
dann sowohl das ‚Volumen‘ als auch die ‚Qualität‘<br />
des Pulses beurteilt. Ein ‚schlüpfriger‘ Puls kann<br />
etwa Hinweise auf eine Feuchtigkeitsansammlung<br />
im Körper, ein sehr langsamer Puls Hinweise<br />
auf eine kältebedingte Erkrankung geben“, erklärt<br />
Nina Mandl. Bei der chinesischen Zungendiagnose<br />
sind die einzelnen Zungenzonen bestimmten<br />
Organen zugeordnet. Durch die Begutachtung<br />
von Zungenfarbe, -form und -belag können<br />
etwa Rückschlüsse auf Störungen der Verdauungsorgane,<br />
Blutmangel oder entzündliche<br />
Prozesse im Körper gezogen werden.<br />
Chronische und ernsthafte Erkrankungen<br />
lassen sich mit diesen Methoden freilich<br />
nicht erkennen, jedoch sind<br />
sie gute Möglichkeiten, um<br />
einen Einblick in die Vorgänge<br />
des eigenen Körpers<br />
zu gewinnen: „Der wichtigste<br />
Schritt ist, wieder die Signale<br />
des eigenen Körpers wahrzunehmen.<br />
Diesen Urinstinkt<br />
haben wir leider aufgrund<br />
unserer schnelllebigen Zeit<br />
immer mehr verlernt“, sagt die<br />
Ernährungsexpertin. Dabei<br />
seien insbesondere Beschwerden wie Blähungen,<br />
Menstruationsschmerzen oder sogar ein unerfüllter<br />
Kinderwunsch in vielen Fällen durch eine<br />
Ernährungsumstellung behandelbar. „Viele Menschen<br />
ernähren sich vermeintlich gesund, essen<br />
zum Beispiel sehr viel Salat und anderes rohes<br />
Gemüse und Obst, klagen aber trotzdem häufig<br />
FOTOS: NINA MANDL, BEIGESTELLT, ISTOCK_MARILYNA, _ESKEMAR<br />
Kochen im Zyklus<br />
der 5 Elemente<br />
Holz<br />
Frühling,<br />
sauer, Leber,<br />
Gallenblase<br />
Wasser<br />
Winter, salzig,<br />
Nieren, Blase<br />
Feuer<br />
Frühsommer, bitter,<br />
Herz, Dünndarm<br />
Mag. Nina Mandl<br />
ist am 31.<strong>10</strong>.<strong>2023</strong> zu<br />
Gast im neuen Podcast<br />
„gesund & glücklich“ von<br />
KATI BELLOWITSCH UND<br />
GESUND & LEBEN<br />
zum Thema<br />
TCM-Ernährung.<br />
Erde<br />
Spätsommer,<br />
mild, süß,<br />
Milz, Magen<br />
Metall<br />
Herbst, scharf,<br />
Lunge, Dickdarm<br />
über Bauchschmerzen oder bekommen<br />
sogar eine Fettleber diagnostiziert.<br />
Rohkost bleibt lange im Darm<br />
liegen und es kann sogar passieren,<br />
dass ein Teil der Nahrung im Bauch<br />
zu gären beginnt, zum Beispiel, wenn<br />
eine große Menge Salat am Abend gegessen<br />
wird“, erklärt Mandl. Eine gesunde Verdauung<br />
und damit ein gesunder Darm sind wichtige<br />
Voraussetzungen für einen guten Stoffwechsel.<br />
„Die TCM-Ernährung setzt daher vorwiegend auf<br />
warme Mahlzeiten, die vom Körper gut aufgenommen<br />
werden können. Die Transformationsleistung<br />
der Milz wird optimiert und der gesamte Stoffwechsel<br />
angekurbelt“, sagt Mandl. Gemüsesuppen,<br />
Eintöpfe, Schmorgerichte oder Kompotte sollten<br />
daher genauso am Speiseplan stehen wie im ganzen<br />
Korn gekochtes Getreide, beispielsweise Hirse,<br />
Reis, Quinoa, Gerste, Dinkel oder Kamut. Milch<br />
und Milchprodukte werden hingegen eher selten<br />
verzehrt, da diese aus Sicht der TCM kühlend,<br />
befeuchtend und verschleimend wirken können.<br />
„Allgemein ist ein <strong>Leben</strong>smittel umso wertvoller, je<br />
näher es seinem Ursprung ist, das heißt, je weniger<br />
es verarbeitet wurde. Auch die Verwendung der<br />
Mikrowelle und das Tieffrieren minimieren die<br />
enthaltene <strong>Leben</strong>senergie“, gibt die Ernährungsexpertin<br />
zu bedenken.<br />
KOCHEN NACH DEN ELEMENTEN<br />
Die Küche der Traditionellen Chinesischen Medizin<br />
basiert auf den fünf Elementen Feuer, Erde,<br />
Metall, Wasser und Holz. „Diese korrespondieren<br />
mit den fünf Geschmacksrichtungen bitter, süß,<br />
scharf, salzig und sauer. Sie haben jeweils eine<br />
ganz spezifische Wirkung auf unsere Organe und<br />
sämtliche Prozesse im Körper. Genau diese Wirkung<br />
wollen wir uns mit dem Kochen nach den<br />
fünf Elementen zunutze machen“, erklärt Mandl.<br />
Man versucht, alle Speisen besonders ausgewogen<br />
und bekömmlich zu gestalten, indem alle fünf<br />
Geschmacksrichtungen – und somit alle fünf Elemente<br />
– in jede Speise integriert werden. Darüber<br />
hinaus variieren die verwendeten Zutaten und<br />
auch die Zubereitungsmethoden entsprechend<br />
der aktuellen Jahreszeit. „Damit wird ein möglichst<br />
ausgeglichenes energetisches und auch thermisches<br />
Verhältnis zwischen Umwelt und Körper<br />
angestrebt“, sagt Mandl.<br />
n FRÜHLING<br />
So wird im Frühling versucht, die Leber zu entlasten<br />
und zu reinigen, damit sie wieder besser arbeiten<br />
kann. Bitterstoffe wie Löwenzahn, Chicorée,<br />
18 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
19
Die Pulsuntersuchung<br />
zählt<br />
neben der<br />
Kontrolle der<br />
Zunge zur<br />
Basisdiagnostik<br />
der TCM.<br />
20<br />
ERNÄHRUNG<br />
Wasser Holz Feuer Erde Metall<br />
salzig sauer bitter süß scharf<br />
Niere & Blase Leber & Gallenblase Herz & Dünndarm Milz & Magen Lunge & Dickdarm<br />
z. B. Salz, Sojasauce,<br />
Miso, Algen, Fisch,<br />
Meeresfrüchte,<br />
Linsen, Bohnen,<br />
Kichererbsen<br />
z. B. Zitrusfrüchte,<br />
Essig, Joghurt,<br />
Hühner- und Entenfleisch,<br />
Dinkel,<br />
Grünkern, Hagebutte,<br />
Quitte, saure Beeren,<br />
Rhabarber<br />
z. B. Kurkuma,<br />
Bockshornklee,<br />
Buchweizen,<br />
Lammfleisch, Kaffee,<br />
Bitterkakao, Radicchio,<br />
Chicorée, Rucola,<br />
Rosmarin, Oregano,<br />
Orangenschale<br />
Artischocke und Spargel sind hierbei besonders hilfreich<br />
– ebenso eine sanfte Frühlingskur.<br />
n SOMMER<br />
„Im Sommer wollen wir die vorherrschende Hitze ausgleichen<br />
und dem Feuchtigkeitsverlust durch starkes<br />
Schwitzen entgegenwirken. In dieser Zeit kann man<br />
mehr Rohkost essen und auf kühle, leicht bekömmliche<br />
Zutaten setzen. Eine Tomatensuppe, Ratatouille oder ein<br />
Salat aus gekochten Roten Rüben sind optimale Sommerspeisen“,<br />
sagt Mandl.<br />
n HERBST<br />
Im Herbst möchten wir Kraft für den Winter sammeln –<br />
gekochte Speisen, beispielsweise aus Hülsenfrüchten, helfen<br />
gut beim Entgiften, reinigen den Darm und sollten nun<br />
wieder den Hauptteil unserer Nahrung bilden. „Im Idealfall<br />
leitet man in Form einer sanften Herbst-Detox-Kur die<br />
Feuchtigkeit und Kälte, die durch die kühlende Sommerkost<br />
entstanden ist, wieder aus und stärkt dann die Lunge<br />
und den Dickdarm – die Zentren unserer Abwehrkraft“,<br />
z. B. Zucker und<br />
sämtliche Süßungsmittel,<br />
süßes Obst,<br />
Kürbis, Erdapfel, Karotten<br />
und jedes Wurzelgemüse,<br />
viele Getreideund<br />
manche Reissorten,<br />
alle Öle und Fette<br />
z. B. Pfeffer,<br />
Chili, Kardamom,<br />
Nelke, Muskat, Zimt,<br />
Schnittlauch, Zwiebel,<br />
Knoblauch, Ingwer<br />
erklärt Mandl. Birnen, Karfiol und Mandeln sind die besten<br />
Tonika für die Lunge. Scharfe Komponenten wie Zwiebel,<br />
Kren und Rettich tun im Herbst ebenfalls gut.<br />
n WINTER<br />
Im Winter steht die <strong>Gesund</strong>heit unserer Nieren im Fokus<br />
der TCM-Ernährung. Lange gekochte Eintöpfe und<br />
Schmorgerichte mit Zutaten wie Fisch, Bohnen, Linsen<br />
oder Fleisch sowie mit Gewürzen wie Ingwer, Zimt, Nelke,<br />
Pfeffer oder Muskat eignen sich für die kalten Monate<br />
besonders gut.<br />
OPTIMALE SYMBIOSE<br />
Die Empfehlungen der 5-Elemente-Ernährung sind<br />
stark individualisiert und gehen auf die Bedürfnisse der<br />
jeweiligen Person ein. „Gewisse Typen oder spezielle<br />
<strong>Leben</strong>sphasen erfordern jeweils abgestimmte Konzepte,<br />
um die bestmögliche Versorgung und einen optimalen<br />
Energiefluss zu fördern. Dies ist wiederum die Basis für<br />
einen guten Stoffwechsel und ein starkes Immunsystem“,<br />
betont die Ernährungsberaterin. Gerade in Phasen<br />
der Krankheit ist eine ausgewogene Ernährung unumgänglich,<br />
um dem Körper zu neuen Kräften zu verhelfen,<br />
weiß Mandl aus eigener Erfahrung. Mit nur 41 Jahren traf<br />
sie eine erschütternde Diagnose aus heiterem Himmel:<br />
Darmkrebs. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich einmal<br />
von dieser Krankheit betroffen sein würde, denn ich<br />
hatte mich mein ganzes <strong>Leben</strong> lang vermeintlich gesund<br />
ernährt. Im Grunde bestand meine Ernährung aus guten<br />
<strong>Leben</strong>smitteln, die jedoch einfach nicht zu meinem Typ<br />
und <strong>Leben</strong>sstil gepasst haben. Doch die Diagnose brachte<br />
mich dazu, mich intensiv mit der TCM-Ernährung auseinanderzusetzen<br />
und damit während der anstrengenden<br />
Chemo- und Strahlentherapie aktiv etwas für meine Zellen<br />
zu tun.“ Mandl ist überzeugt: „Durch das Kombinieren<br />
der Schulmedizin mit dem jahrtausendealten Wissen<br />
der TCM ergibt sich eine optimale Symbiose für unsere<br />
<strong>Gesund</strong>heit.<br />
MICHAELA NEUBAUER n<br />
FOTOS: ISTOCK_ESKEMAR, _DASHU83<br />
✁<br />
✁<br />
FOTOS: NINA MANDL, BEIGESTELLT, ISTOCK_PIDJOE, _VIRTUSTUDIO, _OLESIA BEKH<br />
n 400 g Süßkartoffeln<br />
n 200 g rote Linsen<br />
n 3 Cocktailtomaten<br />
n 2 EL Kokos- oder Olivenöl<br />
n 1 kl. Zwiebel<br />
n etwas Chili<br />
n ½ TL Kreuzkümmel<br />
n etwas frischer Ingwer<br />
n ½ TL Salz<br />
n 1 TL Suppenwürze<br />
n ½ Limette (Schale und Saft)<br />
n ½ TL Kurkuma-Pulver<br />
n etwas frischer Koriander oder Minze<br />
Zutaten für<br />
4 Personen<br />
n 1 Tasse Hirse<br />
n 1–2 EL Kokosöl<br />
n Obst je nach Jahreszeit:<br />
Zutaten für<br />
4 Personen<br />
1 Apfel oder 3–4 Erdbeeren,<br />
Zwetschken oder Marillen<br />
n eine kleine Menge Trockenfrüchte<br />
(Datteln, Rosinen, Marillen etc.)<br />
n 2 EL Kokosflocken<br />
n ev. 2 EL Sonnenblumenkerne<br />
n Zimt<br />
n Kardamom<br />
n Kurkuma<br />
n Salz<br />
n Zitronensaft<br />
n Als Topping: geröstete<br />
Samen und gehackte<br />
Walnüsse<br />
n 300 g Rinderfaschiertes<br />
n 1 Weißkraut (klein)<br />
n 1 Zwiebel<br />
n Olivenöl<br />
n Zimt<br />
n Pfeffer<br />
n Paprikapulver<br />
n etwas frischer Ingwer<br />
(fein gerieben)<br />
n Salz<br />
n Zitronensaft<br />
Optional mit<br />
Reis oder Polenta<br />
servieren.<br />
Zutaten für<br />
2 Personen<br />
Tipp: Nach<br />
Geschmack<br />
mit Mandelmus<br />
verfeinern.<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
n LINSEN-SÜSSKARTOFFEL-SUPPE<br />
nZIMT-FASCHIERTES MIT KRAUT<br />
nWARMES HIRSE-FRÜHSTÜCK
✁<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
n LINSEN-SÜSSKARTOFFEL-SUPPE<br />
Zubereitung: Die Linsen idealerweise einige Stunden<br />
in kaltem Wasser einweichen und danach in einem<br />
Sieb gut abwaschen. Zur weiteren Vorbereitung<br />
die Zwiebel hacken, den Ingwer schälen und ganz<br />
fein hacken oder reiben, die Süßkartoffeln ebenfalls<br />
schälen und in kleine Würfel schneiden. Nun in einem<br />
Topf das Öl erhitzen und den Kreuzkümmel kurz<br />
darin anrösten, bis er duftet. Danach die Zwiebel<br />
und den Ingwer ergänzen und kurz mitrösten. Nun<br />
auch Süßkartoffeln zufügen und mit Chili würzen. Die<br />
abgetropften Linsen dazugeben und die geviertelten<br />
Cocktailtomaten unterrühren. Zum Schluss mit<br />
einem Spritzer Essig abschmecken und mit Kurkuma<br />
würzen. Nun mit heißem Wasser aufgießen, bis alles<br />
gut bedeckt ist und etwa 20 Minuten auf mittlerer<br />
Flamme köcheln lassen. Die fertige Suppe pürieren<br />
und mit fein gehackten Kräutern bestreut servieren.<br />
Wirkung: Linsen sind ein wichtiger Eiweißlieferant. Sie<br />
wirken leicht ausleitend, entgiftend und stärken insbesondere<br />
die Nieren, aber auch die Mitte. Süßkartoffeln<br />
stärken die Mitte, also unsere Milz. Sie verbessern<br />
unsere Verdauung und erden uns.<br />
Tipp: Wer es gerne cremiger und üppiger hat, kann<br />
gegen Ende der Kochzeit noch etwas Kokosmilch<br />
ergänzen und ein paar Minuten mitköcheln lassen.<br />
n<br />
Die Rezeptseite entlang der<br />
strichlierten Linien ausschneiden.<br />
Sie haben nun drei Karten!<br />
Karte in der Mitte<br />
falten …<br />
REZEPTKARTEN<br />
DER NEUE SAMMELSPASS: REZEPTKARTEN ZUM AUSSCHNEIDEN UND GENIESSEN!<br />
✁<br />
1<br />
2<br />
3<br />
… und fertig! Die Zutaten<br />
sind auf der Rückseite, die<br />
Zubereitung im Inneren.<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
REZEPTE NACH<br />
TCM<br />
nZIMT-FASCHIERTES MIT KRAUT<br />
Zubereitung: In einem großen Topf Olivenöl<br />
erhitzen und das Faschierte anbraten. Die klein<br />
geschnittene Zwiebel mitbraten und mit reichlich<br />
Zimt würzen. Zusätzlich Pfeffer, Paprika und Ingwer<br />
beifügen, salzen und den Zitronensaft ergänzen.<br />
Das in schmale Streifen geschnittene Kraut<br />
gut unterrühren und bei geschlossenem Deckel<br />
gute 20 Minuten weich garen. Eventuell noch<br />
einmal mit Zimt, Pfeffer und Salz abschmecken<br />
und optional mit Reis oder Polenta servieren.<br />
Wirkung: Dieses herrliche, schnelle Gericht<br />
wirkt nährend und durch den Zimt leicht erwärmend.<br />
Es ist ideal bei feuchter Kälte, Erschöpfung<br />
und Abwehrschwäche.<br />
n<br />
n WARMES HIRSE-FRÜHSTÜCK<br />
Zubereitung: Hirse in einem feinmaschigen<br />
Sieb mit heißem Wasser gut waschen (Bitterstoffe<br />
aus der Schale sollen ausgespült werden)<br />
und in zwei Tassen Wasser aufkochen (kann<br />
gut am Vorabend vorgekocht werden.) Das<br />
Obst und die Trockenfrüchte klein schneiden.<br />
In einer großen Pfanne das Kokosöl erhitzen<br />
und die Früchte darin anbraten. Kokosflocken,<br />
Gewürze, Salz und Zitronensaft beifügen und<br />
danach die gekochte Hirse unterrühren. Das Ganze<br />
leicht anbraten (bekommt ein herrliches Karamell-<br />
Aroma). Nach Belieben mit gerösteten Samen und<br />
Nüssen garnieren und eventuell mit Ahornsirup<br />
nachsüßen.<br />
Wirkung: Hirse ist glutenfrei und besonders<br />
reich an Mineralstoffen und Spurenelementen.<br />
Sie wirkt zugleich trocknend (ideal bei Nässeproblematik<br />
– das heißt bei häufigen Schleimerkrankungen<br />
wie Schnupfen, Husten oder<br />
Magen-Darm-Erkrankungen). n<br />
FOTOS: ISTOCK_SVETLANA VYSOKOS, _OLLO, _NATA_VKUSIDEY<br />
✁<br />
Praktisch: Auf der Vorderseite<br />
finden Sie unser<br />
neues Farbleitsystem.<br />
n VORSPEISE<br />
Rezepte zum Sammeln. Ab sofort finden Sie in jeder Ausgabe<br />
von GESUND & LEBEN drei Rezeptkarten zum Sammeln.<br />
Auf der Vorderseite sehen Sie auf einen Blick die Speise als Foto –<br />
und ob es sich um eine Vor-, Haupt- oder Nachspeise handelt.<br />
IM RHYTHMUS<br />
DER NATUR<br />
Kochen nach den fünf<br />
Elementen der TCM<br />
STRESSIGE ZEITEN<br />
LEICHTER MEISTERN<br />
Die Stressspirale durchbrechen<br />
und blitzschnell entspannen<br />
AUGENGESUNDHEIT<br />
IM FOKUS<br />
Wie Sie zur <strong>Gesund</strong>heit Ihrer<br />
Sehorgane beitragen können<br />
<strong>10</strong> / 23, 18. Jahrgang, € 2,40<br />
GESUND LEBEN<br />
IN NIEDERÖSTERREICH<br />
Volle<br />
NEUE SERIE<br />
TEIL 1<br />
Unser<br />
Immunsystem<br />
Wie unser Abwehrsystem<br />
funktioniert, wo es im<br />
Körper sitzt und wie wir<br />
es auch mit Impfungen<br />
stärken können<br />
POWER<br />
HERBST<br />
für den<br />
WANDERN MIT<br />
ALLEN SINNEN<br />
Die beliebtesten Wanderwege<br />
und ihre Geheimnisse<br />
n HAUPTSPEISE<br />
n DESSERT<br />
Auf der Rückseite gibt es die Zutatenliste mit praktischen Zusatztipps.<br />
Auf der Innenseite ist die Schritt-für-Schritt-Anleitung abgedruckt.<br />
So gelingt jedes Gericht mühelos – und schmeckt fantastisch.<br />
GESUND & LEBEN wünscht gutes Gelingen!<br />
GESUND & GLÜCKLICH –<br />
DER NEUE GESUNDHEITS-PODCAST<br />
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GESUND & LEBEN<br />
präsentieren ab <strong>10</strong>.<strong>10</strong>.<strong>2023</strong><br />
jeden Dienstag spannende<br />
Themen rund um<br />
<strong>Gesund</strong>heit, Ernährung<br />
und mentale<br />
Ausgeglichenheit.<br />
Abonnieren Sie noch heute<br />
den kostenlosen Podcast<br />
„gesund & glücklich“ auf<br />
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Ärzteverlag
Teil 1<br />
Das menschliche Immunsystem<br />
Teil 2 in der Novemberausgabe<br />
<strong>Leben</strong>sstil und Immunsystem<br />
Unser Immunsystem – die große Serie in GESUND & LEBEN<br />
Teil 3 in der Dezemberausgabe<br />
Ernährung und Immunsystem<br />
Ausgeklügeltes<br />
IMMUNSYSTEM<br />
ABWEHRSYS T EM<br />
FOTOS: ISTOCK_ WILDPIXEL<br />
Unser Immunsystem wehrt mit einer ganzen Kampftruppe an Immunzellen,<br />
Botenstoffen und Proteinen fremde Eindringlinge wie Bakterien, Viren oder<br />
Pilze ab. Wie das ausgeklügelte System funktioniert, wo es im Körper sitzt<br />
und wie wir es auch mit Impfungen stärken können, erläutert Immunologe<br />
Univ.-Prof. Dr. med. univ. Winfried F. Pickl im Gespräch mit GESUND & LEBEN.<br />
24 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
25
IMMUNSYSTEM<br />
Immunsystem<br />
UNSER<br />
QUELLE: GESUND & LEBEN;<br />
PROF. DR. WINFRIED F. PICKL<br />
Fresszelle<br />
frisst den Krankheitserreger<br />
und zerstört ihn<br />
aktiviert<br />
T-Killerzelle<br />
zerstört<br />
bestimmte<br />
infizierte/maligne<br />
Körperzellen<br />
sofort<br />
T-Helferzelle erkennt<br />
mit dem Rezeptor<br />
das Antigen<br />
Krankheitserreger<br />
Wächterzelle<br />
aktiviert<br />
Antigen<br />
Rezeptor<br />
B-Lymphozyt<br />
bildet<br />
Plasmazelle<br />
Die Plasmazellen produzieren<br />
Antikörper, die den<br />
Krankheitserreger bekämpfen<br />
nimmt Fremdstoffe<br />
(Antigene) des<br />
Erregers auf und<br />
präsentiert sie<br />
der T-Helferzelle<br />
T-Helferzelle<br />
Die erste Immunantwort liefert unser<br />
angeborenes Immunsystem. Stößt es<br />
an seine Grenzen, tritt das erworbene<br />
Immunsystem auf den Plan.<br />
ERSTE BARRIEREN<br />
Seine komplexe Arbeit verrichtet das Immun-<br />
Serumfaktoren<br />
binden an Erreger<br />
und erleichtern die<br />
Erkennung<br />
gibt Informationen über den<br />
Krankheitserreger weiter<br />
Gedächtniszelle<br />
speichert Merkmale des<br />
Erregers, um bei erneuten<br />
Angriffen durch den selben<br />
Krankheitserreger schneller<br />
reagieren zu können<br />
angeborene Immunabwehr<br />
erworbene Immunabwehr<br />
FOTOS: ISTOCK_ YURII ZASIMOV; MEDUNI WIEN, FELICITAS MATERN<br />
D<br />
ie Armee eines Landes lässt sich in<br />
viele Zahlen fassen – etwa, wie viele<br />
Soldatinnen und Soldaten im Einsatz<br />
sind, über welche Waffen das Heer<br />
verfügt und welche Strategien es zur<br />
Kalmierung von möglichen Konflikten<br />
oder aber im notwendigen Kampf anwendet.<br />
Mit unserer körpereigenen Abwehr – dem Immunsystem<br />
– ist es ähnlich, sogar seine Größe lässt sich<br />
klar festmachen: Unser Immunsystem ist<br />
in unserem ganzen Körper verteilt:<br />
in den primären Immunorganen –<br />
„Das gesamte Immunsystem<br />
ist fast so groß wie unser zentrales<br />
Nervensystem und wiegt in<br />
etwa ein Kilogramm.“<br />
dem Knochenmark und der Thymusdrüse – und<br />
in den sekundären Immunorganen, dazu zählen<br />
die im ganzen Körper verteilten Lymphknoten<br />
und das Lymphgewebe sowie die Milz. Zusätzlich<br />
befinden sich ganz viele Immunzellen auch in den<br />
Geweben unseres Körpers, entweder als Wächterzellen<br />
oder aber als gewebespezifische niszellen. „Das gesamte Immunsystem ist fast so<br />
Gedächtin<br />
etwa ein Kilogramm“, bringt es Univ.-Prof. Dr.<br />
Winfried F. Pickl, der die Abteilung für Zelluläre<br />
Immunologie und Immunhämatologie am Institut<br />
für Immunologie an der Medizinischen Universi-<br />
groß wie unser zentrales Nervensystem und wiegt<br />
tät Wien leitet, auf den Punkt. Das erklärte Ziel dieses<br />
komplexen Netzwerks: Fremde und potenziell<br />
gefährliche Eindringlinge wie Bakterien, Viren,<br />
Pilze und andere Parasiten zu erkennen und den<br />
Körper gegen diese Krankheitserreger zu verteidigen.<br />
Im Rahmen der erfolgreichen Abwehr wird<br />
zudem ein immunologisches Gedächtnis aufgebaut<br />
um für künftige „Begegnungen“ bestens<br />
gerüstet zu sein. Gleichzeitig überwacht unsere<br />
Immunabwehr auch zahlreiche körpereigenen<br />
Vorgänge und schaltet z. B. maligen entartete Zellen<br />
(Krebszellen) aus, um etwa die Entstehung von<br />
Krebserkrankungen zu verhindern.<br />
Prof. Dr. Winfried F. Pickl,<br />
Leiter der Abteilung für<br />
Zelluläre Immunologie<br />
und Immunhämatologie<br />
am Institut für<br />
Immunologie,<br />
Medizinische Universität<br />
Wien.<br />
system in mehreren Stufen. Die Immunantwort<br />
beschäftigt zunächst das angeborene Immunsystem,<br />
das landläufig und zu unrecht auch als<br />
unspezifisches Immunsystem bezeichnet wird,<br />
da es sich nicht gegen einzelne (spezifische), sondern<br />
gegen eine breite Palette von Eindringlingen<br />
richtet. Jeder Mensch ist bereits von Geburt an<br />
mit dieser ersten natürlichen Verteidigungslinie<br />
ausgerüstet, zu der auch die chemischen und<br />
mechanischen Barrieren unseres Körpers zählen.<br />
Unsere angeborene Rüstung besteht unter anderem<br />
aus der mit einem Fettfilm ausgestatteten<br />
Hautbarriere und den Schleimhäuten, die gefährlichen<br />
Erregern das Eindringen schwer machen.<br />
Flimmerhärchen halten unsere Atemwege sauber<br />
und natürliche Reflexe wie Husten oder Niesen<br />
bugsieren Eindringlinge ebenfalls nach draußen.<br />
„Alles was wir einatmen, triff jedoch auf eine große<br />
Interaktionsfläche, denn die Oberfläche unseres<br />
Atemtraktes mit seinen Atmungsorganen, Atemund<br />
Luftwegen bis hin zu den Schleimhäuten ist<br />
in etwa <strong>10</strong>0 m2 groß“, beschreibt Pickl. „Noch mehr<br />
Spielraum, um aktiv zu werden, haben Erreger im<br />
Verdauungstrakt, denn dort beträgt die Oberfläche<br />
der Verdauungsorgane und den Darmzoten<br />
rund 400 m2. Kommt es bei der Immunabwehr<br />
zu Problemen, äußern sich diese daher oft durch<br />
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26 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
27
IMMUNSYSTEM<br />
„Genügend Spielraum, um aktiv zu<br />
werden, haben Erreger im<br />
Verdauungs-Trakt, denn dort<br />
beträgt die Oberfläche mit den<br />
Verdauungsorganen und den<br />
Darmzoten rund 400 m 2 . Kommt<br />
es bei der Immunabwehr zu<br />
Problemen, äußern sich diese<br />
daher oft durch Magen-Darm-<br />
Erkrankungen wie Durchfall,<br />
Colitis oder andere chronische<br />
Entzündungen.“<br />
28<br />
Magen-Darm-Erkrankungen wie Durchfall, Colitis<br />
oder andere chronische Entzündungen in diesen<br />
beiden Organ- und Barrieresystemen.“ Ätzende<br />
Magensäure, deren Aufgabe es ist, die mit der Nahrung<br />
eintreffenden Bakterien zu zerstören und die<br />
Darmflora, die die Ansiedelung schädlicher Bakterien<br />
zu verhindern versucht, schützen unseren<br />
Magen-Darm-Trakt – beide zählen ebenfalls zur<br />
Grundausstattung unseres angeborenen Immunsystems.<br />
sie sie zunächst<br />
einmal einfach<br />
verschlingen. Zu<br />
den wichtigsten<br />
Fresszellen zählen<br />
Granulozyten, die u.<br />
a. auch in unserem<br />
Blut sehr zahlreich<br />
ANGEBORENER SCHUTZ<br />
Gelangen die Erreger dennoch durch alle ersten<br />
Barrieren, tritt die innere Verteidigungslinie des<br />
angeborenen Immunsystems auf den Plan. Ihre<br />
Hauptprotagonisten hierbei sind die Fresszellen<br />
– sogenannte Phagozyten, die zu den weißen Blutzellen<br />
(Leukozyten) zählen und Krankheitserreger<br />
unschädlich<br />
machen, indem<br />
vorkommen, Monozyten,<br />
die die größten<br />
Fresszellen unseres<br />
Körpers darstellen<br />
und Makrophagen, die<br />
in unseren Geweben,<br />
u. a. auch in unseren<br />
Lymphknoten, der Milz<br />
und der Leber höchst<br />
aktiv sind. „Granulozyten<br />
und Makrophagen<br />
sind mit ihren Mustererkennungs-Rezeptoren<br />
in<br />
der Lage, fremde Muster<br />
auf Krankheitserregern zu<br />
erkennen – auch dann, wenn der Organismus vorher<br />
noch keinen Kontakt mit dem Erreger hatte“,<br />
erklärt Pickl.<br />
Mastzellen stellen einen weiteren wichtigen<br />
Bestandteil des angeborenen Immunsystems dar.<br />
Sie setzen eiweißspaltende Substanzen, Entzündungsfaktoren<br />
aber auch Histamin frei, wenn sie<br />
auf Gifte oder Allergene treffen; natürliche Killerzellen,<br />
die darauf spezialisiert sind, vor allem<br />
virusinfizierte und tumorartig veränderte Körperzellen<br />
zu erkennen und dendritische Zellen, die<br />
zu den wichtigsten antigenpräsentierenden Zellen<br />
des Immunsystems zählen und im ganzen Körper<br />
als Wächterzellen angesiedelt sind. Sie liefern etwa<br />
den T-Zellen des erworbenen Immunsystems<br />
wichtige Informationen hinsichtlich der eingedrungenen<br />
Erreger und aktivieren sie auf diesem<br />
Weg. „Darüber hinaus unterstützt das Komplementsystem<br />
unsere angeborene Immunabwehr.<br />
Es besteht aus Eiweissstoffen, die im Blutserum<br />
schwimmen und unter anderem die Fähigkeit<br />
besitzen, Entzündungsreaktionen in Gang zu setzen<br />
oder sich an eingedrungene Mikroorganismen<br />
wie Viren, Bakterien, Pilze etc. anzuheften und<br />
diese für Fresszellen als „fremd“ zu markieren“,<br />
erläutert der Immunologe.<br />
SPEZIFISCHE VERTEIDIGUNGSLINIE<br />
Mit dieser ganzen Armee an Zellen, Proteinen<br />
und Botenstoffen setzt sich unser angeborenes<br />
Immunsystem bereits wenige Minuten und Stunden<br />
nach dem Eindringen von Erregern zur Wehr<br />
– stößt aber aufgrund der eher breit angelegten<br />
Immunantwort oft bald an seine Grenzen. Dann<br />
übernimmt unsere erworbene Immunabwehr. Im<br />
Gegensatz zum angeborenen Immunsystem entwickelt<br />
sich diese erst im Laufe des frühkindlichen<br />
<strong>Leben</strong>s. Da es lernfähig ist und sich auch erinnern<br />
kann, testet es mit jedem eindringenden Krankheitserreger<br />
seine Strategien und übt sich in den<br />
effizientesten Gegenmaßnahmen. Die Hauptrolle<br />
spielen dabei die Lymphozyten, die sich in zwei<br />
Hauptgruppen unterteilen lassen: T-Zellen und<br />
B-Zellen. B-Lymphozyten entwickeln sich nach<br />
direktem Fremdstoffkontakt zu Plasmazellen und<br />
übernehmen als solche die Bildung von spezifisch<br />
auf den Erreger ausgerichteten Antikörpern, die<br />
im nächsten Schritt wie kleine Fähnchen die Eindringlinge<br />
für die Fresszellen markieren. Diesen<br />
Vorgang nennt man Opsonisierung. Antikörper<br />
können aber auch Giftstoffe neutralisieren, wichtige<br />
Rezeptoren von Mikroorganismen blockieren<br />
(zum Beispiel jene für das Eindringen in unsere<br />
Körperzellen) und das Komplementsystem für die<br />
nachfolgende Auflösung der Mikroorganismen<br />
anschalten. Aktiviert werden die B-Lymphozyten<br />
entweder direkt durch die Mikroorganismen (das<br />
funktioniert aber nur für bestimmte geometrisch<br />
geordnet vorkommende Antigene, v. a. Zuckerstrukturen)<br />
oder aber sie benötigen für ihre Aktivierung<br />
eine speziellen Untergruppe der T-Zellen,<br />
die T-Helferzellen. Diese können auch eine weitere<br />
Form der T-Lymphozyten, die T-Killerzellen<br />
auf Trab bringen, die – ihrem Namen entsprechend<br />
– bestimmte Zellen wie etwa Tumorzellen<br />
und virus- oder bakterieninfizierte Zellen direkt<br />
vernichten können. „Schließlich gibt es auch noch<br />
die T-Gedächtniszellen, die als Teil des Immungedächtnisses<br />
in den Immunorganen und Geweben<br />
verbleiben. Beim nächsten Angriff des gleichen<br />
Erregers kann dieser dann schneller und effektiver<br />
abgewehrt werden“, erläutert Pickl. Diese Fähigkeit<br />
unseres Immungedächtnisses wird auch bei<br />
FOTOS: ISTOCK_ OLEKSANDRA TROIAN<br />
Impfungen genutzt, wie der Immunologe erklärt:<br />
„Dabei werden abgeschwächte Erreger oder einzelne<br />
Antigene in den Körper eingebracht, die<br />
keine Erkrankung auslösen können, aber dennoch<br />
das Immunsystem zur Bildung spezifischer<br />
Antikörper und Gedächtniszellen aktivieren.“<br />
Neuerdings gibt es auch Hinweise, dass unser<br />
angeborenes Immunsystem bestimmte „Gedächtnisfunktionen“<br />
aufweist. Diese sogenannte<br />
„trained immunity“ wird auf Veränderungen<br />
des Zellmetabolismus und/oder epigenetische<br />
Mechanismen zurückgeführt.<br />
EINZIGARTIGER KREISLAUF<br />
Wo sind nun aber die verschiedenen Abwehrkämpfer<br />
unseres Immunsystems zu finden, wie<br />
erfahren sie von Eindringlingen und wo treffen sie<br />
im Körper aufeinander? Dabei spielt zunächst das<br />
Knochenmark eine herausragende Rolle, denn in<br />
dieser Kinderstube werden Vorläuferzellen zu reifen<br />
Immunzellen herangezogen und nachproduziert.<br />
Die Vorläufer-T-Zellen müssen noch einen<br />
Umweg über die Thymusdrüse machen, wo sie<br />
sich zu reifen T-Lymphozyten entwickeln. „Sind<br />
die Immunzellen fertig entwickelt, dürfen sie hinauswandern,<br />
um die Lymphorgane wie die Milz<br />
twardy.de<br />
und die Lymphknoten zu besiedeln.<br />
Letztere fungieren als Treffpunkte,<br />
wo die Zellen aufeinandertreffen und<br />
der Austausch stattfindet – zum Beispiel<br />
zwischen den Fresszellen, die<br />
Fremdmaterial aufgenommen haben,<br />
und den Wächterzellen (dendritische<br />
Zellen), die fremde Erreger und im<br />
weitesten Sinne Gefahr in der Peripherie<br />
wahrgenommen haben. Diese<br />
Informationen transportieren sie in die<br />
Lymphknoten, wo sie sich mit den T-Zellen<br />
treffen und ihnen die Informationen<br />
übermitteln.<br />
Über das Blut und die Lymphgefäße kann die<br />
Armee von verschiedenen Immunzellen, Proteinen<br />
und Botenstoffen rasch im Körper umherwandern,<br />
um so schnell wie möglich dorthin zu<br />
gelangen, wo die Krankheitserreger eingedrungen<br />
sind.<br />
CLAUDIA SEBUNK n<br />
Wie sich Ihr Immunsystem durch Bewegung<br />
und gesunden <strong>Leben</strong>sstil stärken lässt,<br />
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GESUND & LEBEN!<br />
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INTERVIEW<br />
mit<br />
Prof. Dr.<br />
Winfried F. Pickl<br />
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den Folgeseiten.<br />
Für ein starkes Immunsystem!<br />
Für eine normale Funk des Immunsystems<br />
und zum Schutz der Zлlen vor oxida вm ress.<br />
Gluten- und laktoseei.
IMMUNSYSTEM<br />
„IMPFUNGEN SIND DER<br />
BESTE IMMUNSCHUTZ!“<br />
Im Gespräch mit GESUND & LEBEN erläutert Univ.-<br />
Prof. Dr. med. univ. Winfried F. Pickl unter anderem,<br />
warum Impfungen besser sind als die natürliche Infektion,<br />
was Autoimmunerkrankungen mit latenten Infektionen<br />
zu tun haben und wie werdende Eltern schon<br />
vor der Geburt das Immunsystem ihres Kindes stärken<br />
können.<br />
Herr Prof. Dr. Pickl, die Hygienehypothese besagt,<br />
dass der Kontakt mit bestimmten<br />
Mikroorganismen im Kindesalter zur Entwicklung<br />
des Immunsystems beiträgt. Ist das so?<br />
Diese Annahme basiert auf der Beobachtung, dass<br />
Kinder, die schon im frühen Alter viel Zeit auf einem<br />
Bauernhof, genauer gesagt im Kuhstall, verbringen,<br />
später weniger häufig von allergischen Reaktionen betroffen<br />
sind. Irgendetwas in der Stallluft scheint unser<br />
Immunsystem in eine bestimmte Richtung zu lenken,<br />
wir wissen aber noch nicht, was genau.<br />
Noch früher im <strong>Leben</strong> setzen Studien an, die den<br />
wichtigen Einfluss der vaginalen Geburt<br />
auf das für das Immunsystem wichtige Mikrobiom<br />
im Darm untersuchen …<br />
Es stimmt, dass die erste Besiedlung der Neugeborenen<br />
mit den Mikroben der Mutter während des Geburtsvorgangs<br />
erfolgt, ich würde das aber nicht überbewerten.<br />
Unsere Kaiserschnitt-Rate ist hoch, aber<br />
aus multifaktoriellen Gründen. Mütter werden immer<br />
älter und vieles spricht dann gegen ein anatomisches<br />
Geburtsrisiko. Der beste Immunschutz, den man einem<br />
Kind schon vor der Geburt mitgeben kann, ist<br />
ein guter Impfschutz der Eltern. Denn alles was die<br />
Mutter an Antikörpern im Körper trägt, wird über die<br />
Plazenta 1:1 auf das Baby übertragen. Werdende Väter<br />
können ebenfalls durch eine gute Immunisierung<br />
zum Nestschutz des Kindes beitragen, indem sie dann<br />
deutlich weniger Erreger von außen in die Familie<br />
einschleppen. Zudem wissen wir aus Studien, die die<br />
<strong>Gesund</strong>heit von Kindern in der BRD und der DDR verglichen<br />
haben, dass sich eine frühe Kinderbetreuung<br />
in Kitas oder Kindergärten, wie sie im Osten gang und<br />
gäbe war, positiv auf das Immunsystem der Kinder<br />
auswirkte, was an einer geringeren Neigung für Allergien<br />
ablesbar ist. Das Ergebnis: Der frühe Kontakt<br />
mit leichten Infektionen von anderen Kindern trainiert<br />
die Immunabwehr gut. Das ist aber kein Plädoyer für<br />
Masernpartys oder ähnliche schwerwiegende Infektionen!<br />
Dafür gibt es die wichtige Sechsfach-Impfung (3.<br />
bis 6. <strong>Leben</strong>smonat), und die MMR -Impfung (<strong>10</strong>. bis<br />
13. <strong>Leben</strong>smonat), die Kinder noch vor dem Eintritt in<br />
Gemeinschaftseinrichtungen benötigen.<br />
Warum sind<br />
Impfungen<br />
so wichtig?<br />
Sie sind deshalb so<br />
wichtig, weil ernste<br />
Infektionen schwerwiegende<br />
Folgen haben<br />
können. Bei der Impfung<br />
wird eine abgeschwächte<br />
Version des Erregers oder nur<br />
ein bestimmtes Antigen selbst<br />
verabreicht. Macht man eine Infektion<br />
wie beispielsweise Masern auf natürlichem<br />
Weg durch, besteht die Gefahr, schwere<br />
Durchfälle, Mittelohr- und Lungenentzündungen<br />
sowie eine Gehirnhautentzündung zu bekommen.<br />
Mumps kann hingegen zu Meningitis, Enzephalitis<br />
mit nachfolgender Schwerhörigkeit sowie Bauchspeicheldrüsenentzündung<br />
und bei Männern zur<br />
Unfruchtbarkeit führen. Röteln stellt bei schwangeren<br />
Frauen ein großes Risiko für das ungeborene<br />
Kind dar. Beim Durchmachen natürlicher Infektionen<br />
besteht zudem die Gefahr, dass sich Viren<br />
Orte im Körper suchen und dann<br />
für immer in den Körperzellen<br />
sitzen bleiben. Wie das ebenfalls<br />
zu Folgeerkrankungen<br />
führen kann, ist Gegenstand<br />
der aktuellen Forschung.<br />
Was weiß man<br />
dazu bereits?<br />
Es wird etwa vermutet,<br />
dass Epstein Barr – ein<br />
Virus, mit dem 80 Prozent<br />
von uns infiziert sind – bei<br />
entsprechender Veranlagung<br />
die Entwicklung von Multipler<br />
Sklerose fördert. Zudem gibt es die<br />
Hypothese, dass Typ-1-Diabetes mit dem Vorhandensein<br />
von Coxsacki-Viren zusammenhängt. Bei vielen<br />
Autoimmunerkrankungen wissen wir nicht, warum<br />
das Immunsystem den eigenen Körper angreift, aber<br />
latente (Virus-)Infektionen sind eine denkmögliche Ursache.<br />
Ein anderes viel diskutiertes Thema im<br />
Zusammenhang mit dem Immunsystem ist der<br />
falsche Einsatz von Antibiotika.<br />
Die Erfindung von Antibiotika ist ein Meilenstein der<br />
Medizingeschichte und ihr Einsatz in vielen Fällen<br />
„Im Dreck spielen“, der<br />
Besuch des Kindergartens,<br />
eine natürliche Geburt<br />
sind nur einige von vielen<br />
Faktoren, die unser<br />
Immunsystem stärken.<br />
Durch die<br />
Immunsystem-<br />
Forschung wird<br />
man auch in<br />
Zukunft große<br />
Schritte in der<br />
Krebstherapie<br />
machen<br />
können.<br />
30<br />
GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
FOTOS: ISTOCK_ YURII ZASIMOV_ SUPERSIZER_ PROSTOCK-STUDIO_ DNY59_ ETERNALCREATIVE<br />
<strong>2023</strong><br />
Impfen hilft<br />
schwerwiegende<br />
Infektonen mit<br />
großen Folgen zu<br />
vermeiden und die<br />
richtige<br />
Einnahme von<br />
Antibiotika<br />
unterstützt die<br />
Vemeidung von<br />
Restistenzen im<br />
Körper.<br />
Gold wert. Wichtig ist, sie leitliniengerecht einzusetzen<br />
– das heißt, das richtige Antibiotikum in<br />
der richtigen Dosierung und über den richtigen<br />
Zeitraum zu verschreiben. Für Patientinnen<br />
und Patienten gilt: Das Antibiotikum bitte<br />
immer bis zum Ende nehmen, um die<br />
Bildung von Resistenzen zu vermeiden!<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Warum wird das Immunsystem<br />
im Alter schwächer?<br />
Ein Grund ist, dass die Thymusdrüse,<br />
die die T-Lymphozyten<br />
hervorbringt, schrumpft und im<br />
Alter kaum mehr vorhanden ist. Ein<br />
weiterer hängt vermutlich von den<br />
vorhandenen Nischen im Knochenmark<br />
und in der Milz ab. Plasmazellen<br />
und T-Lymphozyten brauchen<br />
diese, um entsprechend ernährt und<br />
stimuliert zu werden, damit sie am <strong>Leben</strong><br />
bleiben. Man kann sich das wie bei<br />
einem Wasserglas vorstellen: Wenn ein Glas<br />
voll – also das Knochenmark mit Gedächtniszellen<br />
ausgefüllt ist – gibt es keine freien Nischen<br />
mehr. Das trifft im Alter zu. Die Forschung<br />
beschäftigt sich derzeit intensiv damit, herauszufinden,<br />
ob und wie die Nischengröße beeinflussbar<br />
ist.<br />
Was steht derzeit noch im Fokus der<br />
Immunsystem-Forschung?<br />
Letztendlich geht es bei der Immunantwort der<br />
B- und T-Zellen immer um eines: Habe ich ein<br />
Repertoire an Zellen, die genau auf ein Antigen<br />
– also eine Struktur, die vom Immunsystem als<br />
fremd erkannt wird – passen und werden neue<br />
Repertoires noch in großer (ausreichender)<br />
Menge hergestellt? Sollte das nicht der Fall sein,<br />
ist ein vielversprechender Weg die sogenannte<br />
CAR-T-Zell-Therapie, bei der die patienteneigenen<br />
T-Zellen entnommen, mit einem künstlichen<br />
Rezeptor ausgestattet und wieder in den<br />
Patienten zurücktransfundiert werden. Diese<br />
Therapie wirkt sehr gut bei bestimmten Krebsarten<br />
(z. B. Lymphdrüsenkrebs), ist aber noch<br />
sehr teuer. Wir identifizieren aber mehr und<br />
mehr Tumor-Antigene und dieser Bereich wird<br />
in Zukunft sicher eine noch größere Rolle spielen.<br />
Eine weitere Frage beschäftigt sich damit,<br />
ob eine ähnliche Vorgangsweise auch bei B-Zellen<br />
möglich ist. Was zur Zeit bereits sehr erfolgreich<br />
ist, ist der passive Transfer von bestimmten<br />
Antikörpern. Diese können Tumorerkrankungen<br />
heilen, Allergien bekämpfen und bestimmte<br />
Entzündungsfaktoren im Körper abfangen, die<br />
zu umfangreich gebildet werden.<br />
Ein weiterer ganz wichtiger Meilenstein ist die<br />
Allergie-Impfung mit rekombinant hergestellten<br />
Allergen-Fragmenten zur Ausbildung von sogenannten<br />
„blockierenden Antikörpern“. n<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
31
OSTEOPOROSE<br />
STARKE<br />
KNOCHEN<br />
KnochenSCHUTZ<br />
vor KnochenBRUCH!<br />
Jede 3. Frau und jeder 5. Mann ab 50<br />
sind von Osteoporose betroffen! 1<br />
Knochenschwund ist eine schleichende Gefahr, die häufig<br />
unentdeckt bleibt. Warnzeichen wie Rückenschmerzen,<br />
ein Rundrücken, das Schrumpfen der Körpergröße oder<br />
akute Brüche sollten Sie unbedingt ernst nehmen.<br />
Dr. Karin Amrein, Fachärztin für Innere Medizin in Graz,<br />
Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft<br />
für Knochen und Mineralstoffwechsel (ÖGKM)<br />
Für Wilma Simon ist Osteoporose seit vierzehn<br />
Jahren eine unsichtbare Begleiterin. Schon mit<br />
Ende vierzig machten sich bei der Tirolerin stechende<br />
Schmerzen in der Hüfte und im unteren<br />
Bereich der Wirbelsäule, dem Kreuzbein,<br />
bemerkbar. Damals führte die heute 63-Jährige<br />
ihre Beschwerden auf die hebenden und tragenden<br />
Tätigkeiten in ihrem Beruf als Krankenpflegerin<br />
zurück. Da auch ihre Mutter an Osteoporose<br />
litt, ließ Wilma Simon auf Anraten ihres<br />
Frauenarztes frühzeitig eine Knochendichtemessung<br />
durchführen. Das Untersuchungsergebnis<br />
ließ aufhorchen und machte eine<br />
sofortige Therapie notwendig: „Ich werde mit<br />
Kalzium, Vitamin D3 und Vitamin K versorgt.<br />
Vierteljährlich erhalte ich eine Infusion gegen<br />
die Schmerzen“, erzählt Simon. Zusätzlich<br />
stellte sich die Krankenpflegerin auf eine kalziumreiche<br />
Ernährungsweise um. Gemüse wie<br />
Brokkoli, Grünkohl oder Spinat sowie <strong>Leben</strong>smittel<br />
wie Käse und Joghurt stehen täglich auf<br />
ihrem Speiseplan. Die Pensionistin wurde Mitglied<br />
einer Osteoporose-Selbsthilfegruppe, mit<br />
der sie Wanderungen unternimmt und regelmäßig<br />
gezielte Gymnastik treibt.<br />
OFT UNBEHANDELT<br />
In Österreich sind laut der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Knochen und Mineralstoffwechsel<br />
(ÖGKM) etwa 370.000 Frauen und<br />
90.000 Männer von Osteoporose betroffen,<br />
die durch eine übermäßige Abnahme der<br />
Knochenmasse und -festigkeit charakterisiert<br />
ist. Durch den Knochenschwund verliert der<br />
Knochen seine Stabilität und das Risiko für<br />
Knochenbrüche erhöht sich. Wegen der steigenden<br />
<strong>Leben</strong>serwartung wird mit einem weiteren<br />
Anstieg der Fallzahlen in den nächsten<br />
Jahrzehnten gerechnet. Da sich Osteoporose<br />
schleichend entwickelt und sich in vielen Fällen<br />
keine Krankheitssymptome zeigen, bleibt sie<br />
oft unerkannt. „Trotz ihrer Häufigkeit führt die<br />
Osteoporose immer noch ein Stiefmütterchendasein.<br />
Daten aus Österreich besagen, dass<br />
nur zehn bis zwanzig Prozent der Menschen,<br />
die eine Behandlung bekommen sollten, diese<br />
auch erhalten. Obwohl jeder fünfte Mann im<br />
Laufe seines <strong>Leben</strong>s an Osteoporose erkrankt,<br />
werden Männer noch seltener behandelt, weil<br />
Osteoporose als Frauenkrankheit gilt“, sagt<br />
die Grazer Internistin Dr. Karin Amrein. Die<br />
Diagnose erfolgt neben Blutuntersuchungen<br />
anhand einer speziellen Röntgenmethode, bei<br />
der niedrig dosierte Röntgenstrahlen eingesetzt<br />
werden, um die Dichte des Knochens zu<br />
messen. Frauen, die wegen des nach der Menopause<br />
einsetzenden Abfalls der weiblichen<br />
Geschlechtshormone ein höheres Risiko für<br />
Osteoporose haben, wird die Knochendichtemessung<br />
ab dem 50. <strong>Leben</strong>sjahr (Männern ab<br />
ca. 70 Jahren) empfohlen.<br />
ERSTE ANZEICHEN<br />
Osteoporose, die nicht ausreichend oder gar<br />
nicht behandelt wird, kann zu Knochenbrüchen<br />
führen. Bei bereits porösen Knochen komme es<br />
häufig zu inadäquaten Frakturen, die aufgrund<br />
der Art des Unfalls nicht erklärbar seien, erläutert<br />
die Internistin. „Wenn man etwa im Stehen<br />
auf einer Eisplatte ausrutscht und sich den<br />
FOTOS: ISTOCK_SORBETTO ; BEIGESTELLT<br />
„KNOCHENFESTIGKEIT<br />
VERBESSERN“<br />
GESUND & LEBEN sprach mit der Fachärztin Dr. Karin<br />
Amrein über Osteoporose – und was jeder dagegen tun kann.<br />
Wie erfolgt die medikamentöse Behandlung von<br />
Osteoporose?<br />
Wir können mit anabolen, also mit aufbauenden Medikamenten<br />
einen Zuwachs an Knochenmasse erzielen und die<br />
Knochenfestigkeit stark verbessern. Nach dem erfolgreichen<br />
Aufbau, also nach etwa ein oder zwei Jahren Therapie, erfolgt<br />
eine Knochenabbau hemmende Therapie.<br />
Wie sinnvoll ist bei Frauen eine<br />
Hormonersatztherapie?<br />
Je früher man damit beginnt, desto besser. Die Hormonersatztherapie<br />
ist für die Knochen hervorragend. Es wird dadurch<br />
der schnelle Verlust, den man in den Jahren nach dem<br />
Wechsel hat, abgefedert. Obwohl wir heute andere Präparate<br />
als vor dreißig Jahren einsetzen, ist die Angst vor Nebenwirkungen<br />
sehr groß. Deshalb wird sie leider oft nicht eingesetzt,<br />
obwohl sie indiziert wäre.<br />
Welche Ernährungsfehler werden gemacht?<br />
Häufig kommt es zu einer Fehl- und Mangelernährung, wie<br />
zum Beispiel eine Marmeladensemmel zum Frühstück und<br />
Wurst zu Mittag. Das ist keine adäquate Ernährung und genügt<br />
dem Knochen nicht. Denn er besteht zu einem großen<br />
Teil aus Eiweiß. Besonders bei der Ausübung von Krafttraining<br />
braucht der Körper ein bis zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm<br />
Körpergewicht. Die meisten Menschen schaffen es<br />
nicht, diese Menge durch <strong>Leben</strong>smittel aufzunehmen. Ich<br />
empfehle Eiweißpulver, das in Drogeriemärkten oder Apotheken<br />
erhältlich ist, um es in die Speisen zu mischen.<br />
n<br />
1<br />
www.osteoporosis.foundation/facts-statistics/epidemiology-of-osteoporosis-and-fragility-fractures<br />
(abgerufen am 19.09.2022).<br />
Testen Sie jetzt Ihre<br />
Knochengesundheit!<br />
www.bruechigeknochen.at<br />
32<br />
GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
AUT-162-0523-80001
OSTEOPOROSE<br />
nachlese<br />
BESSER LEBEN MIT DEM<br />
TIPPS<br />
Knochenfreundlich essen<br />
34<br />
FÜR GESUNDE<br />
KNOCHEN<br />
Kalzium ist lebensnotwendig für die Knochen. Die empfohlene<br />
Kalziumzufuhr beträgt circa 1.000 mg pro Tag. In Milch,<br />
Käse, Topfen, Joghurt, Brokkoli, Spinat, Grünkohl, Fenchel oder<br />
Nüssen sowie in bestimmten Mineralwassersorten steckt besonders<br />
viel Kalzium. Alkohol, Kaffee, Tee, Cola oder Kochsalz hemmen die Kalziumaufnahme.<br />
Ergänzend sollen Sie auf die ausreichende Versorgung mit<br />
Eiweiß achten (emepfehlenswert sind z. B. Fisch, Linsen, Bohnen, Nüsse<br />
bzw. Proteinpulver). Wichtig sind auch Omega- 3-Fettsäuren, Folsäure, Vitamin<br />
B12, Vitamin K, Vitamin C, Magnesium und Zink.<br />
Vitamin D tanken<br />
Vitamin D ist für den Einbau von Kalzium in die Knochen wichtig. Es kann<br />
nur zu etwa zehn bis zwanzig Prozent über die Nahrung aufgenommen<br />
werden. Um den Vitamin-D-Bedarf zu decken, wird empfohlen, sich täglich<br />
circa 20 Minuten im Freien aufzuhalten – Gesicht und Arme dabei unbedeckt<br />
lassen. Im Bedarfsfall kann man Vitamin-D-Tabletten einnehmen.<br />
Bewegung<br />
Starke Knochen brauchen ausreichend Bewegung. Im Alltag: Treppen<br />
steigen und Wege statt mit dem Auto zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen.<br />
In der Freizeit: Sportarten wie Wandern, (Nordic-)Walking, Radfahren,<br />
Schwimmen oder Langlaufen und medizinisches Krafttraining für den<br />
Muskel- und Knochenaufbau sind gut für die Knochen. Gezielte Übungen<br />
werden in Osteoporose-Gymnastikgruppen angeboten.<br />
n<br />
tungsfähig und fühlen sich nicht alt. Aber die<br />
Knochen sind es natürlich. Bei einem Bruch, der<br />
durch einen banalen Sturz verursacht wurde,<br />
sollte man hellhörig werden.“ Erste Alarmzeichen,<br />
die auf Osteoporose hinweisen können,<br />
sind anhaltende Rückenschmerzen, die Bildung<br />
eines Rundrückens oder mehrerer Hautfalten<br />
am Rücken. Auch ein Verlust der Körpergröße<br />
um mehr als vier Zentimeter ist ein Warnsignal.<br />
Neben einem schmerzhaften akuten Bruch<br />
kann für den Größenverlust ein Zusammensacken<br />
der Wirbelkörper verantwortlich sein.<br />
Die dadurch verursachten Rückenschmerzen<br />
Oberarm, Unterarm oder Schenkelhals bricht,<br />
ist das meistens auf Osteoporose zurückzuführen.“<br />
Den Betroffenen<br />
sei das oft nicht klar:<br />
„Es heißt dann, ‚Ich<br />
habe keine Osteoporose.<br />
Ich bin ja nur<br />
ausgerutscht.‘ Viele<br />
stehen mit sechzig<br />
Jahren ja noch voll<br />
im <strong>Leben</strong>, sind körperlich<br />
extrem leisnehmen<br />
Betroffene oft zu wenig ernst. Hier ist<br />
Vorsicht geboten: Ist es schon zu Wirbelkörperbrüchen<br />
gekommen,<br />
erhöht sich<br />
das Risiko für<br />
weitere Brüche.<br />
Zudem lässt sich<br />
mit einem Blick<br />
auf die Familiengeschichte<br />
das eigene<br />
Risiko abschätzen:<br />
Kam es bei Verwandten<br />
wie Eltern<br />
oder Großeltern<br />
zu Oberschenkelhalsbrüchen<br />
oder<br />
einem eklatanten Schrumpfen der Körpergröße,<br />
liegt eine erbliche Vorbelastung vor.<br />
KNOCHEN GESUND HALTEN<br />
Ab dem 40. <strong>Leben</strong>sjahr nimmt die Knochenmasse<br />
ab. Mit jedem weiteren <strong>Leben</strong>sjahrzehnt<br />
steigt das Risiko für einen Knochenbruch.<br />
Osteoporose ist zwar durch Medikamente,<br />
die die Knochenmasse wieder aufbauen, gut<br />
behandelbar, aber nicht vollständig umkehrbar.<br />
„Das Ziel ist es, prophylaktisch zu handeln und<br />
Knochenbrüche im höheren Alter zu verhindern“,<br />
so Amrein. Dazu zählen vor allem eine<br />
kalzium- und proteinreiche Kost mit <strong>Leben</strong>smitteln<br />
wie Fisch, Fleisch, Milch, Milchprodukten<br />
und bestimmten Gemüsesorten. Ist die Versorgung<br />
mit Kalzium über <strong>Leben</strong>smittel nicht<br />
möglich, kann der Bedarf über Nahrungsergänzungsmittel<br />
gedeckt werden. Zudem wird<br />
empfohlen, auf Alkohol und Zigaretten zu<br />
verzichten, da sich beides negativ auf den Kalziumhaushalt<br />
auswirkt. Förderlich für starke<br />
Knochen ist Vitamin D, das durch Sonnenlicht<br />
in der Haut gebildet wird. Ein Mangel<br />
kann zu einer gestörten Knochenmineralisation<br />
führen und sich durch diffuse Knochenschmerzen<br />
und chronische Ganzkörperschmerzen<br />
bemerkbar machen. Bei<br />
einem zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel ist eine<br />
ergänzende Versorgung angebracht. „Ich empfehle<br />
die in Österreich erhältlichen Arzneimittel,<br />
deren Qualität geprüft wird und die kostengünstig<br />
sind“, sagt Amrein. Eine weitere wichtige<br />
Maßnahme ist Bewegung. Kräftige Muskel stabilisieren<br />
das Skelett und wirken sich positiv auf<br />
die Knochengesundheit aus. Für Wilma Simon<br />
haben sich die Vorsorgemaßnahmen bezahlt<br />
gemacht: „Die Schmerzen sind zwar nicht<br />
ganz verschwunden und es gibt immer wieder<br />
schlechtere Tage. Aber ich kann mich viel leichter<br />
bewegen und meine <strong>Leben</strong>squalität hat sich<br />
enorm verbessert.“<br />
JACQUELINE KACETL n<br />
FOTOS: ISTOCK_ ALEXPRO9500_ FASCINADORA<br />
FOTO: 123RF/ANTONIOGUILLEM<br />
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KÖRPERTEMPERATUR<br />
GUT<br />
IMMERGUT<br />
TEMPERIERT<br />
Der menschliche Körper hält seine<br />
Temperatur konstant auf demselben Niveau.<br />
Kommt es zu Fieber, ist meist die Frage:<br />
Soll ich es senken – oder nicht?<br />
D<br />
Dr. Christa Wotzi,<br />
Allgemeinmedizinerin<br />
am Landesklinikum<br />
Mistelbach-Gänserndorf , NÖ<br />
Dr. Milana Unterweger-Jocic,<br />
Kinderprimaria im<br />
Landesklinikum<br />
Mistelbach-Gänserndorf, NÖ<br />
ie eigene Körpertemperatur kommt<br />
meist erst ins Bewusstsein, wenn sie<br />
den Normalbereich verlässt. Dann,<br />
wenn das Thermometer anzeigt,<br />
was man möglicherweise schon<br />
geahnt hat: „Ich habe Fieber.“ Abgesehen<br />
davon kümmern wir uns wenig darum,<br />
wie warm es im Inneren unseres Körpers ist. Das<br />
müssen wir auch nicht. Anders als wechselwarme<br />
Lebewesen wie zum Beispiel Eidechsen, die sich<br />
zum Aufwärmen in die Sonne legen müssen,<br />
reguliert der menschliche Körper seine Temperatur<br />
selbst und hält sie konstant auf demselben<br />
Niveau. „Als ‚normal‘ gilt eine Körpertemperatur<br />
zwischen 35,7 und 37,3 Grad“, erklärt Dr. Christa<br />
Wotzi, Allgemeinmedizinerin am Landesklinikum<br />
Mistelbach-Gänserndorf (NÖ). Wie hoch die<br />
Temperatur im Inneren des Körpers tatsächlich<br />
ist, ist individuell und wird von verschiedenen<br />
Faktoren bestimmt. „Geschlecht und Alter, der<br />
Anteil von Fett- und Muskelmasse, Grunderkrankungen<br />
und die Kreislauffunktion, aber auch die<br />
hormonelle Situation haben einen Einfluss.“ Im<br />
Laufe eines Tages kommt es darüber hinaus zu<br />
geringen Schwankungen der Körpertemperatur.<br />
INDIVIDUELLE NEIGUNG ZU FIEBER<br />
Ähnlich individuell wie die persönliche Normal-<br />
Körpertemperatur ist die Neigung zu Fieber. Manche<br />
Menschen fiebern schnell und hoch, andere<br />
kaum. Während sich die einen bereits bei erhöhter<br />
Temperatur sehr schlecht fühlen, setzt anderen<br />
auch höheres Fieber nicht so stark zu. „Ist die<br />
Immunabwehr geschwächt, zum Beispiel im Alter<br />
oder aufgrund einer Erkrankung, bleibt auch die<br />
Fieberreaktion häufig aus“, sagt Dr. Wotzi. Zur<br />
Diagnostik einer schweren Infektion müssen in<br />
diesem Fall weitere Parameter wie niedriger Blutdruck<br />
oder eine akute Veränderung des Bewusstseins<br />
beachtet werden. Fieber ist eine wichtige<br />
und normale Reaktion des Körpers auf Krankheitserreger,<br />
die nicht in jedem Fall sofort unterdrückt<br />
werden soll. Dr. Wotzi: „Es ist ein Zeichen<br />
dafür, dass sich der Organismus gegen die Erreger<br />
zur Wehr setzen kann und dass das Immunsystem<br />
arbeitet.“ Fiebersenkende Medikamente sollten<br />
deshalb nicht unkritisch eingesetzt werden, auch<br />
weil es bei der Einnahme zum Teil zu Wechselwirkungen<br />
mit anderen Medikamenten kommen<br />
kann. „Bei hohem, lang andauerndem Fieber ist<br />
allerdings aufgrund der Belastung für das Herz-<br />
Kreislaufsystem auf jeden Fall eine Fiebersenkung<br />
mit geeigneten Mitteln erforderlich.“ Wenn Kinder<br />
fiebern, bereitet das ihren Eltern oft Sorgen. „Fieber<br />
ist aber eine erwünschte Reaktion des Körpers“,<br />
betont auch Dr. Milana Unterweger-Jocic,<br />
Kinderprimaria im Landesklinikum Mistelbach-<br />
Gänserndorf. „Es zeigt, dass sich im Körper Viren<br />
oder Bakterien befinden, die da nicht hingehören<br />
und dass der Körper Antikörper bildet.“ Deswegen<br />
sollte es nicht sofort gesenkt werden, sondern<br />
erst dann, wenn es über 38,5 Grad steigt. Neigt<br />
ein Kind zu Fieberkrämpfen, bereits früher, wobei<br />
die Medizinerin erklärt: „Ein Fieberkrampf entsteht<br />
weniger aufgrund besonders hohen Fiebers,<br />
sondern beim Steigen der Körpertemperatur. Oft<br />
krampft das Kind, bevor die Eltern überhaupt mitbekommen,<br />
dass es Fieber hat.“<br />
NICHT ZU WARM ANZIEHEN<br />
Nicht allein die Höhe des Fiebers ist ausschlaggebend<br />
dafür, ob man es senken soll oder nicht.<br />
FOTOS: ISTOCK_ DESIGNER29_RADOMIR JOVANOVIC; LK MISTELBACH-GÄNSERNDORF<br />
„Fieber ist immer im Zusammenhang mit dem<br />
Allgemeinzustand zu beurteilen“, sagt Unterweger-Jocic.<br />
Manchen Kindern geht es bereits mit<br />
wenig erhöhter Temperatur schlecht, andere fiebern<br />
höher und wirken trotzdem relativ fit. Es gilt:<br />
Leidet das Kind sehr und wird der Kreislauf in Mitleidenschaft<br />
gezogen, senkt man das Fieber schon<br />
früher. Geeignete fiebersenkende Mittel sind Ibuprofen<br />
oder Paracetamol, aber auch Hausmittel<br />
wie feuchte Wadenwickel oder ein<br />
feuchtes Tuch auf der Stirn können<br />
Abhilfe schaffen. „Nur bitte<br />
nicht zu kalt und keine ‚Essigpatscherl‘,<br />
die können bei Kleinkindern<br />
nämlich schnell zu<br />
Hautirritationen führen.“ Fiebert<br />
ein Kind, sollte es nicht zu warm<br />
angezogen und zugedeckt werden.<br />
Bei Säuglingen unter einem<br />
Jahr ist bei Fieber erhöhte Vorsicht<br />
geboten. Die Ursache sollte frühzeitig<br />
vom Arzt abgeklärt werden, rät<br />
Prim. Dr. Milana Unterweger-Jocic. Bei<br />
älteren Kindern können Eltern – vorausgesetzt<br />
der Allgemeinzustand lässt es zu –<br />
abwarten, ob sich zusätzliche Symptome zeigen,<br />
bevor sie zum Arzt gehen. Im Bett bleiben<br />
muss ein fieberndes Kind nicht unbedingt. „Spielen<br />
zu Hause ist erlaubt. Kinder machen intuitiv<br />
das Richtige, wenn es ihnen schlecht geht, nur ins<br />
Freie sollten sie mit Fieber nicht.“ Überhitzung und<br />
damit einhergehende erhöhte Körpertemperatur<br />
kann bei Kindern auch ganz ohne Krankheitserreger<br />
vorkommen, erklärt Unterweger-Jocic. „Auch<br />
nach dem Sport oder nach dem Schlafen kann die<br />
Temperatur geringfügig steigen.“<br />
RICHTIG<br />
FIEBERMESSEN<br />
Die Körpertemperatur sollte möglichst<br />
‚körperkernnah‘ gemessen<br />
werden. Gut eignet sich die<br />
Achsel, bei Säuglingen empfiehlt<br />
Allgemeinmedizinerin Dr. Christa<br />
Wotzi eine Messung im After. „Bei der rektalen Messung im After muss<br />
man aber ein halbes Grad abziehen.“ Die beliebten Ohrthermometer<br />
liefern laut Wotzi oft ungenaue Ergebnisse; immer ungenau ist das ‚Erfühlen‘<br />
der Körpertemperatur zum Beispiel auf der Stirn. Beliebt und<br />
eine gute Alternative sind berührungslose Fieberthermometer. n<br />
AUCH UNTERTEMPERATUR MÖGLICH<br />
Mit einer zu niedrigen Körpertemperatur reagiert<br />
der Körper, wenn er längerer Zeit einer kalten<br />
Umgebung ausgesetzt ist, etwa bei Lawinenunfällen<br />
oder Stürzen im Freien im Winter. Allgemeinmedizinerin<br />
Dr. Christa Wotzi erläutert: „Reichen<br />
die körpereigenen Regulationsmechanismen<br />
nicht mehr aus, um die Körpertemperatur zum<br />
Sollwert anzuheben, kommt es in diesen Fällen<br />
zur Untertemperatur.“ Das kann sogar lebensbedrohlich<br />
sein und zum Tod führen, wenn die Temperatur<br />
auf unter 20 Grad fällt.<br />
Auch bei Kindern kann eine zu niedrige Körpertemperatur<br />
vorkommen und ist ernst zu nehmen,<br />
betont Kinderärztin Prim. Dr. Unterweger-<br />
Jocic. Wenn Kinder etwa im Winter lange draußen<br />
sind und sich nicht ausreichend bewegen. Die<br />
Kinder werden blass und ruhig. „Dann aber nicht<br />
sofort in die warme Badewanne, sondern langsam<br />
aufwärmen, damit der Kreislauf nicht leidet.“<br />
Blaue Lippen beim Schwimmen im Sommer sind<br />
übrigens nicht notwendigerweise ein Anzeichen<br />
von Unterkühlung, wenn es dem Kind ansonsten<br />
gut geht.<br />
SANDRA LOBNIG<br />
SANDRA LOBNIG n<br />
36 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
37
AUGEN<br />
AUF<br />
Unsere Augen leisten täglich Großes und halten zahlreichen<br />
Herausforderungen stand – allen voran einer stetig<br />
zunehmenden visuellen Reizüberflutung und stundenlanger<br />
Bildschirmarbeit. GESUND & LEBEN erklärt, wie Sie zur<br />
<strong>Gesund</strong>heit Ihrer Sehorgane im Alltag beitragen und sie für ihre<br />
Höchstleistung belohnen können.<br />
!<br />
„KEIN ANDERES<br />
SINNESORGAN<br />
LIEFERT DEM<br />
GEHIRN MEHR<br />
INFORMATIONEN<br />
– SCHÄTZUNGEN<br />
ZUFOLGE<br />
NEHMEN WIR<br />
RUND 70 BIS 80<br />
PROZENT ALLER<br />
INFORMATIONEN<br />
DURCH UNSER<br />
SEHSYSTEM AUF.“<br />
AUGENGESUNDHEIT<br />
W<br />
ussten Sie, dass sich das<br />
menschliche Auge rund 180<br />
Mal in der Minute hin und<br />
her bewegt? Kein anderes Sinnesorgan<br />
liefert dem Gehirn mehr Informationen<br />
– Schätzungen zufolge nehmen wir rund 70 bis 80<br />
Prozent aller Informationen durch unser Sehsystem<br />
auf. Das Auge stellt das Bild scharf – schneller<br />
als jede Kamera und auch jetzt, während Sie mithilfe<br />
Ihrer Augen diese Zeilen lesen. Unsere Sehorgane<br />
sind wahre Hochleistungssportler! Grund<br />
genug, sich gut um sie zu kümmern, denn Augengesundheit<br />
ist nicht selbstverständlich.<br />
DAS „BÜRO-AUGE“ WEGBLINZELN<br />
„Das Auge steht täglich einer Vielzahl an Herausforderungen<br />
gegenüber, gerade in der heutigen<br />
Zeit, in der das Arbeitsleben vieler von Bildschirmarbeit<br />
geprägt ist“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Stefan Palkovits,<br />
Facharzt für Augenheilkunde und Leiter des<br />
Augenzentrums Leopoldstadt in Wien. „Unseren<br />
Augen wird heute mehr denn je abverlangt. Stundenlang<br />
arbeiten wir am Computer, Laptop oder<br />
Smartphone und an anderen elektronischen Geräten.<br />
Die Folge können müde, trockene oder bren-<br />
nende Augen sein“, so der Experte. Hintergrund<br />
des sogenannten Office-Eye-Syndroms: Der lange,<br />
starre Blick auf den nahen Bildschirm setzt das<br />
Auge unter enormen Stress. Beim permanenten<br />
Fokussieren kommt das Blinzeln häufig zu kurz.<br />
Der funktionierende Lidschlag ist jedoch für die<br />
Augengesundheit unerlässlich, denn er befeuchtet<br />
die Augenoberfläche mit Tränenflüssigkeit und<br />
entfernt kleine Partikel. Während wir normalerweise<br />
bis zu 15 Mal pro Minute blinzeln, sinkt die<br />
Lidschlagfrequenz bei Bildschirmarbeit auf dreibis<br />
fünf Mal pro Minute, gleichzeitig ist der Lidschluss<br />
häufig inkomplett. „Achten Sie daher darauf,<br />
oft genug bewusst zu blinzeln und Ihren Augen<br />
zwischendurch Pausen zu gönnen“, betont Palkovits.<br />
Diese können im Optimalfall dazu genutzt<br />
werden, um den Blick bewusst in die Ferne schweifen<br />
zu lassen. Einfach zu merken ist die 20-20-20-<br />
Regel: Alle 20 Minuten 20 Sekunden Pause einlegen<br />
und den Blick auf ein Objekt in rund 20 Meter<br />
Entfernung richten!<br />
AUGEN LIEBEN FRISCHE LUFT<br />
Schlechtes Raumklima stellt die Augen im Büro<br />
vor eine weitere Herausforderung. Heizung und<br />
FOTOS: ISTOCK_ OZGURDONMAZ; ROLAND VORABERGER<br />
Klimaanlagen können für trockene Umgebungsluft,<br />
Bürogeräte wie Drucker für Verunreinigung<br />
der Luft sorgen. Das setzt den Augen zusätzlich zu.<br />
„Häufiges Lüften und Pausen an der frischen Luft<br />
sorgen hier für Abhilfe. Zusätzlich kann man mit<br />
Zimmerpflanzen und im Winter mit Luftbefeuchtern<br />
zu einem besseren Raumklima beitragen“,<br />
rät der Augenarzt. Unbedingt vermieden werden<br />
sollte Zugluft, denn: „Durch Zugluft verdunstet<br />
die Tränenflüssigkeit schneller, was zu trockenen<br />
Augen oder Augenentzündungen führen kann.“<br />
Auch Beschwerden wie rote, brennende, kratzende<br />
oder müde Augen sind häufiger Begleiter<br />
im Arbeitsalltag und nehmen meist im Tagesverlauf<br />
zu. „Hier können befeuchtende Augentropfen<br />
helfen“, so Palkovits. „Achten Sie aber darauf, nur<br />
Präparate ohne Konservierungsmittel zu verwenden,<br />
um die Augenoberfläche nicht zusätzlich zu<br />
reizen.“<br />
AUGEN ZU UND GUTE NACHT!<br />
Auch nach Feierabend geht der digitale Stress für<br />
die Augen häufig weiter. Die visuelle Datenflut<br />
nimmt immer weiter zu und setzt sich auch nach<br />
dem Bürotag zu Hause fort – ob beim Fernsehen,<br />
beim Computerspielen, beim Lesen auf dem Tablet<br />
oder beim Scrollen auf dem Handy. Spätestens im<br />
Schlafzimmer sollten Bildschirme jedoch ganz vermieden<br />
werden, um den Augen durch ausreichenden,<br />
guten Schlaf Regeneration zu ermöglichen.<br />
Sieben bis acht Stunden Schlaf gelten als ideal,<br />
damit sich die Augen vom täglichen Sehstress<br />
erholen können.<br />
NUR GESCHÜTZT IN DIE SONNE<br />
Umweltbelastungen tragen zusätzlich dazu bei,<br />
dass die Augengesundheit leidet. Allen voran sind<br />
UV-Strahlen einer der wesentlichen Auslöser für<br />
Augenprobleme und -krankheiten. Denn: Auch die<br />
Augen, insbesondere die Hornhaut oder die Bindehaut,<br />
können einen Sonnenbrand bekommen.<br />
„Um Schäden an der Augenoberfläche zu vermeiden,<br />
ist eine hochwertige Sonnenbrille mit <strong>10</strong>0-prozentigem<br />
UV-Schutz wichtig“, betont Palkovits. Und<br />
das nicht nur im Sommer und bei Sonnenschein,<br />
denn auch bei Bewölkung gelangt immer noch ein<br />
Großteil der UV-Strahlung durch.<br />
NAHRUNG FÜR DIE AUGEN<br />
Bei gesunder Ernährung für die Augen werden die<br />
Priv.-Doz. Dr. Stefan Palkovits,<br />
Facharzt für Augenheilkunde<br />
und Leiter des Augenheilzentrums<br />
Leopoldstadt, Wien.<br />
38<br />
GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
39
AUGENGESUNDHEIT<br />
SO MACHEN SIE<br />
MÜDE AUGEN<br />
MUNTER<br />
Langes Starren auf Bildschirme, schlechte Lichtverhältnisse,<br />
Stress und Schlafmangel, lange Autofahrten oder Lesephasen<br />
ohne Pausen – die Ursachen für erschöpfte Augen sind vielfältig.<br />
Dr. Stefan Palkovits verrät Alltagstipps,<br />
die bei müden Augen helfen.<br />
ERGONOMISCHER ARBEITSPLATZ<br />
Ergonomie bei der Arbeit unterstützt auch die Augengesundheit.<br />
Achten Sie darauf, dass die obere Bildschirmkante knapp<br />
unter Augenhöhe liegt und der Abstand zum Bildschirm in<br />
etwa eine Armlänge beträgt.<br />
PASSENDE LICHTVERHÄLTNISSE<br />
Ausreichende Beleuchtung am Arbeitsplatz sorgt dafür, dass<br />
die Augen nicht weiter belastet werden. Ein zu heller Arbeitsbereich<br />
kann sich jedoch auch auf die Augen auswirken, daher<br />
Helligkeit reduzieren bzw. abschirmen.<br />
PAUSEN MACHEN UND BEWUSST BLINZELN<br />
Ununterbrochen auf den Bildschirm zu starren, ist schlecht<br />
für die Augen. Deshalb nach zwei Stunden Bildschirmarbeit<br />
Ergonomischer<br />
Arbeitsplatz und<br />
gute Lichtverhältnisse<br />
Richtige Brille und<br />
Augenbeschwerden<br />
abklären<br />
Passender Abstand<br />
zum Monitor<br />
und Pausen<br />
meisten wohl an die berühmte Karotte denken.<br />
Mit dem in ihr enthaltenden Betacarotin stellt der<br />
Körper zwar das auch für die Sehkraft wichtige<br />
Vitamin A her, noch effektiver für gesunde Augen<br />
wirken aber zwei weitere Substanzen: Lutein, das<br />
in grünem Gemüse wie Spinat, Kohl und Brokkoli<br />
enthalten ist und Zeaxanthin, das in der Paprika<br />
und in Mais vorkommt. Sie wirken als Schutzschild<br />
gegen freie Radikale und können unter anderem<br />
der altersbedingten Makuladegeneration vorbeu-<br />
gen. „Wie für den gesamten Körper ist auch für die<br />
Augen eine nährstoff- und vitaminreiche, ausgewogene<br />
Ernährung essenziell“, bestätigt der Facharzt.<br />
Genauso wichtig: genügend Flüssigkeit zu sich<br />
zu nehmen, damit die Augen auch von innen reichend befeuchtet<br />
ausbleiben.<br />
PFLEGE FÜR DIE LIDER<br />
Die Lider schützen unsere Augen vor Außeneinwirkungen,<br />
sorgen durch die Verteilung der<br />
Tränenflüssigkeit für adäquate Befeuchtung, entfernen<br />
wie Scheibenwischer kleine Partikel und<br />
eine Pause von mindestens 15 Minuten einplanen.<br />
Nutzen Sie die kleine Auszeit dazu, bewusst auf das<br />
Blinzeln zu achten, das beim fokussierten Arbeiten oft<br />
zu kurz kommt und trockene, gereizte Augen hervorrufen<br />
kann.<br />
ÜBUNGEN FÜRS BÜRO<br />
Wenn Sie merken, dass Ihre Augen langsam müde werden,<br />
helfen diese Tipps:<br />
☐ Atmen Sie bewusst tief ein und aus, um Sauerstoff<br />
aufzunehmen.<br />
☐ Schließen Sie mehrmals pro Tag für einige Minuten<br />
Ihre Augen bewusst und legen Sie Ihre warmen<br />
Handflächen auf die Augen.<br />
☐ Wenden Sie Ihren Blick vom Monitor ab und schauen<br />
Sie in die Ferne.<br />
☐ Schreiben Sie mit den Augen Kreise, Buchstaben<br />
oder Ähnliches an die Wand, ohne den Kopf zu bewegen.<br />
„Wie für den gesamten Körper ist auch für<br />
die Augen eine nährstoff- und vitaminreiche<br />
ausgewogene Ernährung essenziell.“<br />
Fremdkörper und wirken als Blendschutz bei<br />
zu heller Lichteinstrahlung: Die Augenlider und<br />
Lidkanten leisten viel für unsere Augengesundheit.<br />
„Mit einer Lidrandmassage und entsprechender<br />
Hygiene können Sie die Augen von alltäglichem<br />
Stress entspannen und so Krankheiten<br />
vorbeugen“, erläutert der Augenfacharzt.<br />
Die Massage löst Verstopfungen<br />
der Meibom-Drüsen der Lidkante<br />
und hält diese so vital. Die Meibom-Drüsen<br />
spielen eine wesentliche<br />
Rolle in der Produktion der<br />
Lipidschicht des Tränenfilms.<br />
Diese Schicht hält den Tränenfilm<br />
geschmeidig und verhindert<br />
eine vermehrte Verdunstung der<br />
Tränen. Für die Massage einfach<br />
einen warmen Waschlappen oder ein<br />
Tuch ein paar Minuten auf die Augenlider<br />
auflegen und die Lidränder anschließend sanft<br />
massieren. Für etwas mehr Komfort können auch<br />
spezielle Masken für die Augen benutzt werden.<br />
REGELMÄSSIGE AUGENKONTROLLE<br />
Nicht nur bei Problemen sollten Sie eine Augenärztin<br />
oder einen Augenarzt aufsuchen, die Kontrolle<br />
sollte auch routinemäßig einmal pro Jahr in Ihrem<br />
Kalender stehen, um eventuelle Veränderungen<br />
rasch zu erkennen und früh behandeln zu können.<br />
„Speziell bei familiärer Vorbelastung wie bei der<br />
Makuladegeneration oder dem Glaukom sowie bei<br />
Erkrankungen, die den gesamten Körper betreffen,<br />
sind engmaschigere Untersuchungen empfohlen“,<br />
so Palkovits. So kann Diabetes oder Bluthochdruck<br />
beispielsweise die Netzhaut und die kleinen Blutgefäße<br />
der Augen schädigen. „Auch bei Kurzsichtigkeit<br />
rate ich zu häufigeren Kontrollen der Netzhaut, um<br />
Komplikationen oder Augenerkrankungen vorzubeugen.“<br />
Schließlich kommt es auch zu altersbedingten<br />
Veränderungen wie der Altersweitsichtigkeit,<br />
die meistens zwischen dem 40. und 45. <strong>Leben</strong>sjahr<br />
beginnt. „Diese lässt sich leicht durch Sehhilfen<br />
wie Brillen korrigieren“, beruhigt der Augenarzt.<br />
Nur eine Untersuchung bei Ihrer Augenärztin oder<br />
Ihrem Augenarzt kann Klarheit über ihre Augengesundheit<br />
schaffen.<br />
CLAUDIA SEBUNK n<br />
Trockene, gereizte<br />
Augen?<br />
40<br />
DIE RICHTIGE BRILLE<br />
Müde Augen können auch ein Hinweis auf eine falsch<br />
eingestellte oder veraltete Brille sein. Ist die<br />
Sehhilfe nicht korrekt eingestellt, werden Ihre<br />
Augen stärker beansprucht, um die Sehkraft<br />
zu verbessern.<br />
AUGENBESCHWERDEN KLÄREN<br />
Sollten Beschwerden wie müde, trockene,<br />
rote, lichtempfindliche oder brennende Augen<br />
länger anhalten, lassen Sie die Gründe<br />
von Ihrer Augenärztin, Ihrem Augenarzt abklären!<br />
Je früher die Ursache erkannt wird,<br />
desto besser kann behandelt werden. n<br />
FOTOS: ISTOCK_SURFUPVECTOR_ BAONA<br />
Augentropfen<br />
Lindern und befeuchten<br />
Medizinprodukt: Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsanweisung, Arzt oder Apotheker.<br />
CH-<strong>2023</strong>0116-86<br />
Entgeltliche Einschaltung
WUNDEN<br />
DAS<br />
BLUTET!<br />
Wie reinigt man Wunden richtig? Sagt die Stärke<br />
der Blutung etwas über die Gefährlichkeit einer<br />
Verletzung aus? Und wann sollte man zur Ärztin,<br />
zum Arzt? GESUND & LEBEN hat mit drei<br />
Wundspezialistinnen gesprochen.<br />
damit keine Keime eindringen können. „Reinigen<br />
kann man mit sauberem Wasser“, sagt Maria Eder,<br />
diplomierte <strong>Gesund</strong>heits- und Krankenpflegerin<br />
und Leiterin der Unfallambulanz im Landesklinikum<br />
Melk, „oder man lässt die Wunde ausbluten“.<br />
Oberflächliche Verschmutzungen, aber auch<br />
Schmutz, den man auf den ersten Blick nicht sieht,<br />
werden so ausgespült. Auf keinen Fall sollte man<br />
Seife zum Reinigen verwenden. Direkter Druck auf<br />
die Wunde – zum Beispiel mit einer Kompresse –<br />
hilft, die Blutung zu stoppen. Bevor man ein<br />
Pflaster oder einen Verband anlegt, muss desinfiziert<br />
werden, damit keine Keime eindringen. Am<br />
besten mit einem antiseptischen Gel oder Spray.<br />
„Wenn man allerdings im Krankenhaus behandelt<br />
werden muss, sollte man davor keine Salben<br />
auf die Wunde geben“, rät Eder. „Das kann für die<br />
Behandlung hinderlich sein, weil man dann alle<br />
Salbenreste wieder entfernen muss.“<br />
FEUCHTE WUNDVERSORGUNG<br />
In der Hausapotheke sollte man neben einer<br />
Schere, Handschuhen und einer Kühlkompresse<br />
auf jeden Fall Pflaster, Kompressen, Verbände und<br />
Fixierbinden für einen Druckverband haben. Ausreichend<br />
Verbandsmaterial ist besonders wichtig,<br />
„Die Stärke einer Blutung sagt<br />
nicht unbedingt etwas über die<br />
Gefährlichkeit einer Verletzung aus.“<br />
Jede Wunde sollte<br />
mit einem Pflaster<br />
oder einem<br />
Verband bedeckt werden.<br />
Oberärztin Dr. Mania Pichler, Unfallchirurgin am Landesklinikum Melk, NÖ<br />
Es kann ganz schnell gehen. Ein unbedachter<br />
Schnitt, und die scharfe<br />
Klinge schneidet nicht in den Paradeiser,<br />
sondern in den Zeigefinger.<br />
Und das blutet. Richtig stark. Denn<br />
in der Fingerkuppe befinden sich<br />
viele kleine Blutgefäße, sodass die<br />
Blutung auch bei einer kleinen Verletzung beachtlich<br />
sein kann. Ähnlich stark bluten – selbst kleine<br />
– Wunden am Kopf. Was Betroffene sehr erschrecken<br />
kann, wie Dr. Mania Pichler, Oberärztin<br />
am Landesklinikum Melk, weiß. „Dabei sagt die<br />
Stärke einer Blutung nicht unbedingt etwas über<br />
die Gefährlichkeit einer Verletzung aus“, erklärt<br />
die Unfallchirurgin und macht an einem Beispiel<br />
deutlich, dass auch kaum blutende Wunden richtig<br />
gefährlich sein können: „Wer eine Stricknadel<br />
in den Bauch gestochen bekommt, blutet außen<br />
möglicherweise nicht, dafür kann die Verletzung<br />
zu einer inneren Blutung führen.“ Keine Frage:<br />
Mit einer Stricknadel im Bauch muss man sofort<br />
ins Krankenhaus, viele andere Wunden können<br />
allerdings gut zu Hause versorgt werden. Schürfwunden<br />
am Kinderknie etwa, Schnitt- oder kleine<br />
Platzwunden.<br />
REINIGEN UND DESINFIZIEREN<br />
Ob Schürf-, Schnitt-, Biss- oder Platzwunde:<br />
Kommt es zu einer Verletzung der Haut, ist es<br />
wichtig, diese so schnell wie möglich zu versorgen,<br />
FOTOS: ISTOCK_JOHNWOODCOCK, _AGDEKON MEDIA VISUALS, _DAVIZRO, BEIGESTELLT<br />
Wissen Sie, wie gut Sie hören?<br />
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Schwierigkeiten treten<br />
zunächst in lauten<br />
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größeren Gruppen auf.<br />
Ursache kann ein Ausfall<br />
der Sinneszellen für hohe<br />
Töne im Innenohr sein.<br />
Oft werden Konsonanten<br />
wie s, f, t, k, h und g nicht<br />
mehr richtig verstanden<br />
oder verwechselt.<br />
Wer so eine Hochtonhörminderung<br />
hat, erlebt<br />
sich nicht als schwerhörig,<br />
denn tiefe Töne werden<br />
noch problemlos gehört.<br />
Die Schwierigkeiten beim<br />
Verstehen werden häufig<br />
mit der undeutlichen Aussprache<br />
des Gegenübers<br />
erklärt. Das muss nicht<br />
sein, denn in vielen Fällen<br />
können die Hörprobleme<br />
ausgeglichen werden. Je<br />
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42
Christine Schütz, dipl. <strong>Gesund</strong>heits- und<br />
Krankenpflegerin, Expertin für chronische<br />
Wundversorgung im Landesklinikum Melk, NÖ<br />
WENN<br />
heilen<br />
DIE WUNDE<br />
NICHT WILL<br />
Bei chronischen Wunden müssen zuerst die Ursachen<br />
gefunden werden, die die Heilung stören.<br />
N<br />
eben akuten Wunden, die<br />
nach wenigen Tagen oder<br />
Wochen abgeheilt sind, gibt es solche,<br />
die chronisch werden können.<br />
„Eine Wunde ist chronisch, wenn<br />
sie innerhalb von vier bis zwölf<br />
Wochen nicht zu heilen beginnt“,<br />
erklärt Christine Schütz, diplomierte<br />
<strong>Gesund</strong>heits- und Krankenpflegerin<br />
im Landesklinikum Melk und Expertin<br />
für chronische Wundversorgung.<br />
„In einem solchen Fall reicht es<br />
nicht, die Wunde zu behandeln, es<br />
müssen die Faktoren ausgeschaltet<br />
werden, die die Heilung stören.“<br />
Ursachen für chronische Wunden<br />
Regelmäßige Reinigung<br />
K<br />
ommt es bei einer solchen<br />
Vorerkrankung zu einer Wunde,<br />
sollte man zur Ärztin, zum Arzt<br />
oder ins Krankenhaus fahren. Auch<br />
langer Druck auf dieselbe Stelle –<br />
bei Menschen im Rollstuhl oder bei<br />
Patientinnen und Patienten, die liegen<br />
müssen – führt dazu, dass das<br />
Gewebe unterversorgt ist und eine<br />
schlecht heilende Wunde entsteht,<br />
weiß Christine Schütz: „Das Um<br />
Interdisziplinäre Wundtherapie<br />
Seit Anfang der 1960er-Jahre<br />
der britische Wissenschaftler<br />
George Winter bei einem Experiment<br />
an Hausschweinen festgestellt<br />
hat, dass feuchte Wunden<br />
besser heilen, werden Wunden<br />
nicht mehr trocken behandelt.<br />
Das hat viele Vorteile: „Die Zellen<br />
sind im feuchten Milieu aktiver,<br />
außerdem verkleben Verbände<br />
nicht mehr mit der Wunde und<br />
die Versorgung ist damit schmerzarmer.“<br />
Zu nass darf die Wunde<br />
allerdings nicht sein. „Das Flüssigkeitsmanagement<br />
ist neben<br />
dem Infektionsmanagement in<br />
gibt es einige: Diabetes mellitus<br />
etwa schädigt durch den erhöhten<br />
Blutzuckerspiegel die Blutgefäße<br />
und Nerven. Dazu kommt, dass das<br />
Schmerzempfinden verringert ist<br />
und Druck schlechter wahrgenommen<br />
wird. „Ein Stein im Schuh, den<br />
man nicht spürt, reicht aus und es<br />
entsteht eine kleine Wunde, durch<br />
die Keime eindringen können und<br />
die chronisch wird.“ Auch arterielle<br />
Durchblutungsstörungen, ein<br />
geschwächtes Immunsystem im<br />
hohen Alter oder im Zuge einer<br />
Krebserkrankung sowie Venenerkrankungen<br />
stören die Heilung.<br />
und Auf in solchen Fällen ist die<br />
Druckentlastung.“ Erst wenn die<br />
Ursache bekannt ist und behoben<br />
wird, kann die lokale Wundtherapie<br />
erfolgreich sein. „Besonders wichtig<br />
ist die regelmäßige Reinigung,<br />
bei der geschädigtes und abgestorbenes<br />
Gewebe und Flüssigkeit entfernt<br />
werden“, erklärt die Krankenpflegerin.<br />
Die dabei angewendeten<br />
Methoden sind unterschiedlich.<br />
der chronischen Wundversorgung<br />
deshalb besonders wichtig“, sagt<br />
Schütz. In der Wundtherapie arbeitet<br />
das medizinische Personal nicht<br />
nur lokal an der Wunde. Denn viele<br />
Faktoren spielen eine Rolle, damit<br />
auch chronische Wunden heilen.<br />
„Ausreichende Hautpflege, Flüssigkeitszufuhr<br />
und entsprechende Ernährung<br />
mit vielen Nährstoffen sind<br />
wichtig. Genauso wie Fußpflege und<br />
orthopädisches Schuhwerk, damit<br />
keine neuen Wunden entstehen“,<br />
erklärt Schütz. Im Krankenhaus<br />
ist die chronische Wundtherapie<br />
deshalb immer interdisziplinär. n<br />
denn: „Offen lassen sollte man eine Wunde<br />
nie“, sagt Mania Pichler. „Es soll immer ein<br />
Pflaster oder ein Verband drauf, damit keine<br />
Keime eindringen können.“ Alle zwei bis drei Tage<br />
können diese gewechselt werden – sollten sie nass<br />
werden, bereits früher. Eine Wunde an der Luft<br />
trocknen zu lassen, empfiehlt die Unfallchirurgin<br />
nicht. „Sie braucht Feuchtigkeit, um gut zu heilen.<br />
Moderne Pflaster sind so konzipiert, dass das richtige<br />
Milieu vorhanden ist.“ Nach ein paar Tagen<br />
kann eine Wund- und Heilsalbe den Heilungsprozess<br />
unterstützen. Wie gut eine Verletzung heilt,<br />
hängt von mehreren Faktoren ab. Das Alter des<br />
Patienten spielt eine Rolle, ebenso wie Vorerkrankungen<br />
und die betroffene Körperstelle.<br />
WANN ZUR ÄRZTIN, ZUM ARZT?<br />
Ob es notwendig ist, zur Hausärztin, zum Hausarzt<br />
oder ins Krankenhaus zu fahren, hängt von<br />
verschiedenen Faktoren ab. Hört die Wunde<br />
nicht auf zu bluten, ist sie groß und tief und hat<br />
man starke Schmerzen, muss sie angeschaut werden.<br />
„Auch wenn sie stark verschmutzt ist – zum<br />
Beispiel, wenn sich ein Mechaniker verletzt und<br />
alles voller Öl ist – sollte man zur Ärztin, zum Arzt<br />
gehen“, erklärt Maria Eder. In jedem Fall medizi-<br />
Maria Eder, Diplomierte<br />
<strong>Gesund</strong>heits- und Krankenpflegerin<br />
im Landesklinikum Melk, NÖ<br />
„Offen lassen sollte man<br />
eine Wunde nie. Es soll immer<br />
ein Pflaster oder ein Verband<br />
drauf, damit keine Keime<br />
eindringen können.“<br />
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Ein Verband<br />
wird in der<br />
Regel alle zwei<br />
bis drei Tage<br />
gewechselt.<br />
WUNDEN<br />
nisch abgeklärt gehören Tierbisse. Denn Speichel<br />
und Schmutz können dabei tief eindringen und<br />
rasch zu einer Infektion führen. Versorgt man eine<br />
Wunde zunächst selbst, sollte man zum Arzt, wenn<br />
die Wundheilung nicht wie erwartet voranschreitet.<br />
Unfallchirurgin Mania Pichler erklärt, worauf<br />
man achten muss: „Ein bisschen rot darf die<br />
Wunde schon werden, das gehört zum Heilungsprozess.<br />
Wird sie aber dick, heiß, sehr rot, eitrig<br />
weiß oder ist ein roter Strich zu sehen, muss sich<br />
das auf jeden Fall eine Ärztin, ein Arzt anschauen.<br />
Auch wenn sich Fieber und ein Krankheitsgefühl<br />
einstellen.“<br />
TETANUSSCHUTZ ÜBERPRÜFEN<br />
Bei manchen Menschen reicht schon eine kleine<br />
Blutung und ihre Reaktion fällt heftig aus: Sie<br />
bekommen weiche Knie, ihnen wird schlecht,<br />
möglicherweise werden sie sogar ohnmächtig. „In<br />
diesem Fall hinlegen und die Beine hochlagern“,<br />
empfiehlt Krankenpflegerin Maria Eder.<br />
Übrigens, eines kann man im Hinblick auf die<br />
nächste Wunde schon heute machen: den eigenen<br />
Tetanusschutz überprüfen. Alle zehn Jahre sollte<br />
dieser aufgefrischt werden, über 61 Jahre alle fünf<br />
Jahre.<br />
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45
HAUT IM HERBST<br />
Die kalte Jahreszeit bietet wahrlich<br />
nicht die besten Voraussetzungen<br />
für streichelzarte, geschmeidige<br />
Haut. Kälte, Wind und Nässe draußen,<br />
trockene Heizungsluft drinnen,<br />
dazu wenig Sonne: Empfindliche<br />
Haut leidet unter diesen Bedingungen und<br />
reagiert mit Spannen, Jucken, rissigen Stellen,<br />
manchmal auch mit Ekzemen. „Im Winter ist die<br />
Haut besonderen Belastungsfaktoren ausgesetzt“,<br />
sagt Dr. Thomas Untergrabner, Hautarzt in Wiener<br />
Neustadt. Und er warnt: „Wer die Veranlagung<br />
dazu hat, dessen Haut lässt sich davon leicht irritieren.“<br />
Das bedeutet: Während manche Menschen<br />
keine oder kaum Probleme mit ihrer Haut im Winter<br />
haben, kämpfen andere mit Beschwerden und<br />
müssen der Reinigung und Pflege besondere<br />
Aufmerksamkeit widmen. Es ist aber nie der<br />
Winter allein, der der Haut zusetzt, betont<br />
Untergrabner. „Saisonalität ist nur einer<br />
von mehreren Faktoren. Die persönliche<br />
Veranlagung, aber auch psychische Faktoren<br />
wie Stress spielen eine große Rolle<br />
bei irritierter und trockener Haut.“ Auch<br />
das Alter kann zu mehr Trockenheit führen.<br />
„Im Alter verbleibt die Hornschicht<br />
länger am Körper, was dazu führt, dass sie<br />
weniger geschmeidig ist.“<br />
Dr. Thomas Untergrabner,<br />
Hautarzt, Wiener Neustadt<br />
„Saisonalität ist<br />
nur einer von mehreren Faktoren.<br />
Die persönliche Veranlagung,<br />
aber auch psychische<br />
Faktoren wie<br />
Stress spielen eine große<br />
Rolle bei irritierter<br />
und trockener<br />
Haut.“<br />
GESUNDE<br />
HAUT<br />
im Herbst und Winter<br />
Sie spannt und juckt, an manchen Körperstellen wird sie rissig: Empfindliche<br />
Haut braucht im Herbst und Winter eine Extraportion Aufmerksamkeit.<br />
GESUND & LEBEN erklärt, wie Sie jetzt Ihre Haut verwöhnen sollten.<br />
HÄUFIG EINCREMEN<br />
Was also tun, wenn es spannt und juckt? Wichtig<br />
ist, die Fettschutzschicht der Haut nicht zu stören,<br />
was durch zu häufiges Waschen und Verwendung<br />
von Reinigungsprodukten leicht passieren kann.<br />
„Zu viel Seife und Shampoo wirken sich schlecht<br />
auf empfindliche Haut aus“, sagt Untergrabner.<br />
Reinigungsmittel sollten daher sparsam eingesetzt<br />
werden. Nicht bei jedem Duschen muss der<br />
gesamte Körper eingeseift werden. Und: So angenehm<br />
heiße Bäder im Winter auch sind, die Haut<br />
wird dadurch stark strapaziert, einerseits aufgrund<br />
des warmen Wassers, andererseits durch Badezusätze,<br />
die sie reizen können. Wer unter trockener<br />
Haut leidet, badet deshalb am besten selten und<br />
eher kurz. Ausgiebig sollte hingegen die Hautpflege<br />
mit reichhaltigen Cremen ausfallen. Manche<br />
Körperstellen – Hände, Ellenbogen oder Füße<br />
– brauchen dabei eine Extraportion Zuwendung:<br />
„Häufiges Einschmieren mit einer fetthaltigen<br />
Creme hilft hier gut“, so Untergrabner.<br />
UREA GEGEN TROCKENHEIT<br />
Produkte mit dem Harnstoff Urea sind für trockene<br />
Haut besonders empfehlenswert. Urea, eigentlich<br />
ein körpereigener Stoff, der über Urin und<br />
Schweiß ausgeschieden wird, bindet Wasser und<br />
stabilisiert den Feuchtigkeitshaushalt der Haut,<br />
sodass sie geschmeidig bleibt. Fehlt Urea, wird die<br />
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46 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
47
HAUT IM HERBST<br />
EMPFEHLUNGEN des Monats<br />
Claudia Schauflinger, Autorin und Expertin<br />
für Hausmittel, Wien, www.kinderhausmittel.com<br />
GESUND & LEBEN im Gespräch mit Claudia Schaffer,<br />
die mit großer Leidenschaft alte Hausmittel-Ideen ins<br />
Heute rettet.<br />
Wie kann man Baby- und Kinderhaut im Winter gut vor<br />
Kälte schützen?<br />
Viele Eltern sind zurückhaltend, wenn es darum geht, zu viel auf<br />
die Haut ihrer Kinder zu schmieren. Bei starker Kälte und eisigem<br />
Wind ist eine Creme gegen Kälte aber durchaus sinnvoll. Auf<br />
Feuchtigkeitscremen sollte dabei verzichtet werden, weil ein hoher<br />
Feuchtigkeitsanteil bei Kälte der Haut schadet. Vor Kälte schützen<br />
am besten Cremen auf Wachs- oder Ölbasis. So wie eine Ringelblumensalbe,<br />
die man gut selbst herstellen kann. Man trägt sie auf<br />
Wangen und Nasenspitzen<br />
„KINDERHAUT<br />
IM WINTER<br />
SCHÜTZEN“<br />
auf, auch die Handrücken<br />
können damit eingecremt<br />
werden. Kinder wollen oft<br />
keine Handschuhe tragen,<br />
und so sind auch die Hände<br />
geschützt. Ist es wirklich extrem<br />
kalt, empfehle ich mit Babys unter sechs Monaten zu Hause<br />
zu bleiben. Solche kalten Tage sind bei uns ohnehin eher selten.<br />
Was kann man tun, wenn die Kinderhaut im Winter trocken ist?<br />
Pflege trägt man am besten abends auf, denn da ist die Haut besonders<br />
aufnahmefähig. Öle kann man nach dem Duschen auf die<br />
feuchte Haut auftragen – immer nur so viel, wie die Haut auch aufnehmen<br />
kann. Bei den Kleinen achtet man am besten darauf, welche<br />
Inhaltsstoffe die verwendeten Produkte enthalten. Was viele<br />
Kinder gerne mögen, sind Massagen. Die tun der Haut gut, stärken<br />
das Immunsystem und die psychische <strong>Gesund</strong>heit. Ein schönes<br />
Rundumpaket.<br />
Viele Kinder lieben Schaumbäder. Sind schäumende<br />
Badezusätze zu empfehlen?<br />
Alles, was schäumt, enthält Tenside, und die trocknen die Haut aus.<br />
Zweimal pro Woche ein Schaumbad ist sicherlich zu viel, eines ab<br />
und zu – das nicht zu lange dauert – hält gesunde Haut aber aus.<br />
Eltern werden bereits rund um die Geburt mit Probepackungen<br />
verschiedener Produkte überhäuft, die häufig nicht besonders förderlich<br />
für die Haut sind. Was das Duschen und Baden betrifft, gilt<br />
aber „weniger ist mehr“, gerade im Winter. Wenn es kalt ist, kommen<br />
die Kinder ja auch nicht jeden Tag schmutzig vom Spielplatz.<br />
Da ist es nicht notwendig, sie jeden Tag zu duschen oder zu baden.<br />
Zweimal in der Woche reicht.<br />
Der Bereich um die Lippen ist im Winter häufig gerötet,<br />
manchmal auch rissig. Was kann man dagegen tun?<br />
Kinder sind oft mit den Händen am Mund, dazu kommen die Kälte<br />
draußen und die Heizungsluft drinnen: Der Mund wird damit häufig<br />
zur Problemzone. Auch hier hilft Ringelblumensalbe, genauso wie<br />
Honig. Honig hat heilende Eigenschaften. Einfach auf die Lippen<br />
auftragen, einwirken lassen und irgendwann abschlecken. Das ist<br />
eine kindertaugliche Rezeptur! Aber Achtung: Babys unter einem<br />
Jahr dürfen keinen Honig essen.<br />
n<br />
Haut trocken. Über spezielle Pflegeprodukte kann<br />
Urea der Haut zugeführt werden und Trockenheit<br />
entgegenwirken. Was rissige Hände angeht, unter<br />
denen viele Menschen im Winter leiden, empfiehlt<br />
Untergrabner, sie nicht zu lange und zu oft<br />
zu waschen. „Auch Desinfektionsmittel braucht es<br />
normalerweise nicht, denn sie enthalten zusätzliche<br />
Reizstoffe.“ Ansonsten: oft eincremen. Nur<br />
im Gesicht ist laut Untergrabner Zurückhaltung<br />
bei der Pflege angebracht. „Da ist weniger mehr.<br />
Zu viel Pflege in Kombination mit zu viel Kosmetik,<br />
dazu trockene Luft und Stress führen etwa zu<br />
perioraler Dermatitis, einem Hautausschlag rund<br />
um den Mund.“ Woran man möglicherweise bei<br />
trockener Haut nicht sofort denkt, ist der Einfluss<br />
unserer Ernährung. „Histaminarme Ernährung<br />
ist bei Hautirritationen förderlich“, sagt Thomas<br />
Untergrabner. „Die Darmgesundheit generell hat<br />
einen Einfluss auf die Hautbeschaffenheit.“ Auch<br />
Kleidung beeinflusst die Haut:<br />
Raue Kleidung reibt auf der<br />
Haut – und auch manche<br />
Waschmittel tun ihr nicht<br />
gut. SANDRA LOBNIG n<br />
Perioraler Dermatitis,<br />
ein Hautauschlag rund<br />
um den Mund,<br />
ist oft zu viel Kosmetik,<br />
trockener Luft und<br />
Stress geschuldet.<br />
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in das leicht erwärmte Öl einschmelzen, in<br />
saubere Tiegel abfüllen. Zur Lippenpflege,<br />
als Hautschutz bei Kälte und zur Pflege<br />
kleiner, oberflächlicher Hautirritationen<br />
verwenden.<br />
Öl und Salbe sind normalerweise gut<br />
verträglich, außer bei einer Allergie gegen<br />
Korbblütler.<br />
n<br />
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redaktion@gesundundleben.at ÄrzteVerlag GmbH; oder Kennwort: geben sie das Kreuzworträtsel Lösungswort unter <strong>10</strong>/23, www.gesundundleben.at/raetselgewinnspiel Währinger Straße 65, <strong>10</strong>90 Wien oder per E-Mail ein an .<br />
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