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Schönes Leben – Ausgabe 73

Land, Kultur und Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand

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ter Heinrich Heine (1797 <strong>–</strong> 1856) in seinem revolutionären Lied über die<br />

„Die armen Weber“ an, dessen öffentliches Singen bald verboten wurde.<br />

Monika Süries langer Weg zur Handweberei.<br />

Heutzutage werden fast alle Stoffe maschinell in Fabriken gewebt,<br />

ob wohl die Handweberei noch immer begeistert praktiziert wird, zum<br />

Beispiel durch die Lüneburgerin Monika Sürie (58). Als studierte<br />

Innenarchitektin ist sie gleichzeitig Gesellin der Webkunst. Aufgewachsen<br />

in dem waldreichen Ort Wintermoor bei Soltau in der Lüneburger<br />

Heide kam sie in jungen Jahren weit in der Welt herum, denn ihr Beruf<br />

führte sie nach Paris, Florenz, Chicago und London. Während ihrer<br />

Kinderpause entfernte sich die Mutter zweier erwachsener Söhne<br />

jedoch gedanklich von ihrem ursprünglichen Beruf. Zwar wollte sie die<br />

kreative Schiene nicht verlassen, aber unbedingt eine Betätigung finden,<br />

bei der sie ihre Hände einsetzen konnte. Auf der Suche nach einem<br />

passenden Handwerk absolvierte sie ein halbjähriges Praktikum in<br />

einer Weberei. Schnell begeisterte sie sich für die nötige Ausdauer,<br />

Geduld, die verarbeiteten Naturmaterialien und die vielfältigen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten. Die Entscheidung fiel leicht, eine weitere<br />

Ausbildung zu beginnen, und zwar auf dem Werkhof Kukate im Wendland.<br />

Dafür sprach, dass Monika Sürie dort keinen Ausbildungsbetrieb<br />

benötigte, denn viele kleinere Webereien können sich Auszubildende oft<br />

nicht leisten. Während ihrer Lehrzeit webte Monika Sürie erstmals im<br />

Kloster Lüne und nachdem sie erfolgreich ihre Gesellenprüfung abgelegt<br />

hatte, wurde sie dort 2009 Teil des Teams der Weberinnen Gerda<br />

Thost (Meisterin) und Ulrike Söhl (Gesellin).<br />

Heinz Friedrich Meyer als Retter<br />

der Weberausbildung.<br />

Dass die Weberei im Kloster Lüne heute existiert, ist Heinz Friedrich<br />

Meyer (1933 <strong>–</strong> 2004) zu verdanken. Der lebenslang alleinstehende und<br />

kinderlose Webermeister stammte aus Dahlenburg bei Lüneburg, absolvierte<br />

als Erbe eines dortigen Textilgeschäftes eine Meisterausbildung<br />

im Weben und tat sich in Norddeutschland bald durch seine künstlerische<br />

Experimentierfreudigkeit hervor. Seine Erfahrungen gab er weiter,<br />

indem er an der Universität Lüneburg, der Internatsschule Marienau<br />

und auch an einer Ergotherapeuten-Schule unterrichtete. Er war auch<br />

der Lehrmeister der beiden Kolleginnen von Monika Sürie, Gerda<br />

Thost und Ulrike Söhl. Um die Webkunst nachhaltig zu fördern,<br />

brachte Meyer sein Wissen und Vermögen 1998 in eine Stiftung ein,<br />

welche die Weberei Lüne noch heute unterhält. Im Alter von 75 Jahren<br />

verstarb er im Jahr 2004 und sein Andenken wird noch heute in Ehren<br />

gehalten. Alle zwei bis drei Jahre trifft sich der aus drei Personen bestehende<br />

Vorstand der von ihm gegründeten Stiftung, der auch immer die<br />

jeweilige Äbtissin des Klosters angehört.<br />

Weben im Gebetssaal.<br />

Die Webstube ist Teil der Lüner Klosteranlage, die im Jahr 1150 als<br />

Einsiedelei gegründet und nach der Reformation protestantisch geworden<br />

war. Noch heute bewohnt ein evangelisches Frauenkonvent das<br />

Kloster, widmet sich der Geschichte und Kultur des Hauses und bietet<br />

während der Sommermonate auch Führungen an. Dass die klösterliche<br />

Weberei mit der einladenden grünen Tür ursprünglich ein Gebetssaal<br />

für die gläubige Gemeinde war, erkennt man an den wunderschönen<br />

Jugendstil-Malereien an den Wänden, die von 1901 bis 1905 durch<br />

Hugo Friedrich Hartmann gemalt worden waren und die klösterliche<br />

Nächstenliebe zeigen, d. h. Kinder lehren, Kranke pflegen, Nackte<br />

bekleiden und Hungrige speisen. Ein großes Epitaphium aus der<br />

Barockzeit springt den Besuchern ebenfalls sofort ins Auge. Mit Unterbrechungen<br />

stand der Gebetssaal leer, bis die Weberei 1948 einzog.<br />

Eine Heizung wurde erst sehr viel später in dem kühlen Raum eingebaut.<br />

Besonders schön ist es dort im Winter, wenn die Weberei Gastgeber<br />

eines Weihnachtsmarktes für verschiedene Kunsthandwerker ist.<br />

Schon immer war Schafwolle weltweit ein natürlicher Rohstoff für die<br />

Verwendung in der Weberei.<br />

Die zum Weben verwendete Wolle wird auf praktischen Spulen geliefert,<br />

die Gestaltungsmöglichkeiten sind unbegrenzt.<br />

24 Sommer 2021

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