Verband - Jusos München
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Schwerpunkt<br />
Wer schafft hier<br />
eigentlich wen ab?<br />
ein Kommentar zur Migrationsdebatte<br />
von Daniela Beck<br />
Die Deutschen, so hört man, haben meistens Angst. So<br />
sehr, dass sich der Begriff der „German Angst“ im englischsprachigen<br />
Ausland bereits zu einem fest stehenden<br />
Terminus entwickelt hat. Die Ursachen dieser Angst variieren<br />
ständig und interessieren im Grunde auch keinen<br />
mehr wirklich, sobald sich die Angst an sich erst einmal<br />
zum allgemeinen Lebensgefühl entwickelt hat.<br />
Dass gerade die Deutschen in jüngerer Vergangenheit<br />
eigentlich eher wenig Anlass zur Sorge hatten, stört<br />
dabei wenig. Obwohl sie in einem der reichsten Länder<br />
der Welt mit einem (noch) einigermaßen funktionierenden<br />
Sozialstaat geboren wurden, leben deutsche<br />
Bürger in einem permanenten Zustand der Furcht. Vor<br />
einem schwachen Euro (Inflation). Vor einem starken<br />
Euro (weniger Exporte). Vor Griechenland. Vor einem<br />
Regierungswechsel (zumindest in Bayern). Und seit<br />
etwa zehn Jahren auch vor unseren Nachbarn.<br />
Nein, nicht vor den Nachbarländern mit den hohen<br />
Schuldenbergen. Sondern vor den Menschen, die mit<br />
uns in unserem Land wohnen. Denn die, das haben uns<br />
die Medien gesagt, könnten Muslime sein. Was genau<br />
einen Muslim ausmacht, darüber wissen wir wenig<br />
(Wer kennt schon die Lehren von Mohammed oder<br />
liest gar den Koran?), woran man ihn erkennt, umso<br />
mehr (Frauen mit Kopftuch).<br />
Die Terroranschläge vom 11. September, so scheint es,<br />
haben die Menschheit in zwei Teile geteilt: in die muslimische<br />
und die nicht-muslimische Welt. Und obwohl<br />
beide schon immer – oder zumindest fast die letzten<br />
anderthalb Jahrtausende – existiert haben, nehmen wir<br />
erstere erst jetzt wirklich wahr.<br />
Internationale Terroranschläge sind furchtbar und Radikalisierung<br />
immer eine ernst zunehmende und besorgniserregende<br />
Entwicklung. Beides ist dem Westen<br />
im Zusammenhang mit Islamismus relativ neu<br />
und beides ist ausnahmsweise wirklich einmal ein<br />
Grund, Angst zu haben.<br />
12<br />
Alles andere als neu hingegen ist der Islam und die<br />
Tatsache, dass dieser Glaubensrichtung mehr als eine<br />
Milliarde Menschen angehören. Und alles andere als<br />
neu ist auch, dass viele dieser Menschen mit uns Tür<br />
an Tür leben. Trotzdem haben wir plötzlich das Gefühl,<br />
dass es gerade jetzt immer mehr werden. Wir diskutieren<br />
über den Bau von Minaretten und Moscheen. Und<br />
über Thilo Sarrazins These, dass Eigenschaften von<br />
ethnischen Gruppen auch durch gemeinsame Gene entstehen.<br />
Eine Theorie, die zugegeben ziemlich gewagt<br />
ist, wenn man über türkische Zuwanderer herzieht und<br />
gleichzeitig einen Nachnamen trägt, der eine so offensichtliche<br />
Ähnlichkeit mit dem Wort „Sarazene“ hat.<br />
Doch trotz logischer Unstimmigkeiten wie dieser zittern<br />
wir vor der muslimischen Übermacht, die, davon<br />
sind wir überzeugt, langsam aber sicher dazu beiträgt,<br />
dass Deutschland „sich abschafft.“ Und tatsächlich<br />
sind, so der 2011 erschienene Migrationsbericht des<br />
Innenministeriums für 2009, im vorletzten Jahr mehr<br />
als 27.000 Türken nach Deutschland eingewandert.<br />
Beängstigend?<br />
Wohl weniger, wenn man bedenkt, dass im gleichen<br />
Zeitraum auch über 35.000 Türken aus Deutschland<br />
ausgewandert sind. Insgesamt ergibt sich also ein Minus<br />
von mehr als 8 000 Personen. Schaffen sich also in<br />
Wahrheit unsere türkischen Mitbürger ab?