Gesund & Leben 2023/10
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DARMSPIEGELUNG ZUR<br />
DARMKREBS-VORSORGE<br />
Früherkennung und Entfernung von kleineren Polypen ist nur mithilfe<br />
einer Koloskopie möglich. Fokus des Screening-Programms darf daher<br />
nicht auf Stuhl-Schnelltests liegen, sondern auf der Darmspiegelung.<br />
Dr. Bonni Syeda<br />
„Darmkrebs ist eine Tumorform,<br />
bei der durch rechtzeitige Vorsorge<br />
das Auftreten von Tumorvorstufen<br />
erkannt und durch ihre Entfernung<br />
mittels Koloskopie Darmkrebs<br />
verhindert werden kann.“<br />
Dr. Erik Randall Huber,<br />
Obmann der Kurie<br />
niedergelassene Ärzte<br />
und Vizepräsident<br />
der Ärztekammer<br />
für Wien<br />
Dr. Bonni Syeda,<br />
Internistin und Obfrau<br />
der Sektion Fachärzte<br />
der Wiener<br />
Ärztekammer<br />
6 GESUND & LEBEN <strong>10</strong>/23<br />
FOTOS: ISTOCK_ MI-VIRI; STEFAN SEELIG; PRIVAT BEIGESTELLT<br />
Die Wiener Ärztekammer begrüßt grundsätzlich<br />
das von der Bundesregierung<br />
angekündigte österreichweite Darmkrebs-Screening-Programm.<br />
Das Projekt,<br />
bei dem Wien eine von drei Pilotregionen<br />
sein soll, bevor es österreichweit ausgerollt wird,<br />
„kann aber nur dann nachhaltig funktionieren,<br />
wenn die Ärzteschaft bereits in der Planungsphase<br />
und klarerweise in der Umsetzungsphase<br />
aktiv eingebunden wird“, betont Dr. Erik Randall<br />
Huber, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien<br />
und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte. Im<br />
Gegensatz zum bestehenden Programm bietet<br />
das neue Darmkrebs-Screening-Programm den<br />
Patientinnen und Patienten eine Wahlmöglichkeit<br />
zwischen einem Stuhl-Schnelltest und einer<br />
Darmspiegelung. Dabei dürfe den Patientinnen<br />
und Patienten aber nicht eine falsche Gleichwertigkeit<br />
suggeriert werden.<br />
5.000 DARMKREBSFÄLLE PRO JAHR<br />
Etwa 5.000 Menschen in Österreich erkranken<br />
jährlich an Darmkrebs und mehr als die Hälfte<br />
davon stirbt an den Folgen dieser dritthäufigsten<br />
Krebserkrankung. „Darmkrebs ist aber eine<br />
Tumorform, bei der durch rechtzeitige Vorsorge<br />
das Auftreten von Tumorvorstufen erkannt und<br />
durch ihre Entfernung mittels Koloskopie Darmkrebs<br />
verhindert werden kann“, sagt Dr. Bonni<br />
Syeda, Internistin und Obfrau der Sektion Fachärzte<br />
der Wiener Ärztekammer. Derzeit nehmen<br />
österreichweit nur etwa 15 bis 20 Prozent der<br />
Menschen eine Vorsorgekoloskopie in Anspruch.<br />
Durch das geplante strukturierte Darmkrebs-<br />
Screening-Programm mit postalischen Einladungen<br />
könne diese Zahl hoffentlich gesteigert und<br />
die hohe Sterberate gesenkt werden.<br />
KOLOSKOPIE MIT VIELEN VORTEILEN<br />
Im Darmkrebs-Screening-Programm ist jedoch<br />
eine Wahlfreiheit zwischen einer Vorsorgekoloskopie<br />
und einem Stuhl-Schnelltest (FIT) durch<br />
den medizinischen Laien vorgesehen. „Wir sehen<br />
das kritisch, weil diese Schnelltests erst anschlagen,<br />
wenn ein Darmpolyp – eine Krebsvorstufe<br />
– in der Größe weit fortgeschritten und bereits<br />
Blut im Stuhl vorhanden ist. Hingegen können<br />
mit einer Vorsorge-Koloskopie bereits kleine Polypen<br />
in einem weit früheren Stadium im Rahmen<br />
der Untersuchung erkannt und gleich entfernt<br />
werden“, so Syeda. Weiters muss nach einem<br />
positiven Stuhlschnelltest erst recht wieder eine<br />
Koloskopie durchgeführt werden. Die dann zu<br />
entfernenden Darmpolypen sind aber weit größer<br />
und die Untersuchung ist mit mehr Zeitaufwand<br />
und größerem Untersuchungsrisiko verbunden.<br />
Für die Vorsorgekoloskopie ist zudem mittels qualitativ<br />
hochwertiger Studien nachgewiesen, dass<br />
die darmkrebsbedingte Sterblichkeit bei den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern gesenkt werden<br />
kann. Für den Stuhlschnelltest fehlt diese Evidenz.<br />
„Daher sollten den am Darmkrebs-Screening<br />
Programm teilnehmenden Menschen primär eine<br />
Vorsorge-Darmspiegelung angeboten werden<br />
und lediglich bei Gegenanzeigen der Stuhltest“, so<br />
Syeda. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass statt<br />
wie bisher eine tatsächliche Krebsvorsorge, künftig<br />
lediglich eine Krebs-Früherkennung erfolgen<br />
werde. Selbstverständlich seien alle niedergelassene<br />
Labormediziner und Endoskopiker in Wien<br />
bereit, am Screening-Programm sowie an der<br />
Abwicklung und Auswertung der Stuhl-Schnelltests<br />
mitzuwirken. Die Schnelltests sollten aber<br />
nicht nur über eine zentrale Stelle, sondern auch<br />
direkt in den Ordinationen der endoskopierenden<br />
Ärztinnen und Ärzte ausgewertet werden dürfen.<br />
Dann kann bei einem pathologischen Befund<br />
gleich die Planung einer Koloskopie eingeleitet<br />
werden. „Jedenfalls muss im Sinne einer Krebsvorsorge<br />
statt Krebs-Früherkennung der Schwerpunkt<br />
des Vorsorgeprogramms auf der Koloskopie<br />
liegen und nicht beim Stuhl-Schnelltest. Wir sind<br />
auch gerne bereit, unsere Expertise in das Projekt<br />
einzubringen und als Projektpartner aufgenommen<br />
zu werden“, so Huber abschließend. n<br />
7