Verband - Jusos München
Verband - Jusos München
Verband - Jusos München
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Ort, an dem 50.000 Menschen erschossen wurden<br />
Exekutionsstelle Kaunas Fort 9<br />
Denn wer so unmittelbar mit dem Leid konfrontiert<br />
wurde, wer es fast körperlich gespürt hat, der ist eher<br />
davor gefeit, solches Leid selbst zuzufügen. Der versteht<br />
um den Wert von Versöhnung und Freundschaft<br />
ganz aus sich selbst heraus, denn auch er oder sie würde<br />
wohl nicht anders leben wollen.<br />
Es geht also darum, wie das Erinnern auf dieser persönlichen<br />
Ebene bewahrt werden kann. Denn nur dieses<br />
Erinnern macht das Geschehene greifbar und ist<br />
die Basis für gesellschaftliches Erinnern, das nicht im<br />
Abstrakten stehenbleibt. Wie diese Form des Erinnerns<br />
wach und lebendig gehalten werden kann und nicht<br />
dem Vergessen preisgegeben, ist eine Frage, die sich an<br />
uns stellt, an unsere Generation. Die Erinnerung wach<br />
zu halten ist nicht die Aufgabe der Überlebenden. Sie<br />
werden nie vergessen und wenn sie schweigen, haben<br />
sie sich bewusst dafür entschieden. Es ist vielmehr an<br />
uns, dem Vergessen in unserer Gesellschaft Einhalt zu<br />
gebieten. Nur wenn wir es schaffen, die Erinnerung an<br />
den Schrecken dieser Zeit wachzuhalten, können wir einer<br />
Verklärung zuvorkommen. Nur wenn wir die Köpfe<br />
der Menschen unserer Generation zum Gedenken und<br />
Denken anregen, ist es möglich der Verblendung durch<br />
rechtes Denken entgegen zu wirken.<br />
Paul Huf hat gezeigt, wo die Trennlinien zwischen<br />
den Formen des Erinnerns liegen. Mit seinen Fotografien<br />
und Zeichnungen schafft er eine Verbindung,<br />
in der das gesellschaftliche Erinnern an Orte und Zahlen<br />
zusammenwächst mit dem persönlichen Erinnern<br />
Ernst Grubes.<br />
Gefundene Davidstern-Kennzeichnungen auf dem<br />
Gelände des Vernichtungslagers Belzec.<br />
Zu den Personen<br />
ernst grube<br />
hat nie vergessen wollen. Er hat vielmehr<br />
ein Leben lang darum gekämpft, Erinnerung<br />
wach zu halten. Er wurde 1932 in<br />
<strong>München</strong> geboren, in Milbertshofen interniert<br />
und 1945 nach Theresienstadt deportiert.<br />
Nach der Befreiung kam er zurück<br />
nach Deutschland und kämpft seit dem unermüdlich<br />
für Erinnerung und politischen<br />
Wandel.<br />
Paul huf<br />
lebt in Berlin und <strong>München</strong>. Er arbeitet<br />
stets an Orten mit Bezug zu seinen Themen.<br />
Seine Werke sind online unter www.forschungsreise-wider-das-vergessen.de<br />
und<br />
in einer Ausstellung im Kulturhaus Milbertshofen<br />
bis 27. Januar 2012 zu sehen. Im<br />
Kunstverleih des Kulturhauses Milbertshofen<br />
können die im Rahmen der Forschungsreise<br />
entstandenen Zeichnungen und Fotografien<br />
im Anschluss an die Ausstellung ab<br />
dem 2. Februar entliehen werden. Mehr<br />
Infos unter www.kulturhaus-milbertshofen.<br />
de und www.kunstverleih-milbertshofen.de<br />
Gleichzeitig löst er sich mit seinen Fotografien und<br />
Zeichnungen vom abstrakten gesellschaftlichen Erinnerungshorizont.<br />
Denn er zeigt nicht die bekannten Bilder<br />
von Konzentrationslagern, Gaskammern und Leichenbergen.<br />
Seine Bilder lassen Raum für eigene, individuelle<br />
Geschichten. Zum Beispiel das Foto einer leicht erhöht<br />
gelegenen Wiese: für sich alleine genommen lässt<br />
es den Betrachter ratlos zurück. Erst im Kontext der<br />
Projektion an das Kulturhaus Milbertshofen erwacht<br />
dieses Bild zum Leben und lässt uns ahnen, dass dieser<br />
Ort von einer schrecklichen Geschichte gezeichnet ist.<br />
Mit den Zitaten und Erzählungen von Zeitzeugen und<br />
Zeitgenossen verbindet es sich zu einem ganz persönlichen<br />
Erinnern und verknüpft sich in unserem Kopf zu<br />
einer einzigartigen Geschichte. Paul Huf schafft es so,<br />
das Persönliche wieder mehr in den Mittelpunkt des Erinnerns<br />
zu rücken.<br />
Doch bleibt eine Herausforderung bestehen. Auch die<br />
von Paul Huf geschaffene Szene wird je unmittelbarer<br />
und persönlicher, desto unmittelbarer und persönlicher<br />
die Erinnerung ist, mit der sie gefüllt wird. Der vor einem<br />
sitzende Überlebende schafft ein eindringlicheres<br />
Erinnern als sein Zitat. Möglichst viel persönliche Erinnerung<br />
wachzuhalten ist deshalb eine Aufgabe, der wir<br />
uns alle stellen müssen, denn wir dürfen nicht vergessen.<br />
15