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HalleinÖffentlicheUhrenDGCJahresschrift2023

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148 MICHAEL NEUREITER – BAD VIGAUN<br />

und wann das Werk in das Museum kam. Des<br />

Rätsels Lösung dauerte mehr als acht Jahre.<br />

Die Kostbarkeit stammt aus der Formensprache<br />

der Spätgotik und weist viele Indizien auf, die<br />

eine Datierung in das 16. oder spätestens sehr<br />

frühe 17. Jahrhundert nahelegen: Das Gestell hat<br />

diagonal stehende Eckpfeiler mit gekröpften Gestellbekrönungen,<br />

auf denen sehr seltene Holzkugeln<br />

saßen – nur eine von vier ist erhalten. Das<br />

Gestell ist rundum vernietet. Das Gehwerk hat<br />

eine Spindelhemmung mit stehendem Hakenrad,<br />

horizontaler Spindel und fix angesetztem<br />

(fehlendem) Kurzpendel mit einer (errechneten)<br />

Länge von 636 mm. Die Hemmung wurde<br />

wohl im 17. Jahrhundert von der ursprünglichen<br />

Waaghemmung mit vertikaler Spindel umgebaut,<br />

wie Spuren am Gestell beweisen. Das Stundenschlagwerk<br />

hat eine »schleichende Auslösung«<br />

mit »Herzscheibe« und »Storchenschnabel«. Die<br />

Maße: Das Werk ist an den Füßen 41 cm lang<br />

und 41 cm breit, die Höhe des Gestells beträgt<br />

84,5 cm, die Eckpfeiler sind 104,5 cm hoch.<br />

Der Aufzug von Gehwerk und Stundenschlagwerk<br />

erfolgte mit einem einsteckbaren Trieb<br />

und einer einsteckbaren Aufzugskurbel. Für<br />

die Suche nach dem historischen Standort war<br />

wichtig, dass die Zeigerleitung mit Minutengeschwindigkeit<br />

nach oben führte: Das zugehörige<br />

Zifferblatt bzw. die Zifferblätter waren also höher<br />

situiert als das Uhrwerk, dessen zwei Gewichte<br />

unterhalb platziert waren.<br />

Das bedeutende Werk, leider ohne Inschrift,<br />

weist zwei Schutzanstriche auf, der erste erfolgte<br />

mit Bleimennige. Es ist fast komplett, neben dem<br />

Windflügel und einem Trieb fehlen auch die Gewichte.<br />

Allerdings sind im Depot des Keltenmuseums<br />

einige Steingewichte gelagert, vielleicht<br />

haben zwei davon eine gemeinsame Vergangenheit<br />

mit dem Uhrwerk?<br />

Des Rätsels Lösung:<br />

die Uhr vom Bürgerspitalturm<br />

Im Januar 2023 konnte das Rätsel gelöst werden:<br />

Nach monatelanger Suche nach dem Zugang<br />

zum Turm ließ schließlich die Eigentümerin,<br />

die gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft<br />

»Salzburg«, den seit gut 30 Jahren<br />

ungenützten Zugang zum Turm mangels Schlüssel<br />

aufbrechen und ermöglichte die Recherche<br />

vor Ort.<br />

Dann war das Rätsel gelöst: Auf der Platte, wo<br />

ein Uhrwerk gestanden haben muss, waren die<br />

schräggestellten (!) Ausnehmungen für die vier<br />

Füße eines Uhrwerks vorhanden, und die Maße<br />

Abb. 5: Die Wandseite des gotischen Turmuhrwerks<br />

mit dem Schlaghebel für den Stundenschlag.

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