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Schönes Leben – Ausgabe 73

Land, Kultur und Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand

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nischem Material Nährstoffe freisetzen, die für das gesunde Pflanzenwachstum<br />

extrem wichtig sind. Deshalb steht für Joachim Böttcher<br />

nicht die direkte Pflanzenernährung, sondern die Ernährung des<br />

Bodens im Vordergrund, und zwar mit natürlichen Materialien. „Die<br />

Pflanzen nutzen dieses Reservoire von Nährstoffen, wann und wie sie es<br />

brauchen“, erklärt der gelernte Gärtnermeister und studierte Landschaftsplaner.<br />

Der Mensch ernährt also nicht die Pflanzen, sondern den<br />

Boden beziehungsweise die Mikroorganismen im Boden und der Boden<br />

ernährt dann die Pflanzen. „Ein gesunder Boden bringt gesunde Pflanzen<br />

mit einem hohen <strong>Leben</strong>smittelwert hervor, die vital und robust und<br />

zudem interessanterweise auffallend resistent gegenüber dem Klimawandel<br />

und bestimmten Schädlingen sind“, weiß Joachim Böttcher.<br />

Der Gartenbau-Experte hat einen ganz alten und doch auch neuen und<br />

zukunftsweisenden Weg wiederentdeckt und mit moderner Technik<br />

weiterentwickelt: Terra Preta (portugiesisch: Schwarze Erde). „Terra<br />

Preta do Indio ist eine der fruchtbarsten von Menschenhand hergestellten<br />

Erden. Archäologen entdeckten sie Ende der 1970er-Jahre im südamerikanischen<br />

Regenwald“, erläutert Joachim Böttcher. Eigentlich<br />

erwarteten die Wissenschaftler dort nur eine dünne Humusschicht und<br />

helle, nährstoffarme Böden. Verblüffend ist allein schon, dass die<br />

Schwarzerde auch nach 500 Jahren <strong>–</strong> die seit dem Verschwinden der<br />

alten Kultur vergangen sind <strong>–</strong> noch immer in ihrem Urzustand zu<br />

finden war. So weckte die „Wundererde“ die Neugier von Biologen und<br />

Bodenexperten, die sich fragten, wie die Indios ihre Terra Preta wohl<br />

damals erzeugt hatten. Die bis zu 7.000 Jahre alte Erde gab Wissenschaftlern<br />

lange Zeit Rätsel auf.<br />

Archäologen entdeckten die Terra Preta<br />

erst Ende der 1970er-Jahre im<br />

südamerikanischen Regenwald.<br />

Es wird vermutet, dass bis zu 10 Prozent der Regenwaldböden am<br />

Amazonas mit geschlossenen Terra Preta-Flächen bedeckt sind. „Erst<br />

auf dem Boden einer hochproduktiven, regenerativen Landwirtschaft<br />

konnten die Hochkulturen der Indios entstehen“, sagt Joachim Böttcher.<br />

Die europäischen Eroberer, welche am Ende des 15. Jahrhunderts<br />

den amerikanischen Kontinent betraten, berichten in ihren Aufzeichnungen<br />

von großen Kulturen und zahlreichen blühenden Städten an<br />

den Ufern des Amazonas. Mit den europäischen Konquistadoren, die<br />

bis dahin bei den Indios unbekannte Krankheiten einschleppten, verschwanden<br />

diese einstigen Hochkulturen so schnell, dass man die<br />

Berichte der Eroberer schon bald für maßlose Übertreibungen und<br />

Phantastereien hielt. Doch inzwischen entdecken Wissenschaftler<br />

immer mehr Spuren dieser vergangenen großen Zivilisationen, die einst<br />

am Amazonas gelebt haben. Ein wesentlicher Teil ihres Erbes, nämlich<br />

die fruchtbaren Schwarzerden, die sich vielerorts im Amazonasgebiet<br />

finden lassen, ist bis heute erhalten und zeugt von den erstaunlichen<br />

Fähigkeiten dieser Menschen. Unter den subtropischen Bedingungen<br />

im Regenwald hätte das „schwarze Gold der Indios“ längst biologisch<br />

Bild oben: In einer Handvoll gesunder Erde leben mehr<br />

Mikroorganismen als Menschen auf der Erde.<br />

Bild unten: Auf dem Hengstbacherhof in Sankt Alban werden<br />

Gemüse und Salat in Mischkulturen angebaut. Auf diesen<br />

Anbauflächen wächst der Humusgehalt des Bodens seit Jahren.<br />

Sommer 2021 77

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