30.08.2023 Aufrufe

September/Oktober 2023 - coolibri

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 | Im Gespräch<br />

„DER TRUBEL WAR EIN<br />

NÖTIGES BEIWERK, ABER<br />

KEINS, WAS ICH BRAUCHE.“<br />

Auch wenn AnNa R. bereits seit Anfang der 90er Musik macht, folgt erst jetzt mit „König:in“ ihr erstes Soloalbum.<br />

Foto: Presse/Chaos & Symmetrie<br />

DIE KÖNIGIN AUF IHRER BÜHNE<br />

Gemeinsam mit Peter Plate avancierte ANNA R. zum erfolgreichsten deutschsprachigen<br />

Duo aller Zeiten: Rosenstolz. Christopher Filipecki sprach mit ihr über ihr Solodebüt.<br />

Dein Albumname „König:in“ schreibt<br />

sich mit einem Doppelpunkt. Du genderst<br />

ihn also. Woher kam die Idee?<br />

Der erste Grund ist, dass jeder sich angesprochen<br />

fühlen kann. Des Weiteren<br />

ist es aber ein kleiner Hinweis auf den Fehler im<br />

Gendern. Vor dem Doppelpunkt steht „König“,<br />

was hat das dann mit Emanzipation zu tun?<br />

Nicht viel, da tatsächlich bei jeder Gendergeschichte<br />

immer der Mann vorne steht. Deswegen<br />

war das von mir eine Idee, um darauf einmal<br />

kurz aufmerksam zu machen, dass der männliche<br />

Beruf oder die männliche Bezeichnung immer<br />

im Vordergrund steht. Auch bei einem<br />

Sternchen oder Doppelpunkt ändert sich für<br />

mich nicht so viel.<br />

Auf dem Album haben Manne Uhlig und Timo<br />

Dorsch mitgeschrieben, mit denen du zuvor die<br />

Band Gleis 8 gebildet hast. Warum ist es nun<br />

doch ein Soloalbum und kein drittes Gleis-8-Album?<br />

Fühlt sich das Arbeiten nun anders an?<br />

Nee. Sind im Prinzip die gleichen Leute, auch<br />

wenn Timo vorerst keine Musik mehr machen<br />

wird. Der Rest ist aber noch dabei. Die Idee, dass<br />

es ein Soloprojekt ist, gab es vorher schon eine<br />

ganze Zeit. Ich habe mich lange geweigert, mich<br />

dann aber irgendwann überreden lassen.<br />

Was sind für dich die drei zentralen Themen<br />

des Albums?<br />

Mitgefühl, Toleranz, Stärkung des menschlichen<br />

Wesens.<br />

Man kann auch viel zum Im-Hier-und-Jetzt-Sein<br />

erkennen, dass man sich annimmt, sich nicht<br />

festlegen muss. Sind das Erkenntnisse für dich,<br />

die in den letzten Jahren eine Rolle spielten?<br />

Das bleibt nicht aus mit dem Alter. Solang man<br />

nicht ganz dämlich ist, merkt man, dass alles andere<br />

keinen Sinn macht. Schneller, höher, weiter<br />

macht keinen Sinn, aber ständig unter Träumen<br />

zu leiden, die man sich nicht erfüllen kann,<br />

bringt auch nichts. Träume in dem zu finden,<br />

was gerade da ist, finde ich viel spannender.<br />

Welche Rolle nimmst du beim Songschreiben<br />

ein? Guckst du, was in deinem Leben zuletzt<br />

passiert ist? Guckst du, was bei anderen passiert?<br />

Ist es gar eine lyrische Figur und somit<br />

Geschichten aus der Fantasie?<br />

Alle drei Sachen. Sehr viel ist von einem selbst<br />

drin, wenn man schreibt, sonst würde man es<br />

wohl anders ausdrücken. Es ist ein bisschen autobiografisch,<br />

es ist ein bisschen umschauen. Irgendwann<br />

ist das eigene Leben ja auch auserzählt.<br />

Zumindest für den Moment.<br />

Es passiert auch an vielen Tagen nichts erwähnenswertes,<br />

oder?<br />

Richtig, ist nicht jeden Tag Party. Das muss ich<br />

meinem Hund auch immer erzählen (lacht).<br />

Gibt es trotzdem zu einem Song eine ganz besondere<br />

Geschichte, von der du berichten<br />

magst?<br />

Ich finde es wahnsinnig traurig, dass „Ein Meer<br />

voller Seelen“ immer noch aktuell ist. Das Album<br />

hat viel länger gedauert, als wir geplant<br />

hatten. Dann kam die Pandemie und noch so viel<br />

anderes dazwischen. Der Song war einer der ersten,<br />

die wir für die Platte geschrieben haben. Ich<br />

dachte erst, er hätte keine Relevanz mehr, aber<br />

leider immer noch. Ich finde wirklich, dass wir<br />

uns alle schämen sollten. Dass es Diskussionen<br />

darüber gibt, ob man flüchtenden Menschen auf<br />

Booten hilft, sie an Land aufnimmt oder nicht.<br />

Dass man sie in überfüllte Lager bringt. Diese<br />

Leute sind geflohen, weil sie nicht im Krieg leben<br />

wollten. Unglaublich, dass gnadenlos darüber<br />

hinweggeblickt wird.<br />

Hinter einem anderen Song steckt aber bestimmt<br />

eine positivere Geschichte. „Augen zu“<br />

ist ein Duett mit Henning Wehland, dem Frontmann<br />

der H-Blockx. Woher kennt ihr euch?<br />

Wir kennen uns schon wirklich lange. Haben<br />

uns zu MTV-Zeiten kennengelernt und mochten<br />

uns immer total gerne. Den habe ich dann zur<br />

Pandemie angerufen und gefragt, ob wir ein Album<br />

zusammen machen wollen. Es gab erst die<br />

Idee, ein Coveralbum aufzunehmen. Das steht<br />

zwar noch aus, aber bei einigen Treffen entstand<br />

ein Song, lustigerweise im Studio von Silly. Da

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!