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Schönes Leben – Ausgabe 73

Land, Kultur und Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand

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kehrte. Im Rahmen späterer Lehrtätigkeiten<br />

wurde ihr schnell bewusst, wie wichtig es<br />

war, mit kargen Vorräten sparsam zu wirtschaften,<br />

denn Nahrungsmittel waren<br />

damals in vielen Familien sehr knapp. Da<br />

immer mehr Männer schlecht bezahlten<br />

Berufen nachgingen, versuchten die Frauen<br />

aus wenig viel zu machen, um die Familien<br />

über Wasser zu halten und trotzdem gesund<br />

zu ernähren. Nach Beschäftigungen in verschiedenen<br />

Haushalten war die mittlerweile<br />

43-jährige Henriette Davidis weit herumgekommen<br />

und hatte umfangreiche Erfahrungen<br />

und über 1.500 selbsterprobte<br />

Rezepte aus vielen Regionen Deutschlands<br />

gesammelt. Sie stellte alles in einem 344-seitigen<br />

Lehr-Kochbuch zusammen, welches sie<br />

1845 erstmals drucken ließ. „Henriette<br />

Davidis illustriertes praktisches Kochbuch<br />

für die bürgerliche und feine Küche“ wurde<br />

schnell ein Bestseller, dem im Laufe von 100<br />

Jahren viele überarbeitete Auflagen über den<br />

Tod der Autorin hinaus folgten. Das Kochbuch<br />

schenkten nicht selten Männer ihren<br />

Frauen zu besonderen Anlässen und somit<br />

gehörte es bald zur Grundausstattung in<br />

vielen Haushalten Deutschlands, Europas<br />

und sogar in Amerika bei den deutschen<br />

Auswanderern. Es stand erstmals für das,<br />

was man später weltweit unter „Deutscher<br />

Küche“ verstand, während die Verkaufserlöse<br />

der ledigen Autorin ein für die Zeit komfortables<br />

<strong>Leben</strong> ermöglichten.<br />

Das Henriette Davidis-<br />

Kochbuch war durch<br />

seine verständlichen<br />

Anleitungen ein Bestseller<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

und wurde in vielen<br />

Auflagen gedruckt. Es<br />

begründete die feine<br />

„Deutsche Küche“ und<br />

beeinflusste die Rolle<br />

der Frauen nachhaltig.<br />

Das Pfarrwitwenhaus, in<br />

dem Mutter und Tochter<br />

Davidis Jahre lebten und<br />

kochten, wurde wegen<br />

eines Brückenbaus später<br />

abgerissen. Der Herd<br />

und eine Gedenktafel<br />

wurden als Erinnerung<br />

in einen Brückenpfeiler<br />

eingemauert.<br />

Henriette Davidis als<br />

junge Frau und Ansichten<br />

des Geburtsortes in<br />

ihrer Heimat, die noch<br />

heute an sie erinnern.<br />

Ein Erfolgsrezept<br />

wurde geboren.<br />

Kochbücher hatte es schon seit der Antike<br />

gegeben und waren somit im 19. Jahrhundert<br />

schon lange weit verbreitet, jedoch<br />

waren sie oft nur mit regionalem Bezug und<br />

ohne praktische Tipps und Anleitungen.<br />

Diese brauchten jedoch gerade junge Frauen,<br />

die unerfahren in das Eheleben starteten.<br />

Die unverheiratete, selbstbewusste Davidis<br />

gab als versierte Pädagogin und Hauswirtschafterin<br />

umfassende Tipps und sorgte<br />

durch genaue Erläuterungen für den richtigen<br />

Einstieg in die regional unterschiedliche<br />

deutsche Küche. Dabei vergaß sie nicht, auf<br />

Das Henriette Davidis<br />

Museum in Wetter-Wengern<br />

ist in einem historischen<br />

Fachwerkhaus<br />

von 1801 untergebracht,<br />

erbaut im Geburtsjahr<br />

der Davidis.<br />

Sommer 2021 15

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