WASISTLOS Magazin August 2023
Die August-Ausgabe unseres Magazins "wasistlos - Bad Füssing". Das Magazin mit allen Infos über und aus Bad Füssing, Europas größtem Kurort, mit seinen Thermen, Hotels, Gastronomiebetrieben und Geschäften. Veranstaltungen, Neuigkeiten, TV-Programm und mehr!
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KURZKRIMI<br />
EINFALLSREICH - WITZIG - ANDERS<br />
DER GLÜCKSFAKTOR<br />
E I N B A D F Ü S S I N G K R I M I<br />
V O N E L L A W . A N D E R S<br />
D A S<br />
NEUE<br />
BUCH<br />
VON ELLA<br />
W. ANDERS<br />
Ella W. Anders<br />
schreibt Krimis, die in Niederbayern spielen.<br />
Ihre Bücher sind im Buchhandel zu beziehen,<br />
sowie in Bad Füssing im Kaufhaus Geml<br />
oder unter folgender E-Mail-Adresse:<br />
Ella.W.Anders@gmx.de<br />
»Was für eine Nacht!«, jubelte Theo in Gedanken, während<br />
er die Geldbündel an sich raffte. Er hatte beinahe die Bad<br />
Füssinger Spielbank »gesprengt«. Dann verließ er das<br />
Casino mit einer prall gefüllten Plastiktasche und hatte<br />
die Absicht, gleich nach links auf den Parkplatz zu seinem<br />
Auto hinüber zu gehen, den Gewinn in seine Sporttasche zu<br />
pferchen und heim zu fahren.<br />
Vor dem Haupteingang warf er übermütig eine Kusshand<br />
auf die dreizehn Bronze-Raben, die dort sinnbildlich als<br />
»Glücksvögel« auf separaten, schmalen Granitsäulen<br />
stehen. Sie rahmen im Halbkreis den Casino-Brunnen ein und<br />
gelten als das »Empfangskomitee« für die Spielbank in Bad<br />
Füssing. Da sah Theo einen Mann mittleren Alters auf der<br />
Graniteinfassung vor der 13. Säule kauern und vor sich hin<br />
sinnieren. Er sprach ihn an: »Eine wunderschöne Juni-Nacht!<br />
Sagen Sie das nicht auch? Da hat man noch keine Lust,<br />
schon nach Hause zu gehen.« Der Angesprochene seufzte:<br />
»Am liebsten bliebe ich hier bis in alle Ewigkeit. Setzen Sie<br />
sich doch zu mir. Man hat hier reichlich Platz.« Dann streckte<br />
er Theo, ohne aufzustehen, die Hand entgegen und sagte:<br />
»Ich heiße Eduard und ich bin der Unglücksrabe in diesem<br />
Halbkreis der Glücksraben.« Theo drückte die angebotene<br />
Hand und grinste: »Und ich bin Theo, ein Glücksvogel.<br />
Sozusagen der hiesige »Gustav Gans«. Dann saßen die<br />
beiden »Vögel« nebeneinander auf dem Granitvorsprung<br />
und Theo tröstete den Verlierer: »Niemand ist ausschließlich<br />
vom Pech verfolgt.«<br />
Eduard widersprach: »Ich schon. Ich habe nämlich den<br />
Gegenwert meines Hauses auf´s Spiel gesetzt und verloren.<br />
Und wenn ich nun meiner Frau unter die Augen komme,<br />
ist es aus mit mir. Dann bin ich tot.« Theo philosophierte:<br />
»Manchmal kann man nicht mehr unterscheiden, wo das<br />
Glück endet und das Pech beginnt. Oder umgekehrt, wann<br />
das vermeintlich gepachtete Pech geradewegs in eine<br />
Glückssträhne übergeht. Bei mir daheim wartet niemand<br />
auf mich. Ich bin ein einsamer Mann und habe die Richtige<br />
noch nicht gefunden. Eigentlich ist das Pech. Aber ich habe<br />
heute unglaublich viel Geld gewonnen. Ich muss es nicht<br />
teilen. Es gehört mir ganz allein. Und das ist Glück.« Der<br />
geknickte Eduard schaute seinen Sitznachbarn genauer an<br />
und resümierte: »Es ist zwar Nacht. Aber dennoch kann man<br />
sehen, dass Sie noch nicht zu alt sind, um den Reichtum<br />
genießen zu können. Fünfzig Jahre eventuell?« Theo nickte:<br />
»Exakt erraten. Ich war übrigens schon einmal verlobt und<br />
ziemlich unglücklich. Sie war eine herrische Frau, die keine<br />
Widerrede duldete. Aber dann hat vor drei Jahren zu meinem<br />
Glück ein anderer mit ihr angebandelt. Und als ich dahinter<br />
kam, packte ich die Chance am Schopf. Ich zwang ihn,<br />
meine Braut zu heiraten.« Da lachte Eduard sehr gequält und<br />
stöhnte: »Sie werden es nicht glauben, aber mir erging es<br />
umgekehrt. Ich hatte ein unverbindliches Techtelmechtel mit<br />
einer sehr schönen Frau. Ihr Verlobter kam dahinter. Er stellte<br />
umgehend ihre Koffer vor meine Haustür. Dann musste ich<br />
sie selbst heiraten. Seitdem bin ich vom Glück verlassen.«<br />
Da setzte direkt vor den beiden Männern ein Gurgeln im<br />
Brunnen ein. Sie starrten gebannt auf das sprudelnde Wasser<br />
und Eduard spottete: »Taucht jetzt gleich der Spielteufel<br />
auf und zieht mich zu sich hinunter?« Theo tröstete ihn:<br />
»Nur mit der Ruhe, Kumpel! Das hier ist lediglich die große<br />
»Glückskugel« der Spielbank. Sie taucht in unregelmäßigen<br />
Abständen ganz spektakulär im Brunnen aus dem Wasser<br />
auf. Kurz danach geht sie wieder unter. So wie das Glück im<br />
wahren Leben. Es kommt und geht. Es geht und kommt.«<br />
Eduard erwiderte: »Hätte ich Ihren Gewinn, wäre ich auch<br />
optimistisch. Ich frage mich, ob man das Glück beeinflussen<br />
kann. Das Gefühl lässt mich nicht los, dass das Pech nur<br />
an einem Dummen wie mir haften bleibt.« Theo legte dem<br />
Verzweifelten den Arm um die Schulter: »Sie sind kein<br />
Pechvogel. Auch wenn Sie momentan genau unter dem<br />
dreizehnten Raben sitzen.« Eduard sprang auf. Und Theo<br />
rückte nach. Nun saß er selbst unter dem dreizehnten<br />
Rabenvogel.<br />
Ella W. Anders gewann am 30.06.23 den zweiten Preis<br />
des Literatenwettbewerbs, der von der Bad Füssinger<br />
Spielbank ausgerichtet wurde.<br />
Das Preisgeld wurde je zur Hälfte an die Leiterinnen<br />
der Leihbücherei Egglfing und Aigen, Frau Miketta und<br />
in Vertretung Frau Kalleder, übergeben.<br />
Dann belehrte Theo den Verlierer: »Auch Zahlen bedeuten<br />
nichts. Es gibt keine Unglückszahlen. Ich habe vorhin<br />
im Casino mehrfach auf die Primzahl 13 gesetzt und<br />
gewonnen. Diese Zahl liebt mich. Und ich liebe sie.« Der<br />
geknickte Eduard blieb skeptisch. Aber der Glücks-Theo ließ<br />
keine Einwände gelten: »Ich werde Ihnen eine unglaubliche<br />
Geschichte erzählen, lieber Eduard, und ich überlasse es<br />
Ihnen zu entscheiden, was darin Glück oder Pech war: Als<br />
ich an einem Freitagvormittag vor drei Jahren in Egglfing<br />
am Inn-Ufer saß und meine Angel ausgeworfen hatte, fiel<br />
ein festgefrorener Klumpen vom Himmel und verfehlte<br />
mich nur um Haaresbreite. Der Fluchtreflex jagte mich<br />
mit einem Kopfsprung ins Wasser und als ich in Richtung<br />
Staudamm abtrieb fiel mir ein, dass ich nicht schwimmen<br />
kann. Ein Jäger, der flussabwärts mit seinem Gspusi auf<br />
dem Hochsitz saß, hörte den Hilferuf und sah meinen<br />
Überlebenskampf. Er sprang mir sofort hinterher und zog<br />
mich an Land. Seine Gespielin eilte mit einer Decke auf mich<br />
zu, deren Bemusterung mir seltsam bekannt vorkam. Die<br />
beiden entkleideten mich, wickelten mich in die Decke ein<br />
und rubbelten mich trocken. Plötzlich erstarrte die Frau und<br />
versuchte, sich rasch zu entfernen. Ich hielt ihre Hand fest,<br />
um mich zu bedanken. Da erkannte ich, dass sie meinen<br />
Ring trug und meine Verlobte war.« Der unglückliche Eduard<br />
senkte spontan den Kopf und schwieg. Es schien so, als<br />
wäre er von diesem Schicksal zutiefst betroffen.<br />
Der Glücks-Theo amüsierte sich über Eduards verdutztes<br />
Gesicht und fuhr fort: »Sie sehen, dass Glück und Pech<br />
umeinander, durcheinander und übereinander wirbeln. Pech<br />
bringt Glück hervor und Glück wiederum kann zum Pech<br />
werden. Alles geht nahtlos ineinander über. Je nachdem, wie<br />
und von welcher Perspektive aus man die Sache betrachtet.<br />
Alles ist subjektiv. Was des einen sein Glück ist, kann des<br />
anderen Pech sein. Nur eines ist wichtig und das müssen<br />
Sie sich unbedingt merken, Eduard: Man muss das Glück<br />
erkennen können und dann ganz rasch und mitleidlos<br />
handeln! So wie ich es tat mit meiner Braut.«<br />
Da rief Eduard: »Sie haben vollkommen Recht! Rühren Sie<br />
sich jetzt nicht von der Stelle, Theo! Ich laufe nur schnell zu<br />
meinem Auto, um etwas aus dem Kofferraum zu holen. Ich<br />
bin gleich wieder zurück!« Theo beruhigte ihn: »Ich renne<br />
gewiss nicht weg. Und wenn Sie wieder da sind, tigern wir<br />
beide ins Casino zurück und begießen mein Glück, bzw. Ihr<br />
Unglück, ausgiebig mit Champagner.«<br />
Dazu kam es nicht mehr. Theos Glückssträhne war<br />
unbemerkt zu Ende gegangen. Denn nach drei Minuten<br />
stand Eduard neben Theo und richtete sein Jagdgewehr<br />
auf ihn. Er sagte: »Dass ich Sie nicht gleich erkannt habe,<br />
liegt an der Dunkelheit. Nun habe ich Sie aber erkannt! Sie<br />
sind der Ertrinkende aus Egglfing! Und ich bin der Jäger aus<br />
Aigen, der Sie gerettet hat. Zum Dank hierfür haben Sie mich<br />
gezwungen, Ihre Verlobte zu heiraten. Und mein Unglück<br />
begann!«<br />
Theo war unfähig, sich nur einen Zentimeter von seinem<br />
Platz zu bewegen. Er starrte Eduard wortlos an. Just<br />
in diesem Moment begann es im Brunnen zu glucksen<br />
und der Algorithmus schob die »Glückskugel« an die<br />
Wasseroberfläche. Eduard zuckte zusammen, verriss den<br />
Lauf des Gewehrs und drückte ab. Die Kugel verfehlte Theos<br />
Nasenwurzel und traf stattdessen, schräg über ihm, die<br />
dünnen Beine des Bronze-Raben. Sie knickten ab und der<br />
schwere Brummer stürzte mit dem Kopf voraus auf Theos<br />
Schädeldach herab und hakte ihm mit dem Schnabel ein<br />
tiefes Loch in die Kopfschwarte. Theo war sofort tot. Getötet<br />
vom dreizehnten Bronze-Raben! Was sagt man dazu!<br />
Dann befolgte Eduard strikt den Ratschlag seines toten<br />
Kontrahenten: »Jetzt schnell weg, bevor jemand kommt,<br />
oder die »Glückskugel« abtaucht und mit ihr das unerwartete,<br />
sinnbildliche Glück, wieder untergeht. Auf zum Flughafen<br />
nach Fürstenzell!«<br />
Theo schuldete Eduard noch immer eine Belohnung für die<br />
damalige Errettung aus dem Inn. Er grapschte nach Theos<br />
schwerer Plastiktüte, sprang als reicher Mann in sein Auto<br />
und verschwand. Für immer.<br />
Mit dem Glück ist das so eine Sache. Man kann es nicht<br />
berechnen. Es kommt und geht und wechselt beliebig die<br />
Personen. Ganz allgemein gesagt: Missgunst und Neid<br />
sind negativ und sollten keinen Platz im Leben haben. Man<br />
gebrauche den Verstand und halte die Augen offen, damit<br />
man das Glück entdecken kann.<br />
ENDE<br />
18 Kurzkrimi 19<br />
Viel Glück!