Wildernews_No86_Feuer_im_Dach
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Maren Kern fordert <strong>im</strong> März 2023 gemeinsam mit anderen Umweltorganisationen vom Parlament Augenmass<br />
bei den Verhandlungen zum sogenannten Mantelerlass. © Mountain Wilderness/Marta Corrà<br />
sehr schwierig. Die Dringlichkeit und<br />
die vielen Interessen, die reinspielen,<br />
machen es nicht einfacher.<br />
Wie geht das?<br />
Marie-Claire: Einerseits müssen<br />
die Lösungen zur Energiewende die<br />
Biodiversitäts- und Kl<strong>im</strong>akrise<br />
gemeinsam bekämpfen und andererseits<br />
die Menschen auf dem Weg<br />
zur gesamtgesellschaftlichen Transformation<br />
begleiten. Zudem bin<br />
ich der Meinung, dass Suffizienz –<br />
also weniger zu konsumieren – <strong>im</strong>mer<br />
die erste Lösung sein muss.<br />
In der Politik und <strong>im</strong> Parlament wird<br />
sie praktisch nicht angesprochen.<br />
Eines der grössten Probleme ist, dass<br />
wir zu schnell auf technologische<br />
Lösungen eingehen, anstatt gesellschaftliches<br />
Verhalten zu ändern.<br />
Da ist so viel Potenzial, über das nur<br />
ganz wenige Leute sprechen wollen.<br />
Die Dringlichkeit ist oft ein Argument<br />
dafür, die Energiewende<br />
über alles zu stellen. Was siehst du<br />
für Lösungsansätze in diesem<br />
Punkt, Marie-Claire?<br />
Marie-Claire: Ich setzte mich <strong>im</strong>mer<br />
für kl<strong>im</strong>agerechte Lösungen statt<br />
Kl<strong>im</strong>alösungen ein. Kl<strong>im</strong>alösungen<br />
beziehen zum Beispiel oft nicht<br />
alle sozialen Schichten ein, weil sich<br />
nicht alle einen Tesla leisten können.<br />
Zu kl<strong>im</strong>agerechten Lösungen gehört<br />
neben dem Einbezug der Menschen<br />
auch der Einbezug der Natur.<br />
Maren: Wie bringst du Suffizienz<br />
in den Diskurs ein? Was hast du da<br />
für Erfahrungen gemacht?<br />
Marie-Claire: Da ich keine Interessenslobby<br />
vertrete, kann ich unkonventionelle<br />
Narrative vertreten.<br />
Für den nötigen Systemwandel<br />
brauchen wir keine digitalen oder<br />
technischen Innovationen und<br />
auch keine Hypes um Start-ups, die<br />
den Status Quo erhalten, sondern<br />
einen Wandel zu dem, was wir<br />
bereits kennen. Leider befürchten<br />
die Parteien, dass es sie Sitze kosten<br />
oder die Glaubwürdigkeit schädigen<br />
würde, wenn sie von Suffizienz<br />
sprechen.<br />
Maren: Auf der anderen Seite gibt<br />
es einen gesellschaftlichen Trend zu<br />
Reduktion und Degrowth. Es ist<br />
logisch und fassbar für alle, dass dies<br />
die schnellste Massnahme ist, die<br />
wir ergreifen können, um die Energietransformation<br />
zu schaffen.<br />
Marie-Claire: Leider interessiert<br />
sich noch <strong>im</strong>mer nur eine sehr<br />
kleine Gruppe für solche systemischen<br />
Lösungen. Und wir haben<br />
Maren Kern – Die Alpenschützerin<br />
Maren ist seit mehr als fünf Jahren Geschäftsleiterin<br />
von Mountain Wilderness Schweiz. Damit Ruhe<br />
und Stille auch künftig in unserer Nähe und nicht nur<br />
in Kanada zu finden sind, setzt sie sich für unverbaute,<br />
wilde Bergnatur ein. Maren hat an der ETH Umweltnaturwissenschaften<br />
und in Freiburg i. Br. Waldökologie<br />
studiert. Im Spätsommer bekommt Maren ihr erstes<br />
Kind und macht sich vermehrt Gedanken dazu, wie die<br />
Welt in 30 Jahren aussehen wird.<br />
mountainwilderness.ch<br />
© zVg<br />
«Vielleicht braucht es ein paar<br />
Lebensjahre, bis man überhaupt schätzt,<br />
was so eine intakte Landschaft bedeutet.»<br />
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