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Epi-Suisse Magazin 02/2023

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BUCHVORSTELLUNG

SOZIALBERATUNG

WENN DAS GELD NICHT REICHT

«Meine Krankenkasse zahlt die Rechnungen für meine Epilepsiebehandlungen nicht. Nun gerate ich in finanzielle

Nöte und weiss nicht mehr weiter.» Epi-Suisse zeigt am Fall der 30-jährigen Maya Ziegler*, welche Auswege

es bei finanziellen Problemen gibt.

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Die Autorin Nadine Kupper (links) und die Illustratorin Pasquale Herren.

EIN KINDERBUCH MIT REALEN

ANFALLSZENEN

Im Shop von Epi-Suisse findet man nebst verschiedenen Broschüren rund ums Thema Epilepsie auch spannende

Kinderbücher, welche die Krankheit kindgerecht aufgreifen. Das neuste Werk heisst «Meine grosse Schwester Lynn»

von Nadine Kupper.

Malea hat ihre Familie ganz fest lieb. Ihre

grosse Schwester Lynn, ihre Mama und

ihren Papa. Lynn hat Epilepsie und eine

kognitive Beeinträchtigung. Heute verbringen

Malea, Lynn und ihr Papa den Tag

zusammen. Was werden die drei erleben?

Das Bilderbuch «Meine grosse Schwester

Lynn» wurde für Vorschulkinder entwickelt,

die Kontakt zu Kindern mit einer

kognitiven Beeinträchtigung und

tonisch-klonischen Anfällen haben. Dem

Bilderbuch liegt ein Begleitheft bei. Darin

wird die Geschichte erläutert und es

werden verschiedene Erzählmöglichkeiten

entsprechend dem Alter des Kindes

aufgezeigt. Das Buch enthält ausserdem

ein Suchspiel. Illustriert wurde es von der

Ilustratorin Pasquale Herren.

Autorin ist die 30-jährige Bernerin Nadine

Kupper. Es ist ihr erstes Buch. Sie ist Sozialarbeiterin

und Sozialpädagogin. Und

das Buch ist ein Teil ihre Masterarbeit im

Studium der Heilpädagogischen Früherziehung.

«Als Sozialpädagogin arbeitete

ich während fast vier Jahren auf einer

Wohngruppe mit Kindern und Jugendlichen

mit kognitiven Beeinträchtigungen»,

erzählt sie. Und bei dieser Arbeit

entstand auch die Idee für ihr Buch. «Ich

begleitete einen 4-jährigen Jungen mit

Dravet- Syndrom, er hatte bis zu drei Mal

täglich tonisch-klonische Anfälle und war

kognitiv beeinträchtigt.» Die anderen Kinder

und Jugendlichen, die auf der Wohngruppe

mit ihm lebten, bekamen das mit.

«Viele erschraken und vor allem haben sie

viele Fragen gestellt», so Nadine Kupper.

Es ihnen nur mit Worten zu erklären, war

der jungen Sozialpädagogin zu wenig. Und

so suchte sie ein passendes, kindgerechtes

Buch. Doch sie wurde nicht fündig.

«ES GIBT VERSCHIEDENE

BÜCHER, ABER IN KEINEM

WERDEN ALLE ASPEKTE

EINES TONISCH-KLO-

NISCHEN ANFALLS GE-

ZEIGT, WAS ICH ABER

SEHR WICHTIG FAND.»

So entschied sie sich, selber ein Buch zu

machen, bei dem der Anfall nicht zensiert

wird. Man sieht, wie Lynn, das Mädchen mit

Epilepsie, während des Anfalls mit geöffneten

Augen hinfällt und danach am Boden

zittert. Die alltagsbezogene Geschichte

bezieht sich nicht auf ein spezifisches

Kind, das Nadine Kupper kennt. Für ihre

Masterarbeit interviewte sie fünf Elternteile

von Kindern mit Epilepsie und kognitiven

Beeinträchtigungen. Dabei konnten

die Elternteile sagen, was für sie im Buch

wichtig ist, damit tonisch-klonische Anfälle

Vorschulkindern erklärt werden können.

«In der Evaluation war die Rückmeldung,

dass es wichtig ist, dass ein Anfall im Buch

vorkommt. Denn das ist die Realität.»

Das Buch ist im Frühling erschienen. Und

Nadine Kupper hat übrigens ihre Masterarbeit,

während der eben dieses Buch entstand,

mit einer glatten 6 abgeschlossen.

Herzlichen Glückwunsch!

TEXT: CAROLE BOLLIGER

Dieses und weitere spannende Bücher

und Broschüren sind in unserem Shop

erhältlich: www.epi-suisse/shop

Eine Verkettung unglücklicher Umstände

und die oftmals komplexe Situation von

Epilepsiebetroffenen kann dazu führen,

dass sie in finanzielle Bedrängnis kommen.

Das zeigte der Fall von Maya Ziegler deutlich.

Nachdem ihre Anfrage bei Epi-Suisse

eingetroffen war, zeigte sich bei der ersten

Kontaktaufnahme, dass nicht nur die

unbezahlten Arztrechnungen das Problem

waren. Frau Ziegler hatte ihre Arbeit verloren,

war zu 100 Prozent krankgeschrieben

und hatte somit keinen Anspruch auf

Arbeitslosengeld. Frau Ziegler war verzweifelt.

Die finanzielle Notlage war eine

enorme Belastung für sie und mit grossen

Ängsten verbunden.

«FRAU ZIEGLER HAT

WEITERHIN ANSPRUCH

AUF KRANKENTAGGELD,

INSGESAMT 730 TAGE.»

Frau Ziegler berichtete im persönlichen

Gespräch, dass sie ihre Stelle vor drei

Monaten verloren hatte. Da sie krankgeschrieben

war, hatte sie keinen Anspruch

auf Arbeitslosengeld. Die Sozialberaterin

stellte jedoch schnell fest, dass Frau

Ziegler Anspruch auf Taggelder der Krankentaggeldversicherung

hatte. Deren

Zahlungen erhielt Frau Ziegler seit dem

Austritt bei der alten Firma nicht mehr,

weshalb sie für ihre täglichen Auslagen

auf ihr Erspartes zurückgegriffen hatte,

das aber schnell aufgebraucht war.

Mit einem Anruf beim früheren Arbeitgeber

machte die Sozialberaterin die zuständige

Krankentaggeldversicherung

wie auch die Unfallversicherung ausfindig.

Denn eine Rechnung der Krankenkasse

ging auf einen Unfall zurück. Während

eines epileptischen Anfalls verletzte sich

Frau Ziegler und Ersthelfer hatten deswegen

die Ambulanz verständigt, ein

epileptischer Anfall mit Unfallfolgen. Um

eine Rückerstattung durch die Unfallversicherung

zu erhalten, musste zuerst eine

Unfallmeldung über den ehemaligen Arbeitgeber

gemacht werden. Glücklicherweise

zeigte sich dessen Personalabteilung

kooperativ und kümmerte sich um

die Unfallmeldung.

Auch mit der Krankentaggeldversicherung

nahm die Sozialberaterin Kontakt

auf – und erhielt rasch Klarheit:

Frau Ziegler hat weiterhin Anspruch auf

Krankentaggeld, insgesamt 730 Tage.

Allerdings wartete die Versicherung auf

einen Bericht der Hausärztin, ebenso war

ein aktuelles Arbeitsunfähigkeitszeugnis

ausstehend. Sobald diese beiden Dinge

vorlägen, würde das Taggeld ausbezahlt,

auch rückwirkend, direkt an Frau Ziegler.

Die Krankentaggeldversicherung wies

darauf hin, dass Frau Ziegler alle weiteren

Arbeitsunfähigkeitszeugnisse direkt an

die Versicherung schicken solle. Nur so

könnten die Zahlungen ohne Unterbrüche

erfolgen.

Frau Ziegler sagte, dass sie eine psychotherapeutische

Betreuung bräuchte, da

sie psychisch sehr instabil sei.

«AUS ANGST VOR

WEITEREN RECHNUNGEN

TRAUTE SIE SICH ABER

NICHT, MIT DER THERAPIE

ANZUFANGEN.»

Die Sozialarbeiterin klärte mit der Krankenkasse

von Frau Ziegler ab, wie weit die

Franchise und der Selbstbehalt bereits

angerechnet waren für Behandlungen des

laufenden Jahres. Da keine Restbeträge

aus Franchise und Selbstbehalt mehr

offen waren, entständen keine weiteren

Kosten für die psychotherapeutische Behandlung,

sofern diese über die Grundversicherung

abgerechnet werde. Somit

konnte sich die Klientin die nötige Unterstützung

durch Psychotherapie holen.

Im weiteren Beratungsverlauf anerkannte

die Unfallversicherung die Leistungen und

übernahm die Kosten für die Ambulanz wie

auch für die Behandlung der Unfallfolgen.

Nach Eingang des ärztlichen Berichtes

sowie des Arbeitsunfähigkeitszeugnisses

löste die Krankentaggeldversicherung

schliesslich die Zahlung aus.

Schritt für Schritt konnten die offenen

Fragen geklärt werden und Frau Ziegler

bekam wieder ein existenzsicherndes

Einkommen. Die gesundheitliche Situation

stabilisierte sich, die Anmeldung bei

der IV-Stelle, welche bei fortdauernder

Arbeitsunfähigkeit nötig gewesen wäre,

wurde hinfällig. Nach einigen Wochen war

Frau Ziegler teilarbeitsfähig und konnte

sich beim RAV melden, um wieder eine

Perspektive für eine Arbeitsstelle zu erhalten.

Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, wie

wichtig es ist, in komplexen Situationen

genau hinzuschauen, damit finanzielle

Engpässe gelöst werden können. Die Sozialberatung

ist dabei eine wichtige Unterstützung,

gerade wenn sich Betroffene in

gesundheitlich instabilen Situationen befinden.

*Name geändert.

TEXT: ANJA BUSCHOR,

SOZIALBERATERIN

INFOS ZUR BERATUNG

Sie haben Fragen oder brauchen

Unterstützung?

Unsere Mitarbeitenden der

Sozialberatung helfen Ihnen gerne:

www.epi-suisse.ch/sozialberatung,

info@epi-suisse.ch oder

Telefon 043 488 68 80 9

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