DIZ Broschuere Hanns Kralik
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„Moorsoldatenlied“, koloriertes<br />
Liedblatt, <strong>Hanns</strong> <strong>Kralik</strong>, 1933, aus<br />
dem KZ Börgermoor geschmuggelt<br />
(AK <strong>DIZ</strong>)<br />
Zukunftshoffnung der Angehörigen des kommunistischen Widerstands<br />
darstellen. Auf dem vom neuen Druckstock abgezogenen<br />
Exemplar findet sich handschriftlich <strong>Kralik</strong>s Lebensmotto, ein Zitat aus<br />
der letzten Rede des Sozialisten und Revolutionärs Karl Liebknecht<br />
vom 15. Januar 1919, dem Tag seiner Ermordung: „Und wenn sie uns<br />
in Bande werfen – wir sind da, und wir bleiben da! Und der Sieg wird<br />
unser sein. […] Trotz alledem!“<br />
Lebensgeschichte<br />
<strong>Hanns</strong> <strong>Kralik</strong> hat über seine Zeit im Konzentrationslager Börgermoor<br />
nur wenig Schriftliches festgehalten. Auch Zeichnungen oder Holzschnitte<br />
sind nicht überliefert. Allerdings enthält die Erstausgabe von<br />
Wolfgang Langhoffs Buch „Die Moorsoldaten“ zwei Radierungen von<br />
ihm: eine Lageransicht und eine Szene bei der Zwangsarbeit im Moor.<br />
Namenlos bekannt machte <strong>Kralik</strong> jedoch das Liedblatt des „Moorsoldatenliedes“.<br />
Versteckt in einer Bastschale, hatte seine Lebensgefährtin<br />
Lya Rosenheim das Original bei einem Besuch im September 1933<br />
aus dem Lager geschmuggelt. Denn selbst unter den Bedingungen<br />
des Konzentrationslagers arbeitete <strong>Kralik</strong> künstlerisch. Aus im Moor<br />
gefundenen Materialien fertigte er Schnitzarbeiten und andere kunsthandwerkliche<br />
Gegenstände. „Leider“, so <strong>Kralik</strong> 1970, „konnte manches<br />
kleine, aber wirkliche Kunstwerk, das entstand, um als Transportmittel<br />
für Nachrichten zu dienen, nicht erhalten bleiben.“<br />
Das künstlerische Talent von <strong>Hanns</strong> <strong>Kralik</strong> hatte sich schon früh<br />
gezeigt. Er malte mit Kreide auf den mit Ölfarben gestrichenen Küchenwänden<br />
oder mit Kohlestiften auf Butterbrottüten und träumte<br />
von einer Ausbildung zum Maler. Die Umstände sprachen zunächst<br />
dagegen: Am 17. Mai 1900 als Sohn eines Bergarbeiters geboren,<br />
wuchs er mit sechs Geschwistern im niederrheinischen Kohlerevier<br />
auf. Wegen der Armut seiner Familie musste er mit 14 Jahren Bergmann<br />
werden. Bereits in seiner frühen Jugend wurde <strong>Kralik</strong> zum<br />
Augenzeugen von Arbeiterstreiks und deren Niederschlagung durch<br />
die Polizei: „Die Säbel wurden Herren der Lage, aber der Hunger war<br />
danach nicht geringer.“<br />
Während des Ersten Weltkriegs wandte sich <strong>Kralik</strong> der sozialistischen<br />
Arbeiterbewegung zu. Hier begann seine Karriere als politisch<br />
engagierter Künstler: Er gestaltete Einladungen und Programmzettel<br />
für Veranstaltungen. Die „Novemberrevolution“ nahm <strong>Kralik</strong> mit Begeisterung<br />
wahr. Er war aktiv an gewerkschaftlichen Kämpfen beteiligt<br />
und bekannte sich 1920 zur neu gegründeten KPD. Im selben Jahr begann<br />
er parallel zum anstrengenden Broterwerb im Bergbau und sei-