Gesund & Leben 2023/10
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ERNÄHRUNG<br />
Uns wieder in den Rhythmus der Natur einzugliedern<br />
und auf die Signale unseres Körpers zu achten – das steht<br />
bei der Ernährung auf Grundlage der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin im Fokus. GESUND & LEBEN hat<br />
der 5-Elemente-Küche in den Topf geschaut.<br />
ZURÜCK ZUM<br />
Ursprung<br />
Mit einem hartnäckigen Mythos<br />
über die Küche der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin (TCM)<br />
räumt Ernährungsberaterin Mag.<br />
Nina Mandl gleich zu Beginn auf:<br />
„Viele Menschen glauben, dass<br />
TCM-Ernährung bedeutet, nur noch asiatisch oder<br />
mit Wurzeln kochen zu dürfen. Darum geht es<br />
überhaupt nicht, im Gegenteil: Wir sprechen von<br />
einer ausgewogenen Ernährungsphilosophie mit<br />
starker regionaler und saisonaler Ausrichtung.“<br />
Neben Akupunktur, Heilkräuter- und Bewegungstherapien<br />
wie Tai-Chi und Qigong<br />
zählt die Ernährung zu den wichtigsten<br />
Säulen des Behandlungssystems der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin. Konkret<br />
geht es darum, unseren Körper wieder in<br />
ein harmonisches Gleichgewicht<br />
zu bringen, in dem die<br />
<strong>Leben</strong>senergie ungehindert<br />
fließen kann.<br />
„In der westlichen Medizin<br />
orientieren wir uns sehr stark<br />
an Blutwerten und bildgebenden<br />
Verfahren und versuchen,<br />
Ungleichgewichte rasch durch<br />
Medikamente auszugleichen.<br />
Die TCM sieht die Ernährung<br />
hingegen als ersten Ansatzpunkt.<br />
Erst, wenn damit keine Erfolge bei leichteren<br />
Beschwerden erzielt werden, kommt die Arzneimitteltherapie<br />
zum Einsatz“, erklärt Mandl.<br />
KÖRPERSIGNALE WAHRNEHMEN<br />
Doch wie erkennt man, in welchen Bereichen<br />
unseres Körpers ein Ungleichgewicht herrscht?<br />
„Wir sprechen von<br />
einer ausgewogenen<br />
Ernährungsphilosophie<br />
mit starker regionaler und<br />
saisonaler Ausrichtung.“<br />
Mag. Nina Mandl, Ernährungsberaterin,<br />
Wien, www.ninamandl.at<br />
„Als Basisdiagnostik in der TCM gelten die Pulsund<br />
Zungenuntersuchung. So wird der Puls an<br />
drei Stellen beider Handgelenke gemessen und<br />
dann sowohl das ‚Volumen‘ als auch die ‚Qualität‘<br />
des Pulses beurteilt. Ein ‚schlüpfriger‘ Puls kann<br />
etwa Hinweise auf eine Feuchtigkeitsansammlung<br />
im Körper, ein sehr langsamer Puls Hinweise<br />
auf eine kältebedingte Erkrankung geben“, erklärt<br />
Nina Mandl. Bei der chinesischen Zungendiagnose<br />
sind die einzelnen Zungenzonen bestimmten<br />
Organen zugeordnet. Durch die Begutachtung<br />
von Zungenfarbe, -form und -belag können<br />
etwa Rückschlüsse auf Störungen der Verdauungsorgane,<br />
Blutmangel oder entzündliche<br />
Prozesse im Körper gezogen werden.<br />
Chronische und ernsthafte Erkrankungen<br />
lassen sich mit diesen Methoden freilich<br />
nicht erkennen, jedoch sind<br />
sie gute Möglichkeiten, um<br />
einen Einblick in die Vorgänge<br />
des eigenen Körpers<br />
zu gewinnen: „Der wichtigste<br />
Schritt ist, wieder die Signale<br />
des eigenen Körpers wahrzunehmen.<br />
Diesen Urinstinkt<br />
haben wir leider aufgrund<br />
unserer schnelllebigen Zeit<br />
immer mehr verlernt“, sagt die<br />
Ernährungsexpertin. Dabei<br />
seien insbesondere Beschwerden wie Blähungen,<br />
Menstruationsschmerzen oder sogar ein unerfüllter<br />
Kinderwunsch in vielen Fällen durch eine<br />
Ernährungsumstellung behandelbar. „Viele Menschen<br />
ernähren sich vermeintlich gesund, essen<br />
zum Beispiel sehr viel Salat und anderes rohes<br />
Gemüse und Obst, klagen aber trotzdem häufig<br />
FOTOS: NINA MANDL, BEIGESTELLT, ISTOCK_MARILYNA, _ESKEMAR<br />
Kochen im Zyklus<br />
der 5 Elemente<br />
Holz<br />
Frühling,<br />
sauer, Leber,<br />
Gallenblase<br />
Wasser<br />
Winter, salzig,<br />
Nieren, Blase<br />
Feuer<br />
Frühsommer, bitter,<br />
Herz, Dünndarm<br />
Mag. Nina Mandl<br />
ist am 31.<strong>10</strong>.<strong>2023</strong> zu<br />
Gast im neuen Podcast<br />
„gesund & glücklich“ von<br />
KATI BELLOWITSCH UND<br />
GESUND & LEBEN<br />
zum Thema<br />
TCM-Ernährung.<br />
Erde<br />
Spätsommer,<br />
mild, süß,<br />
Milz, Magen<br />
Metall<br />
Herbst, scharf,<br />
Lunge, Dickdarm<br />
über Bauchschmerzen oder bekommen<br />
sogar eine Fettleber diagnostiziert.<br />
Rohkost bleibt lange im Darm<br />
liegen und es kann sogar passieren,<br />
dass ein Teil der Nahrung im Bauch<br />
zu gären beginnt, zum Beispiel, wenn<br />
eine große Menge Salat am Abend gegessen<br />
wird“, erklärt Mandl. Eine gesunde Verdauung<br />
und damit ein gesunder Darm sind wichtige<br />
Voraussetzungen für einen guten Stoffwechsel.<br />
„Die TCM-Ernährung setzt daher vorwiegend auf<br />
warme Mahlzeiten, die vom Körper gut aufgenommen<br />
werden können. Die Transformationsleistung<br />
der Milz wird optimiert und der gesamte Stoffwechsel<br />
angekurbelt“, sagt Mandl. Gemüsesuppen,<br />
Eintöpfe, Schmorgerichte oder Kompotte sollten<br />
daher genauso am Speiseplan stehen wie im ganzen<br />
Korn gekochtes Getreide, beispielsweise Hirse,<br />
Reis, Quinoa, Gerste, Dinkel oder Kamut. Milch<br />
und Milchprodukte werden hingegen eher selten<br />
verzehrt, da diese aus Sicht der TCM kühlend,<br />
befeuchtend und verschleimend wirken können.<br />
„Allgemein ist ein <strong>Leben</strong>smittel umso wertvoller, je<br />
näher es seinem Ursprung ist, das heißt, je weniger<br />
es verarbeitet wurde. Auch die Verwendung der<br />
Mikrowelle und das Tieffrieren minimieren die<br />
enthaltene <strong>Leben</strong>senergie“, gibt die Ernährungsexpertin<br />
zu bedenken.<br />
KOCHEN NACH DEN ELEMENTEN<br />
Die Küche der Traditionellen Chinesischen Medizin<br />
basiert auf den fünf Elementen Feuer, Erde,<br />
Metall, Wasser und Holz. „Diese korrespondieren<br />
mit den fünf Geschmacksrichtungen bitter, süß,<br />
scharf, salzig und sauer. Sie haben jeweils eine<br />
ganz spezifische Wirkung auf unsere Organe und<br />
sämtliche Prozesse im Körper. Genau diese Wirkung<br />
wollen wir uns mit dem Kochen nach den<br />
fünf Elementen zunutze machen“, erklärt Mandl.<br />
Man versucht, alle Speisen besonders ausgewogen<br />
und bekömmlich zu gestalten, indem alle fünf<br />
Geschmacksrichtungen – und somit alle fünf Elemente<br />
– in jede Speise integriert werden. Darüber<br />
hinaus variieren die verwendeten Zutaten und<br />
auch die Zubereitungsmethoden entsprechend<br />
der aktuellen Jahreszeit. „Damit wird ein möglichst<br />
ausgeglichenes energetisches und auch thermisches<br />
Verhältnis zwischen Umwelt und Körper<br />
angestrebt“, sagt Mandl.<br />
n FRÜHLING<br />
So wird im Frühling versucht, die Leber zu entlasten<br />
und zu reinigen, damit sie wieder besser arbeiten<br />
kann. Bitterstoffe wie Löwenzahn, Chicorée,<br />
18 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
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