Verband - Jusos München
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<strong>Jusos</strong> in <strong>München</strong> AusgAbe 3 / 2011<br />
+++ iusY Festival 2011 +++ 20.07.11 utøya +++ Den nazis keine Ruhe +++ Juso bundeskongress 2011 +++
<strong>München</strong><br />
+++ Start-Ticker +++<br />
+++ Anno Dietz ist auf der unterbezirkskonferenz der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> am 02. Dezember<br />
2011 als Vorsitzender der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> zurück getreten +++<br />
+++ Die Delegierten zur unterbezirkskonferenz haben cornelius Müller zum neuen Vor-<br />
sitzenden gewählt. Marcel Reymus, beisitzer für Mitgliederbetreuung, wird neben Louisa<br />
Pehle zum stellvertretenden Vorsitzenden +++<br />
+++ Alle durch die Jahreshauptversammlung eingesetzten Arbeitskreise sind inzwischen<br />
konstituiert und laden zur Mitarbeit ein: Kommunalpolitik, Wirtschafts- und sozialpolitik,<br />
Antifaschismus, internationales, gesundheitspolitik +++<br />
+++ Stop-Ticker +++<br />
Links im Druck - Mitgliederzeitschrift der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
Druck: Druckerei Meyer GmbH, Rudolf-Diesel-Straße 10, 91413 Neustadt a. d. Aisch<br />
V.i.S.d.P.: Daniela Beck, <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>. Oberanger 38 / 4.Stock, 80331 <strong>München</strong><br />
Redaktion: Daniela Beck, Anno Dietz<br />
Layout: Alessandro Fuschi, Anno Dietz<br />
Art Direction: Mike Raab<br />
Auflage: 1250<br />
Erscheinungsweise 4 Ausgaben pro Jahr<br />
2<br />
Impressum<br />
Wir freuen uns über Mitarbeit, Kritik, Artikel und andere Rückmeldungen<br />
Kontakt über lid@jusos-m.de oder über Daniela Beck (beck@jusos-m.de)<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht inbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
Die Redaktion behält sich vor, Artikel abzulehnen oder zu kürzen.<br />
Wenn sie spenden wollen: <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> Konto-Nr.111 500, Stadtsparkasse <strong>München</strong><br />
BLZ 701 500 00 / Wir stellen Ihnen unaufgefordert eine steuerabzugsfähige Spendenquittung aus.
Liebe Genossinnen und Genossen,<br />
Editorial<br />
„Links im Druck“, so heißt unsere Mitgliederzeitschrift, und „Links“, das ist auch die Position, auf<br />
der wir uns als <strong>Jusos</strong> politisch einordnen. „Politische Linke“, dieser Begriff ist in unserer Parteienlandschaft<br />
und in den Medien so allgegenwärtig, dass man nur noch selten genauer darüber nachdenkt,<br />
was ein „linkes“ Selbstverständnis eigentlich wirklich ausmacht.<br />
Wikipedia definiert linke Politik mit den Worten: „Ein klassisches Politikverständnis der Linken ist<br />
geprägt von einem egalitären Menschenbild, das heißt: Sie betrachtet unter anderem die Gleichberechtigung<br />
aller Menschen, unabhängig von nationalen, ethnischen, geschlechtlichen und anderen<br />
Gruppenzugehörigkeiten als anzustrebendes politisches Ziel.“<br />
Die politische „Linke“ steht nicht nur für eine Gesellschaft, in der materieller Wohlstand gerecht verteilt<br />
ist, sie steht vor allem auch für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch gleichermaßen respektiert<br />
wird - und bildet damit den Gegenpol zum menschenverachtenden Faschismus rechter Gesinnungen.<br />
Dass Rechtsextremismus und Intoleranz noch immer allzu gegenwärtig sind, ist die traurige Bilanz<br />
zweier Ereignisse des Jahres 2011, des Massakers von Utoja und der Aufklärung der Nazi-Morde in<br />
Deutschland. Warum rechte Gewalt mitten in Europa so unbehelligt existieren kann und was das für<br />
uns bedeutet, diese Frage steht im Mittelpunkt dieser Ausgabe.<br />
Freundschaft!<br />
Daniela Beck<br />
04 <strong>Verband</strong> IUSY Festival 2011 / Simone Burger & Anno Dietz<br />
08 Schwerpunkt Utoya - Wir vergessen euch nicht! / Kommentar Anno Dietz<br />
10 Schwerpunkt Den Nazis keine Ruhe / Kommentar Matthias Ecke<br />
12 Schwerpunkt Migration / Kommentar Daniela Beck<br />
14 <strong>Verband</strong> Forschungsreise gegen das Vergessen / Quirin Weinzierl<br />
16 <strong>Verband</strong> Juso Bundeskongress 2011 / Sebastian Roloff<br />
17 <strong>Verband</strong> SchülerInnenkongress Besser11 / Andre Candidus & Philip Fickel<br />
18 <strong>Verband</strong> Vorsitzendenneuwahl / Anno Dietz & Cornelius Müller<br />
20 <strong>Verband</strong> Finanzierung der Pflege /<br />
21 <strong>München</strong> Nachruf auf Olympia / Kommentar Gerhard Riewe<br />
21 <strong>Verband</strong> Konstituierung Arbeitskreis Kommunalpolitk / Lena Sterzer<br />
22 Umwelt Biokraftstoffe / Lena Sterzer<br />
24 Literatur August Bebel: Die Frau und der Sozialismus / Louisa Pehle<br />
25 <strong>Verband</strong> Auschreibung Geschäftsführung der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
26 Letztes Wort Griechenland / Cornelius Müller<br />
3
4<br />
<strong>Verband</strong><br />
IUSY Festival 2011<br />
internationales summercamp am Attersee<br />
Von Simone Burger & Anno Dietz<br />
Im Sommer 2011 hieß es wieder „<strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> auf<br />
dem Weg zu IUSY Festival“. In diesem Jahr fand wieder<br />
das internationale Jugendfestival der IUSY statt,<br />
das Generationen von JungsozialistInnen die Möglichkeit<br />
geboten hat sich mit Jugendlichen aus den<br />
Schwesterorganisationen aus aller Welt auszutauschen,<br />
in Workshops gemeinsam über unsere Vorstellungen<br />
von einer gerechteren Welt zu diskutieren, Ideen im internationalen<br />
Dialog weiterzuentwickeln und Freundschaften<br />
über Organisations- und Ländergrenzen hinweg<br />
zu schließen.<br />
2011 wurde das IUSY Festival von unseren österreichischen<br />
Genossinnen und Genossen der Sozialistischen<br />
Jugend Österreichs (SJÖ) ausgerichtet. Es fand vom<br />
25. bis 31. Juli 2011 unter dem Motto „We know where<br />
we come from – we know where we are going“ im Europacamp<br />
der SJ am Attersee statt. Das Motto war dem<br />
100. Geburtstag von Bruno Kreisky geschuldet, dem<br />
wohl bedeutensten österreichischen Sozialdemokraten<br />
der Nachkriegszeit. Kreisky steht zusammen mit Olof<br />
Palme und Willy Brandt für das Leitbild der internationalen<br />
Solidarität in der Politik.<br />
Auch aus <strong>München</strong> nahmen einige Genossinnen und<br />
Genossen wieder am Festival teil. Einige von uns verleitete<br />
die relative Nähe des Festivalgeländes zu <strong>München</strong><br />
sogar zu einer Anreise mit dem Fahrrad. Waren<br />
wir erst noch in strömenden Regen von <strong>München</strong> aus<br />
unterwegs, so konnten wir dann in schönstem Sonnenschein<br />
über die Höhen des Berchtesgadener Landes<br />
nach Salzburg hinabrollen und von dort aus zur letzten<br />
Etappe zum Attersee aufbrechen.<br />
Das IUSY Festival stand in diesem Jahr ganz unter<br />
dem Zeichen des, wenige Tage zuvor verübten, grauenhaften<br />
Anschlags auf unsere Partner Organisation AUF<br />
in Norwegen. Wir alle waren und sind in besonderer<br />
Weise von den Anschlägen betroffen. Er richtete sich<br />
gegen unsere Genossinnen und Genossen der AUF, gegen<br />
unsere gemeinsamen Vorstellungen und Forderungen<br />
für eine tolerante und solidarischen Gesellschaft,<br />
gegen unseren gemeinsamen Kampf für eine gerechte<br />
und friedliche Welt. Für viele der TeilnehmerInnen des<br />
Festivals war das Grauen noch realer, denn viele haben<br />
bei dem Anschlag gute FreundInnen und Bekannte verloren.<br />
Die AUF fehlte auf dem Festival.<br />
So begann das Festival in diesem Jahr mit einer Gedenkfeier<br />
für die ermordete norwegischen GenossInnen.<br />
In bewegenden Minuten gedachten die TeilnehmerInnen<br />
aus allen Mitgliedsorganisationen unseren<br />
ermordeten Genossinnen und Genossen. Von diesem<br />
Abend geht das Zeichen der starken Verbundenheit und<br />
Solidarität der internationalen Gemeinschaft der IUSY<br />
aus. Nie war diese Wertegemeinschaft und die Freundschaft<br />
über alle Ländergrenzen und Sprachbarrieren<br />
hinweg greifbarer als in diesem Moment der Trauer.<br />
In dem ausliegenden Kondolenzbuch haben über das<br />
Festival hinweg Hunderte ihre persönliche Anteilnahme<br />
mit den Opfern und den Hinterbliebenen und ihre<br />
Erschütterung zum Ausdruck gebracht.
Exkurs<br />
Die IUSY<br />
Die International Union of Socialist Youth<br />
IUSY, oder auch Sozialistische Jugend-<br />
Internationale ist der Zusammenschluss<br />
von sozialistischen und sozialdemokratischen<br />
Jugendorganisationen der Welt.<br />
Am 24. August 1907 wurde in Stuttgart<br />
die Internationale Verbindung Sozialistischer<br />
Jugendorganisationen gegründet.<br />
Eingeladen hatte der süddeutsche <strong>Verband</strong><br />
junger Arbeiterinnen und Arbeiter<br />
Deutschlands. 20 Delegierte aus 10 europäischen<br />
Staaten sowie ein Australier<br />
nahmen an dem Kongress teil. Zum<br />
ersten Vorsitzenden wurde damals Karl<br />
Liebknecht gewählt. 2007 konnten wir<br />
in Berlin mit zahlreichen Gästen das<br />
100-jährige Bestehen der IUSY feiern.<br />
Heute besteht die IUSY aus 149 Organisationen<br />
aus über 100 Ländern. Normalerweise<br />
findet alle drei Jahre das IUSY<br />
World Festival statt, auf dem tausende<br />
junger Genossinnen und Genossen aus<br />
aller Welt zusammenkommen und eine<br />
Woche lang die Gelegenheit haben sich<br />
kennen zu lernen, miteinander ins Gespräch<br />
zu kommen, gemeinsam zu feiern<br />
und sich in inhaltlichen Workshops und<br />
Konferenzen mit den wichtigen politischen<br />
Themen auseinander zu setzten.<br />
www.iusy.org<br />
Leider wurde die Trauer von den<br />
Versuchen der zahlreich angereisten<br />
Journalisten gestört, die,<br />
nachdem es ihnen nicht gelungen<br />
war wahlweise verängstigte<br />
oder rücksichtslos feiernde<br />
GenossInnen zu filmen, nun die<br />
Teilnehmerinnen bedrängten um<br />
ein spektakuläres Statement zu<br />
erreichen und dabei den Wunsch<br />
der Trauernden nach Privatsphäre<br />
nicht immer respektierten.<br />
<strong>Verband</strong><br />
Auch bei der Diskussion am Dienstag zwischen Sigmar<br />
Gabriel, Werner Feymann (Bundeskanzler von<br />
Österreich) und Hakan Juholdt, dem Vorsitzenden der<br />
Sozialdemokratischen Partei Schwedens, ging es um<br />
die Frage: Was ist die Antwort der Sozialdemokratie<br />
auf diese Anschläge? Im Anschluss trafen sich die<br />
VSSTÖ (<strong>Verband</strong> Sozialistischer Studierender Österreichs),<br />
die SJÖ und die <strong>Jusos</strong> zu einem gemeinsamen<br />
Delegationstreffen mit Gabriel und Feymann zur Frage,<br />
wo und an welcher Stelle müssen wir beim Kampf<br />
gegen Rechts unsere Strategie ändern oder unsere Aktionen<br />
verstärken. Die Diskussion war auf beiden Seiten<br />
(Deutschland und Österreich) kontrovers, da es vor<br />
allem in der Frage, wie geht man mit Demonstrationen<br />
gegen Rechts (Kriminalisierung von Protest) um, aber<br />
auch bei der Frage im Umgang mit rechten Thesen in<br />
der Partei (Thilo Sarrazin) sehr unterschiedliche Ansichten<br />
zwischen den Jugendorganisationen und den<br />
Parteiführungen gab.<br />
In den kommenden Tagen konnten wir in zahlreichen<br />
Workshops und Konferenzen uns mit den Genossinnen<br />
und Genossen der Partneroganisationen über unsere<br />
Inhalte und Positionen austauschen, und aus Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschieden der politischen Debatten<br />
in den unterschiedlichen Ländern lernen.<br />
Beispielsweise beeindruckten in der vielen Workshops<br />
die Vertreterinnen der kleinen US-Amerikanischen Organisationen<br />
durch ihre gestochen scharfe Analyse der<br />
amerikanischen Gesellschaft und ihrer Probleme. Der<br />
Vertreter der New Yorker „Working Families Party“<br />
sprach über die Bedingungen amerikanischer Politik,<br />
die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit progressiven<br />
Kräften innerhalb der Demokratischen Partei und den<br />
Aufbau ihrer Grassroot-organisation.
6<br />
<strong>Verband</strong><br />
Robert Misik, scharfzüngiger österreichischer<br />
Autor und Blogger<br />
konnten wir in einem anderen<br />
Workshop zu dem Thema Finanzkrise<br />
hören. www.misik.at<br />
Zum ersten mal in diesem Jahr fand auf dem IUSY Festival<br />
auch der diesjährige IUSY Council statt, höchstes<br />
Gremium der IUSY zwischen den großen Kongressen.<br />
Die TeilnehmerInnen des Festivals hatten so die Möglichkeit<br />
ihren internationalen VertreterInnen bei der<br />
Arbeit über die Schulter zu schauen und die Entscheidungswege<br />
der Jugendinternationalen kennen zu lernen.<br />
Auf dem Council wurden die Vizepräsidenten aus Israel<br />
und Palästina neu gewählt. Im Mittelpunkt der<br />
Diskussion stand die Frage der Reform der SI. Die<br />
IUSY hat auf dem Council ein Grundlagenpapier verabschiedet,<br />
welche Anforderungen sie an die Reform<br />
stellt. Die IUSY wollte aber auch auf dem Council ihre<br />
eigene Erneuerung fortsetzen. So wurden fünf Organisationen<br />
ausgeschlossen, da sie nicht die Grundwerte<br />
der IUSY vertreten. Thematisiert wurden auch erste<br />
Ideen für das global manifesto, das auf dem nächsten<br />
Kongress verabschiedet werden soll.<br />
Auf dem IUSY Festival konnten wir auch Kontakt zu<br />
den Genossinnen und Genossen der MGS Bordeaux,<br />
unserer Partnerorganisation in Bordeaux, knüpfen.<br />
Bordeaux ist die Partnerstadt <strong>München</strong>s. Bei einer Verabredungen<br />
der Delegationen aus <strong>München</strong> und Bordeaux<br />
konnten wir uns beim gemeinsamen Mittagessen<br />
kennen lernen und die Aufnahme von Beziehungen<br />
zwischen den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> und der MJS Bordeaux<br />
besprechen. Wir haben vereinbart mit der Vorbereitung<br />
eines Austauschprogramms zu beginnen. Gemeinsam<br />
sollen, neben dem gegenseitigen Kennenlernen der<br />
Organisationen die Themen Wohnen, öffentliche Daseinsvorsorge<br />
und Infrastruktur diskutiert und eine gemeinsame<br />
Erklärung erarbeitet werden.<br />
Auch das diesjährige IUSY Festival war ein wunderschönes<br />
gemeinsames Erlebnis. Ein Festival von dem<br />
das starke Zeichen der Verbundenheit der internationalen<br />
Gemeinschaft ausgeht, ein Festival um über politische<br />
Ziele zu diskutieren, zu feiern, einander kennen<br />
zu lernen und gemeinsam eine schöne Sommerzeit zu<br />
verbringen - trotz Regen und häufig kalter Duschen.
Attersee DeclArAtion<br />
iUsY WorlD FestivAl 2011<br />
We will never forget. We are all AUF activists.<br />
The recent attack on young socialists atthe AUF-summer<br />
camp in Utøya has deeply shocked us. It is very<br />
hard for us to face the brutality of this act against<br />
our comrades; we mourn our dead and share the<br />
suffering of those who are wounded. Utøya was not<br />
only an attack on Norway and its open society, but<br />
also an attack on socialism and social democracy.<br />
The violence was directed against our ideas and our<br />
principles. It was an attack on our deep commitment<br />
to social equality, social justice, democracy and the<br />
pluralist concept of solving political differences in<br />
a non-violent way. According to investigations, the<br />
attack on AUF was the act of a single individual.<br />
Nevertheless, we should be aware that there is an<br />
ideology of hatred standing behind this massacre.<br />
The aggressor’s political convictions did not appear<br />
from nowhere, but were gained through his engagement<br />
in right-wing extremist, racist and anti-Islamic<br />
networks and organizations.<br />
Social inequalities, injustices, and unemployment<br />
– especially amongst young people – are growing.<br />
When combined with an increasingly pessimistic view<br />
amongst the masses of what the future holds in store<br />
for them, this prepares the ground for the acceptance<br />
of right-wing populist, racist and authoritarian political<br />
practices. The financial and economical crisis<br />
has only intensified the class struggle throughout the<br />
world. Austerity programmes have further worsened<br />
the social situation. More than ever the world is divided<br />
into rich and poor. A tiny elite has profited enormously<br />
from the crisis by accumulating even more<br />
wealth and privileges. We should get rid of a system<br />
that makes only a few people rich while it impoverishes<br />
the masses. We should get rid of a system that<br />
concentrates wealth and power in the hands of men<br />
instead of promoting gender equality. We should get<br />
rid of a system that seeks to maximize short-term profits<br />
instead of tackling climate change.<br />
People, not profit – tax the rich!<br />
Our fight against these tendencies therefore has to<br />
start by properly confronting the social and economic<br />
problems that our societies are facing while also proposing<br />
adequate solutions. We must strengthen the<br />
public sphere against those who insist on privatizing<br />
common goods.<br />
The greatest effects of the present crisis have hit the<br />
most vulnerable parts of society. Young people, women,<br />
migrants, and minorities as well as poor and<br />
homeless people are suffering the most. These injustices<br />
will remain in place so long as the global<br />
economy is not democratized and organized along<br />
environmentally sustainable grounds. The costs of<br />
the crisis should be paid by those who caused the<br />
crisis in the first place. Therefore, our demand is the<br />
redistribution of the global wealth and our rallying<br />
cry is “Tax the Rich!”.<br />
Bruno Kreisky: “Flooding society with Democracy”<br />
This year’s IUSY World Festival has taken place in<br />
Bruno Kreisky’s home country of Austria and reflects<br />
his successful vision of a more equal and just society.<br />
Full employment, prosperity for the masses, the<br />
democratization of all parts of society and fighting<br />
poverty were at the centre of his political activities.<br />
Kreisky was a committed internationalist who worked<br />
tirelessly for international peace and solidarity. He<br />
strengthened international cooperation and fought<br />
for political and social rights worldwide – as he was<br />
convinced that equality can only be implemented on<br />
a global level.<br />
the main task for us in the future is to carry out<br />
this socialist vision.<br />
We will not forget our fallen comrades in Utøya.<br />
We will continue to walk without fear.<br />
We will work together to create a better world.<br />
long live the international.<br />
<strong>Verband</strong><br />
7
Schwerpunkt<br />
Utøya<br />
22.07.2011<br />
Wir werden euch nicht vergessen<br />
8<br />
Kommentar von Anno Dietz<br />
Wir werden den 22. Juli 2011 niemals vergessen. Die<br />
unfassbaren Ereignisse dieses Tages, als Anders Breivik<br />
die Bombe im Osloer Regierungsviertel detonieren lässt<br />
und anschließend auf der Insel Utoya 69 norwegische<br />
JungsozialistInnen ermordet, hat sich in unsere Erinnerung<br />
eingegraben. Das sprachlose Entsetzen und die<br />
Trauer werden wir nie vergessen. Dieser Tag betrifft uns<br />
alle in besonderer Weise. Es waren unsere Genossinnen<br />
und Genossen und auch Freundinnen und Freunde, die<br />
an diesem Tag ermordet wurden.<br />
Ermordet für ihr Engagement für eine gleiche, vielfältige<br />
und gerechte Gesellschaft, für politischen Überzeugungen,<br />
die auch unsere sind. Ermordet um gegen „Kulturmarxismus“<br />
und „Überfremdung“ Norwegens, gegen<br />
die Hoffnung nach einer offenen und toleranten Gesellschaft<br />
vorzugehen. Gerade die AUF, die Jugendorganisation<br />
der norwegischen Sozialdemokratie sollte es treffen.<br />
Ermordet von Anders Breivik, der sich eitel inszeniert als<br />
„Tempelritter“ auf seinem Kreuzzug gegen die Islamisierung<br />
Europas, als „Kommandeur im Norwegischen Widerstand“.<br />
In seinem über 1500 Seiten langen Manifest<br />
„2083: Eine Europäische Unabhängigkeitserklärung“<br />
erläutert er, dass es eben jene Verfechter des Multikulturalismus<br />
seien, die eine neue „europäischen Leitideologie“<br />
der „politischen Korrektheit“ etabliert hätten, die<br />
die christlich abendländische Tradition der konservativen<br />
Gesellschaften Europas zerstöre. Die Koalition der<br />
„Korrekten“, die die Abwehr gegen die äußeren Feinde<br />
schwäche und so die Islamisierung Europas vorantreibe.<br />
„Wie die Pest breitet sich der Frankfurter »Kulturmarxismus«<br />
über Europa aus. Unter der zivilen Maske<br />
von »Multikultur« und »Politischer Korrektheit«<br />
tarnt er seine wahren Absichten. Der Kulturmarxismus<br />
hat den Kontinent sturmreif geschossen und den<br />
Muslimen Tür und Tor geöffnet. Europa schafft sich<br />
ab - der Kommunismus als Feindbild wurde vom Islam<br />
abgelöst. Hurra, wir kapitulieren - vor dem Islam,<br />
schreit es aus jeder Seite des Pamphlets.“<br />
Thomas Assheuer, Evelyn Finger, Özlem Topcu<br />
bomben für das Abendland. eine Analyse von<br />
Anders breiviks terroristischen Programm<br />
Die Zeit 31/2011<br />
Das Konzept des „Kulturmarxismus“ als politischer<br />
Kampfbegriff übernimmt er aus der Debatte der amerikanischen<br />
Rechten. „Cultural Marxism“ sei die Strategie<br />
der Linken, eine angebliche „Weltverschörung“,<br />
um die christliche abendländische Kultur auszurotten,<br />
den „Stolz“ weißer Europäer auf ihre Abstammung<br />
und Nationalität zu brechen und „christliche“ Familienwerte<br />
außer Kraft zu setzen. Es sind die Philosophen<br />
der Frankfurter Schule, namentlich Theodor W. Adorno<br />
und Herbert Marcuse, es ist die politische Linke, es<br />
sind FeministInnen, Homosexuelle, UmweltschützerInnen<br />
und MigrantInnen, die sich in dieser Verschwörung<br />
zusammengefunden hätten.
Anders Breivik, Sohn eines norwegischen Diplomaten<br />
und einer Krankenschwester, hatte die Anschläge jahrelang<br />
vorbereitet und minutiös geplant. Er handelte mit<br />
einer kalten und mitleidlosen Art, mit einer derart überlegten<br />
grausamen Rationalität, dass es uns Angst macht.<br />
Und war nicht, der „einzelnste Einzeltäter der Welt“<br />
(Robert Misik), aus dem Nichts hervorgegangen und<br />
von Wahnsinn getrieben, wie ihn manche darstellen<br />
wollten. Er war allein, als er die Waffe auf die wehrlosen<br />
Genossinnen und Genossen auf Utoya richtete.<br />
Doch seine Waffe führten auch all jene, die Femdenhass<br />
und Islamophobie schüren, die zum Handeln gegen<br />
Überfremdung und Degeneration unserer Völker durch<br />
den Zustrom genetisch minderwertiger Einwanderer<br />
aufrufen. Sie gaben Breivik Legitimität für sein Handeln,<br />
für seine Taten.<br />
Henryk M. Broder bringt mit seinem Buch „Hurra wir<br />
kapitulieren!“ die Islamfeindlichkeit an die Masse,<br />
Blogs wie Political Incorrekt, die offen gegen Muslime<br />
hetzten, verzeichnen tausende Zugriffe am Tag.<br />
Eugenik und Sozialdarwinismus der übelsten Sorte<br />
werden von unserem „Genossen“ Thilo Sarrazin wieder<br />
salonfähig gemacht und Hunderte strömen zu den<br />
Buchvorstellungen.<br />
Und unser Parteivorstand ist zu feige jemandem wie<br />
ihm, der über genetisch vererbte Dummheit der Zuwanderer<br />
oder das „Judengen“, spricht die Tür zu weisen.<br />
Ungarn schafft die Pressefreiheit ab, schränkt die demokratischen<br />
Rechte ein und mausert sich so so zum Staat<br />
mit zumindest faschistischen Tendenzen. Rechtspopulisten<br />
in ganz Europa verzeichnen großen Zulauf und<br />
feiern Wahlerfolge. In ganz Europa keimt wieder die<br />
unheilvolle Saat von Hass und Fremdenfeindlichkeit.<br />
Es kann einem Angst machen. Sie sind es, gegen die<br />
wir gemeinsam aufstehen und kämpfen müssen.<br />
Für Breivik verlangt es uns nach nichts als Strafe. Dennoch,<br />
so wie die norwegische Antwort auf den Terror<br />
sogar „ noch mehr Menschlichkeit und Toleranz“ war,<br />
so ist die Antwort auf Breivik nur das Recht das im nun<br />
zuteil wird. Und sollte Breivik, wie sich jetzt andeutet,<br />
tatsächlich für schuldunfähig gesprochen werden, wie<br />
dies ein Gutachten bereits nahelegt, so ist es vielleicht<br />
sogar gut, dass ihm die Bühne eines großen Verfahrens,<br />
die er schon in der Vorverhandlung zu nutzen suchte,<br />
verwehrt bleibt und er ohne Gelegenheit zu öffentlichem<br />
Auftritt in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung<br />
verbracht wird. Schuldig jedenfalls bleibt er.<br />
Unsere Antwort als JungsozialistInnen heißt vor allem<br />
Solidarität. Nur gemeinsam, als internationale Bewegung<br />
können wir uns gegen das Wiedererstarken von<br />
Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und nationalem<br />
Dünkel zu Wehr setzten. Internationale Solidarität, das<br />
war nie so greifbar wie in der gemeinsamen Trauer auf<br />
dem internationalen IUSY Festival am Attersee, unmittelbar<br />
nach den Anschlägen. Gemeinsam zu trauern<br />
und zu gedenken und auch Genossinnen und Genossen<br />
daheim auf der gleichzeitig auch in <strong>München</strong> stattfindenden<br />
Gedenkfeier zu wissen hat uns allen Mut gemacht.<br />
Wir werden nicht weichen im Kampf gegen Rassismus<br />
und Fremdenhass, gegen Rechtspopulismus und rechte<br />
Gewalt. Für eine bessere und gerechtere Welt, für Toleranz<br />
und Menschlichkeit.<br />
9
Schwerpunkt<br />
Es reicht!<br />
Den Nazis keine Ruhe mehr<br />
Kommentar von Mathias Ecke<br />
stellv. Juso Bundesvorsitzender<br />
Sollte noch irgendwer Zweifel gehabt haben, welches<br />
Ausmaß das Gewaltpotential der militanten Rechten<br />
hat, so dürften diese jetzt zerstreut sein. Zehn Menschen<br />
wurden von der Zwickauer Neonazi-Gruppe<br />
„Nationalsozialistischer Untergrund“ ermordet – systematisch,<br />
kaltblutig, aus niedersten Motiven inbrünstigen<br />
Hasses. Und: unbemerkt.<br />
„Wie kann es sein,<br />
dass die Profile der<br />
Opfer und der<br />
Tathergänge nicht<br />
mal ansatzweise<br />
den Verdacht<br />
nahelegten, hier<br />
bestünde ein<br />
politisches Motiv?“<br />
Es ist unbegreiflich, dass der<br />
offenkundige Zusammenhang<br />
zwischen den Taten solange<br />
übersehen wurde. Wie kann<br />
es sein, dass die Profile der<br />
Opfer und der Tathergänge<br />
nicht mal ansatzweise den<br />
Verdacht nahelegten, hier<br />
bestünde ein politisches Motiv?<br />
Und selbst der Mord an<br />
der Heilbronner Polizistin<br />
brachte keine Änderungen.<br />
Verdächtig waren – klar! –<br />
Russenmafia und Islamisten.<br />
Auch die fragwürdige Rolle des Verfassungsschutzes<br />
(VS) muss ins Visier. Wie konnte der VS diese Strukturen<br />
und ihre Vernetzung übersehen? Welches Spiel<br />
spielen die V-Leute? Wenn es stimmt, dass Beamte des<br />
10<br />
Verfassungsschutzes gar in die Morde selbst involviert<br />
waren, würde dies das ganze Konstrukt Verfassungsschutz<br />
grundsätzlich erschüttern. Wer zum Teufel kann<br />
noch rechtfertigen, dass der Staat Leute in Neonazibanden<br />
einschleust oder einkauft, wenn diese nicht nur<br />
keine Morde verhindern, sondern noch munter Beihilfe<br />
leisten?<br />
Und der Fall wirft noch ein weiteres Licht auf den politisch<br />
sehr variablen Eifer der Ermittlungsbehörden.<br />
Es ist kein Zufall, dass nun gerade der Jenaer Jugendpfarrer<br />
Lothar König als profunder Kenner der Jenaer<br />
Nazi-Szene gefragt ist. Der engagierte Antifaschist geriet<br />
im Anschluss an die Demo in Dresden im Februar<br />
2011 ins Visier der Ermittler, er soll seine eine kriminelle<br />
Vereinigung (!) gegründet haben. Daher wurde<br />
seine Dienstwohnung gestürmt und durchsucht. Man<br />
stelle sich das vor: Die Strafverfolgungsbehörden, die<br />
über ein dutzend Jahre lang nicht in der Lage sind eine<br />
Nazi-Mörderbande auch nur ausfindig zu machen und<br />
an weiteren Taten zu hindern, lassen schwer gerüstete<br />
Einheiten in Mannschaftsstärke auflaufen, um die<br />
Wohnung eines älteren Mannes zu zerlegen – weil er<br />
gegen Nazis demonstriert hat!<br />
Verharmlosung rechter gewalt<br />
und Verhöhnung der opfer<br />
Den Umgang mit rechter Gewalt und ihren Opfern beschreibt<br />
Heribert Prantl in der Süddeutschen treffend.<br />
“Diese Fehlbeurteilung erinnert an die achtziger und<br />
neunziger Jahre, als Ausländerwohnheime brannten.<br />
Viele Ermittler dachten damals erstens “Kurzschluss”,<br />
zweitens “Zigarette” und drittens: “Die bringen sich ja<br />
gegenseitig um.”<br />
nehmt die braune gefahr endlich ernst!<br />
Ein Kommentar von Heribert Prantl<br />
Sueddeutsche Zeitung<br />
http://is.gd/HVXJI6
Es dauerte ziemlich lange, bis sich das änderte, bis<br />
es Verfolgungsdruck gab und ein Mord auch dann als<br />
Mord galt, wenn Flüchtlinge und Einwanderer ermordet<br />
wurden. Erst 1994, erst nach dem Brandanschlag<br />
von Hünxe, nach dem dreifachen Feuermord in Mölln<br />
und dem fünffachen von Solingen korrigierte der Bundesgerichtshof<br />
eine unerträglich nachlässige Rechtsprechung.”<br />
Die atemberaubende Rücksichtlosigkeit,<br />
mit der in<br />
vielen Medien von „Dönermorden“<br />
gesprochen wird,<br />
zeigt unbewusst (?) diese<br />
Dimension des Umgangs<br />
mit nazistischer Gewalt in<br />
Deutschland: alles nicht<br />
so schlimm, es geht ja nur<br />
gegen „Fremde“. Indem die<br />
Medien eine Sprache anwenden, als seien hier nicht<br />
Menschen ermordet, sondern totes Fleisch aufgespießt<br />
worden, übernehmen sie implizit die Logik der Täter:<br />
Sie dehumanisieren die Opfer, also sie verneinen ihnen<br />
menschliche Qualitäten. Der Herrenmenschenwahn<br />
der Mörder wird so nolens volens von den Berichtenden<br />
übernommen – welch ein widerliches Spektakel!<br />
Die Presse spricht<br />
von „Dönermorden“<br />
als sei alles nicht so<br />
schlimm, es geht ja<br />
nur gegen „Fremde“<br />
Welche Rolle hatte die Politik? Es wäre sicher zuviel<br />
behauptet, die Morde als direkte Folge der Verharmlosung<br />
und Dekontextualisierung nazistischer Gewalt<br />
zu bezeichnen. Aber Fakt ist,<br />
dass viele offizielle VertreterInnen<br />
von Politik und Justiz<br />
schon länger an einem Klima<br />
arbeiten, in dem Nazi-Gegner<br />
verächtlich gemacht werden.<br />
Kaum ein Tag vergeht, indem die wenigen Engagierten<br />
gegen Nazis gerade in den Räumen, in denen das<br />
Grundgesetz nur noch pro forma gilt („National befreite<br />
Zonen“) nicht nur die brutale Rachejustiz der Nazis<br />
spüren, sondern auch die Gleichgültigkeit oder Ablehnung<br />
der Lokalpolitiker zu spüren bekommen. ‚Bitte<br />
mal schön ruhig hier‘, schallt es den Opfern entgegen.<br />
Neonazi-Übergriffe werden zu Vandalismus, Dorfschlägereien<br />
oder Jugendgewalt verniedlicht. Und wer<br />
Opfer ist, ist eh ein „Linker“ oder ein „Ausländer“, da<br />
braucht er sich ja nicht wundern, wenn der mal ´ne Abreibung<br />
kriegt…<br />
Rechte Gewalt ist alltäglich geworden. Viele Angriffe<br />
werden häufig gar nicht mehr zur Anzeige gebracht.<br />
Gesühnt werden sie eh kaum, oft noch nicht einmal<br />
gezählt. Während Opferverbände von über 150 Toten<br />
Schwerpunkt<br />
rechter Gewalt in Deutschland sprechen, zählen die<br />
Behörden noch nicht mal 50. Bezeichnend ist auch der<br />
Verfassungsschutzbericht 2010, der unter ‚rechts motivierten<br />
Tötungsdelikten‘ eine trotzige Null listet, unbenommen<br />
der Tatsache, dass der junge Leipziger Kamal<br />
im Oktober 2010 von zwei gerade aus der Haft entlassenen<br />
Neonazis erstochen wurde. War nix politisches,<br />
klar… Mitte Juli verurteilte das Landgericht Leipzig<br />
die Täter – wegen Mordes aus rassistischen Gründen!<br />
nazis benennen und bekämpfen!<br />
Opferverbände zählen<br />
150 Tote rechter Gewalt,<br />
die Behörden nicht mal 50.<br />
Zur nachlässigen Rechtsprechung kommt die politische<br />
Bagatellisierung. Schon seit langem weigern sich<br />
die Konservativen in Deutschland, den Nazismus beim<br />
Namen zu nehmen. Aus einer mörderischen, völkischnationalistischen<br />
Ideologie der Ungleichwertigkeit<br />
wird mal eben eine Teilmenge des „Extremismus“.<br />
Ganz so, als reden wir hier über eine Gruppe von Menschen,<br />
die sich abstrakt gegen die Verfassung oder<br />
öffentliche Ordnung richten und das dokumentieren,<br />
indem sie sich ein paar Mal im<br />
Jahr mit lustigen Fahnen in unterschiedlichen<br />
Farben zusammenrotten<br />
und sich – pardon<br />
my French – mal gepflegt die<br />
Fresse polieren. Fantastisch,<br />
so wird der Neonazismus in Deutschland einfach mal<br />
wegdefiniert. Alles in einen Topf, kräftig durchrühren<br />
und fertig ist die Extremismussoße.<br />
Damit muss endlich Schluss sein. Nazis sind Nazis.<br />
Der Kampf gegen Nazis ist ein Kampf gegen militante<br />
Vertreter einer menschenfeindlichen und auf<br />
Vernichtung gerichteten Ideologie. Diesen Kampf<br />
muss man entschlossen führen, allein mit Lichterketten<br />
kommt man ihnen nicht bei. Wir <strong>Jusos</strong> werden<br />
gemeinsam mit anderen auch weiter große Naziaufmärsche<br />
blockieren um den Nazis die Chance für<br />
ihre Machtdemonstrationen und Selbstinszenierungen<br />
zu nehmen, aus denen sie ihre Überlegenheitsphantasien<br />
saugen. Die Zeit der Bagatellisierung<br />
und des Wegschauens ist vorbei. Es reicht!<br />
11
Schwerpunkt<br />
Wer schafft hier<br />
eigentlich wen ab?<br />
ein Kommentar zur Migrationsdebatte<br />
von Daniela Beck<br />
Die Deutschen, so hört man, haben meistens Angst. So<br />
sehr, dass sich der Begriff der „German Angst“ im englischsprachigen<br />
Ausland bereits zu einem fest stehenden<br />
Terminus entwickelt hat. Die Ursachen dieser Angst variieren<br />
ständig und interessieren im Grunde auch keinen<br />
mehr wirklich, sobald sich die Angst an sich erst einmal<br />
zum allgemeinen Lebensgefühl entwickelt hat.<br />
Dass gerade die Deutschen in jüngerer Vergangenheit<br />
eigentlich eher wenig Anlass zur Sorge hatten, stört<br />
dabei wenig. Obwohl sie in einem der reichsten Länder<br />
der Welt mit einem (noch) einigermaßen funktionierenden<br />
Sozialstaat geboren wurden, leben deutsche<br />
Bürger in einem permanenten Zustand der Furcht. Vor<br />
einem schwachen Euro (Inflation). Vor einem starken<br />
Euro (weniger Exporte). Vor Griechenland. Vor einem<br />
Regierungswechsel (zumindest in Bayern). Und seit<br />
etwa zehn Jahren auch vor unseren Nachbarn.<br />
Nein, nicht vor den Nachbarländern mit den hohen<br />
Schuldenbergen. Sondern vor den Menschen, die mit<br />
uns in unserem Land wohnen. Denn die, das haben uns<br />
die Medien gesagt, könnten Muslime sein. Was genau<br />
einen Muslim ausmacht, darüber wissen wir wenig<br />
(Wer kennt schon die Lehren von Mohammed oder<br />
liest gar den Koran?), woran man ihn erkennt, umso<br />
mehr (Frauen mit Kopftuch).<br />
Die Terroranschläge vom 11. September, so scheint es,<br />
haben die Menschheit in zwei Teile geteilt: in die muslimische<br />
und die nicht-muslimische Welt. Und obwohl<br />
beide schon immer – oder zumindest fast die letzten<br />
anderthalb Jahrtausende – existiert haben, nehmen wir<br />
erstere erst jetzt wirklich wahr.<br />
Internationale Terroranschläge sind furchtbar und Radikalisierung<br />
immer eine ernst zunehmende und besorgniserregende<br />
Entwicklung. Beides ist dem Westen<br />
im Zusammenhang mit Islamismus relativ neu<br />
und beides ist ausnahmsweise wirklich einmal ein<br />
Grund, Angst zu haben.<br />
12<br />
Alles andere als neu hingegen ist der Islam und die<br />
Tatsache, dass dieser Glaubensrichtung mehr als eine<br />
Milliarde Menschen angehören. Und alles andere als<br />
neu ist auch, dass viele dieser Menschen mit uns Tür<br />
an Tür leben. Trotzdem haben wir plötzlich das Gefühl,<br />
dass es gerade jetzt immer mehr werden. Wir diskutieren<br />
über den Bau von Minaretten und Moscheen. Und<br />
über Thilo Sarrazins These, dass Eigenschaften von<br />
ethnischen Gruppen auch durch gemeinsame Gene entstehen.<br />
Eine Theorie, die zugegeben ziemlich gewagt<br />
ist, wenn man über türkische Zuwanderer herzieht und<br />
gleichzeitig einen Nachnamen trägt, der eine so offensichtliche<br />
Ähnlichkeit mit dem Wort „Sarazene“ hat.<br />
Doch trotz logischer Unstimmigkeiten wie dieser zittern<br />
wir vor der muslimischen Übermacht, die, davon<br />
sind wir überzeugt, langsam aber sicher dazu beiträgt,<br />
dass Deutschland „sich abschafft.“ Und tatsächlich<br />
sind, so der 2011 erschienene Migrationsbericht des<br />
Innenministeriums für 2009, im vorletzten Jahr mehr<br />
als 27.000 Türken nach Deutschland eingewandert.<br />
Beängstigend?<br />
Wohl weniger, wenn man bedenkt, dass im gleichen<br />
Zeitraum auch über 35.000 Türken aus Deutschland<br />
ausgewandert sind. Insgesamt ergibt sich also ein Minus<br />
von mehr als 8 000 Personen. Schaffen sich also in<br />
Wahrheit unsere türkischen Mitbürger ab?
„Die Familien der meisten<br />
dieser Menschen wurden in<br />
den sechziger Jahren nach<br />
Deutschland geholt. Als<br />
willkommene Gastarbeiter,<br />
die einfache Arbeiten erledigten,<br />
die kein Deutscher<br />
übernehmen wollte.“<br />
Langfristig ist das möglich, immerhin planen 36%<br />
aller türkischstämmigen Akademiker das Land nach<br />
Abschluss ihrer Ausbildung zu verlassen. Keine gute<br />
Prognose angesichts des aktuellen Fachkräftemangels.<br />
Im Augenblick macht die türkischstämmigen Bevölkerung<br />
mit über 24% jedoch noch immer den größten Anteil<br />
aller Deutschen mit Migrationshintergrund aus (die<br />
Anzahl von Personen aus anderen islamischen Ländern<br />
ist nebenbei bemerkt so gering, dass sie in der Statistik<br />
des Innenministeriums nicht einmal gesondert aufgeführt<br />
wird). Die Familien der meisten dieser Menschen<br />
wurden in den sechziger Jahren nach Deutschland geholt.<br />
Als willkommene Gastarbeiter, die einfache Arbeiten<br />
erledigten, die kein Deutscher übernehmen wollte.<br />
Die Arbeitswelt hat sich seitdem geändert – das Bildungsniveau,<br />
das diesen Bevölkerungsschichten in der<br />
Regel zuteil wird, nicht. Dass die Kinder von einfachen<br />
Arbeitern oft ebenfalls keinen Zugang zu einer höheren<br />
Ausbildung haben, ist ein Problem, das Deutsche und<br />
Zuwanderer betrifft. Es ist keine kulturelle Besonderheit<br />
des Islam. Und es existiert schon seit Jahrzehnten,<br />
genauso wie die türkische Bevölkerung in Deutschland.<br />
Die bei weitem meisten neuen Einwanderer in die Bundesrepublik<br />
kommen momentan nämlich aus dem ganz<br />
uns gar unislamischen Osteuropa: rund 112.000 Menschen<br />
immigrierten beispielsweise 2009 aus Polen zu<br />
uns. Aber bevor wir jetzt – mal wieder wegen einer aus<br />
einem weit verbreiteten Vorurteil entsprungenen Angst<br />
– unsere Autos in der Garage verstecken: im gleichen<br />
Zeitraum sind über 111.000 Polen aus Deutschland ausgewandert.<br />
Den höchsten Zuwachs bekam die deutsche<br />
Bevölkerung deshalb insgesamt aus Rumänien, 2009<br />
sind ca. 13.000 mehr Rumänen ein- als ausgewandert.<br />
Schwerpunkt<br />
Sollten wir also nicht besser vor den Rumänen Angst<br />
haben? Trotz einer Unzahl an Furcht einflößenden<br />
Filmen über transsilvanische Vampire ist das bisher<br />
Gottseidank nicht der Fall, was vielleicht daran liegt,<br />
dass man den Osteuropäer auf schlechten Pressefotos<br />
nicht ganz so einfach von Deutschen abgrenzen kann<br />
(kein Kopftuch). Da lässt sich nur schwer ein feindliches<br />
Klischee etablieren. Und Angst, das ist nicht nur<br />
in Deutschland eine psychologische Tatsache, macht<br />
einem stets nur das „Andere“.<br />
Wodurch sich natürlich auch die Frage stellt: Machen<br />
wir Deutschen den Muslimen eigentlich auch Angst?<br />
Schaffen wir vielleicht sogar gerade die Türkei ab?<br />
Die Antwort ist ein klares Nein: der bei weitem größte<br />
Teil der Deutschen, die Deutschland verlassen,<br />
emigriert nach Österreich oder in die Schweiz - was<br />
interessanterweise zeigt, dass gerade wir Deutschen<br />
offensichtlich ziemlich unwillig sind, wenn es darum<br />
geht, uns zu Integrationszwecken eine fremde Sprache<br />
aneignen zu müssen.<br />
Die Zahl dieser Auswanderer aus Deutschland steigt<br />
übrigens seit Jahrzehnten: verließen in den siebziger<br />
Jahren noch durchschnittlich 50.000 bis 65.000 Deutsche<br />
jährlich die Bundesrepublik, waren es 2009 schon<br />
fast 155.000. Wenn es also doch jemanden geben sollte,<br />
der Deutschland abschafft, dann sind es nicht die<br />
Muslime. Es sind die Deutschen selbst.<br />
Müssen wir jetzt eigentlich Angst vor uns haben?<br />
13
<strong>Verband</strong><br />
Forschungsreise<br />
wider das Vergessen<br />
ein Abend mit Paul huf und ernst grube<br />
Ameisen legen kleine Steine in die Schrift des Denkmals<br />
für das Judenlager in Milbertshofen.<br />
Von Quirin Winzierl<br />
Es ist gut, dass wir vergessen und verdrängen können.<br />
Schlechte Erinnerungen, Eindrücke und Erlebnisse<br />
ewig wach und präsent zu halten, würde uns jede Freiheit<br />
und Unbefangenheit für Neues nehmen. Doch was<br />
für den Einzelnen gilt, gilt nicht für eine Gesellschaft,<br />
es gilt nicht für ihre Geschichte. Dort ist es genau umgekehrt:<br />
Nur das Wachhalten, das Erinnern und Gedenken<br />
eröffnet einen Bezugsrahmen aus dem heraus Zukunft<br />
gestaltet werden kann. Hieraus ergibt sich eine besondere<br />
Spannungslage: Das Erinnern einer Gesellschaft<br />
funktioniert nicht ohne das Erinnern der Einzelnen.<br />
Diese beiden Formen des Erinnerns und damit auch der<br />
Betroffenheit hat der Künstler Paul Huf im Rahmen seiner<br />
„Forschungsreise wider das Vergessen“ gegenüber<br />
gestellt. Am 20. November 2011 jährten sich die ersten<br />
Deportationen jüdischer MünchnerInnen zum 70. Mal.<br />
Anlässlich dieses traurigen Jahrestages reiste er zusammen<br />
mit dem Münchner Holocaust-Überlebenden<br />
Ernst Grube an die Zielorte der Deportationen. Begleitet<br />
wurden die beiden von Helga Hanusa, die schon<br />
lange in Erinnerungsarbeit engagiert ist und Renate<br />
Eichmeier, die das Logbuch und die Audio-Dokumentation<br />
betreute. Ausgehend vom ehemaligen Verlade-<br />
14<br />
bahnhof des Barackenlagers in Milbertshofen fuhren<br />
sie mit dem Zug nach Theresienstadt, Auschwitz,<br />
Lublin-Majdanek, Belzec, Kaunas. Ihre Eindrücke von<br />
dieser Reise präsentierten sie als Blog im Internet und<br />
als Projektion an die Fassade des Kulturhauses Milbertshofen.<br />
Ziel war und ist es, neue Formen des Erinnerns<br />
zu finden.<br />
Dass im Rahmen dieser Reise die gesellschaftliche und<br />
die individuelle Form des Erinnerns auf einander getroffen<br />
sind, offenbarte sich im Rahmen ihres Gespräches<br />
bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>-Nord ganz exemplarisch.<br />
Für Paul Huf ist „dieses Ausmaß, diese unvorstellbare<br />
Zahl an systematisch ermordeten Opfern“ das Schockierende<br />
am Holocaust. Es ist der Blick zurück, der<br />
Blick auf ein abgeschlossenes Ganzes, der es nicht anders<br />
als es von außen - drehend und wendend - betrachten<br />
kann.<br />
Es ist ein Blick, den auch wir gerne einnehmen und<br />
der gefährlich ist. Denn einerseits eröffnet er die Möglichkeit<br />
der Relativierung. Dann war Stalin auf einmal<br />
schlimmer als Pol Pott und Hitler wieder schlimmer als<br />
Stalin. Andererseits begünstigt er eine Entfernung von<br />
dem Geschehenen. Wer kann sich all diese Menschen<br />
schon vorstellen, wer kann sich Grausamkeiten in dieser<br />
Quantität ausmalen. Doch ist ein solcher Blick zurück<br />
für eine Gesellschaft nichts Außergewöhnliches.<br />
Dieser Sichtweise ergänzt Ernst Grube durch seine eigene,<br />
ganz persönliche. Er antwortet auf Paul Huf: „Es<br />
geht nicht nur um die Dimension in Zahlen. Es geht<br />
auch um das einzelne Schicksal.“ Es ist der Blick auf<br />
den Einzelnen, weg von dem Blick auf die Masse. Es<br />
ist das gezielte Betrachten der Bäume in einem unüberschaubaren<br />
Wald. Dadurch wird das Leid der Menschen<br />
greifbar. Jeder von uns hat es schon gefühlt. In der KZ-<br />
Denkstätte Dachau, bei Zeitzeugengesprächen, beim<br />
Lesen der Geschichten der Opfer. Auf dieser Ebene<br />
ist es möglich, dem Schicksal der Opfer nachzuspüren<br />
und einen Eindruck von den „Sphären des Hungers, der<br />
Enge und der Angst“ zu bekommen. Nur diese Identifikation<br />
schafft ein belastbares Erinnern das nicht bei<br />
Bekenntnissen stehen bleibt.
Der Ort, an dem 50.000 Menschen erschossen wurden<br />
Exekutionsstelle Kaunas Fort 9<br />
Denn wer so unmittelbar mit dem Leid konfrontiert<br />
wurde, wer es fast körperlich gespürt hat, der ist eher<br />
davor gefeit, solches Leid selbst zuzufügen. Der versteht<br />
um den Wert von Versöhnung und Freundschaft<br />
ganz aus sich selbst heraus, denn auch er oder sie würde<br />
wohl nicht anders leben wollen.<br />
Es geht also darum, wie das Erinnern auf dieser persönlichen<br />
Ebene bewahrt werden kann. Denn nur dieses<br />
Erinnern macht das Geschehene greifbar und ist<br />
die Basis für gesellschaftliches Erinnern, das nicht im<br />
Abstrakten stehenbleibt. Wie diese Form des Erinnerns<br />
wach und lebendig gehalten werden kann und nicht<br />
dem Vergessen preisgegeben, ist eine Frage, die sich an<br />
uns stellt, an unsere Generation. Die Erinnerung wach<br />
zu halten ist nicht die Aufgabe der Überlebenden. Sie<br />
werden nie vergessen und wenn sie schweigen, haben<br />
sie sich bewusst dafür entschieden. Es ist vielmehr an<br />
uns, dem Vergessen in unserer Gesellschaft Einhalt zu<br />
gebieten. Nur wenn wir es schaffen, die Erinnerung an<br />
den Schrecken dieser Zeit wachzuhalten, können wir einer<br />
Verklärung zuvorkommen. Nur wenn wir die Köpfe<br />
der Menschen unserer Generation zum Gedenken und<br />
Denken anregen, ist es möglich der Verblendung durch<br />
rechtes Denken entgegen zu wirken.<br />
Paul Huf hat gezeigt, wo die Trennlinien zwischen<br />
den Formen des Erinnerns liegen. Mit seinen Fotografien<br />
und Zeichnungen schafft er eine Verbindung,<br />
in der das gesellschaftliche Erinnern an Orte und Zahlen<br />
zusammenwächst mit dem persönlichen Erinnern<br />
Ernst Grubes.<br />
Gefundene Davidstern-Kennzeichnungen auf dem<br />
Gelände des Vernichtungslagers Belzec.<br />
Zu den Personen<br />
ernst grube<br />
hat nie vergessen wollen. Er hat vielmehr<br />
ein Leben lang darum gekämpft, Erinnerung<br />
wach zu halten. Er wurde 1932 in<br />
<strong>München</strong> geboren, in Milbertshofen interniert<br />
und 1945 nach Theresienstadt deportiert.<br />
Nach der Befreiung kam er zurück<br />
nach Deutschland und kämpft seit dem unermüdlich<br />
für Erinnerung und politischen<br />
Wandel.<br />
Paul huf<br />
lebt in Berlin und <strong>München</strong>. Er arbeitet<br />
stets an Orten mit Bezug zu seinen Themen.<br />
Seine Werke sind online unter www.forschungsreise-wider-das-vergessen.de<br />
und<br />
in einer Ausstellung im Kulturhaus Milbertshofen<br />
bis 27. Januar 2012 zu sehen. Im<br />
Kunstverleih des Kulturhauses Milbertshofen<br />
können die im Rahmen der Forschungsreise<br />
entstandenen Zeichnungen und Fotografien<br />
im Anschluss an die Ausstellung ab<br />
dem 2. Februar entliehen werden. Mehr<br />
Infos unter www.kulturhaus-milbertshofen.<br />
de und www.kunstverleih-milbertshofen.de<br />
Gleichzeitig löst er sich mit seinen Fotografien und<br />
Zeichnungen vom abstrakten gesellschaftlichen Erinnerungshorizont.<br />
Denn er zeigt nicht die bekannten Bilder<br />
von Konzentrationslagern, Gaskammern und Leichenbergen.<br />
Seine Bilder lassen Raum für eigene, individuelle<br />
Geschichten. Zum Beispiel das Foto einer leicht erhöht<br />
gelegenen Wiese: für sich alleine genommen lässt<br />
es den Betrachter ratlos zurück. Erst im Kontext der<br />
Projektion an das Kulturhaus Milbertshofen erwacht<br />
dieses Bild zum Leben und lässt uns ahnen, dass dieser<br />
Ort von einer schrecklichen Geschichte gezeichnet ist.<br />
Mit den Zitaten und Erzählungen von Zeitzeugen und<br />
Zeitgenossen verbindet es sich zu einem ganz persönlichen<br />
Erinnern und verknüpft sich in unserem Kopf zu<br />
einer einzigartigen Geschichte. Paul Huf schafft es so,<br />
das Persönliche wieder mehr in den Mittelpunkt des Erinnerns<br />
zu rücken.<br />
Doch bleibt eine Herausforderung bestehen. Auch die<br />
von Paul Huf geschaffene Szene wird je unmittelbarer<br />
und persönlicher, desto unmittelbarer und persönlicher<br />
die Erinnerung ist, mit der sie gefüllt wird. Der vor einem<br />
sitzende Überlebende schafft ein eindringlicheres<br />
Erinnern als sein Zitat. Möglichst viel persönliche Erinnerung<br />
wachzuhalten ist deshalb eine Aufgabe, der wir<br />
uns alle stellen müssen, denn wir dürfen nicht vergessen.<br />
15
<strong>Verband</strong><br />
BUKO 2011<br />
Gerecht für alle!<br />
ein Kurzbericht<br />
vom Juso bundeskongress 2011 in Lübeck<br />
von Sebastian Roloff<br />
stellv. Juso Bundesvorsitzender<br />
Unter dem Motto „Gerecht für alle“ fanden sich vom<br />
25. – 27.11.11 300 Delegierte und zahlreiche Gäste<br />
beim Juso Bundeskongress ein, um drei Tage über die<br />
inhaltliche Ausrichtung der <strong>Jusos</strong> zu diskutieren und<br />
einen neuen Juso Bundesvorstand zu wählen.<br />
Inhaltliche Schwerpunkte waren vor allem die Themenbereiche<br />
Eurokrise, Rente, die Parteireform und<br />
aktuelle innenpolitische Fragen, wie etwa die Zukunft<br />
des Verfassungsschutzes. Neben Grußworten u.a. von<br />
Spitzenkandidat Torsten Albig, SPD Landeschef Ralf<br />
Stegner und Lübecks kürzlich wiedergewähltem OB<br />
standen Hamburgs Bürgermeister und SPD Vize Olaf<br />
Scholz, ver.di Chef Frank Bsirske und SPD Bundesgeschäftsführerin<br />
Astrid Klug für Diskussionen zur<br />
Verfügung, wobei diese mit<br />
Bsirske und Scholz eher wirtschafts-<br />
bzw. sozialpolitischer<br />
Natur waren und mit Astrid<br />
Klug über Aspekte der anstehenden<br />
SPD Parteireform gesprochen<br />
wurde.<br />
In der Diskussion zum wirtschaftspolitischen<br />
Leitantrag<br />
wurden viele Aspekte zum<br />
anstehenden Weg aus der Finanzkrise<br />
diskutiert, wobei<br />
hierbei Prämisse sein müsse,<br />
dass Maßnahmen nicht<br />
in staatliche Kürzungsorgien<br />
ausarten, wie etwa in Griechenland,<br />
die die Konjunktur<br />
schon während ihres Anziehens<br />
wieder abwürgen und es<br />
nicht ausschließlich zulasten<br />
von Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmern gehen darf.<br />
16<br />
Überdies wurden Leitsätze für eine armutsfeste und<br />
zukunftssichere gesetzliche Rentenversicherung beraten<br />
und geschlossen, wobei die Delegierten sich klar<br />
gegen die Rente mit 67 und die sogenannte Riesterrente<br />
aussprachen und anstelle dessen flexiblere Rentenübergänge,<br />
eine Aufwertung der Erwerbsminderungsrente<br />
und mehr Maßnahmen zum betrieblichen<br />
Gesundheitsschutz fordern.<br />
In der Diskussion um die Parteireform wurde nochmals<br />
klar gemacht, dass einige der Vorschläge der Parteiführung<br />
auch auf Juso Impulse zurückzuführen sind, etwa<br />
die Abschaffung des Präsidiums und die Vergrößerung<br />
des SPD Bundesparteitages. Auch dass die (bisher beitragsfreie)<br />
„Nur-Juso-Mitgliedschaft“ weiterexistiert<br />
und in Zukunft sogar nicht mehr<br />
befristet ist, wird vom Bundeskongress<br />
begrüßt, auch wenn von<br />
nun an der symbolische Beitrag<br />
von einem Euro pro Monat erhoben<br />
wird.<br />
Die Vorstandswahlen liefen aus<br />
bayerischer Sicht sehr erfreulich<br />
ab: Zunächst wurde Sascha Vogt<br />
mit 72% deutlich als Juso Bundesvorsitzender<br />
bestätigt, was gerade<br />
vor dem Hintergrund seines<br />
<strong>Verband</strong>sverständnisses und dem<br />
Umstand, dass er sein Ergebnis<br />
trotz eines Gegenkandidaten im<br />
Vergleich zum letzten Jahr in<br />
Essen noch verbessern konnte,<br />
erwähnenswert ist. Und auch die<br />
Tatsache, dass neben mir auch<br />
Johanna Uekermann aus Niederbayern<br />
in den Bundesvorstand gewählt<br />
wurde, ist hier zu nennen.
Besser #11<br />
SchülerInnenkongress<br />
Die Juso schülerinnen <strong>München</strong> auf besser 11<br />
von Philip Fickel und Andre Candidus<br />
Besser11, <strong>München</strong>s sechster Kongress für alle Schülerinnen<br />
und Schüler, fand vom 25.11. bis 27.11. erstmals<br />
an einer städtischen Schule statt. Dieser Kongress<br />
wird vom Münchner Schülerbüro e.V. organisiert, das<br />
seit mehr als 15 Jahren existiert und SchülerInnen hilft,<br />
die Fragen über SMV, Tutoren oder Rechte und Pflichten<br />
haben. „Wissen – Austausch – Vernetzung“, das ist<br />
der Slogan dieses Kongresses, an dem dieses Jahr ca.<br />
200 SchülerInnen teilgenommen haben.<br />
Verantwortlich für die Organisation der Podiumsdiskussion,<br />
die dieses Jahr erstmalig auf Besser11 stattgefunden<br />
hat, war Philip Fickel aus dem SprecherInnenrat<br />
der Schülis, der aktiv im Münchner Schülerbüro<br />
mitarbeitet.<br />
<strong>Verband</strong><br />
Am Samstag, 26.11. fand außerdem eine Ständemeile<br />
statt, an der auch die Juso SchülerInnengruppe einen<br />
Stand hatte, auf dem wir versucht haben, viele Komponenten<br />
miteinander zu verbinden. Zum Beispiel haben<br />
wir die Teilnehmer des Besser:11 aufgefordert, ihre<br />
Probleme, die sie mit dem Schulsystem haben, aufzuschreiben,<br />
und auf unsere Pinnwand zu kleben. Diese<br />
Zettel werden wir analysieren und versuchen umzusetzen.<br />
Natürlich waren wir auch noch mit viel Infomaterial<br />
eingedeckt und haben die Teilnehmer damit<br />
informiert.<br />
Sag uns deine Meinung!<br />
Es gibt eine Veranstaltung, über die du gerne<br />
berichten würdest?<br />
Ein Thema, mit dem du dich besonders gut<br />
auskennst, und das alle <strong>Jusos</strong> angeht?<br />
Dann schick deinen Themenvorschlag oder<br />
deinen Artikel für den LID an lid@jusos-m.de!<br />
17
<strong>Verband</strong><br />
Amtsübergabe<br />
bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
Zwei briefe zur neuwahl des Vorsitzenden der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
18<br />
Anno Dietz<br />
Liebe Genossinnen und Genossen,<br />
ich wende mich heute mit einer persönlichen Erklärung<br />
an euch. Nach mehr als zweieinhalb Jahren als Vorsitzender<br />
der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> und mehr als fünf Jahren als stellvertretender<br />
Vorsitzender und Beisitzer für Öffentlichkeitsarbeit<br />
im Vorstand der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> trete ich nunmehr<br />
vom Amt des Vorsitzenden zurück.<br />
Dies ist eine Entscheidung, die mir sehr schwer fällt und die ich nicht leichtfertig treffe.<br />
Dennoch weiß ich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für mich ist, die organisatorische Hauptverantwortung<br />
für den großen und aktiven <strong>Verband</strong>, wie es die <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> sind, abzugeben. Für<br />
mich heißt es jetzt mein nur allzu oft vernachlässigtes Studium zu einem Abschluss zu bringen.<br />
In den vergangenen Jahren, in denen ich die Arbeit der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> als Vorstandsmitglied<br />
der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> mitgestalten durfte, haben wir viel erreicht und einiges gemeinsam<br />
erlebt. In dieser Zeit haben wir zwei Juso-Bundeskongresse in <strong>München</strong> organisiert, sechs<br />
Wahlkämpfe geführt, auf unzähligen Sitzungen diskutiert und bei vielen Demos in der Kälte<br />
gefroren. Als große inhaltliche Projekte haben wir unter anderem 2007 wieder ein eigenständiges<br />
Kommunalwahlprogramm, den „Roten Faden“, erarbeitet und 2010 ausführliche wohnungsbaupolitische<br />
Forderungen beschlossen. Mit unseren Forderungen ist es uns gelungen<br />
die Diskussion und die Arbeit der Münchner SPD inhaltlich zu prägen.<br />
Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit hatte, bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> so viele interessante<br />
Genossinnen und Genossen kennen zu lernen und FreundInnen und MitstreiterInnen zu gewinnen.<br />
Ich hoffe, dass ich in dieser Zeit dazu beitragen konnte, dass sich die <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
als <strong>Verband</strong> weiterentwickelt haben und sie gleichzeitig ihren Überzeugungen stets treu geblieben<br />
sind. Die <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> sind meine politische Heimat und werden es immer bleiben.<br />
Ich werde bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> auf inhaltlicher Ebene auch weiterhin mitarbeiten und die<br />
von mir begonne <strong>Verband</strong>sschule weiter begleiten.<br />
Vielen Dank für die gemeinsame Zeit bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> und euren Einsatz.
Cornelius Müller<br />
Auf der Unterbezirkskonferenz am 2. Dezember 2011<br />
wurde ich durch die Delegierten der Regionalverbände<br />
zum neuen Vorsitzenden der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> gewählt.<br />
Ich freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit im<br />
<strong>Verband</strong> und bedanke mich für das große Vertrauen.<br />
Seit 2005 Mitglied der SPD, habe ich mich bisher bei<br />
den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> schwerpunktmäßig in den Arbeitskreisen<br />
Kommunal- sowie Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />
eingebracht. In den Projektgruppen Umwelt, Migration<br />
(sowie derzeit Arbeit) habe ich inhaltlich und<br />
organisatorisch mitgewirkt. Seit 2008 war ich Mitglied<br />
im Unterbezirksvorstand der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>, seit Juli<br />
2011 als stellvertretender Vorsitzender, wo ich viele<br />
Projekte und die Wahlkämpfe mit begleiten konnte.<br />
Derzeit bin ich für die <strong>Jusos</strong> gewählter Delegierter auf<br />
den Ebenen des Bezirks Oberbayern, des Landesverbandes<br />
Bayern und des Bundesverbandes.<br />
In nächster Zeit wird es hauptsächlich darum gehen,<br />
das Profil der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> weiter inhaltlich zu<br />
schärfen und sich auf die kommenden Wahlen vorzubereiten.<br />
Finanzkrise, Wirtschaftskrise, prekäre<br />
Beschäftigung, unsoziales Bildungssystem, soziale<br />
Spaltung, mangelhafte Gleichstellung und nicht zuletzt<br />
Rechtspopulismus sind nur einige Schlagwörter, die<br />
zeigen, warum es wieder eine starke, auf ihren Kern<br />
zurück orientierte Sozialdemokratie braucht. Auch bei<br />
den nächsten Kommunalwahlen sind klar sozialdemokratische<br />
Positionen nötig, um wieder die gestaltende<br />
Kraft in <strong>München</strong> werden zu können. Wir <strong>Jusos</strong> müssen<br />
die Partei daher weiterhin solidarisch, aber immer<br />
auch kritisch begleiten und uns inhaltlich einbringen.<br />
Die Eckpfeiler sind dabei klar: Kostenlose Bildung,<br />
gute Arbeit und Ausbildung, wirkliche Gleichstellung<br />
zwischen Frauen und Männern, Kampf gegen Rassismus<br />
und Intoleranz. Es geht um eine offene Stadt, die<br />
allen Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ermöglicht<br />
und öffentliche (Frei-)Räume schafft, die gute<br />
kommunale Daseinsvorsorge und Infrastruktur bereitstellt<br />
und für eine soziale Umweltpolitik einsteht, die<br />
nicht ausgrenzt.<br />
<strong>Verband</strong><br />
Gescheiterten neoliberalen Ideen müssen progressive<br />
wirtschaftspolitische Ansätze entgegen gesetzt und das<br />
demokratische System, auch Europaweit, gestärkt werden.<br />
Nicht Unternehmen und Börsen mit kurzfristigen<br />
Gewinnabsichten, dürfen Politik diktieren, sondern die<br />
Bürgerinnen und Bürger müssen über Grenzen hinweg<br />
gemeinsam und solidarisch Demokratie gestalten.<br />
Mit euch gemeinsam möchte ich unsere Kontakte und<br />
den politischen Meinungsaustausch mit anderen Gliederungen<br />
innerhalb der <strong>Jusos</strong> und der Partei weiter<br />
aktiv halten und ausbauen. Da es für Veränderungen<br />
immer auch gesellschaftliche Mehrheiten braucht,<br />
müssen wir den Kontakt zu Bündnispartnerinnen und<br />
Bündnispartnern im vorpolitischen Raum suchen und<br />
dort Forderungen diskutieren und formulieren.<br />
Im Rahmen unseres gemeinsamen Arbeitsprogrammes<br />
werde ich dafür eng mit dem gewählten Vorstand der<br />
<strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>, dessen Arbeitskreisen und Projektgruppen<br />
sowie den Regionalverbänden zusammenarbeiten.<br />
Die politische Bildungsarbeit, die wir im <strong>Verband</strong><br />
leisten, ist mir sehr wichtig, hier möchte ich mich<br />
auch weiterhin für ein großes Angebot einsetzen.<br />
Lasst uns weiterhin gemeinsam für <strong>München</strong> Visionen<br />
entwickeln, um die Stadt solidarisch gestalten zu können!<br />
Cornelius Müller<br />
Vorsitzender der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
19
<strong>Verband</strong><br />
Finanzierung der Pflege<br />
bericht von der Veranstaltung des Arbeitskreis gesundheitspolitk<br />
von Thomas Daske<br />
Am 8. November hatte der AK Gesundheitspolitik der<br />
<strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> zu einer Diskussionsrunde mit Gerd<br />
Peter eingeladen. Gegenstand war die Finanzierung<br />
des Pflegesystems.<br />
„Es steckt so viel Geld im<br />
System, dass man damit<br />
ausreichende und qualitativ<br />
gute Pflege anbieten kann.“<br />
20<br />
Gerd Peter ist Geschäftsführer der <strong>München</strong>stift<br />
GmbH, dem größten Betreiber von Pflegeheimen in<br />
der Region <strong>München</strong>. Wie uns Gerd (seit 48 Jahren Genosse!)<br />
an verschiedenen Beispielen deutlich gemacht<br />
hat, mangelt es dem Pflegesystem nicht unbedingt an<br />
finanziellen Kapazitäten („Es steckt so viel Geld im<br />
System, dass man damit ausreichende und qualitativ<br />
gute Pflege anbieten kann.“, „Die Branche macht viel<br />
Geld.“), sondern an geeigneten Anreizen und Strukturen,<br />
um diese Kapazitäten bestmöglich auszuschöpfen.<br />
Er wirft der „großen Bühne“ (er meint damit alle politischen<br />
Parteien, inklusive SPD) vor, die Probleme in<br />
der Praxis des deutschen Pflegesystems „völlig ausgeblendet“<br />
zu haben.<br />
Er fordert einen konsequenten Umgang mit schlechten<br />
Heimen, bis hin zur Schließung, unterstreicht aber die<br />
strukturellen Schwierigkeiten, die solch einem Vorgehen<br />
im Wege stehen: „Der Staat reagiert nicht, weil er<br />
nicht die Kraft hat, schlechte Heime gegebenenfalls zu<br />
schließen.“<br />
Er kritisiert das Verfahren zur Benotung der Qualität<br />
von Pflegeheimen. Einerseits werden viele wichtige,<br />
aber kaum gegeneinander aufrechenbare Aspekte in<br />
einer einzigen Note zusammengefasst, andererseits bestimmen<br />
diejenigen, deren Arbeit benotet werden soll,<br />
über den Mechanismus der Benotung mit.<br />
Weiter macht er den Mangel an Lehrstellen für den<br />
Mangel an Pflegekräften mitverantwortlich und plädiert<br />
für eine Beteiligung aller Träger von Pflegeheimen<br />
an den Kosten der Ausbildung von Pflegepersonal,<br />
- damit nicht viele Träger von den Ausbildungsanstrengungen<br />
einiger weniger profitieren. Er sieht die „demografische<br />
Katastrophe“ als die größte Herausforderung<br />
in der Finanzierung der Pflege. Er fordert von der SPD,<br />
sich dieses Themas anzunehmen: „Die Grünen haben<br />
dazu mehr im Programm als die SPD.“<br />
In einem Treffen von Mitgliedern des AKs am 10. November<br />
zur Erstellung eines Forderungskatalogs, der<br />
als Grundlage für die Formulierung eines Antrags zu<br />
Reform des Pflegesystems dienen soll, wurden die obigen<br />
Kritikpunkte bereits berücksichtigt.
Nachruf auf<br />
Olympia 2018<br />
Ein Kommentar von Gerhard Riewe<br />
Als Jacques Rogge am 06. Juli um 17.21 Uhr in Durban<br />
einen Umschlag öffnete und einen großen Zettel in die<br />
Kamera hielt, waren Zehntausend auf dem Marienplatz<br />
sprachlos: Das IOC hatte tatsächlich „Munich“ falsch<br />
geschrieben, auf dem Zettel stand mit „Pyeongchang“<br />
ein reines Buchstabenchaos.Erst langsam setzte sich die<br />
Erkenntnis durch, dass tatsächlich ein südkoreanischer<br />
Landkreis mit weniger als 50.000 Einwohnern die olympischen<br />
Winterspiele 2018 ausrichten würde.<br />
In der ganzen Landeshauptstadt machte sich daraufhin<br />
Enttäuschung breit. In der ganzen Landeshauptstadt?<br />
Nein, bei den Münchner Grünen knallten die Sektkorken.<br />
Verständlich, wenn man sich die Auswirkungen einer<br />
Vergabe nach <strong>München</strong> anschaut: Ausrichtung eines<br />
Festes der Völkerverständigung, Plusenergiehäuser auf<br />
altem Bundeswehrgelände, Ausbau des Schienenverkehrs<br />
in <strong>München</strong> – damit kann eine Öko- und Friedenspartei<br />
natürlich nichts anfangen.<br />
<strong>München</strong><br />
Bei der Bewerbungsgesellschaft machte man sich derweil<br />
an die Ursachenforschung: Vielleicht hätte man<br />
ja doch irgendwann mit den Bewohnern Garmisch-<br />
Partenkirchens sprechen sollen. Vielleicht hätte man<br />
aber auch Ottmar Hitzfelds Rotationsprinzip nicht unbedingt<br />
auf den Posten des Bewerbungschefs anwenden<br />
sollen.<br />
„Das IOC hatte tatsächlich<br />
‚Munich‘ falsch geschrieben,<br />
auf dem Zettel stand mit<br />
‚Pyeongchang‘ ein reines<br />
Buchstabenchaos“<br />
Während man sich also bei Samsung auf die Spiele<br />
2018 vorbereitet, werden an der Isar noch die Scherben<br />
zusammen gekehrt. Bald wird man sich aber entscheiden<br />
müssen: Will man sich nochmal den Risiken eines<br />
undurchsichtigen Vergabeverfahrens des IOC stellen<br />
oder soll eine der größten Chancen für die Zukunft<br />
<strong>München</strong>s einfach ungenutzt bleiben?<br />
Arbeitskreis Kommunalpolitik<br />
von Lena Sterzer<br />
Der Arbeitskreis Kommunalpolitik hat sich wieder<br />
konstituiert. Jens Röver wurde als Vorsitzender bestätigt,<br />
weiterhin sind Philip Fickel, Sabine Weitzel, Aline<br />
Brachat und Lena Sterzer in den Vorstand gewählt<br />
worden.<br />
Bei der Veranstaltung hielt Anno Dietz, Vorsitzender<br />
der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>, ein einführendes Referat über die<br />
Bedeutung der Kommunalpolitik für uns <strong>Jusos</strong>. Er betonte<br />
unter anderem das Prinzip der Daseinsvorsorge<br />
und unsere Forderungen zur Wohnungsbaupolitik. Das<br />
lange von uns geforderte Azubiwohnheim scheint inzwischen<br />
auch bei der SPD und der Münchner Stadtverwaltung<br />
ein Thema sein.<br />
Anschließend befassten sich die Anwesenden und der neu<br />
gewählte Vorstand mit der Themenplanung für das kommende<br />
Jahr. Ziel wird es sein, den im April stattfinden<br />
energiepolitischen Parteitag der Münchner SPD inhaltlich<br />
mitzugestalten. Darüberhinaus soll unser Kommunalwahlprogramm,<br />
der Rote Faden, von 2008 evaluiert<br />
werden, damit anschließend mit der Vorbereitung für die<br />
inhaltliche Aufstellung bei der Kommunalwahl 2014 begonnen<br />
werden kann.<br />
Begleitend zu den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen<br />
sollen wieder vermehrt Hinter-den-Kulissen-Termine<br />
angeboten werden, bei denen das Stadtgeschehen mal<br />
aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden kann.<br />
Hierbei ist unter anderem eine Rathausführung geplant.<br />
21
Umwelt<br />
Agrokraftstoffe<br />
Mehr Fluch als Segen?<br />
von Lena Sterzer<br />
Agrokraftstoffe sind bei uns eher unter dem Titel Biokraftstoffe<br />
bekannt. Betont die Vorsilbe „Bio“ doch die<br />
Nachhaltigkeit, die Umweltverträglichkeit – schlicht<br />
das Positive. Die Ideen, die hinter der Verwendung<br />
von Agrokraftstoffen stehen, sind auch gut: der Kohlenstoffdioxidausstoß<br />
soll reduziert, die Abhängigkeit<br />
von politisch weniger stabilen Regionen minimiert und<br />
die Energieversorgung nachhaltig gesichert werden.<br />
Die LandwirtInnen standen den Veränderungen von<br />
Anfang an positiv gegenüber, eröffneten sich doch für<br />
sie neue Märkte in den krisenreichen Tagen. Auch die<br />
Automobilindustrie war froh, sich durch die Agrokraftstoffe<br />
ein grüneres Image zu verschaffen und von der<br />
Entwicklung sparsamerer Fahrzeuge abzulenken.<br />
Angefangen hat die Entwicklung mit der Verabschiedung<br />
des Ziels der Europäischen Union 2008 bis 2020<br />
im Transportwesen 10% erneuerbare Energien einzusetzen.<br />
Dieses Ziel soll überwiegend durch die Verwendung<br />
von Agrokraftstoffen erreicht werden. Die<br />
EU legte auch Nachhaltigkeitskriterien für die verwen-<br />
22<br />
deten erneuerbaren Energien fest. So sind beispielsweise<br />
Agrokraftstoffe nur staatlich förderbar, wenn<br />
sie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen die ausgestoßenen<br />
Treibhausgasemissionen um mindestens 35%<br />
unterschreiten. An den Kontrollmechanismen fehlt es<br />
noch ein bisschen, aber so weit, so gut - hätten die VertreterInnen<br />
der Agrokraftstoffe nicht einen entscheidenden<br />
Faktor bei ihren Berechnungen komplett außer<br />
Acht gelassen.<br />
Es geht um ILUC. ILUC steht für indirect land use<br />
change, indirekte Landnutzungsänderung. Werden<br />
landwirtschaftliche Nutzflächen zur Produktion von<br />
Agrokraftstoffen umfunktioniert, müssen zwangsläufig<br />
anderorts neue Flächen für die Landwirtschaft<br />
akquiriert werden. Der Bedarf an landwirtschaftlichen<br />
Gütern, die nicht für Agrokraftstoffe verwendet werden,<br />
muss schließlich weiterhin gedeckt werden. Diese<br />
neuen Flächen sind zumeist weiter entfernt gelegen,<br />
wodurch Transportemissionen entstehen. Auch durch<br />
das Nutzbarmachen, z. B. durch Brandrodung, fallen<br />
Emissionen an.
Das klingt im ersten Moment nicht so schlimm – Fakt<br />
ist aber, dass diese zusätzlichen Emissionen das Einsparpotential<br />
durch die Verwendung von Agrosprit<br />
weit übersteigen. Laut einer Untersuchung des Institute<br />
for the European Environment Policy (IEEP) wird<br />
die weitere Nachfrage von Agrokraftstoffen in Europa<br />
zu indirekten Landnutzungsänderungen von 4,7 bis 7,9<br />
Millionen Hektar führen. Das entspricht im besten Fall<br />
einer Fläche der Niederlande, im schlechtesten Fall der<br />
Fläche von Irland. In dieser Größenordnung werden<br />
Wald-, Wiesen- und Moorflächen sowie andere kohlenstoffreiche<br />
Ökosysteme in Ackerland umgewandelt.<br />
Wenn man ILUC mitberücksichtigt, stoßen die in Europa<br />
verwendeten Agrokraftstoffe 50 bis 83 Tonnen<br />
Treibhausgase im Jahr zusätzlich aus. Bildlich gesprochen<br />
entspricht das 14 bis 29 Millionen Autos extra auf<br />
Europas Straßen. Ändert sich nichts, wird der zusätzliche<br />
Agrokraftstoffverbrauch Europas in den nächsten<br />
10 Jahren 81% bis 167% schädlicher für das Klima, als<br />
der Verbrauch von fossilen Brennstoffen.<br />
Der große Rohstoffbedarf kann nicht allein mit europäischen<br />
Anbauflächen gedeckt werden. In Deutschland<br />
ist es Ziel, bis 2020 einen Anteil von 17% mit biogenen<br />
Kraftstoffen zu decken.<br />
Bilder: flickr/twi$tbarbie & Hanoi Mark<br />
Umwelt<br />
Bereits 2007 prognostizierte der Sachverständigenrat<br />
für Umweltfragen, dass nicht einmal die Hälfte davon<br />
mit den verfügbaren Flächen in Deutschland produziert<br />
werden kann. Um ihr Ziel zu erreichen, setzen<br />
Bundesregierung und EU daher auf Importe, meist<br />
aus tropischen Ländern. Hier entstehen großflächige<br />
Monokulturen, bei deren Entwicklung Umwelt- und<br />
Sozialstandards oft nicht berücksichtigt werden. Regenwaldabholzung,<br />
Vertreibung und Enteignung von<br />
LandwirtInnen, Wassermangel oder übermäßiger Pestizideinsatz<br />
sind hierfür nur einige Beispiele. 92%<br />
der Agrokraftstoffe werden aus Nahrungsmitteln wie<br />
Rohrzucker, Palmöl oder Weizen hergestellt. Das hat<br />
zur Folge, dass die Preise für diese Rohstoffe steigen<br />
und für die ansässige Bevölkerung häufig nicht mehr<br />
bezahlbar sind. All diese Faktoren werden bei der Bewertung<br />
von Agrokraftstoffen in der Regel nicht berücksichtigt.<br />
Ein erster Schritt dieser Entwicklung entgegenzuwirken,<br />
wäre die Definition eines ILUC-Faktors, der in die<br />
Berechnung der Potentiale von Agrokraftstoffen mit<br />
aufgenommen wird. Ein rohstoffspezifischer Faktor<br />
sollte zwischen Emissionen von ILUC für verschiedene<br />
Agrokraftstofftypen und Biokraftstoffe der zweiten<br />
Generation unterscheiden. Seine Berechnung muss<br />
regelmäßig überprüft werden. In Kalifornien werden<br />
bereits erste indirekte Konsequenzen in die Bewertung<br />
des California´s Low Carbon Fuels Standard mit aufgenommen.<br />
Die Ziele zur Verwendung von Agrokraftstoffen<br />
in Deutschland und der gesamten EU sollten<br />
auf ein Niveau abgesenkt werden, welches den Potentialen<br />
der deutschen und europäischen Agrarflächen<br />
entspricht. Importe von Agrokraftstoffen aus großflächiger<br />
Regenwaldabholzung und aus Raubbau müssen<br />
verboten werden. Sinnvoller wäre es, nicht verbindliche<br />
Mengenanteile von Agrokraftstoffen im Transportwesen<br />
festzulegen, sondern stattdessen Reduktionsziele<br />
für einzelne Verbrauchssektoren festzuschreiben,<br />
damit auch weiterhin in die Effizienz von neuen Technologien<br />
investiert wird. Das oberste Ziel für uns bleibt<br />
nach wie vor der Ausbau von öffentlichem Nahverkehr<br />
und Bahn, sowie die Verlagerung von großen Teilen<br />
des Güterverkehrs auf die Schiene.<br />
23
Literatur<br />
Die Frau und<br />
der Sozialismus<br />
August Bebel<br />
von Louisa Pehle<br />
Muss man das heute noch lesen? Man muss nicht –<br />
aber man sollte, denn es ist interessant, wie treffend<br />
Bebel die Situation der Frau in der kapitalistischen Gesellschaft<br />
schildert und man wird überrascht sein, wie<br />
viele seiner Aussagen auch heute noch direkt unserer<br />
Antragsarbeit entspringen könnten. Das Buch wurde<br />
gleich nach Erscheinen wegen des damals geltenden<br />
Sozialistengesetzes verboten, konnte aber illegal verbreitet<br />
werden und war so erfolgreich, dass es noch zu<br />
Lebzeiten Bebels dutzende Male neu aufgelegt wurde.<br />
Die Frau und der Sozialismus sei der „geistige Wegweiser<br />
für den ganzen Befreiungskampf des modernen<br />
Proletariats“, so Eduard Bernstein im Vorwort.<br />
Bebel bettet die Frauenfrage in einen viel weitergehenden<br />
Kontext ein: Es geht ihm nicht nur um die bürgerliche<br />
Gleichberechtigung der Frau (Ausübung eines<br />
Berufs, Zulassung zum Studium), denn dies würde für<br />
Männer wie für Frauen nur negative Folgen haben. Nur<br />
die Veränderung der ganzen Gesellschaft kann beiden<br />
Geschlechtern Freiheit bringen. Und so spannt Bebel<br />
den Bogen zwischen der Unterdrückung des Proletariats<br />
und der Unterdrückung der Frau: „Frauen und<br />
Arbeiter haben gemeinsam Unterdrückte zu sein“,<br />
und: „Die Frau ist das erste menschliche Wesen, das<br />
in Knechtschaft kam. Die Frau wurde Sklavin, ehe der<br />
Sklave existierte.“<br />
Bebel beginnt sein Werk mit einer ausführlichen Darstellung<br />
vorhergehender Gesellschaften verschiedener<br />
Länder und konzentriert sich dabei auf das Verhältnis<br />
zwischen Männern und Frauen im politischen und privaten<br />
Leben. Dies mutet teilweise bizarr an, wenn es<br />
zu Beispiel seitenlang um die „Deflorierung der Jungfrauen“<br />
und widerspricht unseren heutigen Ideen, wenn<br />
Bebel die gleichgeschlechtliche Liebe als widernatürliches<br />
Extrem ablehnt. Doch Bebel folgert aus seiner<br />
historischen Darstellung, dass die Unterdrückung der<br />
Frau nicht in der Natur der menschlichen Gesellschaft<br />
liegt und dass eine umfassende Gleichberechtigung<br />
Männern und Frauen zugute käme. Er zeigt auf, dass<br />
24<br />
die Institutionen der Familie und des Staates in der<br />
Form des 19. Jahrhunderts nicht unveränderbar sind.<br />
Bebel richtet sich gegen Zustände, die zur damaligen<br />
Zeit – und zum Teil auch noch heute – als zwangsläufig<br />
von der Natur vorgegeben betrachtet werden und<br />
tatsächlich doch „die Unnatur selbst“ seien.<br />
Damals war die gängige Meinung, dass Frauen, da sie<br />
ja nicht wählen oder Ämter in der Partei innehaben<br />
dürfen, vom politischen Leben sowieso ausgeschlossen<br />
seien. Demgegenüber standen zahlreiche Frauen,<br />
die sich für die sozialistische Sache engagierten. Nicht<br />
selten vor allem dann, wenn die Männer wegen ihrer<br />
Aktivitäten verfolgt waren und in Haft saßen (dies gilt<br />
auch für Julie Bebel, seine Ehefrau, die während der<br />
Abwesenheit ihres Mannes Parteiaufgaben übernommen<br />
hat). Gleichberechtigung – das bedeutet für Bebel<br />
allerdings nicht nur politische Rechte: Detailliert schildert<br />
Bebel auch die sexuelle Befreiung der Frau und<br />
wehrt sich dagegen,<br />
dass sie in den Armen<br />
eines Mannes „verwelken“<br />
solle. Monogamie<br />
ist für Bebel kein naturwissenschaftlichesGesetz,<br />
sondern nur Folge<br />
der sozialen Umstände.<br />
Die damals übliche<br />
Form der Ehe nennt<br />
Bebel ganz unverblümt<br />
„Sklaverei“: Frauen seien<br />
aus ökonomischen<br />
Gründen gezwungen zu<br />
heiraten und die Ehe sei<br />
für sie eine reine „Versorgungsanstalt“.
Es verwundert nicht, dass viele Männer es für ein schädliches<br />
und gefährliches Buch hielten, denn für weite Teile<br />
des bürgerlichen Lagers übertraf die Forderung nach<br />
der auch sexuellen Gleichberechtigung der Frau die<br />
Gefährlichkeit und Unsittlichkeit der politischen Aussagen<br />
Bebels bei weitem. Von zeitgenössischen Kritikern<br />
wurde Bebel demzufolge Aufruf zu Unzucht vorgeworfen;<br />
er fördere Frauen bei der maßlosen Auslebung<br />
ihrer Triebe. So schildert Bebel drastisch die Gefahren<br />
sexueller Enthaltsamkeit erwachsener Männer und<br />
Frauen, und das zu einer Zeit, als Wissenschaftler die<br />
Gefahr der weiblichen Sexualität noch dadurch bestätigt<br />
sahen, dass zahlreiche Frauen bei der Geburt starben.<br />
Bebel dagegen betont die Gefahren für die Gesundheit<br />
der schwangeren Frau, die in der kapitalistisch geprägten<br />
Gesellschaft drohen, wie die durch Armut bedingte<br />
schlechte Ernährung oder die miserablen Wohnverhältnisse.<br />
Er stellt die Wirkung sozialer Verhältnisse auf den<br />
Alltag der betroffenen Menschen so klar und deutlich<br />
fest, dass sich bürgerliche Kritiker zwangsläufig maßlos<br />
herausgefordert fühlen mussten.<br />
AUSSCHREIBUNG<br />
Die <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> suchen zum nächst<br />
möglichen Zeitpunkt und auf basis einer<br />
Aufwandsentschädigung für 8 std./Woche<br />
einen engagierten<br />
Das Aufgabengebiet umfasst im Wesentlichen:<br />
• Allgemeine Büroorganisation und Ablage<br />
• Allgemeine Buchhaltung und Abrechnung<br />
• Abwicklung des E-Mail- und Schriftverkehrs<br />
• sowie telefonische Korrespondenzen<br />
• Organisatorische Unterstützung<br />
des Unterbezirksvostandes bei<br />
Veranstaltungen, Seminaren und<br />
Konferenzen in der Vor- und Nachbereitung<br />
• Pflege von Termin- und Aufgabenlisten<br />
• Mithilfe bei Newsletter und Webseite<br />
• Unterstützung von Kampagnen und<br />
Aktionen des Unterbezirks<br />
Bei Rückfragen zum Aufgabengebiet oder zum<br />
Bewerbungsverfahren, bitte direkt an den Vorsitzenden<br />
Cornelius Müller (mueller@jusos-m.de) wenden.<br />
geschäftsführerin<br />
<strong>Verband</strong><br />
Sein Ziel war die volle Gleichberechtigung der Frau<br />
in der Gesellschaft. Diese ist – auf dem Papier – inzwischen<br />
erreicht. Bebel wäre aber die heutigen Zustände<br />
allerdings sicher nicht glücklich. Noch 134<br />
Jahre nach der Erstauflage seines Buches beträgt die<br />
Einkommensdifferenz von Frauen und Männern 23<br />
Prozent, sind Frauen in Führungspositionen meist<br />
unauffindbar, und es wird als Erfolg gefeiert, dass<br />
rund ein Viertel der deutschen Väter nach der Geburt<br />
eines Kindes ein paar Monate zu Hause bleiben,<br />
während immer noch zahlreiche Frauen ihre<br />
Erwerbstätigkeit langfristig unterbrechen oder ganz<br />
aufgeben. Und wieder ist es eine bürgerliche Partei,<br />
die diesen Zustand mit der „Herdprämie“ weiter<br />
zementieren will. Bebel dagegen betonte, dass<br />
Gattin und Mutter nicht der „Naturberuf“ der Frau<br />
sein dürfe. Bebel war seiner Zeit – und beim Lesen<br />
mancher seiner Aussagen denkt man, auch unserer<br />
Zeit – weit voraus.<br />
unserer erwartungen:<br />
JUsos MüNcHeN<br />
JungsozialistInnen in der SPD<br />
z.Hd. Herrn cornelius Müller<br />
Oberanger 38 / 4. Stock<br />
80331 <strong>München</strong><br />
• Grundlegende Kenntnisse<br />
in Büroorganisation und Buchführung<br />
• Gute Kenntnisse in gängigen<br />
PC Softwareprogrammen<br />
• Hohe Kommunikationsfähigkeit,<br />
schriftlich und mündlich<br />
• Gute Kenntnisse der<br />
einschlägigen SPD und AG Satzungen<br />
• Gute Kenntnisse über die Partei und Juso Strukturen<br />
• Hohes Engagement für die <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
• Enge Zusammenarbeit mit dem Unterbezirksvorstand<br />
Wir freuen uns über Eure aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen,<br />
die bitte bis spätestens 15. Februar 2012 dem<br />
Unterbezirksvorstand an oben genannte Adresse oder als<br />
PDF per Email an buero@jusos-m.de zugehen müssen.<br />
25
Letztes Wort<br />
Ernährt die Krise die Krise?<br />
ein Plädoyer für Demokratie – auch in Krisenzeiten<br />
von Cornelius Müller<br />
Demokratische Staaten, die durch unterschiedliche Ursachen<br />
in finanzielle Not geraten sind, können benötigtes<br />
Geld oft nur zu extrem hohen Zinssätzen am Kapitalmarkt<br />
leihen. Der hohe Zinssatz führt weiter in die Schuldenfalle,<br />
insbesondere wenn das betroffene Land strukturelle<br />
Probleme aufweist, die gelöst werden müssen.<br />
Was also tun? Die Lösung liegt auf der Hand und klingt<br />
im ersten Schritt sehr uneigennützig: Staaten, bzw.<br />
staatlich kontrollierte Fonds und Banken, vergeben Kredite<br />
zu deutlich niedrigeren Zinsen als am Kapitalmarkt<br />
angeboten und auf ihr eigenes Risiko. Dadurch kann die<br />
Handlungsfähigkeit von Staaten in einer finanziellen<br />
Krise erhalten werden und es können Möglichkeiten zu<br />
Strukturanpassungen gegeben werden.<br />
Es muss allerdings betrachtet werden, welche politischen<br />
Bedingungen mit diesen günstigen Krediten<br />
verknüpft werden. Wenn das Kleingedruckte die Öffnung<br />
der Märkte, Privatisierung von Gemeineigentum,<br />
Rohstoffexporte ohne Wertschöpfung oder auch vorgeschriebene<br />
Importe von Waren und Dienstleistungen<br />
enthält, wird es schwierig.<br />
Ist das Volk dann noch der Souverän? Wenn ja, dann<br />
sollte es auch über Privatisierung seines Gemeinschaftseigentums<br />
und seine eigene wirtschaftliche Ausrichtung<br />
in Zukunft mit entscheiden können. Ob dies möglich ist,<br />
wenn Angst geschürt wird und Auflagen von außen ohne<br />
Rücksprache auferlegt werden, ist fraglich. Die Interes-<br />
26<br />
flickr/titanas<br />
senlagen von Staaten, Institutionen und Privatpersonen<br />
wird schnell sehr undurchsichtig und enthält viele undurchschaubare<br />
Risiken für die Betroffenen.<br />
Wer Demokratien stützen und fördern will, darf nicht<br />
von außen über die Köpfe der Menschen hinweg über<br />
deren Zukunft entscheiden, um eigene Interessen zu<br />
schützen. Vielmehr müssen die Menschen mitgenommen<br />
werden, wenn eine innere Lösung nicht möglich ist,<br />
und sie müssen frei darüber entscheiden können, ob die<br />
Lösungsansätze für sie die richtigen sind. Alles andere<br />
gefährdet leichtfertig demokratische Strukturen und das<br />
Vertrauen in demokratische Politik – mit unabsehbaren<br />
Folgen, gerade in aufeinander angewiesenen Staatenbündnissen.<br />
Aus einer Finanz- oder Schuldenkrise kann<br />
dann schnell die nächste Krise werden: eine Demokratiekrise.<br />
Daher ist es notwendig, sich über Grenzen hinweg für<br />
Demokratie stark zu machen und gemeinsame Lösungen<br />
zu finden. Gerade unter der Betrachtung, wie die<br />
finanziellen Probleme verursacht wurden und wer von<br />
den vermeintlich unumgänglichen Vorgaben, die mit billigen<br />
Krediten verknüpft sind, profitieren wird. Um zukünftige<br />
Krisen zu vermeiden sollten keine Grundsteine<br />
für neue Krisen, wie eine Einschränkung der staatlichen<br />
Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit, gelegt werden.<br />
Wir <strong>Jusos</strong> wissen, dass internationale Solidarität nötig<br />
ist, um Demokratie zu schützen und zu stärken.
Deine AnprechpartnerInnen<br />
bei den <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong>:<br />
cornelius Müller<br />
Vorsitzender der<br />
<strong>Jusos</strong> <strong>München</strong><br />
mueller@jusos-m.de<br />
Tim hall<br />
Beisitzer für<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
hall@jusos-m.de<br />
Lena sterzer<br />
Beisitzerin für<br />
politische Bildung<br />
sterzer@jusos-m.de<br />
Jürgen glatz<br />
Geschäftsführer<br />
glatz@jusos-m.de<br />
Kontakt<br />
Das Münchner Stadtgebiet ist in vier Regionalverbände (RV), entsprechend den Bundestagswahlkreisen<br />
unterteilt. Für jeden RV gibt es eine/n AnsprechpartnerIn für dich im Vorstand:<br />
Jasmin holm<br />
Beisitzerin<br />
Regionalverband Nord<br />
holm@jusos-m.de<br />
Louisa Pehle<br />
stellv. Vorsitzende<br />
Frauenbeauftragte<br />
pehle@jusos-m.de<br />
caro gineiger<br />
Beisitzerin<br />
Regionalverband Süd<br />
gineiger@jusos-m.de<br />
Marcel Reymus<br />
stellv. Vorsitzender<br />
Beisitzer für<br />
Mitgliederbetreuung<br />
reymus@jusos-m.de<br />
N S O W<br />
sabine Weitzel<br />
Beisitzerin (komm.)<br />
Regionalverband Ost<br />
weitzel@jusos-m.de<br />
Daniela beck<br />
Beisitzerin für<br />
Publikationen<br />
beck@jusos-m.de<br />
sinaida Kumpf<br />
Beisitzerin<br />
Regionalverband West<br />
kumpf@jusos-m.de<br />
Kooptiert zur Unterstützung im Vorstand:<br />
Christian Köning (Bezirksvorsitzender), Isabella Fiorentiono (stellv. Landesvorsitzende), Johannes Hintermaier (stellv. Landesvorsitzender), Simon Kahn-Ackermann (stellv.<br />
Bezirksvorsitzender), Anno Dietz (Vertereter im Gesamtvorstand der SPD <strong>München</strong>), Philipp Obermüller (Verteter im Gesamtvorstand der <strong>Jusos</strong> Obb )<br />
Büro der <strong>Jusos</strong> <strong>München</strong> / Oberanger 38 / 4.Stock, 80331 <strong>München</strong> / Tel. +49 (0)89 260 230 90 / buero@jusos-m.de<br />
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