04.03.2023 Aufrufe

77_Ausgabe November 2009

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zum Volkstrauertag <strong>2009</strong><br />

<strong>2009</strong><br />

Ansprachen (”Statements”) der Stadtverwaltung<br />

wirken unverbindlich und<br />

austauschbar für andere Anlässe. Die<br />

Betrachtungen der Geistlichen passen<br />

oft besser in den Sonntagsgottesdienst.<br />

Man vermißt persönliche Betroffenheit,<br />

Einfühlungsvermögen und Furchtlosigkeit<br />

im Umgang mit der Geschichte. Das<br />

ursprüngliche Anliegen des Volkstrauertages,<br />

die Ehrung der gefallenen Soldaten,<br />

der zivilen Kriegsopfer, der Toten in<br />

Kriegsgefangenen- und Internierungslagern,<br />

ist aus dem Blick geraten. Nicht<br />

einmal das Wort “Soldaten” kommt in<br />

den Reden vor. Ungestraft schmieren<br />

unbedarfte Rabauken an die Häuserwände,<br />

dass “Täter keine Opfer” seien.<br />

Welch ein Gegensatz zum Jahre 1926,<br />

als Deutschland noch parlamentarische<br />

Republik war und seine Kriegsopfer aufrichtig<br />

und unbefangen ehrte. Parteipolitische<br />

Besserwisser können einem<br />

da nicht mit “Selbstinszenierungen von<br />

Diktaturen” kommen.<br />

Als unser Fotograf für diesen Beitrag in<br />

Görlitz-Rauschwalde das 1926 eingeweihte<br />

und inzwischen sanierte Ehrenmal<br />

aufnehmen wollte, fand er dort Jugendliche<br />

und Männer mit Bierflaschen<br />

vor, die nur zögernd zur Seite rückten,<br />

um die Sicht freizugeben. Neugierig geworden,<br />

gaben sie zu verstehen, sie<br />

hätten sich noch nie die Inschriften angesehen<br />

oder gar darüber nachgedacht,<br />

dass die dort genannten, damals gefallenen<br />

Rauschwalder oft so jung wie sie<br />

gewesen waren. Kein Lehrer der Schulen<br />

gegenüber, kein Pfarrer der Kirche<br />

dahinter, keine Mutter in den Wohnhäusern<br />

ringsum schien jemals ein erklärendes<br />

Wort gesagt zu haben.<br />

Am Sonnabend vor dem Volkstrauertag<br />

wird wie immer zu einer Führung zu<br />

Görlitzer Kriegsgräbern auf dem städtischen<br />

Friedhof gebeten; die Teilnehmer<br />

treffen sich um 14 Uhr vor dem Krematorium.<br />

Die Ehrung der Gefallenen am<br />

Volkstrauertag beginnt um 11 Uhr an<br />

der Stele beim Ständehaus.<br />

Dr. Ernst Kretzschmar<br />

anzeige<br />

Geschichte |<br />

67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!