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Liebe StadtBild-Leser,<br />
Görlitz mit seinen zahlreichen historischen Bauwerken, wie zum<br />
Beispiel der spätgotischen Peterskirche, dem Rathaus und seiner<br />
prächtigen Renaissancetreppe, dem Schönhof, dem Untermarkt<br />
und Obermarkt sowie den vielen sanierten Häusern in der<br />
Altstadt, wird immer schöner. Görlitz - eine Perle der deutschen<br />
Städte wird damit immer attraktiver für die Touristen in In-und<br />
Ausland.<br />
Obermarkt Nr. 2 - dieses prächtige Haus mit seiner Geschichte -<br />
wird zur Zeit saniert. In dieser <strong>Ausgabe</strong> können Sie sich, liebe<br />
Leser über die historischen und baulichen Zusammenhänge zu<br />
diesem Gebäude informieren.<br />
Stadtgeschichte lebendig zu erhalten, ist wichtig, - ja sogar<br />
lebensnotwendig.! Mit unseren Geschichten wollen wir dazu<br />
beitragen, bei unseren Bürgern Geschichtsbewusstsein und Stolz<br />
auf ihre Vaterstadt auszuprägen. In diesem Sinne sind auch die<br />
historischen Beiträge zu verstehen.<br />
Aktuelle Informationen erhalten Sie durch den Vorstandsvorsitzenden<br />
der Stadtwerke AG Jean-Marie Hubert und seinem<br />
Stellvertreter Herrn Rohmann durch unser Interview. Sicher wird<br />
es Sie interessieren, wie Herr Hubert, der in Paris aufgewachsen<br />
ist, Görlitz erlebt.<br />
Liebe Leser, schreiben Sie uns doch, was Ihre Eindrücke bei der<br />
Schönheitskur für unsere Stadt sind. Was ist Ihnen besonders<br />
positiv aufgefallen, wo sehen Sie Schwächen und Probleme. Wir<br />
freuen uns auf Ihre Post!<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht die Stadtbild Redaktion<br />
Carl-von-Ossietzky-Str. 45<br />
02826 Görlitz<br />
http://www.stadtbild-verlag.de<br />
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Tel.: 03581/ 40 13 37<br />
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Dipl.Ing. Eberhard Oertel<br />
Redaktion:<br />
Cornelia Kloß<br />
Kerstin Jähne<br />
Layout: Thomas Oertel<br />
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und Manuskripte wird keine<br />
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Alle Artikel sind urheberrechtlich<br />
geschützt. c <strong>Juni</strong> <strong>2002</strong><br />
-Anzeige-
Wir versuchten, die Geschichte des Pönfalles<br />
bis zu dieser Stelle in der Form einer<br />
Erzählung zu halten - einer Erzählung<br />
freilich, in der der Leser nur zu oft schon<br />
gemerkt haben wird, dass sie an allen<br />
wesentlichen Stellen geradezu aktuell<br />
anmutet. Das, was sich nun aber nach<br />
vollzogener Unterschrift in Görlitz abspielte,<br />
ist in seinem Ablauf so zwingend zeitgemäß,<br />
dass es ganz überflüssig ist, hier<br />
noch eine romanhafte Form der Darstellung<br />
zwecks besserer Verdeutlichung zu wählen;<br />
im Gegenteil, wir Menschen von heute<br />
werden mit Verwunderung feststellen, dass<br />
sich nun im kleinen, an einer Stadt etwa,<br />
ganz das gleiche Schicksal vollzieht, das<br />
wir in den letzten Jahrzehnten bis in die<br />
unmittelbare Gegenwart herein selber<br />
erlebt haben. Das die Verträge von Prag eine<br />
verzweifelte Ähnlichkeit mit Versailles<br />
haben, ist nicht schwer zu erkennen. Eine<br />
für damalige Verhältnisse ungeheure Summe<br />
wird erpresst, dazu werden alle Privilegien<br />
der Stadt für nichtig erklärt. Zunächst<br />
erklärt sich niemand zur Unterschrift bereit,<br />
aber der Hinweis auf Gewalt genügt, um die<br />
zitternden Ratsherren willig zu machen.<br />
Daraufhin werden die Stadtgebiete besetzt,<br />
zwar mit einer lächerlich geringen Anzahl<br />
Johannes Wüsten ( 1896 - 1943 )<br />
Soldaten, aber das noch gerüstete Heer des<br />
Siegers von Mühlberg steht grölend im<br />
Hintergrund. Nach vollzogener Unterschrift<br />
war es das erste, dass die “Großkapitalisten”<br />
von Görlitz erklärten, sie könnten nicht zahlen.<br />
Also musste das Volk ran. Eine Ausnahme<br />
bildete rühmlich der Erbauer des Schönhofs<br />
(vermutlich auch der Rathaustreppe),<br />
Wendel Roßkopf, der eine für seine Verhältnisse<br />
sehr hohe Summe freiwillig gab.
Bei den anderen “Reichen” von Görlitz half<br />
erst die Androhung von Gewalt seitens des<br />
Königs. Inzwischen nahm man, wo man<br />
überhaupt nur Aussicht sah, Anleihen auf,<br />
und der Staat Görlitz geriet in schwerste<br />
Schulden. Nachdem die ersten Tribute gezeichnet<br />
waren - selbstredend hatte man<br />
inzwischen der Stadt alle Waffen, Kanonen<br />
usw. weggenommen - ließ man sich in Prag<br />
zu gewissen Verhandlungen nieder. Auch<br />
damals war man schon so schlau, zu wissen,<br />
dass man den Sklaven leben lassen muss,<br />
wenn er was einbringen soll. Man gab also<br />
den Städten langsam ihre Privilegien<br />
zurück, soweit es ratsam erschien. Aber<br />
natürlich musste jedes einzelne Vorrecht<br />
mit neuen Summen dem Sieger abgekauft<br />
werden. Es versteht sich auch von selbst,<br />
dass alle möglichen königlichen Räte sich<br />
zu besonderen “Hilfeleistungen” bereit erklärten,<br />
wenn man ihnen eine angemessene<br />
Entschädigung bereitzustellen willens sei.<br />
Und wie wirkte sich die Erfüllungspolitik<br />
für Görlitz aus? Hat man sich langsam<br />
empor gehungert? Und hat man den Gegner<br />
davon überzeugt, dass er sich ins eigene<br />
Fleisch schnitt, wenn er die Stadt bis zum<br />
Weißbluten aussaugte?<br />
Nun, vom letzteren brauchte man ihn nicht<br />
zu überzeugen, das wusste er selber. Aber<br />
auch Rotbluten bringt einen herunter.<br />
Jahrhunderte lang konnte die Stadt nicht<br />
mehr leben und sterben. Erst eine völlig<br />
neue Zeit, eine Zeit, die die entscheidenden<br />
Fehler von <strong>15</strong>27 korrigierte, eine Zeit, die<br />
endlich dem sozialen Aufstieg Rechnung<br />
trug, hat Görlitz wieder zur Blüte bringen<br />
können. Im Grunde aber war alles nun so<br />
neu geworden, dass der Vergleich mit dem<br />
Ehedem kaum noch zu führen geht. Wollen<br />
wir aus der Geschichte lernen, dann müssen<br />
wir die Fehler eingestehen, die gemacht<br />
worden sind. Gewiss, die Zeit für die Städte<br />
- so stellt man heute meist fest, war vorüber,<br />
die Zeit der Fürstengewalt begann. Aber<br />
man muss doch einmal fragen, warum begann<br />
denn die? Warum zerfiel schließlich<br />
das ganze deutsche Reich, die - größte europäische<br />
Macht des Mittelalters - nominell<br />
ein Kaiserreich, in Wahrheit aber eine<br />
Republik ?<br />
Es zerfiel, weil die Städte, die eigentlichen<br />
Trägerinnen aller Macht und aller Kultur,<br />
ihre vornehmste Aufgabe vergessen hatten,<br />
nämlich dafür zu sorgen, dass jederzeit dem<br />
Tüchtigen freie Bahn werde. Die Natur hält<br />
sich nun einmal nicht an Standesvorurteile<br />
mit ihren Gaben, ein Schweinehirt kann ein<br />
Genie sein und ein Königssohn ein Trottel.<br />
Alle Revolutionen wurden von niedergehaltenen<br />
Begabungen gemacht, von einsichtigen<br />
Köpfen, denen man ein besseres
Dasein mit Gewalt vorenthielt. Mit dem<br />
Begriff von “Massen”, die sich erheben,<br />
kann man gar nichts erkennen, denn diese<br />
Massen werden erhoben, sie erheben sich<br />
nie von selbst. Man begeht so leicht den<br />
Irrtum, eine Revolte mit einer Revolution<br />
zu verwechseln. Und an dieser verhängnisvollen<br />
Verwechslung ging auch Görlitz zu<br />
Grunde. Was die Handwerker von Görlitz<br />
von <strong>15</strong>25 bis <strong>15</strong>27, erst mit Protesten,<br />
schließlich mit der blanken Waffe zu<br />
erzwingen versuchten, waren nichts als<br />
Forderungen einer naturnotwendigen,<br />
menschlichen Freiheit, der andere Stadträte<br />
zum Teil bereits<br />
Rechnung getragen<br />
hatten.<br />
In Görlitz ist das krasse Ende einer der<br />
blühendsten deutschen Städte auf das engste<br />
mit dem Namen des Stadtschreibers Haß<br />
verknüpft. Dieser ebenso begabte wie<br />
reaktionäre Mann hielt mit verhängnisvoller<br />
Starrheit an dem mittelalterlichen System<br />
fest, sah in Luther einen grimmig zu verfolgenden<br />
Feind, wollte mit dem Humanismus<br />
nichts zu tun haben, pochte engherzig auf<br />
die Vorrechte einer herrschenden Klasse,<br />
der die anderen bedingungslos zu gehorchen<br />
haben als der einzigen, von Gott<br />
gewollten Ordnung der Dinge, und ging<br />
gegen jeden Andersgesinnten mit maßloser<br />
Grausamkeit vor.
Den Zusammenbruch seiner rückständigen<br />
Politik zu erleben, dazu starb er ein paar<br />
Jahre zu früh, <strong>15</strong>44, im Alter von 69 Jahren.<br />
Auch er hätte sonst wohl im Kerker von<br />
Prag angesichts der Folterwerkzeuge, mit<br />
denen er so gut umzugehen verstand,<br />
darüber nachsinnen können, was es heißt,<br />
sich gegen die Forderungen seiner Zeit zu<br />
stemmen und die Freiheit der Mitmenschen<br />
mit Füßen zu treten.<br />
Was wäre übrigens bei einem energischen<br />
Widerstand geschehen? Warum nutzte man<br />
die enormen und ganz modernen Befestigungswerke<br />
nicht aus?<br />
Die Antwort kann eigentlich nur lauten:<br />
weil die genusssüchtige Klasse von Despoten<br />
im Augenblick der Gefahr sich so<br />
benahm, wie sich diese Sorte von Menschen<br />
dann immer benimmt: aller gesunden<br />
Instinkte bar, lässt sie sich einfach von den<br />
Ereignissen treiben. Am 2. <strong>Juni</strong> wusste man,<br />
dass man in die ärgste Ungnade gefal-len<br />
war. Man sah, wie Ferdinand in Böhmen<br />
harte Strafgerichte verhängte. Man zitterte<br />
vor dem, was bevorstand, aber wie der<br />
Frosch in den Rachen der Natter, so ging<br />
man trotz allem nach Prag. Fast zur gleichen<br />
Zeit war Magdeburg in die selbe Lage<br />
gekommen wie Görlitz. Und was tat da<br />
Magdeburg? Es schloss seine Tore und ließ<br />
Moritz von Sachsen an den Mauern seine<br />
Macht versuchen. Das er es nicht erzwingen<br />
konnte, zeigt deutlich genug, was es mit<br />
einer Stadt auf sich hatte, die sich ihrer<br />
Stärke bewusst war.<br />
Der Schmalkaldische Bund, mit dem man in<br />
Görlitz sympathisierte, verlor die Schlacht<br />
bei Mühlberg, weil das Bundesmitglied<br />
Moritz von Sachsen ihn inzwischen verraten<br />
hatte. Das war das Unglücksjahr <strong>15</strong>47;<br />
bereits ein Jahr darauf folgte das<br />
Augsburger Interim, Magdeburg hält sich,<br />
Moritz von Sachsen begeht den zweiten<br />
Verrat, diesmal am Kaiser, und erzwingt<br />
<strong>15</strong>52 den Passauer Vertrag, der freie<br />
Religionsübung und Befreiung der gefangenen<br />
schmalkaldischen Fürsten bringt.<br />
Dem Passauer Vertrag folgte <strong>15</strong>55 der<br />
berühmte Religionsfriede von Augsburg.<br />
Aber freilich, eine Überzeugung haben und<br />
sich nach ihr benehmen, das sind zwei<br />
verschiedene Dinge. Da steht zum Beispiel<br />
auf der Ochsenbastei (einem der festesten<br />
Bollwerke von Görlitz, das unter Haß besonders hart<br />
ausgebaut worden war) heute noch jener Spruch,<br />
der auf uns wie höllische Ironie wirken<br />
muss: “Die Stadt wird besser durch die<br />
Liebe der Bürger als durch hohe Bollwerke<br />
geschützt”. Niemand hat die Liebe der<br />
Bürger gründlicher vernichtet, als jener Rat<br />
der Stadt unter eben jenen Johannes Haß.<br />
Quelle: Die Heimat, 1931 (gekürzt)<br />
-Anzeige-
Die Gründung des berühmten Sechsstädtebundes<br />
im Jahr 1346 und die<br />
Gründung der Kapelle, die unserer<br />
Frauenkirche voranging, im Jahre 1349,<br />
haben eine gemeinsame Unterlage:<br />
die Abwehr der Landplacker,<br />
des Fehde- und<br />
Raubritterwesens.<br />
Es ist bezeichn<br />
e n d w e n n<br />
Friedrich von<br />
Biberstein,<br />
ein Mann,<br />
der beim<br />
böhmischen<br />
Königsh<br />
o f e w i e<br />
beim Erzbischof<br />
von Prag in<br />
höchstem Ansehen<br />
stand, der Friedland,<br />
Sorau, Tauchritz und unsere<br />
Landeskrone besass, sieben Görlitzer<br />
Bürger, die einen "Landschaden" verfolgten,<br />
niederhauen ließ.<br />
Die Sühne war schwer. Er mußte 200<br />
Schock Groschen Blutgeld zum Bau einer<br />
Kapelle erlegen, für die viele Kranke an der<br />
P<br />
est, die damals in Görlitz wütete, zu ihrem<br />
Seelenheile noch weiter Stiftungen machten.<br />
So kam die ursprüngliche Kapelle -<br />
wohl an der Kohl-, heutigen<br />
Konsulstraße - zustande,<br />
die schon 1363 einen<br />
Altaristen hatte,<br />
und an der 1395<br />
ein Altar und<br />
d e r<br />
K i r c h h o f<br />
g e - w e i h t<br />
wurde.<br />
S c h o n<br />
1358 wird<br />
sie die neue<br />
Kir-che zu<br />
un-serer Frauen<br />
und 1368 Unserer<br />
Frauen Kirche<br />
vor der Stadt ge-nannt.<br />
Im Jahr 1449 wurde ein Neubau an der<br />
heutigen Stelle begonnen, der so gefördert<br />
wurde, dass 1473 ein Dachreiter mit zwei<br />
Glocken aufgesetzt werden konnte, der nach<br />
einem Blitzschlage von 1480 erneuert<br />
wurde. Wir erblicken die Kirche bereits auf
ezeichnet in ihrer neuen, für heute alten<br />
Gestalt, mit dem Dachreiter über dem<br />
Chor, einem großen Kreuze auf dem Westgiebel,<br />
aber noch ohne den Glockenturm,<br />
der erst im Jahre 1697 vor den Westgiebel<br />
gesetzt wurde, dagegen umwehrt mit<br />
Mauer und Rondellen. Eine<br />
Zeichnung, die die Kirche<br />
mit ihrer Umgebung nach<br />
ihrem Aussehen von 1684<br />
wiedergibt, zeigt sie uns<br />
ebenfalls in dieser Form: die<br />
Mauer mit Schießscharten<br />
und die beiden Rondelle, die<br />
der Bürgermeister Mag.<br />
Joh. Frauenburg hatte erbauen<br />
lassen. Von ihm rührten<br />
zahlreiche Tuchschriften<br />
an Görlitzer Gebäuden<br />
her. So setzte er auch an den<br />
Ostturm die folgende:<br />
„Cave faxis te quicquam<br />
indigni 1478 - Tue nichts,<br />
was deiner unwürdig ist.”<br />
Der Kirchhof war mit dem gegenüberliegenden<br />
Frauenhospital durch eine<br />
weitere Mauer verbunden, die mit dem<br />
hindurchführenden Spitteltor bis 1849<br />
bestand. Links sehen wir über einem<br />
großen Schuppen die Häuser des Rademarkts<br />
außerhalb der Stadt, in der Mitte das<br />
Frauentor, das vor der Errichtung der<br />
Frauenkirche an dieser Stelle „Steintor“<br />
hieß, zu dem über den Stadtgraben eine<br />
(Zug-) Brücke führte, und links vom<br />
Dicken Turme die Annenkapelle, die<br />
damals auch noch einen Dachreiter mit<br />
Glocken besaß. Ganz links schließt das<br />
Rondell am Demianiplatz das Bild ab.<br />
Viele Jahre waren vergangen, und vor den<br />
Toren hatte sich auch um die alte Frauenkirche,<br />
die auf dem zweiten Bilde schon
ihre heutige Gestalt zeigt, neues Leben mit<br />
neuen Gebäuden entwickelt: rechts die<br />
ersten Häuser der Struvestraße, links an<br />
Stelle des Hospitals die Neubauten "An der<br />
Frauenkirche". Nur der alte, mit schattigen<br />
Bäumen und stimmungsvollen Grabmälern<br />
geschmückte Kirchhof war noch<br />
geblieben. Wie viel Bürgermeister, Ratmannen<br />
und Grundbesitzern wollten grade<br />
hier bei St. Marien ihre ewige Ruhe finden!<br />
Tumulte entstanden, als man im<br />
Jahre 1837 nur durch den Bau<br />
eines Leichenhauses den<br />
geweihten Platz beeinträchtigen wollte!<br />
Der Kaiserliche Rat Gottfried Glich von<br />
Milzig, ein Günstling des Vizekönigs von<br />
Böhmen, Fürst Karl von Liechtenstein, der<br />
in der Krischelstraße als geborener Görlitzer<br />
wohnte, wünschte auf Grund eines<br />
reichen Legates, bei seinem lieben gewesenen<br />
Weibe hier begraben zu sein, obgleich<br />
er katholisch war. Heute fährt die<br />
Elektrische über einen gepflasterten Platz.<br />
Quelle: Prof.L.Feyerabend<br />
Alt-Görlitz einst und jetzt
Rund um den Postplatz, einem der<br />
schönsten Plätze in Görlitz haben sich eine<br />
Vielzahl historischer Gebäude, die in ihrer<br />
Pracht und Bauweise unverwechselbar<br />
sind, angesiedelt. (Wir haben in Stadtbild,<br />
<strong>Ausgabe</strong> 1 den Postplatz vorgestellt). Wo heute<br />
das C & A Modehaus seinen Standort hat,<br />
war früher das allgemein bekannte Cafe<br />
Posteck zu finden.<br />
Dieses Cafe war bei den Görlitzern sehr<br />
beliebt. In den 80 er Jahren und nach der<br />
Wende 1989 zerfiel es zunehmend und<br />
wurde auch aus diesem Grunde geschlossen.<br />
Bis dahin hat das Gebäude und die<br />
darin befindliche Restauration eine lange<br />
Tradition aufzuweisen. Konditorei und<br />
Gaststätte „Reichspost“, unter diesem<br />
Namen kannte man es in den 30 er Jahren.
Noch im Görlitzer Adressbuch<br />
von 1949/50; Nr.2<br />
konnte man diesen Namen als<br />
Gaststätte und Cafe „Zur<br />
Reichspost“ finden. In den 50<br />
er Jahren wurde der Name in<br />
„Cafe Posteck“ geändert.<br />
Wer heute Zeit für einen<br />
Bummel über den Postplatz<br />
hat, findet an der Stelle des<br />
ehemaligen Cafe Posteck einen<br />
Neubau, in dem ein<br />
modernes Modehaus zum<br />
Kaufen einlädt.<br />
Bild oben<br />
kurz vor der<br />
Eröffnung des<br />
Modehauses<br />
im Jahre 1997<br />
Bild Seite<br />
Das ehemalige<br />
Café Posteck<br />
kurz vor<br />
Baubeginn
Im Jahre 1250 wurde der Obermarkt angelegt.<br />
Er bestand in seiner Gründerzeit als<br />
„Oberer Markt“ und dem „Neumarkt“. Der<br />
Neumarkt war der Bereich bis zur heutigen<br />
Einmündung Klosterplatz. Der andere Teil<br />
erstreckte sich bis zum Reichenbacher<br />
Turm und wurde als „Oberer Markt“<br />
bezeichnet.<br />
Der Neumarkt wird 1401 erstmalig<br />
erwähnt. Der ganze Stadtteil ab Brüderstraße<br />
(Langenstraße, Obermarkt und Nonnenstraße)<br />
wurde als Neustadt<br />
bezeichnet.<br />
Nach 1717 brannte die ganze rechte Seite<br />
des Obermarktes ab. Von da ab erhielt der<br />
Platz diesen Namen. Der heutige Wilhelmsplatz<br />
wurde später Neumarkt bezeichnet und<br />
als Handelsplatz genutzt.<br />
Ein besonderes Ensemble von historischen<br />
Gebäuden steht im Mittelpunkt unseres<br />
Berichtes. Bei der Nr. 1- das ist Klosterplatz<br />
19 -, gab es eine kleine Gasse, das Klostergässchen.<br />
Der gesamte Klosterplatz war<br />
damals als Klostergarten angelegt.
Die Hausgrundstücke 2 und 3 lagen auf<br />
dem Obermarkt. Die Nr. 2 war ein alter<br />
Brauhof und besass das Braurecht. Der<br />
Münzmeister Hans Balduff war um <strong>15</strong>02<br />
der Besitzer dieses Hauses.<br />
Am 30. Oktober 1633 stürmten Wallensteins<br />
Truppen die Stadt Görlitz.<br />
Die genannten drei Hausgrundstücke<br />
wurden geplündert und abgebrannt.<br />
Nach dem Brande wurden dann zwei<br />
kleinere dreigeschossige Gebäude im<br />
Barockstil errichtet (Haus Nr. 1 und 2). Der<br />
Stadtpfeifer G. Bell wird um 1700 als<br />
Eigentümer des Gebäudes Nr. 2 geführt.<br />
1864 wird diesem Haus ein drittes Geschoss<br />
aufgesetzt und eine fotografische<br />
Werkstatt eingerichtet. Otto John wurde um<br />
1900 Eigentümer der Gebäude Klosterplatz<br />
18 und Obermarkt 1 und 2.<br />
Aus allen drei Gebäuden erbaute er dann<br />
sein Modewarenhaus.<br />
Das Haus Klosterplatz 18 war gekennzeichnet<br />
durch eine gründerzeitliche<br />
Fassade und die Gebäude auf dem<br />
Obermarkt wurden dann dem Jugendstil<br />
angepasst.<br />
Nach Angaben des Stadtbildpflegers Peter<br />
Mitsching wurde in den 60 er Jahren die<br />
Jugendstilfassade saniert.<br />
Die Farben waren frei erfunden und hatten<br />
nichts mit denkmalpflegerischen<br />
Untersuchungen zu<br />
tun.<br />
Blick um 1900<br />
zum Kaufhaus John<br />
vom Klosterplatz<br />
Auftragsannahme: Telefon: (0 35 83) 77 45 17
Bei der jetzigen Sanierung des Gebäudes<br />
wird der historische Bestand in Form des<br />
einfarbigen Bildes der Jugendstilfassade<br />
wieder hergestellt. Die Bauherrenschaft<br />
saniert detailgetreu entsprechend der<br />
Forderungen des Denkmalschutzes, freut<br />
sich Stadtbildpfleger Mitsching. So wurde<br />
beispielsweise der Eckturm wieder aufgebaut<br />
und am 7. <strong>Juni</strong> <strong>2002</strong> im Rahmen des<br />
Richtfestes feierlich auf das Gebäude<br />
aufgesetzt. Die Wetterfahne, die es nicht<br />
mehr gab, ist wieder hergestellt. Dazu<br />
wurden im Vorfeld fotografische Recherchen<br />
angestellt. Auf einem Foto von Robert<br />
Scholz konnte man die Grundstrukturen<br />
dieser Wetterfahne herausfiltern und damit<br />
eine Grundlage für den Entwurf entwickeln.<br />
Robert Scholz hat im Auftrag des<br />
Magistrates der Stadt Görlitz schon vor<br />
1900 die gesamte Stadt fotografiert. Es gibt<br />
ein Robert Scholz Fotoarchiv, aus dem<br />
Stadtbildpflege und Denkmalschutz<br />
schöpfen und damit sehr genau die<br />
historisch - baulichen Details in Form von<br />
Zeichnungen nachvollziehen können.<br />
Am Gebäude Obermarkt/Ecke Klosterplatz<br />
wurde innerhalb von 16 Wochen das Dach<br />
komplett erneuert. .Gegenwärtig werden<br />
Erdgeschoss und die oberen Stockwerke<br />
saniert. Im Herbst <strong>2002</strong> wird u.a. Mietern<br />
auch die AOK dort ihr neues Domizil finden.<br />
Herr Mitsching hebt hervor, dass im
Herr Mitsching hebt hervor, dass im<br />
Gebäude Reste der Vorbebauung gefunden<br />
wurden. Hierbei handelt es sich um zwei<br />
Außenwände. Diese waren aus Bruchstein<br />
gefertigt und mit Sandstein versetzt. An der<br />
linken Wand (zum Gebäude Nur 1) hat man<br />
eine Sandsteinkante gefunden, die sehr<br />
starke Brandspuren vom Brand 1633<br />
herrührend, aufwies. Auf der anderen Seite<br />
zum Gebäude Nr. 3, ist ein gut erhaltener<br />
Bogen aus Bruchstein gefertigt, freigelegt<br />
worden. Auch dieser Bogen wird als<br />
baulicher Schmuck stehen bleiben und<br />
Zeitzeuge sein. Bei der Fassade Obermarkt<br />
wird die ursprüngliche<br />
Form auf der Grundlage<br />
v o n F o t o s ( R o b e r t<br />
Scholz) rekonstruiert.<br />
Die Eigentümerin und<br />
Bauherrin Margit Hibler,<br />
das Zinnitzer Planungsund<br />
Architekturbüro und<br />
die beteiligten Bauunternehmen<br />
sanieren detailgetreu<br />
entsprechend der<br />
Forderung des Denkmalschutzes,<br />
freut sich Stadtbildpfleger<br />
Mitsching.<br />
Verblüffend kann der Betrachter in diesem<br />
Zusammenhang die Namensgleichheit von<br />
Alt-Görlitz Fotograph Robert Scholz und<br />
dem Architekten Robert Scholz finden, die<br />
durch ihre Tätigkeit am Haus Obermarkt 2<br />
verbunden sind.<br />
Die Redaktion bedankt sich bei Stadtbildpfleger<br />
Peter Mitsching für die Unterstützung<br />
bei der Erarbeitung der historischen<br />
und baulichen Details.<br />
Zeichnung des Gebäudes<br />
vom Zinnitzer Planungsbüro
Ein herrlicher Blick öffnete sich uns, als wir<br />
von der Frauenkirche her, Umschau hielten<br />
nach dem Platz vor dem Tor, wie er 1830<br />
aussah. Wenige Schritte die Radeläuben<br />
hinab bringen uns den Anschluss an dieses<br />
Bild nach Westen zu mit dem mächtigen<br />
Rondell am Demianiplatz im Vordergrund,<br />
das die Ecke der Mauer bei ihrem Umbiegen<br />
von der West- nach der Nordrichtung<br />
zu sichern hatte. Es stand im<br />
Graben, hatte aber Verbindung mit der<br />
hinter ihm liegenden Bastei.<br />
Das malerische Bild wird umrahmt von den<br />
Bäumen und Sträuchern der alten Promenade,<br />
die den Vordergrund bilden, aus<br />
dem sich in wunderbarem Aufbau das alte<br />
herrliche Stadtbild erhebt:<br />
der Kaisertrutz mit seinem früheren Turm<br />
und seinen Flügelmauern, die ihn mit dem<br />
über sie hervorragenden Reichenbacher<br />
Turm verbinden. Wir sehen den schönen<br />
Rundbogenfries am Äußeren der Flügelmauer,<br />
von der aus wir die Stadtmauer mit<br />
dem Bauzwinger an unserem Rondell<br />
vorüber in der Richtung nach dem Frauentor<br />
verfolgen können, das mit seinem<br />
mächtigen Turm und seiner stolzen Bastei<br />
den Blick beherrscht. Innenhof und das<br />
ihm angebaute Haus erscheinen von außen,<br />
wie wir sie von innen betrachteten.<br />
Blick auf die alte<br />
Wehranlage
Verdeckt durch die Wipfel eines alten<br />
Baumes ist die Annenkapelle. Neben ihr<br />
steht das Waisenhaus.(s.Abb.S.17) Der<br />
Bürgermeister Samuel Knorr von Rosenroth<br />
hatte 1712 angeregt, "ein Armen-,<br />
Waisen- und Zuchthaus" zu errichten, und<br />
es wurde ein stattlicher Bau, dem auch<br />
noch das städtische Polizeigefängnis im<br />
Jahre 1731 hinzugefügt wurde.<br />
Die Häuser zwischen Demianiplatz<br />
und Obermarkt schließen die<br />
Lücken zwischen ihm und dem<br />
Rondell. Es ist vielleicht, wie<br />
das Rondell des Fauentors,<br />
1477 erbaut. Jedenfalls brachte<br />
auch hier Frauenburg eine<br />
Inschrift mit der Jahreszahl<br />
1477 an.<br />
Man kann sich, berauscht von<br />
dem Anblick solcher Bilder,<br />
kaum umstellen zum Vergleiche<br />
mit der neuen, nüchternen<br />
Gegenwart! - Wie mögen<br />
die alten Görlitzer den rastlosen<br />
Vernichtungskampf gegen die<br />
Schönheiten ihrer Heimat ertragen<br />
haben ? - Heute reist man<br />
hunderte von Kilometern, um<br />
nur Ähnliches in Nürnberg oder<br />
Rothenburg o.T. zu sehen, dessen<br />
Erhaltung diesen Städten<br />
noch täglich ungemessene Summen bringt!<br />
Das Frauentor war 1848 verschwunden, die<br />
Flügelmauer des Kaisertrutzes entfernt. der<br />
Maurermeister Gock brach 1850 das Rondell<br />
im Auftrage des<br />
Magistrats ab.<br />
Das Zwingergebäude<br />
um 1830<br />
-Anzeige-
Die ehemalige Süßwarenfabrik<br />
auf der Pomologischen<br />
Gartenstraße wurde in der<br />
Zeit von 1895 bis 1912 in drei<br />
Bauabschnitten bereits als<br />
solche geplant und gebaut.<br />
Die Eigentümer Mattke und<br />
Sydow leiteten die Firma und<br />
stellten über viele Jahrzehnte<br />
hinweg Schokoladen- und<br />
Zuckererzeugnisse in großer<br />
Vielfalt und in ausgezeichneter<br />
Qualität her. Bereits in<br />
zweiter Generation bestand<br />
die Firma Mattke und Sydow<br />
bis 1952/53.<br />
Nach der Enteignung und Verstaatlichung<br />
des Betriebes wurde er ab 1953 als VEB<br />
Görlitzer Süßwaren weitergeführt.<br />
Die Anzahl der Betriebsangehörigen lag in<br />
den 50iger Jahren bei ca. 450 und 1989 bei<br />
etwa 260, wobei auch Saisonkräfte zum<br />
Einsatz kamen. Die Produktion wurde nach<br />
1990 durch eine GmbH weitergeführt.<br />
Nach fast 100 jährigem Bestehen wurde die<br />
Seit April 1998 hat nun die Volkssolidarität<br />
Kreisverband Görlitz/Zittau e.V. hier ihr<br />
Domizil gefunden.<br />
79 seniorengeim<br />
Betreuten Wohnen, eine Begegnungs-<br />
rechte Wohnungen<br />
stätte, die Sozialstation, ein Pflegebad und<br />
die Geschäftsstelle sind hier integriert. Seit<br />
März diesen Jahres gibt es noch eine<br />
Kurzpflegestation mit zehn Einzel- und<br />
zwei Doppelzimmern.<br />
Ein Blick zurück macht deutlich, die<br />
Volkssolidarität gibt es bereits seit 1945 in<br />
Görlitz, mit Anfangsinitiativen wie Suppenküche,<br />
Nähstuben, Beratungsstellen für<br />
Heimkehrer und es gab damals schon<br />
Erholungsaufenthalte für Kinder.
Bis in die 80 iger Jahre hinein waren die<br />
Hauswirtschaftshilfe und der ambulante<br />
Mittagstisch, aber nicht wie heute "auf<br />
Rädern" sondern zu Fuß, traditionelle<br />
Leistungen der Volkssolidarität.<br />
Mit der politischen Wende, stand<br />
auch die Volkssolidarität<br />
vor einer Wende. Ein<br />
ehrenamtlicher<br />
Vorstand und eine<br />
neue Gesc<br />
h ä f t s f ü h -<br />
rung hatten<br />
d i e n i c h t<br />
leichte Aufgabe,<br />
in der<br />
weltpolitisch<br />
mehr als bewegten<br />
Zeit, die<br />
Volkssolidarität für<br />
das Territorium der<br />
Stadt Görlitz und dem Umland<br />
als eingetragenen Verein und zum<br />
anerkannten Träger der freien Wohlfahrtspflege<br />
neu zu profilieren.<br />
Wie sich die Zeiten auch gewandelt haben,<br />
Wissenschaft und Technik alle Lebensbereiche<br />
durchdringen und die Art und<br />
Weise der Menschen ihr Leben zu gestalten,<br />
sich geändert hat, das Leitmotiv der<br />
Tätigkeit der Volkssolidarität ist seit mehr<br />
als einem halben Jahrhundert unverändert.<br />
Es lautet Miteinander - Füreinander und<br />
bestimmt unsere tägliche Arbeit zum Wohle<br />
der Menschen.<br />
Unsere über 3.300 Mitglieder werden<br />
in 33 Orts- und Wohngruppen<br />
von 274 ehrenamtlichen<br />
Helfern mit<br />
hohem Engagement<br />
betreut.<br />
Interessante und<br />
auf vielfältige<br />
Bedürfnisse ausgerichtete<br />
sozialkulturelle<br />
Angebote,<br />
wie Geburtstagsglückwünsche,<br />
gemeinsame Gestaltung<br />
der Freizeit bei<br />
Sport, Kultur, Bildung und<br />
Reisen, sind einige der vielen<br />
Aktivitäten.<br />
Zahlreiche Sponsoren unterstützen die<br />
Arbeit unserer Orts-und Wohngruppen.<br />
Aktiv - Fürsorglich - Gemeinschaftlich<br />
so gestaltet sich das Leben der Senioren in<br />
der Volkssolidarität.
Red.:Welche für Sie wichtigen Daten<br />
würden Sie in einem kurzen Lebenslauf<br />
nennen ?<br />
J.M.H. Ich wurde 1971 in Paris als<br />
sechstes und jüngstes Kind meiner Eltern<br />
geboren. Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder<br />
(eine Tochter, einen Sohn). Meine<br />
Familie hat sich in Görlitz gut eingelebt.<br />
In Paris legte ich das Abitur ab. Danach<br />
studierte ich an der Ingenieurschule.<br />
Während des Ingenieurstudiums war eine<br />
Weiterbildung in Form einer Spezialisierung<br />
enthalten. Nach abgeschlossenem<br />
Studium habe ich als Stellvertreter des<br />
technischen Geschäftsführers bei Vivendi<br />
in Ungarn begonnen. 1999 habe ich dann<br />
bei Vivendi Deutschland meine Tätigkeit in<br />
Grimma bei Leipzig als Niederlassungsleiter<br />
aufgenommen. Mit Übernahme der<br />
Stadtwerke Görlitz AG durch Vivendi<br />
wurde ich im Sommer 2001 ihr Vorstandsvorsitzender.<br />
Was mich glücklich macht, ist, dass ich<br />
heute vor einem Monat zum zweitenmal<br />
Vater geworden bin. Ein "richtiger "Görlitzer<br />
wurde in meiner Familie geboren.<br />
H.R. Ich wurde 1959 in Bonn geboren und<br />
wuchs in Trier auf. 1979 habe ich in dieser<br />
Stadt das Abitur abgelegt.<br />
Nach meiner Ausbildung als Bankkaufmann<br />
habe ich Jura studiert.<br />
Ich bin seit 1990 verheiratet und habe drei<br />
Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren. Seit<br />
1992 bin ich in Görlitz, wo auch meine<br />
Familie lebt.<br />
Nach meiner Tätigkeit in der Stadtverwaltung<br />
Görlitz habe ich seit 1999 meine<br />
Arbeit im Vorstand der Stadtwerke AG<br />
aufgenommen. Nach der politischen Wende<br />
besuchte ich die neuen Bundesländer und<br />
habe mich für Görlitz aufgrund der<br />
Schönheit der Stadt und der Liebe seiner<br />
Bewohner zu ihrer Stadt entschieden.<br />
Red.: Wie sieht der Vorstandsvorsitzende<br />
Görlitz? Gab es Probleme während der<br />
Eingewöhnungszeit?<br />
J.M.H. Görlitz ist eine schöne Stadt. Sie hat<br />
den Vorteil z. B. gegenüber Paris oder anderen<br />
größeren Städten, dass man alles zu Fuß<br />
erreichen kann. Zum Job hin und zurück<br />
benötige ich nur 5 Minuten. Man kann auch<br />
in seiner Freizeit in dieser bergigen Region
gut mit dem Fahrrad fahren. Es gab für<br />
meine Familie und für mich keine Eingewöhnungsprobleme.<br />
Wir haben schnell<br />
Kontakt in unseren neuen Arbeitsbereichen<br />
und viele neue Freunde gefunden.<br />
H.R. Wir sind 1992 nach Görlitz gekommen.<br />
Meine Familie hat sich in dieser<br />
schönen Stadt schnell eingelebt und<br />
Kontakte zu den Görlitzern geknüpft.<br />
Red.: Welche inhaltlichen Schwerpunkte<br />
setzt der Vorstand der Stadtwerke Görlitz<br />
AG für die nächsten Jahre?<br />
J:M.H. Als Dienstleister für die Kommune<br />
und die Industrie mit den Bereichen Strom<br />
und Gasversorgung, Entsorgungsgesellschaft<br />
sowie Verkehrsgesellschaft muss die<br />
Stadtwerke AG ihr Angebot qualitativ bei<br />
vernünftigen Preisen weiter verbessern.<br />
Das ist keine einfache Aufgabe, bei deren<br />
Lösung auch der Bevölkerungsrückgang<br />
berücksichtigt werden muss.<br />
H.R. Für uns ist es wichtig, dass wir trotz<br />
Bevölkerungsschwund eine Preisexplosion<br />
verhindern. In dieser Aufgabe sehen wir<br />
einen wichtigen Schwerpunkt für die<br />
nächsten Jahre.<br />
J.M.H. Eine weitere Prämisse sehen wir im<br />
technischen Bereich. Hier wollen wir<br />
verstärkt den Kommunen und der Industrie<br />
Dienstleistungen anbieten.<br />
Hier stehen vor allem Instandsetzung und<br />
Betriebsführung beim Bau von Klär- und<br />
Abwasserwerken bzw. auch bei Dienstleistungen<br />
der Verkehrsgesellschaft im<br />
Mittelpunkt.<br />
H.R. Ein jüngstes Beispiel dafür möchte ich<br />
hier anführen. Die Connex als wichtiger<br />
Bereich von Vivendi wird in Kürze den<br />
Zuschlag für die Betreibung der<br />
Bahnstrecke Zittau-Görlitz-Cottbus mit der<br />
Lausitz Bahn GmbH erhalten..Connex ist<br />
im privatwirtschaftlichen Nahverkehr<br />
führend in Deutschland und beschäftigt<br />
rund 3000 Mitarbeiter.<br />
J.M.H. Die weitere Verbesserung der<br />
Kundenfreundlichkeit stellt einen weiteren<br />
Schwerpunkt unserer Arbeit dar. Wir<br />
beabsichtigen bis Ende des Jahres ein<br />
System der Qualitätskontrolle in Form eines<br />
Kundenbonus einzuführen.<br />
H.R. Wir wollen unseren Kunden ein<br />
Leistungsangebot auf einem hohen<br />
Qualitätsstandard zusichern.<br />
Wenn jemand innerhalb von 14 Tagen keine<br />
schriftliche Antwort bei Dienstleistungsmängeln<br />
erhalten hat, dann bekommt der<br />
Kunde einen Bonus auf die jeweilige Stromoder<br />
Gasrechnung bzw. einer Entsorgungsleistung.
J.M.H. Die weitere Verbesserung des<br />
Umweltschutzes insbesondere bei Abwasser-<br />
und Kläranlagen ist ein weiterer<br />
Schwerpunkt. Im Bereich der Blockheizwerke<br />
Weinhübel, Königshufen und<br />
Rauschwalde wurde investiert, um den<br />
Umweltschutz und die Sicherheit weiter<br />
auszubauen.<br />
Red:.Europastadt 2010 als Zielsetzung -<br />
Wie ist die Zusammenarbeit mit Zgorzelec<br />
ausgeprägt?<br />
Welche Schwerpunkte der gemeinsamen<br />
Arbeit sehen Sie?<br />
J.M.H. Wir haben mit Zgorzelec eine gute<br />
Zusammenarbeit auf verschiedenen<br />
Ebenen als gemeinsame Partner entwickelt.<br />
Der Arbeitskräfteaustausch hat sich bewährt.<br />
Zusammenfassend kann man sagen:<br />
Es gibt gute stabile Geschäftsbeziehungen,<br />
aber auch persönliche Beziehungen auf<br />
Leitungs-und Mitarbeiterebene.<br />
H.R. Insbesondere der Wasserbereich<br />
Neiße hat sich gut entwickelt. Hier gibt es<br />
eine gute Zusammenarbeit zwischen<br />
Görlitz und Zgorzelec.<br />
Die Zielsetzung bis 2010 ist, die partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit bei Berücksichtigung<br />
der jeweils eigenen Interessen zu<br />
aktivieren.<br />
Zur geplanten Straßenbahnführung nach<br />
Zgorcelec kann man folgendes sagen: Zur<br />
Zeit werden von den Kommunen mit Hilfe<br />
von EU-Fördermitteln.gemeinsame konzeptionelle<br />
Vorarbeiten durchgeführt. Das<br />
heißt, gemeinsame Planungsarbeiten zur<br />
Wirtschaftlichkeit dieser Strecke. Die<br />
Finanzierung wird mit EU-Mitteln abgesichert.<br />
Red.: Gibt es schon konzeptionelle Gedanken<br />
,wie der Berzdorfer Naherholungsbereich<br />
in den Nahverkehr eingebunden<br />
werden kann?<br />
J.M.H. Ja, die Verkehrsgesellschaft hat<br />
dazu konzeptionelle Gedanken entwickelt.<br />
H.R. Es wird wohl nicht eine Straßenbahnlinie<br />
zum Berzdorfer See geben. Die<br />
Anbindung des Erholungsgebietes an die<br />
Stadt Görlitz wird über die Schiene (Zug)<br />
und mit dem Bus erfolgen.<br />
Red.: Wir danken für das Gespräch
Wer hätte schon daran gedacht, dass der am<br />
2. Mai 1902 in Görlitz geborene Werner<br />
Finck, dereinst als überaus talentierter<br />
Kabarettist, Schauspieler und Schriftsteller<br />
in die Annalen eingehen würde.<br />
Er ist der bedeutendste Begründer des Berliner<br />
politischen Kabaretts, dessen Geburtstag<br />
sich zum 100. mal jährte.<br />
Als Sohn des Apothekers Botho<br />
Finck (1909-1929 Besitzer der<br />
Humboldt-Apotheke) besuchte<br />
er zunächst das Gymnasium.<br />
Ohne es mit dem<br />
Abitur zu beenden, studierte<br />
an der Kunstgewerbeschule<br />
Dresden und begann bei den<br />
"Görlitzer Nachrichten" als<br />
Volontär.<br />
Am "hintergründigen Wort"<br />
Gefallen findend, trat er mit<br />
entsprechenden Engagements<br />
vor die Öffentlichkeit, nahm<br />
Schauspielunterricht und gastierte am<br />
Schlesischen Landestheater in Bunzlau<br />
(Boleslawiec). Das Kabarett "Katakombe",<br />
1929 durch Werner Finck gegründet, gilt<br />
noch heute als lebendigste politkaberettistische<br />
Einrichtung seiner Zeit in Berlin.<br />
Bei Machtantritt der Nationalsozialisten<br />
wurde es sofort verboten.<br />
Finck war ein Meister des Wortspieles und<br />
provozierte damit oftmals die jeweils<br />
Regierenden. So wurde er als Häftling ins<br />
KZ Esterwegen verbracht, durch Göring<br />
jedoch seine Freilassung verfügt, da man<br />
aus Anlass der Olympischen Spiele auf<br />
weltstädtische Kabaretts in Berlin nicht<br />
verzichten konnte.<br />
Nach Kriegsende begann eine<br />
neue Ära für die kabarettistische<br />
Tätigkeit Finck's. Er<br />
wurde mit Soloabenden<br />
bekannt, schrieb Kolumnen<br />
und dichtete. Seine verbalen<br />
Pointen, für die Nachwelt<br />
festgehalten auf Langspielplatten,<br />
waren beliebt.<br />
1972 verfaßte der Görlitzer Werner<br />
Finck seinen Lebensrückblick<br />
!"Alter Narr - Was nun?" -<br />
und auch eine Liebeserklärung<br />
an seine Heimatstadt. Am 31.Juli<br />
1978 starb Werner Finck in München.<br />
Obwohl keine Tafel an seinem Geburtshaus<br />
Struvestraße 11 oder eine nach ihm<br />
benannte Straße an sein Wirken erinnern,<br />
bleibt er uns doch als Meister der<br />
politischen Satire in Erinnerung.<br />
Quelle: Werner Finck, Alter Narr-was nun
Für die Landstände ließ die Stadt<br />
Görlitz in den Jahren 1853/54 an<br />
der Promenade (jetzt Dr.-Kahlbaum-Allee)<br />
ein prächtiges Gebäude<br />
errichten. Am 20.6.1853<br />
wurde der Grundstein gelegt.<br />
Obwohl die Stände zwischen<br />
<strong>Juni</strong> 1853 und Oktober 1854 den<br />
Görlitzer Baumeister Karl<br />
Friedrich Wilhelm Fischer mit<br />
dem Bau beauftragten, ist die<br />
Autorenschaft des Berliner Ministerial<br />
Baurates Carl Ferdinand<br />
Busse gesichert.<br />
Der zweigeschossige Bau erhebt<br />
sich, zurückgesetzt von der<br />
Straßenfluchtlinie , in einer parkähnlichen<br />
Umgebung. Zyklopisches Bauwerk, Zinnenbesatz<br />
und eine in feudaler Manier<br />
vorgeschaltete offene Bogenhalle als Wagenauffahrt<br />
unterstreichen den schlossartigen<br />
Charakter des Gebäudes. Hinter den<br />
großen Fenstern im ersten Obergeschoss<br />
befand sich der Versammlungssaal der<br />
Stände. Das Erdgeschoss nahm die Büros<br />
der Landschaftsbeamten auf. Im Gebäude<br />
gab es auch Wohnungen für hohe Beamte.<br />
In der Plansammlung der TU Berlin haben<br />
sich drei aquarellierte Blätter mit verschiedenen<br />
Ansichtsentwürfen für das<br />
Historische Ansicht um die Jahrhundertwende<br />
Görlitzer Ständehaus erhalten. Ein Blatt,<br />
am 14.3.1853 von Busse signiert, sieht eine<br />
grazile Altananlage vor. Das zweite Blatt<br />
trägt ebenfalls das Datum 14.3.1853. Das<br />
dritte Blatt unterscheidet sich von Busses<br />
Entwurf in keiner Weise, trägt aber den<br />
Namenszug von Fischer als den führenden<br />
Baumeister am Ort.<br />
Die Stadtchronik berichtet, dass auf<br />
Ersuchen der städtischen Baukommission<br />
der Oberzeremonienmeister von Stillfried<br />
das Projekt beim preußischen König<br />
Friedrich Wilhelm IV. vorlegte und dieser<br />
persönlich Änderungen vornahm.
20.06.1853<br />
19.11.1854<br />
07.12.1855<br />
<strong>15</strong>.01.1910<br />
27.01.1934<br />
17.12.1998<br />
01.04.2000<br />
18.08.2000<br />
Zeittafel<br />
Grundsteinlegung durch den<br />
Besitzer Communal Landtage<br />
Stände der königlichpreußischen<br />
Oberlausitz<br />
Einweihung des Ständehauses<br />
Wappendekoration im Saal<br />
Bauliche Erweiterung und<br />
Veränderung im Ständehaus<br />
Erste Etage wird für Sendezwecke<br />
und die Amtswohnung<br />
des Landesbestallten<br />
von Götz genutzt<br />
Herr Dr. Mirski kauft vom<br />
NOL-Kreis das Ständehaus<br />
zum Aus- und Umbau<br />
als Alten- und Pflegeheim<br />
Beginn des Pflegebetriebes<br />
in einer Außenstelle als<br />
Altenheim mit 20 Heimbewohnern<br />
und 9 Mitarbeitern<br />
Umzug in das fertiggestellte<br />
Altenheim "Am Stadtpark".<br />
Der erste Wohnbereich wird<br />
bezogen. Das Treppenhaus,<br />
die oberen Stockwerke im<br />
Altbau sind noch nicht<br />
fertiggestellt, im Laufe der<br />
nächsten Monate werden<br />
diese Arbeiten beendet<br />
31.01.2001<br />
01.03.2001<br />
01.04.2001<br />
01.05.2001<br />
01.09.2001<br />
01.02.<strong>2002</strong><br />
Einzug des 80. Heimbewohners<br />
und somit volle<br />
Belegung des Pflegeheimes.<br />
Ausbau der Räumlichkeiten<br />
für die Ergotherapie- Beschäftigungstherapie<br />
Einweihung von einem<br />
kleinen Altenheimbereich<br />
im Altbau<br />
Beginn des Aus- und Einbaus<br />
von Küchen-, Lager-,<br />
und Kühlräumen<br />
Eröffnung der Küche<br />
Beginn des Altbauausbaus<br />
für weitere 20 Heimbewohnerplätze,<br />
die voraussichtlich<br />
im Oktober bezugsfertig<br />
sind.<br />
Der Ausbau einer<br />
Wäscherei im Haus Mühlweg<br />
17 ist geplant.
30<br />
Minna Herzlieb wurde am 22. Mai 1789 in<br />
Züllichau geboren. Sie wuchs als Pflegetochter<br />
im Haus des Jenaer Buchhändlers<br />
Frommann auf. Dort traf sie auch mit<br />
Goethe zusammen.<br />
Goethe verherrlichte Minna Herzlieb in<br />
Sonetten und sie war die erste der tragischen<br />
Leidenschaften des alternden Mannes für<br />
ganz junge Mädchen.<br />
Sie war das Urbild der Ottilie in Goethes<br />
großem Roman "Die Wahlverwandtschaften",<br />
der zu den Meisterwerken der<br />
Weltliteratur zu zählen ist. In Deutschland<br />
begründete er damit den neuen Typus des<br />
sozialen Romans. Aus der Kluft zwischen<br />
Liebe und konventioneller Ehe, zwischen<br />
elementarem Gefühl und Standesnormen<br />
bezieht diese Tragödie ihre Spannung und<br />
widerspiegelt den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts.<br />
Minna Herzlieb heiratete 1821 den Jenaer<br />
Professor Karl-Wilhelm Walch und wurde<br />
in unglücklicher Ehe gemütskrank. Sie<br />
starb am 10. Juli 1865 in Görlitz. Ihre<br />
Grabstätte auf dem Görlitzer Städtischen<br />
Friedhof erinnert heute noch an diese<br />
tragische Liebe. Ihre letzten Jahre verbrachte<br />
sie in der Dr.-Kahlbaum-Klinik.<br />
Quelle: Der große Brockhaus, 1931
Seit ca. zwei Jahren gibt es in Görlitz einen<br />
Soroptimist International Club i.G.<br />
Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die<br />
internationale Verständigung und Freundschaft<br />
der Frauen.<br />
Deshalb ist es auch ein Anliegen, polnische<br />
Frauen aus der Nachbarstadt Zgorzelec zu<br />
integrieren.<br />
Ein herausragendes<br />
Ereignis für die Mitglieder<br />
des Soroptimist<br />
International<br />
wird die Charterfeier<br />
mit den drei<br />
Festtagen vom 20.-<br />
22.9.<strong>2002</strong> in Görlitz<br />
sein. Im Mittelpunkt<br />
steht dabei die<br />
G r ü n d u n g s v e r -<br />
sammlung des SI<br />
Club Görlitz und die<br />
Übergabe der Charterurkunde<br />
durch<br />
Frau Anita Abreu, Past-Gouverneurin der<br />
Union of Portugal.<br />
Diese Festveranstaltung findet am<br />
21.9.<strong>2002</strong> in der Stadthalle, kleiner Saal,<br />
statt.<br />
Weitere Aktivitäten sind:<br />
• Begrüßungsabend im Acanthus/Via Regia<br />
am 20.9.<strong>2002</strong><br />
• Stadtführungen durch die Görlitzer Altstadt<br />
am 21. und 22.9.<strong>2002</strong><br />
• festliche Abendveranstaltung in der<br />
"Scheune" - Gutshof Hedicke<br />
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• Der Ausklang der Festtage findet am<br />
22.9.<strong>2002</strong> im Schlesischen Museum statt.<br />
Zu diesen Festtagen werden ca. 200 Frauen,<br />
Mitglieder von Soroptimist International<br />
aus ganz Deutschland und dem Ausland<br />
erwartet.
Die “Echten Bierstuben” von Kindt,<br />
befanden sich auf der Elisabethstraße und<br />
natürlich können wir in unserer Aufzählung<br />
natürlich nicht das Altdeutsche Bierlokal<br />
“Drei Raben” von Rob. Barthel, später<br />
Pluto, vergessen, welches sich neben dem<br />
“Hotel Prinz Friedrich Karl”, bekanntlich<br />
Ecke Schützenstraße befand.<br />
Das bekannte und hochgelobte Cafe &<br />
Restaurant “ Quisisana” an der Bahnhofstraße<br />
/ Ecke Krölstraße lud nicht nur zu<br />
Konditoreiwaren ein, sondern erfreute sich<br />
großer Beliebtheit in der Görlitzer Südstadt.<br />
Der Name des “Jägerhofes”, gegenüber<br />
der Alten Kaserne, erinnert an die Zeit, in<br />
der die Hirschberger Jäger noch unsere<br />
Görlitzer Jäger waren.<br />
Restaurant<br />
& Café<br />
Quisisana<br />
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Druckerei Dünnbier
Seit 1830 bereits lag das 1. Schlesische “Der Görlitzer Ratskeller” bestand ohne<br />
Jäger-Bataillon Nr. 5 hier in Garnison. Wie Zweifel so lange, wie das Rathaus selbst. In<br />
unsere siegreichen Jäger bei ihrer Heimkehr<br />
aus dem Feldzug 1870/71 mit unbe-<br />
gewaltigere Mengen edlen Weines und<br />
seinen Gewölben haben früher gewiss viel<br />
schreiblichem Jubel begrüßt wurden, wie Gerstensaftes gelagert als in unseren Tagen.<br />
1880 die gesamte Bürgerschaft an der Feier Wir denken dabei an die Bewirtung<br />
des 50-jährigen Garnisonjubiläums freudigsten<br />
Anteil nahm, schrieb Geschichte. Gefolges, deren Kosten wir nach den im<br />
fürstlicher Gäste und ihres zahlreichen<br />
Um so größer war das allgemeine Bedauern Archiv vorhandenen Ratsrechnungen so<br />
als die Garnison des Bataillons 1887 nach ziemlich beurteilen können. Bis Anfang des<br />
Hirschberg verlegt wurde. Auch die 19. Jahrhunderts wurden auch die offiziellen<br />
Festbankette in dem<br />
Schießstände, das reizende Jägerwäldchen,<br />
bei dessen Anlass (1834) und damaligen großen Festsaal<br />
späterem Ausbau die Jäger sich des Rathauses, der sich im<br />
mit Spaten und Karren betätigen 1. Stock nach der Brüderabgehalten.<br />
mussten, hat seitdem viel von sei- straße hin befand,<br />
ner einstigen Bedeutung verloren.
36<br />
So speisten am 3. August 18<strong>15</strong> zur Feier der<br />
Erbhuldigung der Lausitz beim Übergang<br />
an die preußische Krone der Magistrat, das<br />
Offizierkorps sowie die Landes- und Stadtdeputationen<br />
noch im großen Rathaussaal.<br />
Eine alte Chronik erzählt, dass 1433 vor<br />
den Weinkeller des Rathauses Sitze gebaut<br />
wurden. <strong>15</strong>65 war diesem Eingang ein<br />
Vorbau mit schöner Mauerkrönung<br />
vorgelegt.<br />
Blick auf<br />
das<br />
Neisse-<br />
Insel-<br />
Restaurant<br />
Bis in die 30ér Jahre aber war der<br />
“Ratskeller” eine besonders beliebte<br />
Gaststätte geblieben. Unvergessen die<br />
Zeiten, als Camillo Wallrath und seine<br />
Gattin hier walteten, wo bei vorzüglicher<br />
Küche und aufmerksamer Bedienung sich<br />
bei Schlachtfesten vergnügte Tischrunden<br />
zusammenstanden und in den behaglichen<br />
Räumen so mancher Festabend gefeiert<br />
worden ist.<br />
Unvergessen ist ebenfalls das gemütliche<br />
Neisse-Insel-Restaurant, daß noch bis zum<br />
Zweiten Weltkrieg bestand .<br />
So sind wir auf dem Rundgang durch unser<br />
Görlitz nicht nur für manch altvertrauter<br />
Gaststätte eingekehrt, sondern<br />
haben uns auch manche<br />
ins Gedächtnis zurückgerufen,<br />
die<br />
h e u t n i c h t<br />
mehr vorhanden<br />
ist,<br />
d i e v i e l -<br />
leicht anderen<br />
Bauten<br />
P l a t z<br />
m a c h e n<br />
musste, oder sich<br />
in neuem Gewand<br />
präsentiert, die aber dem<br />
Stadtbild seiner Zeit seine Eigenarten<br />
verliehen halfen.<br />
Sie alle aber waren für den Görlitzer Bürger<br />
Stätten der Erholung, des Behagens, froher<br />
Geselligkeit und freundschaftlichen<br />
Gedankenaustausches, an die sich einmal<br />
zu erinnern noch manchen eine Freude<br />
bedeutet. Quelle: Die Heimat, 1927
Die zweite, mittlere Bebauungsschicht der<br />
Südstadt wird etwa von der Reicherstraße<br />
in ihrem vorderen älteren Abschnitte von<br />
der Arndt- und Gartenstraße, von der<br />
Laubenkolonie Sophienaue und von der<br />
äußeren Goethestraße umschlossen; die<br />
evangelische Kreuzkirche, der Wasserturm<br />
und Raupachs Maschinenfabrik bildeten<br />
etwa ihre Außenposten. Von den stattlichen<br />
Häusern der vorderen Reichertstraße lässt<br />
sich nur sagen, daß sie einen ebenso großstädtischen<br />
Eindruck machen, wie die der<br />
Biesnitzer Straße.<br />
Das dreiedige Fleckchen Grün zwischen<br />
den beiden Straßen mutet erfrischend an.<br />
Aus Mangel an Baumreihen wirken auch<br />
Melanchthon-, Luther- und Jauernickerstraße<br />
in ihrer Schnurgeradheit, nüchterner.<br />
Die Reichert-Straße trägt ihren Namen<br />
nach Clemens Reichert, der (geb. 1829,<br />
gest. 1863) von 1880 bis 1893 Oberbürgermeister<br />
der Stadt war. Ihm stand als Bürgermeister<br />
Johannes Heyne zur Seite; dieser<br />
Idealität ergänzte jeden Praktiker zu einem<br />
Paar gleichstrebender Wesen.<br />
Mehrfamilienhäuser auf<br />
der Melanchthonstraße<br />
um 1925<br />
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02826 Görlitz • Biesnitzer Fußweg 870<br />
Tel.: 0 35 81/ 48 03-0 • Fax: 0 35 81/ 48 03 14<br />
e-mail: info@wohnungsgenossenschaft-goerlitz.de
Unter Reichert entwickelte sich<br />
Görlitz von 50 000 auf 68 000 Einwohner,<br />
und zwar hauptsächlich<br />
nach der Richtung hin, wo jetzt die<br />
Straße von ihm kündet, in den<br />
Stadtteil Rauschwalde.<br />
Aber auch für das innere Görlitz<br />
geschah unter ihm viel: der neue<br />
Schlachthof wurde fertig (1881),<br />
die Pferde-Straßenbahn entstand<br />
(1882), die Musikfeste wurden eine<br />
ständige Veranstaltung.<br />
Die erste große Gewerbesausstellung fand<br />
auf dem Dresdner Platz, statt - kleinere<br />
hatte der Gewerbeverein schon vorher<br />
veranstaltet - (1885) und erschloss einen<br />
neuen Stadtteil.<br />
Von dem Abschnitte der Biesnitzer - Straße<br />
am Sechstädteplatze einen kurzen Rückweg<br />
in die Pomologische Gartenstraße<br />
machend, gehen wir zwischen zwei einstigen<br />
Großbetrieben ganz verschiedener Art<br />
durch. Deren einen wir allerdings besser<br />
von der Zittauer Straße in voller Ausdehnung<br />
übersehen, deren andern wir von der<br />
Kamenzer Straße aus herüber lugen sehen :<br />
Rauhpachs Maschinenfabrik. und die<br />
optisch mechanische Industrie-Anstalt von<br />
Hugo Wener u. Co. an der Fichtestraße.<br />
Der Wasserturm, auf dem höchsten Punkte<br />
der Südstadt erbaut, steht mit dem<br />
Wasserwerke in Leschwitz in unterirdischer<br />
Verbindung, er selbst ist so hoch, dass sein<br />
Behälter die Häuser der Stadt überragt ,<br />
damit bei Dachbränden sein Druck es der<br />
Feuerwehr ermöglicht, sie zu bespritzen.<br />
Der Dresdner Platz um die Jahrhundertwende
Hinter diesen drei Zukunftsstraßen entstand<br />
(1913 bis 1916) nach Plänen des Architekten<br />
Bitzan - Dresden die Kreuzkirche, die<br />
den Andachtssaal (früher Kontordiasaal),<br />
ersetzte. Eigentümlicherweise trägt gerade<br />
sie, die nach dem “Kreuze” heißt, als<br />
einzige unter den riesigen Kirchen kein<br />
Kreuz auf ihrem fast 50 Meter hohen<br />
Turme, sondern ein solches aus Marmor<br />
außen und im Inneren. Die Kirche ist auch<br />
sonst von außen ein eigenartiger Bau ohne<br />
eine der herkömmlichen Stilformen, man<br />
müsste denn die dem Turmteile vorgelagerte<br />
Halle romanisch finden. Der Turm<br />
selbst sieht in seinem Aufsatz fast so aus,<br />
als sei dieser aus dem Unterbau herausgezogen<br />
worden. Neu für Görlitz ist auch die<br />
bauliche Vereinigung der Pfarrhäuser hinten<br />
mit der Kirche; in ihnen lagen auch die<br />
Säle für den Konfirmandenunterricht.<br />
Der letzte große Kirchenbau vor dem<br />
Zweiten Weltkrieg entstand für den 1925<br />
nach Görlitz eingemeindeten Vorort<br />
Rauschwalde. (s. Abb. oben )<br />
Otto Bartnining, einer der führenden protestantischen<br />
Kirchenbaumeister, entwarf<br />
dieses in Schlichtheit<br />
und Würde beispielhafte<br />
Gotteshaus.<br />
Quelle: Die Heimat, 1927<br />
Görlitz, so wie es war,<br />
Die<br />
Kreuzkirche<br />
IHR DACHPROFI FÜR DIE REGION<br />
Walkowiak & Brendle
Traditionelles Handwerk bewahren und<br />
moderne Produktionstechnologien anwenden<br />
, das ist die Devise, mit der Elektromeister<br />
Herbert Krug seine Firmenphilosophie<br />
begründet. Ständig lernen, um auf dem<br />
aktuellsten Stand in der Branche zu bleiben,<br />
nur so kann der Betrieb sich weiter etablieren<br />
- Arbeitsplätze gesichert<br />
werden.<br />
Ausbilden und die<br />
jungen Leute<br />
hier behalten,<br />
i s t d e r<br />
Wunsch des<br />
F i r m e n -<br />
chefs.<br />
Mittlerweile<br />
k a n n d e r<br />
1975 durch<br />
Herbert Krug<br />
und seine Frau gegründete<br />
Elektrobetrieb -<br />
damals auf der Langenstraße<br />
angesiedelt - auf eine erfolgreiche Firmengeschichte<br />
zurück blicken.<br />
Das traditionelle Handwerk des Elektromotorenbaus,<br />
welches 1886 in Görlitz seine<br />
Geburtstunde hatte, wieder mit Leben zu<br />
erfüllen, hatte sich der frischgebackene<br />
Elektromaschinenbau-Meister vorgenommen.<br />
1867 war es Paul Strohbach, der auf der<br />
Luisenstraße zuerst mit der Produktion und<br />
Instandsetzung von Elektromotoren begann.<br />
.<br />
Die Firma Herbert Krug konnte aufgrund<br />
beachtlicher Auftragslage und Kundenresonanz<br />
auch während DDR-Zeiten ihren<br />
Platz behaupten und sogar Lehrlinge ausbilden.<br />
Nach der Wende kam es zu einem<br />
Standortwechsel auf die Löbauer Straße,<br />
der aber keine Dauerlösung darstellte.<br />
Im September 2000 war es dann<br />
soweit. Mit dem Umzug<br />
auf die Reichenbacher<br />
Straße<br />
e r g a b s i c h<br />
n e b e n d e r<br />
räumlichen<br />
Vergrößeru<br />
n g a u c h<br />
eine Verbesserung<br />
der<br />
Produktionsbedingungen<br />
sowie<br />
großzügigere Parkmöglichkeiten<br />
für die<br />
Kunden. Und diese sind zahlreich.<br />
Viele namhafte Görlitzer Betriebe und<br />
Einrichtungen gehören dazu.<br />
Spezialanfertigungen, wie Brandgasmotoren<br />
für Tunnel und Tiefgaragen, die<br />
noch bei einer Temperatur von 400 Grad<br />
Celsius funktionieren, finden ihre<br />
Abnehmer auch in England, Frankreich,<br />
Schweden und Finnland.<br />
Handelsbeziehungen mit polnischen<br />
Berufskollegen zeigen erste gute Erfolge.
Erschien uns die Urkunde vom Jahre 1071<br />
gewissermaßen wie ein Morgenrot unsrer<br />
Stadtgründung, so<br />
müssen wir in der<br />
goldnen Bulle vom<br />
Jahre 1433 einen<br />
leuchtenden und<br />
wärmenden Sonnenstrahl<br />
erblikken,<br />
den des deutschen<br />
Kaisers Huld<br />
und Anerkennung<br />
auf die bereits zu<br />
hoher Blüte und<br />
großem Wohlstande<br />
erstarkte Stadt<br />
Görlitz aus weiter<br />
Ferne fallen läßt.<br />
Kaiser Sigmund ist<br />
es, der Sohn Kaiser<br />
Karl IV, der Luxemburger,<br />
der die<br />
Bulle ausstellen<br />
ließ, derselbe, der 14<strong>15</strong> in Konstanz Huß<br />
verbrannte und in demselben Jahre dem<br />
Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg die<br />
Mark Brandenburg verlieh, der Bruder des<br />
Herzogs Hans von Görlitz.<br />
Schwere Kämpfe waren in den berüchtigten<br />
langen Hussitenkriegen mit all<br />
ihren Greueln der<br />
Verbrennung des<br />
Huß gefolgt, und<br />
kaum ein Land hatte<br />
mehr unter ihnen<br />
zu leiden gehabt,<br />
als unsere Oberlausitz.<br />
Aber sie hatte<br />
sich ritterlich gewehrt,<br />
und die<br />
Stadt Görlitz war<br />
immer wieder das<br />
Bollwerk, an dem<br />
sich die Kriegsstürme<br />
brachen.<br />
Des zu Dank und<br />
Urkunde verlieh<br />
Sigmund zu wichtiger<br />
Zeit der Stadt<br />
ein neues reiches<br />
Wappen, das "zu<br />
solcher Würde gediehen war, dass es seiner<br />
Vortrefflichkeit halber nunmehro leicht<br />
gegen alle andere Städte den Ruhm und<br />
Vorzug behaupten kann".<br />
Sigmund hatte nach vielen Schwierigkeiten
am 31. Mai 1433 zu Rom die sehnlichst Öffnung die Worte zu lesen sind: "aurea<br />
erstrebte römische Kaiserkrone erhalten Roma" - das goldne Rom. Die Umschrift<br />
und war deshalb gern geneigt, den getreuen lautet bezeichnenderwiese: "Roma caput<br />
Görlitzern eine besondere Auszeichnung mundi - regit orbis frena rotunde" - Rom,<br />
zuteil werden zu lassen. - Bereits Freitag, das Haupt der Welt, lenkt die Zügel des<br />
den 24. <strong>Juni</strong> 1433, war die Urkunde "mit Erdenrunds. -<br />
Kaiserlicher Majestät göldener Bull" in Die Urkunde ist in deutscher Sprache<br />
Peruß (Perusia) ausgefertigt, zu deren abgefasst und vorzüglich geschrieben: Wort<br />
Abholung der Stadtnotarius Laurentius für Wort leserlich. Inmitten des Textes ist<br />
Ehrenberg bis nach Rom zu Kaiser das neue verliehene Wappen in prächtigen<br />
geschickt worden war. Und der brachte die Farben dargestellt, das Gold durch ausgelegtes<br />
Goldblech. Die Farbtöne des weißen<br />
prächtige goldne Bulle mit dem großen,<br />
reichen Wappen zurück, wie sie noch heute Löwen sind stark nachgedunkelt, das Ganze<br />
eins der wertvollsten Stücke unsres durch ein Strichrand in den Farben schwarz,<br />
Ratsarchivs bildet. Freilich der gewaltigen gold, schwarz, blau, schwarz begrenzt: ein<br />
Kosten wegen nicht allen zur Freude! schwarzer Doppeladler in goldnem Felde<br />
Die Urkunde selbst ist, wie die von 1071, und ein weißer Löwe in rotem Felde halten<br />
auf Pergament geschrieben, im ganzen mit dem Fluge bzw. der Pranke eine Krone<br />
46:55,5 Zentimeter groß. Ihr unterer Teil ist empor. Die Helmzier enthält ebenfalls einen<br />
umgebogen und durch beide Teile des weißen Löwen. Den Hintergrund bildet ein<br />
Pergaments eine seidene Schnur gezogen, fein gezeichnetes Goldmuster auf blauem<br />
an der die schwere goldne Bulle hängt: Der Grunde - eine in jeder Beziehung vortrefflich<br />
ausgeführte Arbeit.<br />
Kaiser sitzt mit dem Krönungsornate<br />
angetan auf dem Throne. Die Darstellung Auf unserer Urkunde erscheint der Doppeladler<br />
zum ersten Male an Stelle des<br />
erinnert an das bärtige Angesicht, das wir<br />
von dem Gemälde Albrecht Dürers kennen. früheren einfachen Reichsadlers, "um damit<br />
Sein Bild ist von doppelter Schriftreihe die Vereinigung der Würde eines deutschen<br />
umgeben, die Name und Titel des Königs und römischen Kaisers anzudeuten".<br />
Herrschers enthält. Die Rückseite stellt ein<br />
zweitürmiges Torgebäude dar, in dessen Quelle : Alt-Görlitz einst und jetzt S. 4
Betritt man die modernen und zugleich sehr<br />
ansprechend gestalteten Kreissäle des<br />
Görlitzer Klinikums, möchte man fast nicht<br />
glauben in einem Krankenhaus zu sein. Den<br />
werdenden Müttern und Vätern wird jede<br />
nur denkbare Erleichterung in einem fast<br />
mediteranen Ambiente geboten.<br />
Die für die ohnehin unsicheren<br />
und nervösen, zukünftigen<br />
Eltern furchterregend<br />
wirkenden modernen<br />
medizinischen Gerätschaften<br />
und Operationssäle<br />
sind natürlich vorhanden,<br />
bleiben aber wenn<br />
nicht benötigt, unsichtbar.<br />
So verbinden sich hier fast<br />
die Vorzüge eines Geburtshauses<br />
mit denen des modernen<br />
Kreissaals. Ohne<br />
Beruf noch als Berufung<br />
verstehende und fachlich<br />
auf das Beste befähigte<br />
Hebammen, Schwestern<br />
und Ärzte wäre die schönste<br />
Klinik jedoch völlig<br />
wertlos. Und man merkt es<br />
ihnen an: Sie üben den<br />
vielleicht schönsten Beruf<br />
aus, kleinen Geschöpfen<br />
den Weg in die Welt zu weisen.<br />
Von guten Dingen spricht man leider nur<br />
selten. Dazu gehört zweifellos die bereits in<br />
der Vergangenheit beispielhaft organisierte<br />
und weit über die Grenzen der Oberlausitz<br />
berühmte Görlitzer Geburtshilfe.<br />
-Anzeige-
Der Tätigkeit der Hebamme, Wehe., oder<br />
Bademutter gehört zu den ältesten medizinischen<br />
Berufen überhaupt.<br />
Der Chirurg oder auch der Stadt - Physicus<br />
wurden nur in Ausnahmefällen hinzugerufen.<br />
Eine Berufsausbildung oder Lehre<br />
für Hebammen unter der Aufsicht der<br />
Obrigkeit gab es lange Zeit nicht. Die<br />
"weisen" Frauen erlernten ihr Handwerk<br />
meist von älteren und erfahrenen Hebammen.<br />
Im Jahre <strong>15</strong>13 erschien das erste<br />
gedruckte Handbuch der Geburtshilfe für<br />
Hebammen. Verfasst hatte es der Wormser<br />
Stadtarzt Eucharius Roeflin in deutscher<br />
Sprache. Bereits 1612 legte die Görlitzer<br />
Medizinalordnung fest, dass "die Hebammen,<br />
ehe sie angenommen , zuvor vom<br />
Collegio Medico im Beisein des Rats-<br />
Depurtierten examiniert werden. “<br />
Vom 1. Dez. des Jahres 1690 wurde ein<br />
solches Heer, dem Bürgermeister Michael<br />
Steinbach, und dem Schöppen Gregor<br />
Möller erschienen die Möllerin aus Moys<br />
und die Mariea aus Marklissa. Man befragte<br />
sie über den "Zustand schwergehnden<br />
Weiber....wie sie als Weh-Mütter Rath geben<br />
und operiren, und vor, in und nach der<br />
Geburt sich verhalten sollen...Itemwas mit<br />
dem durch göttlichen Segen ans Tageslicht<br />
kommende Kinde Vorzunehmen, was ihr<br />
Ambt bei der Keißerin, was ihre Medica-<br />
mente sein, bisherige practica, und was<br />
mehr hieher gehörig.<br />
Da die damalige Situation im Hebammenwesen<br />
in der Beurteilung der Maria Marklissa<br />
sehr treffend erscheint, sei sie hier im<br />
Zitat wiedergegeben: Die Kommission<br />
schätze ein "dass Sie ihrer Person nach ein<br />
geschickt Weib, zu solchen Bade-Mutter-<br />
Ambte 33 Jahr alt, ihrer Wissenschaft nach<br />
erfahren, guten Verstandes und Antwort sei,<br />
in Lesung guter Bücher geübt, von ihrer<br />
Mutter ein Jahr informieret, ihrer practica<br />
nach XI Jahr für eine Bade-Mutter sich<br />
habe gebrauchen lassen, in Examine auf<br />
alle schwere und leichte Fragen wohl und<br />
bescheidentlich geantwortet, in schweren<br />
Geburten oftmals ihre gute Geschicklichkeit<br />
erwiesen habe" .<br />
Nach erfolgter und erfolgreicher Examination<br />
vereidigte der Görlitzer Rat die<br />
Hebammen. Aus dem Jahre 1641 wurde ein<br />
solcher Eid, der älteste der Oberlaustitz<br />
überliefert. Erst jetzt durften die Hebammen<br />
in Görlitz und den Dörfern das<br />
städtischen Weichbildes ihre Kunst<br />
ausüben. Speziell für die Hebammen gab es,<br />
sicher belegt ab 1716 , eine Instruktion in<br />
der unter anderem festgelegt wurde, dass<br />
die Hebamme verpflichtet wurde "im<br />
höchsten Notfall und wenn ein ordentlicher<br />
Priester nicht zu erlangen die Schwachen
Kinder " zu taufen.<br />
Eine Zäsur bildet das Jahr 1667. Der Rat<br />
entschied einen "Accoucheur" und "Hebammenmeister"<br />
einzustellen. Jener sollte<br />
bei komplizierten Geburten zugegen sein,<br />
die Hebammen zudem weiterbilden und<br />
beaufsichtigen. Man gewann einen tatkräftigen<br />
Mann für dieses Amt, den Homburger<br />
Regiments- Chirurgen Christian<br />
August Volkert. noch im gleichem Jahr<br />
schlug er dem Rat vor, in Görlitz eine<br />
Hebammenschule, nach dem Vorbild der<br />
Straßburger und Kasseler Schulen einzurichten.<br />
Bis zum Jahre 1811 erlernten in der<br />
beispielhaften Einrichtung allein 39 Hebammen<br />
ihr Handwerk. Als Probanten der<br />
Schülerinnen dienten unehelich Schwangere,<br />
die deshalb fällig Strafgeld nicht<br />
erlegen konnten. Sie wurden in der<br />
Schwangerschaft "touchiert" und die Entbindung<br />
erfolgte unter der Mitwirkung der<br />
zukünftigen Hebammen. In Dresden entstand<br />
eine solche Hebammenschule erst im<br />
Jahre 1774 allerdings verbunden mit einer<br />
Gebäranstalt.<br />
Nach dem Tode Volkerts folgte 1776 der in<br />
der oben erwähnten Dresdner Schule gut<br />
Ausgebildete Chirurg Sigismund Gottlieb<br />
Vogelsang der die Görlitzer Anstalt weiter<br />
profilierte. So verlangte er von den<br />
zukünftigen Hebammen den Besitz eines<br />
Lehrbuches und der Teilnahme an einer<br />
Obduktion.<br />
Der hervorragende Ruf der Görlitzer Hebammenschule<br />
wird besonders deutlich an<br />
der Anweisung des Landesherren König<br />
Friedrich August I. an den Bautzener Oberamtshauptmann<br />
aus dem Jahre 1811 die<br />
Hebammen des gesamten Markgrafentums<br />
Oberlausitz zur Ausbildung nach Görlitz zu<br />
schicken.<br />
S i e g f r i e d H o c h e<br />
(Ratsarchivar)
Fortsetzung Stadtbild 14<br />
Die Anlehnung an den großen Wegbereiter<br />
der neuzeitlichen Medizin und Arzneikunde<br />
Theophrastus Bombastus von<br />
Hohenheim (1493-<strong>15</strong>41) genannt<br />
Paracelsus, unmittelbar nach dessen<br />
Lebzeiten, müsste von einiger Bedeutung<br />
für den Entwicklungsstand der Görlitzer<br />
Apotheke gewesen sein. Paracelsus, der<br />
seine Auffassung vom Apothekenwesen in<br />
seinem Wahlspruch "Was ist die Hilfe der<br />
Arznei anders als die Liebe" zum Ausdruck<br />
brachte, hatte sich mit seiner ganzen Kraft<br />
für die Erneuerung der in starren Dogmen<br />
befangenen scholastischen Medizin eingesetzt.<br />
Gleichzeitig galt sein Kampf der<br />
Entwicklung eines naturwissenschaftlich<br />
begründeten Apothekenwesens.<br />
Der Schwiegersohn Alexander Berndt's ,<br />
Dr. med. Paul Siegemund, Sohn des<br />
Görlitzer Stadtarztes Dr. med. Johannes<br />
Siegemund, hatte, bevor er <strong>15</strong>68 die Apotheke<br />
übernahm, u.a. auch an den Universitäten<br />
in Leipzig und Basel studiert. In Basel<br />
hatte dereinst (<strong>15</strong>27) auch Paracelsus als<br />
Stadtarzt und Universitätsprofessor gewirkt.<br />
Die Vorbildwirkung auf den jungen<br />
Görlitzer Studiosus, der später das Bild des<br />
großen Meisters in die Apotheke seines<br />
Schwiegervaters hängte, ist nicht selbstver-<br />
ständlich gewesen, hatte Paracelsus zu<br />
Lebzeiten und noch lange danach eine große<br />
Anzahl von Feinden.<br />
Der Zittauer Stadtphysikus sorgte um <strong>15</strong>70<br />
beispielsweise dafür, dass die Anhänger<br />
Paracelus' wie Ketzer behandelt und aus der<br />
Stadt vertrieben wurden. Dagegen ist<br />
Görlitz ihnen gegenüber fortschrittlicher<br />
aufgetreten, haben sie sich doch hier<br />
besonders entfalten können.<br />
Quelle. Aus der Geschichte des Görlitzer<br />
Gesundheitswesens (X) vom 5.8.1978