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Schönes Leben – Ausgabe 73

Land, Kultur und Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand

Land, Kultur und Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand

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Die Feuerlilie<br />

<strong>Ausgabe</strong> 2 / 21 · Sommer 2021 · € 4,40<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Die Landkäserei<br />

Käse & Co. aus der Elbmarsch<br />

Paradies am Elbufer<br />

Salomon Heines Sommerfrische<br />

Quer durch den Blumengarten<br />

Mit dem Oldtimer durch dieVierlande<br />

Kochen vor 175 Jahren<br />

Henriette Davidis Kochbuch revolutionierte die Küche<br />

Renaissance der Sense,<br />

naturverträgliche Landschaftspflege<br />

Vegetarische Köstlichkeiten<br />

aus der Klosterküche<br />

Prachtvolle Pflanze<br />

in sensiblem<br />

Naturraum<br />

Kunst mit Holz * Spezialheu für Vierbeiner * Köstliche Brombeere & Himbeere u. v. m.


STROM · ERDGAS · WASSER · WÄRME<br />

MOBILITÄT · FREIZEITBAD<br />

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Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart<br />

oin oin moin, iee iee erinnen erinnen un un e, e,<br />

mit unserer Sommerausgabe von „<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>“ bringen wir wieder<br />

viele spannende Themen rund um Land, Kultur und <strong>Leben</strong>sart zu<br />

Ihnen. Begleiten Sie uns auf eine Zeitreise in die Welt des Kochens<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts, als das erste Kochbuch von Henriette<br />

Davidis erschien <strong>–</strong> wir haben einige Rezepte nachgekocht <strong>–</strong> lecker!<br />

Oder erfreuen Sie sich an der Schönheit der prächtigen Feuerlilie und<br />

begleiten Sie uns auf dem Lilienpfad im wendländischen Govelin.<br />

In der Rubrik Altes Handwerk erfahren Sie, warum Weben glücklich<br />

macht und welche Vorteile das Mähen mit der Sense, einem uralten<br />

Handwerksgerät, für Flora und Fauna hat.<br />

Wir laden Sie zu einem Ausflug mit dem Oldtimer in die Hamburger<br />

Vier- und Marschlande ein und unternehmen mit Ihnen einen Spaziergang<br />

zu Heinrich Heines Sommerfrische an der Elbe. Entdecken Sie<br />

beim Besuch in der Landkäserei die Vielfalt leckerer, handgemachter<br />

Käsesorten.<br />

Das Redaktionsteam von „<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>“<br />

v. l. n. r.: Carsten Weede, Emily Weede, Frank Drynda und Goldi.<br />

Außerdem stellen wir Ihnen Terra Preta vor, das schwarze Gold der<br />

Indios, welches erst Ende der 1970er-Jahre von Archäologen im südamerikanischen<br />

Regenwald entdeckt wurde, und heute Technologie-<br />

Pionieren wie Jochachim Böttcher aus der Pfalz hilft, Boden wieder<br />

gut und fruchtbar zu machen.<br />

Dies und vieles mehr finden Sie in der Sommerausgabe von „<strong>Schönes</strong><br />

<strong>Leben</strong>“. Wir versprechen Ihnen pures Lesevergnügen und wünschen<br />

Ihnen viel Spaß beim Schmökern.<br />

Auf eine schöne Sommerzeit!<br />

mil,arse mil,arse ran ran<br />

Möchten Sie <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong> abonnieren?<br />

Unser Kennenlern-Angebot für Sie:<br />

4 <strong>Ausgabe</strong>n für nur 12,<strong>–</strong> Euro<br />

bestellen Sie beim Leserservice<br />

unter 0 41 74 / 66 99 717.<br />

Sie können auch bequem per Fax bestellen<br />

(Faxnummer 0 41 74 / 66 99 710) oder Sie nutzen<br />

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Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong><br />

Leserservice<br />

Harburger Straße 4<br />

21435 Stelle<br />

4 Hefte<br />

im Jahr<br />

für 1 Euro<br />

pro Monat<br />

Sommer 2021 3


Sommer 2021<br />

Inhalt<br />

30<br />

6<br />

36<br />

46<br />

70<br />

62<br />

40<br />

22<br />

48<br />

56<br />

14 90<br />

4<br />

Sommer 2021


Naturerlebnis<br />

6 Biblische Schönheit:<br />

Die Feuerlilie<br />

Landwirtsfamilie Bergmann<br />

bewahrt auf ihren Äckern im<br />

nördlichen Wendland seltene<br />

Wildkräuter und prächtige<br />

Feuerlilien.<br />

84 Nabu-Umweltpyramide<br />

Bremervörde<br />

Hier gehen kleine Indianer mit<br />

Pfeil und Bogen auf Büffeljagd,<br />

singen zu den Trommeln und<br />

kochen am Lagerfeuer. 30 Jahre<br />

Naturerlebnis mit Herz, Kopf<br />

und Hand <strong>–</strong> eine Erfolgsgeschichte.<br />

Kulinarisches & Co.<br />

14 Die edle Kochkunst der<br />

Henriette Davidis<br />

Eine Zeitreise in die Welt des<br />

Kochens im 19. Jahrhundert.<br />

30 Köstlicher Käse aus<br />

der Landkäserei<br />

Ausgezeichnete Qualität: Die<br />

Landkäserei Fehling setzt auf<br />

schonende Zubereitung und<br />

unverfälschten Geschmack.<br />

Land & Natur<br />

76 Das schwarze Gold<br />

der Indios<br />

Joachim Böttcher setzt auf<br />

regenerative Landwirtschaft<br />

und auf Terra Preta, die<br />

schwarze „Wundererde“ der<br />

Indios vom Amazonas.<br />

Altes Handwerk<br />

22 Das Glück<br />

der Weberinnen<br />

Im Kloster Lüne bei Lüneburg<br />

wurde nach 1948 eine Weberei<br />

gegründet, die noch heute existiert.<br />

Engagierte Weberinnen<br />

leben hier ihren Traum von Kreativität,<br />

Farben und Kunst.<br />

70 Mähen mit der Sense<br />

Renaissance eines uralten landwirtschaftlichen<br />

Geräts: „Sensenmann“<br />

Christian Heinisch zeigt,<br />

wie das Mähen mit der Sense<br />

richtig geht und welche Vorteile<br />

es hat.<br />

Kunst & Künstler<br />

36 Die Musik muss zu den<br />

Menschen kommen<br />

„Rent a Beethoven“: Der Pianist<br />

Florian Heinisch bringt die<br />

Musik direkt in die heimischen<br />

Wohnzimmer.<br />

62 Inspiriert von der Natur<br />

Kettensägenkünstler Christian<br />

Schmidt verarbeitet eigene Erfahrungen<br />

in seinen Werken und<br />

weckt damit starke Emotionen<br />

beim Betrachter.<br />

Genusskalender<br />

46 Leckeres aus Himbeeren<br />

und Brombeeren<br />

Zaubern Sie köstliche Marmeladen,<br />

Getränke und Aufläufe aus<br />

diesen herrlichen Früchten.<br />

Landwirtschaft<br />

56 Duftendes Heu für<br />

vierbeinige Lieblinge<br />

Die Produktpalette von Speers<br />

Hoff reicht von Premium-Heu<br />

für den Heimtiermarkt bis zu Tees<br />

für Haustiere. Wie ein Milchviehbetrieb<br />

zu einem der führenden<br />

Produzenten von Tiernahrung<br />

wurde.<br />

Rezepte<br />

48 Vegetarisches aus der<br />

Klosterküche<br />

„Tu deinem Körper etwas Gutes,<br />

damit die Seele Lust hat, darin zu<br />

wohnen“. Nach diesem Motto<br />

serviert Krimi- und Kochbuchautorin<br />

Heike Kügler-Anger<br />

leckere fleischlose Köstlichkeiten.<br />

Ausflugstipp<br />

40 Heines Paradies<br />

am Elbufer<br />

Kaufmannshäuser an der Elbe<br />

schimmern wie Perlen an einer<br />

Kette: Ein Spaziergang zu Heinrich<br />

Heines Sommerfrische an der<br />

Elbe.<br />

90 Mit dem Oldtimer durch<br />

den Blumengarten<br />

Christel Dobslaff und Arno Becker<br />

zeigen Besuchern bei Führungen <strong>–</strong><br />

gern auch mit dem Oldtimer <strong>–</strong> die<br />

schönsten Ecken in den Hamburger<br />

Vier- und Marschlanden.<br />

Sommer 2021 5


iblisce iblisce cöneit<br />

cöneit<br />

Die wilde Feldlilie (Lilium bulbiferum), auch Feuerlilie genannt, ist<br />

in Deutschland nahezu ausgestorben. Ihre orangerot leuchtenden<br />

Blüten sind so groß wie Handteller. Fotos: Carsten Weede<br />

au au arem arem oe<br />

oe<br />

von Carsten Weede<br />

Landwirtsfamilie Bergmann bewahrt auf ihren<br />

Äckern im nördlichen Wendland seltene<br />

Wildkräuter und prächtige Feuerlilien.<br />

Ganze fünf Einwohner leben auf den drei Höfen in Govelin. Drei<br />

davon sind die Bergmanns: Harry Bergmann (72), seine Ehefrau Christel<br />

(68) und Tochter Stefanie (48). Rauhaardackel „Anton“ gehört<br />

irgendwie auch zur Familie. Govelin liegt am Rande der Göhrde,<br />

Norddeutschlands größtem zusammenhängenden Mischwaldgebiet.<br />

Der Mini-Ort im nördlichen Wendland zählt zur<br />

Gemeinde Göhrde (Landkreis Lüchow-Dannenberg), die<br />

rund 600 Einwohner hat. Govelin liegt<br />

in einer Senke, umgeben von bewaldeten<br />

Hügeln der ehemaligen Heidelandschaft,<br />

die vor Tausenden vor Jahren<br />

durch die Eiszeit geformt wurde. Vor<br />

rund 100 Jahren wurden die kargsten<br />

Heideböden aufgeforstet. 70<br />

Hektar Wald und 80 Hektar Ackerland<br />

gehören Bauer Bergmann. Die<br />

Ertragsfähigkeit seiner Böden ist<br />

gering. Die Ackerwertzahl,<br />

welche die Fruchtbarkeit des<br />

Bodens bemisst, liegt für Bergmanns<br />

Äcker zwischen 16 und 38, im Durchschnitt<br />

bei 22 Bodenpunkten. Dabei bezeichnet<br />

ein Wert von 10 eine sehr schlechte und 100<br />

eine sehr gute Qualität. „Wir haben auch einige Hektare mit 16-Punkte-Boden.<br />

Auf so schlechtem Boden kann man eigentlich nicht gewinnbringend<br />

wirtschaften, deshalb haben wir einen anderen Weg<br />

gewählt“, erklärt Harry Bergmann.<br />

Die meisten landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Umgebung werden<br />

intensiv bewirtschaftet. Der Einsatz von mineralischem Dünger<br />

hat die Bodenfruchtbarkeit der ehemaligen Heidelandschaft verbessert,<br />

so dass auf ackerfähigem Land nach heutigen Maßstäben rentabel<br />

Landwirtschaft betrieben werden kann. Das funktioniert auf den<br />

6 Sommer 2021


Das Ehepaar Christel und Harry Bergmann mit Tochter Stefanie und Rauhaardackel<br />

„Anton“ auf ihrem Hof in Govelin. Schon seit 1862 schmücken<br />

eingeschnitzte Feuerlilien die Fachwerkbalken am Giebel des Bauernhauses.<br />

Das Motiv findet sich häufiger an Gebäuden im Wendland.<br />

In einem für Besucher frei zugänglichen Raum stehen Info-Tafeln, die<br />

über den Schutz seltener Pflanzen und Tiere informieren. Im Zentrum<br />

steht dabei die Feuerlilie.<br />

eiszeitlich entstandenen Böden <strong>–</strong> in denen man hauptsächlich Geschiebelehm,<br />

Geschiebemergel oder Sand findet <strong>–</strong> allerdings nur, wenn die<br />

von Natur aus nährstoffarmen und sauren Böden durch Düngung und<br />

Kalkung für den Anbau von Nutzpflanzen verbessert werden.<br />

Familie Bergmann zeigt, dass es auch anders geht: Sie betreibt auf 55<br />

Hektar Ackerbau, wie es schon ihre Vorfahren vor rund 100 Jahren<br />

getan haben <strong>–</strong> ganz ohne Kunstdünger und ohne Spritzmittel. Entsprechend<br />

gering ist die Ernte. Während seine Berufskollegen 2019<br />

deutschlandweit je Hektar Anbaufläche im Durchschnitt rund 50,9<br />

Dezitonnen (1 Dezitonne = 100 Kilogramm) geerntet haben, sind es<br />

bei Harry Bergmann auf einem Hektar oft nur 8 Dezitonnen <strong>–</strong> wenn er<br />

denn überhaupt erntet. „Wir pflügen, eggen und säen wie jeder andere<br />

Landwirt auch <strong>–</strong> aber das Ernten fällt manchmal aus, weil so wenig<br />

Getreide aufgewachsen ist“, sagt Bauer Bergmann. „Dann brechen wir<br />

den Acker mit der Scheibenegge um“.<br />

Der Feldlilienpfad von Govelin ist ein gut vier Kilometer langer Rundweg,<br />

der teilweise auf dem historischen Postweg von Lüneburg nach<br />

Gartow entlang der Äcker der Familie Bergmann verläuft.<br />

„Wir sorgen auf unseren Flächen dafür,<br />

dass seltene Pflanzen und Tiere überleben.“<br />

Warum er seine Äcker trotzdem bestellt? „Wir sorgen auf unseren<br />

Flächen dafür, dass seltene Pflanzen und Tiere überleben“, sagt Harry<br />

Bergmann. Denn es gibt Pflanzen, wie beispielsweise den Lämmersalat<br />

(Arnoseris minima), die nur auf mageren, sandigen bis lehmigen<br />

nd warum sorget ihr für die Kleidung? Schauet<br />

die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen! Sie arbeiten<br />

nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch,<br />

dass auch Salomo in all seiner Herrlichkeit nicht<br />

gekleidet gewesen ist als derselbigen eins.<br />

aus der Bergpredigt (Matthäus 6, 28 <strong>–</strong> 29 nach Luther 1545)<br />

Sommer 2021<br />

7


Auch Kornblumen und Flockenblumen blühen im Getreide auf den Feldern<br />

entlang des Feldlilienpfades.<br />

Ihre prächtigen Blüten machen die Feuerlilie zu einem beliebten<br />

Fotomotiv.<br />

Böden mit niedrigem pH-Wert wachsen. Um jedes Jahr wieder neu<br />

keimen zu können, benötigt das einjährige Kraut extensiv bewirtschaftete<br />

Flächen. „Solche Flächen sind aber in den letzten Jahrzehnten<br />

immer seltener geworden“, betont der Landwirt. Auf stark gedüngten<br />

Flächen habe der gelbblühende Lämmersalat keine Chance, sich gegen<br />

schneller aufwachsende Pflanzen zu behaupten: „Das kleine Kraut<br />

verschattet und geht ein.“ Schnell aufwachsende Vegetation und höhere<br />

pH-Werte von 6 <strong>–</strong> 7 führen so schnell zum Verschwinden des Wildkrautes<br />

aus der Familie der Korblütler (Asteraceae). Wo in der Landwirtschaft<br />

Herbizide eingesetzt werden, können Lämmersalat und Co.<br />

ohnehin nicht überleben. Auf den Roten Listen der meisten Bundesländer<br />

ist der Lämmersalat mittlerweile als „stark gefährdet“ eingestuft.<br />

Damit solche seltenen Pflanzen überhaupt eine Überlebenschance<br />

haben und ihr Erbgut auch für künftige Generationen erhalten bleibt,<br />

stellen Landwirte wie Harry Bergmann ihre Flächen zur Verfügung.<br />

„Wo die Wildkräuter nicht mehr zu finden sind, haben auch viele andere<br />

bedrohte Arten kaum noch Chancen“, sagt Harry Bergmann. Insekten,<br />

vor allem Wildbienen, aber auch Kleinsäuger wie Hamster oder<br />

Vögel wie Rotmilan, Ortolan sowie Feld- und Heidelerche seien dann<br />

ebenfalls gefährdet. Die artenreichen Äcker seien eine „Arche Noah“<br />

<strong>–</strong> ein Gen-Pool aus dem auch andere Flächen wiederbelebt werden<br />

könnten. Klar: Einerseits sind Erhalt und Förderung der Biodiversität<br />

wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Andererseits fallen Bergmanns<br />

Flächen für die Produktion von <strong>Leben</strong>smitteln aus. Tatsächlich<br />

erhält der Landwirt als Ausgleich für den entgangenen Ertrag Fördermittel<br />

<strong>–</strong> vor allem aus EU-Umweltprogrammen etwa zum Schutz der<br />

Ackerwildkräuter oder des seltenen Zugvogels Ortolan. „Der einzelne<br />

Landwirt kann das nicht alleine tragen. Wir bekommen Geld für den<br />

Naturschutz“, erklärt Bauer Bergmann. Er hatte bereits 1988 angefangen,<br />

auf seinem Land umzusteuern. „Das Thema Nachhaltigkeit<br />

beschäftigt uns schon lange“, sagt Christel Bergmann. Dafür, dass sie<br />

für den Naturschutz Geld kassieren, müssen sie sich auch Kritik anhören.<br />

„Manche meinen, dass wir ja gar keine richtigen Bauern mehr<br />

sind“, sagt Stefanie Bergmann, die den Betrieb vor ein paar Jahren von<br />

ihren Eltern übernommen hat. „Dabei sind doch alle Landwirte<br />

abhängig von Direktzahlungen der EU, von Flächenprämien oder<br />

Förderprogrammen“, betont Harry Bergmann. „Früher haben wir<br />

immer wieder zu hören bekommen, dass wir soundsoviel spritzen müs-<br />

Gärtnerin Stefanie Bergmann kultiviert im Garten der<br />

Familie viele unterschiedliche Pflanzen, darunter selbstverständlich<br />

auch die Feuerlilie.<br />

8 Sommer 2021


Feldlilienpfad Govelin<br />

Selbstgebaute Rosenbögen sind ein besonderer Blickfang in dem<br />

insektenfreundlichen Garten der Familie Bergmann.<br />

sen, dann erntet ihr soundsoviel mehr“, erinnert sich der Landwirt.<br />

„Am Ende schädigen wir dann die Umwelt und haben trotzdem nicht<br />

mehr im Portemonnaie“, fügt seine Frau hinzu. „Das Geld, das wir für<br />

erbrachte Leistungen im Naturschutz erhalten, könnten wir auf unseren<br />

Grenzertragsböden kaum erwirtschaften“, sagt Harry Bergmann.<br />

„Früher haben wir öfter mal zu hören bekommen, dass wir Unkrautbauern<br />

sind“, erinnert sich Christel Bergmann. Doch diese Kritik ist<br />

verstummt, denn das Engagement für mehr Vielfalt auf dem Acker<br />

lohnt sich in jeder Hinsicht: „Wissenschaftler haben herausgefunden,<br />

dass insgesamt 250 Arten unsere Äcker besiedeln“, sagt Stefanie Bergmann.<br />

Für ihren Einsatz zum Schutz von Natur und Landschaft sind<br />

die Bergmanns 2008 mit dem Deutschen Landschaftspflegepreis ausgezeichnet<br />

worden.<br />

Der Feldlilienpfad Govelin bietet Naturfreunden auf einem 4,4<br />

Kilometer langen Rundgang zwölf hervorragend illustrierte<br />

Tafeln mit Erläuterungen zur Entstehung und Veränderung der<br />

Kulturlandschaft des Hohen Drawehn. Der Rundweg verläuft<br />

durch eine malerische Landschaft. Besucher wandern unter<br />

alten Eichen auf einem Abschnitt des historischen Postweges<br />

von Lüneburg nach Gartow und entlang der Felder voller blühender<br />

Ackerwildkräuter, unter denen die orangerot blühende<br />

Feuerlilie hervorsticht.<br />

Auf der Internetseite www.lilienpfad.de können Interessierte<br />

den Feldlilienpfad „virtuell“ erkunden. Es gibt viel zu entdecken<br />

<strong>–</strong> den „echten“ Pfad aber gibt es nur vor Ort!<br />

Führungen auf dem Feldlilienpfad, bei denen die botanischen<br />

und ornithologischen Besonderheiten erläutert werden, werden<br />

schon seit April 2004 angeboten. Wer Interesse an einer individuellen<br />

Führung hat, kann sich an Familie Bergmann wenden:<br />

Stefanie Bergmann<br />

Govelin 2<br />

294<strong>73</strong> Göhrde<br />

Tel. 05862/7422<br />

E-Mail:bergmann.govelin@web.de<br />

Das Engagement für mehr Vielfalt auf dem Acker<br />

lohnt sich in jeder Hinsicht.<br />

Wie sehr sich die ganze Familie mit dem Naturschutzprojekt identifiziert,<br />

wird auf ihrem schmucken Bauernhof sichtbar. Schon die<br />

Blumenpracht am Haus und im traditionell gepflegten Bauerngarten<br />

dürfte wohl jeden Besucher beeindrucken. „Unser Hof wurde erstmals<br />

im Jahr 1448 urkundlich erwähnt. Der erste mit dem Namen Bergmann<br />

hatte hier 1859 eingeheiratet“, sagt Harry Bergmann. Auch seine<br />

Frau Christel ist in der Region fest verwurzelt: Sie stammt von einem<br />

Hof im Nachbarort Tollendorf. Schon seit 1862 schmücken eingeschnitzte<br />

Feuerlilien die Fachwerkbalken am Giebel des Bauernhauses,<br />

was durchaus Symbolcharakter hat.<br />

In einem für Besucher frei zugänglichen Raum stehen Info-Tafeln, die<br />

über den Schutz seltener Pflanzen und Tiere informieren. Sie erfahren<br />

beispielsweise eine Menge über „Pflanzengesellschaften“. Das sind<br />

Gruppen von Pflanzenarten, die unter bestimmten Standortbedingungen<br />

gemeinsam auftreten. Als eine solche Gruppe haben Botaniker die<br />

sogenannte Lämmersalat-Gesellschaft definiert. Leitpflanzen für diese<br />

Pflanzengesellschaft sind neben dem Namensgeber Acker-Veilchen (Viola<br />

arvensis), Acker-Spörgel (Spergula arvensis), Bauernsenf (Teesadalia<br />

Henk L. Bakker, Ingenieur für Geotechnik, beim Fotografieren von<br />

Feuerlilien in Govelien. Der Niederländer kommt alljährlich zur<br />

Lilienblüte in die Göhrde.<br />

Sommer 2021 9


nudicaulis), Begranntes Ruchgras (Anthoxanthum puelii), Einjähriger<br />

Knäuel (Scleranthus annuus), Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella),<br />

Kornblume (Centaurea cyanus) und Windhalm (Apera spica-venti).<br />

Weitere Pflanzen, die typischerweise neben den Leitarten vorkommen,<br />

sind Hederich (Raphanus raphanistrum), Windenknöterich (Polygonum<br />

convolvulus), Schmalblättrige Wicke (Vicia angustifolia), Acker-<br />

Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis), Acker-Ehrenpreis (Veronica<br />

arvensis), Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uliginosum), Vogelmiere<br />

(Stellaria media), Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris), Vogelknöterich<br />

(Polygonum aviculare) und Strahlenlose Kamille (Matricaria<br />

discoidea). Was Botaniker begeistert ist, dass alle diese Arten auf den<br />

von Harry Bergmann bewirtschafteten Flächen vorkommen.<br />

Die schönste Erscheinung und ungekrönte Königin auf Bergmanns<br />

Land ist jedoch die in Deutschland nahezu ausgestorbene wilde Feldlilie<br />

(Lilium bulbiferum), auch Feuerlilie genannt. Ihre orangerot<br />

leuchtenden Blüten sind so groß wie Handteller. Die Blume, deren<br />

Pracht schon in der Bibel beschrieben wurde (Matthäus 6,28; Lukas<br />

12,27) kann nur im Getreidefeld auf mageren und extensiv bewirtschafteten<br />

Böden überleben. In Deutschland sind die Feuerlilien nur<br />

noch im Nordosten Niedersachsens zu finden. Auf dem Feldlilienpfad<br />

von Govelin, einem gut vier Kilometer langen Rundweg, der teilweise<br />

auf dem historischen Postweg von Lüneburg nach Gartow entlang der<br />

Äcker der Familie Bergmann verläuft, können Besucher den botanischen<br />

Raritäten ganz nahe kommen (siehe Kasten).<br />

Am Rande des gut gekennzeichneten Feldlilienpfades, der auch durch<br />

Wald und mitten durch Bergmanns Feld führt, stehen ein Dutzend<br />

Schautafeln, die Naturfreunde über die ökologischen Zusammenhänge<br />

und über die zahlreichen, an diesen Standort besonders angepassten<br />

Arten aus Flora und Fauna informieren. Entscheidend für die ausgeprägte<br />

Artenvielfalt ist demnach nicht nur die äußerst extensive Form<br />

der Landbewirtschaftung auf den spärlich mit Roggen und Hafer<br />

bewachsenen Feldern, sondern auch das Netz von Hecken, breiten<br />

Wegrändern, knorrigen Eichen, Gehölzen und Waldsäumen.<br />

In dieser vielfältig strukturierten Landschaft erreicht auch die Insekten-<br />

und die Vogelwelt nahezu die frühere Artenvielfalt. Der renommierte<br />

Entomologe Heinrich Meybohm hat untersucht, welche Insekten<br />

auf den extensiv bewirtschafteten Äckern der Familie Bergmann<br />

vorkommen. Bei seinen Feldstudien hat er unter anderem Exemplare<br />

seltener Käferarten wie den Stierkäfer (Typhaeus typhoeus) und den<br />

Goldfleck-Puppenräuber (Calosoma auropunctatum) entdeckt. „Käfer,<br />

in der Weise wie es sie hier gibt, kann man in Norddeutschland ganz,<br />

ganz wenig finden und vielleicht nirgends in so guter Ausbildung wie<br />

hier in Govelin“, sagt der Käfer-Experte.<br />

Auch für Vogelkundler ist Govelin ebenfalls ein lohnendes Ziel: Die<br />

besondere Aufmerksamkeit der Ornithologen gilt dem Ortolan, einem<br />

äußerst seltenen Verwandten der Goldammer, der in der offenen Landschaft<br />

noch geeignete <strong>Leben</strong>sbedingungen findet.<br />

Für naturbegeisterte Menschen und Urlauber, die sich nach Ruhe<br />

sehnen, ist die Göhrde ein Paradies. „Manche Gäste kommen schon seit<br />

Jahren immer wieder hierher“, sagt Christel Bergmann. Unter den<br />

Dauergästen sind auch viele Holländer <strong>–</strong> so wie Fred Bos, der seit<br />

Jahren immer wieder zur Hauptblüte der Feuerlilie, Ende Juni/Anfang<br />

Juli, nach Govelin kommt. „Diese Blume ist einfach zu schön“,<br />

schwärmt der Botaniker und Hobbyfotograf, dessen Lieblingsmotiv die<br />

orangefarbenen Blüten der Feuerlilie sind. „Sie ist die Blume unseres<br />

Königshauses und blüht orange <strong>–</strong> das weckt bei uns patriotische<br />

Gefühle“, sagt der freundliche Niederländer und lächelt sympathisch.<br />

Sein charmanter Akzent erinnert an Rudi Carrell. Naturfreunde und<br />

Wissenschaftler aus den Niederlanden und aus ganz Deutschland kommen<br />

immer wieder nach Govelin. „Durch sie haben wir selbst erst viele<br />

der seltenen Pflanzenarten kennengelernt, die auf<br />

unseren Äckern sprießen“, sagt Harry Bergmann.<br />

Harry Bergmann starb im Alter von 72 Jahren, wenige Monate<br />

nach dem Besuch des Redaktionsteams auf seinem Hof in<br />

Govelin. Seine Witwe und seine Tochter wollten, dass der Artikel<br />

über den engagierten Naturschützer in der vorliegenden<br />

Form erscheint <strong>–</strong> auch, um das <strong>Leben</strong>swerk von Harry Bergmann<br />

posthum zu würdigen.<br />

Der Feldlilienpfad ist gut gekennzeichnet. Entlang des Weges informieren<br />

Schautafeln über die ökologischen Zusammenhänge und über die zahlreichen<br />

angepassten Arten aus Flora und Fauna.<br />

„Diese Blume ist einfach zu schön. Die Feuerlilie ist die Blume unseres<br />

Königshauses“, schwärmt der niederländische Botaniker Fred Bos.<br />

<br />

Foto: Privat<br />

10 Sommer 2021


Die Feuerlilie in Kunst und Kultur<br />

Der niederländische Pflanzenkundler Fred Bos<br />

(76) gilt als der Feuerlilien-Experte schlechthin.<br />

Seit frühester Jugend ist der „Botaniker aus<br />

Leidenschaft“ von der „Roggelelie“, wie sie<br />

in seiner Muttersprache heißt, fasziniert. Die<br />

Feuerlilie ist die Blume des niederländischen<br />

Königshauses Oranien-Nassau. Fred Bos hat<br />

über die Feuerlilie geforscht, geschrieben, Vorträge<br />

gehalten und Ausstellungen gestaltet. Für<br />

sein jahrzehntelanges Engagement zum Schutz<br />

der bedrohten Wildpflanze wurde er 2018 vom<br />

Königshaus mit dem Orden der Ritter von Oranien-Nassau<br />

ausgezeichnet. Der niederländische<br />

Verdienstorden wird traditionell am Tag<br />

vor dem Königstag, dem Geburtstag des amtierenden<br />

Monarchen, an Menschen verliehen,<br />

die sich in besonderer Weise um Gesellschaft<br />

und Gemeinwesen verdient gemacht haben.<br />

Seit 2014 wird der „Koningsdag“ zu Ehren des<br />

Königs Willem-Alexander am 27. April gefeiert.<br />

Fred Bos, der seit 1975 Vorstandsmitglied der<br />

Königlich Niederländischen Naturhistorischen<br />

Vereinigung ist, wurde als „Retter der Roggenlilie“<br />

geehrt.<br />

Die Bedeutung der Feuerlilie in Kunst und Kultur<br />

reicht weit zurück: In der Bibel werden die<br />

„Lilien auf dem Felde“ sowohl im Alten wie im<br />

Neuen Testament erwähnt. Über Jahrhunderte<br />

behielt die Ackerfeuerlilie eine herausragende<br />

kulturelle Bedeutung. Die prächtige Pflanze<br />

ist in Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts<br />

beschrieben und auf Kupferstichen im 17.<br />

Jahrhundert künstlerisch porträtiert. Vor allem<br />

die flandrischen Maler haben Feuerlilien häufig<br />

in den Mittelpunkt ihrer barocken Stillleben<br />

gestellt. Populäre Darstellungen der schönen<br />

Blume gibt es auch aus jüngerer Vergangenheit:<br />

Sowohl in den Niederlanden (1994) als<br />

auch in Deutschland (2006) sind Briefmarken<br />

mit Abbildungen der Feuerlilie erschienen.<br />

Bis in die 1950er-Jahre herrschte die Meinung<br />

vor, die orangerot blühende Pflanze sei im nordeuropäischen<br />

Raum ausgewildert. Forscher<br />

fanden jedoch heraus, dass die Feuerlilie kein<br />

Gartenflüchtling, sondern eine Wildpflanze ist,<br />

deren Schönheit Gärtner angeregt hat, sie zu<br />

kultivieren. Wie die meisten anderen unserer<br />

Zwiebelgewächse könnte auch die Feuerlilie<br />

nach der letzten Eiszeit mit den jungsteinzeitlichen<br />

Ackerbauern aus den südosteuropäischen<br />

Steppen hier eingewandert sein. Fred Bos hat<br />

zahlreiche Aufsätze zu diesem Thema veröffentlicht,<br />

unter anderem in den renommierten<br />

Botanik-Fachzeitschriften „The Kew Magazin“<br />

und „Natura“. Der oft als „Feuerlilien-Papst“<br />

bezeichnete Niederländer hat in den vergangenen<br />

Jahrzehnten ganz Nordeuropa bereist<br />

und feststellen müssen, dass die Bestände<br />

der auf der Roten Liste als „gefährdet“ eingestuften<br />

Pflanze immer weiter zurückgehen.<br />

Tiefes Pflügen, enge Saatabstände mit starker<br />

Beschattung des Ackerbodens, Düngung und<br />

Herbizide haben die Feuerlilie an den Rand des<br />

Aussterbens gebracht. Fred Bos war gerade<br />

dabei, einen Nachruf auf die seltene Pflanze zu<br />

schreiben, als er 2007 bei einer Fachtagung im<br />

Emsland von Botanikern den Tipp bekam, nach<br />

Govelin zu fahren. Dort, nur wenige Kilometer<br />

von der Stadt Hitzacker entfernt <strong>–</strong> dem Geburtsorts<br />

von Claus von Amsberg, Prinzgemahl der<br />

niederländischen Königin Beatrix <strong>–</strong> konnte<br />

der Pflanzenexperte tatsächlich das größte<br />

Feuerlilien-Vorkommen in Nordeuropa nachweisen.<br />

Seitdem ist der Niederländer ein gern<br />

gesehener Gast im Haus der Goveliner Familie<br />

Bergmann, die auf ihren Feldern den Feuerlilien<br />

ein Refugium bereitet hat. Auf den schütteren<br />

Getreidefeldern, die von der Landwirtsfamilie<br />

auf Grund freiwilliger Naturschutzvereinbarungen<br />

extensiv bewirtschaftet werden, kann die<br />

Feuerlilie gedeihen. Sie wächst in Gesellschaft<br />

mit anderen seltenen Ackerwildkräutern, die<br />

ebenfalls im lichten Raum zwischen den Getreidepflanzen<br />

ihre Nischen finden. Das jährliche<br />

Pflügen des mageren Bodens im Herbst schafft<br />

den bedrohten Pflanzen günstige Wachstumsbedingungen<br />

fürs nächste Frühjahr.<br />

Als Ackerwildkraut kommt die streng geschützte<br />

Feuerlilie deutschlandweit nur im nördlichen<br />

Niedersachsen vor. Die größten Vorkommen<br />

befinden sich auf den eiszeitlichen Grundmoränenböden<br />

im Wendland <strong>–</strong> auf dem Drawehn<br />

bei Govelin, auf dem Höhbeck bei Gartow und<br />

im Öhring bei Lüchow.<br />

Wildkräuterschutz im Internet:<br />

www.schutzaecker.de<br />

Die Feuerlilie wächst auf spärlich mit Roggen und Hafer bewachsenen Feldern. Sie ist die auffälligste Erscheinung inmitten zahlreicher seltener<br />

Ackerwildkräuter der sogenannten Lämmersalat-Gesellschaft.<br />

Sommer 2021 11


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Seevetal <strong>–</strong> ein Kunstort mit Geschichte: von Seevetaler Malern und Künstlern<br />

Kunst begegnet uns in Seevetal<br />

Jahrhundertwende dafür, dass<br />

Ulrich Heitmüller-Schimmel<br />

überall. Wer im Alltag innehalten<br />

Seevetal unter den Kreativen „en<br />

laden auf dem Fleester Markt und<br />

und staunen möchte, der sollte mit<br />

vogue“ war. Die Werke einiger aus<br />

an der Meckelfelder Bücherei<br />

offene Augen zwischen Elbe und<br />

der Gruppe „Seevetaler Künstler<br />

Seevetal zum Plausch ein. Die<br />

Seeve unterwegs sein, denn Künst-<br />

1974“ finden sich noch heute vor<br />

„kleine Madonna mit Kind“ von<br />

ler haben hier Tradition.<br />

öffentlichen Gebäuden Seevetals<br />

Martin Irwahn wacht vor dem<br />

Ob bekannte „Freiluftmaler“ wie<br />

und sind für jedermann erlebbar.<br />

Rathaus in Hittfeld während nicht<br />

weit entfernt „das Reh“ desselben<br />

Künstlers durch die Kirchstraße<br />

Martin Irwahn: Mutter und Kind<br />

spazieren zu scheint.<br />

Der Künstler und Designer Ger-<br />

haben sich dort verewigt, und der<br />

not Huber hat in Seevetal deut-<br />

Heimatverein Hittfeld lässt Ver-<br />

liche Spuren hinterlassen. Einzig-<br />

teilerkästen mit historischen<br />

In Seevetal finden Sie die künstle-<br />

artig flimmern, drehen und<br />

Motiven glänzen.<br />

rischen „Bunten Bahnhöfe”<br />

schwingen sich die Skulpturen des<br />

Unvermittelt tauchen Regenbögen<br />

kürzlich verstorbenen Künstlers<br />

auf, wilde Tiere oder Comicfigu-<br />

Arthur Siebelist und Anita Rée,<br />

Ulrich Heitmüller-Schimmel:<br />

hier unter alte Kiefern mit Fern-<br />

ren zaubern uns ein Lächeln ins<br />

der erste Direktor der Hamburger<br />

Der Lesende<br />

blick <strong>–</strong> ein großartiges Erbe!<br />

Gesicht <strong>–</strong> selbst Mülleimer sind<br />

Kunsthalle, Alfred Lichtwark,<br />

Farbenfrohe fantasievolle Gale-<br />

nicht sicher vor den „Picassos“ in<br />

oder der Maler Leopold Graf von<br />

„Freundinnen“ von Sabine Diest-<br />

rien sind die Bunten Bahnhöfe<br />

Seevetal.<br />

Kalckreuth <strong>–</strong> sie alle lebten und<br />

Brackenhausen begegnen uns am<br />

und Bushaltestellen Seevetals in<br />

Mehr unter: https://www.seevetal.de/<br />

arbeiteten zeitweise in Seevetal<br />

Maschener Dorfhaus, der „Mit-<br />

Hittfeld, Maschen und Meckelfeld.<br />

tourismus-kultur/sehenswertes-in-<br />

und sorgten schon um die letzte<br />

mensch“ und „Der Lesende“ von<br />

Viele kleine und große Künstler<br />

seevetal/<br />

Immer wieder überraschend.<br />

Kunst entdecken in Seevetal.<br />

Gemeinde Seevetal<br />

Stabsstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Kultur<br />

Andreas Schmidt<br />

Telefon: 0 41 05 55 <strong>–</strong> 22 66<br />

E-Mail: a.schmidt@seevetal.de<br />

Kirchstraße 11 | 21218 Seevetal<br />

Svenja Riebau<br />

Telefon: 0 41 05 55 <strong>–</strong> 22 88<br />

E-Mail: s.riebau@seevetal.de<br />

www.seevetal.de<br />

12<br />

Sommer 2021


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Fußmann-Ausstellung in Seevetal<br />

In diesem Sommer bietet die<br />

Galerie Pfanne-Dreesen in Ohlendorf<br />

eine Sonderschau mit Werken<br />

des bekannten deutschen Malers<br />

Prof. Klaus Fußmann. Hier können<br />

mehr als 60 Originale <strong>–</strong>Aquarelle<br />

und Ölgemälde <strong>–</strong> sowie eine<br />

Auswahl seiner schönsten Linolschnitte<br />

betrachtet und gekauft<br />

werden.<br />

Der 1938 geborene Klaus Fußmann<br />

lebt und arbeitet in Berlin<br />

GALERIE<br />

PFANNE-DREESEN<br />

Kunsthandel & exquisite Rahmen<br />

pd<br />

Wir haben geöffnet und freuen uns auf Ihren<br />

Besuch nach vorheriger Terminvereinbarung<br />

per E-Mail oder auch telefonisch.<br />

Gemälde · Grafik · Einrahmungen · Restaurierungen<br />

und an der Flensburger Förde in<br />

Gelting. Berühmt geworden ist<br />

dieser Ausnahmekünstler in erster<br />

Linie durch seine unverwechselbaren<br />

Blumen- und Landschaftsgemälde,<br />

die überwiegend „vor<br />

der Natur“ entstehen, d. h. Fußmann<br />

findet seine Motive in der<br />

zauberhaften Umgebung von<br />

Förde und Schlei ganz im Norden<br />

Deutschlands.<br />

Die besonders umfangreiche<br />

Ausstellung in Seevetal/Ohlendorf<br />

basiert auf einer langjährigen<br />

persönlichen Beziehung des Galeristenehepaares<br />

Pfanne-Dreesen<br />

zu Klaus Fußmann und seiner<br />

Frau Barbara. Regelmäßige Besuche<br />

sowohl in Berlin als auch in<br />

Gelting bieten die Gelegenheit,<br />

neueste Werke oder auch Seltenes<br />

aus dem Fundus des Künstlers zu<br />

erwerben.<br />

Nun soll auch einer größeren<br />

Öffentlichkeit die farbenkräftige<br />

Malweise dieses Meisters nähergebracht<br />

werden. Im Rahmen<br />

eines Besuches der Galerie werden<br />

neben Arbeiten von Günther<br />

Uecker, Otto Piene, Heinz Mack,<br />

A. R. Penck, Markus Lüpertz,<br />

Horst Janssen und diversen anderen<br />

berühmten Künstlern nach<br />

vorheriger Terminvereinbarung<br />

schwerpunktmäßig Werke von<br />

Professor Fußmann präsentiert.<br />

Terminvereinbarungen gerne per<br />

Telefon unter 0 41 85 / 22 66 oder<br />

per e-mail an<br />

kontakt@pfanne-dreesen.de.<br />

21220 Seevetal / Ohlendorf<br />

Am Schulberg 12 · Tel. 0 41 85 / 22 66<br />

www.pfanne-dreesen.de · kontakt@pfanne-dreesen.de<br />

Sommer 2021 13


ie ie e e<br />

ockun ockun er er<br />

enriette enriette aviis<br />

aviis<br />

von Katrin Lembke<br />

Deutschlands bekannteste Kochbuchautorin,<br />

Henriette Davidis, wurde vor 220 Jahren geboren.<br />

Eine Zeitreise in die Welt des Kochens im<br />

19. Jahrhundert.<br />

Der Bildhauer, Grafiker und bekannte Porträtist Erwin Hegemann<br />

(1924 <strong>–</strong> 1999) aus Hagen schuf 1994 das Henriette-Davidis-Bildnis<br />

in Öl auf Leinwand.<br />

Fotos: Katrin Lembke<br />

220 Jahre ist es her, dass Deutschlands bekannteste Kochbuchautorin<br />

und Begründerin der sogenannten „Deutschen Küche“, Johanna Henriette<br />

Katharina Davidis, am 1. März 1801 das Licht der Welt in Wengern<br />

an der Ruhr erblickte. Sie war das zehnte von dreizehn Kindern<br />

des örtlichen Dorfpfarrers Ernst Heinrich Davidis und dessen Frau<br />

Maria Katharina. Niemand konnte damals ahnen, zu welcher Berühmtheit<br />

das Mädchen es später bringen sollte. Dem bürgerlichen Ideal der<br />

Biedermeierzeit entsprechend war schon ihr junges <strong>Leben</strong> durch Sparsamkeit<br />

geprägt und die Verpflichtung, als Pfarrerstochter ein beispielhaftes<br />

<strong>Leben</strong> führen zu müssen.<br />

Bereits im Alter von 14 Jahren verließ Henriette ihr Elternhaus, um<br />

sich bei ihrer älteren Schwester Elisabeth in Schwelm einzuquartieren<br />

und dort erfolgreich die höhere Töchterschule zu besuchen. Das intelligente<br />

Mädchen erkannte schon damals, dass Tugenden wie Fleiß,<br />

Genügsamkeit und Ordnungsliebe wichtige Eigenschaften für die<br />

künftige Rolle einer Frau als Mutter, Ehefrau und Vorgesetzte der<br />

Dienerschaft waren. Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass Bildung<br />

und das Erlernen eines Berufes zum Ideal des aufstrebenden Bürgertums<br />

zählten und auch für Frauen unerlässlich waren. Schließlich<br />

sollten sie dazu in der Lage sein, die Gedanken ihrer Ehemänner nicht<br />

nur zu verstehen, sondern sich auch an deren Gesprächen aktiv zu<br />

beteiligen. So sollte die Kultur in der heimischen Sphäre Einzug halten,<br />

wobei im Gegensatz dazu ein ausschweifender <strong>Leben</strong>swandel und<br />

ausgeprägte Eitelkeiten als absolut verpönt galten.<br />

Henriettes <strong>Leben</strong>sweg sollte sich jedoch anders gestalten als das Schicksal<br />

der meisten Frauen, denn Liebesglück, Kinder und eine Zukunft als<br />

Hausfrau blieben ihr verwehrt. Obgleich sie zweimal verlobt war,<br />

starben die Männer bereits vor der Eheschließung, so dass „Jettchen“,<br />

wie sie von ihrer Familie liebevoll genannt wurde, im Alter von 26<br />

Jahren zu ihrer inzwischen verwitweten Mutter nach Wengern zurück-<br />

14 Sommer 2021


kehrte. Im Rahmen späterer Lehrtätigkeiten<br />

wurde ihr schnell bewusst, wie wichtig es<br />

war, mit kargen Vorräten sparsam zu wirtschaften,<br />

denn Nahrungsmittel waren<br />

damals in vielen Familien sehr knapp. Da<br />

immer mehr Männer schlecht bezahlten<br />

Berufen nachgingen, versuchten die Frauen<br />

aus wenig viel zu machen, um die Familien<br />

über Wasser zu halten und trotzdem gesund<br />

zu ernähren. Nach Beschäftigungen in verschiedenen<br />

Haushalten war die mittlerweile<br />

43-jährige Henriette Davidis weit herumgekommen<br />

und hatte umfangreiche Erfahrungen<br />

und über 1.500 selbsterprobte<br />

Rezepte aus vielen Regionen Deutschlands<br />

gesammelt. Sie stellte alles in einem 344-seitigen<br />

Lehr-Kochbuch zusammen, welches sie<br />

1845 erstmals drucken ließ. „Henriette<br />

Davidis illustriertes praktisches Kochbuch<br />

für die bürgerliche und feine Küche“ wurde<br />

schnell ein Bestseller, dem im Laufe von 100<br />

Jahren viele überarbeitete Auflagen über den<br />

Tod der Autorin hinaus folgten. Das Kochbuch<br />

schenkten nicht selten Männer ihren<br />

Frauen zu besonderen Anlässen und somit<br />

gehörte es bald zur Grundausstattung in<br />

vielen Haushalten Deutschlands, Europas<br />

und sogar in Amerika bei den deutschen<br />

Auswanderern. Es stand erstmals für das,<br />

was man später weltweit unter „Deutscher<br />

Küche“ verstand, während die Verkaufserlöse<br />

der ledigen Autorin ein für die Zeit komfortables<br />

<strong>Leben</strong> ermöglichten.<br />

Das Henriette Davidis-<br />

Kochbuch war durch<br />

seine verständlichen<br />

Anleitungen ein Bestseller<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

und wurde in vielen<br />

Auflagen gedruckt. Es<br />

begründete die feine<br />

„Deutsche Küche“ und<br />

beeinflusste die Rolle<br />

der Frauen nachhaltig.<br />

Das Pfarrwitwenhaus, in<br />

dem Mutter und Tochter<br />

Davidis Jahre lebten und<br />

kochten, wurde wegen<br />

eines Brückenbaus später<br />

abgerissen. Der Herd<br />

und eine Gedenktafel<br />

wurden als Erinnerung<br />

in einen Brückenpfeiler<br />

eingemauert.<br />

Henriette Davidis als<br />

junge Frau und Ansichten<br />

des Geburtsortes in<br />

ihrer Heimat, die noch<br />

heute an sie erinnern.<br />

Ein Erfolgsrezept<br />

wurde geboren.<br />

Kochbücher hatte es schon seit der Antike<br />

gegeben und waren somit im 19. Jahrhundert<br />

schon lange weit verbreitet, jedoch<br />

waren sie oft nur mit regionalem Bezug und<br />

ohne praktische Tipps und Anleitungen.<br />

Diese brauchten jedoch gerade junge Frauen,<br />

die unerfahren in das Eheleben starteten.<br />

Die unverheiratete, selbstbewusste Davidis<br />

gab als versierte Pädagogin und Hauswirtschafterin<br />

umfassende Tipps und sorgte<br />

durch genaue Erläuterungen für den richtigen<br />

Einstieg in die regional unterschiedliche<br />

deutsche Küche. Dabei vergaß sie nicht, auf<br />

Das Henriette Davidis<br />

Museum in Wetter-Wengern<br />

ist in einem historischen<br />

Fachwerkhaus<br />

von 1801 untergebracht,<br />

erbaut im Geburtsjahr<br />

der Davidis.<br />

Sommer 2021 15


neue Gewürze, Hilfsmittel<br />

(Maggi, Agar-Agar, Fleischextrakt)<br />

und Küchengeräte hinzuweisen,<br />

deren Verwendung sie<br />

immer aufgeschlossen gegenüberstand.<br />

Wichtig war es ihr auch,<br />

die Küchenarbeit auf das<br />

„geringste Zeitmaß“ einzuschränken<br />

und beim Kochen auf peinliche<br />

Sauberkeit, Sparsamkeit, Zeitplanung<br />

und die Bereitstellung möglichst<br />

qualitätsvoller Zutaten zu<br />

achten. Elektrische Kühlschränke<br />

gab es noch nicht, weshalb auf die<br />

richtige Lagerung und Konservierung<br />

des Essens besonders zu achten<br />

war. Auch auf die Verarbeitung von<br />

Resten wurde großer Wert gelegt und<br />

auf Speisen, die schnell zuzubereiten<br />

waren. Sogar ausgefallene heimische<br />

und internationale Gerichte, zubereitet<br />

aus dem Fleisch heute geschützter<br />

Arten, finden sich in dem Buch. Es handelt sich beispielsweise um<br />

„Bataviasuppe mit indischen Vogelnestern“, gebratenen Dachs, Fischotter<br />

mit Kräutern oder Froschschenkelpastete. Auch Pfaue, Schildkröten<br />

und Schnecken galten damals als besondere Delikatessen.<br />

Nudeln sind kein ausschließliches Lieblingsgericht heutiger Tage,<br />

sondern wurden schon früher als Makkaroni gern gegessen.<br />

Kochen war das eine, nur was machte man, wenn sich Besuch ansagte?<br />

Auch hier ließ Henriette Davidis die jungen Frauen nicht im Stich und<br />

beschrieb das perfekte Decken des Tisches, die optimale Sitzordnung<br />

der Gäste, die Speisenfolge und schlug<br />

sogar passende Menüs nach Jahreszeiten<br />

vor. Der Erfolg des Kochbuches gab ihr<br />

schnell Recht, so dass sie bald weitere<br />

Ratgeber veröffentlichte, z. B. „Der<br />

Gemüsegarten“ (1850), „Puppenköchin<br />

Anna“ (1856), „Der Beruf der Jungfrau“<br />

(1857) und „Die Hausfrau“<br />

(1861). So konnten Mädchen schon<br />

von frühester Jugend an in ihre spätere<br />

Aufgabe hineinwachsen und in der<br />

typischen Rollenverteilung des 19.<br />

Jahrhunderts das Ideal der bürgerlichen<br />

Kleinfamilie fördern.<br />

Im Gegensatz dazu sind nicht nur die<br />

heutigen Familienmodelle vielfältig<br />

geworden, sondern auch die Rollenverteilungen<br />

in den Familien. Ein<br />

prägendes Vorbild für mehrere<br />

Generationen, so wie Henriette<br />

Davidis es durch ihre Bücher<br />

erfolgreich landesweit verbreitete, hat im 21. Jahrhundert schon<br />

lange ausgedient.<br />

Auch die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln änderte sich grundlegend,<br />

denn sie können heutzutage ganzjährig an jeder Ecke gekauft<br />

werden. Durch die Globalisierung ist nicht nur die Gesellschaft multikulturell<br />

geworden, sondern in diesem Zuge auch das Essen international,<br />

für dessen Zubereitung die modernsten (Elektro-) Geräte zur<br />

Verfügung stehen. Wer nicht kochen möchte, hat von Angeboten „to<br />

go“ bis zu Fertiggerichten oder Restaurantbesuchen eine unendlich<br />

große Auswahl.<br />

Besuch im Davidis-Museum in Wetter-Wengern:<br />

Biedermeier-Küche mit zeitgenössischen Gerätschaften.<br />

Dienstboten-Kammer des 19. Jahrhunderts.<br />

16 Sommer 2021


<strong>Leben</strong> und Kochen wie „Anno Dazumal“ im<br />

Henriette Davidis Museum in Wengern (Wetter).<br />

Wie Menschen vor 200 Jahren lebten und sich ernährten, kann sich<br />

heute kaum noch jemand vorstellen. Einen Eindruck bekommen Besucherinnen<br />

und Besucher des 1994 in Davidis Geburtsort Wengern<br />

eröffneten Museums, welches das <strong>Leben</strong> und Werk der berühmten Tochter<br />

des Ortes vorstellt. Das Museum ist in Familienhand und wird<br />

durch Walter Methler (79) und dessen Sohn Eckehard (46) geführt. Es<br />

ist in dem sogenannten „Mühlchen“ untergebracht, einem denkmalgeschützten<br />

Fachwerkhäuschen mit Feldsteinsockel, welches in Davidis<br />

Geburtsjahr 1801 errichtet wurde. Dort ist nicht nur eine Bibliothek<br />

mit 700 Davidis-Büchern zu bewundern. In sechs authentisch eingerichteten<br />

Räumen lässt sich auch das häusliche <strong>Leben</strong> der Biedermeierzeit<br />

nachvollziehen. Eine Davidis-Küche mit antiken Haushaltsgeräten<br />

darf natürlich nicht fehlen und ein Miniaturmodell für kleine Mädchen.<br />

„Schon früh sollten Mädchen ihre künftige Rolle als Ehefrau<br />

spielerisch erlernen“, weiß Museumsleiter Walter Methler zu berichten.<br />

Das Interesse am Thema ist groß, denn „das Museum wird von vielen<br />

Einzelbesuchern und Besuchergruppen landesweit besucht.“ Familie<br />

Methler öffnet das Haus an jedem ersten Sonntag im Monat von 15 bis<br />

17 Uhr, wobei Sonder-Terminabsprachen jederzeit möglich sind.<br />

Geschmacksreise auf Henriette Davidis Spuren.<br />

Bärbel Lüttge (51) ist eine Profiköchin, wie sie im Buche steht. Egal,<br />

ob sie in einer Schulmensa 200 Grundschulkinder bekocht oder Feinschmeckergaumen<br />

in der gehobenen Gastronomie verwöhnt. Sie<br />

beherrscht die Kunst des Kochens von der Pike auf. Gemeinsam mit<br />

Tochter Jana (21) testet sie in ihrer heimischen Küche im romantischen<br />

Bild oben: Köchin Bärbel Lüttge (rechts) mit den Küchenmädchen<br />

Evelina, Emelie und Tochter Jana (von links nach rechts).<br />

Bild Mitte: Das Geburtshaus der Henriette Davidis in<br />

Wetter-Wengern.<br />

Bild unten: Henriette Davidis praktisches Kochbuch war ein beliebtes<br />

Geschenk für Frauen aller Altersklassen, wie eine historische<br />

Zeitungsannonce von 1892 belegt.<br />

Mädchen sollten an ihre spätere Bestimmung herangeführt werden:<br />

Nachbau einer Kinderküche.<br />

Frühjahr 2021 17


Der Stolz jeder Köchin und Hausfrau: Ein Altdeutscher Napfkuchen.<br />

Nicht selten findet man in alten Davidis-Kochbüchern in feinem Sütterlin<br />

geschriebene Kassenzettel, Gedichte und Notizen als Erinnerungen an<br />

die Urgroßmutter und an vergangene Tage.<br />

Heidedörfchen Egestorf regelmäßig neue und komplizierte Gerichte.<br />

Warum nicht einmal eine Zeitreise in die Rezeptwelt des 19. Jahrhunderts<br />

wagen und die Davidis-Rezepte auf Alltagstauglichkeit überprüfen?<br />

Das zeitgenössische Ambiente wurde schnell in der historischen<br />

Küche in der denkmalgeschützten Wassermühle Karoxbostel aus dem<br />

19. Jahrhundert in Seevetal bei Hamburg gefunden, so dass das professionelle<br />

Mutter-Tochter-Team dort mit den beiden Küchenmädchen<br />

Emelie (9) und Evelina (12) zur Tat schreiten konnte. Es wurde nicht<br />

nur das Davidis-Kochbuch unter modernen Aspekten unter die Lupe<br />

genommen, sondern auch die alten Rezepte praktisch erprobt. „Die<br />

Temperatur konnte man bei den damaligen Backöfen nicht einstellen,<br />

weshalb Henriette Davidis keine Angaben dazu machen konnte“, meint<br />

Jana Lüttge und ergänzt „in einem modernen Backofen sollte man den<br />

Altdeutschen Napfkuchen bei 200 °C eine Stunde backen, damit er gut<br />

gelingt.“ Der Kuchen ist mit Zutaten wie beispielsweise 10 Eiern und<br />

500 g Butter sehr gehaltvoll. Bärbel Lüttge erinnert sich an die harte<br />

Feldarbeit ihrer Vorfahren und ergänzt, „dass die Menschen damals<br />

sehr viel mehr Energie brauchten als heute und deshalb auch kalorienreichere<br />

Nahrung.“ Jana Lüttge hat sich die Marmeladenrezepte angesehen<br />

und beurteilt, dass sie den heutigen Anleitungen noch sehr<br />

ähneln. Das trifft auch auf den „Warmen Kartoffelsalat à la Davidis“<br />

zu, der „den heutigen Rezepten nicht unähnlich ist und sogar durchaus<br />

partytauglich“, findet Bärbel Lüttge und empfiehlt ihn als leckere<br />

Beilage zum Grillen. Was denken Sie?<br />

Wir haben die „<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>“ Davidis-Favoriten für Sie zum Nachkochen<br />

und Backen aufbereitet:<br />

Schon Kinder sollten rechtzeitig mit der Welt des Kochens vertraut<br />

gemacht werden. Emelie hilft bei der Zubereitung eines<br />

warmen Kartoffelsalates.<br />

Arbeit macht hungrig: Das Küchenteam genießt Kartoffelsalat<br />

à la Davidis <strong>–</strong> damals wie heute ein Genuss.<br />

18 Sommer 2021


Sommer 2021 19


Wie schmeckt der Altdeutsche Napfkuchen? Lecker! Endlich wird<br />

er angeschnitten und kann probiert werden.<br />

Eckehard und Walter Methler leiten seit 2004 engagiert das Davidis-<br />

Museum in Wetter-Wengern und halten erfolgreich die Erinnerung an<br />

die berühmte Tochter des Ortes aufrecht.<br />

Fotos: privat<br />

Warmer Kartoffelsalat<br />

½ Untertasse Essig<br />

2 Untertassen Wasser<br />

3 EL Olivenöl (ersatzweise zerlassene Butter)<br />

Etwas Salz und 1 Bund gehackte Petersilie<br />

3 gehackte Zwiebeln<br />

1,5 kg Pellkartoffeln (oder auch mehr),<br />

geschält und in Scheiben geschnitten<br />

etwas Zucker<br />

Essig, Wasser und Petersilie aufkochen und mit den gehackten<br />

Zwiebeln und dem Öl vermischen. Die noch warmen, in<br />

Scheiben geschnittenen Kartoffeln dazugeben und mit Zucker<br />

abschmecken.<br />

Altdeutscher Napfkuchen<br />

500 g Butter, geschlagen<br />

10 Eier<br />

100 g süße Mandeln (sehr fein gehackt)<br />

50 g bittere Mandeln (sehr fein gehackt)<br />

Schale einer abgeriebenen Zitrone<br />

250 g Zucker<br />

500 g feines Weizenmehl<br />

Henriette Davidis war eine Ausnahmeköchin des 19. Jahrhunderts, wie<br />

es sie weder vorher noch nachher gegeben hat. Sie prägte Generationen<br />

von Frauen durch ihr Vorbild, ihre Kochkunst und ihr Rollenverständnis.<br />

Schließlich war es in damaligen knappen Zeiten überlebensnotwendig,<br />

dass zu Hause zusammengehalten wurde, was die Männer draußen<br />

erwirtschafteten. Bildung und einen erlernten Beruf verstand Davidis<br />

nicht als Widerspruch dazu, sondern vielmehr als wichtige Voraussetzungen,<br />

um die Herausforderungen im <strong>Leben</strong> einer Frau perfekt zu<br />

meistern. Manche sehen in ihr aufgrund dieses Standpunktes auch eine<br />

frühe Protagonistin der Frauenbewegung.<br />

Auch wenn Geschmack und Essverhalten sich in 200 Jahren grundlegend<br />

verändert haben und für heutige Gaumen teilweise gewöhnungsbedürftig<br />

sind, finden sich in ihrem Kochbuch trotzdem Rezepte, die<br />

vielen Menschen heute noch schmecken. Unabhängig davon gehört sie<br />

zu den großen Pionierinnen der feinen deutschen Küche und es gilt bis<br />

heute ihr Standpunkt, dass das Kochen<br />

eine Kunst sei, und gar eine edele.<br />

Ausflugstipp<br />

Henriette-Davidis-Museum<br />

Geschlagene Butter mit 10 Eidotter, den gehackten Mandeln,<br />

der abgeriebenen Zitronenschale und 250 g Zucker vermengen.<br />

Dann das Mehl hinzufügen und ebenfalls vermischen.<br />

Dann zu Schnee geschlagenes Eiweiß unterziehen und in<br />

einer Napfkuchenform 60 Minuten bei 200 °C auf mittlerer<br />

Schiene backen.<br />

Elbscheweg 1 · 58300 Wetter<br />

Tel.: 02335-61116 (Walter Methler)<br />

Email: info@henriette-davidis-museum.de<br />

www.henriette-davidis-museum.de<br />

20<br />

Sommer 2021


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Entdecken Sie Winsen an der Luhe<br />

Winsen an der Luhe liegt einge-<br />

zunächst den Landesfürsten als<br />

genutzt. Heute hat hier neben<br />

wegekarte mit sieben ausgeschil-<br />

bettet zwischen der Lüneburger<br />

Sitz. Ende des 16. Jahrhunderts<br />

der Stadtbücherei und dem Hei-<br />

derten familienfreundlichen<br />

Heide und dem Urstromtal der<br />

ließ Herzogin Dorothea, die<br />

mat-& Museumsverein die Tou-<br />

Strecken zwischen 18 km und 23<br />

Elbe vor den Toren Hamburgs.<br />

Tochter des dänischen Königs<br />

rist-Information ihren Sitz. Für<br />

km Länge. Die Touren können<br />

Häuser aus der Gründerzeit und<br />

Christian III., das Schloss<br />

Ausflüge ins Grüne bietet sich die<br />

sowohl einzeln als auch kombi-<br />

schöne Fachwerkgebäude reihen<br />

umbauen und um eine Kapelle<br />

reizvolle Umgebung von Winsen<br />

niert befahren werden.<br />

sich im 860 Jahre alten Ortskern<br />

mit Deckenmalereien, einen<br />

(Luhe) an. Wasser-und Natur-<br />

Die passenden Drahtesel für eine<br />

der Kleinstadt aneinander.<br />

Marstall und einen Lustgarten<br />

freunde können sich auf den<br />

Tour können an der Tourist-<br />

Sehenswert sind das Rathaus von<br />

erweitern. Seitdem hat sich das<br />

Flüssen Luhe und Ilmenau bei<br />

Information Winsener Elb-<br />

1896 sowie die St.-Marien-Kir-<br />

Schloss äußerlich kaum verän-<br />

einer Kanutour oder beim neuen<br />

marsch ausgeliehen werden.<br />

che, ein markantes Beispiel nord-<br />

dert. Heute sprechen die Richter<br />

Trendsport Standup Paddling<br />

Die Freizeit- und Radwegekarte<br />

deutscher Backsteingotik.<br />

des Amtsgerichts in dem wuchti-<br />

den Wind um die Nase wehen<br />

sowie weitere Tipps und Informa-<br />

Einen Blick sollten Literaturin-<br />

gen Backsteingebäude Urteile.<br />

lassen. Auch mit dem Fahrrad<br />

tionen gibt es an der Tourist-<br />

teressierte auf das Denkmal vor<br />

Im Schlossturm zeigt der Hei-<br />

lassen sich der ländliche Charak-<br />

Information, Schlossplatz 11,<br />

der Kirche werfen. Es zeigt den<br />

mat-und Museumsverein die<br />

ter der Stadt Winsen (Luhe) und<br />

21423 Winsen (Luhe) Telefon:<br />

gebürtigen Winsener und Goe-<br />

Ausstellung „Reformation und<br />

die einzigartige Marschland-<br />

04171- 657 281 oder 04171- 657<br />

the-Freund Johann Peter Ecker-<br />

Dreißigjähriger Krieg“, diese ist<br />

schaft erleben. Im Norden führt<br />

286 oder online auf der Inter-<br />

mann. Zu einem Spaziergang<br />

bei einer Führung im Schloss-<br />

der beliebte Elberadweg vorbei<br />

netseite: www.winsener-elbmarsch.de<br />

Die St.-Marien-Kirche<br />

Das Wasserschloss<br />

Das Team der Tourist Information.<br />

Foto: Stadt Winsen<br />

durch Winsen gehört auch das<br />

turm beinhaltet. Das mehrge-<br />

und knüpft an die regionalen<br />

Schloss. Entstanden ist die ehe-<br />

schossige Fachwerkhaus <strong>–</strong> der<br />

Ringtouren, die landeinwärts<br />

malige Wasserburg wahrschein-<br />

Marstall <strong>–</strong> wurde einst als Pfer-<br />

verlaufen, an. Hierfür gibt es<br />

Die Freizeit- und Radwegekarte ist<br />

lich um 1230 und diente<br />

destall und Kornspeicher<br />

eine passende Freizeit-und Rad-<br />

in der Tourist-Information erhältlich.<br />

Entdecken Sie Winsen an der Luhe!<br />

www.winsener-elbmarsch.de<br />

Informationen zu allen Freizeitangeboten<br />

gibt es in der Tourist-Information im Marstall.<br />

Tel. 04171 - 657 286 oder 281<br />

Sommer 2021 21


as as lück lück<br />

er er eerinne<br />

eerinne<br />

von Katrin Lembke<br />

Im ehemaligen Gebetssaal des Klosters Lüne<br />

bei Lüneburg wurde nach 1948 eine Weberei<br />

gegründet, die durch die Förderung der<br />

Heinz-Friedrich-Meyer-Stiftung noch heute<br />

existiert. Engagierte Weberinnen leben hier<br />

ihren Traum von Kreativität, Farben und Kunst.<br />

Das Weben gehört zu den ältesten Handwerkskünsten der Menschheit,<br />

denn Funde von Geweberesten belegen, dass es schon vor 32.000 Jahren<br />

Menschen gab, die aus Fäden Textilien webten, und sogar die Steinzeitmenschen<br />

verwoben bereits Zweige miteinander. Das Spinnen wurde<br />

entwickelt, um lange Fäden zu erzeugen, die das Weben zur Erzeugung<br />

von Stoffen erst ermöglichten. In vielen Regionen der Erde wurde das<br />

Grundprinzip unabhängig voneinander erkannt, auf unterschiedlich<br />

konstruierten Webstühlen praktiziert, und schon Alfred Brehm<br />

(1829 <strong>–</strong> 1884) erforschte 1865, dass bereits die Inkas „große Meister<br />

im Weben“ hatten. Aber wie funktioniert die Handweberei? In einer<br />

Hereinspaziert. Weberin Monika Sürie präsentiert ein<br />

uraltes Handwerk in traditionsreichen Mauern.<br />

<br />

Fotos: Katrin Lembke<br />

Der Webstuhl wurde aufwendig eingerichtet. Nun kann das<br />

Weben von vielfarbigen Kunststücken beginnen.<br />

22 Sommer 2021


fachgemäßen Bindung kreuzen sich die sogenannten Kett- und Schussfäden<br />

rechtwinklig, woraus ein fortschreitendes Gewebe entsteht. Die<br />

Kette wird vom Kettenbaum freigegeben und das Gewebte auf den<br />

Gewebe-Baum aufgewickelt. Webschäfte heben und senken die Kettfäden<br />

in zwei Ebenen und binden bei jedem Wechsel den Schussfaden<br />

ein, der sich, auf eine Spule gewickelt, in einem Schiffchen befindet.<br />

Damals wie heute waren weltweit Menschen auf gewebte Kleidung<br />

angewiesen. Auch in Deutschland fanden sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

noch in vielen Bauernstuben Spinnräder und Webstühle, denn<br />

die Stoffe für den häuslichen Bedarf wurden selbst produziert und zur<br />

Aufbesserung des Einkommens ärmerer Bauern als lukrative Nebeneinkunft<br />

auch verkauft. Seit etwa 250 Jahren wurden die häufig aus<br />

geschnitztem Eichenholz gebauten Rollenaufzugswebstühle mit maximal<br />

zwei bis vier Schäften genutzt, die wenig Gestaltungsmöglichkeiten<br />

im Gegensatz zu heutigen Modellen boten, weshalb die Bauern nur<br />

begrenzt Muster weben konnten. Damals bewunderte Johann Wolfgang<br />

von Goethe (1749 <strong>–</strong> 1832) die Kunst in einem Gedicht: „So schauet mit<br />

bescheidnem Blick, der ewigen Weberin Meisterstück. Wie ein Tritt<br />

tausend Fäden regt, die Schifflein hinüber herüber schießen. Die Fäden<br />

sich begegnend fließen, ein Schlag tausend Verbindungen schlägt …“<br />

Mit der Industrialisierung in Europa im 19. Jahrhundert trat eine<br />

einschneidende Trendwende ein und das alte Handwerk geriet in eine<br />

massive Krise. Durch die günstiger verkauften industriell gefertigten<br />

Textilien trat bei den hausgewebten Stoffen ein starker Preisverfall ein.<br />

Ein Grund, weshalb sich an vielen Orten Protest regte und in Schlesien<br />

1844 unter den ausgebeuteten Webern Revolten ausbrachen. Diese<br />

wurden blutig niedergeschlagen und gingen als „Weberaufstände“ in die<br />

Geschichte ein. Die Missstände prangerte zu der Zeit der deutsche Dich-<br />

Bild oben: Monika Sürie webt prachtvolle Kunststücke.<br />

Bild Mitte: Das Garn muss vor dem Weben auf Schiffchen gespult<br />

werden.<br />

Acht Kontermarsch-Webstühle klappern in der Lüner Weberei um die<br />

Wette.<br />

Bild unten: Die Handweberei auf Bauernwebstühlen hat in der Lüneburger<br />

Heide eine lange Tradition. Zwei Weberinnen um 1900.<br />

Sommer 2021 23


ter Heinrich Heine (1797 <strong>–</strong> 1856) in seinem revolutionären Lied über die<br />

„Die armen Weber“ an, dessen öffentliches Singen bald verboten wurde.<br />

Monika Süries langer Weg zur Handweberei.<br />

Heutzutage werden fast alle Stoffe maschinell in Fabriken gewebt,<br />

ob wohl die Handweberei noch immer begeistert praktiziert wird, zum<br />

Beispiel durch die Lüneburgerin Monika Sürie (58). Als studierte<br />

Innenarchitektin ist sie gleichzeitig Gesellin der Webkunst. Aufgewachsen<br />

in dem waldreichen Ort Wintermoor bei Soltau in der Lüneburger<br />

Heide kam sie in jungen Jahren weit in der Welt herum, denn ihr Beruf<br />

führte sie nach Paris, Florenz, Chicago und London. Während ihrer<br />

Kinderpause entfernte sich die Mutter zweier erwachsener Söhne<br />

jedoch gedanklich von ihrem ursprünglichen Beruf. Zwar wollte sie die<br />

kreative Schiene nicht verlassen, aber unbedingt eine Betätigung finden,<br />

bei der sie ihre Hände einsetzen konnte. Auf der Suche nach einem<br />

passenden Handwerk absolvierte sie ein halbjähriges Praktikum in<br />

einer Weberei. Schnell begeisterte sie sich für die nötige Ausdauer,<br />

Geduld, die verarbeiteten Naturmaterialien und die vielfältigen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten. Die Entscheidung fiel leicht, eine weitere<br />

Ausbildung zu beginnen, und zwar auf dem Werkhof Kukate im Wendland.<br />

Dafür sprach, dass Monika Sürie dort keinen Ausbildungsbetrieb<br />

benötigte, denn viele kleinere Webereien können sich Auszubildende oft<br />

nicht leisten. Während ihrer Lehrzeit webte Monika Sürie erstmals im<br />

Kloster Lüne und nachdem sie erfolgreich ihre Gesellenprüfung abgelegt<br />

hatte, wurde sie dort 2009 Teil des Teams der Weberinnen Gerda<br />

Thost (Meisterin) und Ulrike Söhl (Gesellin).<br />

Heinz Friedrich Meyer als Retter<br />

der Weberausbildung.<br />

Dass die Weberei im Kloster Lüne heute existiert, ist Heinz Friedrich<br />

Meyer (1933 <strong>–</strong> 2004) zu verdanken. Der lebenslang alleinstehende und<br />

kinderlose Webermeister stammte aus Dahlenburg bei Lüneburg, absolvierte<br />

als Erbe eines dortigen Textilgeschäftes eine Meisterausbildung<br />

im Weben und tat sich in Norddeutschland bald durch seine künstlerische<br />

Experimentierfreudigkeit hervor. Seine Erfahrungen gab er weiter,<br />

indem er an der Universität Lüneburg, der Internatsschule Marienau<br />

und auch an einer Ergotherapeuten-Schule unterrichtete. Er war auch<br />

der Lehrmeister der beiden Kolleginnen von Monika Sürie, Gerda<br />

Thost und Ulrike Söhl. Um die Webkunst nachhaltig zu fördern,<br />

brachte Meyer sein Wissen und Vermögen 1998 in eine Stiftung ein,<br />

welche die Weberei Lüne noch heute unterhält. Im Alter von 75 Jahren<br />

verstarb er im Jahr 2004 und sein Andenken wird noch heute in Ehren<br />

gehalten. Alle zwei bis drei Jahre trifft sich der aus drei Personen bestehende<br />

Vorstand der von ihm gegründeten Stiftung, der auch immer die<br />

jeweilige Äbtissin des Klosters angehört.<br />

Weben im Gebetssaal.<br />

Die Webstube ist Teil der Lüner Klosteranlage, die im Jahr 1150 als<br />

Einsiedelei gegründet und nach der Reformation protestantisch geworden<br />

war. Noch heute bewohnt ein evangelisches Frauenkonvent das<br />

Kloster, widmet sich der Geschichte und Kultur des Hauses und bietet<br />

während der Sommermonate auch Führungen an. Dass die klösterliche<br />

Weberei mit der einladenden grünen Tür ursprünglich ein Gebetssaal<br />

für die gläubige Gemeinde war, erkennt man an den wunderschönen<br />

Jugendstil-Malereien an den Wänden, die von 1901 bis 1905 durch<br />

Hugo Friedrich Hartmann gemalt worden waren und die klösterliche<br />

Nächstenliebe zeigen, d. h. Kinder lehren, Kranke pflegen, Nackte<br />

bekleiden und Hungrige speisen. Ein großes Epitaphium aus der<br />

Barockzeit springt den Besuchern ebenfalls sofort ins Auge. Mit Unterbrechungen<br />

stand der Gebetssaal leer, bis die Weberei 1948 einzog.<br />

Eine Heizung wurde erst sehr viel später in dem kühlen Raum eingebaut.<br />

Besonders schön ist es dort im Winter, wenn die Weberei Gastgeber<br />

eines Weihnachtsmarktes für verschiedene Kunsthandwerker ist.<br />

Schon immer war Schafwolle weltweit ein natürlicher Rohstoff für die<br />

Verwendung in der Weberei.<br />

Die zum Weben verwendete Wolle wird auf praktischen Spulen geliefert,<br />

die Gestaltungsmöglichkeiten sind unbegrenzt.<br />

24 Sommer 2021


Sommer 2021 25


Die verschiedenartigsten Webstühle<br />

ermöglichen das Weben<br />

vom praktischen Geschirrtuch bis<br />

zur kuscheligen Wolldecke.<br />

Bevor Wolle für das Weben verwendet werden kann, muß sie vorher gesponnen<br />

werden, wie hier im Kloster Lüne um 1900.<br />

Auch Kunst lässt sich<br />

weben. Kreative Wanddekoration<br />

in der Weberei.<br />

Harmonische Farbigkeit kennzeichnet<br />

die Lüner Kunstwerke.<br />

Die gewebten Kunstwerke werden in der Weberei, online oder auf<br />

Bestellung verkauft. Es handelt sich um warme Wolldecken, feine Tischwäsche,<br />

Geschirrtücher, elegante Schals und weiche Kissenhüllen.<br />

Ausschließlich Naturmaterialien kommen zum Einsatz, d. h. Wolle aus<br />

Österreich, Leinen aus Skandinavien und Seide. Im Herstellungsprozess<br />

gibt es historische, klassische und experimentelle Bindungen, die sich<br />

entwickeln und verändern lassen. Dabei hat jede Werkstatt ihre eigene<br />

„Handschrift“ und somit ein Markenzeichen, was durch die verwendeten<br />

Farben und deren Harmonie begründet sein kann. Eine „harmonische<br />

Farbigkeit“ ist es, die Monika Sürie wichtig ist und typisch für die<br />

in Lüne gewebten Produkte, für die es deutschlandweit langjährige<br />

Stammkunden gibt. Im Tuch- und Textilmuseum in Neumünster gibt es<br />

einen Webermarkt, der jährlich im Oktober stattfindet und auf dem das<br />

Lüner Weberinnen-Team gern einen Verkaufsstand aufschlägt. „Hauptsächlich<br />

im Winter sind warme Wolldecken der absolute Verkaufsschlager,<br />

denn ca. 60 % der verkauften Produkte entfallen auf sie“, berichtet<br />

Monika Sürie. Es fällt auf, dass jede Decke ein absolutes Unikat und<br />

für die jeweilige Handweberin auch typisch ist.<br />

Bei der Vorbereitung eines Webstuhls für die Herstellung von Wolldecken<br />

werden in drei Tagen 960 Fäden als 26 m lange Ketten auf den<br />

Webstuhl gezogen. „Wenn das Weben dann losgehen kann, ist das das<br />

eigentliche Sahnehäubchen“, verrät Monika Sürie. Es dauert etwa acht<br />

Wochen, bis alles verwebt ist. Wichtig ist es Monika Sürie, dass die<br />

Menschen die Webkunst wertschätzen und die Handarbeit, die dahintersteckt.<br />

Frontalansicht des Kloster Lüne um 1900.<br />

Dieselbe Perspektive im Jahr 2021 mit dem Eingang der Weberei (Bildmitte).<br />

Die Welt verändert sich und im Kloster ist noch vieles so, wie es<br />

schon vor vielen hundert Jahren war.<br />

26<br />

Sommer 2021


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Die Lüner Klosterremise Jacobus <strong>–</strong><br />

eine Maßnahme gegen Hunger und Durst<br />

Weben mach durstig und hungrig und eine Kloster- und Museumsbesichtigung,<br />

die unter normalen Bedingungen während der Sommermonate<br />

möglich ist, ebenso.<br />

Abhilfe schafft das Gastwirtehepaar Weiß aus Winsen-Rottorf. Im<br />

ehemaligen klösterlichen Kornhaus werden lecker gefüllte Picknick-<br />

Körbchen ausgegeben, mit denen sich Gäste, natürlich mit Abstand, bei<br />

gutem Wetter zum Picknick auf der malerischen Streuobstwiese auf<br />

Decken niederlassen können. Ganz besonders lieben die Gäste die<br />

leckeren riesigen gefüllten Windbeutel. Gefällt die Location, kann sie<br />

auch gern für Betriebs- und Fahrradausflüge genutzt werden oder für<br />

Feiern aller Art.<br />

Kontakt: Am Domänenhof, 21337 Lüneburg, Tel.: 0160 5557018,<br />

Öffnungszeiten: siehe Website.<br />

www.kloster-luene.de/besuch/cafe-und-restaurant-im-kloster/<br />

Sommer 2021 27


Ausflug in die Welt des Webens.<br />

Oft kommen Touristen in die Weberei, manchmal sogar aus Amerika,<br />

Australien oder auch Belgien. Wer von der Faszination erfasst wird,<br />

kann einen Webkurs an einem Wochenende besuchen und das Weben<br />

selbst ausprobieren. Das Gros der Kursteilnehmer/innen ist im Alter<br />

von 40 <strong>–</strong> 70 Jahren und zu 75 % handelt es sich um Frauen, von denen<br />

manche immer wieder kommen. Einige verspürten sogar den Wunsch,<br />

sich selbst einen Webstuhl kaufen zu wollen. „Ohne Ausbildung sollte<br />

man sich das nicht zu einfach vorstellen, denn sehr viele komplizierte<br />

Handgriffe sind nötig, bis man loslegen kann“, warnt Monika Sürie.<br />

Vielen ist es jedoch sehr ernst, gerade solchen Menschen, die ihr Pensionsalter<br />

erreicht haben und nach einem neuen Hobby suchen. Es gibt<br />

sogar Kursteilnehmerinnen, die sich zu einer Ausbildung entschlossen<br />

und sich dann tatsächlich einen eigenen Webstuhl zulegten, für den man<br />

allerdings sehr viel Platz benötigt.<br />

Acht Kontermarsch-Webstühle<br />

klappern um die Wette<br />

Es gibt viele Arten von unterschiedlich konstruierten Webstühlen. In<br />

der Lüneburger Werkstatt kommen ausschließlich Kontermarsch-Webstühle<br />

(eine modernere Bauart) zum Einsatz. Sie zeichnen sich dadurch<br />

aus, dass die Schäfte ein Wippensystem aufweisen. Ein als Damastwebstuhl<br />

umgerüsteter Kontermarsch-Webstuhl ist dabei eine Besonderheit,<br />

die es nicht in jeder Werkstatt gibt. Es gibt auch einen sogenannten<br />

Hochwebstuhl, dessen Kette senkrecht und nicht waagerecht verläuft.<br />

Es handelt sich dabei um einen Webstuhl, der sich besonders für<br />

das Weben von Teppichen und Bildern eignet und deshalb von vielen<br />

Kursteilnehmerinnen bevorzugt wird. Die Webstühle haben alle 4 <strong>–</strong> 8<br />

Schäfte. Normalerweise kostet ein Webstuhl zwischen 2.500 und<br />

3.000 Euro und unterliegt kaum einem Wertverfall, wobei größere<br />

Exemplare aufgrund der eingeschränkten Aufstellmöglichkeiten sehr<br />

schwer verkäuflich sind.<br />

Die Werkstatt Lüne verfügt über maximal 60 Jahre alte Webstühle und<br />

solche, die in gebrauchtem Zustand aus Skandinavien dazugekauft<br />

wurden. Sie gehören nicht den Weberinnen, sondern der Heinz-Friedrich-Meyer-Stiftung,<br />

der auch die Weberei gehört. In die Werkstatt<br />

oder zum „TÜV“ müssen Webstühle nicht, denn die Weberinnen reparieren<br />

sie selbst. Das geht am besten, wenn alles abgewebt ist und der<br />

Webstuhl vor der neuen Einrichtung durchgecheckt wird. Die drei<br />

Weberinnen einigen sich regelmäßig untereinander, wer an welchem<br />

Webstuhl weben darf.<br />

Weben <strong>–</strong> ein Weg zum Glück.<br />

„Weben ist eine ganzheitliche Betätigung für den ganzen Körper,<br />

schließlich werden Hände, Füße, Augen, Herz und Verstand angesprochen,<br />

was viele beglückt und auch die dabei entstehende Rhythmik ist<br />

eine menschliche Sehnsucht“, fasst Monika Sürie ihre Begeisterung<br />

zusammen. Ein Grund, weshalb das Weben oft in der Behindertenarbeit<br />

und in Projekten mit Kindern eingesetzt wird. Viele Menschen macht<br />

das Ergebnis gestalterisch sehr zufrieden.<br />

Manche vergleichen das Weben auch mit der langen Kette des <strong>Leben</strong>s<br />

und den Schuss mit den Geschehnissen, die einem im <strong>Leben</strong> widerfahren.<br />

Die Kette „als roter Faden“ mag ein Symbol dafür sein.<br />

Möchten auch Sie in die Welt des Webens eintauchen? Monika Sürie<br />

und ihre Kolleginnen freuen sich über Ihren Anruf.<br />

Kontakt: Heinz Friedrich Meyer-Stiftung zur Förderung der Webkunst,<br />

Sophia-von-Bodendike-Platz 3, 21337 Lüneburg, Tel.: 04131<br />

409648.<br />

Die Weberei ist in der Regel vom 1. April bis zum 31. Oktober geöffnet,<br />

während Webkurse das ganze Jahr über stattfinden.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.weberei-im-kloster-luene.de<br />

und<br />

www.kloster-luene.de/besuch/weberei-im-kloster-2/<br />

Auch feine Tücher mit kunstvollen Mustern gehören zum Sortiment der<br />

Weberei.<br />

Warme Wolldecken sind besonders während der kalten Jahreszeit ein<br />

beliebtes Produkt.<br />

28 Sommer 2021


<strong>Ausgabe</strong> 2 / 21 · Sommer 2021 · € 4,40<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart<br />

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<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong><br />

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Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand & Heidesand · <strong>Ausgabe</strong> 2/2021<br />

Das Magazin rund um Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart<br />

Die Landkäserei<br />

Käse & Co. aus der Elbmarsch<br />

Paradies am Elbufer<br />

Heinrich Heines Sommerfrische<br />

Renaissance der Sense,<br />

naturverträgliche Landschaftspflege<br />

Vegetarische Köstlichkeiten<br />

aus der Klosterküche<br />

Quer durch den Blumengarten<br />

Mit dem Oldtimer durch dieVierlande<br />

Kochen vor 175 Jahren<br />

Henriette Davidis Kochbuch revolutionierte die Küche<br />

Die Feuerlilie<br />

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Das Geschenkabo ist auf 4 <strong>Ausgabe</strong>n begrenzt und endet<br />

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Fax oder E-Mail an Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>, Harburger Straße 4, 21435 Stelle, Fax: 0 41 74 / 66 99 710, E-Mail: info@schoenes-leben.de.<br />

Durch den Widerruf entstehen keine Kosten. Das Abonnement läuft 2 Jahre (8 <strong>Ausgabe</strong>n) und kann nach dem ersten Bezugsjahr jederzeit in in<br />

Textform gekündigt werden. Ein Geschenkabonnement läuft 1 Jahr und endet automatisch und ohne Kündigung immer nach 4 <strong>Ausgabe</strong>n.<br />

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Sommer 2021 29


östlicher östlicher äse äse aus<br />

der innenmarsc<br />

innenmarsc<br />

an er er lb lb<br />

von Carsten Weede<br />

Ausgezeichnete Qualität: Die Landkäserei<br />

Fehling setzt auf schonende Zubereitung und<br />

unverfälschten Geschmack.<br />

Das 200-Seelen-Dorf Fahrenholz (Gemeinde Drage) liegt im Herzen<br />

der Elbmarsch, keine zehn Kilometer östlich der Kreisstadt Winsen<br />

(Luhe). In Fahrenholz mündet die Neetze in den Ilmenaukanal. Zur<br />

Elbe braucht ein Fahrradfahrer etwa eine halbe Stunde. Die Gegend ist<br />

geprägt von Ackerbau und Viehzucht. Ein Abstecher nach Fahrenholz<br />

lohnt sich jedoch nicht nur wegen der reizvollen Landschaft der Binnenmarsch,<br />

sondern auch wegen eines besonderen kulinarischen Genusses:<br />

Seit 26 Jahren produziert die Landkäserei Fehling in Fahrenholz<br />

nun schon leckeren Käse <strong>–</strong> aus der Milch ihrer eigenen Kühe und ohne<br />

Konservierungs- und Farbstoffe.<br />

„Alles fing 1994 mit der Idee an, unsere Milch direkt zu vermarkten.<br />

Seit 1995 gibt unsere kleine Kuhherde ihre leckere Milch für unseren<br />

Käse“, sagt Chefin Ulrike Fehling. Aus der Idee, die Milch ohne Umwege<br />

direkt zum Kunden zu bringen, ist mittlerweile ein Gesamtkonzept<br />

geworden. „Als oberste Prämisse gilt dabei, dass die uns zur Verfügung<br />

Ulrike Fehling und ihre fleißigen<br />

Mitarbeiterinnen, die die Milch für<br />

den leckeren Käse liefern.<br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

Kuh mit Kalb auf einer Weide in Hofnähe. Zur Stärkung ihres Immunsystems<br />

brauchen die Kälber in den ersten <strong>Leben</strong>stagen die sogenannte<br />

Biestmilch (Collostrum). <br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

30 Sommer 2021


Bild links: Ochse im Galopp: Die auf<br />

der Weide gehaltenen Ochsen liefern<br />

Fleisch von hoher Qualität, das<br />

sich durch feinen, aromatischen<br />

Geschmack auszeichnet.<br />

<br />

Fotos: Landkäserei Fehling<br />

Bild rechts: Der kleine Hofladen der<br />

Landkäserei Fehling hat erstaunlich<br />

viel zu bieten.<br />

stehenden Rohstoffe <strong>–</strong> die Milch, der Boden, das Fleisch <strong>–</strong> schonend<br />

behandelt, gepflegt und zubereitet werden. Denn nur so erhalten wir<br />

hochwertige und vielfältige Produkte mit unverfälschtem ursprünglichem<br />

Geschmack, die wir mit gutem Gewissen an unsere Kunden<br />

weitergeben“, erklärt Ulrike Fehling. Der bäuerliche Familienbetrieb<br />

ist durch die Direktvermarktung seiner Käsesorten nicht so sehr vom<br />

Milchpreis und seinen Schwankungen betroffen. „Ohne dieses<br />

Geschäftsmodell wäre die Fortführung unseres kleinen Bauernhofes<br />

mit wenigen, extensiv genutzten Tieren gar nicht möglich gewesen“,<br />

sagt die 51-jährige Mutter zweier erwachsener Töchter. Ihren Milchviehbetrieb<br />

mit angeschlossener Ochsenmast bewirtschaftet sie mit<br />

Unterstützung ihres Partners Thomas Mogilowski. Das Paar freut<br />

sich, dass auch in diesem Jahr wieder Störche auf dem Dach des Stallgebäudes<br />

nisten. Der Storch ist das Logo der Käserei Fehling. In ihrer<br />

Käserei beschäftigt Ulrike Fehling mittlerweile acht Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter.<br />

Die Chefin kümmert sich nicht nur um die Tiere und die Käseproduktion,<br />

sondern auch um den Verkauf: Ulrike Fehling steht oft hinter der<br />

Käse-Theke in ihrem Hofladen, in dem sie außer leckerem Käse auch<br />

Bauernhof-Eis, Bio-Wein, handgemachte Chutneys, Ketchups, Kräutersalze<br />

und süße Brotaufstriche vom Chaosgarten aus Laßrönne, Mehl<br />

von der Bardowicker Windmühle sowie Honig und Wurstwaren aus der<br />

Region anbietet.<br />

Im Hofladen wird neben Bauernhof-Eis, Bio-Wein,<br />

Chutneys, Ketchups, Kräutersalzen und<br />

Brotaufstrichen vom Chaosgarten auch Mehl von<br />

der Bardowicker Windmühle angeboten.<br />

Links neben der Eingangstür hängt eine Glocke unter einer schwarzweiß-gefleckten<br />

Metall-Kuh, rechts neben der Tür ein selbstgemachtes<br />

Schild mit Storchen-Symbol und der Aufschrift „Landkäserei Fehling“.<br />

Zwei weitere Schilder weisen darauf hin, dass es hier regionale<br />

Ihren leckeren<br />

Käse verkauft Ulrike<br />

Fehling nicht<br />

nur im eigenen<br />

Hofladen in Fahrenholz<br />

bei Winsen<br />

(Luhe), sondern<br />

auch in zahlreichen<br />

Hofläden in<br />

der Region.<br />

Foto: Landkäserei<br />

Fehling<br />

Sommer 2021 31


Blick durch ein Herz auf das Storchenpaar, das jedes Jahr auf dem<br />

Scheunendach der Landkäserei brütet. <br />

Foto: Carsten Weede<br />

Im Viehanhänger werden die Rinder zu den saftigen Weiden in der Winsener<br />

Elbmarsch gebracht. <br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

Esskultur gibt und das es sich um einen besonders schwalbenfreundlichen<br />

Bauernhof handelt. Der Hof am Schulweg 1 im Fahrenholzer<br />

Ortskern befindet sich nachweislich seit Mitte des 17. Jahrhunderts im<br />

Familienbesitz. Seit Generationen wird auf dem Hof Milchvieh gehalten,<br />

aber mit der hofeigenen Käserei hat Ulrike Fehling, die ländliche<br />

Hauswirtschaft und Landwirtschaft gelernt hat, ganz neue Wege<br />

beschritten.<br />

„Unser Käse ist ein reines Naturprodukt“, betont die Chefin. Damit<br />

liegen die Käse-Produzenten aus Fahrenholz voll im Trend, denn immer<br />

mehr Menschen wollen wissen, woher ihre Nahrungsmittel kommen,<br />

ob sie nachhaltig und unter Beachtung des Tierwohls produziert wurden.<br />

Im Supermarkt vor dem Kühlregal kommen gern mal Klischees über<br />

Käse in die Konsumenten-Köpfe: Käse kommt aus Holland, Frankreich<br />

oder Griechenland, ist in Plastik eingeschweißt und schmeckt trotz<br />

hunderter Sorten irgendwie immer gleich?! Fehlanzeige! All das trifft<br />

auf die Produkte der Landkäserei Fehling garantiert nicht zu: Käse<br />

aus der Elbmarsch bietet ein besonderes Geschmackserlebnis, denn was<br />

bei Fehlings über die Theke des Hofladens geht, ist zu einhundert<br />

Prozent ein echtes Naturprodukt <strong>–</strong> und das schmeckt man! Egal, ob<br />

Schnitt- oder Weichkäse und einerlei, welche Geschmacksrichtung er<br />

bevorzugt, in jedem Fall erhält der Kunde ein Qualitätsprodukt, das<br />

unter Einhaltung höchster Hygienestandards in Handarbeit aus der<br />

hofeigenen Milch hergestellt wurde.<br />

„Unser Betrieb wird transparent geführt und ist in allen Bereichen<br />

einsehbar. Unsere Tiere werden extensiv gehalten. Wir geben ihnen viel<br />

Auslauf und wenig Maissilage und Kraftfutter“, sagt Ulrike Fehling.<br />

Die Rinder gehen auch im Winter auf die Weide und bekommen lediglich,<br />

wenn sie krank sind, Medikamente.<br />

Die Kühe weiden von Mai bis Oktober den ganzen Tag auf Wiesen, die<br />

Der Pasteurisator aus Edelstahl ist das Herzstück in der Landkäserei. <br />

<br />

Foto: Carsten Weede<br />

Ulrike Fehling weiß, wann die mit Lab angereicherte frische Milch ausreichend<br />

dick ist, wann gerührt und geschnitten werden muss.<br />

<br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

32<br />

Sommer 2021


in der Nähe des Hofes liegen. Zweimal täglich werden die Kühe <strong>–</strong> die<br />

übrigens alle einen Namen tragen <strong>–</strong> im Stall gefüttert und gemolken.<br />

Im Winter gehen sie, je nach Witterung, mehrfach in der Woche auf die<br />

Weide. „Die frische Luft und die Bewegung wirken sich günstig auf<br />

den Stoffwechsel und ihre Gesamtkondition aus. Wir haben ganz<br />

bewusst entschieden, den Einsatz von Kraftfutter und Mais stark zu<br />

reduzieren“, erklärt die Käse-Expertin. Ulrike Fehling: „Unser Interesse<br />

gilt einer guten Milchqualität und nicht einer immer höheren<br />

Milchmenge pro Kuh.“ Durch diese gesundheitsfördernde Haltungsweise<br />

sei es möglich, fast vollständig auf medizinische Behandlung zu<br />

verzichten. Die robusten Kühe bekommen ihre Kälber im Sommerhalbjahr,<br />

meist ohne Hilfe, auf der Weide. Die Kälber bleiben vier Tage bei<br />

der Mutter.<br />

Die laktierenden Kühe liefern den Grundstoff für den leckeren Käse.<br />

„Milch ist kein Getränk, sondern ein <strong>Leben</strong>smittel. Im rohem Zustand<br />

enthält Milch fast alle Zutaten, die der Mensch zur vollständigen<br />

Ernährung benötigt“, weiß Ulrike Fehling. Bei der industriellen<br />

Verarbeitung gehen allerdings viele dieser Nährstoffe verloren. Rohmilch<br />

ist eine gute Eiweißquelle, sie liefert Milchzucker, viele Vitamine<br />

(besonders A und B1, B2), alle wichtigen Mineralstoffe (besonders<br />

Kalzium) sowie zahlreiche Spurenelemente und Enzyme.<br />

„Milch ist kein Getränk, sondern ein<br />

<strong>Leben</strong>smittel. Im rohem Zustand enthält<br />

Milch fast alle Zutaten, die der Mensch zur<br />

vollständigen Ernährung benötigt.“<br />

„Für uns ist die Milch unserer Kühe vor allem die wichtigste Zutat für<br />

unseren handwerklich hergestellten Käse. Unser Schnittkäse wird<br />

ausschließlich aus der Rohmilch unserer Kühe hergestellt“, betont die<br />

gebürtige Elbmarscherin. Diesen mildwürzigen Käse gibt es pur als<br />

„Klassik“ und in sieben verschiedenen Kräutervarianten: „Italienische<br />

Kräuter“, „Grüner Pfeffer“, „Schnittlauch“, „Basilikum & Knoblauch“,<br />

„Knoblauch & Pfeffer“, „Kümmel“ sowie „Bockshornklee“.<br />

Den Weichkäse nach Feta-Art gibt es in zwei verschiedenen Zubereitungen.<br />

Pur, im Salat oder zum Überbacken geeignet. „Für unsere Weichkäsekreationen<br />

in Öl verwenden wir einen Rohmilchkäse, der weich<br />

ausgekäst und kräftig gesalzen gut mit den Kräutern harmoniert. Zum<br />

Einlegen benutzen wir Rapsöl“, erläutert die Käse-Expertin. Der<br />

Weichkäse findet ganz klassisch Verwendung im Salat, eignet sich aber<br />

auch hervorragend zum Überbacken von Fleisch und Gemüse sowie<br />

dem Verfeinern von Soßen oder Nudeln.<br />

Eine Käse-Spezialität für ein ganz besondere Geschmackserlebnis ist<br />

der Fahrenholzer Käsetopf: „Für unseren Käsetopf schneiden wir den<br />

Käse in Scheiben und schichten ihn mit Rosmarin, Knoblauch, roten<br />

Zwiebeln und geschrotetem buntem Pfeffer ein“, verrät die Chefin das<br />

Geheimnis dieser kulinarischen Käse-Köstlichkeit.<br />

Auch Fleisch von eigenen Ochsen hat Familie Fehling im Angebot:<br />

„Unsere Bullenkälber werden vom Tierarzt unter Narkose kastriert,<br />

Bild oben: Zum Reifen lässt Ulrike Fehling ihrem Käse viel Zeit, dadurch<br />

erhält der Käse aus der Elbmarsch seinen ganz besonderen<br />

Geschmack.<br />

<br />

Bild unten: Bei Wind und Wetter: Ulrike Fehling und ihr Partner Thomas<br />

Mogilowski bewirtschaftet den Milchviehbetrieb mit Käserei und Weide-Ochsenmast<br />

in der Winsener Elbmarsch. Fotos: Carsten Weede<br />

Sommer 2021 33


und so zum Ochsen. Sie wachsen langsamer als Bullen und werden mit<br />

drei Jahren ziemlich genau doppelt so alt wie ihre Artgenossen in<br />

konventioneller Bullenmast“, erklärt Ulrike Fehling. Die Tiere im<br />

Alter von 1,5 bis 3 Jahren verbringen ihr <strong>Leben</strong> auf der Weide. Sie<br />

fressen dort ausschließlich Gras und haben viel Bewegung. Im Winter<br />

können sie einen Unterstand nutzen und werden mit Heu oder Grassilage<br />

zugefüttert. Die jüngeren Tiere werden im Winter in den Stall<br />

geholt. Die so gehaltenen Ochsen liefern Fleisch von hoher Qualität,<br />

das sich durch feinen, aromatischen Geschmack, wenig Gewichtsverlust<br />

beim Garen und einen für die Geschmacksbildung wichtigen Fettanteil<br />

auszeichnet. Für den guten Geschmack ist weniger die Rasse, sondern<br />

sind vielmehr die Fütterung und Haltungsbedingungen der Tiere<br />

ausschlaggebend. „Zudem bildet sich bei den Tieren erst im dritten<br />

<strong>Leben</strong>sjahr intramuskuläres Fett in nennenswertem Ausmaß, wenn<br />

hauptsächlich mit Gras gefüttert wird“, erklärt die erfahrene Rinderhalterin<br />

und mehrfach ausgezeichnete Käse-Produzentin aus Fahrenholz.<br />

Zurück zum Käse: Natürlich kommen die jährlich rund 50.000 Liter<br />

Milch, die <strong>–</strong> ohne pasteurisiert zu werden <strong>–</strong> zu etwa 8.000 Kilogramm<br />

Käse verarbeitet werden, von den 16 hofeigenen Kühen. Stammkunden<br />

schwören seit vielen Jahren auf die Produkte der Landkäserei Fehling,<br />

die auch rund 30 Hofläden in der Region beliefert. Doch in der<br />

Anfangszeit musste Ulrike Fehling ganz schön kämpfen, bis ihre neu<br />

gegründete Käserei etabliert war. Nicht nur, dass die Behörden erst mal<br />

längere Zeit grübelten, welche Auflagen denn nun für eine Landkäserei<br />

zu erfüllen wären, auch viele Kniffe und handwerkliche Feinheiten bei<br />

der Käse-Herstellung musste sie erst noch lernen. Ulrike Fehling biss<br />

sich durch, wälzte jede Menge Fachliteratur, besuchte Kurse und paukte<br />

sich mit Hilfe ihrer Familie und einer guten Bekannten durch die<br />

Anfangsjahre. „Es braucht schon Fleiß und man sammelt auch die eine<br />

oder andere nicht so tolle Erfahrung <strong>–</strong> aber daraus lernt man“, lautet<br />

heute ihre Erkenntnis. Mittlerweile weiß sie aus dem Effeff, wann die<br />

mit Lab angereicherte frische Milch ausreichend dick ist, wann gerührt<br />

und geschnitten werden muss oder wie es sich mit der Molke verhält.<br />

Auch die Geheimnisse des Würzens und Salzens <strong>–</strong> alles eine Frage der<br />

Erfahrung. Zum Reifen lässt die Expertin ihrem Käse viel Zeit. Im<br />

Gegensatz zu manchen Großkäsereien, die den Prozess aus wirtschaftlichen<br />

Gründen durch hohe Raumtemperaturen beschleunigen, lagert<br />

der Käse in Fahrenholz kühl und daher länger. „Dadurch bekommt er<br />

mehr Geschmack“, sagt Ulrike Fehling. Das entspricht auch ihrem<br />

ehrgeizigen Ziel: „Ich will ein frisches Produkt herstellen, das richtig<br />

gut schmeckt.“<br />

Die Pläne für den Umbau des benachbarten<br />

ehemaligen Gasthofes zur gläsernen Käserei<br />

sind fertig.<br />

Dabei setzt die Käse-Expertin auf maximale Transparenz: „Wir möchten<br />

tatsächlich so etwas wie eine gläserne Käserei aufbauen.“ Die<br />

Räume, die ihr momentan als Produktionsstätte zur Verfügung stehen,<br />

werden langsam zu klein. Da war es ein Glück, dass Ulrike Fehling das<br />

Nachbarhaus, ein ehemaliges Gasthaus mit Wohntrakt und Stallungen<br />

erwerben konnte. Die Pläne für den Umbau sind fertig. Im nächsten<br />

Jahr soll gebaut werden. Das Nutzungskonzept sieht vor, dass im ehemaligen<br />

Gasthaus Twesten auch wieder Gäste bewirtet werden <strong>–</strong> mit<br />

Produkten wie Rindfleisch vom eigenen Hof und Gemüse vom Hof<br />

ihrer Schwester und ihres Schwagers, Frauke und Oliver Garde aus<br />

Bardowick. Im ehemaligen Stall gebe es zudem ausreichend Platz für<br />

die „gläserne“ Käseproduktion. An der hervorragenden Qualität der<br />

Produkte solle sich selbstverständlich nichts ändern.<br />

Die Landkäserei Fehling bietet neun verschiedene Sorten „Elbmarscher“<br />

an. Diese Schnittkäse-Sorten werden nach dem Vorbild des<br />

Eine besondere Speziallität ist der Kräuterhartkäse, der gerieben hervorragend<br />

zu Nudelgerichten schmeckt, aber auch auf frischen Brot<br />

ein Gedicht ist. <br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

In der Landkäserei ist die Käseherstellung noch echte Handarbeit.<br />

<br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

34<br />

Sommer 2021


Eine ausgewaschene Milchkanne<br />

hängt zum Trocknen an der<br />

Wand. Nebenan im Reiferaum<br />

stellt Ulrike Fehling die Bestellungen<br />

für die Belieferung der<br />

Hofläden zusammen.<br />

<br />

Fotos: Carsten Weede<br />

klassischen Goudas hergestellt und in verschiedenen Geschmacksrichtungen<br />

angeboten. „Neu ist unser Kellerkäse <strong>–</strong> ein geschmierter Käse<br />

mit Naturrinde, den wir in fünf verschiedenen Qualitäten von weichcremig<br />

bis deftig herstellen“, erzählt Ulrike Fehling. Der Käse lagert<br />

unter bestimmten Klimabedingungen im Keller eines Hofgebäudes.<br />

Dabei verdunstet an der Oberfläche Wasser, was die Rinde weiter festigt.<br />

Während der Reifezeit werden die Laibe regelmäßig gewendet,<br />

gebürstet und gewaschen. Durch das wiederholte Einreiben mit Salzlake<br />

entsteht eine besonders harte Rinde. Diese nicht weiter behandelte<br />

Käserinde ist essbar. „Bei vielen Sorten trägt die Käserinde maßgeblich<br />

zum typischen Geschmack und Geruch bei“, erläutert Ulrike Fehling.<br />

Die Dauer der Reifezeit beeinflusse den Geschmack, aber grundsätzlich<br />

seien alle Kellerkäse aus dem Hause Fehling kräftig im Geschmack.<br />

Außer den unterschiedlichen Schnittkäsesorten gibt es in Fahrenholz<br />

milden Camembert, Weichkäse in Öl (Feta-ähnlich) und Quark. Die<br />

Produkte werden im eigenen Hofladen in Fahrenholz und in rund 30<br />

Hofläden der Region angeboten. Ulrike Fehling freut sich über weitere<br />

Interessenten, die ihre Produkte verbreiten möchten. Unter der Rufnummer<br />

0 41 79 / 74 77 können auch Führungen vereinbart werden.<br />

Für einen kleinen Obolus pro Nase wird die Käseherstellung erklärt<br />

und eine Kostprobe gereicht.<br />

Die Landkäserei Fehling im Internet:<br />

www.landkaeserei-fehling.de<br />

Kontakt: Ulrike Fehling<br />

Schulweg 1<br />

21423 Drage-Fahrenholz<br />

Telefon 04179/7477<br />

E-Mail: info@landkaeserei-fehling.de<br />

Neu im Sortiment ist der Kellerkäse <strong>–</strong> ein geschmierter Käse mit Naturrinde,<br />

der unter besonderen Klimabedingungen im Keller reift.<br />

<br />

Foto: Carsten Weede<br />

Für ein sommerliches Picknick ist der schmackhafte Käse aus der<br />

Elbmarsch bestens geeignet. <br />

Foto: Landkäserei Fehling<br />

Sommer 2021 35


ie ie usi usi<br />

muss wieer wieer u u en en<br />

ensche<br />

ensche komme me<br />

(Florian Heinisch)<br />

von Katrin Lembke<br />

Der Pianist Florian Heinisch bringt die Musik<br />

direkt in die heimischen Wohnzimmer <strong>–</strong><br />

„Rent a Beethoven“ heißt die ausgefallene Idee.<br />

Florian Heinisch spielt privat einen Steinway Konzertflügel.<br />

Bereits 1853 wurde die Weltfirma für Flügel- und Klavierbau<br />

von dem nach Amerika ausgewanderten Deutschen, Heinrich<br />

Steinweg (1797<strong>–</strong> 1871) und seinen Söhnen, in New York City<br />

gegründet <br />

Foto: Stefan Malzkorn<br />

Das musikalische Talent am Klavier zeigte der gebürtige Eisenacher,<br />

Pianist Florian Heinisch (30), schon im Alter von fünf Jahren, als er<br />

seine ersten Klavierstunden erhielt. Bereits während der Gymnasialzeit<br />

in Eisenach absolvierte er parallel eine anspruchsvolle Klavierausbildung<br />

und studierte dieses Fach nach dem Abitur in Leipzig und Karlsruhe<br />

weiter. Das berufliche Ziel, Konzertpianist zu werden, stand für<br />

ihn dabei seit frühester Jugend eindeutig fest. Nach absolviertem Studium<br />

faszinierte ihn die weltoffene Hansestadt Hamburg, so dass er<br />

seinen Wohnsitz dorthin verlegte. Die Bedingungen waren günstig, um<br />

die Karriere dort durch Projekte und Stipendien aktiv weiterzuverfolgen.<br />

Lange ließ der Erfolg nicht auf sich warten, denn Auftritte in der<br />

Hamburger Laeiszhalle, der Elbphilharmonie und großen europäischen<br />

Konzerthäusern in London, Paris und Amsterdam schlossen sich<br />

an. Einen kammermusikalischen Auftritt im Säulengang eines Palazzo<br />

im italienischen Palermo hat Florian Heinisch als ganz besonders in<br />

Erinnerung, da das dortige Ambiente so ausgesprochen schön war.<br />

Ungeachtet seines weitgefächerten Repertoires war es im Jahr 2020 der<br />

250. Geburtstag Ludwig van Beethovens (1770 <strong>–</strong> 1827), zu dessen Ehre<br />

er die hochgelobte CD „An die unsterbliche Geliebte“ einspielte. Doch<br />

dann kam Corona und der Kulturbetrieb komplett zum Erliegen.<br />

Öffentliche Aufführungen gehörten schlagartig der Vergangenheit an,<br />

weshalb viele Künstlerinnen und Künstler notgedrungen auf Online-<br />

Konzerte umstiegen. Ein digitales Pay-Format, das Florian Heinisch<br />

eigentlich widerstrebt, der zu diesem Thema betont: „Ich brauche zu<br />

100 Prozent die Energie durch die Verbindung zum Publikum. Es fehlt<br />

dabei einfach die Magie.“ Der Pianist nutzte jedoch den unfreiwilligen<br />

36 Sommer 2021


Stillstand und wurde erfinderisch. „Nichts zu tun war für mich keine<br />

Option“, erinnert er sich, verbunden mit der Feststellung, dass fehlende<br />

Erlebnisse „bei den Menschen psychische Schäden hinterlassen.“<br />

Nach reiflichen Überlegungen ging er schließlich das Wagnis ein, Beethoven<br />

zu den Zuhörerinnen und Zuhörern persönlich direkt ins Wohnzimmer<br />

zu bringen und veröffentlichte die entstandene Idee „Rent a<br />

Beethoven“ im Dezember 2020. Die Resonanz auf das Experiment war<br />

groß, denn gleich am ersten Tag kamen fünf bis sechs Anfragen, gefolgt<br />

von einem ersten Privatauftritt in Berlin.<br />

Klavierkonzert in den eigenen vier Wänden.<br />

Nach einer Terminvereinbarung über seine Agentin macht sich Florian<br />

Heinisch etwa zweimal wöchentlich auf den Weg zu den ihm vorher<br />

unbekannten Musikfreunden in Hamburg, Kiel, Berlin oder Lübeck.<br />

Es sind auch interessante Gegenden in Niedersachsen und Schleswig-<br />

Holstein dabei und mitunter lernt er dabei ganz neue Dörfer kennen.<br />

Solche Besuche dürfen stattfinden, denn schließlich ist das Zusammentreffen<br />

von zwei Haushalten coronakonform. „Oft sind alle Altersklassen<br />

bei den Zuhörern vertreten, von kleinen Kindern bis zu ihren Großeltern“,<br />

weiß Heinisch „oder auch jüngere Paare.“ Die wichtigste<br />

Bedingung für ein Privatkonzert ist das Vorhandensein eines Flügels<br />

oder Klaviers, weshalb es meist größere Wohnungen und Häuser sind,<br />

in denen die Musikfans leben. Einmal hatten Zuhörer sogar die kreative<br />

Idee, ihn in eine Kirche einzuladen. Es sind Menschen, die das öffentliche<br />

Konzertleben sehr vermissen und manche „verschenken“ das Konzert<br />

auch zu besonderen Anlässen. Florian Heinisch machte die Erfahrung,<br />

dass die Leute sehr fasziniert und dankbar sind, wenn er so nah<br />

bei ihnen spielt. Von Wertschätzung und Hochachtung sind die musikalischen<br />

„blind dates“ geprägt, die von der Intensität her einem Auftritt<br />

in einem großen Konzertsaal ähneln. Florian Heinisch versucht, den<br />

Menschen das Gefühl zu vermitteln, in einem „richtigen“ Konzert zu<br />

sein, wobei sich eine unglaubliche Spannung und Stimmung ergibt. Es<br />

ist immer eine große Überraschung, welches Instrument bereitsteht,<br />

denn die Bandbreite ist sehr unterschiedlich. Es waren hochwertige<br />

Steinway-Flügel dabei, aber auch ein antiker Pleyel-Flügel von 1850<br />

aus der Beethovenzeit. Es sind oft ausgefallene Instrumente in unterschiedlichem<br />

Zustand, die faszinieren und über welche die Konzerthäuser<br />

üblicherweise nicht verfügen.<br />

Der Blüthner-Konzertflügel der Hamburger Familie Islam-Geurtzen<br />

ist 3,10 m lang. Florian Heinisch entlockte ihm traumhafte Klänge,<br />

die dem Ehepaar nachhaltig in Erinnerung blieben.<br />

<br />

Foto: Oliver Islam<br />

Optimismus durch Bach und Beethoven.<br />

Zunächst spielt sich Heinisch nach einer kurzen Begrüßung allein auf<br />

dem fremden Instrument ein und macht sich damit vertraut. Die Situation<br />

unterscheidet sich grundlegend von einem professionellen Ablauf,<br />

denn manchmal laufen neugierige Kinder um ihn herum, oder Unvorhergesehenes<br />

passiert, z. B. dass sich der Klavierhocker nicht drehen<br />

lässt. Sein inklusive einer Zugabe etwa 45-minütiges Konzert leitet er<br />

mit einem Präludium und einer Fuge von Johann Sebastian Bach ein.<br />

Und dann kommt Beethoven, bzw. dessen dem gleichnamigen Grafen<br />

Beethovens berühmte Waldstein Sonate <strong>–</strong> ein motivierendes Stück<br />

in schweren Zeiten. Gleichzeitig eine herausfordernde Komposition,<br />

wie die Noten verraten. Freundschaftlich waren Ludwig van<br />

Beethoven und sein musikalischer Förderer, Graf Ferdinand Waldstein-Wartenberg<br />

(1762 <strong>–</strong> 1823), miteinander verbunden.<br />

<br />

Foto: Katrin Lembke<br />

Sommer 2021 37


gewidmete „Waldstein“-Sonate, der gerade in der Corona-Pandemie<br />

eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Das hoffnungsvolle Stück<br />

steckt voller Tatendrang und hilft den Menschen, den Blick optimistisch<br />

nach vorn zu richten. Allgemein schätzt Heinisch Ludwig van<br />

Beethoven besonders als Komponisten, historische Gestalt und nachhaltigen<br />

Förderer der Weiterentwicklung des damaligen Klavierbaus.<br />

Bevor Heinisch nach dem Konzert seinen Heimweg antritt, ergeben sich<br />

oft interessante Gespräche mit dem privaten Publikum, wie beispielsweise<br />

mit der Hamburger Familie Islam-Geurtzen.<br />

Privatkonzert bei einer Hamburger Familie.<br />

Der promovierte Hamburger Jurist Dr. Oliver Islam (33) und seine<br />

Ehefrau Petra Geurtzen (32) besitzen einen 20 Jahre alten und 3,10 m<br />

langen frisch gestimmten Blüthner Konzertflügel und luden Florian<br />

Heinisch in ihr Wohnzimmer zum Privatkonzert ein, aufgezeichnet von<br />

der NDR-Sendung „Das!“. Das Event war ein „Geschenk“ für die<br />

klavierspielende Ehefrau aufgrund einer Empfehlung, die Oliver Islam<br />

von einer Kollegin erhalten hatte. Spontan kam das kulturliebende<br />

Paar mit dem etwa gleichaltrigen Pianisten ins Gespräch und es beeindruckte<br />

Oliver Islam sehr, dabei einen überaus bodenständigen Menschen<br />

kennenzulernen, der seine Kunst optimiert und gleichzeitig sehr<br />

hohe Ansprüche an sich selbst stellt. Schnell war ihm klar, dass Heinisch<br />

sich zu Höchstleistungen antreibt, um ein absolut perfektes<br />

Ergebnis zu erzielen. Dem Paar imponierte es, als der Pianist mit Auge<br />

und Fingern das ihm fremde Instrument überprüfte und sich deshalb<br />

erst einmal eine halbe Stunde gründlich einspielen musste. Die schnellen<br />

und präzisen Bewegungsabläufe beeindruckten dabei sehr. Da dem<br />

Ehepaar die Spontanität des zweieinhalbstündigen Besuches und der<br />

Unterschied zu einem geplanten Konzert bewusst waren, gestalteten sie<br />

es dem Pianisten möglichst angenehm und empfanden seinen Umgang<br />

mit der Situation als sehr dynamisch. Das einzigartige musikalische<br />

Ereignis bleibt lange in Erinnerung, unter anderem auch durch<br />

Gespräche mit Freunden und Kollegen. Sollten künftig Live-Auftritte<br />

vor größerem Publikum wieder möglich sein, wäre die Hamburger<br />

Juristenfamilie bei einem Heinisch-Konzert mit Sicherheit unter den<br />

Zuhörern.<br />

Zukunft der Klassikkonzerte.<br />

Lohnen sich die Privatkonzerte finanziell? Die Musikfans zahlen so<br />

viel, wie sie wollen und können, wobei das Honorar nicht im Vordergrund<br />

steht. Privatkonzerte sind etwas Besonderes und müssen es auch<br />

bleiben, keinesfalls dürfen sie zur Nebensache degradieren. Da Florian<br />

Heinisch Freude am direkten Kontakt mit dem Publikum gewonnen<br />

hat, würde er den großen Aufwand auch nach der Corona-Zeit weiter<br />

betreiben. Schließlich vermissen viele Menschen Live-Musik, die gerade<br />

in Krisensituationen nicht eingeschränkt werden darf und eine besonders<br />

wichtige Rolle spielt. Die unfreiwillige freie Zeit nutzt er aber<br />

auch dazu, um besonders schwere und zeitintensive Stücke einzustudieren,<br />

was während des normalen Konzertbetriebes nicht möglich ist.<br />

Dazu gehören neben der Waldstein-Sonate auch die Diabelli-Variationen.<br />

Wie sieht die Zukunft aus? Die bisherigen öffentlichen Konzerte werden<br />

sich verändern und auch das Publikum, <strong>–</strong> weshalb Künstler weiterhin<br />

in jeder Situation kreativ bleiben müssen. So wie Florian Heinisch,<br />

der die Musik persönlich zu den Menschen bringt.<br />

www.florianheinisch.com<br />

CD-Tipp: Beethoven <strong>–</strong> An die unsterbliche Geliebte,<br />

Florian Heinisch (erschienen am 27. März 2020)<br />

So weit wie der Blick auf den Hafen, so weltoffen ist die Hansestadt<br />

Hamburg und bietet Künstlerinnen und Künstlern hervorragende<br />

berufliche Möglichkeiten. <br />

Foto: Miguel Ferraz<br />

38<br />

Sommer 2021


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Einen Tag auf dem Wasser genießen <strong>–</strong> Schiffsausflüge vor der Haustür<br />

Warum in die Ferne schweifen,<br />

wenn Gutes ist so nah? Haben<br />

auch Sie schon entdeckt, welch<br />

tolle Ausflugsmöglichkeiten<br />

unser direktes Umland zu<br />

und sein Team bieten mit dem<br />

Fahrgastschiff LÜNEBUR-<br />

GER HEIDE unterschiedlichste<br />

Touren an, die verlässlich<br />

gefahren werden, seien es<br />

bieten hat? Wenn nein, dann<br />

wird es höchste Zeit. Betrachten<br />

Sie z. B. unsere wunderschöne<br />

Region einmal von der<br />

Wasserseite aus. Jürgen Wilcke<br />

Tagesausflüge, Halbtagestouren<br />

oder Buffetfahrten. Die<br />

Fahrten starten in der Regel in<br />

Lauenburg und führen entweder<br />

elbaufwärts durch das<br />

Biosphärenreservat Elbtalaue<br />

bis nach Hitzacker, bringen Sie<br />

über den idyllischen Elbe-<br />

Lübeck-Kanal in die Eulenspiegelstadt<br />

Mölln oder zeigen<br />

Ihnen den Hamburger Hafen<br />

einmal aus anderer Perspektive,<br />

inklusive Schleusendurchfahrung<br />

Geesthacht. Radfahrer<br />

werden natürlich auch mitgenommen.<br />

Außerdem gibt es alle<br />

2 Wochen Fahrten zum Schiffshebewerk<br />

Scharnebeck und an<br />

ausgewählten Sonntagen wer-<br />

rung im Salon, informative<br />

Erläuterungen zur jeweiligen<br />

Strecke sowie ein freundlicher<br />

Service sind selbstverständlich.<br />

Und natürlich wurde, damit<br />

sich die Gäste auch in Zeiten<br />

von Corona wohl und sicher<br />

fühlen können, auch in 2021<br />

wieder ein stringentes Hygieneund<br />

Abstandskonzept umgesetzt.<br />

Um die Umwelt zu schützen,<br />

fährt die LÜNEBURGER<br />

HEIDE übrigens seit Jahren<br />

nicht mit herkömmlichem<br />

Schiffsausflüge mit dem Fahrgastschiff<br />

›LÜNEBURGER HEIDE‹ IN 2021<br />

Genießen Sie einen Tag auf dem Wasser mit bewährtem Hygienekonzept<br />

und wieder etwas mehr Normalität im Alltag und begleiten<br />

Sie uns auf einer unserer regelmäßigen Fahrten ab / bis Lauenburg;<br />

weitere Zustiegsmöglichkeiten bestehen entlang der Strecken.<br />

Schiffsausflug in das Biosphärenreservat Elbtalaue<br />

1.7., 15.7., 29.7., 12.8., 26.8., 9.9., 23.9., 7.10.2021<br />

Idyllische Schifffahrt auf dem Elbe-Lübeck-Kanal nach Mölln.<br />

7.7., 21.7., 4.8., 18.8., 1.9., 15.9., 29.9.2021<br />

Schiffsausflug nach Hamburg inkl. Hafenrundfahrt<br />

8.7., 22.7., 3.8., 17.8., 2.9., 16.9., 30.9., 14.10.2021<br />

sowie sonntags am 11.7., 8.8. und 5.9.2021<br />

Fahrt zum Schiffshebewerk Scharnebeck mit Durchfahrung<br />

16.7., 28.7., 11.8.,25.8., 8.9., 22.9., 6.10. und 20.10.2021<br />

<br />

Außerdem, z. T. mit Abfahrten ab Hoopte: Fahrten mit lecker Buffets<br />

an Bord (Matjes, Brunch, bayrisches Buffet, Herbstspezialitäten, Grünkohl).<br />

Eine Sitzplatzreservierung im Salon, Erläuterungen zur Strecke<br />

sowie ein aufmerksamer Service an Bord sind selbstverständlich. Für<br />

Gruppen und geschlossene Gesellschaften bieten wir auch Sonderfahrten<br />

an.<br />

Sprechen Sie uns gerne an; wir freuen uns auf Sie!<br />

Personenschifffahrt Jürgen Wilcke<br />

21380 Artlenburg, Tel. 04139 <strong>–</strong> 62 85<br />

info@personenschifffahrt-wilcke.de<br />

den auch wieder leckere Buffet-<br />

Touren angeboten, teilweise<br />

auch mit Abfahrten ab Hoopte:<br />

ob Matjesvariationen, Brunch,<br />

bayrisches Buffet, Herbstspezialitäten<br />

oder Grünkohl, für<br />

jeden Geschmack ist etwas<br />

dabei. Eine Sitzplatzreservie-<br />

Marine Gasoil, sondern mit<br />

GTL Fuel, einem neu entwickelten,<br />

äußerst umweltfreundlichen,<br />

geruchs- und schadstoffarmen<br />

Treibstoff.<br />

Infos und Anmeldung unter<br />

04139 <strong>–</strong> 62 85 oder<br />

www.personenschifffahrt-wilcke.de<br />

Sommer 2021 39


araies araies a a<br />

lbuer<br />

lbuer<br />

von Katrin Lembke<br />

Spaziergang zu Salomon Heines Sommerfrische.<br />

Wie schimmernde weiße Perlen an einer Kette sahen die stolzen Kaufmannsvillen<br />

am Elbufer aus der Perspektive der Segelschiffe aus, die<br />

vor 250 Jahren aus aller Welt in den Hamburger Hafen ein- und ausliefen.<br />

Die Landsitze westlich vor den Toren der Stadt waren an der Elbchaussee<br />

gelegen, damals ein einfacher Sandweg, der stromabwärts die<br />

eigenständige Stadt Altona und das damalige Fischerdorf Blankenese<br />

auf einer Strecke von knapp 9 km verband. Malerische englische Landschaftsparks<br />

umrahmten die luxuriösen Domizile, die gerade während<br />

der heißen Monate durch die Kaufleute als Sommerfrische genutzt<br />

wurden, um der staubigen Stadt zu entfliehen. Als Privatstraße bauten<br />

die wohlhabenden Anwohner die Chaussee schrittweise aus und kassierten<br />

von ortsfremden Passanten an einem Schlagbaum sogar Wegegeld.<br />

Die Atmosphäre war kosmopolitisch, denn die Kaufmannschaft hatte<br />

ihre Wurzeln in ganz Europa. Als liberale Handelsplätze lockten die<br />

Hansestadt Hamburg und das benachbarte Altona zu allen Zeiten<br />

Neuansiedler an, die es durch Fortune, Geld- und Außenhandelsgeschäfte<br />

mitunter zu beträchtlichem Reichtum brachten.<br />

Heines Paradies am steilen Elbufer.<br />

Während früher Segel- und Dampfschiffe auf der Elbe in den<br />

Hamburger Hafen ein- und ausliefen, sind es heute große<br />

Containerschiffe. Das Elbufer hingegen ist an vielen Stellen<br />

noch so idyllisch, wie es schon immer war.<br />

<br />

Fotos: Katrin Lembke<br />

Ganz am Anfang der Elbchaussee befand sich in Ottensen auf der<br />

Elbseite ein beliebtes Ausflugsziel, die nach dem Franzosen César Rainville<br />

(1767 <strong>–</strong> 1845) benannten Rainville-Terassen. Als zeitweiser Pächter<br />

betrieb der ehemalige französische Offizier dort ein Restaurant und<br />

einen beliebten Lustgarten, der terrassenartig in den Elbhang gebaut<br />

war. Das westlich benachbarte, unbebaute Gelände wurde 1780 durch<br />

den englischen Kaufmann John Blacker erworben, der dort einen<br />

Landschaftsgarten anlegte und 1790 ein idyllisches Landhaus erbaute.<br />

Nach dessen Tod 1803 ging das Anwesen durch verschiedene Hände, bis<br />

es schließlich 1808 der wohlhabende jüdische Bankier Salomon Heine<br />

(1767 <strong>–</strong> 1844) erwarb. Dieser verlebte dort nicht nur seine Sommer,<br />

empfing viele Gäste, sondern vergrößerte 1830 durch Ankäufe den<br />

Park und ließ dort 1832 ein klassizistisches Gartenhaus durch den<br />

französischen Architekten Joseph Ramée (1764 <strong>–</strong> 1842) errichten. Es<br />

handelte sich um einen kleinen, zweigeschossigen Putzbau, mit pfannengedecktem<br />

Satteldach. Zu den Besonderheiten zählte im Erdgeschoss<br />

eine Glastür, die in den Gartensaal mit halbkreisförmigen<br />

Schmalseiten und einer kuppelartigen Decke führte. Während im Obergeschoss<br />

der Gärtner in einem abgeschlossenen Bereich wohnte, nutzte<br />

40 Sommer 2021


der ruhesuchende Salomon Heine den Gartensaal als seinen persönlichen<br />

Rückzugsort. Erst siebzehnjährig und mittellos war er aus seiner<br />

Geburtsstadt Hannover nach Hamburg gekommen, um eine Ausbildung<br />

in einer Bank zu absolvieren. Später gründete er sein eigenes<br />

Kreditinstitut und wurde zum bedeutendsten Bankier der Stadt, der<br />

sich immer wieder als großer Wohltäter hervortat.<br />

Als der große Brand 1842 große Teile der Hamburger Innenstadt in<br />

Schutt und Asche legte, ließ Salomon Heine sein Bankhaus am Jungfernstieg<br />

an der Alster sprengen, damit das Feuer nicht auf weitere<br />

Häuser übergreifen konnte und gewährte der Stadt einen großzügigen<br />

Kredit für den Wiederaufbau. Zusätzlich stiftete er als Andenken an<br />

seine verstorbene Frau Betty, geb. Goldschmidt (1777 <strong>–</strong> 1837), das<br />

noch heute existierende Israelitische Krankenhaus und förderte seinen<br />

Neffen, den Dichter Heinrich Heine (1797 <strong>–</strong> 1856), zeitlebens finanziell.<br />

Regelmäßig besuchte dieser den Onkel an der Elbe, jedoch waren<br />

die Aufenthalte aufgrund seines unkonventionellen Dichternaturells<br />

nicht immer durch Harmonie geprägt, weshalb er die Villa des Onkels<br />

in einem Gedicht abschätzig als „Affrontenburg“ bezeichnete. Nach<br />

dem Tod Salomon Heines 1844 ging das Anwesen zunächst an dessen<br />

Erben, die 1880 den Landsitz abrissen. 1903 erwarb Kommerzienrat<br />

Georg Plange den Besitz und errichtete eine heute noch existierende,<br />

denkmalgeschützte Villa, die gegenwärtig der Sitz des Business Clubs<br />

Hamburg ist. Das Heine’sche Gartenhaus von 1832, die letzte an Salomon<br />

Heine erinnernde Gedenkstätte, überdauerte indes die Zeiten,<br />

jedoch zunächst in einem maroden Zustand.<br />

Bild ganz oben: Das Gartenhaus Salomon Heines an der Elbchaussee, erbaut<br />

1832, restauriert 1975. Heute wird das Bauwerk als „Heine-Haus” bezeichnet.<br />

Der Verein „Heine-Haus e. V.“<br />

rettete das Kleinod vor dem Verfall.<br />

Im Gegensatz zu früher zählt die Elbchaussee heute zu den stark befahrenen<br />

Straßen Hamburgs, denn um die 20.000 Autos und Lastwagen<br />

rauschen täglich direkt an dem kleinen Heine-Haus an der Elbchaussee<br />

31 vorbei. Obwohl es bereits seit 1962 unter Denkmalschutz steht, war<br />

es dem sicheren Verfall geweiht und verdankt seine liebevolle Restaurierung<br />

dem 1975 gegründeten Verein „Heine-Haus e. V.“ Finanzielle<br />

Unterstützung erhält das Heine-Haus durch Eintrittsgelder, die Beiträge<br />

der Vereinsmitglieder, Sponsorenzuwendungen und die Stiftungen<br />

Claussen-Simon, Hermann Reemtsma, Martha Pulvermacher sowie<br />

Ebelin und Gerd Bucerius. Bis zum Jahr 2000 hatte der Verein Heine-<br />

Haus e. V. das Erbbaupachtrecht des Areals erworben, welches mittlerweile<br />

an das Altonaer Museum übergegangen ist. Die ursprüngliche<br />

Idee des genannten Museums, dort kleine Ausstellungen zu kuratieren,<br />

wurde nicht fortgesetzt. Seit 2008 gehört das Haus zur Stiftung Historische<br />

Museen Hamburg.<br />

Persönlich setzt sich seit 16 Jahren die Literaturwissenschaftlerin, Frau<br />

Dr. Beate Borowka-Clausberg, aktiv für das Andenken an Salomon und<br />

Heinrich Heine und den Erhalt des Hauses als Erinnerungsstätte ein.<br />

Zunächst half sie dem Verein ehrenamtlich und baute ihr Engagement<br />

immer weiter aus. Heutzutage ist sie seit vielen Jahren nicht nur Vorstandsvorsitzende,<br />

sondern auch Geschäftsführerin und Programmlei-<br />

Bild Mitte: Heinrich Heine (1797<strong>–</strong> 1856), berühmter deutscher Dichter,<br />

Schriftsteller und Journalist. (Maler: Moritz Daniel Oppenheim, Öl auf Leinwand<br />

1831. Original: Hamburger Kunsthalle. Reproduktion: Fotografie eines<br />

Repliks aus dem Heine-Haus Hamburg.)<br />

Bild unten: Der berühmte Gartensaal im Heine-Haus im Biedermeier-Stil. Einst<br />

Rückzugsort Salomon Heines, heute Veranstaltungsort für interessante Lesungen<br />

und Konzerte.<br />

Sommer 2021 41


Museumsausstellung im Souterrain des Heine-Hauses mit zeitgenössischen<br />

Bildern und Stichen insbesondere zur Vergangenheit<br />

des Heine-Anwesens und des Elbufers an dieser Stelle.<br />

Das Elbufer im 19. Jahrhundert. Der rechteckige Bau (von der Bildmitte<br />

aus links) zeigt die Heine’sche Villa über dem Elbhang. Die weißen Villen<br />

sahen aus wie Perlen an einer Kette.<br />

tung des Vereins Heine-Haus e. V. Das reparaturanfällige Haus stand<br />

bei der Übernahme durch den Verein leer, denn die ursprüngliche<br />

Einrichtung war schon lange abhandengekommen. Ein Grund für<br />

Beate Borowka-Clausberg, nach zeitgenössischem Mobiliar der Biedermeierzeit<br />

zu suchen. Bald wurde sie fündig und konnte das museale<br />

Ambiente mit ausgefallenen Stücken ausstatten. Neben wunderschön<br />

restaurierten Stühlen, Tischen, Ölgemälden der Heines und weiteren<br />

Bildern sind es zwei Schränke mit einer besonderen Vergangenheit.<br />

„Der erhabene Mahagoni-Bücherschrank gehörte einst der Hamburger<br />

Stifterin und Sammlerin Therese Halle (1807 <strong>–</strong> 1880), der Tochter<br />

Salomon Heines“, erwähnt Beate Borowka-Clausberg und dass sie ihn<br />

im Keller einer Hamburger Stiftung entdeckte. Sie durfte ihn dauerhaft<br />

leihen und restaurieren lassen. Ein kunstvoll gearbeiteter Sekretär mit<br />

vielen Schubladen stammt von der einst benachbarten Hamburger<br />

Kaufmannsfamilie Sieveking und war somit eine passende Ergänzung.<br />

Gerahmte Stahlstiche der Familie Heine und Personen ihrer Wirkungsund<br />

Freundeskreise ergänzen die eindrucksvollen Antiquitäten.<br />

Kaiserin Elisabeth „Sissi“ von Österreich (1837 <strong>–</strong> 1898) verehrte<br />

den Dichter Heinrich Heine sehr und ließ ihm auf der Insel Korfu<br />

ein Denkmal errichten, welches heute in Toulon steht.<br />

Die Heine’sche Villa existiert seit 1888 nicht mehr, dafür im<br />

Heine Park aber die 1903 erbaute Plange’sche Villa, heute Sitz<br />

des Business-Clubs Hamburg.<br />

42<br />

Sommer 2021


Salomon Heine (1767 <strong>–</strong> 1844) - Hamburger Bankier und Mäzen.<br />

Stätte der Kultur und Wissenschaft.<br />

Beate Borowka-Clausberg entwickelte weitere Ideen. Im Jahr 2011<br />

initiierte sie erstmals eine Tagung zu Salomon Heine, denn die Quellenlage<br />

zu seiner Person war damals noch dürftig und so konnte eine<br />

existierende Forschungslücke geschlossen werden, wie der als Buch<br />

veröffentlichte Tagungsband „Salomon Heine, Geschäft und Gemeinsinn“<br />

belegt. Weitere Veröffentlichungen folgten. Auch die Wiederbelebung<br />

der Tradition der Vergabe der Heine-Plakette war der Geschäftsführerin<br />

ein Anliegen und die Verleihung an Georg W. Claussen (2012)<br />

und Geschichtsprofessor Dr. Franklin Kopitzsch (2018). Beide Preisträger<br />

sind nach Salomon Heines Vorbild für ihr außerordentliches<br />

Engagement für die Stadt Hamburg bekannt.<br />

Der Tradition Salomon Heines folgend, werden regelmäßig kulturelle<br />

Veranstaltungen wie beispielsweise Lesungen, Buchvorstellungen,<br />

Vorträge und Konzerte im Heine-Haus organisiert. Die oft aus Hamburg<br />

stammenden Autorinnen und Autoren widmen sich schwerpunktmäßig<br />

Themen des 19. Jahrhunderts mit Bezug auf die Gegend um das<br />

Heine-Haus und auch ein direkter oder indirekter Bezug zu Salomon<br />

und Heinrich Heine ist meist gegeben. Während früher 10 Lesungen<br />

jährlich stattfanden, wurde die Frequenz auf 24 erhöht, an denen<br />

durchschnittlich 40 interessierte Personen teilnehmen. Als besondere<br />

Highlights erinnert Beate Borowka-Clausberg die Lesungen der bedauerlicherweise<br />

verstorbenen Brigitte Kronauer (1940 <strong>–</strong> 2019) und Peter<br />

Härtling (1933 <strong>–</strong> 2017). Der Letztgenannte stellte 2011 mitreißend<br />

seine Biografie „Liebste Fenchel! Das <strong>Leben</strong> der Fanny Hensel-Mendelssohn“<br />

vor.<br />

Onkel des Dichters Heinrich Heine. (Maler: Friedrich Carl Gröger,<br />

Öl auf Leinwand 1822. Original: Altonaer Museum. Reproduktion:<br />

Fotografie eines Repliks aus dem Heine-Haus Hamburg.)<br />

Dauerausstellung im Keller.<br />

Im Souterrain informiert eine Dauerausstellung mit Bildern und Informationstafeln<br />

über die Geschichte des Heine-Hauses, die zeitweise<br />

durch Sonderausstellungen ergänzt wird. Momentan werden die vielen<br />

Die Christianskirche in Ottensen. Noch heute existiert auf dem<br />

Friedhof das Grab der Therese Halle (1807 <strong>–</strong> 1888), Tochter Salomon<br />

Heines und vom Dichter Heinrich sehr begehrt.<br />

Das imposante Grab des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock<br />

(1724 <strong>–</strong> 1803) auf dem historischen Friedhof der Christianskirche ist nicht<br />

weit vom Heine-Haus entfernt.<br />

Sommer 2021 43


Der Hamburger Jungfernstieg im 19. Jahrhundert. Salomon Heine ließ<br />

beim großen Brand 1842 sein dortiges Bankhaus sprengen, um die Ausbreitung<br />

des Feuers zu verhindern.<br />

Der bewachsene Elbhang lädt zu erholsamen Spaziergängen ein.<br />

Stationen des Heinrich Heine Marmor-Denkmals, welches einst durch<br />

seine Verehrerin, die österreichische Kaiserin Elisabeth (1837 <strong>–</strong> 1898),<br />

gestiftet wurde, thematisiert. Die Reise des Kunstwerkes ging von Rom<br />

1891 über Korfu, Berlin, Hamburg, Altona, Marseille bis 1957 nach<br />

Toulon, wo es sich noch heute befindet. Wer weiter in die Materie einsteigen<br />

möchte, findet auf dem Büchertisch des Heine-Hauses ein<br />

reichhaltiges Angebot interessanter Literatur.<br />

Kurswechsel an der Elbe.<br />

Nicht nur der Kulturbetrieb im Ganzen, sondern auch die Veranstaltungsaktivitäten<br />

des Heine-Hauses wurden durch die Corona-Pandemie<br />

stark getroffen. Während zu Beginn viele Vorträge ausfallen mussten,<br />

finden diese mittlerweile per Videokonferenz statt, wofür um eine<br />

Spende gebeten wird.<br />

Das Heine-Haus darf momentan nicht der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht werden, deshalb können ausgewählte Kulturschaffende es<br />

temporär als kreativen Rückzugsort nutzen, um sich in Ruhe und ungestört<br />

ihrem künstlerischen Schaffen zu widmen. In Kooperation mit der<br />

in Hamburg ansässigen „Fanny und Felix Mendelssohn-Gesellschaft“<br />

entstand die Idee eines Stipendiums, um das Heine-Haus in dieser<br />

schwierigen Zeit sinnvoll zu nutzen. Durch einen Zufall erhielt die<br />

Musikwissenschaftlerin und Schriftstellerin Martina Bick (63) das<br />

„Heine-Mendelssohn-Stipendium“ und die Gelegenheit, einen Monat<br />

lang exklusiv im Heine-Haus zu arbeiten. „Jeden Morgen ging ich mit<br />

Freuden ins Heine-Haus“, erinnert sich Martina Bick an die aufregende<br />

Zeit im März, in der sie sich sehr gut auf ihr anspruchsvolles Projekt,<br />

die aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammenden Spuren der<br />

Familie Mendelssohn in Hamburg, fokussieren konnte. Ausschließlich<br />

mit ihrem Computer und Büchern ausgestattet, konnten störende<br />

Einflüsse sie nicht ablenken. Regelrecht magisch kam ihr der inspirierende,<br />

geschichtsträchtige Ort vor und der majestätische Blick auf die<br />

Elbe, an der sie während der Pausen spazieren ging. „Der Heine-Park<br />

mit seiner Ruhe hat eine ganz andere Atmosphäre im Vergleich zu Altona<br />

und ist ein Ausflug in eine ganz andere soziale Gegend“, stellte die in<br />

Altona wohnende Autorin fest.<br />

Zeitgenössischer Plan des Heine’schen elbseitigen Anwesens mit<br />

Lage der Villa und des Heinehauses.<br />

Die berühmten Rainville-Terrassen, damals ein beliebtes Ausflugslokal<br />

am Elbhang direkt neben dem Park Salomon Heines.<br />

44<br />

Sommer 2021


Regelrecht magisch wirkt der inspirierende,<br />

geschichtsträchtige Ort und der majestätische<br />

Blick auf die Elbe auf viele Menschen.<br />

Martina Bick fasziniert an ihrem Fach nicht nur die Analyse von<br />

Musikstücken, sondern besonders die biografischen Kontexte der Komponistinnen<br />

und Komponisten, die untrennbar damit verbunden sind.<br />

Wie erwähnt, interessieren sie aktuell in diesem Zusammenhang die<br />

noch auffindbaren Spuren der ehemals in Hamburg ansässigen Familie<br />

Mendelssohn. Die Forschungsergebnisse sollen abschließend in<br />

gedruckter Fassung im Rahmen von Mendelssohn-Spaziergängen<br />

aufgezeigt und veröffentlicht werden. Die Familie Mendelssohn (der<br />

spätere Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy, seine nicht minder<br />

begabte Schwester Fanny, deren Eltern und Geschwister) wohnte<br />

damals unweit des Hamburger Michels und nutzte die Holländer-<br />

Windmühle des Müllers Marten am Ottenser Elbufer als Feriendomizil.<br />

Oft war die Familie bei den befreundeten Heines in deren naher Sommerresidenz<br />

zu Besuch und man war deshalb sehr gut miteinander<br />

bekannt.<br />

Auch wenn viele zeitgenössische Bauten schon lange nicht mehr existieren<br />

und sich das Elbufer in 200 Jahren grundlegend verändert hat, so<br />

laden die Parks und Wege nach wie vor zum Erkunden und Genießen<br />

der Natur ein und so wie damals laufen Schiffe in den Hamburger<br />

Hafen ein und aus. Vielleicht führt Ihr Elbspaziergang Sie einmal zu<br />

dem Heine-Haus an der Elbchaussee 31, ein Erinnerungsort an die<br />

vergangene Zeit des wohltätigen Bankiers Salomon Heine, seines dichtenden<br />

Neffen Heinrich und all die Menschen, die vor 200 Jahren dort<br />

zu Besuch waren.<br />

Lesetipps<br />

Salomon Heine in Hamburg.<br />

Geschäft und Gemeinsinn.<br />

Herausgegeben für das<br />

Heine-Haus Hamburg<br />

von Beate Borowka-Clausberg<br />

254 S., 82 Abb., geb.,<br />

Schutzumschlag<br />

19,90 Euro (D); 20,50 Euro (A)<br />

ISBN 978-3-8353-1199-2<br />

April 2013<br />

Therese von Bacheracht.<br />

Eine Hamburgerin in<br />

St. Petersburg.<br />

Herausgegeben für das<br />

Heine-Haus Hamburg<br />

von Beate Borowka-Clausberg<br />

48 S., Paperback,<br />

22 x 185 mm<br />

Morio Verlag Heidelberg 2017<br />

7,95 EURO<br />

ISBN 978-3-945424-67-4<br />

Heine-Haus e. V.<br />

Elbchaussee 31, 22765 Hamburg, Tel. 040/39 19 88 23<br />

Mail: info@heine-haus-hamburg.de<br />

www.heine-haus-hamburg.de<br />

Dr. Beate Borowka-Clausberg, Geschäftsführerin<br />

des Vereins Heine Haus e. V. und Initiatorin interessanter<br />

Veranstaltungen.<br />

Foto: Dr. Borowka-Clausberg<br />

Salonfähig <strong>–</strong> Frauen<br />

in der Heine-Zeit.<br />

Herausgegeben für das<br />

Heine-Haus Hamburg<br />

von Beate Borowka-Clausberg<br />

160 S., geb.,<br />

165 × 240 mm<br />

19,95 EURO<br />

ISBN 978-3-945424-31-5<br />

Sommer 2021 45


östliche<br />

östliche<br />

imbeeren imbeeren un un<br />

rombeere<br />

rombeere<br />

von Emily Weede<br />

Himbeeren sind wohl die edelsten<br />

und empfindlichsten Beeren in unseren<br />

Gärten, obwohl sie botanisch<br />

gesehen gar keine Beeren, sondern<br />

Sammelsteinfrüchte sind.<br />

Zeichnung: Ralph Bühr<br />

Eine reife Himbeere vom Strauch zu zupfen und dann<br />

mit der Zunge im Mund zu zerdrücken, ist wohl eines<br />

der schönsten Geschmackserlebnisse, die der Sommer<br />

zu bieten hat. Gleiches gilt für ihre Schwester, die<br />

Brombeere, im Spätsommer.<br />

Heute werden Himbeeren und Brombeeren fast ganzjährig<br />

im Supermarkt angeboten. Aber auch hier gilt<br />

wie bei allem anderen Obst und Gemüse: das volle<br />

Aroma haben nur die einheimischen Früchte. Das<br />

schönste Aroma aber haben Himbeeren und Brombeeren,<br />

wenn sie direkt vom Strauch gegessen werden.<br />

Himbeeren sind so empfindlich, dass man sie vor dem<br />

Verzehr nicht waschen sollte. Meine Mutter hat immer<br />

voller Unverständnis von einer Nachbarin erzählt, die<br />

die mühsam gesammelten Himbeeren dann im Waschbecken<br />

gewaschen hat, wobei nur noch eine rote<br />

Brühe übrig blieb.<br />

Als Kind hatte ich ganz andere Probleme mit den<br />

edlen Früchten. Wir haben zu Hause die Früchte nie<br />

gespritzt und so waren Himbeeren ohne Maden eine<br />

echte Seltenheit. Sommerhimbeeren werden nämlich<br />

gern von den Larven des Himbeerkäfers bewohnt,<br />

während Herbsthimbeeren durch den späteren<br />

Fruchtansatz fast nicht befallen werden.<br />

Himbeersträucher gehören nicht nur wegen ihres<br />

hervorragenden Geschmacks in jeden Garten. Die<br />

Himbeerblüte ist für Bienen und Hummeln eine wichtige<br />

Nebentracht. Himbeerpflanzen sind auch<br />

<strong>Leben</strong>sraum für bis zu 54 unterschiedliche Schmetterlingsraupen.<br />

Ähnlich wertvoll für Insekten, Vögel und<br />

Kleinsäuger sind Brombeeren. Wilde Brombeeren<br />

46<br />

Sommer 2021


können mehrere Meter hohe undurchdringliche Horste bilden. Sie<br />

dienen Tieren als Unterschlupf und Winterquartier. In den meisten<br />

Gärten muss man die Brombeere aber in Schach halten, damit ihre bis<br />

zu sechs Meter langen Triebe nicht zum Problem werden. Glücklicherweise<br />

werden stachellose Kulturbrombeeren schon seit vielen Jahrzehnten<br />

gezüchtet. Ihr Aroma kann sich mittlerweile mit den wilden, stacheligen<br />

Brombeeren messen. Brombeeren im Garten sollten immer an<br />

einem Spalier gezogen werden, um ihren Wuchs zu bändigen.<br />

Himbeeren und Brombeeren schmecken nicht nur frisch, sie lassen sich<br />

sehr gut einfrieren und sind ein Gedicht zu allen Sahne-, Joghurt-, und<br />

Quarkspeisen.<br />

Himbeer- oder Brombeercreme<br />

500 g Himbeeren oder Brombeeren<br />

½ Liter Milch<br />

3 Eigelb<br />

100 g Zucker<br />

9 Blatt Gelatine<br />

Die Milch zum Kochen bringen und mit dem Eigelb und dem<br />

Zucker zu einer Creme schlagen. Die eingeweichte Gelatine<br />

unterziehen und abkühlen lassen. Solange die Creme noch<br />

nicht ganz fest ist, die frischen Beeren unterziehen und sehr<br />

kalt stellen.<br />

Himbeer- oder Brombeerauflauf<br />

Mandelmakronentorte mit Himbeeroder<br />

Brombeerfüllung<br />

8 Eiweiß<br />

900 g Zucker<br />

900 g geriebene Mandeln<br />

3 TL Zitronensaft<br />

500 g Himbeeren oder Brombeeren<br />

1 Becher Schlagsahne<br />

Das Eiweiß steifschlagen, dann nach und nach den Zucker<br />

unterrühren, bis eine cremige Masse entsteht. Dann die Mandeln<br />

und den Zitronensaft unterschlagen. Die Masse auf zwei<br />

Tortenböden verteilen und 45 Minuten bei 150 °C backen.<br />

Nach dem Auskühlen 500 g Himbeeren oder Bromberen<br />

auf einem Tortenboden verteilen und mit der geschlagenen<br />

Sahne bestreichen. Zuletzt den zweiten Tortenboden daraufsetzen<br />

und servieren.<br />

Sommerlicher<br />

Zaubertrank<br />

500 g Himbeeren oder Brombeeren<br />

0,7 l Pfirsich- oder<br />

Aprikosensaft<br />

0,7 l Selter oder Sekt<br />

1 kg Himbeeren oder Brombeeren<br />

50 g Zucker<br />

5 Eigelb<br />

1 Becher Sahne<br />

60 g Zucker<br />

Das Eigelb mit der Sahne und dem Zucker verquirlen und<br />

den Eischnee unterziehen.. Die Beeren in eine Auflaufform<br />

geben und mit 50 Gramm Zucker bestreuen. Die schaumige<br />

Masse darüber gießen und für 30 Minuten bei 175°C im Ofen<br />

backen. Kalt servieren.<br />

Dieses leichte Sommergetränk schmeckt mit oder ohne Alkohol<br />

gleichermaßen gut. Es sollte kalt getrunken werden und<br />

braucht keine Zeit zum Durchziehen.<br />

Himbeer- oder<br />

Brombeermarmelade<br />

Oft wird Marmelade aus den ganzen Früchten mit den Kernen<br />

gekocht. Versuchen sie einmal die Marmelade ohne Kerne!<br />

Ein wahrer Genuss und kein Vergleich zu Gelee.<br />

1 kg Früchte<br />

500 g Gelierzucker<br />

Die rohen Beeren pürieren und anschließend durch ein Sieb<br />

passieren. Achtung: Durch das Passieren gehen bis zu 200<br />

Gramm Gewicht verloren, die Menge des Gelierzuckers muss<br />

auf das Gewicht der kernlosen Fruchtmasse abgestimmt werden.<br />

Fruchtmasse und Zucker zusammen zum Kochen bringen<br />

und 3 Minuten sprudelnd kochen lassen, Danach heiß<br />

in Gläser mit Twist-Off Deckeln füllen, fest zudrehen und fünf<br />

Minuten auf dem Kopf stehenlassen.<br />

Sommer 2021 47


„u „u deinem örper örper etwas utes, utes,<br />

damit die eele eele ust ust hat, arin arin zu wohnen“<br />

Vegetarische Köstlichkeiten aus der Klosterküche.<br />

Serviert von Krimi- und Kochbuchautorin Heike Kügler-Anger<br />

Vielseitigkeit ist es, welche die aus dem nordrhein-westfälischen Marl<br />

gebürtige Krimi- und Kochbuchautorin Heike Kügler-Anger (60)<br />

auszeichnet. Mittlerweile lebt die studierte Englischlehrerin seit vielen<br />

Jahren im malerischen Odenwald. Oft trifft man sie dort in alten<br />

Klöstern oder Ruinen an, in denen sie sich für die in ihrer Wahlheimat<br />

spielenden Kriminalromane inspirieren lässt. Aber auch von der kulinarischen<br />

Seite her sind diese für die Autorin von Interesse, denn Heike<br />

Kügler-Anger verfasste neben einer Reihe vegetarischer Kochbücher<br />

auch ein Klosterkochbuch mit fleischlosen Köstlichkeiten, von denen<br />

sie exklusiv für „<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>“ sieben Lieblingsrezepte ausgesucht<br />

hat. Über die traditionelle Klosterküche weiß sie zu berichten:<br />

„Tu deinem Körper etwas Gutes, damit die Seele Lust hat, darin zu<br />

wohnen“ sagte die Heilige Teresa von Ávila (1515 <strong>–</strong> 1582) aus Spanien<br />

und damit sind die Grundprinzipien der historischen wie modernen<br />

Klosterküche schon fast zusammengefasst. <strong>Leben</strong>smittel sind in der<br />

Tradition der Klosterküchen keine schnöden Sattmacher, sondern sind<br />

teilweise tief im christlichen Glauben verankert (vor allem Brot, Wein,<br />

Öl) und auch Mittel zum <strong>Leben</strong>. Dabei orientiert man sich von Beginn<br />

an am Rhythmus der Jahreszeiten, verwendet vorwiegend Obst,<br />

Gemüse und Kräuter aus dem eigenen Klostergarten. Sofern die<br />

Möglichkeit dazu besteht, wird auch Getreide (Dinkel, Hirse,<br />

Roggen, Hafer, Gerste, Weizen, Mais) angebaut. Nicht nur um<br />

daraus Brot zu backen, sondern auch um sättigende Grützen<br />

und Breie (vor allem für die Fastenzeit) zuzubereiten. Heute<br />

nennen wir das, was in Klosterküchen schon seit Jahrhunderten<br />

praktiziert wird, „regional und saisonal“.<br />

Für die Entstehung des Kochbuches hat Autorin Heike Kügler-<br />

Anger an einige Klosterpforten angeklopft und sehr interessante<br />

Gespräche zu traditionellen Zutaten und Zubereitungsformen<br />

geführt. Die hier zur Verfügung gestellten Rezepte wurden für<br />

das Buch und die Verwendung jenseits der Klostermauern entsprechend<br />

angepasst. Sie sind dafür geschaffen, „Leib und Seel“<br />

gutzutun und sich eine kleine „Klosterauszeit“ in der eigenen<br />

Küche zu gönnen.“<br />

Das „<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>“ Redaktionsteam hat die Rezepte nachgekocht<br />

und war von den leckeren Resultaten begeistert.<br />

Mehr von der Autorin zum Thema Kochen, Kloster und Krimis:<br />

Abb. links: Heike Kügler-Anger,<br />

Vegetarisches aus der Klosterküche,<br />

200 Seiten, Pala Verlag, 2011<br />

Abb. Mitte: Heike Kügler-Anger,<br />

Odenwaldjagd<br />

(Kriminalroman), 314 Seiten,<br />

Gmeiner-Verlag, 2021<br />

Abb. rechts: Heike Kügler-Anger,<br />

Camping mit Todesfolge<br />

(Kriminalroman), 272 Seiten,<br />

Emons-Verlag, 2021<br />

48 Sommer 2021<br />

Hintergrundabbildung: Das Kloster Lüne bei Lüneburg, Rezeptfotos: Katrin Lembke


Frischer Rohkostaufstrich<br />

1 Karotte<br />

1 kl. Petersilienwurzel, ca. 70 g, (oder Knollensellerie)<br />

2 Frühlingszwiebeln<br />

100 g Salatgurke<br />

4 Radieschen<br />

250 g Speisequark<br />

(Fettgehalt nach Wahl)<br />

2 EL Sonnenblumenöl oder Olivenöl<br />

3 EL fein gehackte krause Petersilie<br />

2 EL fein gehackter Dill<br />

1 <strong>–</strong> 2 Knoblauchzehen<br />

Meersalz<br />

frisch gemahlener weißer Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

Die Karotte und Petersilienwurzel schälen und fein raspeln.<br />

Die Frühlingszwiebeln in feine Scheiben schneiden.<br />

Die Salatgurke und Radieschen fein würfeln.<br />

Das Gemüse mit dem Speisequark vermischen.<br />

Das Sonnenblumenöl, die Kräuter und durchgepressten<br />

Knoblauchzehen unterrühren.<br />

Den Rohkostdip mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Bockshornkleeaufstrich<br />

500 g Joghurt (Fettgehalt nach Wahl)<br />

½ <strong>–</strong> 1 TL gemahlene Bockshornkleesamen<br />

4 EL heiße Milch<br />

½ Bund gemischte Gartenkräuter<br />

(zum Beispiel Petersilie, Schnittlauch, Dill, Estragon)<br />

250 g Speisequark (Fettgehalt nach Wahl)<br />

2 <strong>–</strong> 3 Spritzer Zitronensaft<br />

Meersalz<br />

frisch gemahlener schwarzer Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

Den Joghurt 2 <strong>–</strong> 3 Stunden in einem Sieb durch ein Geschirrtuch<br />

abtropfen lassen, wodurch er fester wird.<br />

Die Bockshornkleesamen 5 <strong>–</strong> 10 Minuten in der heißen Milch<br />

quellen lassen.<br />

Die Gartenkräuter fein hacken.<br />

Den abgetropften Joghurt mit dem Speisequark, den Kräutern<br />

und Bockshornkleesamen verrühren.<br />

Den Zitronensaft hinzufügen und den Bockshornkleeaufstrich<br />

mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Vor dem Servieren 15 Minuten ziehen lassen.<br />

Frischer Rohkostaufstrich<br />

Sommer 2021 49


Zucchiniküchlein<br />

Zutaten für 8 <strong>–</strong> 9 Zucchiniküchlein<br />

Maisgrießsuppe<br />

Zutaten für etwa 4 Portionenn<br />

1 Zwiebel<br />

2 mittelgroße Zucchini (etwa 500 g)<br />

1 <strong>–</strong> 2 EL Sonnenblumenöl<br />

1 mittelgroßes Ei<br />

3 EL saure Sahne<br />

4 EL fein gehackte krause Petersilie<br />

3 <strong>–</strong> 4 MSP gemahlener Galgant<br />

2 MSP gemahlene Muskatnuss<br />

140 g Dinkelvollkorngrieß<br />

70 g Dinkelvollkornmehl<br />

Meersalz<br />

frisch gemahlener schwarzer Pfeffer<br />

Rapsöl oder Olivenöl zum Braten<br />

Zubereitung:<br />

Die Zwiebel fein würfeln, die Zucchini raspeln.<br />

Beides zusammen im heißen Sonnenblumenöl schmoren, bis<br />

das Gemüse weich und die anfallende Kochflüssigkeit verdampft<br />

ist. Vor der Weiterverwendung etwas abkühlen lassen.<br />

Das Ei mit der sauren Sahne, Petersilie, Galgant und Muskatnuss<br />

verrühren und zum Zucchinigemüse geben.<br />

Den Dinkelvollkorngrieß und das Dinkelvollkornmehl hinzufügen<br />

und alles gut vermischen.<br />

Herzhaft mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Pro Zucchiniküchlein einen gut gehäuften Esslöffel Zucchinimasse<br />

vom Teig abstechen. In die Pfanne geben und mit dem<br />

Pfannenwender etwas abflachen.<br />

Die Küchlein im heißen Öl von beiden Seiten ausbacken.<br />

1 große Zwiebel<br />

3 EL Butter<br />

1 große Karotte<br />

125 g Maisgrieß<br />

600 ml Gemüsebrühe<br />

600 ml Milch<br />

2 EL Weißweinessig<br />

2 <strong>–</strong> 3 MSP gemahlene Muskatnuss<br />

½ Bund krause Petersilie<br />

2 EL fein gehackter Schnittlauch<br />

100 g saure Sahne<br />

Meersalz<br />

frisch gemahlener weißer Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

Die Zwiebel fein hacken und in der heißen Butter anschwitzen.<br />

Die Karotte schälen und fein würfeln. Zur Zwiebel in den Topf<br />

geben und ebenfalls kurz anschwitzen. Den Maisgrieß einrieseln<br />

lassen und mit der Gemüsebrühe ablöschen.<br />

Milch, Weißweinessig und Muskatnuss unterrühren.<br />

Die Suppe unter Rühren zum Kochen bringen. Die Temperatur<br />

reduzieren und die Suppe 15 Minuten köcheln lassen.<br />

Die Petersilie fein hacken. Zusammen mit dem Schnittlauch<br />

und der sauren Sahne zur Suppe geben.<br />

Die Suppe nochmals gut 5 Minuten ziehen lassen.<br />

Vor dem Servieren herzhaft mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Zucchiniküchlein<br />

50<br />

Sommer 2021


Zitronenkuchen<br />

Saftiger Zitronenkuchen<br />

300 g Dinkelmehl (Typ 630)<br />

1 ½ TL Backpulver<br />

100 g weiche Butter<br />

250 g Roh-Rohrzucker<br />

1 MSP Meersalz<br />

5 gr. Eier<br />

Saft und Schalen von 2 unbehandelten Zitronen<br />

Butter oder Öl für die Form<br />

Für den Guss:<br />

80 ml Zitronensaft<br />

100 g fein gesiebter Puderzucker<br />

Zubereitung:<br />

Das Dinkelmehl und Backpulver vermischen.<br />

Die Butter mit dem Zucker und Salz schaumig rühren. Die<br />

Eier einzeln unterrühren. Zitronensaft und Zitronenschalen<br />

dazugeben. Die Eiermasse mit dem Mehl verrühren.<br />

Den Teig in eine gut gefettete Springform (Ø 26 Zentimeter)<br />

geben und glattstreichen.<br />

Den Zitronenkuchen im Backofen bei 180 °C 30 Minuten<br />

backen. Danach die Temperatur auf 160 °C reduzieren und<br />

weitere 20 <strong>–</strong> 25 Minuten backen.<br />

Für den Guss den fertig gebackenen Kuchen etwa 5 Minuten<br />

abkühlen lassen. Danach ein paarmal mit den Zinken<br />

einer Gabel in die Oberfläche des Kuchens stechen und den<br />

Kuchen mit 50 Milliliter Zitronensaft beträufeln.<br />

Den Kuchen komplett auskühlen lassen.<br />

Den verbleibenden Zitronensaft mit dem Puderzucker verrühren<br />

und den Kuchen damit bestreichen.<br />

Kartoffel-Laiberl mit Salbei<br />

Zutaten für etwa 15 Kartoffel-Laiberl<br />

850 g mehlig kochende Kartoffeln<br />

1 <strong>–</strong> 2 TL Meersalz<br />

1 ¼ l Wasser<br />

6 <strong>–</strong> 7 Blätter Salbei<br />

1 mittelgroßes Ei<br />

2 <strong>–</strong>3 MSP gemahlene Muskatnuss<br />

85 g Weizenmehl (Typ 1050) oder Dinkelmehl (Tye 630)<br />

frisch gemahlener weißer Pfeffer<br />

Butter, Butterschmalz oder auch Olivenöl<br />

1 <strong>–</strong> 2 Knoblauchzehen, 3 <strong>–</strong> 4 Zweige Thymian<br />

Zubereitung:<br />

Die Kartoffeln als Pellkartoffeln im Salzwasser in 15 <strong>–</strong> 20<br />

Minuten weichkochen. Danach das Kochwasser abgießen,<br />

die Kartoffeln kurz ausdampfen lassen und pellen. Sofort<br />

durch eine Kartoffelpresse drücken. Die Kartoffelmasse vor<br />

der Weiterverarbeitung etwas abkühlen lassen.<br />

Die Salbeiblätter in feine Streifen schneiden und mit dem Ei<br />

und der Muskatnuss verrühren.<br />

Die Eimasse zum Kartoffelbrei geben und gut vermischen.<br />

Das Mehl unterrühren, sodass ein glatter Teig entsteht.<br />

Herzhaft mit Salz und Pfeffer würzen. Aus dem Teig auf der<br />

bemehlten Arbeitsfläche eine gut 30 Zentimeter lange Rolle<br />

formen. Die Rolle in 2 Zentimeter dicke Scheiben schneiden.<br />

Reichlich Butter sowie die geschälten Knoblauchzehen und<br />

Thymianzweige in die Pfanne geben und erhitzen.<br />

Die Kartoffel-Laiberl in die Pfanne setzen und von beiden Seiten<br />

goldbraun und knusprig braten.<br />

Sommer 2021<br />

51


Nussauflauf mit Bratäpfeln<br />

Für die Bratäpfel:<br />

4 EL Rosinen<br />

2 EL Rum<br />

ersatzweise Apfelsaft mit ein paar Tropfen Rumaroma<br />

100 ml Wasser<br />

Saft einer halben Zitrone<br />

2 EL Roh-Rohrzucker<br />

4 große Äpfel<br />

Für den Nussauflauf:<br />

4 mittelgroße Eier<br />

2 MSP Meersalz<br />

125 g Roh-Rohrzucker<br />

½ Vanilleschote<br />

125 g gemahlene Haselnusskerne<br />

100 g Dinkelvollkorngrieß<br />

Butter oder Öl für die Auflaufform<br />

Zubereitung:<br />

Für die Bratäpfel die Rosinen so lange im Rum ziehen lassen,<br />

bis die Äpfel in den Backofen gesetzt werden können.<br />

Das Wasser mit dem Zitronensaft und Zucker in einen breiten<br />

Topf geben und unter Rühren zum Kochen bringen. Danach<br />

die Temperatur auf knapp mittlere Hitze reduzieren. Die Äpfel<br />

schälen und das Kerngehäuse großzügig ausstechen. Die<br />

Äpfel in den Sud setzen und 6 <strong>–</strong> 7 Minuten vorgaren.<br />

Die Äpfel aus dem Topf nehmen und auf einem Teller zwischenlagern.<br />

Für den Nussauflauf die Eier trennen. Eiweiß mit dem Salz<br />

steif schlagen. Eigelb mit dem Zucker schaumig rühren. Das<br />

ausgekratzte Mark der Vanilleschote sowie die Kochflüssigkeit<br />

von den Äpfeln hinzufügen.<br />

Die Haselnusskerne sowie den Grieß dazugeben und alles zu<br />

einem glatten Teig verrühren. Vorsichtig den Eischnee unterziehen.<br />

Die Nussmasse in eine gut gefettete Auflaufform geben und<br />

glatt streichen.<br />

Die Äpfel mit den Rumrosinen füllen und in die Nussmasse<br />

setzen. Den Auflauf im Backofen bei 180 °C etwa 20 Minuten<br />

backen, bis er leicht gebräunt ist.<br />

Nussauflauf<br />

52 Sommer 2021


So schmeckt die Elbmarsch<br />

Genießen an der Elbe<br />

Die Entwicklung der Winsener Elbmarsch<br />

ist untrennbar mit dem<br />

Anwachsen Hamburgs zur Großstadt<br />

sowie der Nähe zu Harburg und Lüneburg<br />

als wichtige Regio nalstädte verbunden.<br />

Die Versorgung der Stadtbewohner mit<br />

Frischgemüse, Obst, Milch, Fleisch und<br />

Fisch war nur durch die Landwirte der<br />

Elbmarsch zu gewährleisten.<br />

Die Vielzahl und Vielfalt der Nahrungsmittel,<br />

die aus der Elbmarsch kommen,<br />

gab den Anstoß, Rezepte aus der Elbmarsch<br />

zusammenzutragen und in<br />

klassischen und modernen Interpretationen<br />

zu ver öffentlichen.<br />

Lassen Sie sich von traditioneller<br />

Kochkultur inspirieren, kochen Sie<br />

mit und genießen Sie vielseitige und<br />

abwechslungsreiche Gerichte aus der<br />

Elbmarsch.<br />

Format 170 x 240 mm,<br />

Mattfolierter Einband,<br />

196 Seiten Inhalt,<br />

durchgehend 4-farbig,<br />

historisch bebilderte Einleitung,<br />

192 Rezepte.<br />

14,90 €<br />

zzgl. 2,90 € Versandkosten<br />

Bestellungen werden gerne unter der Rufnummer 0 41 74 / 66 99 717<br />

entgegengenommen oder per E-Mail an info@schoenes-leben.de.<br />

Dieses Werk wurde realisiert mit Unterstützung der Europäischen Union, der LEADER-Region<br />

Achtern-Elbe-Diek, der Gemeinde Seevetal, der Gemeinde Stelle, der Stadt Winsen (Luhe),<br />

der Samtgemeinde Elbmarsch und der Samtgemeinde Bardowick.<br />

Sommer 2021 53


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Wandern in Munster<br />

Wandern liegt im Trend <strong>–</strong> keine<br />

Frage! Und es ist ganz einfachfeste<br />

Schuhe anziehen, überlegen,<br />

wohin es gehen soll, Wasserflasche<br />

füllen und los geht’s! Und beim<br />

Überlegen, wohin es gehen soll,<br />

helfen wir Ihnen sehr gern.<br />

versetzt. Wandern kann man<br />

nämlich zu jeder Jahreszeit und<br />

bei (fast) jedem Wetter!<br />

Etwas länger als der 11,1 km<br />

lange Örtzeweg ist der Fischeweg,<br />

nämlich 13,4 km lang. Führt der<br />

Örtzeweg in Munsters Südosten,<br />

Herrliche Wanderidylle am Oertzeweg.<br />

Foto: Lothar v. Alm<br />

Der Kartoffelweg lädt zum Wandern ein. Foto: Munster Touristik<br />

Wenn man dann am Startpunkt erstreckt sich der Fischeweg nach<br />

angekommen ist, guckt man kurz Norden und führt an den ehemali-<br />

noch einmal, ob man alles hat und<br />

schon kann man aufbrechen. Es<br />

dauert ein wenig, bis man in den<br />

sogenannten flow kommt, aber<br />

wenn er sich dann einstellt, ist<br />

Wandern einfach nur noch wunderbar!<br />

Puls und Blutdruck werden<br />

gesenkt, man atmet tief ein<br />

und schon beginnt die herrlich<br />

entspannende Wirkung des Spazierens<br />

durch die Natur.<br />

Auf so naturnahen Wegen wie<br />

dem Munsteraner Örtzeweg geht<br />

das mit der Entspannung ganz fix,<br />

man ist im Wald, hört im Frühling<br />

und Sommer das erfrischende<br />

Plätschern der Örtze und ein paar<br />

Vogelstimmen und schon scheint<br />

der Alltag ein Stückchen weiter<br />

weg. Im Herbst ist es dann das<br />

Blätterrauschen und im Wintermit<br />

etwas Glück- das Knirschen<br />

des frisch gefallenen Schnees unter<br />

den Wanderschuhen, das uns<br />

schnell in einen Ruhezustand<br />

gen Kieselgurteichen vorbei<br />

bevor auch er durch ein waldiges<br />

Gebiet führt. Mein ganz persönliches<br />

Lieblingsstückchen ist hier<br />

die Örtzefurt, ja hier ist noch eine<br />

richtige Furt zu finden! Damit<br />

man aber keine nassen Füße<br />

bekommt, gibt es inzwischen auch<br />

eine Brücke.<br />

Munster hat aber auch für alle<br />

Wald- und Sandliebhaber Wanderwege<br />

im Angebot! Zum einen ist es<br />

der 13,7 km lange Kartoffelweg,<br />

der in Dethlingen oder auch in<br />

Kreutzen beginnt. Das Thema ist<br />

klar, und da die Kartoffel gern im<br />

relativ trockenen Heidesand<br />

wächst, ist dieser Weg eben auch<br />

so beschaffen. Die Natur, durch<br />

die man wandert, unterscheidet<br />

sich entsprechend von den „Wasserwegen“.<br />

Der längste unserer Wanderwege<br />

ist der 16,4 km lange Zapfenweg,<br />

der größtenteils durch den Wald<br />

bei Oerrel führt. Aber auch hier<br />

gibt es wunderschöne Querungen<br />

über die Örtze und weitere überraschende<br />

„Funde“. Ich wusste<br />

zum Beispiel nicht, dass ..., aber<br />

finden Sie doch auch selbst heraus,<br />

was sich im Wald bei Oerrel verbirgt!<br />

Alle Wege sind gut beschildert, die<br />

Beschilderung wird regelmäßig<br />

überprüft und nötigenfalls<br />

ergänzt. In der Tourist Information<br />

in Munster können Sie sich<br />

gern die passenden Prospekte<br />

herausholen, oder Sie laden sich<br />

die Wege gleich auf Ihr Smartphone.<br />

Und wenn Sie alle Wege<br />

kennen, die durch oder um Munster<br />

führen, können wir Ihnen auch<br />

noch Tipps für die Umgebung<br />

geben, aber erst dann.<br />

www.munster-touristik.de<br />

54<br />

Sommer 2021


Undeloher Hof · Wilseder Straße 22 · 21274 Undeloh · Tel.: 0 41 89 / 4 57<br />

RESTAURANT · BRUNNEN CAFÈ · ÜBERNACHTUNGEN · KUTSCHFAHRTEN<br />

<br />

Herzlich willkommen im Undeloher Hof<br />

Gepflegte Gastlichkeit unterm Reetdach<br />

Heidespezialitäten & Wildgerichte<br />

Ständig wechselnde Veranstaltungen<br />

Großzügige Gartenterrasse<br />

Komfortable, gemütliche Gästezimmer<br />

Parkplätze am Haus, Busparkplatz<br />

Einstellmöglichkeiten für Fahrräder<br />

Lichtdurchfluteter Wintergarten für Hochzeiten, Familienfeiern & Betriebsfeste<br />

Ruhige, helle Seminarräume mit Beamer, Flipchart & Versorgungsservice<br />

Erholsam angelegter Wellnessbereich mit Finnischer Sauna, Biosauna, Farblichtdusche u.v.m.<br />

Kutschenbetrieb, hauseigene Hochzeitskutsche m. engl. Anspannung<br />

Kutschenlinienbetrieb von Undeloh nach Wilsede<br />

Barrierefreie und behindertengerechte Kutsch wagen mit Rampe und elektrischer Hebebühne<br />

Auf Hermann Löns‘ Spuren<br />

Ihre Kutschfahrt* startet direkt am Undeloher Hof. Gerne können Sie mit uns auch einen<br />

individuellen Treffpunkt vereinbaren. Unsere Kutschen fahren Sie täglich.<br />

Rundfahrt durch Wilsede, Dauer ca. 1,5 Stunden ohne Pause<br />

Radenbachtour, Dauer ca. 1,5 Stunden ohne Pause<br />

Fahrt nach Wilsede, Dauer ca. 2-2,5 Stunden<br />

Linienverkehr nach Wilsede: In den Sommermonaten fährt eine Kutsche ab Un de loher Hof<br />

zu festen Abfahrtszeiten auf der Linie Undeloh <strong>–</strong> Wilsede hin und zurück. So können Sie auch<br />

einen längeren Aufenthalt in Wilsede genießen oder nur eine einfache Fahrt buchen und<br />

unsere herrliche Landschaft zu Fuß erkunden.<br />

(* Coronabedingte Einschränkungen der Restaurant-, Hotel- und Kutschfahrtangebote möglich,<br />

aktuelle Angebote und Abfahrtszeiten erfragen Sie bitte telefonisch unter Telefon 04189-457)<br />

<br />

Undeloher Hof · Wilseder Straße 22 · 21274 Undeloh<br />

Tel.: 04189 / 4 57 · Fax: 4 68 · info@undeloher-hof.de<br />

Aktuelle Angebote und Veranstaltungen auf www.undeloher-hof.de<br />

Sommer 2021 55


atie atie iese<br />

iese<br />

ür ür ut utenes nes eu eu<br />

von Carsten Weede<br />

Speers Hoff: Vom Milchviehbetrieb zu einem der<br />

führenden Produzenten von Tiernahrung.<br />

Zu den schönen Dingen im <strong>Leben</strong> gehört für zahlreiche Zeitgenossen<br />

das Zusammensein mit ihren vierbeinigen Lieblingen. Viele Menschen<br />

in Deutschland lieben Haustiere und das <strong>Leben</strong> mit ihnen. Dieser Trend<br />

hat sich auch im Ausnahmejahr 2020 bestätigt. Insgesamt gab es im<br />

vergangenen Jahr in 47 Prozent und somit in fast der Hälfte aller<br />

Haushalte in Deutschland mindestens ein Heimtier. Das ist das Ergebnis<br />

einer haushaltsrepräsentativen Erhebung, die das Marktforschungsinstitut<br />

Skopos zu Beginn des zweiten Lockdowns im Herbst 2020 für<br />

den Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) e.V. und den Zentralverband<br />

Zoologischer Fachbetriebe Deutschland e.V. (ZZF) durchgeführt<br />

hat. Die repräsentative Befragung von 7000 Haushalten hat ergeben,<br />

dass in Deutschland insgesamt 34,9 Millionen Heimtiere gehalten<br />

werden (allerdings sind dabei Millionen von Aquarienfischen und<br />

Terrarientieren nicht mitgezählt).<br />

In Deutschland werden insgesamt<br />

34,9 Millionen Heimtiere gehalten.<br />

So soll es sein: Der Schwader zieht ein lockeres<br />

und gleichmäßiges Schwad. Heu von saftigen,<br />

naturbelassenen Marschwiesen im Unterelberaum<br />

ist reich an Vitaminen und Ballaststoffen.<br />

<br />

Foto: Marschhof<br />

Haustier Nummer eins ist nach wie vor die Katze: Insgesamt leben 15,7<br />

Millionen Stubentiger in 26 Prozent der deutschen Haushalte. An<br />

zweiter Stelle folgen 10,7 Millionen Hunde in 21 Prozent der Haushalte.<br />

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich jedoch insbesondere Kleintiere<br />

wie Hamster, Kaninchen, Hasen, Zwergkaninchen, Meerschweinchen,<br />

Chinchillas und Mäuse. Laut Befragung werden bereits 5 Millionen<br />

dieser Tiere in deutschen Haushalten gehalten. Bei den Haushalten,<br />

die ein solches Heimtier halten, ist der Anteil von Familien mit Kindern<br />

besonders hoch. „Die Haustierhalter können sehr wohl unterscheiden,<br />

was für ihre kleinen Lieblinge gut ist. Die Ansprüche an die<br />

Qualität der Futtermittel sind besonders für die zu Hause gehaltenen<br />

Kuscheltiere deutlich gestiegen“, sagt Hauke Heitmann, Geschäftsführer<br />

der Marschhof GbR in Stelle-Fliegenberg (Landkreis Harburg).<br />

Die Marschhof GbR ist ein auf Kleintiernahrung spezialisierter,<br />

renommierter landwirtschaftlicher Familienbetrieb mit rund 40 Mitarbeitern<br />

in der norddeutschen Elbmarsch. Das Angebot von Marschhof<br />

GbR umfasst unterschiedliche Raufuttersorten sowie innovative<br />

Tees speziell für Nager und Kaninchen (neuerdings auch für Hunde und<br />

Pferde) unter der Marke „Speers Hoff“. Das 1990 von Reinhard und<br />

56 Sommer 2021


Reinhard Speer (rechts) und sein Schwiegersohn Hauke Heitmann prüfen<br />

die Qualität des Heus. <br />

Foto: Carsten Weede<br />

Die Produktpalette reicht von Premium-Heu für den Heimtiermarkt bis<br />

zu Tees für Haustiere. <br />

Foto: Marschhof<br />

Gudrun Speer in Stelle-Fliegenberg gegründete Unternehmen verfügt<br />

über langjährige Erfahrungen in der Herstellung von Kleintiernahrung<br />

sowie in der modernen Bewirtschaftung von Grünland. „Natürlich<br />

füttern <strong>–</strong> unser Motto ist auch unsere Unternehmensphilosophie“,<br />

sagt Unternehmensgründer Reinhard Speer.<br />

„Getrocknetes Wiesenheu ist aufgrund seines Ballaststoffgehaltes eines<br />

der wichtigsten Futtermittel für Zwergkaninchen und Nager“, erklärt<br />

der 41-jährige Geschäftsführer und studierte Maschinenbauer, Hauke<br />

Heitmann. Sein Schwiegervater, Reinhard Speer, habe früh erkannt,<br />

dass angesichts der steigenden Zahl von Heimtieren auch der Bedarf an<br />

artgerechtem und ausgewogenem Futter für die geliebten Vierbeiner<br />

wachsen werde. „Er ist richtig auf Zack und hat schon damals die<br />

Zeichen der Zeit erkannt“, lobt Hauke Heitmann seinen Schwiegervater.<br />

Tatsächlich ist die Nachfrage nach hochwertigem Heu für Heimtiere<br />

in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen.<br />

„Erstklassiges Heu hat Familie Speer gefühlt schon immer hergestellt,<br />

aber dass unser Heu nicht nur Kühen schmeckt, habe ich eher durch<br />

einen glücklichen Zufall entdeckt“, erzählt der 66-jährige Landwirtschaftsmeister.<br />

Reinhard Speer blieb der Grünlandbewirtschaftung, die<br />

seine Eltern bereits im Rahmen der Milchwirtschaft auf Speers Hoff<br />

(siehe Kasten) erfolgreich betrieben hatte, weiterhin treu <strong>–</strong> und weitete<br />

sie auf das neue Marktsegment aus. „Meine Frau und ich waren uns<br />

einig, dass der Milchmarkt nicht die Zukunft für unseren traditionsreichen<br />

Familienbetrieb sein konnte“, erzählt Reinhard Speer. Folgerich-<br />

Das gemähte Gras trocknet zuerst auf den Wiesen unter freiem Himmel. Zum Aufpressen wird das getrocknete Gras ins sogenannte Schwad (Foto) gelegt.<br />

<br />

Foto: Carsten Weede<br />

Sommer 2021 57


tig verlagerten die Betriebsleiter den Schwerpunkt auf die Produktion<br />

von Premium-Heu für den Heimtiermarkt. „Anfangs haben wir das<br />

parallel zur Milchwirtschaft gemacht, aber dann haben wir sukzessive<br />

umgestellt und schließlich wurde die Herstellung von Kleintiernahrung<br />

zum vollständigen Ersatz für einen Wirtschaftszweig, in dem die<br />

viele Arbeit immer weniger wert war“, erinnert sich der Vater von drei<br />

erwachsenen Töchtern und einem Sohn, die alle im Fliegenberger<br />

Familienbetrieb tätig sind.<br />

Mit der vollen Konzentration auf die neue Herausforderung steckte<br />

der unternehmerisch denkende und handelnde Landwirtschaftsmeister<br />

sein Wissen und Können in die Perfektionierung der Heu-Produktion,<br />

denn um das Heu nicht nur auf dem Hof zu verfüttern, sondern um es<br />

als Kleintierfutter weiterzuverkaufen, musste es andere Anforderungen<br />

erfüllen.<br />

„Wenn man Heu für den Heimtiermarkt anbieten will, dann muss es<br />

länger frisch bleiben“, erklärt Reinhard Speer. Damit wertvolle<br />

Inhaltsstoffe auch während der längeren Lagerung, die mit der Nutzung<br />

für den Heimtiermarkt einhergeht, nicht verloren gehen, galt es,<br />

den Herstellungsprozess neu zu durchdenken. Insbesondere eine bessere<br />

Trocknung war gefragt und da es diese nicht von der Stange gab, wurde<br />

Reinhard Speer selbst zum Erfinder.<br />

Gewöhnlich bleicht das gemähte Gras auf der Wiese, wo es bis zum<br />

Einfahren sowohl der Sonne als auch der feuchten Witterung ausgesetzt<br />

war. Dadurch konnte es neben der frischen grünen Farbe auch wichtige<br />

Nährstoffe verlieren. „Heute wird das Gras bereits nach einem kurzen<br />

Vortrocknen auf der Wiese eingefahren und anschließend schonend<br />

durch ein Gebläse getrocknet“, erklärt Reinhard Speer.<br />

„Heute wird Gras bereits nach kurzem Vortrocknen<br />

auf der Wiese eingefahren und schonend<br />

durch ein Gebläse getrocknet, damit wertvolle<br />

Inhaltsstoffe erhalten bleiben.“<br />

Bevor die Ernte beginnt, werden die Wiesen mit Hilfe einer ferngesteuerten<br />

Drohne abgesucht. Jan-Hendrik Speer steuert die mit einer<br />

Wärmebildkamera ausgestattete Drohne. Aus der Vogelperspektive<br />

lässt sich gut feststellen, wo Rehkitze sich drücken. Gemeinsam mit<br />

Freundin Yvonne bringt er die geretteten Rehkitze in Sicherheit. <br />

<br />

Fotos: Marschhof<br />

„Was sich so einfach anhört, ist das Ergebnis intensiver Weiterentwicklung<br />

und ständiger Verbesserung einer Anlage, die es so nur einmal<br />

gibt“, sagt Hauke Heitmann. Die Trocknungsanlage, die sein Schwiegervater<br />

weiterentwickelt habe, trockne das Heu nicht nur zuverlässig<br />

und witterungsunabhängig mit Sonnenwärme vom Dach, sondern<br />

befreie es auch von Staub und Schmutz. „Dank der schnelleren Trocknung<br />

haben Bakterien und Pilze keine Chance, sich im Heu auszubreiten.<br />

So entsteht ein hochwertiges Futtermittel, in dem alle wichtigen<br />

Nährstoffe erhalten bleiben und das genauso frisch aussieht, wie es den<br />

Heimtieren schmeckt“, betont der Geschäftsführer.<br />

Von Anfang an überzeugte die Qualität des Heus aus der Elbmarsch<br />

viele Kunden. Speers Hoff entwickelte sich deutschlandweit zu einem<br />

der größten Anbieter von Einstreu und Futtermitteln für Kleintiere.<br />

2007 nahm Reinhard Speer Kräuterfuttermischungen in seine Produktpalette<br />

auf und ließ wissenschaftlich untersuchen, ob und wie das<br />

Kräuterfutter auf das Tierwohl wirkt. Wissenschaftler der Universität<br />

Rostock stellten fest, dass die Inhaltsstoffe von Kräutern sich positiv<br />

58 Sommer 2021


Beim Wenden kommt<br />

es darauf an, dass<br />

das Gras gleichmäßig<br />

verteilt wird,<br />

damit es optimal<br />

abtrocknen kann.<br />

Foto: Marschhof<br />

In der Elbmarsch zu Hause und fest verwurzelt<br />

Direkt am Elbdeich zwischen Winsen<br />

(Luhe) und Hamburg-Harburg,<br />

inmitten saftiger Wiesen, umgeben<br />

von einer Luft, die man gern tief<br />

einatmet, liegt Speers Hoff. Seine<br />

Geschichte reicht bis ins 18. Jahrhundert<br />

zurück. Eine Inschrift auf<br />

einem Torbalken beweist das stolze<br />

Alter der Fachwerkscheune: 1742<br />

wurde dieses älteste Gebäude des<br />

Hofes errichtet. Die Scheune hat<br />

nicht nur den Untergang des Heiligen<br />

Römischen Reiches Deutscher<br />

Nation im Jahr 1806 schadlos überstanden,<br />

sondern auch einen Umzug<br />

um immerhin 70 Meter, genau 100<br />

Jahre später. Vom alten Deich wurde<br />

sie 1906 in einem Stück zurückgerollt und auf eine Warft, einen<br />

aufgeschütteten Siedlungshügel zum Schutz vor Sturmfluten,<br />

gestellt. „Dort steht sie noch heute unversehrt und erinnert uns<br />

an unsere Wurzeln; an eine Zeit, in der schwere körperliche Arbeit<br />

die Landwirtschaft prägte“, sagt der heutige Eigentümer Reinhard<br />

Speer.<br />

Das heutige Bauernhaus mit seinen Stallungen wurde in den<br />

Jahren 1865 bis 1866 auf dem Dielenboden des ursprünglichen<br />

Gehöfts errichtet. Das stattliche Gebäude sieht im Wesentlichen<br />

noch immer wie damals aus. „Die Beständigkeit der Hofbauten<br />

untermauert unsere Denkweise <strong>–</strong> was auf Speers Hoff angepackt<br />

wird, hat seit jeher Hand und Fuß und übersteht Zeiten und<br />

Moden“, sagt Reinhard Speer.<br />

Spätestens im Jahr 1951 zog mit Erwin und Christa Speer, den<br />

Eltern von Reinhard Speer, auch die Moderne auf dem Hof ein.<br />

Sie übernahmen den Vollhof seinerzeit mit sieben Kühen und<br />

arbeiteten mit Fleiß und Pioniergeist beständig an der Vergrößerung<br />

der Flächen, aber auch an der<br />

Modernisierung der Arbeitsabläufe.<br />

Sie waren zum Beispiel die ersten<br />

Bauern des Kreises, die schon in<br />

den 1950er Jahren Elektrozaun,<br />

Traktor, Melkmaschine und Miststreuer<br />

<strong>–</strong> ein Gerät, das damals<br />

noch kaum bekannt war <strong>–</strong> erwarben.<br />

Außerdem hielten Speers ihr<br />

Vieh bereits früh im Laufstall, einer<br />

besonders artgerechten und effizienten<br />

Haltung von Milchvieh, bei<br />

der sich die Tiere frei bewegen können,<br />

die zum damaligen Zeitpunkt<br />

nicht üblich war.<br />

Das Ehepaar Speer übergab den<br />

wirtschaftlich erfolgreichen Hof mit<br />

107 Kühen im Jahr 1991 an Sohn<br />

Reinhard. Er trieb die Modernisierung des landwirtschaftlichen<br />

Betriebes weiter voran und behielt dabei immer die sich ständig<br />

wandelnden Bedingungen des Marktes im Blick. Mit weitsichtigem<br />

Unternehmergeist und dem nötigen Quäntchen Glück gelang<br />

es Reinhard Speer, weiter zu expandieren, innovative Produkte zu<br />

entwickeln und so einen landwirtschaftlichen Meisterbetrieb zu<br />

erhalten, der auf hohem Niveau wirtschaftet und ein spannendes<br />

Angebot bietet.<br />

„Die Mischung aus dieser Bodenhaftung, einzigartigen botanischen<br />

Voraussetzungen in der norddeutschen Marschlandschaft<br />

und Fortschrittsdenken haben unseren traditionsreichen Hof zu<br />

dem gemacht, was er heute ist“, sagt Landwirtschaftsmeister<br />

Reinhard Speer.<br />

Sommer 2021 59


ei Tierkrankheiten und zur Vorbeugung einsetzen lassen. „Für Nager<br />

und Zwergkaninchen zählt getrocknetes Wiesenheu zu den wichtigsten<br />

Futtermitteln auf dem täglichen Speiseplan. Es enthält von Natur aus<br />

viele Ballaststoffe und ist reich an Mineralstoffen und Vitaminen. Der<br />

hohe Rohfasergehalt im Heu wirkt sich positiv auf die Verdauung der<br />

Tiere aus“, weiß Professorin Petra Wolf. Die renommierte Fachtierärztin<br />

leitet die Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät der Universität<br />

Rostock.<br />

Ohne die vorhandenen und gut strukturierten Faserbestandteile könnten<br />

die natürlichen Verdauungsprozesse im Magen-Darm-Trakt des<br />

Tieres nicht stattfinden: „Es würde zu einer Magenüberladung oder zu<br />

Durchfallerkrankungen kommen“, unterstreicht die promovierte<br />

Veterinärin. Außerdem sichere Heu auf natürliche Weise den erforderlichen<br />

Abrieb der lebenslang wachsenden Nagerzähne. „Heu ist das A<br />

und O in der Fütterung von Kaninchen, Meerscheinchen und Chinchilla“,<br />

betont die Fachtierärztin für Tierernährung. Das setze jedoch das<br />

Angebot eines nährstoffreichen und hygienischen Futters voraus. Eine<br />

Trocknungsanlage biete die Möglichkeit, wetterunabhängig Heu von<br />

einwandfreier Qualität zu erzeugen. Dieses stelle bei sachgerechter<br />

Anwendung (ausreichendes Angebot, täglicher Wechsel des Heus) die<br />

Basis jeder Ration dar und sichere nicht nur eine art-, sondern auch<br />

bedarfsgerechte Fütterung. Nährstoffreiches Gras von guten Böden sei<br />

die Grundvoraussetzung, um hochwertiges Heu zu gewinnen. Genauso<br />

wichtig sei aber eine schnelle und schonende Trocknung des Heus,<br />

damit alle wichtigen Bestandteile erhalten bleiben und die Entstehung<br />

schädlicher Stoffe vermieden wird.<br />

„Die wissenschaftlichen Untersuchungen haben auch bestätigt, dass die<br />

faserreichen Bestandteile im Heu den Nagetrieb stillen und damit<br />

Langeweile vorbeugen, sodass Verhaltensauffälligkeiten wie beispielsweise<br />

Fellfressen vorgebeugt werden kann“, sagt Reinhard Speer. „Wir<br />

haben spezielle Futterprogramme entwickelt. Dabei werden natürliche<br />

Kräuter, Gemüse und Blüten in das Basis-Heu integriert und so ein<br />

abwechslungsreicher Speiseplan imitiert, wie ihn die Natur bietet“,<br />

ergänzt Hauke Heitmann. Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass<br />

aromatische Kräuter wie grüner Hafer, Petersilie, Pfefferminze und<br />

Kamille den Appetit nach Erkrankungen anregen und aufgrund der<br />

natürlich enthaltenen Substanzen (ätherische Öle, Vitamine und Spurenelemente)<br />

Krankheiten vorbeugen beziehungsweise den Heilungsprozess<br />

unterstützen können.<br />

Zusätzlich zur Kombination mit Kräutern bietet Speers Hoff auch<br />

noch Heu mit Apfel, Blüten, Löwenzahn und mit Möhren an. „Äpfel<br />

liefern zusätzlich Vitamin C und Pektin. Ballaststoffreiches Heu mit<br />

appetitanregenden Blütenblättern von Ringelblumen, Rosen, Kornblumen<br />

und Sonnenblumen ergibt eine besonders bekömmliche und verdauungsfördernde<br />

Futtermischung“, sagt Hauke Heitmann. Löwenzahnblätter<br />

in Kombination mit ballaststoffreichem Heu haben nach<br />

Angaben seines Schwiegervaters eine „präbiotische Wirkung“ <strong>–</strong> das<br />

heißt, die Darmflora wird durch diese spezielle Pflanzenkost positiv<br />

beeinflusst, weil sich Mikroorganismen mit einem gesundheitsfördernden<br />

Einfluss im Dickdarm der Tiere anhäufen. Eine ähnliche Wirkung<br />

auf das Wohlbefinden von Heimtieren entfalte Heu, dem vitaminreiche<br />

Karottenchips beigemischt wurden.<br />

Darum ist eine schnelle Trocknung von Heu so wichtig<br />

Bei der Herstellung von Heu trocknet frisch gemähtes Gras zunächst<br />

direkt auf der Wiese vor. Dort kommt es in unseren Breitengraden<br />

schnell zu einer relativen Luftfeuchtigkeit von mindestens 80 Prozent<br />

und somit zu feuchten, kühlen Nächten, die die Trocknung des<br />

Heus verlangsamen.<br />

Auf der Wiese kann das Heu also nicht in der erforderlichen kurzen<br />

Zeit auf eine Restfeuchte von unter zehn Prozent trocknen. Wird<br />

das noch zu feuchte Heu gepresst und zur Resttrocknung in der<br />

Scheune sich selbst überlassen, beginnt ein mikrobiologischer Zersetzungsprozess.<br />

Bakterien und Pilze, die dafür verantwortlich sind,<br />

finden im feuchten Heu einen idealen Nährboden um sich zu vermehren.<br />

Bis die Restfeuchte des Heus verdunstet ist, haben Milben, Schimmelpilze,<br />

Bakterien und Hefen bereits viele wertvolle Nährstoffe<br />

zerstört.<br />

Was noch schwerer wiegt: In Ruhestellung verharren sie auf dem<br />

Futter und werden beim erneuten Kontakt mit Wasser sofort wieder<br />

aktiv. Beim Verfüttern des Heus können Pilzsporen und andere Keime<br />

schließlich leicht in die Atemwege der Heimtiere gelangen und<br />

schwere Allergien oder Krankheiten auslösen.<br />

Da Raufutter für die Verdauung der Tiere aber eine wichtige Rolle<br />

spielt, folgen sie ihrem natürlichen Drang und fressen auch verdorbenes<br />

Heu, wobei die Schadstoffe in ihren Verdauungstrakt gelangen.<br />

Bis zu bestimmten Grenzwerten verkraftet der Organismus<br />

die Belastung durch Pilzgifte (Mycotoxine) und andere schädliche<br />

Substanzen. Wenn sie allerdings in zu hoher Konzentration vorkommen,<br />

können sie das Immunsystem der Heimtiere schwächen oder<br />

gar außer Gefecht setzen. Mögliche Folgen davon sind beispielsweise<br />

struppiges Fell, Mattigkeit, Unruhe, Allergien oder Durchfall.<br />

„Unser Heu trocknet nur kurz auf der Wiese vor und wird anschließend<br />

in unsere große thermische Trocknungsanlage gebracht. Sie<br />

entzieht dem Heu sehr schnell das überschüssige Wasser und nimmt<br />

sämtlichen Keimen damit die <strong>Leben</strong>sgrundlage“, erklärt Landwirtschaftsmeister<br />

Reinhard Speer. Durch die schonende Trocknung in<br />

der Heubox behalte das Futter seine wichtigen Nährstoffe, sei länger<br />

haltbar und auch das Chlorophyll, also die grüne Farbe, bleibe<br />

erhalten. „Das Heu sieht dadurch nicht nur appetitlicher aus, es<br />

riecht auch besonders würzig und schmeckt den kleinen Lieblingen<br />

hervorragend“, betont Reinhard Speer.<br />

60<br />

Sommer 2021


Speers Hoff liegt direkt am Elbdeich zwischen der Kreisstadt Winsen<br />

(Luhe) und Hamburg-Harburg. Seine Geschichte reicht bis ins 18. Jahrhundert<br />

zurück. <br />

Foto: Marschhof<br />

Bei der schonenden Nachtrocknung in der thermischen Trocknungsanlage<br />

wird dem Heu die Restfeuchtigkeit entzogen.<br />

<br />

Foto: Carsten Weede<br />

„Heu, Kräuter und Gemüse stammen von unseren norddeutschen<br />

Naturwiesen in der Elbmarsch. Sie werden schonend geerntet und<br />

ökologisch getrocknet <strong>–</strong> so garantieren wir zu jeder Jahreszeit Spitzenqualitäten“,<br />

sagt Reinhard Speer. „Die gleichbleibend hohe Qualität<br />

unserer Produkte wird regelmäßig durch Tierärzte und durch umfangreiche<br />

Laboranalysen der Landwirtschaftskammer überprüft“, fügt<br />

sein Schwiegersohn hinzu.<br />

Reinhard Speer und Hauke Heitmann setzen sich nicht nur dafür ein,<br />

dass es Heimtieren gut geht <strong>–</strong> der Schutz von Wildtieren liegt ihnen<br />

ebenso am Herzen. „Um Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren, setzen<br />

wir seit einigen Jahren in der Erntezeit auch ferngesteuerte Drohnen<br />

ein, die mit einer Wärmebildkamera ausgestattet sind“, berichtet<br />

Reinhard Speer. Die Kitze werden von ihren Müttern im hohen Gras<br />

auf den saftigen Marschwiesen der Oberelbe abgelegt. Von ihren Fahrersitzen<br />

können die Schlepperfahrer die Rehkitze im Gras meist nicht<br />

sehen, denn bei nahender Gefahr verfallen ganz junge Kitze in einen<br />

angeborenen „Drück-Instinkt“. Das heißt, sie flüchten nicht, sondern<br />

drücken sich ganz dicht auf den Boden und warten, bis der Feind<br />

wieder abgezogen ist. Tierische Feinde wie der Fuchs übersehen Rehkitze<br />

leicht, wenn diese sich ins Gras drücken und warten, bis der Feind<br />

wieder abgezogen ist. Die Überlebensstrategie funktioniert, weil die<br />

Kitze, die meist Ende Mai, Anfang Juni geboren werden, in den ersten<br />

<strong>Leben</strong>swochen geruchlos sind und von den Beutegreifern nicht<br />

erschnüffelt werden. Nur vor Mähwerken schützt das Drücken nicht.<br />

Deshalb werden die Wiesen vor der Heuernte abgesucht. „Aus der<br />

Vogelperspektive können wir sehr gut feststellen, wo Rehkitze sich<br />

drücken“, erklärt Hauke Heitmann.<br />

In den vergangenen Jahren wurden die Wiesen vor dem Mähen gemeinsam<br />

mit vielen freiwilligen Helfern abgesucht. Eine Praxis, die beibehalten<br />

werden soll. Die Drohne sieht Hauke Heitmann als Unterstützung<br />

während der Suche auf den circa 250 Hektar großen Mähwiesen.<br />

Der landwirtschaftliche Familienbetrieb<br />

im Internet: www.speers-hoff.de<br />

Reinhard Speer transportiert die Rundballen schonend mit einer Ballenzange<br />

und stapelt sie in der großen Lagerhalle. <br />

Foto: Carsten Weede<br />

Das Marschhof-Team steht für Spitzenqualität beim Heimtierfutter.<br />

<br />

Foto: Marschhof<br />

Sommer 2021 61


nspi nspiriert von<br />

der atur atur<br />

von Carsten Weede<br />

Kettensägenkünstler Christian Schmidt verarbeitet<br />

eigene Erfahrungen in seinen Werken und<br />

weckt damit starke Emotionen beim Betrachter.<br />

In diesem Sommer wollen Christian Schmidt und seine langjährige<br />

Freundin Jana kirchlich heiraten. Das Besondere: Die Trauung findet<br />

in einer Kirche unter freiem Himmel statt, die Christian Schmidt und<br />

befreundete Kettensägenkünstler selbst gestaltet haben. Die Hochzeitsgäste<br />

sitzen auf hölzernen Kirchenbänken, von denen jede einzelne mit<br />

einem individuell geschnitzten Engel verziert ist. Vorne steht ein großes<br />

Holzkreuz, das Christian Schmidt mit Freunden aus uralten Fachwerkbalken<br />

einer historischen Mühle errichtet hat.<br />

Die Freiluft-Kirche befindet sich inmitten des „Gartens der Sinne“,<br />

den der 40-jährige Kettensägenkünstler mit Unterstützung befreundeter<br />

Künstler oberhalb seines Heimatdorfes Rauschwitz im Saale-Holzland-Kreis<br />

(Thüringen) angelegt hat. Der naturnahe Skulpturenpark<br />

ist gleichzeitig ein Spielparadies für Kinder. Auf 11000 Quadratmetern<br />

gibt es eine Vielzahl von fantasievollen Objekten, Skulpturen,<br />

Sitz- und Liegegelegenheiten sowie Spielgeräten, die die Künstler mit<br />

ihren Kettensägen geschaffen haben. Im Skulpturenpark werden jedoch<br />

nicht nur zahlreiche Arbeiten von herausragenden Holzbildhauern und<br />

Schnitzkunst vom Allerfeinsten präsentiert: Besucher aller Altersgruppen<br />

können dort tatsächlich Natur mit allen Sinnen erleben. Gleichzei-<br />

Diese Skulptur mit Steinbock und Widder in <strong>Leben</strong>sgröße<br />

steht vor dem Haus des Kettensägenkünstlers<br />

Christian Schmidt in Rauschwitz (Thüringen).<br />

<br />

62 Sommer 2021<br />

Fotos: Carsten Weede<br />

Die eindrucksvolle Kirche unter freiem Himmel haben Christian<br />

Schmidt und befreundete Kettensägenkünstler im „Garten der Sinne“<br />

am Ortsrand von Rauschwitz gestaltet.


Im Skulpturenpark „Garten der Sinne“ gibt es zahlreiche fantasievolle Objekte, Skulpturen, Spielgeräte sowie Sitz- und Liegelegenheiten, die die<br />

Künstler mit ihren Kettensägen geschaffen haben.<br />

Sommer 2021 63


Familienmensch Christian Schmidt mit Partnerin Jana und seinen Töchtern<br />

Elina und Thea.<br />

Am Eingang zum „Garten der Sinne“ steht dieses Selbstporträt des<br />

Künstlers mit Kettensäge.<br />

tig erhalten sie Anregungen für die naturnahe Gestaltung ihrer eigenen<br />

Gärten. „Das eigene Erleben und spielerisches Lernen stehen dabei im<br />

Vordergrund. Hier gibt es auf jeden Fall viel Spannendes zu entdecken“,<br />

sagt Christian Schmidt bei einem Rundgang durch seinen<br />

Skulpturenpark. Seine Kunstwerke sollen sich in die Natur einfügen<br />

und mit der Umgebung zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen:<br />

„Kunst und Natur lassen sich wunderbar miteinander verbinden“, sagt<br />

der Kettensägen-Virtuose.<br />

Gleich am Eingang zum „Garten der Sinne“ begrüßt ein aus einem<br />

mächtigen Eichenstamm geschnitztes überlebensgroßes Selbstbildnis<br />

des Kettensägenkünstlers mit Stihl-Motorsäge die Besucher. Ein paar<br />

Meter weiter befinden sich die Gäste auf dem „Stelzenweg auf <strong>Leben</strong>szeit“.<br />

Entlang des Weges gibt es großformatige Holzskulpturen von<br />

Liebespaaren aller Altersgruppen <strong>–</strong> von Kindern, die nach dem ersten<br />

Kuss ein Herz mit ihren Initialen in die Rückenlehne einer Bank schnitzen,<br />

über das junge Erwachsenenpaar in innigster Umarmung bis zu<br />

den Alten, in deren ausdrucksstark modellierten Gesichtern sich die<br />

Erfahrungen eines langen <strong>Leben</strong>s voller Vertrauen und Zuneigung<br />

widerspiegelt. Besucher können in den Darstellungen verschiedene<br />

Liebespaare sehen oder ein und dasselbe Paar, das von frühester Jugend<br />

bis ins hohe Alter zusammenbleibt. Auf jeden Fall macht der „Stelzenweg<br />

auf <strong>Leben</strong>szeit“ deutlich, welche Bedeutung die Liebe in allen<br />

Phasen eines Menschenlebens hat und welche Kraft sie entfalten kann.<br />

Nicht immer erschließt sich die Symbolik der hölzernen Kunstwerke so<br />

Das vielbeachtete Kunstwerk „Glasarche 3“ vor der Frauenkirche in<br />

Dresden. Die 6,5 Tonnen schwere, 4,60 Meter lange, 2,60 Meter breite<br />

und 2 Meter hohe Hand, in der die zerbrechliche Arche aus Glas ruht,<br />

haben Christian Schmidt und Sergiy Dyschlevyy mit ihren Kettensägen<br />

aus zusammengeleimten Eichenholz-Blöcken geschnitzt. Die<br />

Bewahrung der Schöpfung ist ein zentrales Thema im Werk von<br />

Christian Schmidt.<br />

Foto: Reiner Eckel, LPVZeitz<br />

64<br />

Sommer 2021


leicht wie beim Anblick der Paare, die auf eindrückliche Weise Zauber<br />

und Macht der Liebe versinnbildlichen. Und nicht immer sind die beim<br />

Betrachter geweckten Empfindungen so durchweg positiv. „Ich will mit<br />

meinen Arbeiten durchaus provozieren, das heißt, ich will Emotionen<br />

wecken <strong>–</strong> positive und negative“, sagt Christian Schmidt. In seinem<br />

<strong>Leben</strong> habe es auch harte Zeiten gegeben. „Auch diese Erfahrungen<br />

habe ich in meinen Werken verarbeitet“, berichtet der kräftige Mann.<br />

Einige seiner Kunstwerke mit Namen wie „zerfressene Seele“ oder „die<br />

Leere“ zeugen davon. Eine Figurengruppe, die Christian Schmidt<br />

anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers<br />

Buchenwald geschnitzt hat, trägt den Titel „Was Menschen Menschen<br />

antun“.<br />

Bild oben: Himmelbett mit Frosch: Auch hintergründiger Humor findet<br />

sich in einigen Werken im Skulpturenpark.<br />

Holzgeschnitzte Paare, die auf eindrückliche Weise<br />

Zauber und Macht der Liebe versinnbildlichen.<br />

Bild unten: Geschnitzte Eidechsen im XXL-Format auf dem Steinhaufen<br />

machen klar, wer diesen <strong>Leben</strong>sraum für sich beansprucht.<br />

Viele seiner Werke haben durchaus einen ernsten Hintergrund, denn<br />

Christian Schmidt setzt sich ganz konkret für den Erhalt der Artenvielfalt<br />

und für den Klimaschutz ein. Im Skulpturenpark gibt es kunstvoll<br />

gestaltete Insektenhotels, die mit Info-Tafeln mit naturgetreuen Zeichnungen<br />

versehen sind, auf denen erklärt wird, welche Insekten hier<br />

leben. Daneben ist ein großer Steinhaufen aufgeschichtet, der von der<br />

Sonne beschienen wird. Geschnitzte Eidechsen im XXL-Format auf<br />

dem Steinhaufen machen klar, wer diesen <strong>Leben</strong>sraum für sich beansprucht.<br />

„Das ist nicht nur ein Paradies für Eidechsen, hier wimmelt es<br />

auch von Kleinsäugern und überall in den Zwischenräumen krabbeln<br />

Käfer und andere Insekten“, sagt Christian Schmidt. Gleich gegenüber<br />

liegen einige mächtige Baumstämme, die einen großen Haufen aus<br />

Ein Engel für Papst Franziskus<br />

Der Holzkünstler Christian Schmidt<br />

(Jahrgang 1981) ist in Bad Frankenhausen<br />

im thüringischen Kyffhäuserkreis<br />

geboren. Nach der Schulzeit schloss er in<br />

Theißen, einem Orteil der Stadt Zeitz im<br />

Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt, eine<br />

Berufsausbildung zum Fleischer erfolgreich<br />

ab. Bis vor zehn Jahren arbeitete<br />

Christian Schmidt als Fleischer. Schon in<br />

dieser Zeit schnitzte er in seiner Freizeit<br />

Skulpturen mit der Kettensäge. „Dadurch<br />

öffnete sich für mich eine neue Tür in die<br />

wunderbare Welt des kreativen Arbeitens“,<br />

sagt der Autodidakt. In der künstlerischen<br />

Arbeit habe er seine tatsächliche<br />

Berufung gefunden. 2012 wagte<br />

Christian Schmidt den Schritt in die Selbständigkeit:<br />

„Seitdem lebe ich für die<br />

Kunst und von ihr“, sagt der Kettensägen-Virtuose,<br />

der mehrfach bei nationalen<br />

und internationalen Wettkämpfen im<br />

Speedcarving auf dem Podium stand und<br />

zudem zahlreiche Kunstpreise für seine<br />

kreativen Arbeiten gewonnen hat. „Ich<br />

will Kunst zum Anfassen machen, Kunst<br />

die bewegt“, sagt Christian Schmidt,<br />

dessen Werke bereits in zahlreichen<br />

Ausstellungen präsentiert wurden. Auch<br />

Papst Franziskus hat seit 2015 einen<br />

Schutzengel, den Christian Schmidt<br />

geschnitzt hat.<br />

Im Bio-Seehotel Zeulenroda werden auf<br />

mehreren Etagen dauerhaft Werke des<br />

Holzkünstlers gezeigt. Alljährlich veranstaltet<br />

Christian Schmidt das Internationale<br />

Kettensägenkünstler-Symposiums<br />

in Rauschwitz. Der Holzkünstler fertigt<br />

auch Objekte nach speziellen Wünschen<br />

seiner Kunden an. Neben solchen Auftragsarbeiten<br />

gehören für den zweifachen<br />

Vater auch Schausägen, Baumstumpfveredelungen<br />

und Schnitzkurse<br />

zum Tagesgeschäft.<br />

Sommer 2021 65


Sägespänen und Rinde umrahmen. Hier fühlen sich einige seltene<br />

Käferarten <strong>–</strong> wie der bedrohte Hirschkäfer <strong>–</strong> besonders wohl. Auch<br />

einen „Garten für Geschmack und Geruch“ gibt es im Skulpturenpark.<br />

Dort wachsen Küchen- und Heilkräuter sowie Obstbäume alter hochstämmiger<br />

Sorten. „Wir wollen auch noch eine Kräuterschnecke bauen“,<br />

sagt Christian Schmidt.<br />

Die Bewahrung der Schöpfung ist für ihn ein zentrales Thema. Deshalb<br />

setzt sich der Künstler auf allen Ebenen für Arten- und Klimaschutz<br />

ein. Davon zeugt auch das vielbeachtete Kunstwerk „Glasarche 3“, das<br />

Christian Schmidt und der befreundete ukrainische Holzbildhauer<br />

Sergiy Dyschlevyy gemeinsam mit dem renommierten Glaskünstler<br />

Ronald Fischer und den Mitgliedern des Ateliers „Männerhaut“ Stefan<br />

Stangl, Jo Joachimsthaler und Alexander Wallner geformt und zum<br />

<strong>Leben</strong> erweckt haben. Die 6,5 Tonnen schwere, 4,60 Meter lange, 2,60<br />

Meter breite und 2 Meter hohe Hand, in der die Glasarche ruht, haben<br />

Christian Schmidt und Sergiy Dyschlevyy mit ihren Kettensägen aus<br />

zusammengeleimten Eichenholz-Blöcken geschnitzt. Der Rohling der<br />

naturalistisch gestalteten Hand wog 8,2 Tonnen. „Alles Überflüssige<br />

haben wir weggesägt“, sagt Christian Schmidt, den die Dorfbewohner<br />

„Trebi“ nennen.<br />

In leicht geneigter Position visualisiere das Glas-Holz-Ensemble zum<br />

einen, dass die Bewahrung der Natur- und Kulturlandschaft in Menschenhand<br />

liegt. Die zerbrechliche Glasarche droht der hölzernen<br />

Hand zu entgleiten. „Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass es<br />

nicht soweit kommt“, betont der Holzkünstler aus Rauschwitz.<br />

Die Glasarche ist die Dritte ihrer Art. Das Kunstwerk reist seit einigen<br />

Jahren durch Deutschland und Nachbarländer auf einer Route besonders<br />

sehens- und schützenswerter Plätze und Gebiete. Schwerpunkt ist<br />

dabei „die grüne Mitte Deutschlands“ <strong>–</strong> die Bundesländer Sachsen-<br />

Anhalt, Sachsen und Thüringen. Die Glasarche 3 geht an vielen ausgewählten<br />

Stationen vor Anker, wo sie die Kunde vom Schutzauftrag<br />

der Menschen für die Natur verbreiten soll. Ihren „Heimathafen“ hat<br />

sie in der 1050-jährigen Dom- und Residenzstadt Zeitz (Sachsen-<br />

Anhalt). Dort wurde das Kunstwerk aus Glas und Holz 2016 erstmals<br />

im Schlosspark am Museum Schloss Moritzburg von der Öffentlichkeit<br />

bestaunt. „Nach ihrer langen Reise wird die Glasarche dann auch in<br />

Zeitz ihren endgültigen Liegeplatz finden“, sagt Christian Schmidt.<br />

Der „Stelzenweg auf <strong>Leben</strong>szeit“ zeigt Liebespaare in allen Altersgruppen<br />

<strong>–</strong> von Kindern, die nach dem ersten Kuss ein Herz mit ihren<br />

Initialen in die Rückenlehne einer Bank schnitzen, über das junge<br />

Erwachsenenpaar in innigster Umarmung bis zu den Alten, in deren<br />

ausdrucksstark modellierten Gesichtern sich die Erfahrungen eines<br />

langen <strong>Leben</strong>s voller Vertrauen und Zuneigung widerspiegeln. Besucher<br />

können in den Darstellungen verschiedene Liebespaare sehen<br />

oder ein und dasselbe Paar, das von frühester Jugend bis ins hohe<br />

Alter zusammenbleibt.<br />

66 Sommer 2021


Präsentiert wurde das Kunstwerk auch an einigen sehr prominenten<br />

Standorten im In- und Ausland: Stationen waren unter anderem der<br />

Sigmund Freud-Park gegenüber der Votivkirche im Herzen von Wien,<br />

der Luthergarten in Wittenberg, der Hof der Thomaskirche in Leipzig<br />

und der Dresdner Neumarkt mit der Frauenkirche. Während der 24.<br />

UN-Klimakonferenz im November und Dezember 2018 wurde die<br />

Glasarche 3 in Katowice (Polen) ausgestellt. „In dieser Zeit gab es für<br />

die Glasarche und ihre Botschaft keinen besseren Ort“, sagt Christian<br />

Schmidt. Wohin die Glasarche auch zieht, Christian Schmidt ist beim<br />

Aufbau immer dabei. Die Glasarche ist zum Herzensprojekt des umtriebigen<br />

Holzkünstlers geworden: „Die Arche ist ein Appell, die Schöpfung<br />

zu bewahren. Sie vermittelt eine Botschaft, die gehört werden<br />

muss. Denn schließlich sitzen wir alle im selben Boot. Und wir alle<br />

haben es in der Hand, was daraus wird.“<br />

Da die Installation aus Holz und Glas auch die Kommunikation anregen<br />

soll <strong>–</strong> zwischen Naturbegeisterten und Kulturschaffenden ebenso<br />

wie zwischen Einheimischen und Touristen und nicht zuletzt zwischen<br />

engagierten Naturschützern und anderen Aktiven der jeweiligen Region<br />

<strong>–</strong> wird die Reise der Arche bis 2022 von vielfältigen Veranstaltungen<br />

umrahmt. Es lohnt in jedem Falle, die Arche in Natura zu bestaunen,<br />

aber auch regelmäßig auf der Internetseite www.glasarche-3.de einen<br />

Blick in die Kategorie „Standorte“ zu werfen, denn hier wird die Reise<br />

des Kunst- und Kultobjektes mit kleinen Filmsequenzen dokumentiert.<br />

Auch in Christian Schmidts „Garten der Sinne“ in Rauschwitz war das<br />

Kunstwerk 2019 für rund zwei Wochen zu bewundern. Zur Zeit entsteht<br />

in dem Skulpturenpark ein weiteres gemeinsames Kunstprojekt<br />

der Holz- und Glaskünstler, die schon die Glasarche 3 realisiert haben:<br />

Ein riesiger Engel, dessen Flügel aus Glas bestehen und dessen Körper<br />

und Kopf Christian Schmidt aus Holz schnitzen wird. Das Kunstwerk<br />

mit dem Titel „Botschafter“ ist zwar noch nicht ganz fertig, aber der<br />

Betrachter hat allein schon durch die beeindruckenden gläsernen Flügel<br />

eine gute Vorstellung davon, wie das Objekt einmal aussehen wird.<br />

Wie die Glasarche 3 soll auch der „Botschafter“ auf Reisen gehen:<br />

„Fest geplant sind bereits Standorte in Salzburg und Dresden“, verrät<br />

Christian Schmidt. Endgültig landen soll der Engel dann <strong>–</strong> wie die<br />

Glasarche <strong>–</strong> in Zeitz.<br />

www.cs-holz-design.de<br />

Bild oben: Christian Schmidt in Aktion. Der Kettensägenkünstler hat<br />

schon zahlreiche Preise gewonnen.<br />

Bild links: Christian Schmidt in seinem Atelier. Der vielseitige Künstler<br />

sprudelt über vor kreativen Ideen.<br />

Sommer 2021 67


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Tierische Erlebnisse im Wildpark Schwarze Berge<br />

Natur pur auf 50 idyllischen<br />

gen & Co.: Der Wildpark Schwar-<br />

park Schwarze Berge tierische<br />

Angeboten und den besonderen<br />

Hektar, dazu um die 1.000 heimi-<br />

ze Berge in den Harburger Bergen<br />

Kindergeburtstagsprogramme für<br />

Bedingungen bei einem Wildpark-<br />

sche Tiere in rund 100 Arten, ein<br />

direkt vor den Toren Hamburgs ist<br />

Kinder ab 5 Jahren an: wie wäre<br />

Besuch gibt es auf:<br />

45 Meter hoher Elbblickturm, der<br />

das perfekte Ziel für den kleinen<br />

es, mit der Schatzkarte den Wild-<br />

www.wildpark-schwarze-berge.de<br />

park-Schatz zu suchen oder bei<br />

Der Wildpark Schwarze Berge in<br />

einer spannenden GPS-Rallye<br />

Rosengarten-Vahrendorf ist ganz-<br />

quer durch den Park tierische<br />

jährig täglich geöffnet. In der Zeit<br />

Foto: Wildpark Schwarze Berge<br />

an klaren Tagen einen atemberaubenden<br />

Blick bis zum Hamburger<br />

Hafen bietet - und jede Menge<br />

Urlaub zwischendurch.<br />

Auch für einen spannenden Kindergeburtstag<br />

ist der Wildpark<br />

Foto: A. Ertel<br />

hautnahe tierische Erlebnisse mit<br />

der ideale Ort. Dazu bietet das<br />

Hängebauchschweinen, Zwergzie-<br />

Natur-Erlebnis-Zentrum im Wild-<br />

Aufgaben zu lösen? Und wenn die<br />

von Anfang April bis Ende Okto-<br />

Kinder nach all den tierischen<br />

ber ist der Einlass von 8 bis 18<br />

Eindrücken noch nicht genug<br />

Uhr. Von November bis März hat<br />

haben, können sie sich nach dem<br />

der Wildpark von 9 bis 16.30 Uhr<br />

Geburtstagsschmaus auf dem<br />

geöffnet. Zu erreichen ist der<br />

riesigen Abenteuerspielplatz<br />

Wildpark mit dem Auto (A7<br />

nochmal richtig austoben, wäh-<br />

Abfahrt Marmstorf). Die Bus-<br />

rend die Erwachsenen auf der<br />

Linie 340 fährt nur einge-<br />

Sonnenterrasse des Wildpark-Res-<br />

schränkt. Telefonisch ist der Wild-<br />

taurants Kaffee und hausgemachte<br />

park Schwarze Berge unter der<br />

Torten oder ein leckeres Mittag-<br />

Rufnummer 040/819 77 47 0<br />

essen genießen. Alle Informatio-<br />

erreichbar.<br />

nen zu den Kindergeburtstags-<br />

www.wildpark-schwarze-berge.de<br />

erleben<br />

Natur nah<br />

im Wildpark Schwarze Berge<br />

365 Tage im Jahr geöffnet - tägliche Flugschau<br />

Tel.: 040 / 819 7747 0 | www.wildpark-schwarze-berge.de<br />

68<br />

Sommer 2021


Infos, Tipps & Trends <strong>–</strong> für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Der perfekte Ort für einen perfekten Tag in der Natur<br />

Der Barfußpark Lüneburger<br />

Spielgeräte sind mit einem Rin-<br />

garten auch ein Refugium für<br />

Heide liegt direkt im Herzen des<br />

denmulchbelag miteinander ver-<br />

Schmetterlinge und Bienen ist.<br />

Naturparks Lüneburger Heide.<br />

bunden.<br />

Im Anschluss an den Kräutergar-<br />

Wer den Barfußpark in voller<br />

Dass tatsächlich gegen alles ein<br />

ten trifft man auf ein ganz beson-<br />

Gänze geniessen möchte, sollte in<br />

Kraut gewachsen ist, glaubt man<br />

deres Highlight: Norddeutsch-<br />

jedem Fall etwas Zeit mitbringen.<br />

sofort, wenn man den Kräutergar-<br />

lands längste Dschungelbrücke.<br />

Auf dem 14 Hektar grossen<br />

ten betritt. Hier kann man bewun-<br />

Die 45 Meter lange Brücke in<br />

V-Form ist eine Herausforderung<br />

an die Balance und Schwindelfreiheit<br />

der Barfußläufer im Park.<br />

Die an zwei Stahlseilen aufgehängte<br />

Dschungelbrücke überspannt<br />

ein kleines Tal im Park und<br />

führt zwischen jahrhundertalten<br />

Buchen hindurch.<br />

Nach einer erlebnisreichen Zeit im<br />

ohne „Schnickschnack“ auskom-<br />

Barfußpark hat man dann noch<br />

men möchte, ist hier genau rich-<br />

die Chance, sich im Natur-<br />

tig. Es empfiehlt sich auf jeden<br />

schwimmbad „Aquadies“ abzu-<br />

Fall, auch Badeschuhe oder Flip-<br />

kühlen. Es liegt eingebettet in eine<br />

Flops mitzunehmen, da der Bade-<br />

wunderbare Landschaft mit kris-<br />

bereich von Kieselsteinen umran-<br />

tallklarem Wasser, welches durch<br />

det ist.<br />

zwei große offene Bio-Kieselfilter,<br />

Wer seinen erlebnisreichen Tag<br />

Gelände gibt es für Naturliebha-<br />

dern, was die Natur so alles bietet.<br />

die als Teiche angelegt wurden,<br />

verlängern möchte, kann dieses im<br />

ber und Barfußläufer viel zu<br />

Viele vergessene Hausmittel sind<br />

gereinigt wird. Hier findet sich ein<br />

Naturcamp des Aquadies tun.<br />

entdecken. Ein Großteil der Stre-<br />

hier vertreten, die früher schon in<br />

Ort zum Relaxen. Kein Tropfen<br />

Sechs kleine Holzhütten bieten<br />

cke liegt im Naturschutzgebiet<br />

der Volksmedizin ihren Platz<br />

Chlor wird zugesetzt <strong>–</strong> die Natur<br />

den Naturverbundenen eine Mög-<br />

Lüneburger Heide und führt<br />

hatten. Infotafeln mit Namen und<br />

sorgt für eine erstklassige Wasser-<br />

lichkeit zum Übernachten. Hier<br />

durch den Wald, wo die Barfuß-<br />

Wissenswertem über Heilkraft und<br />

qualität, welche in regelmäßigen<br />

ist allerdings eine Vorreservierung<br />

läufer bei jedem Wetter im Schutz<br />

Verwendung der Kräuter lassen<br />

Abständen vom Gesundheitsamt<br />

notwendig.<br />

von Bäumen den Pfad, der den<br />

die Besucher erstaunen. Der Ein-<br />

überprüft wird. Das Naturbad<br />

Infos zu den Öffnungszeiten und<br />

Sinnen unterschiedlichste Erleb-<br />

satz von Chemie ist im Kräuter-<br />

bietet Liegewiesen, einen Klein-<br />

zur aktuellen Corona-Situation<br />

nisse bietet, in vollen Zügen<br />

garten tabu, hier wird ausschließ-<br />

kinderspielbereich, ein Kletter-<br />

findet man unter:<br />

geniessen können. Die über 60<br />

lich organisch gedüngt. Daher ist<br />

gerüst, eine Slackline und ein<br />

www.barfusspark-egestorf.de<br />

verschiedenen Stationen und<br />

es kein Wunder, dass der Kräuter-<br />

Volleyballfeld. Wer also einmal<br />

und www.aquadies.de<br />

Sommer 2021 69


ocker ocker un un mi mi<br />

chwun<br />

chwun<br />

<br />

von Carsten Weede<br />

Renaissance eines uralten landwirtschaftlichen<br />

Geräts: „Sensenmann“ Christian Heinisch zeigt,<br />

wie das Mähen mit der Sense richtig geht und<br />

welche Vorteile es hat.<br />

Der „Sensenmann“ ist 1965 in Karlsruhe geboren. Aufgewachsen ist<br />

Christian Heinisch in Berlin. Nach dem Realschulabschluss hat er<br />

zunächst Tischler gelernt, nach der Gesellenprüfung das Fachabitur<br />

gemacht und dann Architektur an der Fachhochschule Berlin studiert.<br />

„Schon mein Vater war Architekt, das hat mich sicherlich inspiriert“,<br />

sagt er.<br />

Einige Jahre arbeitete Christian Heinisch in einem Architekturbüro in<br />

der Bundeshauptstadt. „Aber dann habe ich festgestellt, dass sich der<br />

Beruf immer mehr vom Baumeister weg entwickelt, hin zum reinen<br />

Organisator und Designer“, sagt er. Als gelernter Tischler hatte er<br />

andere Vorstellungen als manche seiner Berufskollegen, insbesondere<br />

was die Auswahl der Baumaterialien angeht. „Ein Haus ist unsere<br />

dritte Haut. Es sollte aus ursprünglichen Materialien gebaut werden<br />

Christian Heinisch bei der Arbeit mit<br />

seinem Lieblingswerkzeug. Der „Sensenmann“<br />

haucht dem uralten Handwerk<br />

wieder neues <strong>Leben</strong> ein. „Sensen<br />

ist Kult“, sagt der Naturfreund.<br />

<br />

Foto: Heidi Kraus<br />

Nach dem Sensen liegt das Mahdgut in langen Reihen auf der Wiese.<br />

<br />

Foto: Heidi Kraus<br />

70 Sommer 2021


<strong>–</strong> aus Ziegelsteinen, aus Lehm und Holz“,<br />

sagt er. Apropos „Haut“: Ihm seien alle drei<br />

Häute des Menschen sehr wichtig: „Die erste<br />

Haut ist unsere echte. Ich tue viel für meine<br />

Gesundheit, bewege mich oft an der frischen<br />

Luft und lege großen Wert auf regelmäßiges<br />

und gutes Essen“, betont Christian Heinisch.<br />

Der 56-jährige Sensenmann ist fit und<br />

schlank geblieben. „Tatsächlich werde ich<br />

oft jünger geschätzt“, sagt er. Er sei überzeugt<br />

von der gesundheitsfördernden Wirkung<br />

des Arbeitens mit der Sense.<br />

Bei der zweiten Haut <strong>–</strong> unserer Kleidung <strong>–</strong><br />

setzt Christian Heinisch ebenfalls auf natürliche<br />

Materialien, in denen er auch mal<br />

richtig schwitzen kann, ohne dass seine erste<br />

Haut leidet. „Außerdem riecht man in<br />

Kunstfaser-Klamotten schneller und intensiver<br />

nach Schweiß als in Wolle oder in Leinen“,<br />

weiß der leidenschaftliche Gärtner.<br />

Zum Gärtnern sei er während seines Philosophie-Studiums<br />

gekommen: „Ich habe den<br />

Architekten-Beruf an den Nagel gehängt<br />

und mich komplett neu orientiert. Während<br />

des zweiten Studiums habe ich in einer Gärtnerei<br />

gejobbt. Dabei habe ich meine Liebe<br />

zum Gärtnern entdeckt und meine eigentliche<br />

Bestimmung gefunden“, erzählt er.<br />

Sein Chef sei ein sehr guter Gärtner gewesen,<br />

der ihn die Wertschätzung von Pflanzen<br />

und die Achtsamkeit für den eigenen Körper<br />

gelehrt habe. „Er hatte einen ganzheitlichen<br />

Das gehört zur Sensenmahd<br />

• Sensenblatt: Eine 60 bis 80 Zentimeter lange, am Stiel breite und nach vorne zu einer<br />

Spitze werdende, gebogene Klinge aus geschmiedetem Stahl. Der etwa fünf<br />

Millimeter breite Teil des Schneideblatts mit der Schnittkante ist der sogenannte<br />

Dangel. Das Dengeln dient zur Verdünnung der Schnittkante und zur Schärfung<br />

des Blatts.<br />

• Baum: Der Baum, bestehend aus Stiel und Griffen, dient zum Führen der Sense.<br />

• Wetzstein: dient zum Nachschärfen des Sensenblatts.<br />

• Kumpf: im Kumpf wird der Wetzstein zum Mähen mitgenommen und feucht gehalten.<br />

Mit dem hölzernen Heurechen harkt Christian<br />

Heinisch das vorgetrocknete Gras zusammen. <br />

<br />

Foto: Heidi Kraus<br />

Während des Sensens muss das Sensenblatt immer wieder nachgeschärft werden.<br />

Kursteilnehmer Martin Schoemaker hat den Bogen raus. <br />

Foto: Carsten Weede<br />

Sommer 2021<br />

71


Sensenblätter gibt es in verschiedenen Längen. Die Wetzsteine werden<br />

in einem Wassereimer feucht gehalten. <br />

Foto: Carsten Weede<br />

Vor dem Sensen wird das Sensenblatt gedengelt. Erst dadurch wird die<br />

Schneidekante richtig scharf. <br />

Foto: Bernhard Vogt<br />

Ansatz und das hat bei mir etwas geweckt“, sagt der Naturfreund. Als<br />

seine Freundin Heidi dann ein berufliches Angebot aus Hamburg<br />

erhielt, zog das Paar gemeinsam in die Hansestadt. In der Elbmetropole<br />

habe er weiter im „grünen Bereich“ gearbeitet und dabei „alles<br />

Mögliche“ im Garten- und Landschaftsbau sowie in der Gartenpflege<br />

gemacht und im Gartencenter Pflanzen verkauft.<br />

Nach einigen lehrreichen Erfahrungen an den verschiedenen Stationen<br />

habe er sich dann für die Selbstständigkeit entschieden. Zu seinen<br />

Angeboten gehört von Anfang an das Anlegen von artenreichen Blühwiesen.<br />

In seinem eigenen Garten hat er viel Neues ausprobiert: „Derzeit<br />

beschäftige ich mich intensiv mit Humusaufbau“, berichtet der<br />

passionierte Gärtner. „Vielfalt oberhalb des Bodens und im Boden sind<br />

mir sehr wichtig“, betont er. Ein Viertel des Gartens sind Gemüseflächen,<br />

ein Viertel Obstfläche und Wiesen, ein Viertel Stauden und der<br />

Rest Wege und Gebäude. Da er sein Wissen gern weitergibt, bietet der<br />

zertifizierte Obstgehölzpfleger auch Kurse in Obstbaumpflege an. „So<br />

habe ich schnell Kontakt zu den Naturschutzverbänden BUND, Nabu<br />

und etwas später auch zur Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bekom-<br />

Christian Heinisch zeigt beim Sensenkursus das korrekte Dengeln des Sensenblattes. Wie beim Sensen gilt auch beim Dengeln: Übung macht den Meister. <br />

<br />

Foto: Bernhard Vogt<br />

72 Sommer 2021


Bild links: Gedengelt wird<br />

im Sitzen. Das Sensenblatt<br />

liegt dabei auf dem Oberschenkel.<br />

Bild rechts: Dengelböcke<br />

„Marke Eigenbau“. Der<br />

Schlagdengler erleichtert<br />

das Dengeln.<br />

<br />

Fotos: Carsten Weede<br />

men“, erzählt Christian Heinisch. Und da er sich sehr intensiv<br />

mit der alten Technik des Mähens mit der Sense beschäftigt<br />

habe, sei er gefragt worden, ob er nicht auch andere Interessierte<br />

mit dieser schonenden Art der Landschaftspflege und der<br />

Futtergewinnung vertraut machen könne. „Das Mähen mit der<br />

Sense begünstigt die Erhaltung, Wiederherstellung und Pflege<br />

von artenreichen Wiesen“, erläutert der „Sensenmann“. Daher<br />

werde das uralte Handwerk des Sensens heute hauptsächlich bei<br />

der Landschaftspflege angewandt. „Das Mähen mit der Sense<br />

ist wieder richtig angesagt. Viele Bauhof-Mitarbeiter und<br />

andere Profis aus der Landschaftspflege kommen in meine<br />

Kurse, aber es gibt auch immer mehr Hobbygärtner, die das<br />

effektive Arbeiten mit der Sense lernen wollen“, sagt der Sensen-Experte.<br />

Die Sensenmahd steigere die Artenvielfalt enorm:<br />

„Viele Wildbienen und andere Insekten, aber auch viele Kräuter<br />

profitierten davon, wenn Wiesen erst nach der Blüte gemäht<br />

werden“, weiß Christian Heinisch. „Wenn man weiß, wie es<br />

richtig geht, ist das hohe Gras mit der Sense leicht zu mähen“,<br />

betont der Sensenmann.<br />

Artenreiche Blumenwiesen sollten höchstens<br />

zwei Mal im Jahr gemäht werden.<br />

„Wer auf seinem Grundstück eine artenreiche Blumenwiese<br />

mit Glockenblumen, Margeriten, wildem Thymian, Wiesenschaumkraut,<br />

Gilbweiderich oder Kuckuckslichtnelken möchte,<br />

die viele Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten<br />

anlockt, sollte die Wiese höchstens zweimal im Jahr mähen“,<br />

empfiehlt der Naturfreund.<br />

Dengeln, schärfen, mähen: Christian Heinisch zeigt, wie es<br />

richtig geht. Ein Beispiel: Im BUND-Naturerlebnisgarten in<br />

Hamburg-Wilhelmsburg geht es nicht nur darum, dass die<br />

Wiesen traditionell und schonend gemäht werden. Anfang Juni<br />

Buchtipp 1<br />

„Einfach mähen mit der Sense.<br />

Anleitungen und Benutzungshinweise“<br />

von Bernhard Lehnert.<br />

77 Seiten,<br />

durchgehend farbig,<br />

Preis: 10,95 Euro.<br />

Ökobuch 2008,<br />

5. Auflage 2020,<br />

ISBN 978-3936896343.<br />

Inhalt: Mähen mit der Sense wird<br />

zunehmend beliebter: Da gibt es die<br />

Hobbylandwirte, Kleintierhalter und<br />

Selbstversorger, die ihr Grünfutter<br />

für Kaninchen, Schafe, Ziegen und<br />

Pferde mit der Sense einbringen.<br />

Auch Naturfreunde und Gärtner, die<br />

bunt blühende Wildblumenwiesen<br />

lieben, schätzen die Sense, weil<br />

diese problemlos hohes wie auch<br />

nasses Gras schneidet. Und für<br />

Menschen, die sich ihren Naturgenuss<br />

während der Gartenarbeit<br />

nicht durch den Lärm und Benzingeruch<br />

ihres Rasenmähers verderben<br />

lassen wollen, ist das Mähen mit der<br />

Sense eine gute Alternative.<br />

Für alle, die einmal gelernt haben,<br />

locker und leicht mit diesem uralten<br />

Werkzeug umzugehen, wird das<br />

Mähen zur entspannten Körperbetätigung<br />

an der frischen Luft, mit<br />

angenehm rhythmischen Bewegungen,<br />

wenn der rauschende Schnitt<br />

der Sense durch das taunasse Gras<br />

klingt.<br />

Sensen sind in sehr unterschiedlichen<br />

Ausführungen und Qualitäten<br />

erhältlich. Der Autor gibt Hinweise<br />

und Tipps zum Kauf, beschreibt<br />

anhand vieler Abbildungen detailliert<br />

die vielen kleinen Kniffe zum<br />

leichten Mähen und zeigt ausführlich,<br />

wie Sensen richtig geschärft<br />

werden. Der Autor<br />

Bernhard Lehnert arbeitet nach<br />

Handwerkslehre und Studium der<br />

Sozialarbeit/Sozialpädagogik heute<br />

als Fachautor für eine pädagogischen<br />

Zeitschrift. Daneben betreibt<br />

er eine Sensen-Museumswerkstatt<br />

und gibt Mäh- und Dengelkurse.<br />

Sommer 2021 <strong>73</strong>


konnten Interessierte dort gleich in zwei Veranstaltungen lernen, wie<br />

man eine Sense scharf macht und sie richtig handhabt. Die Teilnehmer<br />

des ersten Sensenlehrgangs waren Mitarbeiter der Gartenbauabteilung<br />

des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. „Hamburg ist die Stadt mit den<br />

meisten Grünflächen in der Bundesrepublik Deutschland <strong>–</strong> 14 Prozent<br />

des Stadtgebietes sind Grün- und Erholungsflächen. Darunter sind<br />

auch viele ökologisch wertvolle Flächen, die mit der Sense gemäht<br />

werden sollen“, erläutert Christian Heinisch. Im zweiten Kurs lernen<br />

Hobbygärtner den Umgang mit der Sense. „Die Sensenmahd hat mehrere<br />

Vorteile. Sie kostet wenig, man braucht keine großen Transportfahrzeuge,<br />

kann bei jedem Wetter und jedem Zustand der Fläche arbeiten,<br />

und man ist mit dem Auge immer nah am Boden. Die Verletzung<br />

von Amphibien oder anderen Tieren wird so weitestgehend vermieden.“<br />

In seinen Mähkursen können Frauen und Männer den Umgang mit der<br />

Sense von Grund auf erlernen: Die Sense sei ein sehr altes Werkzeug,<br />

das erst den großflächigen Anbau von Getreide möglich machte.<br />

„Effektives Mähen mit der Sense setzt jedoch das richtige Werkzeug<br />

voraus <strong>–</strong> die Sense muss schon von der Größe her zu dem Menschen<br />

passen, der sie benutzt“, erklärt der Profi. Ganz wichtig sei, dass die<br />

Sense richtig scharf ist: „Sonst hat man keine Freude bei der Arbeit“,<br />

betont Christian Heinisch. In seinen Kursen lernen die Teilnehmer<br />

deshalb nicht nur, wie sie kraftsparend und ergonomisch mit dem<br />

Handwerksgerät arbeiten, sondern auch das unumgängliche Schärfen<br />

der Sensen durch das sogenannte Dengeln und das Nachschärfen mit<br />

dem Wetzstein. „Das Dengeln ist das Schärfen der Sense durch ziehende<br />

und klopfende Hammerschläge entlang der Schneidkante. Durch dieses<br />

Schmieden wird der Sensenstahl zur Schneidkante hin verdünnt, gehärtet<br />

und damit rasiermesserscharf“, erklärt Christian Heinisch.<br />

In den Mähkursen lernen Frauen und Männer<br />

den Umgang mit der Sense.<br />

Prinzipiell könne jeder und jede das Mähen mit der Sense erlernen.<br />

„Das ist bestimmt kein Hexenwerk, allerdings sollten schon einige<br />

Regeln beachtet werden“, betont der Profi. Um möglichst unangestrengt<br />

zu mähen, sollte der Schnitter am besten schon früh am Morgen<br />

mit der Arbeit beginnen, wenn die Pflanzen noch vom Tau benetzt sind.<br />

„Das Gras lässt sich am besten schneiden, wenn es noch etwas nass ist“,<br />

erklärt der Fachmann. Der Sensenmann zeigt, wie es richtig geht:<br />

Locker und mit Schwung führt er die Sense in gleichmäßigen, halbkreisförmigen<br />

Bewegungen vor seinen Körper und schneidet so das<br />

Gras gleichmäßig kurz über dem Boden ab. Dabei geht er langsam mit<br />

kleinen gleichmäßigen Schritten voran. Immer, wenn die scharfe Sensenschneide<br />

durch das Gras fährt, macht es „schwusch“. Wieder und<br />

wieder ist das typische Geräusch zu hören. „Wer mit der Sense mäht,<br />

kann die Natur mit allen Sinnen erleben. Man hat Bewegung an der<br />

frischen Luft und kann gleichzeitig alles wahrnehmen, was um einen<br />

herum passiert“, sagt Christian Heinisch. Tatsächlich: Kein Benzingeruch<br />

beeinträchtigt den herrlichen Duft von frisch gemähtem Gras.<br />

Kein Motorgeräusch übertönt das Vogelgezwitscher und das Summen<br />

der Hummeln und Bienen. Nur das leise „Schwusch“ ist bei jedem<br />

Sensenhieb zu hören. „Mit der Sense kann man sogar am Sonntag oder<br />

Der Sensenverein Deutschland e.V.<br />

Gunther Rödel aus Neuhaus am<br />

Rennweg (Thüringen) gehört zu<br />

den erfahrensten Sensenlehrern in<br />

Deutschland und engagiertes Mitglied<br />

im Sensenverein Deutschland.<br />

„Im Sensenverein haben sich über<br />

die Jahre immer mehr Menschen<br />

zusammengeschlossen, die die alte<br />

Handwerkskunst des Mähens mit<br />

der Sense wieder aufleben lassen<br />

und große Anstrengungen unternehmen,<br />

sie in unserer heutigen immer<br />

hektischer werdenden Zeit wieder stärker zu etablieren“, sagt<br />

Gunter Rödel. Auch die Zahl der Mitglieder, die sich erfolgreich<br />

zu Sensenlehrerinen und Sensenlehrern ausbilden lassen, steige<br />

kontinuierlich. „Unser Kursangebot erfreut sich eines regen Interesses<br />

und wird gut angenommen“, sagt Gunther Rödel. Der Verein<br />

sei bestrebt, die Qualifikation seiner Lehrerinnen und Lehrer stetig<br />

zu erweitern.<br />

Erfahrene Sensenlehrer vermitteln schrittweise die richtige Mähtechnik.<br />

„Auch Dengeln kann jeder lernen“, betont der Sensenlehrer,<br />

der in mehreren Bundesländern<br />

Sensenkurse anbietet.<br />

Kursteilnehmer müssen unbedingt<br />

rutschfeste Arbeitsschuhe oder<br />

Stiefel und Arbeitskleidung tragen.<br />

Sensen und Wetzsteine werden für<br />

die Dauer des Kurses den Kursteilnehmern<br />

überlassen. Kursteilnehmer,<br />

die bereits eine Sense sowie<br />

Sensenschlüssel, Dengelhammer<br />

und Wetzstein besitzen, können ihre<br />

Ausrüstung gern zum Kurs mitbringen<br />

(bitte auf sicheren Transport achten). Der Sensenlehrer wird<br />

die Ausrüstung prüfen und Tipps geben zur Anpassung beziehungsweise<br />

Optimierung der Sense und des Sensenbaumes.<br />

Sensenlehrer Gunther Rödel im Internet: www.rödelhof.de<br />

Der Sensenverein Deutschland im Internet: www.sensenverein.de<br />

74<br />

Sommer 2021


nach Feierabend mähen, ohne seine Nachbarn zu stören“, sagt der<br />

Naturfreund. Die Bewegung an der frischen Luft, der Geruch des<br />

Grases, das Geräusch der durchs Schnittgut sausenden Schneide <strong>–</strong> all<br />

das wirke sehr entspannend. „Sensenmähen hat wirklich etwas Meditatives“,<br />

sagt Christian Heinisch. Bedächtig setzt der Sensenmann einen<br />

Fuß vor den anderen und holt immer wieder weit mit den Armen aus<br />

für den nächsten Schwung mit seiner Sense. Nach einer Weile hält der<br />

Sensenmann inne, dreht die Sense, so dass er die Schneide in Augenhöhe<br />

hat, dann nimmt ein Büschel frisch gemähtes Gras in die Hand und<br />

säubert damit das Sensenblatt. Anschließend zieht er den Wetzstein aus<br />

einem Kumpf aus Kuhhorn, das er an seinem Hosengürtel befestigt<br />

hat, und zieht den Wetzstein gekonnt über die Schneide. „In dem<br />

Kumpf habe ich Wasser, damit der Wetzstein feucht bleibt“, verrät der<br />

Fachmann.<br />

Die Sense sei nicht nur leise, sie habe gegenüber Motorgeräten einige<br />

weitere Vorteile: „Sie kostet viel weniger als ein Balkenmäher und bläst<br />

keine Abgase in die Luft. Außerdem geht das Mähen am Hang und an<br />

Gräben mit der Sense viel einfacher als mit einem schweren Motorgerät.“<br />

Das Schöne beim Mähen mit der Sense sei, dass man tatsächlich<br />

mit dem Werkzeug arbeite: „Beim Balkenmäher ist das anders <strong>–</strong> da hat<br />

man immer das Gefühl, dass das Gerät mit einem selbst arbeitet“, sagt<br />

Christian Heinisch. In den Kursen von Christian Heinisch werden die<br />

passenden Sensen gestellt. „Eigene Sensen und Dengelböcke können<br />

aber gern zur Begutachtung mitgebracht werden“, sagt der Kursleiter.<br />

Kontakt: Christian Heinisch ist unter der<br />

Telefonnummer 0163 9278568 zu erreichen.<br />

Inhalt: Es gibt möglicherweise<br />

kein Handarbeitsgerät, das sich<br />

so entspannt und angenehm<br />

führen lässt wie eine gute Sense.<br />

Im Sensenbuch wird der Einstieg<br />

in eine neue Kultur der Handarbeit<br />

vollzogen. Neben der Mähtechnik<br />

und den verschiedenen<br />

Sensentypen und Verwendungszwecken<br />

werden das richtige<br />

Dengeln und das sachgemäße<br />

Schärfen von Sensen ausführlich<br />

beschrieben. David Tresemer<br />

Buchtipp 2<br />

„Das Sensenbuch.<br />

Neue Wege zu einem<br />

alten Werkzeug“<br />

von David Tresemer, Wendell<br />

Berry und Erich Degreif. 176<br />

Seiten,zahlreiche Abbildungen,<br />

Preis: 24 Euro. Degreif-Verlag<br />

1999. ISBN 3-930317-<br />

07-9. Das Sensenbuch ist<br />

momentan leider nur noch<br />

antiquarisch zu erwerben.<br />

präsentiert hier die Ergebnisse<br />

jahrelanger Forschung und<br />

praktischer Erfahrung. In den<br />

Band wurde der Essay „Eine<br />

gute Sense“ von Wendell Berry<br />

aufgenommen. Erich Degreif<br />

hat eine Reihe von Dehnungsübungen<br />

mit Darstellungen und<br />

Erläuterungen beigetragen.<br />

Teilnehmer eines Sensenkurses lernen den richtigen Umgang mit der Sense. Beim<br />

Sensen ist der richtige Schwung gefragt. <br />

Foto: Emily Weede<br />

Eine Sense sollte individuell auf Körpergröße und Armlänge<br />

angepasst sein. <br />

Foto: Emily Weede<br />

Sommer 2021 75


ie ie wir oen oen<br />

wieer wieer ut ut mace mace<br />

von Carsten Weede<br />

Der Technologie entwickler Joachim Böttcher<br />

setzt auf Terra Preta, die schwarze<br />

„Wundererde“ der Indios vom Amazonas.<br />

Joachim Böttcher will die fruchtbare Schwarzerde überall<br />

bekannt machen. „Wir können Boden gut machen“,<br />

sagt der Terra Preta-Pionier aus der Pfalz.<br />

<br />

Fotos: Stiftung <strong>Leben</strong>sraum<br />

Wir treten ihn buchstäblich mit Füßen, den Boden, der uns alle<br />

ernährt. Nur etwa ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche<br />

weltweit eignet sich für Ackerbau und Gärten. Und diese Fläche<br />

wird immer kleiner: Städte und Straßen wachsen; immer mehr Land<br />

wird bebaut und versiegelt. „Klimawandel und Erosion führen zum<br />

Verlust fruchtbarer Humusschichten in gigantischem Ausmaß“, sagt<br />

Joachim Böttcher, Initiator und Vorsitzende der Stiftung <strong>Leben</strong>sraum.<br />

Versteppung und Verwüstung sind die Folgen. Und das nicht nur weit<br />

weg in Afrika oder Asien, sondern hier bei uns vor der Haustür. „Wir<br />

verlieren den Boden unter den Füßen, wenn wir in der Landwirtschaft<br />

nicht komplett umsteuern“, sagt Joachim Böttcher. Mit dieser Einschätzung<br />

befindet er sich in bester Gesellschaft: Ohne Gegenmaßnahmen<br />

werden nach Einschätzung des Weltklimarats im Jahr 2050 rund<br />

90 Prozent der weltweiten Landflächen degradiert sein. „Mit verheerenden<br />

Folgen“, betont Joachim Böttcher, der es sich zur Aufgabe<br />

gemacht hat, unsere natürlichen <strong>Leben</strong>sgrundlagen zu schützen und<br />

Boden gut zu machen.<br />

„Eine gute Nachricht lautet, so wie wir den Boden degradiert und<br />

unfruchtbar gemacht haben, so können wir ihn auch wieder zu einem<br />

lebendigen Organismus machen. Mit Würmern, Käfern und Abermillionen<br />

von Kleinstlebewesen, Bakterien und Bodenpilzen“, sagt der<br />

Stiftungsvorsitzende. In der Natur gibt es ein gesundes Gleichgewicht,<br />

welches alle Arten nebeneinander leben lässt.<br />

„Durch den Anbau vieler verschiedener<br />

Pflanzen können wir ein<br />

Miniatur-Ökosystem schaffen,<br />

in dem sich keine Art<br />

zu stark entwickeln<br />

kann, wenn man das<br />

Gleichgewicht nicht durch<br />

den Einsatz von Chemikalien<br />

stört“, sagt der Experte.<br />

Im Boden wimmelt es von<br />

Milliarden Mikroorganismen,<br />

die im Laufe ihres <strong>Leben</strong>s aus orga-<br />

76 Sommer 2021


nischem Material Nährstoffe freisetzen, die für das gesunde Pflanzenwachstum<br />

extrem wichtig sind. Deshalb steht für Joachim Böttcher<br />

nicht die direkte Pflanzenernährung, sondern die Ernährung des<br />

Bodens im Vordergrund, und zwar mit natürlichen Materialien. „Die<br />

Pflanzen nutzen dieses Reservoire von Nährstoffen, wann und wie sie es<br />

brauchen“, erklärt der gelernte Gärtnermeister und studierte Landschaftsplaner.<br />

Der Mensch ernährt also nicht die Pflanzen, sondern den<br />

Boden beziehungsweise die Mikroorganismen im Boden und der Boden<br />

ernährt dann die Pflanzen. „Ein gesunder Boden bringt gesunde Pflanzen<br />

mit einem hohen <strong>Leben</strong>smittelwert hervor, die vital und robust und<br />

zudem interessanterweise auffallend resistent gegenüber dem Klimawandel<br />

und bestimmten Schädlingen sind“, weiß Joachim Böttcher.<br />

Der Gartenbau-Experte hat einen ganz alten und doch auch neuen und<br />

zukunftsweisenden Weg wiederentdeckt und mit moderner Technik<br />

weiterentwickelt: Terra Preta (portugiesisch: Schwarze Erde). „Terra<br />

Preta do Indio ist eine der fruchtbarsten von Menschenhand hergestellten<br />

Erden. Archäologen entdeckten sie Ende der 1970er-Jahre im südamerikanischen<br />

Regenwald“, erläutert Joachim Böttcher. Eigentlich<br />

erwarteten die Wissenschaftler dort nur eine dünne Humusschicht und<br />

helle, nährstoffarme Böden. Verblüffend ist allein schon, dass die<br />

Schwarzerde auch nach 500 Jahren <strong>–</strong> die seit dem Verschwinden der<br />

alten Kultur vergangen sind <strong>–</strong> noch immer in ihrem Urzustand zu<br />

finden war. So weckte die „Wundererde“ die Neugier von Biologen und<br />

Bodenexperten, die sich fragten, wie die Indios ihre Terra Preta wohl<br />

damals erzeugt hatten. Die bis zu 7.000 Jahre alte Erde gab Wissenschaftlern<br />

lange Zeit Rätsel auf.<br />

Archäologen entdeckten die Terra Preta<br />

erst Ende der 1970er-Jahre im<br />

südamerikanischen Regenwald.<br />

Es wird vermutet, dass bis zu 10 Prozent der Regenwaldböden am<br />

Amazonas mit geschlossenen Terra Preta-Flächen bedeckt sind. „Erst<br />

auf dem Boden einer hochproduktiven, regenerativen Landwirtschaft<br />

konnten die Hochkulturen der Indios entstehen“, sagt Joachim Böttcher.<br />

Die europäischen Eroberer, welche am Ende des 15. Jahrhunderts<br />

den amerikanischen Kontinent betraten, berichten in ihren Aufzeichnungen<br />

von großen Kulturen und zahlreichen blühenden Städten an<br />

den Ufern des Amazonas. Mit den europäischen Konquistadoren, die<br />

bis dahin bei den Indios unbekannte Krankheiten einschleppten, verschwanden<br />

diese einstigen Hochkulturen so schnell, dass man die<br />

Berichte der Eroberer schon bald für maßlose Übertreibungen und<br />

Phantastereien hielt. Doch inzwischen entdecken Wissenschaftler<br />

immer mehr Spuren dieser vergangenen großen Zivilisationen, die einst<br />

am Amazonas gelebt haben. Ein wesentlicher Teil ihres Erbes, nämlich<br />

die fruchtbaren Schwarzerden, die sich vielerorts im Amazonasgebiet<br />

finden lassen, ist bis heute erhalten und zeugt von den erstaunlichen<br />

Fähigkeiten dieser Menschen. Unter den subtropischen Bedingungen<br />

im Regenwald hätte das „schwarze Gold der Indios“ längst biologisch<br />

Bild oben: In einer Handvoll gesunder Erde leben mehr<br />

Mikroorganismen als Menschen auf der Erde.<br />

Bild unten: Auf dem Hengstbacherhof in Sankt Alban werden<br />

Gemüse und Salat in Mischkulturen angebaut. Auf diesen<br />

Anbauflächen wächst der Humusgehalt des Bodens seit Jahren.<br />

Sommer 2021 77


abgebaut sein müssen. Stattdessen wächst Terra Preta munter weiter,<br />

ähnlich wie in unseren Breiten die Torfmoore. Wie kann das sein nach<br />

Hunderten, ja, sogar Tausenden von Jahren? „Die fast beispiellose<br />

Fruchtbarkeit von Terra Preta do Indio ist ein wissenschaftliches Phänomen<br />

und hängt auch damit zusammen, dass diese Böden einen sehr<br />

hohen Anteil organischer Substanz aufweisen. Heute wissen wir, dass<br />

die indigene Bevölkerung am Amazonas Terra Preta aus ihren Siedlungsabfällen<br />

mittels anaerober Fermentation herstellten“, sagt Joachim<br />

Böttcher.<br />

Überall, wo im Regenwald Terra Preta gefunden wird, finden sich auch<br />

große Mengen von Tonscherben. Diese stammen von großen, zum Teil<br />

heute noch erhaltenen, oft reich mit Ornamenten verzierten Tongefäßen.<br />

Schätzungen von Archäologen ergaben die gewaltige Anzahl von<br />

8.000 bis 12.000 Gefäßen pro Hektar. „Somit lag es auf der Hand,<br />

dass diese Gefäße mit der Herstellung der Terra Preta im Zusammenhang<br />

standen“, sagt Joachim Böttcher. Er beschreibt die historische<br />

Terra Preta-Herstellung wie folgt: „Zunächst wurden die Gefäß-Rohlinge<br />

durch die Verschwelung von holzartiger Biomasse im Inneren des<br />

Gefäßes gebrannt. Dieser Prozess wurde vorwiegend unter Luftabschluss<br />

durchgeführt, wozu die Gefäße mit Deckeln verschlossen waren.<br />

Die fertige Holzkohle wurde teilweise für Kochzwecke entnommen,<br />

während das krümelige Material im Gefäß verblieb. Nun wurden organische<br />

Siedlungsabfälle eingefüllt, wie beispielsweise Essens- und<br />

Ernte reste, Fischgräten, Geflügelknochen aber auch menschliche Fäkalien.<br />

Es wurde stets darauf geachtet, dass der Behälter wieder luftdicht<br />

verschlossen wurde, um Gerüche zu vermeiden und Insekten fernzuhalten.“<br />

Nach Angaben des Terra Preta-Pioniers ist die anaerobe Stabilisierung<br />

der organischen Inhaltsstoffe beim Herstellungsprozess enorm wichtig,<br />

denn bei zu viel Luftzufuhr wäre es unter den subtropischen Bedingungen<br />

im Regenwald sehr schnell zu einem aeroben biologischen Abbau<br />

der organischen Substanz gekommen. Für die indigene Bevölkerung<br />

aber sei jedes Gramm organischer Substanz zur Fruchtbarmachung<br />

ihrer Böden wertvoll gewesen, da die normalen Regenwaldböden extrem<br />

unfruchtbar sind. Nach der vollständigen Befüllung eines Gefäßes<br />

mit Holzkohle und organischen Siedlungsabfällen hätten die Indios das<br />

Gemisch unter Luftabschluss einige Wochen stehen gelassen. „Dabei<br />

entsteht ein anaerober Fermentationsprozess, wodurch der pH-Wert<br />

zwischenzeitlich auf bis 4 absinken kann. In diesem sauren Milieu<br />

werden Krankheitserreger wirksam eliminiert. Nach der vollständigen<br />

Fermentierung der Holzkohle-Biomasse-Mischung wurde wahrscheinlich<br />

der obere Teil des Behälters zerschlagen, sodass eine Art Hochbeet<br />

entstand, in dem die Kulturpflanzen in der fruchtbaren Schwarzerde<br />

gedeihen konnten“, erklärt Joachim Böttcher.<br />

Die indigene Bevölkerung nutzte<br />

jedes Gramm organischer Substanz<br />

zur Fruchtbarmachung der Böden.<br />

Der 58-jährige Pfälzer gehörte zu einer Expertengruppe aus Deutschland,<br />

der 2005 erstmals die Reproduktion dieser Erde gelang. Das<br />

Expertenteam stellte aus Holzkohle, heute meist als „Pflanzen- oder<br />

Biokohle“ bezeichnet, und anderen organischen Materialien unter<br />

Anwendung eines anaeroben Fermentationsverfahrens erstmalig Substrate<br />

her, welche sowohl vom Aussehen als auch von den Eigenschaften<br />

der Terra Preta aus dem Regenwald sehr nahekamen. Aufgrund ihrer<br />

sehr großen Oberfläche kann die Pflanzenkohle die Nährstoff- und<br />

Wasserhaltefähigkeit des Bodens deutlich verbessern. „Doch die Pflanzenkohle<br />

allein macht noch lange keine Terra Preta. Das haben auch<br />

groß angelegte Versuche in den USA und in Australien gezeigt“, weiß<br />

Joachim Böttcher. Er vermutete, dass über die hochporöse Pflanzenkohle<br />

in Verbindung mit einem speziellen Fermentationsverfahren<br />

bestimmte Mikroorganismen besonders gefördert werden, während<br />

andere Mikroben-Stämme, vorwiegend Krankheits- und Schaderreger,<br />

wirksam unterdrückt werden. Der wissenschaftliche Beweis für diese<br />

In der Pfalz werden durch den Einsatz von Palaterra, der fruchtbaren Schwarzerde, die Joachim Böttcher nach dem Vorbild der Terra Preta do Indio produziert,<br />

die Ertäge im Weinbau verbessert, ohne dass der Boden und das Grundwasser belastet werden.<br />

78 Sommer 2021


Hypothese gelang 2007<br />

über die sogenannte genetische<br />

Fingerprintmethode<br />

(PCR), welche in einem<br />

unabhängigen Labor für<br />

Bodenmikrobiologie des<br />

Leibnitz-Zentrums für<br />

Agrarlandschaftsforschung<br />

(ZALF) e.V. in Müncheberg<br />

durchgeführt wurde.<br />

Mit einem großen Ladewagen<br />

wird die fruchtbare<br />

Erde dorthin gebracht, wo<br />

sie benötigt wird. Für Hobby-Gärtner<br />

gibt es die<br />

schwarze Erde auch säckeweise.<br />

„Wir haben ein Verfahren<br />

entwickelt, mit dem sich die<br />

Schwarzerde in großtechnischem Maßstab herstellen lässt. Dabei werden<br />

die grundlegenden Inhaltsstoffe wie Holzkohle und effektive Mikroorganismen<br />

beibehalten“, erklärt der Mitbegründer der Palaterra,<br />

die seit zehn Jahren auf dem Hengstbacherhof in Sankt Alban (Rheinland-Pfalz)<br />

die weltweit erste Demonstrations- und Produktionsanlage<br />

zur Herstellung von Schwarzerde nach dem Vorbild der legendären<br />

Wundererde der Indios betreibt. „Wir stellen dort eine verbesserte<br />

Terra Preta in stabiler Qualität her, die erfolgreiches Gärtnern im<br />

Einklang mit der Umwelt möglich macht. Wir nennen unser Produkt<br />

Palaterra <strong>–</strong> also Pfälzer Erde“, sagt Joachim Böttcher. Das Bundesumweltministerium<br />

bezeichnete das zukunftweisende Verfahren als<br />

„Schlüsselinnovation des Jahrhunderts“. Hintergrund sind die herausragenden<br />

Potenziale für aktiven Klima-, Boden- und Umweltschutz.<br />

Als Technologieentwickler und Patentanmelder hat Joachim Böttcher<br />

entschieden, das Terra Preta-Patent auf die gemeinnützige Stiftung<br />

<strong>Leben</strong>sraum zu übertragen. „Palaterra wird aus zertifiziert biologischem<br />

Pflanzenmaterial hergestellt. Dazu kommen Ton- und Gesteinsmehl<br />

<strong>–</strong> beides natürliche Materialien, die im Überfluss vorhanden<br />

sind“, erläutert Joachim Böttcher. Die in Deutschland produzierten<br />

Erden enthalten als vitalisierenden Zusatz biologisch aktivierte Pflan-<br />

Der Terra Preta-Pionier<br />

Joachim Böttcher (Jahrgang 1963) wuchs<br />

im elterlichen Gartenbaubetrieb in Bürstadt<br />

auf, absolvierte eine Gartenbauausbildung,<br />

legte seine Meisterprüfung ab und studierte<br />

Landschaftsplanung und Landespflege in<br />

Geisenheim.1990 gründete er in Bensheim<br />

einen naturnahen Garten- und Landschaftbaubetrieb,<br />

entwickelte eigene Verfahren zur<br />

naturnahen Abwasserreinigung und gründete<br />

1993 das ökologische Planungsbüro areal am<br />

Hengstbacherhof, welches mit innovativen<br />

Abwasser-Recyclinganlagen national und<br />

international bekannt ist.<br />

Der Gartenbauingenieur trug ab 2006 mit<br />

einem kleinen Expertenteam maßgeblich zur<br />

Aufklärung der Herstellungsmethoden von<br />

Terra Preta bei und verhalf dieser zukunftsweisenden<br />

Technologie zum Durchbruch.<br />

Heute engagiert sich Joachim Böttcher für<br />

eine gesamtsystemische und regenerative<br />

Landwirtschaft und Landnutzung und<br />

möchte mit seiner Kompetenz zu einem<br />

umfassenden Transformationsprozess in der<br />

Gesellschaft beitragen. Joachim Böttcher ist<br />

Geschäftsführender Gesellschafter der Palaterra<br />

Betriebs- und Beteiligungsgesellschaft<br />

mbH und Vorstandsvorsitzender der Stiftung<br />

<strong>Leben</strong>sraum Mensch Boden Wasser Luft.<br />

Die Schlüsselinnovation „Terra Preta“ wird<br />

nach Einschätzung zahlreicher Experten<br />

zukünftig weltweit ein wichtiger Baustein für<br />

den aktiven Klimaschutz, für den Boden- und<br />

Gewässerschutz, für die Ernährungssicherheit<br />

sowie für eine umfassende regionale<br />

Recycling- und Kreislaufwirtschaft sein.<br />

„Diese Technologie kann dazu beitragen, die<br />

Folgen der von Menschen verursachten gravierenden<br />

Landnutzungsänderungen abzumildern,<br />

die Verluste natürlicher Ressourcen<br />

teilweise zu regenerieren und die Biodiversität<br />

zu fördern“, betont Joachim Böttcher. Mit<br />

der Anwendung der Terra Preta-Technologie<br />

könnten Landwirte ihre degradierten Böden<br />

über regionale Stoffkreisläufe wieder vitalisieren<br />

und regenerieren und stabilen Dauerhumus<br />

aufbauen. Ein aktuelles Stiftungsprojekt<br />

ist die Einführung regionaler Humuszertifikate<br />

in Rheinland-Pfalz sowie der Aufbau eines<br />

Kompetenzzentrums Boden und regenerative<br />

Landwirtschaft und Landnutzung. Joachim<br />

Böttcher hat sich als Technologieentwickler<br />

und Patentanmelder entschieden, das Terra<br />

Preta-Patent auf die gemeinnützige Stiftung<br />

<strong>Leben</strong>sraum zu übertragen.<br />

Kontakt: Joachim Böttcher, Hofstraße 5, 67822<br />

Hengstbacherhof, Telefon: 06362 9221-50,<br />

E-Mail: j.boettcher@stiftungslebensraum.org,<br />

Sommer 2021 79


zenkohle. „Bei der Herstellung von Palaterra nutzen wir den intelligenten<br />

Zusammenschluss regionaler Stoffkreisläufe. Der Fokus liegt<br />

dabei auf der optimalen Nutzung, Verwertung und Aufwertung bisher<br />

nicht oder nur teilweise genutzter Roh- und Reststoffe“, sagt der<br />

Schwarzerden-Produzent. Nach Angaben Böttchers lassen sich dadurch<br />

lange Transportwege und CO2-Emissionen während der Produktion<br />

vermeiden: „Durch die Verwendung von regionalen Ausgangstoffen<br />

sowie den Einsatz biologisch aktivierter Pflanzenkohle werden CO2-<br />

Emissionen nicht nur reduziert, sondern aktiv gebunden <strong>–</strong> das ist ein<br />

wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.“<br />

Durch die Verwendung von regionalen<br />

Ausgangsstoffen und aktivierter Pflanzenkohle<br />

werden CO2-Emissionen nicht nur reduziert,<br />

sondern aktiv gebunden.<br />

Joachim Böttcher und einige andere Engagierte haben bereits 2018 die<br />

„Stiftung <strong>Leben</strong>sraum“ als Bürgerstiftung gegründet, die sich mit dem<br />

„Klima-Humus-Projekt“ zum Ziel gemacht hat, Landwirte zu befähigen<br />

und zu unterstützen, Humus in ihren Böden aufzubauen und somit<br />

CO2 dauerhaft zu binden. „Wir brauchen eine Veränderung. Vielen<br />

landwirtschaftlichen Betrieben geht es wirtschaftlich nicht wirklich<br />

gut und unsere Böden verarmen zusehends. Wir wollen Mittel und<br />

Wege finden, damit es den Betrieben und der Umwelt besser geht und<br />

die <strong>Leben</strong>smittelversorgung gesichert wird.“ Ein Schlüssel dazu ist die<br />

fruchtbare Schwarzerde, die überall verwendet werden kann, wo auch<br />

sonst Pflanzerden oder Bodenverbesserer zum Einsatz kommen.<br />

„Sowohl blühende Blumenkästen, als auch die eigenen Erdbeeren,<br />

Salate oder Tomaten profitieren von den nährstoffreichen Substraten<br />

<strong>–</strong> das haben unsere langjährigen Versuchspflanzungen gezeigt“, sagt<br />

der gebürtige Südhesse. Palaterra wird daher auch von Gartenprofis,<br />

sowie im Obst-, Gemüse- und Weinbau verwendet und ist offiziell für<br />

den biologischen Landbau zugelassen.<br />

Vor 30 Jahren hat Joachim Böttcher den Hengstbacherhof erworben.<br />

Im Laufe der Jahre hat er den Biobetrieb Stück für Stück zu dem<br />

gemacht, was er heute ist: ein Fünf-Hektar-Mikrofarming Versuchsund<br />

Vorzeigebetrieb. „Wir bezeichnen uns selbst als nachhaltige und<br />

regenerative Gartenlandwirtschaft und sehen darin die Zukunft für<br />

ganz viele Betriebe“, sagt Joachim Böttcher. Er selbst zeigt auf dem<br />

Hengstbacherhof, „was alles möglich ist“, und dass man auch von einer<br />

relativ kleinen Fläche wirtschaftlich produzieren und gut leben kann.<br />

„Bei dieser Gartenlandwirtschaft wird intensiv mit dem Boden gearbeitet<br />

<strong>–</strong> allerdings biointensiv, das heißt, unter Einhaltung biologischer<br />

und ökologischer Faktoren“, erklärt Joachim Böttcher. Trotz<br />

dieser intensiven Bewirtschaftung baut sich der Humus auf den Flächen<br />

des Hengstbacherhofs immer weiter auf. Inzwischen liegen die<br />

Humusgehalte auf den Nutzflächen des Hengstbacherhof zwischen 6,5<br />

und 10 Prozent <strong>–</strong> Tendenz weiter steigend. Damit liegen sie auf dem<br />

Hengstbacherhof deutlich über dem deutschlandweiten Durchschnitt.<br />

Laut einer Bodenzustandserhebung des Thünen-Instituts liegen die<br />

Humusgehalte in 55 Prozent der Ackerböden in der Bundesrepublik bei<br />

2 bis 4 Prozent. Als optimal für Ackerböden gilt ein Humusgehalt von<br />

mehr als 5 Prozent. Deutschlands Agrarböden haben demnach eine<br />

große Bedeutung für den Klimaschutz, denn sie speichern rund 2,6<br />

Milliarden Tonnen CO2.<br />

Auf dem Hengstbacherhof ist der Boden lebendig: „Chemisch-synthetische<br />

Stoffe setzen wir überhaupt nicht ein“, versichert Joachim Böttcher.<br />

Das steigere die Artenvielfalt auf den Flächen: „Biodiversität ist<br />

uns sehr wichtig“, betont der Experte. Auf dem Hengstbacherhof<br />

werden Gemüse, Obst und Beeren angebaut, aber auch Ackerfrüchte<br />

wie Getreide oder Kartoffeln gedeihen prächtig in der Nachbarschaft<br />

mit verschiedenen Bäumen und Sträuchern. „Solche Agroforstsysteme<br />

können eine Art <strong>Leben</strong>sversicherung in Zeiten großer Trockenheit und<br />

extremer Wetterlagen werden“, sagt Joachim Böttcher.<br />

Auf seinem Hof in der Nähe von Sankt Alban im Donnersbergkreis<br />

leben auch Hühner, Schafe und Schweine. Die Tiere gehören vom Aussterben<br />

bedrohten Nutztierrassen an. „Wir haben uns ganz bewusst für<br />

diese alten Rassen entschieden, die an die jeweiligen Standorte angepasst<br />

sind und unbedingt erhalten bleiben sollen“, erläutert Joachim<br />

Böttcher. Die Coburger Fuchsschafe und die Deutschen Sperberhühner<br />

Bild links: Joachim Böttcher hält<br />

auf dem Hengstbacherhof auch<br />

freilaufende Hühner.<br />

Bild rechts: Auf den hofeigenen<br />

Blühwiesen finden zahlreiche<br />

Insekten Nahrung und Unterschlupf.<br />

80 Sommer 2021


tragen durch ihre Ausscheidungen zur Bodenernährung bei. Die<br />

Schwäbisch-Hällischen Landschweine helfen beim Umgraben des<br />

Bodens. Die Schweinerasse gilt als besonders robust und stressresistent.<br />

Feinschmecker rühmen das zarte, saftige Fleisch mit der natürlichen<br />

Speckauflage und dem unvergleichlich guten Geschmack. „Vielfalt ist<br />

uns sehr wichtig <strong>–</strong> auch beim genussvollen Essen“, betont Joachim<br />

Böttcher.<br />

Die Schwäbisch-Hällischen Landschweine helfen<br />

beim Umgraben des Bodens.<br />

Bild oben: Auf dem Hengstbacherhof hat die von Joachim Böttcher<br />

initiierte „Stiftung <strong>Leben</strong>sraum - Mensch, Wasser, Boden, Luft“ einen<br />

„Weg in die Zukunft“ angelegt.<br />

Bild Mitte: Wo der Boden verdichtet wird, dauert es lange bis sich das<br />

Bodenleben regeneriert.<br />

Bild unten: Die Humusschicht ist die belebte oberste Schicht des<br />

Bodens. Als optimal für Ackerböden gilt ein Humusgehalt von mehr<br />

als 5 Prozent.<br />

Auf dem Biohof wird eine breite Palette von Obst- und Gemüsesorten,<br />

Küchen- und Heilkräutern angebaut. „Das Gefühl, der Natur dabei<br />

etwas Gutes zu tun, Bienen, Hummeln und Schmetterlinge mit nektarreichen<br />

Blüten zu versorgen und einen <strong>Leben</strong>sraum für viele Vögel und<br />

Kleinsäuger zu schaffen, gehört für mich beim Gärtnern unbedingt<br />

dazu“, betont Joachim Böttcher. Wer Pflanzen kultiviere, kenne vermutlich<br />

die Freude über ein gelungenes Gartenprojekt, die tiefe Zufriedenheit<br />

bei der Gartenarbeit, den Stolz auf Obst und Gemüse aus<br />

eigener Ernte: „Positive Erfahrungen sind eine starke Motivation,<br />

überhaupt einen Garten anzulegen und zu bewirtschaften.“ Er habe<br />

sich daher immer eine Erde gewünscht, mit der man erfolgreich und<br />

nachhaltig Pflanzen kultivieren kann. Mit der Terra Preta habe er sie<br />

schließlich auch gefunden.<br />

Wer sich mit dem Thema „Boden gut machen“ beschäftige, erweitere<br />

auch sein Verständnis für biologische Zusammenhänge im eigenen<br />

Garten. „Immer mehr Gärtner*innen, Landwirt*innen und Agrar-Wissenschaftler*innen<br />

sind davon überzeugt, dass der flächendeckende<br />

Einsatz von Schwarzerde, die nach dem Vorbild der Terra Preta hergestellt<br />

wurde, ein Gewinn für unsere Böden und das Klima ist“, sagt<br />

Joachim Böttcher.<br />

Informationen im Internet unter www.palaterra.eu und<br />

www.Stiftunglebensraum.org<br />

Sommer 2021 81


Das Naturschutzgebiet ›Untere Seeveniederung‹<br />

Das Naturschutzgebiet<br />

›Untere Seeveniederung‹<br />

Ein Paradies für seltene Pflanzen und<br />

Tiere<br />

Das Naturschutzgebiet<br />

zwischen Schachblumenwiesen<br />

›Untere Seeveniederung‹<br />

und der Seevengeti<br />

Ein Paradies für seltene Pflanzen und<br />

Tiere zwischen Schachblumenwiesen<br />

und der Seevengeti<br />

Carsten Weede<br />

Mit übersichtlicher Ausklappkarte<br />

Paradies für seltene<br />

Pflanzen und Tiere<br />

Wissen Sie, wo der Eisvogel seine<br />

Jungen aufzieht, wo sich Seeadler<br />

bei der Jagd beobachten lassen oder<br />

wo das bundesweit größte Vorkommen<br />

der ebenso seltenen wie schönen<br />

Schachblume zu finden ist?<br />

Genau: Im Naturschutzgebiet „Untere<br />

Seeveniederung“! Dieses insgesamt<br />

494 Hektar große Paradies<br />

für viele seltene Tiere und Pflanzen<br />

liegt südöstlich von Hamburg in der<br />

Steller Elbmarsch im Urstromtal<br />

der Elbe und wartet nur darauf,<br />

von Ihnen entdeckt zu werden!<br />

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168 Seiten Inhalt,<br />

Durchgehend 4-farbig,<br />

160 Abbildungen.<br />

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Bestellungen werden gerne unter der Rufnummer 0 41 74 / 66 99 717<br />

entgegengenommen oder per E-Mail an info@schoenes-leben.de.<br />

Die Herstellung dieses Buches wurde unterstützt von<br />

82<br />

Sommer 2021


Sommer 2021 83


ols<br />

rolsescic escicte<br />

ür ür en en atursc<br />

aturscu u<br />

von Carsten Weede<br />

30 Jahre Nabu-Umweltpyramide Bremervörde <strong>–</strong><br />

wo Jung und Alt mit Herz, Kopf und Hand<br />

die Natur erleben können.<br />

Wo können kleine Indianer in Norddeutschland mit Pfeil und Bogen<br />

auf Büffeljagd gehen, zu den Trommeln singen und am Lagerfeuer<br />

kochen? An der Nabu-Umweltpyramide in Bremervörde! Beim Pirschgang<br />

auf dem Naturpfad begegnen sie dort sogar einem „echten“<br />

Totempfahl, den der Forstwirt Henrik Scheunemann nach dem Vorbild<br />

der Haida, eines indigenen Volkes von der Nordwestküste Kanadas,<br />

2016 anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Umweltpyramide<br />

geschnitzt hat.<br />

Henrik Scheunemann beschäftigt sich seit seiner Kindheit intensiv mit<br />

Kultur und <strong>Leben</strong>sweise der Ureinwohner Nordamerikas. Seit vielen<br />

Jahren pflegt er Kontakte zu den Lakota-Indianern in Süd-Dakota<br />

(USA) und ist sogar Adoptiv-Sohn einer Lakota-Familie. Deshalb hat<br />

der 55-jährige Forstwirt, der bei der Unteren Naturschutzbehörde des<br />

Landkreises Rotenburg (Wümme) arbeitet, auch noch einen zweiten<br />

Namen, nämlich Wanbli Ocasa, was aus der Sprache der Prärie-Indianer<br />

übersetzt „Der sich in die Lüfte schwingende Adler“ bedeutet.<br />

Die Veranstaltung „Indianer auf dem Naturpfad“ gehört zu den vielen<br />

beliebten Veranstaltungen, die das Team der Nabu-Umweltpyramide<br />

für Klassen und Kindergruppen anbietet. „Einige dieser Veranstaltungen<br />

sind bereits Klassiker unserer Umwelt- und Erlebnispädagogik“,<br />

sagt Dr. Maren Meyer-Grünefeldt, Geschäftsführerin der Nabu-<br />

Umweltpyramide. Dazu zähle etwa das Angebot „<strong>Leben</strong> in der Steinzeit“.<br />

Wie unsere Vorfahren vor Tausenden vor Jahren entzünden dabei<br />

Mädchen und Jungen ein Feuer ohne Streichhölzer, schlagen messer-<br />

Die Leiterin der Nabu-Umweltpyramide Dr. Maren<br />

Meyer-Grünefeldt (rechts) und ihre Stellvertreterin<br />

Simone Kasnitz freuen sich über den runden<br />

Geburtstag der Bildungseinrichtung in Bremervörde.<br />

<br />

Foto: Carsten Weede<br />

84<br />

Sommer 2021


scharfe Klingen aus Feuerstein und bereiten ein steinzeitliches Essen<br />

zu.<br />

Sehr beliebt sei auch das Projekt „<strong>Leben</strong>sraum Wasser“ bei dem die<br />

Teilnehmer in Bach und Teich keschern und die entdeckten Wasserlebewesen<br />

wie Kaulquappe, Wasserskorpion, Gelbrandkäfer oder<br />

Libellenlarve bestimmen und danach selbstverständlich gleich wieder<br />

in die Freiheit entlassen. Bei spannenden Tierbeobachtungen <strong>–</strong> etwa<br />

von Libellen oder Fledermäusen <strong>–</strong> können die jungen Teilnehmer die<br />

Faszination und besondere <strong>Leben</strong>sweise dieser Tiere erleben.<br />

Bei spannenden Tierbeobachtungen <strong>–</strong> etwa von<br />

Libellen oder Fledermäusen <strong>–</strong> können die jungen<br />

Teilnehmer die Faszination und besondere<br />

<strong>Leben</strong>sweise dieser Tiere erleben.<br />

Auch das Thema „Moor“ wird auf vielfältige Weise bei Veranstaltungen<br />

der Nabu-Umweltpyramide behandelt: „Moore sind faszinierende<br />

<strong>Leben</strong>sräume. Intakte torfbildende Moore sind jedoch selten<br />

geworden. Die Entwässerung von Feuchtgebieten und der jahrhundertelange<br />

Torfabbau haben große Moorflächen zerstört“, weiß Dr.<br />

Maren Meyer-Grünefeldt. Um vor allem Kindern und Jugendlichen<br />

den besonderen und schützenswerten <strong>Leben</strong>sraum Moor näherzubringen,<br />

hat die Nabu-Umweltpyramide auf ihrem Außengelände<br />

zwei Torfmoosbeete angelegt. Auch ein Ausflug ins Moor ist möglich,<br />

um die Tiere und Pflanzen kennenzulernen, die dort leben.<br />

„Unmittelbares Naturerleben und gemeinsame Erlebnisse stehen für<br />

uns im Vordergrund“, sagt Dr. Maren Meyer-Grünefeldt. Durch die<br />

gemeinsamen Erlebnisse wachse auch die soziale Kompetenz: „Jeder<br />

einzelne bringt sich mit seinen Fähigkeiten ein und erlebt sich als<br />

wichtigen Teil der Gruppe“, weiß die Umweltwissenschaftlerin. Sie<br />

sei sicher, dass Naturverbundenheit und Empathie für andere Lebewesen<br />

durch diese Erlebnisse gestärkt werden. Ein gutes Beispiel<br />

dafür sei ein neues Angebot zu heimischen Insekten mit einem besonderen<br />

Fokus auf Wildbienen. Kinder und Jugendliche finden dabei<br />

heraus, warum Insekten unersetzlich sind und was wir Menschen zum<br />

Schutz der bedrohten „Krabbeltiere“ tun können. „Um ihnen unter<br />

die Flügel zu greifen, gestalten wir zum Beispiel gemeinsam ein<br />

Bilder oben: Im Laufe von drei Jahrzehnten sind nicht nur die Bäume auf<br />

dem Gelände der Nabu-Umweltpyramide kräftig gewachsen. Mit der<br />

ungewöhnlichen Architektur des Gebäudes machte sogar das Land<br />

Niedersachsen Werbung. Ursprünglich wurde die Nabu-Umweltpyramide<br />

als Modell eines unkonventionellen Niedrigenergiehauses gebaut.<br />

Heute fungiert sie vor allem als Umweltbildungseinrichtung.<br />

<br />

Fotos: Nabu-Umweltpyramide<br />

Bild links: Das Team der Nabu-Umweltpyramide bietet für Besucher<br />

unmittelbares Naturerleben und gemeinsame Erlebnisse.<br />

<br />

Foto: Nabu-Umweltpyramide<br />

Sommer 2021 85


Bildzeile Das spielerische Bildzeile Lernen Bildzeile steht Bildzeile<br />

Das Bildzeile Projekt wird Bildzeile von der Bildzeile Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert und läuft noch bis zum Sommer 2022. Fotos: „KiTa Abenteuerland“<br />

im Mittelpunkt des Kindergartenprojektes „Ersthelfer*in für die Vielfalt <strong>–</strong> Kindergartenkinder schützen heimische Natur“.<br />

Bildzeile Bildzeile Bi<br />

Wildbienenheim zum Mitnehmen“, sagt die Geschäftsführerin.<br />

In und an der Nabu-Umweltpyramide gibt es auch Führungen, öffentliche<br />

und für Gruppen. Ein tolles Ziel ist die Kranicheschanze im<br />

Huvenhoopsmoor bei Glinstedt. Kleine und große Naturfreunde können<br />

auch über Bohlen- und Hackschnitzel-Wege wandern und den<br />

Lehrpfad durchs Huvenhoopsmoor erkunden. An den Stationen erklärt<br />

Huvi, der Moorwichtel, welche Pflanzen in einem intakten Moor vorkommen,<br />

wie ein Moor wächst oder warum Torf brennt. Ganz Mutige<br />

dürfen an einer Stelle auch testen, wie sich Moorboden an nackten<br />

Beinen und Füßen anfühlt <strong>–</strong> passend zum Motto der Nabu-Umweltpyramide<br />

„Mit Herz, Kopf und Hand die Natur erleben“.<br />

„Bei unseren Umweltbildungsangeboten, Führungen in die Natur und<br />

naturkundlichen Seminaren wird die Verbundenheit zur Natur und<br />

somit die Wertschätzung der <strong>Leben</strong>sgrundlage gestärkt“, sagt Dr.<br />

Maren Meyer-Grünefeldt. „Als Inklusionsbetrieb und als Nabu-Einrichtung<br />

legen wir großen Wert darauf, alle Menschen mitzunehmen<br />

und einzubinden“, betont die 41-jährige Geschäftsführerin. Das breite<br />

Angebot der Nabu-Umweltpyramide reiche von Klassenfahrtprogrammen<br />

bis Vater-Kind-Seminaren und biete Klein und Groß die Möglichkeit,<br />

sich näher mit verschiedenen Naturthemen zu befassen.<br />

Als die Nabu-Umweltpyramide im April 1991 mit der damaligen Landesausstellung<br />

„Natur im Städtebau“ öffnete, war das Gesamtvorhaben<br />

schon mit dem Niedersächsischen Naturschutzpreis ausgezeichnet,<br />

und zwar für dessen „innovative Konzeption“, wie es in der Urkunde<br />

ausgedrückt wurde. Hinter der Konzeption verbarg sich der Plan,<br />

Umwelt- und Naturschutz, Naturerleben und Lernen in der Natur an<br />

einem Ort zu konzentrieren. „Dafür stand von Anfang an die Umweltpyramide<br />

selbst, als Ausstellungsstück für zukunftsweisendes Bauen und<br />

Wohnen, ebenso wie der Natur- und Erlebnispfad im Außenbereich, wo<br />

viele Themen rund um die heimische Natur für alle erlebbar gemacht<br />

werden“, erklärt die Geschäftsführerin. Das großzügige Freigelände<br />

der Umweltpyramide ist auch ein Miniatur-Abbild der <strong>Leben</strong>sräume,<br />

die man rund um Bremervörde finden kann. Der Natur- und Erlebnispfad<br />

ist ein Rundweg entlang dieser unterschiedlichen <strong>Leben</strong>sräume.<br />

Fragen mit überraschenden Antworten und zahlreiche Mitmach-Stationen<br />

warten am Wegesrand. Mehrere Teiche, heilsame Kräuter und<br />

Auf dem Außengelände und im Inneren der Nabu-Umweltpyramide gibt es viel Spannendes zu entdecken. „Besucher erfahren auch, was sie selbst für die<br />

heimische Flora und Fauna tun können", sagt Dr. Maren Meyer-Grünefeldt. <br />

Fotos: Carsten Weede<br />

86 Sommer 2021


viele packend präsentierte Elemente der<br />

Umweltbildung können beim Rundgang<br />

entdeckt werden. So können Besucher beispielsweise<br />

versuchen, wie ein Insekt durch<br />

ein riesiges Spinnennetz zu klettern oder<br />

beim Gang über einen Barfußparcours<br />

unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten<br />

spüren. Für Veranstaltungen, die unter Dach<br />

stattfinden müssen, gibt es seit einigen Jahren<br />

auf dem Gelände neben der markanten<br />

Pyramide ein eigenes Seminargebäude, die<br />

„Biberburg“.<br />

Teiche, Kräuter und viele<br />

Elemente der Umweltbildung<br />

können beim Rundgang<br />

entdeckt werden.<br />

Das Regionale Umweltbildungszentrum<br />

(RUZ) Nabu-Umweltpyramide hat in Bremervörde<br />

noch eine zweite Liegenschaft: das<br />

„Alte Forsthaus”, welches der Nabu 1993<br />

vom Forstamt Bremervörde gekauft hat. Das<br />

Haus wurde umgebaut, so dass Büroräume<br />

entstanden sind. Die Zimmer für Praktikanten<br />

und für junge Erwachsene, die ein freiwilliges<br />

ökologisches Jahr an der Umweltpyramide<br />

absolvieren (FÖJler), sind ebenfalls<br />

im Forsthaus integriert. Auch die Verwaltung<br />

und die Geschäftsführung der<br />

Umweltpyramide sind hier untergebracht.<br />

Das „Alte Forsthaus“ liegt direkt am Wald,<br />

so dass von hier aus die Waldprogramme der<br />

Landesforsten starten können. „Mit den<br />

Landesforsten arbeiten wir seit vielen Jahren<br />

als Kooperationspartner zusammen“, erläutert<br />

Dr. Maren Meyer-Grünefeldt.<br />

Mit der „Biberburg“ und dem „Alten Forsthaus“<br />

ist die Umwelt-Pyramide mit den<br />

Jahren deutlich gewachsen. Eine derart<br />

positive Entwicklung war kaum vorauszusehen:<br />

Als der Nabu (Naturschutzbund) vor<br />

gut 30 Jahren den Auftrag zum Planen und<br />

Bauen der Umweltpyramide an den Bremervörder<br />

Architekten Lothar Tabery (siehe<br />

Kasten) vergab, ging es maßgeblich darum,<br />

ein Gebäude zu errichten, das in auffälliger<br />

Form umwelt- und ressourcenschonendes<br />

Bauen und menschenfreundliches Wohnen<br />

Mit Herzblut und Teamgeist<br />

Dr. Maren Meyer-Grünefeldt ist zwar in Emden<br />

geboren, doch als waschechte Ostfriesin sieht<br />

sie sich eher nicht <strong>–</strong> schließlich ist sie in der<br />

geschichtsträchtigen Hansestadt Lübeck aufgewachsen.<br />

„Nach dem Abitur habe ich erst<br />

einmal eine Zeit lang in<br />

Spanien gelebt“, erzählt<br />

die promovierte Umweltwissenschaftlerin,<br />

die<br />

anschließend noch in<br />

einigen anderen Ländern<br />

gelebt und gearbeitet<br />

hat. Dass sie in der<br />

Welt herumgekommen<br />

ist, hat ihren Horizont<br />

beträchtlich erweitert.<br />

„Kosmopolitisch“ wäre<br />

sicherlich eine zutreffende<br />

Beschreibung<br />

für die rührige Wissenschaftlerin,<br />

die sich aber<br />

eindeutig zu ihren Wurzeln<br />

in Norddeutschland<br />

bekennt.<br />

Früher wollte Maren<br />

Meyer-Grünefeldt gern<br />

Biologie studieren. Doch als sie sich das<br />

Curriculum ansah, waren ihr die Inhalte zu<br />

fachspezifisch: „Ich habe nach einem Studienprogramm<br />

gesucht, in dem ich über den<br />

Tellerrand blicken konnte. So bin ich auf die<br />

Umweltwissenschaften gestoßen.“ Nach<br />

dem ersten Semester an einer Hochschule in<br />

Landau wechselte Maren Meyer-Grünefeldt<br />

an die Leuphana Universität Lüneburg. „Ich<br />

hatte genau den richtigen Studiengang für<br />

mich gefunden“, sagt sie rückblickend. Zügig<br />

schloss sie ihre Pflichtkurse ab, um sich dann<br />

auf ihre fachlichen Schwerpunkte konzentrieren<br />

zu können: Umweltchemie und Ökologie.<br />

„In dieser Zeit habe ich auch ein Praktikum<br />

in einem Forschungsprojekt in Israel absolviert“.<br />

Ihre Abschlussarbeit schrieb sie über<br />

Pestizid-Abbau in Brasilien und Deutschland.<br />

„Mir war nach dem Studium schnell<br />

klar, dass ich gern in die Forschung gehen<br />

möchte“, erinnert sie sich. Für die Universität<br />

Mainz forschte sie zu Nährstoffkreisläufen in<br />

Ecuador. 2008 wurde sie Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin in der vom Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten<br />

Forschungsgruppe Klimzug-Nord, die in<br />

einem großangelegten Forschungsprojekt<br />

Auswirkungen des Klimawandels in der<br />

Metropolregion Hamburg untersucht und ein<br />

Handlungskonzept entwickelt hat, um den<br />

Folgen der Erderwärmung zu begegnen.<br />

Für ihre Doktorarbeit an der Leuphana Universität<br />

hat Maren Meyer-Grünefeldt den<br />

Einfluss vermehrter Stickstoffeinträge aus<br />

der Luft auf Heidekraut untersucht, die etwa<br />

durch intensives Düngen in der Landwirtschaft<br />

entstehen<br />

können. Außerdem<br />

erforschte sie, wie<br />

sich Dürren auf eine<br />

Heidelandschaft<br />

auswirken und ob<br />

diese Auswirkungen<br />

durch den Stickstoff<br />

verstärkt werden:<br />

„Zunehmende<br />

Stickstoffeinträge<br />

und Extremwetter<br />

bringen die Heide in<br />

ernstzunehmende<br />

Schwierigkeiten“,<br />

erklärt die 41-jährige<br />

Diplom-Umweltwisssenschaftlerin.<br />

Als<br />

Doktorandin hatte sie<br />

über mehrere Jahre<br />

Daten im Freiland<br />

gesammelt und zusätzlich experimentell im<br />

Gewächshaus gearbeitet. „Drei Jahre lang<br />

habe ich keinen Urlaub genommen und auch<br />

die Wochenenden durchgearbeitet“, erinnert<br />

sie sich. Nur eine Woche nach ihrer Doktorprüfung<br />

fing sie beim Umweltbundesamt in<br />

Dessau-Roßlau an. Seit Ende 2017 ist Dr.<br />

Maren Meyer-Grünefeldt nun die Geschäftsführerin<br />

der NABU-Umweltpyramide in Bremervörde.<br />

Das Umweltbildungszentrum für<br />

Kinder, Jugendliche und Erwachsene muss<br />

sich selbst tragen. Deswegen schreibt die<br />

engagierte Umweltwissenschaftlerin Projektanträge,<br />

wirbt Fördermittel ein oder plant<br />

Klassenfahrten für Schulkinder. Normalerweise<br />

sind Klassenfahrten ein wichtiges<br />

Standbein der NABU-Umweltpyramide <strong>–</strong> das<br />

in Corona-Zeiten allerdings fehlt. „Was ich<br />

hier mache, geht weit über den rein fachlichen<br />

Hintergrund des praktischen Naturschutzes<br />

hinaus“, erklärt Dr. Maren Meyer-<br />

Grünefeldt. Ganzheitliches Projektdenken<br />

und Teamgeist seien gefragt: „Diese Arbeit<br />

kann man nur gemeinsam und mit ganz viel<br />

Herzblut machen“, betont die alleinerziehende<br />

Mutter einer vierjährigen Tochter.<br />

Sommer 2021 87


demonstriert. Ursprünglich wurde die Nabu-Umweltpyramide als<br />

Modell eines unkonventionellen Niedrigenergiehauses gebaut, doch<br />

heute fungiert sie vor allem als eine Umweltbildungseinrichtung für<br />

Groß und Klein. „Wir sind seit Jahren nicht nur ein Regionales<br />

Umweltbildungszentrum (RUZ), sondern auch ein vom Kultusministerium<br />

anerkannter Lernstandort in einer Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

(BNE)“, berichtet Dr. Maren Meyer-Grünefeldt. Landesweit<br />

gibt es 65 solcher Einrichtungen, die bei ihren außerschulischen Bildungsangeboten<br />

durch Lehrer des Landes Niedersachsen unterstützt<br />

werden. „Lernen und Erleben, Erfahren und Entdecken mit allen<br />

Sinnen stehen im Mittelpunkt unserer Angebote, die sich für Klassenfahrten<br />

und Tagestouren gleichermaßen eignen. Wir fördern damit die<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung“, unterstreicht die Geschäftsführerin.<br />

Heute bietet die Nabu-Umweltpyramide neben vielen kleinen Energiesparanregungen<br />

für das eigene Heim auch mehrere sehenswerte Präsentationen<br />

zur heimischen Fauna und Flora in großen Schauvitrinen und<br />

auf großformatigen Fotos. Da wären zum Beispiel die Nesterausstellung,<br />

in der Interessierte Vögel mit ihren dazugehörigen Nestern<br />

betrachten können, und die Biber & Co-Ausstellung, bei der beispielsweise<br />

auch die Unterschiede zwischen Biber, Nutria und Bisam deutlich<br />

gemacht werden. Es gibt auch einen Shop, in dem umweltfreundliche<br />

Produkte und Lektüre zu naturkundlichen Themen angeboten werden.<br />

„Die Umweltbildung steht heute ganz eindeutig im Mittelpunkt unserer<br />

Arbeit“, sagt Bettina Schroeder, Diplom-Biologin und langjährige<br />

Mitarbeiterin der Nabu-Umweltpyramide. „Über die Jahre haben sich<br />

die Schwerpunkte und Aufgaben der Arbeit natürlich verschoben.<br />

Waren wir zu Beginn vor allem ein Besucherzentrum mit einem großen<br />

Angebot an Erwachsenenbildung mit dem Schwerpunkt ökologischen<br />

Bauens, so sind wir nun seit Jahren ein anerkanntes Regionales<br />

Umweltbildungszentrum Niedersachsens. Alleine im Rahmen unserer<br />

Angebote für Klassenfahrten nehmen jedes Jahr rund 5.000 Schüler an<br />

unseren Umweltbildungsprogrammen teil.“ Beim Entwickeln und<br />

Durchführen der pädagogischen Programme werde das Team der Nabu-<br />

Umweltpyramide tatkräftig durch zwei Lehrer unterstützt.<br />

Neben seiner Arbeit in der Umweltbildung hat das Pyramiden-Team<br />

zahlreiche Groß- und Kleinprojekte in der Naturschutzarbeit initiiert<br />

und umgesetzt. „Viele Kommunen, der Landkreis, aber auch das Land<br />

Niedersachsen, rufen unsere Kompetenzen ab“, berichtet Dr. Maren<br />

Meyer-Grünefeldt. „Unsere fachliche Naturschutzarbeit ist über die<br />

Jahre immer weiter gewachsen, so dass sich unsere Projekte mittlerweile<br />

weit über die Grenzen des Elbe-Weser-Dreiecks erstrecken“, so die<br />

promovierte Umweltwissenschaftlerin weiter. „Eigentlich wollten wir<br />

bei unserer Jubiläumsfeier unseren Gästen genau diese vielfältige Projektarbeit<br />

präsentieren. Leider müssen wir uns damit nun etwas gedulden.<br />

Dennoch möchte ich mich zumindest einmal öffentlich bei unserem<br />

Team bedanken, dank dessen stetigem Einsatz für die Natur die<br />

Nabu-Umweltpyramide nun auf 30 Jahre<br />

erfolgreiche Arbeit zurückblicken darf.“<br />

In einer Ausstellung werden die verschiedenen Nisthilfen für Vögel präsentiert, außerdem gibt es Informationen über die historische Entwicklung der Nisthilfen.<br />

Besucher erfahren auch Wissenswertes über die Honigbienen und ihre Verwandten, die Wildbienen. Fotos: Carsten Weede<br />

88<br />

Sommer 2021


Ausgezeichneter Architekt<br />

Vor 30 Jahren hat der Bremervörder Architekt<br />

Lothar Tabery die Umweltpyramide, eines<br />

der ersten Projekte ökologischen Bauens im<br />

Elbe-Weser-Dreieck, geplant und gebaut. Zur<br />

Expo 2000 in Hannover entstand nach seinen<br />

Entwürfen das regionale Expo-Projekt „Eine-<br />

Welt-Kirche“ in Schneverdingen, komplett<br />

aus heimischen Hölzern als Symbol für die<br />

Nachhaltigkeit und mit der ersten Brettstapelfassade<br />

Deutschlands. „Nur die Verwendung<br />

von Holz im Bauwesen kann dazu anregen,<br />

die Wälder der Welt nachhaltig zu pflegen und<br />

zu deren Wiederaufforstung zu motivieren“,<br />

betont der Diplom-Ingenieur, Architekt und<br />

Stadtplaner, der 1972 mit seinem Architekturstudium<br />

in Hannover begonnen hatte. Später<br />

hat er selbst viele Jahre als Dozent an den<br />

Fachhochschulen in Oldenburg und Buxtehude<br />

Studierende in den Fächern Entwerfen<br />

und Ökologisches Bauen unterrichtet. Ein<br />

besonderer beruflicher Höhepunkt für Lothar<br />

Tabery war sicherlich der Bau des Energie-,<br />

Bildungs- und Erlebniszentrums (EEZ) in<br />

Aurich. Der Architekt realisierte das markante<br />

Gebäude mit herausragender Energiebilanz<br />

nach einem weiteren gewonnenen Wettbewerb<br />

im Jahr 2015 (www.eez-aurich.de/de/<br />

uncategorised/architektur-2.html).<br />

Gerade ist die von Lothar Tabery entworfene<br />

Neue Grundschule Bremervörde in das jährlich<br />

bundesweit erscheinende Baukostenkompendium<br />

2021 aufgenommen worden.<br />

Sein Entwurf gilt als vorbildlich, denn der Bau<br />

lag mit den Herstellungskosten weit unter<br />

dem Bundesdurchschnitt und fiel zudem<br />

größer als geplant aus. Die Veröffentlichung<br />

zeigt im Vergleich mit anderen Schulbauten,<br />

dass große Summen an <strong>Ausgabe</strong>n gespart<br />

werden können, ohne Anbieter und ausführende<br />

Arbeitende unter Preis arbeiten lassen<br />

zu müssen, wenn die Kosten durch einen<br />

intelligenten Gebäudeentwurf gering gehalten<br />

werden. „Dazu bedarf es aber auch einer<br />

Vergabepraktik von Bauaufträgen, die nicht<br />

Generalübernehmer bevorzugt“, sagt der<br />

renommierte Architekt, der gerade seinen 70.<br />

Geburtstag gefeiert hat.<br />

Generalübernehmer (GÜ) erbringen bei<br />

Gebäuden in aller Regel nicht nur die Bausondern<br />

auch die kompletten Planungsleistungen<br />

in eigener Regie. GÜ überwachen<br />

sich und die Subunternehmen selbst. Für die<br />

Koordination und Risikoabdeckung hierbei<br />

kalkuliert der GÜ aber zusätzliche Regiekosten.<br />

„Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass<br />

das Qualitäts- und/oder Abrechnungsergebnis<br />

nicht immer im Sinne des Auftraggebers ausfällt“,<br />

weiß Lothar Tabery. Die umfangreichen<br />

vom Generalübernehmer zu erbringenden<br />

Gesamtleistungen mit einer hohen Gesamtkostenverantwortung<br />

schränkten zudem den<br />

Bieterkreis enorm ein, da kleinere Betriebe<br />

derartig umfangreiche Gesamtaufträge aus<br />

wirtschaftlichen Gründen nicht erbringen können.<br />

Der Auftraggeber hat dann also nur die<br />

Auswahl zwischen wenigen (großen), oftmals<br />

nicht regional ansässigen Firmen.<br />

Fazit laut Tabery: Es lohnt sich, bei der Auftragsvergabe<br />

auf einen möglichst breiten<br />

Wettbewerb zu setzen. Das heißt, Aufträge<br />

kleinteilig zu vergeben, sodass auch kleine<br />

Unternehmen sich bewerben können. „Damit<br />

kann beispielsweise eine auftragvergebende<br />

Stadt viel Geld sparen“, betont der Architekt,<br />

der mit seinem Büro bereits diverse Schulbauten<br />

realisiert hat, unter anderem den Umbau<br />

sowie die Erweiterung des Internatsgymnasiums<br />

in Bad Bederkesa. Aber auch kleinere<br />

Baumaßnahmen, Neubauten und Sanierungen<br />

gehörten zu seinem Berufsalltag.<br />

Neben seiner Bürotätigkeit engagierte sich<br />

Tabery 27 Jahre lang in der Architektenkammer<br />

Niedersachsen, deren Vizepräsident er<br />

von 2013 bis 2018 war. Im Vorstand sowie<br />

in verschiedenen Ausschüssen setzte er sich<br />

besonders für die Belange der Berufskollegen<br />

und die Baukultur auf dem flachen Lande<br />

ein. Lothar Tabery gründete in der Kammer<br />

mit Unterstützung des Niedersächsischen<br />

Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen<br />

und Klimaschutz den Beirat für Baukultur,<br />

der unabhängig und neutral mit qualifizierten<br />

Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen<br />

Kommunen in ganz Niedersachsen bei ihren<br />

Planungen berät.<br />

Der Baukultur ist Lothar Tabery auch nach<br />

Übergabe seines Büros an seinen Nachfolger<br />

Hendrik Kück zum Jahresbeginn 2018<br />

treu geblieben. Als Vorsitzender des Forums<br />

BauKulturLand zwischen Elbe und Weser e.V.<br />

(www.baukulturland.de) hält er Vorträge und<br />

moderiert Workshops zu diversen baukulturellen<br />

Themen. Lothar Tabery liebt es, seine<br />

von Backsteinbauten geprägte norddeutsche<br />

Heimat aus der Perspektive des Radlers zu<br />

erkunden und sich dabei von besonderen<br />

Gebäuden, Orten und Ensembles inspirieren<br />

zu lassen. Ihr gemeinsames Schicksal:<br />

ein mehr oder weniger tiefer Dornröschenschlaf.<br />

Für den ehemaligen Vizepräsidenten<br />

der Architektenkammer war dies ein impulsgebender<br />

Wink. Dieses Potenzial für eine<br />

touristische Vermarktung zu nutzen und die<br />

Geschichte der Backsteinkultur für Touristen<br />

und Einheimische spannend zu inszenieren,<br />

ist seither seine Mission.<br />

Mit dem Forum BauKulturLand hat Lothar<br />

Tabery mit Kollegen und Touristikern im Rahmen<br />

des vom Ministerium für Inneres, Bau<br />

und Heimat geförderten Projekts „Baukultur<br />

und Tourismus <strong>–</strong> Kooperation in der Region“<br />

eine Internetseite zum Thema „Spur der Steine“<br />

entwickelt. Hier können Interessierte<br />

bisher rund 150 besondere Back- und Feldsteinbauten<br />

aus dem Elbe-Weser-Dreieck mit<br />

interaktiven Karten kennenlernen und sich<br />

eigene Besichtigungstouren zusammenstellen.<br />

Die von Lothar Tabery gepflegte Internetseite<br />

ist unter www.baukultur-entdecken.<br />

museen-stade.de erreichbar.<br />

Sommer 2021 89


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lumenarte<br />

von Carsten Weede<br />

Führungen mit Herz: Christel Dobslaff und Arno<br />

Becker zeigen Besuchern die schönsten Ecken in<br />

den Vier- und Marschlanden <strong>–</strong> gern auch mit dem<br />

Oldtimer.<br />

Von massivem Touristen-Andrang sind die Vier- und Marschlande, im<br />

Südosten Hamburgs im Bezirk Bergedorf gelegen, noch etwas entfernt.<br />

Dabei hat dieses größte zusammenhängende Blumen- und Gemüseanbaugebiet<br />

Norddeutschlands, das als „Hamburgs Blumen- und<br />

Gemüsegarten“ zu den ältesten Kulturlandschaften Deutschlands zählt,<br />

tatsächlich eine Menge Reizvolles zu bieten. Die Bezeichnung „Hamburgs<br />

unbekannte Schöne“ beschreibt diesen Zustand nicht nur treffend,<br />

sondern steht zugleich auch werbewirksam für Entdeckung,<br />

Erlebnis, Abenteuer, aber eben auch für Genießen, Ruhe und Entspannung.<br />

„Genau das ist die Mischung, die wir unseren Gästen auf unseren<br />

Bustouren vermitteln möchten“, sagt Gästeführerin Christel Dobslaff.<br />

Bei ihrer Planung für eine Besichtigungstour berücksichtigt die<br />

Gästeführerin auch, dass ihre Gäste immer älter werden: „Hetze auf<br />

der Tour ist daher ein Fremdwort. Wir sorgen für kurze, barrierefreie<br />

Wege und ausreichende Zeit für jeden Programmpunkt“, erläutert<br />

Christel Dobslaff.<br />

„Hetze auf der Tour ist daher ein Fremdwort.“<br />

Bildzeile<br />

Blütenpracht vor einer<br />

typischen reetgedeckten<br />

Marschländer Kate.<br />

<br />

Foto: Privat<br />

„Wir nehmen unsere Gäste mit auf eine Reise in die Vergangenheit zu<br />

über 400 Jahre alten Bauernhäusern und lassen bei einer Führung im<br />

Freilichtmuseum Rieck-Haus die bäuerliche Kultur des ausgehenden<br />

Mittelalters wieder lebendig werden“, sagt ihr Kollege Arno Becker.<br />

Das Rieck-Haus ist ein Freilichtmuseum in Hamburg-Curslack, das<br />

sich auf die Darstellung des bäuerlichen <strong>Leben</strong>s in den Vierlanden vor<br />

der industriellen Revolution spezialisiert hat. Das reetgedeckte „Haus<br />

Rieck“ mit seinen mit reichen Ziermustern ausgemauerten Dachgiebeln<br />

ist nach den eingeschnitzten Inschriften an der „Blangdör“ und an der<br />

„Grootdör“ 1663 erbaut. Im Kern ist es jedoch gut 100 Jahre älter.<br />

Dendrochronologische Untersuchungen haben ergeben, dass die ältesten<br />

Holzteile des Bauernhauses bereits im Jahr 1533 verbaut wurden.<br />

90 Sommer 2021


Das Fachwerkhaus ist das zentrale Gebäude des nach ihm benannten<br />

Freilichtmuseums. Es ist darum besonders interessant, weil es noch die<br />

älteste Form des niederdeutschen Hauses erkennen lässt. Es enthält<br />

sogar noch die alte freiliegende Feuerstelle in der Mitte der Querdiele,<br />

des sogenannten „Fletts“.<br />

Wer sich unter der Besichtigung des Freilichtmuseums vielleicht eine<br />

langweilige Führung mit einer bloßen Aneinanderreihung von<br />

Geschichtszahlen vorstellt, liegt allerdings voll daneben. Arno Becker<br />

versteht es nämlich meisterhaft, seine Zuhörer mit seinen humorigen<br />

Schilderungen und Döntjes aus Vergangenheit und Gegenwart über das<br />

Arbeiten und Alltagsleben, das Vierländer Brauchtum sowie die Hintergründe<br />

für den Reichtum in diesem mit Delfter Fliesen und Vierländer<br />

Intarsien-Möbeln ausgestattetem Hufner-Haus zu fesseln.<br />

So erfahren interessierte Besucher beispielsweise auch, was es mit den<br />

Vierländer Stubenküken auf sich hat, die heute noch auf der Speisekarte<br />

im noblen Hamburger Hotel Atlantic stehen. Beim Sitzen auf der<br />

Hühnerbank, die höher als gewöhnliche Sitzgelegenheiten ist, weil<br />

darunter die Glucken die Vierländer Stubenküken ausgebrütet haben,<br />

„kriegt man kein Bein auf die Erde“. Auch andere Redensarten wie<br />

„habt ihr Säcke vor den Türen?“, „Mensch, leg mal ´nen Zahn zu, du<br />

Tranfunzel!“, „ins Fettnäpfchen treten“ oder „die Tafel aufheben“ sind<br />

zwar heute noch gebräuchlich, aber die wenigsten Zeitgenossen kennen<br />

ihren Ursprung. Anhand der Hühnerbank und anderer Gegenstände<br />

erklärt Gästeführer Arno Becker im Rieck-Haus auf sehr anschauliche<br />

und eindrückliche Weise den Ursprung dieser Redensarten. „Lachen<br />

und Staunen sollte doch auf keinem Ausflug fehlen“, sagt der pensionierte<br />

Lehrer, der Museumsbesuchern auch gern das einzige strohgedeckte<br />

„Tante Meier“ (WC) Hamburgs präsentiert.<br />

„Auf der Hoinerbank kriegt man<br />

kein Bein auf die Erde.“<br />

Vor zugemauerten „Dieksdören“ erinnern die Gästeführer an die<br />

unmittelbare nachnapoleonische Zeit und leiten die Gäste langsam<br />

wieder zurück in die neuere Geschichte. Vollends wieder in der heutigen<br />

Zeit angekommen, sind sie dann bei der Besichtigung eines Blumen-<br />

oder Gemüsebetriebes, wo sie aus erster Hand über Anbau und Vermarktung<br />

und eben auch über die damit verbundenen akuten Probleme<br />

informiert werden. „Exklusiv können wir einen Maiglöckchen-Betrieb<br />

besuchen“, sagt Arno Becker. Die „Maiblumentreiberei“ war in den<br />

vergangenen Jahrhunderten in den Vierlanden weit verbreitet und ist<br />

mit dem Versand der Blühkeime in alle Welt auch heute noch ein wichtiger<br />

Wirtschaftszweig. Ab etwa Ende September können Besucher<br />

beim „Maiblumenpulen“ zuschauen, wenn die „schwangeren“ Blühkeime<br />

von den tauben Stielen von Hand getrennt werden. „Das ist eine<br />

Arbeit für Spezialistinnen und Spezialisten mit viel Erfahrung, schar-<br />

Kompetentes Team: Christel Dobslaff und Arno Becker zeigen Gästen die schönsten Ecken der Vier- und Marschlande. Besonders gern sind sie dabei mit<br />

ihrem Ford, Baujahr 1928, unterwegs, den Arno Becker in zehnjähriger Arbeit restauriert hat. <br />

Foto: Privat<br />

Sommer 2021 91


Das „Maiblumenpulen“ ist eine Arbeit für Spezialistinnen und Spezialisten<br />

mit viel Erfahrung, scharfem Blick und Fingerspitzengefühl. Die<br />

Blühkeime der Maiglöckchen werden noch heute in alle Welt versandt.<br />

<br />

Foto: Arno Becker<br />

Christel Dobslaff und Arno Becker kennen auch die verborgenen Ecken<br />

in den Vier- und Marschlanden wie diesen Fahrradweg auf der ehemaligen<br />

Bahntrasse. <br />

Foto: Arno Becker<br />

fem Blick und Fingerspitzengefühl“, weiß Arno Becker. An langen<br />

Tischen sitzen sie vor den ausgegrabenen Rhizombergen, immer auch<br />

im Plausch miteinander und mit Kaffee und Kuchen gut versorgt. Nach<br />

der geführten Gärtnereibesichtigung können sich die Gäste <strong>–</strong> falls<br />

gewünscht <strong>–</strong> ihre Pflanzen (darunter oft auch Neuzüchtungen) vor Ort<br />

aussuchen und käuflich erwerben.<br />

Das bekanntermaßen reichliche Mittagessen in den Landgasthöfen der<br />

Vier- und Marschlande bietet kulinarische Spezialitäten der Region, je<br />

nach Saison zum Beispiel Stint, Maischolle oder Spargel. Auch an den<br />

gemütlichen Ausklang der Tour ist gedacht mit Kaffee und Torte.<br />

„Jetzt, zur Erdbeerzeit wird natürlich besonders Kuchen mit diesen<br />

herrlichen Früchten bevorzugt“, sagt Christel Dobslaff. Die Erdbeere<br />

kann übrigens getrost als Vierländer „Erfindung“ durchgehen: „Im<br />

Jahre 1693 boten auf dem Hamburger Markt Vierländerinnen erstmals<br />

Erdbeeren an, die eine gewisse Größe hatten und aus wilden Walderdbeeren<br />

durch Auslese und entsprechende Vermehrung gezüchtet worden<br />

waren“, weiß die Gästeführerin. Diese „Früchtchen“ waren so begehrt<br />

und wertvoll, dass sie stückweise verkauft wurden! An diese Vierländer<br />

Erdbeer-Tradition erinnert heute noch das jährlich im Juni stattfindende<br />

Erdbeerfest. Eine weitere besonders lohnenswerte Station bei einer<br />

Besichtigungstour in den Vier- und Marschlanden ist die historische<br />

Feldstein-Kirche St. Nicolai zu Altengamme, die älteste und schönste<br />

der Dorfkirchen im Gebiet der Vier- und Marschlande. Sie ist dem<br />

heiligen Nikolaus von Myra, dem Schutzheiligen der Kinder, Fischer,<br />

Seefahrer und Händler, geweiht. Auch wenn die erste urkundliche<br />

Erwähnung der Kirche erst 1247 erfolgte, wurden ihre heute noch<br />

erhaltenen Fundamente offenbar bereits mehr als 100 Jahre zuvor,<br />

während der ersten Besiedlungszeit der Vierlande in der ersten Hälfte<br />

des 12. Jahrhunderts, gelegt. „Auf ihnen ruhte ein Wehrbau aus Feldsteinmauern,<br />

der zwischen Altarraum und dem heutigen Frauenbraut-<br />

Die Vier- und Marschlande haben seit Jahrhunderten ein ausgeklügeltes<br />

Entwässerungssystem. <br />

Foto: Arno Becker<br />

Die von Arno Becker geführten Oldtimertouren sind nicht nur für die<br />

Teilnehmer, sondern auch für Zaungäste ein besonderes Erlebnis.<br />

Foto: Carsten Weede<br />

92<br />

Sommer 2021


haus noch erkennbar ist“, weiß Arno Becker. Um 1605 wurde zusätzlich<br />

der hölzerne Turm neben der Kirche errichtet: „Wie in der Gegend<br />

üblich, hatte der Glockenturm damals noch keine direkte Verbindung<br />

zum Haupthaus“, erklärt der Gästeführer. Die Ausstattung des Gotteshauses<br />

mit seinen beiden Brauthäusern, ihrem Intarsiengestühl, den<br />

über 50 reich verzierten und individuell angefertigten schmiedeeisernen<br />

Hutständern an den Männer-Bänken und den riesigen Messingleuchtern<br />

an der Decke lässt den Reichtum der Vierländer Bauern ermessen.<br />

„Es lassen sich aber auch Einblicke in das damalige patriarchalisch<br />

geregelte Zusammenleben gewinnen“, betont Arno Becker. So durften<br />

die Frauen die Kirche nur vom Hintereingang aus betreten und mussten<br />

getrennt von den Männern sitzen. Der höhere der beiden Anbauten,<br />

das sogenannte Männerbrauthaus, ist mit einer Bauernmalerei verziert,<br />

während das deutlich kleinere Frauenbrauthaus innen schmucklos ist.<br />

Ehefrauen mussten zum Zeichen ihrer Zugehörigkeit ein „s“ am<br />

Namensende tragen (z. B. Mette Heitmanns).<br />

Blick auf das Gelände des Freilichtmuseums Rieckhaus mit<br />

Bauerngarten, Entwässerungsmühle und reetgedeckter Scheune.<br />

<br />

Foto: Arno Becker<br />

„Im Jahre 1693 boten Vierländerinnen auf dem<br />

Hamburger Markt erstmals Erdbeeren an.“<br />

„Die heutige barocke Einrichtung der Kirche stammt größtenteils aus<br />

der Mitte des 18. Jahrhunderts“, berichtet Christel Dobslaff. Besonderes<br />

Augenmerk verdiene der noch genutzte bronzene Taufkessel, plattdeutsch<br />

„Döpe“ oder „Dööp“ von 1380 mit seinem absenkbaren Taufdeckel,<br />

den Experten auf ungefähr 1610 datiert haben und der<br />

ursprünglich am Niederrhein entstanden ist. Bis heute wird die Kirche<br />

von der Gemeinde weiter geschmückt: So sind beispielsweise die<br />

gestickten Sitzkissen auf den Kirchenbänken Handarbeiten von Frauen<br />

aus der Gemeinde. „Und auch eine große, von der Gemeinde gemeinsam<br />

gestaltete Schmuckbibel, gehört seit dem Jahr 2000 zur Ausstattung<br />

der St. Nicolai-Kirche“, weiß Christel Dobslaff.<br />

Die Gästeführerin ist übrigens eine waschechte „Marschlanner Deern“.<br />

Sie lebt seit 72 Jahren in ihrem Elternhaus in Ochsenwerder. „Meine<br />

Mutter war Schneiderin. Ihre Kunden haben Platt gesprochen und so<br />

bin ich von klein auf mit der plattdeutschen Sprache aufgewachsen“,<br />

berichtet die Gästeführerin. Später hat sie sich ihr Taschengeld als<br />

Zustellerin der „Bergedorfer Zeitung“ verdient. „Beim Plausch mit den<br />

Kunden wurde dann immer Platt geschnackt“, erzählt Christel Dobslaff.<br />

Land und Leute in den Vierlanden hat die ausgebildete Fremdsprachenkorrespondentin<br />

dann noch intensiver durch ihre Vorstandstätigkeit als<br />

Schriftführerin und Pressewartin beim Kulturkreisverband Vierlande<br />

kennen und schätzen gelernt. Als aktives Mitglied in der Sparte Bauund<br />

Kulturdenkmäler machte sie bei Begehungen und Erfassungen der<br />

in den Vier- und Marschlanden unter Denkmalschutz stehenden Gebäude<br />

die Erfahrung, dass die Vierländer überhaupt nicht „zugeknöpft“<br />

sind. „Bei Begegnungen aus ehrlichem Interesse, in Achtung der<br />

Geschichte und in Würdigung der Traditionen, die die Vierländer über<br />

Jahrhunderte aufrechterhalten haben, habe ich von aufgeschlossenen<br />

Menschen viel Insiderwissen erfahren. Diese Menschen sind von Liebe<br />

Die reich verzierten Giebel sind ein Markenzeichen der Vier- und<br />

Marschländer Bauernhäuser. <br />

Foto: Arno Becker<br />

Die „Hoinerbank“ im Rieckhaus. In den Fächern unter den Sitzflächen<br />

solcher Bänke wurden die berühmten Stubenküken für den Hamburger<br />

Markt aufgezogen. <br />

Foto: Arno Becker<br />

Sommer 2021 93


Die historische Feldstein-Kirche St. Nicolai zu Altengamme ist die älteste<br />

und schönste der Dorfkirchen im Gebiet der Vier- und Marschlande.<br />

Sie ist dem heiligen Nikolaus von Myra, dem Schutzheiligen der Kinder,<br />

Fischer, Seefahrer und Händler geweiht. <br />

Foto: Arno Becker<br />

Die Ausstattung des Gotteshauses mit dem barocken Intarsiengestühl<br />

lässt den Reichtum der Vierländer Bauern ermessen. Foto: Arno Becker<br />

und tiefer Verbundenheit zur Heimat geprägt“, betont Christel Dobslaff.<br />

Durch weiterbildende Vorträge, Seminare und durch in Antiquariaten<br />

erworbene Bücher ist die Gästeführerin über die Jahre immer<br />

tiefer in die Geschichte und Kultur der Region eingetaucht. „Je mehr<br />

ich über die Besonderheiten und den Reiz der Vier- und Marschlande<br />

gelernt habe, desto mehr fasziniert mich meine Heimat. Von dieser<br />

Faszination möchte ich gern ein Stück weitergeben“, sagt Christel<br />

Dobslaff, die ihre „sachkundigen Führungen mit Herz“ in Englisch,<br />

Hoch- und/oder Plattdeutsch anbietet. Informationen zu Land und<br />

Leuten, Wissenswertes aus Gegenwart und Vergangenheit „serviert“<br />

die engagierte Gästeführerin mit Witz und Humor.<br />

„Die Menschen in den Vier- und Marschlanden<br />

sind von Liebe und tiefer Verbundenheit<br />

zur Heimat geprägt“<br />

Ihren heutigen Kollegen Arno Becker hatte sie einst bei einer ihrer<br />

Führungen so schwer begeistert, dass er beschloss, selbst anderen<br />

Menschen Hamburgs prächtigen Blumen- und Gemüsegarten zu zeigen.<br />

Als geborenen Pfälzer hatte es Arno Becker zu Studium und Beruf<br />

nach Hamburg verschlagen. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer für<br />

Geographie und Biologie an einem Hamburger Gymnasium war er<br />

zuletzt viele Jahre Vorsitzender der Gewerkschaft Schule und Bildung<br />

im Deutschen Beamten-Bund (DBB). „Dort war es üblich, zum<br />

Abschluss einer Fortbildungsveranstaltung immer eine besondere<br />

Region der Stadt zu besuchen, in der die Tagung stattfand“, erinnert<br />

sich der 72-jährige Gästeführer. „Für Hamburg bekam ich den Tipp, es<br />

einmal mit den Vier- und Marschlanden zu versuchen, die mir als unbekannte<br />

Schöne neben dem Alten Land empfohlen wurde.“<br />

Die Rundfahrt, geführt von Christel Dobslaff, war ein voller Erfolg!<br />

Die sonst eher sachlich nüchternen Personalrätinnen und Personalräte<br />

waren begeistert von dem Flair der alten Kulturlandschaft, aber auch<br />

von den eingestreuten plattdeutschen „Döntjes“, „Riemels“ und<br />

„Schnacks“ und der ganzen kurzweiligen Art, wie die Gästeführerin<br />

Historisches und Modernes aus den Vier- und Marschlanden zu vermitteln<br />

wusste. „Der Funke ist auf mich übergesprungen, so dass ich den<br />

unbedingten Wunsch hatte, nach meiner Pensionierung auch anderen<br />

Menschen den Zauber dieser einmaligen Landschaft näherzubringen“,<br />

sagt Arno Becker. Als Biologe und Geograf hat er den besonderen Blick<br />

auf den Wandel dieser Region und kann den Spannungsbogen von der<br />

Entstehung durch die letzte Eiszeit bis zu den heutigen Strukturen<br />

besonders anschaulich vermitteln. Mittlerweile sind die Gästeführungen<br />

durch die Vier- und Marschlande fester Bestandteil seines <strong>Leben</strong>s<br />

geworden, auch wenn sein Wohnsitz jetzt in Grömitz ist. Als besonderes<br />

Special bietet Arno Becker Oldtimertouren durch Hamburgs Blumenund<br />

Gemüsegarten an, die er mit seinem Ford, Baujahr 1928, anführt.<br />

Den Wagen hat er in zehnjähriger Arbeit in einen originalgetreuen<br />

Zustand versetzt. Momentan ist Arno Becker dabei, ein noch älteres<br />

Auto zu restaurieren: Einen französischen Buchet, Baujahr 1918. Ob<br />

oder wann dieser Oldtimer bei Gästeführungen in den Vier- und<br />

Marschlanden eingesetzt wird, steht allerdings noch in den Sternen.<br />

Doch auf jeden Fall können interessierte Gästen diese liebenswerte<br />

Region schon jetzt kennenlernen. „Kommen Sie mit auf Entdeckungstour<br />

in Hamburgs Dreistromland zwischen Dove-, Gose- und Stromelbe!“,<br />

werben die Gästeführer für die Vier- und Marschlande.<br />

Das Programm für ihre Führungen arbeiten Christel Dobslaff und<br />

Arno Becker individuell nach den Wünschen der Gäste und nach ausführlicher<br />

Beratung über Besichtigungsmöglichkeiten und Gastronomieangebote<br />

aus. Für die Reisegruppen erstellen sie ein individuelles<br />

Tagesprogramm und reservieren alle Besichtigungs- und Restaurant-<br />

Termine.<br />

Kontakt: Arno Becker, E-Mail: arbegroe@gmx.de,<br />

Christel Dobslaff, E-Mail: christel.dobslaff@web.de,<br />

Telefon: 040/<strong>73</strong>7 29 69 oder Mobil: 0178-552 85 97.<br />

94<br />

Sommer 2021


Sommer 2021 95


Foto: F. Drynda<br />

Geniessen Sie viermal im<br />

Jahr tolle Themen und<br />

Berichte rund um<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart!<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 70 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

19. Jahrgang | Herbst 2020<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 71 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

19. Jahrgang | Winter 2020<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Superfood Aroniabeere<br />

Vielfalt im Bierglasmuseum<br />

Das Fischereimuseum Hohnstorf<br />

Empfang der Viermastbark Peking<br />

Filmemacher Peter Klüver<br />

u. v. m.<br />

Ab in die Pilze<br />

Schöne Gärten: Breidungs Garten<br />

Natur erleben in der Elbtalaue<br />

Weinlese zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Altes Handwerk<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 65 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

18. Jahrgang | Sommer 2019<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 66 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

18. Jahrgang | Herbst 2019<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 67 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

19. Jahrgang | Winter 2019<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Foto: KJM/Dennis Wi liamson<br />

Künstlerporträt: Iris Rousseau Tempo: Kultige Kleinlaster<br />

Aprikosen aus dem Alten Land Farbenfrohe Flugakrobaten<br />

Ausflug in die Bronzezeit<br />

Der Apfelmann und die Bienen<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 62 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

17. Jahrgang | Herbst 2018<br />

Das Schiffshebewerk Scharnebeck Willy wandert: Die letzte Etappe<br />

Handwerk: Schmied mit Leib & Seele Abfischen: Vom Teich auf den Teller<br />

Kunst: Schnitzerin Ragna Reusch Igel: Stachelig und liebenswert<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 63 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

18. Jahrgang | Winter 2018<br />

De Speelkrommokers<br />

Tanzen <strong>–</strong> voll im Trend<br />

Schöne kleine Welt <strong>–</strong> der Kunstsäger Der Drechsler <strong>–</strong> altes Handwerk<br />

Mobile Naturholzhütten<br />

Das Filmmuseum Beendestorf<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

1 W 19 SL.indd 1 17.11.19 16:48<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

<strong>Ausgabe</strong> 64 | Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

18. Jahrgang | Frühjahr 2019<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Foto: Carsten Weede<br />

ELBMARSCH · LANDKREIS HARBURG · NORDHEIDE · HEIDEKREIS<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Foto: Polizeireiter in der Lüneburger Heide bei Müden<br />

Foto: C. Weede<br />

Regionale Fischzucht<br />

Willy wandert weiter<br />

Rundlinge im Wendland<br />

Echt Kanadisches Wohnflair<br />

Die historische Stellmacherei Die Streuobstwiese<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

Winterliches Genießen in Bad Bevensen<br />

Willy wandert im Wacholderwald<br />

Reisebericht Israel<br />

Altes Handwerk: Spinnen<br />

Daniel Düsentrieb der Dampfmaschinen Kindertraum Spielzeugmuseum<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

00_SL W 18_LAND.indb 1 19.11.18 06:45<br />

Ausflugstipp: Der Kurs Elbe. Tag Dampf-Eisbrecher ›Stettin‹<br />

Naturfotograf Ditmar Großkopf Der Grünholzdrechsler aus der Göhrde<br />

Die Kräuterfee aus der Heide Die Burgherrin von Lenzen<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

00_SL_F_19.indb 1 07.03.19 14:50<br />

Das regionale Saison-Magazin<br />

Kostenlos für Sie zum Mitnehmen<br />

17. Jahrgang | Winter 2017<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand und Heidesand<br />

Dokumentarfilmer Jürgen A. Schulz Reisebericht Kampanien<br />

Willy wandert und wandert<br />

Winterzeit ist Wellness-Zeit<br />

Der Glasbläser aus der Heide<br />

Mit Fischer Grube auf Stintfang<br />

Genuss · Handwerk · Kultur · Handel · <strong>Leben</strong>sart · Dienstleistung<br />

96<br />

Sommer 2021


<strong>Ausgabe</strong> 2 / 21 · Sommer 2021 · € 4,40<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart<br />

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4 <strong>Ausgabe</strong>n für 12,<strong>–</strong> Euro bestellen Sie<br />

beim Leserservice unter 0 41 74 / 66 99 717<br />

Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart zwischen Elbestrand & Heidesand · <strong>Ausgabe</strong> 2/2021<br />

Das Magazin rund um Land, Kultur & <strong>Leben</strong>sart<br />

Die Landkäserei<br />

Käse & Co. aus der Elbmarsch<br />

Paradies am Elbufer<br />

Heinrich Heines Sommerfrische<br />

Renaissance der Sense,<br />

naturverträgliche Landschaftspflege<br />

Vegetarische Köstlichkeiten<br />

aus der Klosterküche<br />

Quer durch den Blumengarten<br />

Mit dem Oldtimer durch dieVierlande<br />

Kochen vor 175 Jahren<br />

Henriette Davidis Kochbuch revolutionierte die Küche<br />

Die Feuerlilie<br />

Prachtvolle Pflanze<br />

in sensiblem<br />

Naturraum<br />

Kunst mit Holz * Spezialheu für Vierbeiner * Köstliche Brombeere & Himbeere u. v. m.<br />

4 Hefte<br />

im Jahr<br />

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Ja, ich möchte <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong> für mich<br />

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für 4 <strong>Ausgabe</strong>n liegt der ersten Sendung bei.<br />

Datum und Unterschrift des Abonnenten bzw. Rechnungsempfängers (unter 18 Jahre des Erziehungsberechtigten)<br />

<strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong> Verlagsgarantie: Sie können Ihre Bestellung innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen schriftlich widerrufen. Per Brief,<br />

Fax oder E-Mail an Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>, Harburger Straße 4, 21435 Stelle, Fax: 0 41 74 / 66 99 710, E-Mail: info@schoenes-leben.de.<br />

Durch den Widerruf entstehen keine Kosten. Das Abonnement läuft 2 Jahre (8 <strong>Ausgabe</strong>n) und kann nach dem ersten Bezugsjahr jederzeit in in<br />

Textform gekündigt werden. Ein Geschenkabonnement läuft 1 Jahr und endet automatisch und ohne Kündigung immer nach 4 <strong>Ausgabe</strong>n.<br />

Datenschutzinfo: Kontakt zum Datenschutzbeauftragten: Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>, Harburger Straße 4, 21435 Stelle, Telefon 0 41 74 / 66 99 717.<br />

Pflichtfelder zum Vertragsabschluss erforderlich. Verarbeitung (auch durch Versand- und Zahlungsdienstleister) zur Vertragserfüllung sowie zu<br />

eigenen Werbezwecken (Art. 6 I b), f) DSGVO), solange für diese Zwecke oder aufgrund von Aufbewahrungspflichten erforderlich. Sie haben Rechte<br />

auf Auskunft, Berichtigung und Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung, Widerspruch gegen die Verarbeitung, auf Datenübertragbarkeit<br />

und auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde.<br />

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Sie können telefonisch,<br />

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Leserservice<br />

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Sommer 2021 97


Das Karoxbosteler<br />

Mühlenbackbuch<br />

Das Karoxbosteler Mühlenbackbuch<br />

mit festem Einband<br />

bietet auf 108 Seiten<br />

mehr als 40 Backrezepte <strong>–</strong><br />

von süß bis salzig, von Torte<br />

über Gebäck bis zu Quiches<br />

und Tartes.<br />

Das Backbuch ist durchgehend<br />

vierfarbig mit wunderschönen<br />

Rezept- und<br />

Schmuckfotos ausgestattet,<br />

die überwiegend an<br />

malerischen Eckchen der<br />

Wassermühle Karoxbostel<br />

fotografiert wurden.<br />

Format: 170 x 240 mm,<br />

fester Bucheinband,<br />

Inhalt fadengeheftet,<br />

Ausstattung mit<br />

Leseband.<br />

108 Seiten Inhalt,<br />

durchgehend<br />

vierfarbig,<br />

40 Rezepte.<br />

Limitierte und<br />

handnummerierte<br />

Auflage von<br />

999 Exemplaren.<br />

21,90 €<br />

zzgl. 2,90 € Versandkosten<br />

Buchbestellungen werden gerne unter<br />

der Rufnummer 0 41 74 / 66 99 717<br />

entgegengenommen oder per E-Mail an:<br />

info@schoenes-leben.de.<br />

Verlag: Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>,<br />

Karo X Medienkultur Drynda & Weede GbR,<br />

Am Heidhagen 12, 21217 Seevetal<br />

Herausgeber: Carsten Weede (V.i.S.d.P.), Frank Drynda<br />

Redaktionsanschrift: Harburger Straße 4, 21435 Stelle,<br />

Telefon: 0 41 74/66 99-717, info@schoenes-leben.de,<br />

www.schoenes-leben.de<br />

Chefredakteur: Carsten Weede<br />

Redaktion: Emily Weede, Frank Drynda<br />

Freie Mitarbeit: Britta Drynda, Matthias Heining, Katrin Lembke<br />

Mediaberatung und Anzeigenmarketing: Gabriela Bauer,<br />

Telefon: 0 41 74/66 99-727<br />

Layout, Satz, Lithografie: Karo Creativ Süd | KCS GmbH,<br />

Verlagsservice + Medienproduktion, Harburger Straße 4, 21435 Stelle,<br />

www.schriftsetzerei.de<br />

Vertrieb Abo und Einzelheftbestellung: Verlagskontor <strong>Schönes</strong> <strong>Leben</strong>,<br />

Harburger Straße 4, 21435 Stelle, Telefon: 0 41 74/66 99-717<br />

Vertrieb Pressehandel: DMV DER MEDIENVERTRIEB GMBH & CO. KG,<br />

Meßberg 1, 20086 Hamburg<br />

Druck: Beisner Druck GmbH & Co. KG, Buchholz i. d. Nordheide.<br />

Beisner Druck erfüllt die Anforderungen des Blauen Engels DE-UZ 195.<br />

www.beisner-druck.de<br />

Papier: Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier.<br />

Durch die Verwendung des FSC-Papiers unterstützen<br />

wir aktiv den Erhalt unserer Wälder sowie den Schutz<br />

von Tieren und Pflanzen und setzen uns gegen die<br />

Ausbeutung von Menschen im Zuge der Waldwirtschaft<br />

ein.<br />

Druckfarben: Die verwendeten Druckfarben sind auf Basis<br />

nachwachsender Rohstoffe hergestellt und somit kobalt- und Mineralölfrei.<br />

CO2: Wir produzieren mit Strom aus 100 % regenerativen Quellen und<br />

damit CO2-neutral<br />

Gültiger Anzeigentarif: Anzeigenpreisliste 2021<br />

Erscheinungsweise: 4 <strong>Ausgabe</strong>n, Einzelheftpreis 4,40 Euro<br />

Jahresabonnement: 12,<strong>–</strong> Euro (4 <strong>Ausgabe</strong>n),<br />

Abo-Service-Telefon: 0 41 74/66 99-717<br />

Fotonachweis: Titelbild: Shaiith*, S. 4, 0ben links: Landkäserei Fehling,<br />

2. Reihe, Foto links (Florian Heinisch): Thomas Leidig, 2. Reihe Mitte: Christian<br />

Jung*, 4. Reihe Mitte (Heine-Haus): Dr. Borowka-Clausberg,<br />

Foto unten rechts: Katrin Lembke, S. 47: nzgeirbyf*, S. 74: Freilichtmuseum<br />

Kiekeberg. (*stock.adobe.com)<br />

Für die Richtigkeit der veröffentlichten Termine und Veranstaltungen sowie für<br />

Satz-, Druck- und Übermittlungsfehler wird keine Haftung übernommen. Alle<br />

Angaben ohne Gewähr.<br />

Bitte beachten Sie, dass Termine von Veranstaltungen entfallen oder verschoben<br />

werden können und Öffnungszeiten kurzfristig geändert werden können.<br />

Bitte informieren Sie sich auf den entsprechenden Webseiten.<br />

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische<br />

Wiedergabe, Tonträger aller Art, auszugsweisen Nachdruck oder<br />

Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen sind vorbehalten.<br />

Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch<br />

dürfen nur von einzelnen Beiträgen als Einzelkopien hergestellt werden.<br />

98<br />

Sommer 2021


Die Zirbenholzsauna<br />

auf Achse<br />

Mit der mobilen Zirbenholzsauna<br />

ist es Ihnen jetzt möglich,<br />

einen Sauna-Aufguss an den<br />

unterschiedlichsten Orten zu<br />

genießen.<br />

Unsere Tannhäuschen-Saunen<br />

werden überwiegend in Handarbeit<br />

hergestellt.<br />

Das zum Bau verwendete exklusivste<br />

aller Hölzer, die Zirbe,<br />

sorgt für ideales Wohlbefinden.<br />

Funktionalität:<br />

Ob im Garten oder in der Natur,<br />

Sie können mit Ihrem Tannhäuschen<br />

auf eigenen Achsen<br />

zu Ihrem Lieblingsort fahren<br />

und dort den Einklang der Natur<br />

mit Körper, Geist und Seele<br />

erleben.nd Seele<br />

Von vielen Kunden wird das<br />

Tannhäuschen aber nicht<br />

nur als mobile Sauna genutzt,<br />

sondern auch als Wohnwagen<br />

oder als fahrbare Freizeit- und<br />

Jagdhütte.<br />

In unserem Handwerksbetrieb<br />

in Harsefeld statten wir Ihnen<br />

Ihre Naturholzhütte<br />

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Ihren Wünschen<br />

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Die Zirbe<br />

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