Kolozs, Komm, Kind, iss! 2022 Leseprobe
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Beurteilungen. 20 So absolvierte er die erste Klasse gleich dreimal – 1894/95 und<br />
1895/96 am Franziskanergymnasium in Hall in Tirol und 1896/97 am Benediktinergymnasium<br />
in Meran – und verlor aufgrund seiner schlechten Leistungen<br />
beinahe das Studienstipendium der Erzherzog Rainer Stiftung, das er zwischen<br />
1896 und 1903 mit jährlich 400 Kronen bezog: 21 „Über dessen Würdigkeit wird<br />
nachgefragt.“ 22 – Dennoch unterstützte Aloisia Lambichler ihren jüngsten Sohn<br />
bei seinem Wunsch, Priester werden zu wollen, 23 weiterhin, obwohl das kleine<br />
Familieneinkommen nur wenig Spielraum für M<strong>iss</strong>erfolge zuließ, und schaffte<br />
es mit viel Mühe und Fleiß sowie Gottvertrauen, dass auch ihre beiden anderen<br />
<strong>Kind</strong>er zu einer guten Ausbildung kamen. 24<br />
In diesem Zusammenhang wird in der Quellenliteratur mehrfach auf die<br />
schwache Gesundheit des jungen Josef Lambichler hingewiesen und diese als Begründung<br />
für sein schlechtes, schulisches Abschneiden genannt; genauer gesagt,<br />
soll ein Herzklappenfehler 25 seine Leistungsfähigkeit gebremst und somit zu seiner<br />
unterdurchschnittlichen, akademischen Bilanz beigetragen haben. Medizinisch<br />
gesehen läge dies zwar im Bereich des Möglichen, 26 jedoch sprechen zwei<br />
belegbare Umstände gegen diese Annahme oder ziehen sie wenigstens ernsthaft<br />
in Zweifel: Erstens war bei Josef Lambichler nichts von einer auffälligen, körperlichen<br />
Beeinträchtigung zu bemerken. Ganz im Gegenteil wird er von seinen<br />
Zeitgenossen als wilder, lebhafter Bub beschrieben, der es manchmal „mit seinen<br />
Spielgefährten gar zu arg trieb“ 27 , und war außerdem „Sängerknabe am Kirchenchor<br />
der Haller Franziskanerkirche“ 28 , was mit einer derart kränklichen Konstitution<br />
kaum zu schaffen gewesen wäre. Zweitens verbesserten sich entgegen<br />
der allgemeinen Behauptung keineswegs die Schulnoten von Josef Lambichler,<br />
nachdem er „wegen andauernder Kränklichkeit“ 29 vom Franziskanergymnasium<br />
in Hall in Tirol an das Benediktinergymnasium in Meran gewechselt war, wo das<br />
milde Klima Südtirols seiner angeschlagenen Gesundheit zuträglich hätte sein<br />
sollen. Einzig und allein im Schuljahr 1896/97 fällt er als „lobenswert, ausdauernd<br />
und vorzüglich“ 30 auf, während er anschließend erneut mit Noten jenseits des<br />
Befriedigend zu kämpfen und u. a. auch im Abschlussjahr eine Wiederholungsprüfung<br />
zu bestehen hat: „[Josef Lambichler] hat sich am 28. Juni [1904] der Ma-<br />
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