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MAGAZIN<br />
Thomas Meyer liebt kurze Namen: „Steinkugel“ (vorherige Seite), „Vase“ und „Elbphilharmonie“ sowie „Zwei-Bäume“ (r).<br />
FOTOS...<br />
WIE VOR 100 JAHREN<br />
Fortsetzung von S. 52<br />
Es mutet an wie die Entdeckung der Langsamkeit, wenn<br />
Thomas Meyer mit seiner großen Balgenkamera Sinar P2<br />
Fotos macht. Denn das ist meilenweit entfernt von Handy<br />
zücken und 10 Mal abdrücken, um zu schauen, ob ein Foto etwas<br />
geworden ist. Im Gegenteil, es ist wie eine Hommage an die<br />
Anfänge der Fotografie, als die noch Handwerk war. Und es ist<br />
„eine emotionale Arbeit, die bleibende Werte schafft. Gedruckt<br />
auf hochwertigem Barytpapier“, sagt Thomas Meyer. Und eine,<br />
für die man sich Zeit nehmen muss. Die Kamera ist schwer und<br />
Eine von drei<br />
Balgenkameras von<br />
Thomas Meyer, eine<br />
TOYO field 8x10 für<br />
unterwegs.<br />
muss sorgfältig aufgebaut werden, mit Wasserwaageneinsatz,<br />
damit auch alles gerade ausgerichtet ist. Wenn alles austariert<br />
ist, geht es aber noch nicht los – mit einer Lupe kontrolliert<br />
Meyer, der beruflich in erster Linie von der Peoplefotografie<br />
lebt, die Schärfe des Bildes. Bis das dann im wahrsten Sinne des<br />
Wortes im Kasten ist, können schon mal vier Stunden vergangen<br />
sein. Und abgebaut werden muss ja auch noch. Wenn das Ergebnis<br />
dann auf hochwertigem Barytpapier erscheint, wird klar,<br />
es hat sich gelohnt: Die Fotos haben etwas Mystisches. So ist<br />
beispielsweise bei dem ersten Foto, das wir hier zeigen, nur die<br />
Kugel scharf. „Die Schärfe liegt exakt in dessen Mittelpunkt.<br />
Der Rest ist bewusst unscharf gehalten.“ Das gelingt dank offener<br />
Blende bei einem extrem lichtstarken Tessar 300 mm Objektiv<br />
(Lichtstärke 3,5). Es stammt aus den 1940er-Jahren. Noch<br />
älter ist, eine Weichzeichner-Linse aus dem Jahr 1909. Die kommt<br />
vor allem im Studio zum Einsatz, wenn Thomas Meyer beispielsweise<br />
Blumen aufnimmt. Die wirken dann fast wie gemalt. Das<br />
ist kein Zufall, denn der Hamburger hat sich dem Piktorialismus<br />
verschrieben. Dieser Kunststil, der um 1900 entstanden ist,<br />
zeichnet sich ästhetisch vor allem durch die wechselseitigen<br />
Inspirationen zwischen Fotografie, Malerei und den anderen<br />
grafischen Künsten aus. Es entstehen wahre Kunstwerke von<br />
Bestand und das macht für Thomas Meyer auch den Reiz aus.<br />
„Normale Fotografie ist quasi wertlos geworden. Niemand will<br />
mehr Geld bezahlen für die Bilderflut. Ich schaffe mit meiner<br />
Sinar P2 dagegen wertvolle Handwerksarbeit.“ Und für die gibt<br />
es zum Glück Liebhaber und Spaß macht es auch noch. Mehr<br />
Informationen zur Arbeitsweise von Thomas Meyer und mehr<br />
und Bilder von ihm gibt es auf www.tmphotography.de kw<br />
54 | ALSTERTAL MAGAZIN