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Stadtmagazin Bremen Februar 2023

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RECHT UND GELD<br />

„Langfristig wird es sich lohnen“<br />

Dr. Sascha Otto von der Sparkasse <strong>Bremen</strong> gibt Tipps zum Thema Geldanlage<br />

Zuletzt schien es schwierig, das eigene<br />

Ersparte vernünftig anzulegen. Minimale<br />

Zinsen bei den Geldinstituten<br />

sowie Skandale wie bei Wirecard oder<br />

Lehman schwächten das Vertrauen in die<br />

Finanzmärkte. Wir sprachen mit dem Leiter<br />

des Wertpapier- und Portfoliomanagements<br />

der Sparkasse <strong>Bremen</strong>, Dr. Sascha Otto, darüber,<br />

wie er die Situation an den Märkten in<br />

den aktuellen Krisenzeiten einschätzt und<br />

fragten den „Börsenflüsterer“, was er all jenen<br />

Menschen derzeit empfiehlt, die Geld<br />

beispielsweise für ihre Altersvorsorge anlegen<br />

wollen.<br />

Wie sehen Sie die momentane Situation<br />

am Kapitalmarkt?<br />

Grundsätzlich wird sich die Situation aus<br />

meiner Sicht deutlich bessern. Derzeit gibt<br />

es einige große wirtschaftliche Herausforderungen,<br />

die natürlich auch an den Kapitalmärkten<br />

nicht vorbeigehen. Wir haben<br />

gerade die Coronapandemie überwunden,<br />

inklusive der daraus folgenden Lieferketten-<br />

und Chinaproblematik, seit einem Jahr<br />

herrscht zudem Krieg in der Ukraine. Die<br />

Inflationsrate ist sehr hoch und obendrauf<br />

kommt noch der Klimawandel. Dennoch<br />

erscheint mir momentan das Umfeld für<br />

Investitionen wieder sehr gut.<br />

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?<br />

Zum einen gibt es wieder Zinsen. Zum anderen<br />

haben die Unternehmen, die von mir<br />

angesprochenen Krisen einigermaßen gut<br />

bewältigt. Die Aktienkurse tendieren nach<br />

oben, viele Unternehmen haben Dividenden<br />

ausgezahlt und Rekordgewinne erwirtschaftet<br />

– in Deutschland und weltweit. Zudem<br />

führt der Klimawandel dazu, dass Unternehmen<br />

neue Geschäftsstrategien entwickeln<br />

Foto: Sparkasse <strong>Bremen</strong><br />

und auch neue Unternehmen entstehen. Ich<br />

treffe jetzt mal eine Pauschalaussage: Derzeit<br />

ist ein guter Moment zu investieren,<br />

wenn man einen langen Atem mitbringt und<br />

die Kapriolen, die an den Kapitalmärkten<br />

passieren, bereit ist, auszuhalten. Langfristig<br />

wird es sich lohnen.<br />

Viele Menschen, die versucht haben über<br />

Aktien Geld für ihre Altersvorsorge anzusparen,<br />

sind nach Skandalen wie die um<br />

die Pleite der Investmentbank Lehman<br />

Brothers oder zuletzt Wirecard verunsichert.<br />

Was raten Sie denen?<br />

Generell gilt es, sich möglichst breit aufzustellen<br />

und nicht nur auf eine Karte zu setzen.<br />

Dann ist es möglich, solche Einbrüche<br />

bei einzelnen Kursen einfacher zu verkraften.<br />

Ich glaube, dass so etwas, wie bei den<br />

beiden von Ihnen genannten Beispielen<br />

immer wieder vorkommen wird. Wir werden<br />

immer kriminelle Energie bei Unternehmen<br />

haben, ich glaube, das liegt einfach<br />

in der menschlichen Natur. Gerade bei Wirecard<br />

wirkte die Situation für viele Anleger<br />

sehr verlockend: ein junges Tech-Unternehmen<br />

aus Deutschland mit einer großen<br />

Wachstums- und Erfolgsstory. So etwas hat<br />

natürlich zunächst viele Anleger :innen angezogen.<br />

Leider hat die sich im Nachhinein<br />

als komplett erfunden herausgestellt.<br />

Haben Sie einen Tipp, worauf man als<br />

Anleger:in achten sollte?<br />

Nicht alles nur auf eine Karte zu setzen. Ich<br />

stelle mir bei jeder Anlage als erstes die Frage,<br />

was passiert, wenn ich mich irre. Wenn<br />

ich merke, dass ich den kompletten Verlust<br />

eventuell nicht verkraften könnte, mache ich<br />

die Anlage nicht, ganz simpel. Deshalb versuche<br />

ich auch ein Portfolio so aufzubauen,<br />

dass es möglichst viel beinhaltet. Aus meiner<br />

Sicht gehören in ein gutes Portfolio Anleihen,<br />

Aktien und zwar aus verschiedene Branchen.<br />

Auch wenn ich vielleicht eine Lieblingsbranche<br />

habe, sollte man sich trotzdem auch in<br />

solchen, die man nicht so sehr schätzt, breit<br />

aufstellen. Über Sparpläne gibt es diverse<br />

Möglichkeiten, auch schon mit relativ wenig<br />

Geld, relativ viel zu machen.<br />

Ab welchem Alter lohnt es sich, einen<br />

Sparplan zu erstellen?<br />

Je eher desto besser – und das sage ich Ihnen<br />

nicht nur, weil ich Banker bin. Mit dem<br />

ersten Gehalt beispielsweise, kann man<br />

beginnen, monatlich 50 Euro einzuzahlen.<br />

Natürlich tut das anfangs weh, gerade wenn<br />

man noch nicht sehr viel Geld verdient.<br />

Aber dann hat man die 50 Euro auch recht<br />

schnell schon gedanklich abgehakt. Aber<br />

auch für diejenigen, die schon etwas älter<br />

sind gilt: Besser spät, als nie. Ein Sparplan<br />

lohnt sich auch mit Kleinbeträgen.<br />

Dennoch sind viele Menschen aufgrund<br />

der vielen Krisen der vergangenen Jahre<br />

verunsichert, wie nun mit dem Erspartem<br />

umzugehen ist …<br />

Das ist verständlich, weshalb man sich genau<br />

überlegen sollte, wie viel Geld man<br />

monatlich sparen kann beziehungsweise<br />

will. Denn wenn man trotz aller Krisen auf<br />

die letzten 30 Jahre des Deutschen Aktienmarktes<br />

guckt, so sieht man, dass sich der<br />

Wert der Anlagen trotz Irakkrieg, Bankenkrise,<br />

Euroschuldenkrise, Coronapandemie,<br />

Lehman, Wirecard und Ukrainekrieg in diesem<br />

Zeitraum verfünfzehnfacht hat.<br />

Haben Sie einen abschließenden Tipp für<br />

die Altersvorsorge?<br />

Am Anfang sollte man sich überlegen, wo<br />

man einmal hin will. Die Fragen sind dann:<br />

Wann will ich in Rente gehen? Was brauche<br />

ich dann zum Leben? Will ich eine Einmalzahlung<br />

oder monatlich Geld haben? Ich<br />

kann nur jeder und jedem empfehlen, sich<br />

einmal etwas Zeit zu nehmen und sich mit<br />

dem Thema Geld auseinanderzusetzen. Ziel<br />

sollte aus meiner Sicht sein, möglichst früh<br />

zu versuchen, monatlich etwas Geld zurückzulegen.<br />

Ein Beispiel: Wenn es möglich ist,<br />

100 Euro zu sparen, würde ich 50 Euro in<br />

Wertpapieren anlegen und 50 Euro auf ein<br />

Sparkonto tun, an das ich jederzeit heran<br />

kann. Aus meiner Sicht ist die Zeit dafür derzeit<br />

ideal, da wir momentan von stark wachsenden<br />

Märkten ausgehen. (MÄR)<br />

Der „Bremer Börsenschnack – ein Podcast mit<br />

Dr. Sascha Otto und Patrick Paech“ ist bei allen<br />

gängigen Anbietern wie Spotify, Apple Music<br />

und Co. zu finden. Jeden Montag gibt es ein<br />

anderes Börsenthema.

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