Untitled - Jusos München
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TICKER<br />
Impressum:<br />
+++ start ticker +++<br />
Marietje Nauschuetz musste aus Zeitgruenden<br />
von ihrem Amt als Vorstandsvertreterin des<br />
RV Ost zurueckgetreten. Der RV Ost hat<br />
Niclas in der Stroth ein Votum fuer die<br />
Nachfolge gegeben.<br />
Der AK Oekologie hat einen neuen<br />
Sprecherrat gewaehlt: Simona Winkler, Nima<br />
Lirawi, Robert Aimer und Markus Wanger.<br />
Der UB-Vorstand hat die Mitglieder der<br />
Sexismus-Kommission benannt: Neben der<br />
Frauenbeauftragten Angela Greulich gehoeren<br />
ihr Uli Boesser und Jens Roever an.<br />
Links im Druck - Die Mitgliederzeitschrift der Münchner <strong>Jusos</strong><br />
+++ ende ticker +++<br />
Druck: Osiris Druck, Leipzig<br />
V.i.S.d.P. : Markus Henn<br />
Redaktion: Viola Unger, Oliver Kohlmaier, Simone Burger, Hanna Kappstein<br />
Layout: Markus Henn, Michael Raab (Cover)<br />
Auflage: 850<br />
Erscheinungsweise: 11 Ausgaben pro Jahr<br />
Wir freuen uns über Eure Mitarbeit. Bei Interesse bitte bei bei Markus Henn (tel. 79 109 947 oder jim@jusosmuenchen.de)<br />
melden.<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
Die Redaktion behält sich vor, Artikel abzulehnen oder zu kürzen.<br />
Wenn Sie spenden wollen: <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>, Konto-Nr. 111 500, Stadtsparkasse <strong>München</strong>, BLZ 701 500 00.<br />
Wir stellen ihnen unaufgefordert eine steuerabzugsfähige Spendenquittung aus.<br />
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Inhalt<br />
4 4 Aktuelles<br />
Zu viel Geld? Dann geh<br />
doch studieren...<br />
von Viola Unger<br />
7 7 Aktuelles<br />
Unwidersprochen - gegen<br />
Studiengebühren!<br />
von Niclas in der Stroth<br />
10 10 Aktuelles<br />
Bayern - ein<br />
hochschulpolitisches<br />
Entwicklungsland<br />
von Daniel Fritsch<br />
und Jürgen Glatz<br />
12 12 Aktuelles<br />
Hochschulwahlen<br />
13 13 13 Juso-Interna<br />
Bundeskonferenz<br />
von Rasmus Brandt<br />
und Alex Ben Chaouch<br />
14 14 Aktuelles<br />
T-Rex bites back?<br />
von Christian Schiffer<br />
16 16 Veranstaltungen<br />
„Der Arbeitsmarkt in der<br />
Sackgasse?“<br />
von Alex Spickenreuther<br />
18 18 Informationen<br />
19<br />
19<br />
Seminarangebote<br />
19 Das letzte Wort<br />
von Dunja Langer<br />
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Wissenschaft und Politik<br />
EDITORIAL<br />
Schwerpunkt dieser Ausgabe ist die Universität. Deshalb an dieser<br />
Stelle ein paar Gedanken zum Verhältnis von (universitärer)<br />
Wissenschaft und (demokratischer) Politik.<br />
Die beiden befinden sich in einer spannungsvollen Nähe. Was<br />
sie eint, sind: Offenheit, Kritik und Meinungskampf. Verschiedenartig<br />
gestaltet sich das Ergebnis. Die Wissenschaft wendet sich aus<br />
rationaler Motivation heraus gegen die Absolutheit metaphysischer<br />
Wahrheiten (vor allem den Glauben) und zielt auf die positiven,<br />
empirischen Wahrheiten ab, welche sie dem bloß subjektiven und<br />
moralischen Standpunkt des Einzelnen entgegensetzt. So will sie<br />
dessen Begrenztheit, d.h. die Relativität des Standpunkts überwinden<br />
und unter dem Primat der Vernunft zu möglichst objektiven<br />
und wertfreien Forschungsergebnissen gelangen. Die Politik dagegen<br />
kann sich nicht auf die Wertfreiheit berufen, sie bleibt eine<br />
moralische Angelegenheit. Dass sich der moralisch-politische<br />
Standpunkt nicht mehr metaphysisch, allgemeingültig begründen<br />
lässt und er dadurch der Subjektivität anheim fällt, verweist dabei<br />
auf den Pluralismus. Hinter diesem steht die Überzeugung von<br />
der Unzulänglichkeit auch der vorgeblich objektiven Vernunft,<br />
welche teils von der Vernunft selbst nahegelegt wird, teils emotional<br />
motiviert ist. Was in der Politik verhandelt wird, ist nicht der<br />
Wissenschaftlichkeit, nicht der Vernunft alleine unterworfen, sondern<br />
geht in Bereiche hinein, in denen diese unzureichend sind,<br />
verlangt Entscheidungen, die diese nur beeinflussen, nicht jedoch<br />
treffen können. Zum Beispiel die Antwort auf die Frage, ob der<br />
Irak-Krieg richtig war, mag mit Hilfe der (z.B. historischen) Wissenschaft<br />
leichter fallen, doch wird sie nie von ihr gegeben werden<br />
können. Die Begrenztheit des Einzelnen und die Relativität<br />
seines Standpunktes sind hier umfassend; am Ende muss die<br />
Mehrheit entscheiden.<br />
Die Bemühung um Wertfreiheit empfiehlt die Universität als unpolitischen<br />
Ort. Aber nicht nur sie. Ein anderer Grund folgt aus<br />
dem Umstand, dass die Politik die (technischen, ökonomischen<br />
etc.) Erkenntnisse der Wissenschaft nur als Mittel für ihre Zwecke<br />
wertschätzt, während die Wissenschaft die Erkenntnis über ihre Verwertbarkeit<br />
hinaus auch um ihrer selbst willen sucht. In dieser Hinsicht<br />
kehrt sich das Verhältnis plötzlich um: Die Politik ist selbst<br />
immer nur ein Mittel, wohingegen Wissenschaft Zweck sein kann.<br />
Anders als die Politik, welche auf ein außer ihr befindliches moralisches<br />
Ziel hinarbeitet, beinhaltet die Wissenschaft schon unmittelbar<br />
ein Wertentscheidung; ihr Wert ist die rationale Durchdringung<br />
der Welt, ohne Rücksicht auf moralisch-politische Vorgaben.<br />
Akzeptiert man diesen Wert, würde die Politisierung der<br />
Wissenschaft ihre Einschränkung auf den moralisch-politischen<br />
– und das heißt praktisch häufig: materiellen – Nutzen bedeuten.<br />
Markus Henn
AKTUELLES<br />
Zu viel Geld?<br />
Dann geh doch studieren...<br />
PISA hat gezeigt: im Vergleich mit<br />
den übrigen OECD-Ländern weist<br />
das Bildungssystem der BRD eine<br />
überdurchschnittlich hohe soziale<br />
Selektionsrate auf. Von dem bildungspolitischen<br />
Ziel, jungen Menschen<br />
unabhängig vom Einkommen<br />
und vom Bildungsweg der Eltern<br />
einen gleichberechtigten Zugang zu<br />
den deutschen Hochschulen zu ermöglichen,<br />
sind wir noch weit entfernt.<br />
Herkunft und Studium<br />
Noch immer beginnen Kinder aus<br />
sozial schlechter gestellten Elternhäusern<br />
wesentlich seltener ein Studium.<br />
Nur 20 % derjenigen, deren<br />
Eltern beide über einen Hauptschulabschluss<br />
verfügen, besuchen selbst<br />
eine Hochschule. Während 37 %<br />
der Kinder, die aus einem Angestelltenhaushalt<br />
kommen und lediglich<br />
verschwindende 12 % der Arbeiterkinder<br />
studieren, beträgt der Studierendenanteil<br />
bei Kindern von Selbstständigen<br />
60 %, bei den von Beamten<br />
sogar 75 %. Doch damit nicht<br />
genug: die soziale Situation der Eltern<br />
wirkt sich sogar auf die Wahl der<br />
Studienfächer aus. Während sich<br />
Studierende aus bildungsfernen und<br />
finanziell schwächer gestellten Elternhäusern<br />
überdurchschnittlich<br />
häufig für ein Studium der Ingenieurs-<br />
oder Sozialwissenschaft entscheiden,<br />
sind Studierende aus sozial<br />
besser gestellten Elternhäusern<br />
in den Studiengängen der Rechtsund<br />
Wirtschaftswissenschaften und<br />
der Medizin überproportional repräsentiert.<br />
Des weiteren findet man in<br />
höheren Semestern einen größeren<br />
Anteil von Studierenden aus unteren<br />
sozialen Herkunftsgruppen. Der<br />
Grund hierfür ist nicht etwa in der<br />
Faulheit dieser StudentInnen zu suchen,<br />
sondern vielmehr in der Tatsache,<br />
dass diese Studierende zusätzlich<br />
oft über 20 Stunden pro<br />
Woche erwerbstätig sein müssen, um<br />
für ihren Lebensunterhalt aufkommen<br />
zu können. Eine Unterstützung<br />
via BAföG kommt nur einem sehr<br />
kleinen Personenkreis zu Gute und<br />
läuft mit dem Ende der Regelstudienzeit<br />
aus. Während die einen eine<br />
Studienzeitverlängerung in Kauf nehmen,<br />
brechen die anderen wegen<br />
nicht mehr tragbaren finanziellen<br />
Problemen ihr Studium ab. Soviel<br />
zur derzeitigen Verteilung der Bildungschancen.<br />
Studiengebühren<br />
Nun schwelt in Deutschland schon<br />
seit Jahren eine Debatte um Studiengebühren.<br />
Dabei macht es kaum<br />
einen Unterschied, was für einen<br />
Namen man dem Kind gibt: Bildungsbeiträge,<br />
Studienkonten, Studienguthaben<br />
oder klassisch Studiengebühren.<br />
Gezahlt werden muss<br />
im Regelfall bei allen Modellen. In<br />
mehreren Bundesländern gibt es<br />
schon jetzt Zweit- oder Langzeitstudiengebühren<br />
oder auch so genannte<br />
Verwaltungsgebühren. Beispielsweise<br />
in Baden-Württemberg<br />
müssen LangzeitstudentInnen, also<br />
diejenigen, die die Regelstudienzeit<br />
um mehr als vier Semester überschreiten,<br />
512 Euro pro weiteres Semester<br />
zahlen. Auch im Saarland<br />
und in Niedersachsen werden Langzeitstudierende<br />
mit jeweils 500 Euro<br />
pro weiteres Semester zur Kasse geben.<br />
In Bayern und Sachsen werden<br />
Gebühren für ein Zweitstudium erhoben,<br />
von 500 bzw. 300 Euro pro<br />
Semester. Lediglich die Gebührenfreiheit<br />
für ein Erststudium ist im<br />
Hochschulrahmengesetz festgesetzt.<br />
Bis jetzt noch.<br />
TU-Präsident Herrmann und der<br />
Vorsitzende des Bildungsausschusses<br />
im Bayerischen Landtag Wilhelm<br />
werben inzwischen sogar laut für<br />
Gebühren im Erststudium, denn sie<br />
sind angeblich um eine „Qualitätserhöhung<br />
der akademischen Lehre“<br />
bemüht. Dies will nun die TU <strong>München</strong><br />
mit dem Projekt „Excellen-<br />
1 2 3 4 5 4 6 7 8 9 0
TUM“ erreichen. In dem vom Centrum<br />
für Hochschulentwicklung<br />
(CHE) - ein Gemeinschaftsprojekt<br />
der Bertelsmann-Stiftung und der<br />
Hochschulrektorenkonferenz - entworfenen<br />
„ExcellenTUM“ wird der<br />
Student zum Kunden, das Wissen<br />
zur Ware, die Uni zum Anbieter.<br />
Konkret heißt das dann: Pro Monat<br />
soll den Studierenden der TU <strong>München</strong><br />
ein Darlehen von 1000 Euro 1<br />
zuteil werden. Als Gegenleistung<br />
verspricht die TUM qualitativ bessere<br />
Lehre nach einem Vier-Säulen-Modell<br />
2 . Betrachtet man jenes Konzept<br />
zur Qualitätsverbesserung näher, so<br />
entpuppt es sich schnell als eine<br />
Mixtur aus einerseits bereits jetzt realisierbaren<br />
Vorschlägen, wie Verbesserung<br />
des Betreuungsverhältnisses<br />
durch die kostengünstige Mehreinstellung<br />
von TutorInnen, und andererseits<br />
völlig unnötigen, absurden<br />
Ideen wie einer 24-h-Bibliothek in<br />
Garching. Der Konstruktionsschwächen<br />
seines Vier-Säulen-Modells<br />
wohl bewusst, hat der CHE-thinktank<br />
ExcellenTUM noch einen weiteren<br />
Baustein hinzugefügt. Die vier<br />
Garantien: die All-Inclusive-Garantie<br />
3 , die Job-Garantie 4 , die Studiumfür-alle-Garantie<br />
5 , und die Wohnungsgarantie<br />
6 . Was will StudentIn<br />
mehr? Das Darlehen, worauf die<br />
Studierenden der TUM dann einen<br />
Anspruch erheben können, soll<br />
nach Abschluss des Studiums einkommensabhängig<br />
zurückgezahlt<br />
werden. Der sozialen Gerechtigkeit<br />
sei somit Rechnung getragen - so<br />
das CHE.<br />
Doch wie „intelligent“ 7 sind diese so<br />
genannten „nachlaufenden“ Studiengebühren<br />
wirklich? Bei einem<br />
1 2 3 4 5 5 6 7 8 9 0<br />
Darlehen von 1000 Euro pro Monat<br />
ergibt sich bei einem neunsemestrigen<br />
Studium und einem geschätzten<br />
Leihzinssatz von 5 % ein<br />
Schuldenberg von fast 60 000 Euro.<br />
Selbst bei einem späteren Jahreseinkommen<br />
von 40 000 Euro und einer<br />
Rückzahlung von jährlich10 %<br />
des Gehalts, dauert es 15 Jahre, bis<br />
man wieder schuldenfrei ist. Zweifelsohne<br />
wird eine derartige Perspektive<br />
eine abschreckende Wirkung auf<br />
Kinder aus sozial schlechter gestellten<br />
und bildungsfernen Elternhäusern<br />
haben. Billiger ist das „excellente“<br />
Studium natürlich, wenn man<br />
erst gar kein Darlehen aufnehmen<br />
muss, somit auch den Betrag nicht<br />
verzinst zurückzahlen muss. Studierende<br />
in Australien wissen das schon<br />
länger. Das gerade seitens des CHE<br />
viel gelobte australische Gebühren-<br />
System Higher Education Contribution<br />
Scheme (HECS) sieht übrigens<br />
unter anderem vor, dass Studierende,<br />
die ihre Studiengebühren zu<br />
Semesterbeginn direkt zahlen bzw.<br />
vielmehr deren Eltern diese zahlen<br />
können, eine satte Ermäßigung von<br />
25 % erhalten.<br />
Bildungsmarkt<br />
Doch ExcellenTUM ist nicht nur<br />
aufgrund der etwas abenteuerlichen<br />
Gebührenberechnung interessant;<br />
mit diesem Projekt der TU <strong>München</strong><br />
wird ganz bewusst die Debatte um<br />
die Erschließung eines Bildungsmarktes<br />
eröffnet. So heißt es in dem<br />
Konzept von ExcellenTUM: „Die Studierenden<br />
suchen sich die TUM und<br />
die TUM sucht sich die Studierenden<br />
aus.“ Das Recht auf freien Hoch-<br />
schulzugang wird dabei kurzerhand<br />
über Bord geworfen. Denn: „Um<br />
ausgewählte Kunden kümmern wir<br />
uns besonders“. Auch die Kooperation<br />
mit Unternehmen spielt eine<br />
zentrale Rolle bei ExcellenTUM. Die<br />
Unternehmen finanzieren die Stipendien,<br />
als Gegenleistung dürfen sie<br />
dann „am Auswahlverfahren zumindest<br />
beratend teilnehmen.“ Was hier<br />
anklingt, ist – gelinde gesagt – ein<br />
Skandal. Der Schlüssel zur Umsetzung<br />
- zumindest an der TU <strong>München</strong><br />
- ist auch schon gefunden.<br />
Eine Erweiterung der Experimentierklausel<br />
im Bayerischen Hochschulgesetz<br />
würde eine derartige exemplarische<br />
Einführung von Gebühren<br />
im Erststudium zulassen. Bis jetzt hat<br />
sich jedoch der Wissenschaftsminister<br />
Zehetmair dagegen gesträubt;<br />
doch Zehetmair wird zur nächsten<br />
Landtagswahl im September 2003<br />
nicht mehr antreten.<br />
Ressource Bildung<br />
AKTUELLES<br />
Die jüngste Debatte über Studiengebühren<br />
nach einem Darlehensmodell<br />
an der TU <strong>München</strong> ist gleichzeitig<br />
auch spiegelbildlich für die<br />
Diskussion über unser Bildungssystem<br />
insgesamt. Soll im Zuge zunehmender<br />
Liberalisierung und Privatisierung<br />
auch der Bildungsmarkt erschlossen<br />
werden oder ist Bildung<br />
eine gemeinsame Investition in die<br />
Zukunft unserer Gesellschaft? Für<br />
die Befürworter von Studiengebühren<br />
überwiegt der individuelle Nutzen<br />
einer Hochschulbildung den<br />
gesamtgesellschaftlichen. Dass die<br />
BRD längst nicht mehr von ihren<br />
Ressourcen, sondern von ihren Köp-
AKTUELLES<br />
fen lebt, dass Mangel an Fachkräften<br />
herrscht und die Arbeitslosen zu<br />
gering qualifiziert sind, hat hingegen<br />
auch die BDA 8 erkannt. Und noch<br />
immer besucht nur ein Drittel jedes<br />
Jahrgangs in Deutschland eine<br />
Hochschule. In den anderen<br />
OECD-Ländern liegt die Studierquote<br />
häufig über 50 %. Das populistische<br />
Argument von der Krankenschwester,<br />
die dem Arztsohn das<br />
Studium finanziert, lässt sich relativ<br />
leicht entkräften: So ist die spätere<br />
Steuerleistung von AkademikerInnen<br />
höher, durch ein höheres Einkommen,<br />
aber auch durch den „entgangenen<br />
Glättungsvorteil“ 9 . Gleichzeitig<br />
leisten AkademikerInnen einen<br />
entscheidenden Beitrag zur höheren<br />
Produktivität. Die Finanzwissenschaftler<br />
Sturn und Wohlfart wiesen<br />
zudem nach, dass Studierende für<br />
den Staat renditeträchtige Objekte<br />
sind - und keinesfalls Kostenfaktoren.<br />
Denn während der Staat in ca.<br />
1,8 Millionen Studenten investiert,<br />
die verschiedenste Fächer studieren,<br />
geht der/die einzelne StudentIn jeweils<br />
ein ungleich größeres Risiko<br />
ein, da er/ sie ja nur ein Fach studieren<br />
kann und sich nicht sicher<br />
sein kann, ob diese Qualifikation<br />
vom Markt nachgefragt wird oder<br />
nicht.<br />
Soziale<br />
Ungerechtigkeit<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen:<br />
Studiengebühren, nachlaufend oder<br />
nicht, können niemals ein Instrument<br />
sein, um mehr soziale Gerechtigkeit<br />
herzustellen. Ganz im Gegenteil.<br />
Die Gebühren-Befürworter, die die<br />
Fahne der sozialen Gerechtigkeit<br />
vor sich hertragen, lassen sich leicht<br />
enttarnen als Befürworter eines<br />
Hochschulsystems, in dem über Studiengebühren<br />
die Fächerwahl reguliert<br />
werden kann, die Fächer selbst<br />
wiederum marktgerecht gestaltet<br />
werden, und Unternehmen über Stipendien<br />
und Darlehensysteme Studierende<br />
schon früh rekrutieren und<br />
an sich binden können. (Gebühren-)Modelle<br />
wie ExcellenTUM stellen<br />
sich klar gegen die Auffassung<br />
von Hochschulbildung als ein öffentliches<br />
Gut. Doch die gesellschaftliche<br />
Bedeutung von Bildung und<br />
Wissen lässt sich nicht einfach in<br />
das marktwirtschaftliche Prinzip von<br />
Angebot/Nachfrage übersetzen.<br />
Statt die Pflicht zur marktgerechten<br />
Ausbildung voranzutreiben, muss<br />
das Recht auf Bildung als Ziel verstanden<br />
werden, das nur durch einen<br />
massiven Abbau der Selektionsrate<br />
unseres Bildungssystems - mit<br />
anderen Worten durch ein Mehr an<br />
Bildungsgerechtigkeit - erreicht werden<br />
kann.<br />
Viola Unger<br />
Zum Zum Zum vertiefen:<br />
vertiefen:<br />
- http://www.studis.de/abs/<br />
- BdWi & fzs: BdWi-Studienheft ”Bildungsfinanzierung”<br />
- http://www.education-is-not-forsale.org<br />
___________________________<br />
Anmerkungen:<br />
1 Diese Summe enthält sowohl den Betrag<br />
für Lebenshaltungskosten als auch<br />
für die Studiengebühren. Berechnet man<br />
also für die Lebenshaltungskosten 600<br />
- 700 Euro, so ergeben sich daraus Studiengebühren<br />
von bis zu 400 Euro pro<br />
Monat.<br />
2 Die vier Säulen sind: Höchstes wissenschaftliches<br />
Niveau, effektives Lernen<br />
z.B. in kleinen Gruppen, umfassende<br />
Lehre, effiziente Lehre.<br />
3 Die TU garantiert für die Qualität des<br />
Studiums und dafür, dass keine zusätzlichen<br />
Kosten (bspw. für Nachhilfe) anfallen.<br />
4 Jeder, der innerhalb eines Jahres nach<br />
Abschluss keinen seiner Qualifikation<br />
angemessenen Job gefunden hat, soll<br />
sein Geld zurückbekommen - z. B. auch<br />
in Form von Weiterbildungsgutscheinen.<br />
5 Das Konzept der Stipendien und der<br />
Darlehenszahlung durch Unternehmen<br />
soll prinzipiell allen Studenten ermöglichen,<br />
an der TU zu studieren.<br />
6 Die TU garantiert einem bestimmten<br />
Prozentsatz der Studierenden bezahlbaren<br />
Wohnraum in Uni-Nähe.<br />
7 Für das CHE gibt es intelligente und<br />
dumme Studiengebühren. Intelligent<br />
sind die nachlaufenden Gebührenmodelle,<br />
dumm sind die Studiengebühren,<br />
die bis jetzt von den Ländern erhoben<br />
werden, wie Langzeitgebühren.<br />
8 Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.<br />
9 R. Sturn und G. Wohlfahrt machten auf<br />
folgenden Effekt aufmerksam: AkademikerInnen<br />
stehen zwar einen kürzeren<br />
Zeitraum im Berufsleben, verdienen<br />
aber in diesen Jahren mehr Geld als<br />
Nichtakademikerinnen. AkademikerInnen<br />
zahlen somit relativ gesehen weitaus<br />
mehr Steuern.<br />
1 2 3 4 5 6 6 7 8 9 0
Unwidersprochen –<br />
gegen Studiengebühren!<br />
Ich wurde zu diesem Kongress eingeladen,<br />
um als Vertreter der Juso-<br />
Hochschulgruppe <strong>München</strong> etwas<br />
über Qualität und Finanzierung der<br />
Hochschulen aus studentischer Sicht<br />
zu sagen.<br />
Qualität<br />
Zuerst möchte ich Sie an ein paar<br />
Gedanken zur Qualität an der Universität<br />
teilhaben lassen.<br />
Auch wenn ich schon durch den<br />
studentischen Alltag hinreichend<br />
abgebrüht bin, es ließe sich in der<br />
Tat einiges verbessern.<br />
Mit der Ausstattung bin ich eigentlich,<br />
in manchen Bereichen, relativ<br />
zufrieden. Z. B. da ein PC mittlerweile<br />
zum Haushalt gehört wie ein<br />
Fernseher und auch die Anzahl der<br />
PCs in den CIP-pools sich verbessert<br />
hat, sehe ich in dem Bereich<br />
vielerorts keinen so dringenden<br />
Handlungsbedarf mehr; das lässt<br />
sich natürlich nicht verallgemeinern.<br />
1 2 3 4 5 7 6 7 8 9 0<br />
AKTUELLES<br />
Nachfolgend Abdruck des Eingangsstatements zu einer Podiumsdiskussion zwischen Studierenden<br />
von Niclas in der Stroth, als Vorstandsmitglied der JUSO-Hochschulgruppe <strong>München</strong>,<br />
welches aus Zeitgründen entfallen musste (das Essen wartete im Kaisersaal), im Rahmen eines<br />
Kongresses der TU-<strong>München</strong> (mit Unterstützung einiger Firmen und der bayerischen Rektorenkonferenz)<br />
zu (besser ‚für‘) Studiengebühren Ende März in der Münchner Residenz (Teilnehmer<br />
waren hauptsächlich Professoren, Industrielle und ein paar Minister).<br />
Bedenkenswerter empfinde ich den<br />
Zustand von Bibliotheken. Vor allem<br />
Institutsbibliotheken mutieren, aufgrund<br />
von Mittelkürzungen, zu Antiquariaten<br />
und die Kästen für die<br />
Fachzeitschriften-Abonnements werden<br />
zunehmend überflüssiger.<br />
Hier in <strong>München</strong> hat man ja immerhin<br />
noch die umfangreich ausgestatten<br />
UB und StaBi, aber diese Form<br />
der Zentralisierung erhöht natürlich<br />
auch den Studienaufwand und lässt<br />
dringend benötigte Zeit knapper<br />
werden. Im Zusammenspiel mit der<br />
weit verbreiteten Notwendigkeit zu<br />
jobben und immer restriktiveren Studiums-Anforderungen<br />
eine schlechte<br />
Entwicklung.<br />
Ein weiteres Problem ist die Personalausstattung,<br />
quantitativ wie qualitativ.<br />
Hier spürt man am deutlichsten,<br />
dass der Bildungsexpansion<br />
der 70er Jahre nicht adäquat begegnet<br />
wurde, und Stellenstreichungen<br />
verschärfen natürlich das Problem.<br />
In diesem Bereich sind aber auch<br />
Probleme hausgemacht. Wenn die<br />
Nutzung von limitierten Öffnungszeiten<br />
zentraler Einrichtungen und<br />
Sprechstunden der Lehrenden, die<br />
auch jenseits dieser Zeiten, anwesend<br />
sind, oft das Schwänzen einer<br />
Pflichtveranstaltung oder Fehlen<br />
beim Job bedeutet, hat ein Ändern<br />
dieser Zustände mehr mit Wollen als<br />
mit Können zu tun. Ebenso die<br />
manchmal unzureichende pädagogische<br />
Qualität fachlicher Koryphäen.<br />
Wenn man in Bayern mehr studentische<br />
und demokratische Mitsprache<br />
zulassen würde, hätten wir<br />
auch mehr Möglichkeiten, an diesen<br />
Zuständen etwas zu ändern.<br />
Bildung beginnt<br />
mit der Geburt<br />
Apropos Pädagogik. Ich warne davor,<br />
in dieser und in anderer Hinsicht,<br />
die Hochschulen isoliert zu<br />
betrachten. Die Hochschulen sind<br />
nur das letzte Glied einer Kette.
AKTUELLES<br />
Die Vermittlung von Bildung setzt mit<br />
der Geburt ein. Da Bildung und<br />
damit die Fähigkeit und Bereitschaft<br />
zur Vererbung bzw. Förderung dieser<br />
schon zwischen den Familien<br />
ungleich verteilt ist, ist Bildungs-<br />
Chancengleichheit von Geburt an<br />
eine Illusion und de facto nicht gegeben.<br />
Daraus resultieren Folgefehler. Nicht<br />
nur, dass viele Kinder nicht durch<br />
ihre Eltern in den Genuss kommen,<br />
etwas vorgelesen zu bekommen und<br />
ihr natürlicher Wissensdurst gestillt<br />
wird, sondern auch, dass sie Kindergärten<br />
(wenn sie Glück haben!) und<br />
Schulen besuchen, in denen formale<br />
Gleichheit herrscht, praktisch aber<br />
die Ungleichheit fortgesetzt wird. Z.<br />
B. werden Kinder mit sprachlicher<br />
Inkompetenz als unbegabt eingestuft<br />
(insb. wenn sie durch entsprechende<br />
soziale Herkunft stigmatisiert sind)<br />
und durch einen gnadenlosen Selektionsprozess<br />
auf das Abstellgleis<br />
der Bildungschancen abgeschoben.<br />
Falls doch mal ein weniger privilegiertes<br />
Kind schulische Bildungsbarrieren<br />
durchbrechen kann, hat es<br />
den Weg zu weiterer höherer Bildung<br />
noch längst nicht geschafft.<br />
Sei es durch profane Dinge, wie<br />
dass vom Elternhaus Steine in den<br />
Weg gelegt werden („Bei uns hat<br />
noch nie jemand studiert.“), oder<br />
durch die Notwendigkeit einer regen<br />
Arbeitstätigkeit schon zu Schulzeiten<br />
und der stetigen finanziellen Knappheit,<br />
verbunden mit mangelhafter<br />
Studienförderung, die es als unausweichlich<br />
erscheinen lassen – trotz<br />
aller entwickelten und pädagogisch<br />
geförderten Begabung – dem<br />
schnellen Zugang zur Vollerwerbs-<br />
tätigkeit den Vorzug zu geben.<br />
Wenn man es dann zur Hochschule<br />
geschafft hat, ertappt man sich oft<br />
beim Gedanken, dass vor dem Lehrdeputat<br />
der Lehrbefähigungsnachweis<br />
stehen sollte. Alternative Formen<br />
der Wissensvermittlungen, wie<br />
durch Referate und Moderationen<br />
von KommilitonInnen, leiden auch<br />
(natürlich!) an mangelnder Befähigung<br />
und sind didaktisch sinnlos.<br />
Somit bleibt – nach oben hin gefiltert<br />
– zu viel Potential auf der Strekke.<br />
In diesem kruden Abriss kann ich<br />
nur die Sensibilität stärken für das,<br />
was der Soziologe Pierre Bourdieu<br />
selig „die Voraussetzungen für Pädagogik<br />
schaffen“ genannt hat und<br />
ein Projekt über Generationen ist.<br />
Finanzierung<br />
Ich wende mich nun der Finanzierungsfrage<br />
zu.<br />
In Zeiten knapperer öffentlicher Mittel<br />
und einhergehenden Sparzwängen<br />
der öffentlichen Hand verkünden<br />
„Bildungspropheten“ das Paradies<br />
und das Ende aller Probleme<br />
der Hochschulen durch Einführung<br />
von Studiengebühren.<br />
Mit geballter öffentlicher Präsenz<br />
versuchen Revoluzzer des 21. Jahrhunderts,<br />
wie das CHE (Centrum für<br />
Hochschulentwicklung), das Unbeweisbare<br />
zu beweisen.<br />
Gerne wird behauptet, die „einfachen<br />
Leute“ (bezeichnenderweise<br />
auch gerne bildungsferne Schichten<br />
genannt) finanzierten den Studierenden<br />
die Ausbildung und das durchschnittlich<br />
zu erwartende höhere Einkommen<br />
(vor dem die Entsagung<br />
steht). Am einfachsten wäre dieses<br />
Argument zu entkräften, indem eben<br />
die einfachen Leute endlich entsprechend<br />
gefördert würden und ihnen<br />
der Hochschulzugang praktisch erleichtert<br />
wäre. So weit sind wir noch<br />
nicht, aber auch so ist dieses Pro-<br />
Studiengebühren-Argument falsch!<br />
Das Deutsche Studentenwerk hat in<br />
einem Gutachten, durchgeführt<br />
durch die Grazer Wirtschaftswissenschaftler<br />
Sturn und Wohlfahrt (nomen<br />
est omen!), gezeigt, dass AkademikerInnen<br />
bei gleichem Lebenseinkommen<br />
wie Nicht-AkademikerInnen<br />
wegen der Steuerprogression<br />
und des weniger glatten Einkommensstroms<br />
mehr Steuern bezahlen;<br />
sozusagen nachgelagerte Studiengebühren<br />
oder Akademiker-Steuer.<br />
Es bedarf nur geringer gedanklicher<br />
Anstrengung um nachzuvollziehen,<br />
dass ein höheres Lebenseinkommen<br />
den Effekt einer ansehnlichen Rendite,<br />
einer „social rate of return“ hat.<br />
Ein studentischer Arbeitskreis hat<br />
diese Rendite, vor fünf Jahren, auf<br />
durchschnittlich 8,7% berechnet.<br />
Wenn das alles, z. B. wegen Abschreibungsmöglichkeiten<br />
und sinkender<br />
Spitzensteuersätze, nicht gegeben<br />
sein soll, dann ist aber der<br />
Fehler und die Lösung im Steuersystem<br />
und nicht bei Studiengebühren<br />
zu suchen.<br />
Bildung ist DAS<br />
öffentliche Gut<br />
Was ich damit auch andeuten will,<br />
ist, dass es dringend geboten ist,<br />
Bildung nicht länger faktisch als<br />
privates Gut zu deuten, für das man<br />
daher bezahlen soll. Bildung ist DAS<br />
1 2 3 4 5 8 6 7 8 9 0
öffentliche, das gesellschaftliche Gut<br />
par excellence.<br />
Ohne gute Architekten würden diese<br />
Mauern hier wohl längst nicht<br />
mehr stehen. Denken sie bei Ihrem<br />
morgigen Besuch der „Pinakothek<br />
der Moderne“ an die Bedeutung von<br />
KunstwissenschaftlerInnen, beim<br />
nächsten Theaterbesuch an die Bedeutung<br />
von TheaterwissenschaftlerInnen,<br />
denken Sie an ÄrztInnen,<br />
JuristInnen, PhilosophInnen etc. pp,<br />
und wie sehr Sie und andere (!) davon<br />
(nicht nur materiell) profitieren.<br />
Und das soll alles Privatsache sein?<br />
In Sonntagsreden wird oft von Bildung<br />
als der einzigen Ressource der<br />
BRD gesprochen. Nach meinem<br />
Verständnis gehören Ressourcen<br />
gefördert.<br />
Und eben auch wegen des öffentlichen<br />
Charakters (akademischer)<br />
Bildung sehe ich hier den Staat in<br />
der Pflicht.<br />
Öffentliche Sparpakete werden zumeist<br />
damit begründet, dass es nicht<br />
sein kann, auf Kosten unserer Kinder<br />
und Kindeskinder zu leben. Gut.<br />
Zukunftschancen werden aber auch<br />
durch falsche Sparsamkeit kaputt<br />
gemacht.<br />
Der Staat - und auch die Gesellschaft<br />
- muss faktisch begreifen, dass<br />
er auf mannigfaltige Art und Weise<br />
von Bildungsinvestitionen (!) profitiert<br />
und somit seine eigene Zukunftsfähigkeit<br />
stärkt. Ich bin die ganzen<br />
1 2 3 4 5 9 6 7 8 9 0<br />
Sonntagsreden über Bildung leid. Ich<br />
erwarte ein mutiges Umdenken und<br />
dass nicht nur für Katastrophen, wie<br />
z. B. in Bayern BSE, plötzlich Geld<br />
da ist und durch falsch verstandene<br />
Sparpolitik die Zukunft aufs Spiel<br />
gesetzt wird. Gerade von PolitikerInnen<br />
sollte man Mut und Weitsicht –<br />
von sozialer Verantwortung ganz zu<br />
schweigen - erwarten.<br />
Kein Schuldenberg<br />
für Absolventen<br />
Es kann auch nicht angehen, dass<br />
die zukünftigen Generationen, auf<br />
die wohl ohnehin verstärkte Belastungen<br />
zukommen, mit einem riesigen<br />
Schuldenberg ins Berufsleben starten<br />
sollen (der dennoch nur einen<br />
Bruchteil der Studienfinanzierung<br />
ausmacht). Aberwitzigerweise soll für<br />
das Vorstrecken von Studiengebühren<br />
und entsprechender Zinsen für<br />
sozial Schwache dann doch der<br />
Staat einspringen und Geld übrig<br />
haben. Warum dieser Umweg?<br />
Apropos Schuldenberg für Absolventen.<br />
Oft aus dem gleichen Mund,<br />
der Gebührenbefürworter, kommt<br />
der Ruf nach mehr Existenzgründern.<br />
Ihnen wird bekannt sein, wie<br />
schwierig es ist, an Risikokapital zu<br />
kommen. Glauben Sie, mit Schulden<br />
in vermutlich fünfstelliger Höhe<br />
wird das besser? Insofern sind Studiengebühren<br />
auch explizit wirt-<br />
AKTUELLES<br />
schaftsfeindlich. Das müsste für Sie<br />
doch ein Argument sein?!<br />
Ich könnte wahrscheinlich den ganzen<br />
Abend weiterreden, aber das<br />
will ich Ihnen nicht antun. Gestatten<br />
Sie mir trotzdem noch einen<br />
kurzen Punkt.<br />
Oft wird behauptet, ein kostenloses<br />
Studium wird nicht wertgeschätzt,<br />
nach dem Motto: „Was nichts kostet,<br />
ist nichts wert.“<br />
Das ist eine schon ans Unanständige<br />
grenzende Diffamierung meiner<br />
KommilitonInnen. Glauben<br />
denn manche Menschen ernsthaft,<br />
dass in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit<br />
ein gemeiner Student nicht<br />
kapiert, dass er das Privileg, zu studieren,<br />
und somit durchschnittlich<br />
bessere Arbeits- und Erwerbschancen<br />
hat?<br />
Wenn Sie das trotzdem nicht überzeugt,<br />
schenken Sie Ihrem Ehepartner<br />
doch mal etwas richtig Schönes<br />
wie z. B. ein edles Schmuckstück.<br />
Beim ersten Tragen des Schmuckstücks<br />
sagen Sie dann bitte: „Schatz,<br />
das hat Dich nichts gekostet. Du<br />
weißt das daher nicht zu schätzen...“<br />
Da wünsche ich Ihnen dann viel<br />
Spaß, und danke für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
Niclas in der Stroth
AKTUELLES<br />
Bayern – ein hochschul-<br />
politisches Entwicklungsland<br />
In Bayern ist sowieso alles anders als<br />
im Rest der Republik. Warum also<br />
sollte dieser Grundsatz nicht auch<br />
auf die Rechte von Studierenden und<br />
ihre Interssensvertretung an unseren<br />
blau-weißen Hochschulen gelten?<br />
Eben.<br />
1968 und die Folgen<br />
Früher war eh alles besser. Doch<br />
dann gab es da so ein kleines Problem:<br />
1968. Ab Mitte der 60er erfasste<br />
eine Welle des „Linksradikalismus“<br />
auch die heile Welt der<br />
bayerischen Hochschulen. Die sich<br />
bis dahin zumeist staatstragend und<br />
strikt antikommunistisch gebärdenden<br />
Studierendenvertretungen, verwandelten<br />
sich – natürlich vollkommen<br />
unvorhersehbar – in eine Ansammlung<br />
von Berufsrevolutionären.<br />
Ein Alptraum für die meisten<br />
konservativen Politiker und Professoren.<br />
Was tun? 1974 hatte der<br />
damalige bayerische Kultusminister<br />
und Professor am <strong>München</strong>er Geschwister-Scholl-Institut<br />
Hans Maier<br />
ebenso wie sein Kollege in Baden-<br />
Württemberg genug erlebt. Ihre<br />
Konsequenz: „Der linke Sumpf muss<br />
trockengelegt werden!“ Ergo: Die<br />
Rechte der Studierenden und die<br />
Institutionen für studentische Interessenvetretung<br />
mussten auf ein Min-<br />
destmaß zurückgestutzt werden.<br />
Dies bedeutete das Ende der Verfassten<br />
Studierendenschaft in Bayern.<br />
Die Verfasste Studierendenschaft (VS)<br />
bot bis dahin einen rechtlichen und<br />
finanziellen Rahmen für die hochschulpolitische<br />
Betätigung Studierender.<br />
Die VS ist eine Körperschaft<br />
öffentlichen Rechts, in der jeder an<br />
einer Hochschule immatrikulierte<br />
Studierende automatisch Mitglied<br />
ist. Diese gibt sich selbstbestimmt<br />
eine Satzung und hält jährlich Wahlen<br />
zur Besetzung ihrer Gremien ab.<br />
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann<br />
sie, muss aber nicht, einen Mitgliedsbeitrag<br />
erheben. Über die Verwendung<br />
dieser Mittel entscheiden<br />
die demokratisch legitimierten und<br />
kontrollierten Gremien. Diese Finanzautonomie<br />
sorgt für eine größere<br />
Unabhängigkeit von der Univerwaltung<br />
und dem Staat, eine<br />
Grundvoraussetzung für eine umfassende<br />
und erfolgreiche Vertretung<br />
studentischer Interessen. Soviel zur<br />
Theorie. Nun zur aktuellen Situation<br />
in Bayern.<br />
Aktuelle Situation<br />
Wie bereits angeklungen, existiert in<br />
Bayern seit geraumer Zeit (1974)<br />
keine Verfasste Studierendenschaft.<br />
Es finden zwar auch hier jedes Jahr<br />
Hochschulwahlen statt, bei denen<br />
selbst die Studierenden mitstimmen<br />
dürfen, allerdings dürfen der sich<br />
aus den Wahlen ergebende studentische<br />
Konvent und die durch diesen<br />
gewählten studentischen Sprecherräte<br />
sich nur um die sportlichen,<br />
kulturellen und sozialen Belange der<br />
Studierenden kümmern. Und dies<br />
hat hinter verschlossenen Türen und<br />
ohne Rechenschaftspflicht zu geschehen.<br />
Eine Möglichkeit zur Abwahl<br />
während der Amtsperiode existiert<br />
nicht. Die finanziellen Mittel<br />
stellt die Hochschule, und die Verwaltung<br />
kontrolliert ihre Verwendung.<br />
Somit ist der offizielle Handlungsrahmen<br />
der Studierendenvertretung<br />
extrem gering. In <strong>München</strong><br />
wollten sich die (hochschul-)poli-<br />
Links zum Thema:<br />
Bündnis für Politik und Meinungsfreiheit:<br />
http://www.studis.de/pm<br />
Juso-Hochschulgruppen auf<br />
Bundesebene:<br />
http://www.jusohochschulgruppen.de<br />
fzs – Freier Zusammenschluß<br />
von StudentInnenschaften:<br />
http://www.fzs-online.org<br />
1 2 3 4 5 10 6 7 8 9 0
tisch Aktiven jenseits der konservativen<br />
Hochschulgruppen verständlicherweise<br />
nicht damit abfinden<br />
und etablierten unter Nutzung der<br />
offiziellen Gremien Parallelmodelle,<br />
die faktisch eine Umgehung der<br />
Strukturen bedeuten. Daher gibt es<br />
auch in <strong>München</strong> an der LMU und<br />
der TU einen Allgemeinen-Studierenden-Ausschuss<br />
(AStA), wie es ihn<br />
in allen anderen Bundesländern<br />
außer Baden-Württemberg gibt.<br />
Durch diese rechtlichen Grauzonen<br />
ergeben sich natürlich auch neue<br />
Probleme, die wohl erst zufriedenstellend<br />
mit einer Wiedereinführung der<br />
VS auch in Bayern zufriedenstellend<br />
gelöst werden können.<br />
Diesem Ziel sind wir seit einem Jahr<br />
ein gutes Stück näher gekommen.<br />
Am 15.08.2002 trat die 6. Novelle<br />
des Hochschulrahmengesetzes<br />
(HRG) in Kraft. Neben aller berechtigten<br />
Kritik am neuen HRG enthielt<br />
es zumindest auch die von den Studierendenvertretungen<br />
der deutschen<br />
„Südstaaten“ erhoffte Verpflichtung<br />
zur Einführung der VS.<br />
Wie der Name des Gesetzes schon<br />
vermuten lässt, legt das HRG nur die<br />
Rahmenbedingungen für die Hochschulgesetze<br />
der Bundesländer fest.<br />
Die Länder haben jedoch drei Jahre<br />
Zeit für die Umsetzung in Landesrecht.<br />
Bayern und Baden-Württemberg<br />
haben aber schon eine Klage<br />
gegen das neue Gesetz vor dem<br />
Bundesverfassungsgericht angekündigt.<br />
Allerdings könnten wir uns auch<br />
nach dem erhofften Scheitern der<br />
Verfassungsklage noch nicht zurücklehnen.<br />
Denn obwohl die Rahmenbedingungen<br />
für Studierendenvertre-<br />
1 2 3 4 5 11 6 7 8 9 0<br />
tungen außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs<br />
zweifelsohne besser<br />
sind, ist die Gesamtsituation<br />
auch oberhalb des „Weißwurstäquators“<br />
keineswegs optimal. Ist die<br />
Verfasste Studierendenschaft in diesen<br />
Ländern zwar eine Realität, so<br />
ist auch in diesen Fällen ein in unseren<br />
Augen essentielles Element<br />
studentischen Wirkens an der Hochschule<br />
von den Regelungen ausgeschlossen.<br />
Es handelt sich um das<br />
sog. Politische Mandat studentischer<br />
Vertretungen. Dies bedeutet konkret,<br />
dass sich die organisierte Studentenschaft<br />
auch zu allgemeinpolitischen<br />
Themen, sprich über den Hochschulbereich<br />
hinausreichenden Problemen,<br />
äußern darf. Genau dies ist<br />
ihnen aber in ganz Deutschland untersagt.<br />
Eine völlig unnachvollziehbare<br />
Regelung, zumal eine Abgrenzung<br />
zwischen „hochschulpolitischen“<br />
und „allgemeinpolitischen“<br />
Themen nach objektiven Kriterien<br />
kaum möglich erscheint. Hier drängt<br />
sich regelrecht der Verdacht auf, dass<br />
durch solche Regelungen der Versuch<br />
unternommen wird, die „Welt<br />
der Hochschule“ vom Rest der Gesellschaft<br />
samt ihrer Fragestellungen<br />
zu isolieren. Rechte Gruppierungen<br />
nützten diese in der Vergangenheit<br />
regelmäßig als Grundlage für Gerichtsklagen,<br />
als Waffe gegen ihnen<br />
missliebige Studierendenvertretungen<br />
und Fachschaften, gegen die<br />
sie sich in Wahlen nicht durchsetzen<br />
konnten.<br />
Auch in diesem Bereich sieht das<br />
neue HRG eine Erweiterung der<br />
Rechte der Studierendenvertretungen<br />
vor, allerdings ist es noch ein weiter<br />
Weg zum allgemeinpolitischen Man-<br />
AKTUELLES<br />
dat. Dafür müssen wir uns weiter<br />
einsetzen.<br />
Politische Universität<br />
Denn die Hochschulen müssen als<br />
Teil eines größeren gesellschaftlichen<br />
Ganzen gesehen werden. Dort wird<br />
nicht Wissenschaft in einem „sterilen“,<br />
von der Gesellschaft losgelösten<br />
Elfenbeinturm betrieben, sondern<br />
gesellschaftliche Entscheidungen<br />
angedacht und vorbereitet und<br />
Entscheidungsträger ausgebildet.<br />
Die Hochschulen sind also in ihrer<br />
Wirkungsweise in höchstem Maße<br />
politisch. In diesem Kontext mutet<br />
es heuchlerisch an, wenn PolitikerInnen<br />
und ProfessorInnen die Entpolitisierung<br />
der Gesellschaft beklagen,<br />
die Studierenden und ihre Interessenvertretungen<br />
gleichzeitig jedoch<br />
in einem Zustand politischer Unmündigkeit<br />
gehalten werden.<br />
Jürgen Glatz und Daniel Fritsch<br />
Literaturhinweise:<br />
Andreas Keller: Hochschulreform<br />
und Hochschulrevolte.<br />
Selbstverwaltung und Mitbestimmung<br />
in der Ordinarienuniversität,<br />
der Gruppenhochschule<br />
und der Hochschule des 21.<br />
Jahrhunderts, Marburg 2001.<br />
Kein Maulkorb für Bayern. Für<br />
die Wiedereinführung der Verfassten<br />
Studierendenschaft und<br />
die Anerkennung des Politischen<br />
Mandats. Herausgegeben vom<br />
Landeskoordinationstreffen und<br />
den <strong>Jusos</strong> Bayern, 2003 (Erhältlich<br />
im Juso-Landesbüro)
AKTUELLES<br />
Hochschulwahlen<br />
LMU: 12./13.06.03<br />
Am 11. und 12. Juni finden an<br />
der LMU die Wahlen zum Senat und<br />
zum Erweiterten Senat statt. Das Ergebnis<br />
bei den Wahlen zum Erweiterten<br />
Senat bestimmt die zukünftige<br />
Zusammensetzung des studentischen<br />
Konvents. Die Juso-Hochschulgruppe<br />
tritt unter dem Motto<br />
„Bildung. Chancen. Gerechtigkeit.“<br />
mit folgenden Listen zu<br />
den Wahlen an:<br />
Senat:<br />
1. Daniel Fritsch (Geschichte)<br />
2. Nina Lägel (Germanistik)<br />
3. Christian Schiffer (Geogra<br />
phie)<br />
4. Andrea Bastian (Medizin)<br />
5. Jens Röver (Politik)<br />
6. Viola Unger (Kommunikati<br />
onswissenschaft)<br />
7. Martin Heigl (Jura)<br />
8. Dinah Schardt (Soziologie)<br />
9. Jürgen Glatz (Politik)<br />
10. Nadine Weber (VWL)<br />
Erweiterter Senat:<br />
1. Daniel Fritsch (Geschichte)<br />
2. Nina Lägel (Germanistik)<br />
3. Christian Schiffer (Geogra<br />
phie)<br />
4. Andrea Bastian (Medizin)<br />
5. Jens Röver (Politik)<br />
6. Viola Unger (Kommunikati<br />
onswissenschaft)<br />
7. Martin Heigl (Jura)<br />
8. Dinah Schardt (Soziologie)<br />
9. Florian Hiemeyer (Statistik)<br />
10. Nadine Weber (VWL)<br />
11. Jürgen Glatz (Politik)<br />
12. Angela Greulich (VWL)<br />
13. Christoph Busche (Philoso<br />
phie)<br />
14. Irene Weipert (Politik)<br />
15. Markus Naimi (Jura)<br />
16. Jasmin Siri (Soziologie)<br />
17. Juraj Müller (Literaturwissen<br />
schaft)<br />
18. Niclas in der Stroth (Soziolo<br />
gie)<br />
19. Florian Simonsen (Jura)<br />
20. Nikolaus Gradl (Politik)<br />
Wo Ihr an der LMU wählen könnt,<br />
erfahrt ihr unter http://<br />
www.verwaltung.uni-muenchen.de/<br />
wahlamt/hochschulwahlen/wahlraeume/content.htm.<br />
Es gibt übrigens<br />
auch die Möglichkeit zur Briefwahl!<br />
Neuer Vorstand der<br />
Juso-Hochschulgruppe<br />
gewählt<br />
Die Juso-Hochschulgruppe hat bei<br />
ihrer Jahreshauptversammlung Ende<br />
April einen neuen Vorstand gewählt.<br />
Vorsitzender ist weiterhin Daniel<br />
Fritsch. Stellvertretende Vorsitzende<br />
sind Andrea Bastian, Nina Lägel,<br />
Jürgen Glatz und Jens Röver.<br />
Neben der Vorbereitung und Durchführung<br />
des Hochschulwahlkampfes<br />
sind im Sommersemester u.a. eine<br />
Fahrt zum Kongress der Juso-Hochschulgruppen<br />
nach Berlin, Veranstaltungen<br />
des Aktionsbündnisses gegen<br />
Studiengebühren (ABS) Bayern sowie<br />
eine bayernweite Kampagne für einen<br />
Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte<br />
in Planung.<br />
Der neue Vorstand trifft sich donnerstags<br />
14 h im AstA der LMU, Leopoldstr.<br />
15. Diese Treffen sind natürlich für<br />
alle Interessierten offen.<br />
Für Rückfragen steht Daniel Fritsch<br />
unter fritsch@jusos-m.de oder 089-<br />
54 320 032 jederzeit zur Verfügung.<br />
TU: 17./18.06.03<br />
Die Wahlen an der TU finden am<br />
17. und 18. Juni statt. Hier tritt<br />
unser Genosse Ludwig Hoegner für<br />
die Fachschaft MPI an. Solltet Ihr an<br />
der TU studieren, unterstützt ihn bitte<br />
mit Eurer Stimme!<br />
Geht bitte wählen! Gerade bei einer<br />
geringen Wahlbeteiligung zählt jede Stimme!<br />
1 2 3 4 5 12 6 7 8 9 0
Juso-Bundeskongress 09.-11.05. in Bremen<br />
Frieden. Leben. Solidarität<br />
Karate-EM oder Juso-Bundeskongress?<br />
In welche Halle der Messe Bremen<br />
sollten wir gehen? Wo würden die<br />
Kämpfe humaner ausfallen?<br />
Das durften wir Neulinge uns am<br />
Freitag bei unsrer Ankunft auf dem<br />
Bundeskongress fragen, auf welchen<br />
wir mit dem Bild eines Verbandes<br />
kamen, in dessen Mitte ein tiefer<br />
Graben sich langzog.<br />
Große Einigkeit<br />
Doch es präsentierte sich im Verlauf<br />
des Bundeskongresses vom 9.-11.5<br />
ein geeinter Bundesverband. Niels<br />
Annen, der sich im Jahre 2001 in<br />
Köln als Vorsitzender durchsetzen<br />
konnte, trat wieder zur Wahl an und<br />
wurde mit dem historischen Ergebnis<br />
von 74,1% erneut als Bundesvorsitzender<br />
der Jungsozialistinnen<br />
und Jungsozialisten in der SPD bestätigt.<br />
Ein solches Ergebnis hat es<br />
in unserem Verband noch nie gegeben.<br />
Es scheint, als wären die <strong>Jusos</strong>,<br />
die von der jetzigen Regierung<br />
in die Spaltung getrieben wurden,<br />
sich endlich wieder einig, sich als<br />
eine Kraft in der SPD zu präsentieren.<br />
Doch zu welchem Preis?<br />
Linke Landesverbände werden in<br />
naher Zukunft nicht mehr in der<br />
Lage sein, einen Bundeskongress zu<br />
dominieren, sondern müssen sich<br />
auch der Taktik des “großen Konsenses”<br />
beugen, d.h. alle Teile der<br />
1 2 3 4 5 13 6 7 8 9 0<br />
<strong>Jusos</strong> müssen eingebunden werden,<br />
was zu sehr strittigen Beschlüssen<br />
bzw. einem Konsens führen wird, mit<br />
dem niemand zufrieden sein kann.<br />
Angesichts der anstehenden Wahlen<br />
für den Bremer Senat besuchten<br />
uns Samstag früh der amtierende<br />
Bürgermeister Henning Scherf, der<br />
mit stehenden Ovationen in der<br />
Kongresshalle begrüßt wurde. Ebenfalls<br />
sprach der ehemalige Manager<br />
des SV Werder Bremen und Senator<br />
für Bildung der Hansestadt Willi<br />
Lemke ein Grußwort, der uns neben<br />
seinen politischen Forderungen<br />
auch die Ergebnisse des 32. Spieltages<br />
der Fußball Bundesliga mitteilte.<br />
Scholz und<br />
Müntefering<br />
Das Highlight war sicherlich der<br />
Besuch der Genossen Olaf Scholz<br />
und Franz Müntefering, die versuchten,<br />
uns gravierende Einschnitte in<br />
den deutschen Sozialstaat schmackhaft<br />
zu machten. Dieser Versuch<br />
fand nur bei den Genossinnen und<br />
Genossen aus den Landesverbänden<br />
Baden-Württemberg und<br />
Schleswig-Holstein Anklang, die<br />
noch gravierendere Einschnitten forderten.<br />
Der Applaus für den amtierenden<br />
und den Generalsekretär<br />
a.D. fiel dementsprechend schwach<br />
aus, eher übertönten die Kommentare<br />
aus dem Auditorium, die den<br />
JUSO-INTERNA<br />
beiden die Ablehnung zu diesen<br />
Plänen aus den Reihen der <strong>Jusos</strong><br />
klar machten.<br />
Dass die <strong>Jusos</strong> nicht alles so schlecht<br />
finden, was die sozialdemokratisch<br />
geführte Bundesregierung macht,<br />
zeigte sich am Grußwort von Heidemarie<br />
Wieczorek-Zeul, die sich<br />
anbot, eine Fachtagung mit den<br />
<strong>Jusos</strong> zum Thema Frieden und Entwicklungspolitik<br />
zu machen.<br />
Aus bayrischer Sicht ist als Erfolg zu<br />
vermerken, dass Antje Trosien mit<br />
einem ähnlich guten Ergebnis wie<br />
Niels Annen als stellvertretende Bundesvorsitzende<br />
im Amt bestätigt wurde<br />
und dass unsere Anträge mit<br />
meist sehr großer Zustimmung angenommen<br />
wurden.<br />
Wer sich über die beschlossenen<br />
Anträge informieren will, kann dies<br />
auf www.jusos.de tun.<br />
Rasmus Brandt<br />
Alex Ben Chaouch
AKTUELLES<br />
T-Rex bites back?<br />
Seit einigen Wochen tobt die Diskussion<br />
über die Agenda 2010 des<br />
Kanzlers und das Mitgliederbegehren<br />
innerhalb der SPD. Die Initiatoren<br />
und Unterstützer des Mitgliederbegehrens<br />
sehen sich dabei oft dem<br />
Vorwurf ausgesetzt, „wirtschaftliche<br />
Realitäten“ nicht anerkennen zu<br />
wollen, ein „Kartell des Stillstands“<br />
zu bilden 1 und weder Interesse an<br />
einem Umbau des Sozialstaates<br />
noch an ökonomischen Reformen<br />
zu haben.<br />
Keine Alternative?<br />
Meist unterstellen die Anhänger der<br />
Agenda 2010 ihren Gegnern, diese<br />
hätten keine alternativen Antworten<br />
auf die Frage, wie der Sozialstaat<br />
in Zeiten knapper Kassen erhalten<br />
werden kann. Die Agenda-2010-<br />
Befürworter gehen dabei in der Regel<br />
von folgenden Prämissen aus:<br />
1. Die Lohnkosten, insbesondere<br />
die Lohnnebenkosten sind in<br />
Deutschland zu hoch und verhindern<br />
Beschäftigung.<br />
2. Der Sozialstaat ist am Ende.<br />
Er muss eingedampft werden, will<br />
man ihn erhalten.<br />
Aus diesen Gründen müsse man in<br />
den sauren Apfel beißen und den<br />
Gürtel enger schnallen. Die Frage,<br />
wieso offensichtlich nur Arbeitslose,<br />
Sozialhilfeempfänger und lohnabhängig<br />
Beschäftigte den Gürtel enger<br />
schnallen müssen, nicht aber<br />
Bezieher höherer Einkommen und<br />
Besitzer großer Vermögen, wird in<br />
diesem Zusammenhang von ihnen<br />
nicht beantwortet. Nicht nur Gerechtigkeitsaspekte<br />
würden für mehr<br />
Ausgewogenheit sprechen, auch<br />
ökonomisch ist es sinnvoll, eher<br />
Reiche in die Pflicht zu nehmen, als<br />
Menschen am unteren Ende der Einkommensskala<br />
weitere Einschnitte<br />
zuzumuten. Belastungen bei Vermögenden<br />
beinträchtigen die Nachfrage<br />
wesentlich geringer als dies bei<br />
unteren Einkommensschichten der<br />
Fall ist. So führt die Agenda 2010<br />
nicht nur zu sozialer Ausgrenzung,<br />
sondern wird nach Berechnungen<br />
des DIW durch Kürzung der Ausgaben<br />
in den sozialen Sicherungssystemen<br />
– und den damit einhergehenden<br />
Nachfragelücken – bis Ende<br />
2004 zu einem Beschäftigungsverlust<br />
von knapp 100.000 Arbeitsplätzen<br />
führen. 2<br />
Lohn(neben)kosten<br />
zu hoch?<br />
Trotzdem entfaltet das Dogma der zu<br />
hohen Lohn(neben)kosten eine große<br />
ideologische Ausstrahlungskraft<br />
auf Medien, Wissenschaft und Teile<br />
unserer Partei. Dies liegt vor allem<br />
daran, dass es momentan populär<br />
ist, vor allem betriebswirtschaftlich<br />
aus der Erfahrung einzelwirtschaftlicher<br />
Akteure zu argumentieren,<br />
anstatt gesamtwirtschaftlich zu denken.<br />
Das Argument der zu hohen<br />
Lohn(neben)kosten lässt sich vor<br />
allem dann relativ leicht widerlegen,<br />
wenn man sich die Mühe macht,<br />
ökonomische Größen wie Lohnstückkosten<br />
3 , Lohnquote 4 , Exportquote<br />
und die Entwicklung der Inlandsnachfrage<br />
näher zu betrachten.<br />
Diese liefern den Nachweis, dass<br />
der Standort Deutschland gekennzeichnet<br />
ist durch eine zunehmende<br />
Schere zwischen steigender Export –<br />
und stagnierender Inlandsnachfrage<br />
5 , was durch im internationalen<br />
Vergleich weit unterdurchschnittliche<br />
Lohnstückkosten bedingt ist. „Die<br />
jüngste Entwicklung zeigt …, dass<br />
zwar die Heterogenität der Lohnentwicklung<br />
zwischen den einzelnen<br />
Ländern des Euroraumes nur wenig<br />
zugenommen hat, die Lohnentwicklung<br />
in Deutschland aber deutlich<br />
aus dem Rahmen fällt. Die Löhne<br />
bleiben hier so weit hinter dem<br />
Durchschnitt zurück wie noch nie seit<br />
Beginn der Währungsunion.<br />
Deutschland geht bei den Löhnen<br />
derzeit gleichsam einen Sonderweg<br />
6 “. Die niedrigen Lohnstückkosten<br />
und die darin enthaltenen Lohnnebenkosten<br />
sind also Teil des Problems<br />
und nicht der Lösung.<br />
Soziale<br />
Errungenschaften<br />
Die Frage, wie der Sozialstaat reformiert<br />
werden muss, beantworten die<br />
Anhänger der Agenda in der Regel<br />
mit Leistungskürzungen. Dass soziale<br />
Sicherungssysteme nicht nur eine<br />
1 2 3 4 5 14 6 7 8 9 0
Ausgaben-, sondern auch eine Einnahmenseite<br />
haben, ist in ihrer<br />
„ökonomischen Realität“ offensichtlich<br />
noch nicht angekommen. Der<br />
Sozialstaat ist ein notwendiges Resultat<br />
der Kämpfe der politischen<br />
und gewerkschaftlichen Organisationen<br />
der Arbeiterbewegung zur<br />
Eindämmung der schrankenlosen<br />
Herrschaft des Kapitals. Er ist damit<br />
ein substantieller Beitrag zur Zivilisierung<br />
der bürgerlich-kapitalistischen<br />
Gesellschaft. Dies muss an<br />
dieser Stelle nochmals erwähnt werden,<br />
da ich den Eindruck habe,<br />
dass sich manche Befürworter der<br />
Agenda 2010 nicht im Klaren darüber<br />
sind, woran sie ihre Axt legen:<br />
an einen wichtigen Teil des zivilisatorischen<br />
Fortschritts. Modern, innovativ<br />
und mutig wäre es, die Sozialversicherungssysteme<br />
auf eine breitere<br />
Basis zu stellen. Wieso integriert<br />
man zu diesem Zweck nicht alle Einkunftsarten<br />
in die Sozialversicherungssysteme,<br />
auch die Einkünfte<br />
aus Beamten- und Selbstständigentätigkeit,<br />
Immobilien, Vermögen<br />
usw., wie dies z.B. in der Schweiz der<br />
Fall ist 7 ? Wieso hebt man die Beitragsbemessungsgrenze<br />
nicht stärker<br />
an? Dies würde unsere Sozialsysteme<br />
zukunftsfest machen, ohne<br />
auf die einfallslose Kürzungslogik<br />
zurückzufallen. Dies wäre ein wirklicher<br />
„Mut zur Veränderung“.<br />
Altes Denken?<br />
Leider scheint es bequemer und einfacher<br />
zu sein, sich das Geld von<br />
den lohnabhängig Beschäftigten<br />
und den Arbeitslosen zu holen, als<br />
wirkliche Reformen anzugehen. Das<br />
1 2 3 4 5 15 6 7 8 9 0<br />
Mitgliederbegehren weist in vielen<br />
Punkten einen richtigen Weg: Ausbildungsumlage,Vermögensabgabe,<br />
eine Revitalisierung der Gewerbesteuer<br />
sind Reformen, die sozial<br />
und ökonomisch vernünftig sind und<br />
bis vor kurzem noch zum zentralen<br />
Forderungskatalog der deutschen<br />
Sozialdemokratie gezählt haben 8 .<br />
Trotzdem werden die Befürworter<br />
solcher Reformen in die Ecke des<br />
„alten Denkens“ gestellt, als „Dinosaurier“,<br />
„Betonköpfe“ oder „Blokkierer“<br />
diffamiert. Auch das Grundgesetz<br />
sei ohnehin „verstaubt“ und<br />
blockiere wichtige Reformen 9 . Wie<br />
die Autoren solcher Wortschöpfungen<br />
auf die Idee kommen, es modern<br />
zu nennen, wenn die soziale<br />
Ausgrenzung zunimmt und sich die<br />
Kluft zwischen Arm und Reich immer<br />
weiter verbreitert, ist mit schleierhaft.<br />
Das Paradoxe an dieser Entwicklung<br />
hat der vor über einem Jahr verstorbene<br />
Soziologe Pierre Bourdieu so<br />
zusammengefasst: ...„eine solche<br />
Revolution (die Rede ist von der<br />
neoliberalen Revolution, Anm. d.<br />
Autors) ist eine höchst seltsame Angelegenheit:<br />
Sie setzt die Vergangenheit<br />
wieder in ihr Recht und gibt<br />
sich dabei als fortschrittlich aus, so<br />
dass diejenigen, die die Rückkehr zu<br />
den alten Zuständen bekämpfen,<br />
selbst in den Ruch kommen, von<br />
gestern zu sein. Das begegnet uns<br />
häufig, wir werden ein ums andere<br />
Mal als ewig Gestrige behandelt.<br />
Man sagt uns, wir hätten keinen<br />
Witz. Aber die Zeiten sind nicht witzig!<br />
Es gibt nichts, über das man<br />
lachen könnte.“ Die Agenda ist zwar<br />
bei aller Kritik kein reinrassiges neoliberales<br />
Projekt, aber sie bedient<br />
AKTUELLES<br />
sich ohne Zweifel des theoretischen<br />
Rüstzeugs der neoklassischen Wirtschaftstheorie.<br />
Dass dies sozial und<br />
ökonomisch der falsche Ansatz ist,<br />
hat uns Kohl sechzehn Jahre lang<br />
vorgemacht. Dieselben Fehler nun<br />
zu wiederholen, wäre wirklich nicht<br />
witzig.<br />
Christian Schiffer<br />
___________________________<br />
Anmerkungen:<br />
Anmerkungen:<br />
1 Vgl. Spiegel 19/2003.<br />
2 vgl. DIW-Frühjahrsgutachten,<br />
www.diw.de.<br />
3 Relation von Arbeitskosten (je Stunde)<br />
und Produktivität (Bruttowertschöpfung<br />
je Stunde). Bei der Berechung<br />
der Lohnstückkosten werden die Lohnkosten<br />
also nicht isoliert betrachtet,<br />
sondern die Produktivität<br />
miteinbezogen.<br />
4 Lohnquote = Anteil der Löhne und<br />
Gehälter am Volkseinkommen<br />
5 So stellt das DIW in seinem Frühjahrsgutachten<br />
fest: „Bei der Binnennachfrage<br />
setzten sich dagegen die bereits seit<br />
mehreren Jahren zu beobachtenden<br />
Schwächetendenzen fort. Der private<br />
Konsum stagnierte im Verlauf des Jahres<br />
2002.“ Frühjahrsgutachten, S. 31.<br />
6 DIW-Wochenbericht 1/2003, S.13.<br />
7 Steigenden Ansprüchen könnte man<br />
entgegenwirken, indem man festlegt,<br />
dass auch in Zukunft höhere Einzahlungen<br />
in die Rentenversicherung auch zu<br />
höheren Ansprüchen führen sollen, aber<br />
je höher die Einzahlung ist, der Anspruch<br />
relativ geringer sein soll.<br />
8 Die Ausbildungsumlage wurde 1997<br />
seitens der SPD in Parlament eingebracht.<br />
Die Aussetzung der Vermögensabgabe<br />
in der Kohl-Zeit führte zu massiven<br />
Protesten seitens der SPD.<br />
9 Vgl. Spiegel vom 12.05.03.
VERANSTALTUNGEN<br />
„Der Arbeitsmarkt in der<br />
Sackgasse? - Wege aus der<br />
Massenarbeitslosigkeit in der Diskussion“<br />
Unter diesem Motto diskutierten auf Einladung des RV Ost, unter der Leitung der Landtags-<br />
LandtagsLandtags-<br />
abgeordneten abgeordneten Monica Monica Lochner-Fischer<br />
Lochner-Fischer, Lochner-Fischer<br />
Lochner-Fischer der bayerische DGB-Vorsitzende Fritz Fritz Schösser Schösser, Schösser , MdB,<br />
MdB,<br />
und Prof. Prof. Klaus Klaus M. M. Schmidt Schmidt, Schmidt Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie an der LMU <strong>München</strong>, miteinander.<br />
Ungefähr 50 Zuhörer ließen sich dieses qualitativ hochwertige Podium und das hochaktuelle<br />
Thema nicht entgehen, das aufgrund der momentanen parteiinternen Diskussion und der<br />
exponierten Stellung von Fritz Schösser in diesem Zusammenhang noch an Aktualität und<br />
Brisanz gewann.<br />
Im Laufe der Diskussion wurden die<br />
verschiedenen Standpunkte, die<br />
naturgemäß eher weit auseinander<br />
als eng beieinander lagen, deutlich:<br />
Auf der einen Seite Fritz Schösser,<br />
einer der Mitinitiatoren des Mitgliederbegehrens,<br />
der Einschnitte in die<br />
sozialen Sicherungssysteme, wie sie<br />
die Agenda 2010 von Kanzler<br />
Schröder vorsieht, strikt ablehnt. Er<br />
vertritt den Standpunkt, dass ein<br />
Staat, der es sich leistet, auf eine<br />
Besteuerung von Vermögen, eine<br />
Börsensteuer und eine neu gestaltete<br />
Unternehmenssteuer zu verzichten,<br />
Einschnitte in die sozialen Sicherungssystemen<br />
nicht durchführen<br />
muss. Auch gibt es nach Ansicht<br />
Schössers, der Mitglied im Gesundheitsausschuss<br />
des Bundestags ist,<br />
auch enorme Einsparpotentiale im<br />
Gesundheits- und Rentensystem, die<br />
endlich, natürlich gegen den Willen<br />
der kassenärztlichen Vereinigung<br />
und anderer Lobbies,<br />
angegangen werden<br />
müssen. In Summe ließen<br />
sich dadurch Einschnitte<br />
in die Systeme<br />
vermeiden und eine<br />
gewisse Beitragsstabilität<br />
nahezu erreichen.<br />
Auf der anderen Seite<br />
argumentierte Prof.<br />
Schmidt, dass eine umfangreiche<br />
Senkung der Lohnnebenkosten eine<br />
entscheidende Voraussetzung für<br />
mehr Arbeit in Deutschland sei.<br />
Die Zunahme der sogenannten<br />
strukturellen Arbeitslosigkeit seit den<br />
70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts<br />
sei vor allem auch durch<br />
die Zunahme an Bürokratie, die<br />
Verteuerung des „Faktors Arbeit“<br />
und die drastische Steigerung der<br />
Lohnnebenkosten bedingt. So kann<br />
man, wenn man sich den Verlauf der<br />
V.l.n.r: Fritz Schösser, Monica<br />
Lochner-Fischer, Klaus Schmidt<br />
Arbeitslosenquote in diesem Zeitraum<br />
näher anschaut, nachweisen,<br />
dass in Phasen des wirtschaftlichen<br />
Abschwungs die Zahl der Arbeitslosen<br />
stark zunahm, aber in Phasen<br />
des wirtschaftlichen Aufschwungs<br />
nicht mehr im gleichen Maße abnahm.<br />
Dies sei auch darauf zurückzuführen,<br />
dass, aufgrund der hohen<br />
Kosten, die menschliche Arbeit<br />
durch technischen Fortschritt und<br />
Innovationen in den Betrieben ersetzt<br />
wurde, da dies für die Unter-<br />
1 2 3 4 5 16 6 7 8 9 0
nehmen wirtschaftlicher war und ist.<br />
Ein, aus seiner Sicht, weiteres Problem<br />
ergibt sich für Prof. Schmidt<br />
dadurch, dass in Deutschland durch<br />
die sozialen Sicherungssysteme eine<br />
Art „Mindestlohn“ geschaffen wurde,<br />
der den Anreiz, Niedrig-Lohn-<br />
Jobs anzunehmen, nahezu beseitigen<br />
würde.<br />
Für uns können aus dieser Veranstaltung,<br />
meiner Ansicht nach,<br />
durchaus interessante Ansatzpunkte<br />
für die parteiinterne Diskussion<br />
gezogen werden:<br />
· Sollte Vermögen, in welcher<br />
konkreten Art auch immer, wieder<br />
besteuert werden, um die Lohnnebenkosten<br />
zu senken?<br />
· Muss eine Leistungskürzung<br />
in den Sozialversicherungssystemen<br />
wirklich sein?<br />
· Wie können wir endlich die<br />
Macht der Lobbyisten in den Sozialversicherungssystemen<br />
brechen?<br />
1 2 3 4 5 17 6 7 8 9 0<br />
Muss die kassenärztliche Vereinigung<br />
nicht abgeschafft werden?<br />
· Könnte die Schaffung von<br />
Anreizen für Transferleistungsempfänger,<br />
Niedriglohnjobs anzunehmen,<br />
eine Entlastung der Sozialkassen<br />
und eine Förderung der Wirtschaft<br />
sein?<br />
· Warum leisten wir uns den<br />
Luxus, junge, gesunde und gut verdienende<br />
Menschen an die private<br />
Krankenversicherung zu verlieren,<br />
und sie nicht, gemäß dem Solidarprinzip,<br />
dazu zu verpflichten in der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung<br />
zu bleiben? Müssen wir nicht perspektivisch<br />
darüber nachdenken,<br />
die private Krankenversicherung abzuschaffen?<br />
· Können wir langfristig bei<br />
beitragsfinanzierten Systemen bleiben,<br />
oder müssen wir nicht ernsthaft<br />
darüber nachdenken, sie (zumindest<br />
teilweise) aus Steuern zu finanzie-<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
ren?<br />
· Warum leisten wir es uns, im<br />
Gegensatz zu den meisten europäischen<br />
Nachbarländern, auf eine<br />
Börsensteuer zu verzichten?<br />
Diese und andere Fragen gilt es nun<br />
zu diskutieren, damit wir sozial gerechte<br />
und ökonomisch sinnvolle<br />
(nein, das muss kein Gegensatz<br />
sein!!!) Reformen hinbekommen.<br />
Dies wird seine Zeit dauern, denn ein<br />
„Schnellschuß“ à la Agenda 2010,<br />
ohne vorherige Diskussion, kann<br />
nicht zum Ziel führen.<br />
Die Veranstaltung hat mir persönlich<br />
eines ganz sicher aufgezeigt:<br />
Wenn wir unvoreingenommen mit<br />
anderen Interessensgruppen diskutieren,<br />
können wir Lösungen, die<br />
beiden Seiten entgegenkommen, finden<br />
und hoffentlich dann auch realisieren.<br />
Alex Spickenreuther, RV Ost
INFORMATIONEN<br />
Seminarangebote Juni/Juli<br />
„Historische Pfingstschule:<br />
140 Jahre Sozialdemokratie „<br />
10.06.2003 10.06.2003 bis bis 13.06.2003<br />
13.06.2003<br />
Die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, ihre<br />
Bedeutung und der aktuelle Stand der Sozialdemokratie<br />
ist unser Thema. Dabei wollen wir uns mit den negativen<br />
Legenden um die sozialdemokratische Arbeiterbewegung<br />
kritisch auseinandersetzen und das mögliche<br />
Gesicht der zukünftigen SPD des 21. Jahrhunderts beschreiben.<br />
In der Georg von Vollmar Akademie/ Kochel am See<br />
Kosten: Erwerbstätige: 76 Euro, alle anderen 38 Euro<br />
„Kocheler Forum Grundwerte:<br />
Zukunft der sozialen Demokratie „<br />
27.06. 27.06. - - 29.06.2003<br />
29.06.2003<br />
„Im Kocheler Forum Grundwerte werden Fragen nach<br />
der Zukunft der sozialen Demokratie diskutiert. Wir fragen<br />
Politik, Wissenschaft und Gewerkschaften, was die<br />
zentralen sozialdemokratischen Grundwerte - Freiheit,<br />
Gleichheit, Solidarität - heute bedeuten.Vor dem Hintergrund<br />
der Debatten um einen „Dritten Weg“, um die<br />
Steuerung der Globalisierung, um Parteireform und<br />
Grundsatzprogramme nehmen wir uns Zeit für die offene<br />
Diskussion. Alle, die sich daran beteiligen möchten,<br />
sind dazu herzlich eingeladen.“<br />
In der Georg von Vollmar Akademie/ Kochel am See<br />
Kosten: Erwerbstätige: 45 Euro, alle anderen 22,50 Euro<br />
„Nationalsozialismus und<br />
Rechtsextremismus heute „<br />
30.06.2003 30.06.2003 bis bis 04.07.2003<br />
04.07.2003<br />
Nur unzureichend ist der Nationalsozialismus im Nachkriegsdeutschland<br />
aufgearbeitet worden. Ist die mangelnde<br />
Aufklärung über die eigene Geschichte eine<br />
Ursache für den neu auflebenden Rechtsextremismus<br />
heute?<br />
In der Georg von Vollmar Akademie/ Kochel am See<br />
Kosten: Erwerbstätige 100 Euro, alle anderen 50 Euro.<br />
Erfolgreiche Praxis der Politischen<br />
Bildung<br />
4. Juli 2003, 18:00 Uhr<br />
bis 5. Juli 2003, 16:00 Uhr<br />
Qualifizierung für das Ehrenamt - Vorstands- und Gremienarbeit<br />
aktiv gestalten: Demokratie lebt vom Engagement<br />
der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Gesellschaft.<br />
Für diese Arbeit wird neben dem jeweiligen<br />
Fachwissen mehr denn je das Beherrschen von grundlegenden<br />
Techniken politischen Managements wichtig.<br />
Nicht zuletzt die wachsende Rolle der Medien fordert ein<br />
hohes Maß an Professionalität auch des ehrenamtlichen<br />
Engagements.<br />
Im BayernForum <strong>München</strong><br />
Kosten: stehen noch nicht fest<br />
Sommerwerkstatt Politik:<br />
Moderieren und Präsentieren<br />
04.08.2003 bis 08.08.2003<br />
„Politisches Handeln kann viel interessanter und effektiver<br />
gestaltet werden, als wir es bisher gewohnt sind. Versammlungen<br />
und Besprechungen lassen sich mit Methoden<br />
der Moderation und Präsentation verbessern und<br />
können statt Frust auch Lust auf Politik machen. Fangen<br />
wir einfach an mit der „Sommerwerkstatt Politik am<br />
Kochelsee“!“<br />
In der Georg von Vollmar Akademie/ Kochel am See<br />
Kosten: Erwerbstätige 100 Euro, alle anderen 50 Euro.<br />
Infos und Anmeldung bei:<br />
Jens Röver<br />
roever@jusos-muenchen.de<br />
0173/2437233<br />
1 2 3 4 5 18 6 7 8 9 0
Das letzte Wort<br />
1 2 3 4 5 19 6 7 8 9 0<br />
Erhöhung der Tabaksteuer<br />
DAS LETZTE WORT<br />
Also, als bekennende Raucherin fand ich es natürlich erst mal eine<br />
Unverschämtheit und war anfangs strikt gegen die Erhöhung der Tabaksteuer.<br />
Was mach‘ ich denn jetzt: weniger Rauchen, arm werden<br />
oder doch gezwungenermaßen zum Jahresende endlich die schon<br />
lange vorgehabte Diät durchziehen, um meine Nikotinsucht zu finanzieren?<br />
Und der „Focus“ sagt ja immerhin auch, dass dadurch rund 25.000<br />
Arbeitsplätze bei Großhandel und Betreibern in Gefahr sind!<br />
Dann aber mal vernünftig nachgedacht und Ulla Schmidt zugehört:<br />
eigentlich ist das ja eine ganz tolle Sache mit hehren Zielen:<br />
· Beschleunigung der Gesundheitsreform<br />
· Finanzierung versicherungsfremder Leistungen der gesetzlichen Krankenversiche<br />
rung (wie z.B. Mutterschaftsgeld)<br />
· Jugendliche sollen vom Rauchen abgehalten werden, und<br />
· Raucher zum weniger Qualmen oder ganz Aufhören bewegt werden.<br />
Ist doch alles ganz super, aber dann hab ich mal genauer recherchiert. Und dabei Interessantes<br />
herausgefunden. In Deutschland (einzigartig in Europa!) gibt es eine vertraglich<br />
festgelegte Zusammenarbeit von Bundesregierung und Zigarettenindustrie.<br />
Ausschnitt aus dem Vertragstext: „Die Maßnahmen (gemeint sind Anti-Raucher-Kampagnen-<br />
und Werbung) dürfen nicht die Zigarettenindustrie, deren Produkte oder den<br />
Zigarettenhandel diskriminieren.“. Es gibt sogar Sachverständige, die jederzeit Einsicht<br />
in die Projektunterlagen des Ministeriums haben! Wenn aber dieses zugegebenermaßen<br />
giftige und schädliche Produkt nicht diskriminiert werden darf und es so ein paar<br />
sanfte Präventionsprojekte gibt, ist jede Maßnahme sinnlos. (Wen schockiert schon: „Jede<br />
Zigarette, die du nicht genießt, ist eine zuviel“?). Vor diesem Hintergrund verwundert es<br />
auch nicht, dass allein Deutschland eine EU-Konvention gegen das Rauchen (die vor<br />
allem härtere Anti-Raucher-Werbung beinhaltet), von ca. 150 Ländern, blockiert. Die<br />
deutsche Regierung war vor mehreren Jahren sogar gegen die Warnhinweise auf den<br />
Zigarettenschachteln.<br />
OK, Tabaksteuer, tolle Idee eigentlich, aber keine Doppelmoral bitte! Wenn man wirklich<br />
um die Jugend und die rauchende Bevölkerung besorgt ist und etwas dagegen<br />
unternehmen will, unterschrieben. Konsequent wäre dann eine noch höhere Tabaksteuer,<br />
verknüpft mit effizienten Kampagnen, notwendig! Und um leere Kassen aufzufüllen,<br />
hilft nur Mut zu durchgreifenden Wirtschafts- und Sozialreformen, statt Krücken.<br />
Eure Dunja
Angela Greulich<br />
Frauenbeauftragte<br />
tel. 54 50 83 86<br />
greulich@jusos-m.de<br />
Niclas in der Stroth<br />
Pressesprecher<br />
Regionalverband Ost<br />
tel. 36 10 81 01<br />
niclas@jusos-m.de<br />
Christian Schiffer<br />
Vorsitzender<br />
tel. 85 63 97 96<br />
schiffer@jusos-m.de<br />
Simone Burger<br />
Geschäftsführerin<br />
tel. 26 02 30 90<br />
burger@jusos-m.de<br />
Simona Winkler<br />
Regionalverband West<br />
tel. 56 04 63<br />
winkler@jusos-m.de<br />
Das Münchner Stadtgebiet ist in<br />
vier Regionalverbände, entsprechend<br />
den Bundestagswahlkreisen,<br />
eingeteilt. Für jeden RV gibt es einen<br />
Ansprechpartner im Vorstand (s.o.).<br />
RV West<br />
D<br />
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RV Nord<br />
RV Süd<br />
Münchner<br />
Stadtgebiet<br />
RV Ost<br />
Verena Dietl<br />
Mitgliederbetreuung<br />
Stellvertretende<br />
Vorsitzende<br />
tel. 74 36 74 00<br />
dietl@jusos-m.de<br />
Florian Hiemeyer<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
tel. 32 38 76 51<br />
hiemeyer@jusos-m.de<br />
Alex Ben Chaouch<br />
Regionalverband Süd<br />
tel. 77 79 53<br />
ben-chaouch@jusos-m.de<br />
1 2 3 4 5 20 6 7 8 9 0<br />
Viola Unger<br />
Publikationen,<br />
Stellvertretende<br />
Vorsitzende<br />
tel. 98 10 86 21<br />
unger@jusos-m.de<br />
Jens Röver<br />
Politische Bildung<br />
tel. 54 76 79 89<br />
roever@jusos-m.de<br />
Dunja Langer<br />
Regionalverband Nord<br />
tel. 54 76 79 89<br />
langer@jusos-m.de<br />
Büro der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>:<br />
Oberanger 38 / IV, 80331 <strong>München</strong><br />
Tel. 26 02 30 90, Fax 26 02 30 91<br />
buero@jusos-muenchen.de