November 2023 - coolibri
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Im Gespräch | 21<br />
Bereich, in dem ich Diktator bin – alleine entscheiden<br />
kann. Es ist mein Safe Space, und den<br />
brauche ich, weil ich sonst nirgendwo einen habe.<br />
Deswegen werde ich ihn immer verteidigen.<br />
Du schaffst es in deinen Songs, selbst die kitschigsten<br />
Gedanken in alles andere als banale<br />
Worte zu packen. Wie schmal ist der Grat zwischen<br />
zu viel, zu wenig, zu hart, zu weich ...?<br />
Es ist immer ein Balance-Akt. Ich habe in meinem<br />
Herzen eine große Liebe für Kitsch und Pop<br />
und Schnulzigkeit – mir geht das Herz auf, wenn<br />
irgendwas Romantisches passiert. Aber auf der<br />
anderen Seite widert es mich auch an. Dann will<br />
ich gegensteuern, weil die andere Seite meines<br />
Herzens das Düstere, das Dreckige und das Verruchte<br />
liebt. Das macht Alligatoah-Songs aus:<br />
Dass ich immer zwischen Schönheit und Ekel<br />
hin- und herbalanciere.<br />
Ist Mainstream ein Schreckgespenst für dich?<br />
Ich würde Mainstream nicht als Feindbegriff sehen,<br />
auch wenn ich damit aufgewachsen bin,<br />
dass es der Feind ist. Mainstream kann schon<br />
auch geil sein – und ich bin dort angekommen.<br />
Glücklicherweise musste ich mich nicht glatt<br />
ziehen, sondern bin auf natürliche Weise in die<br />
Situation geraten, dass mir viele Leute zuhören.<br />
Da steckt Magie hinter, denke ich manchmal.<br />
Oder einfach Glück<br />
Und man hört dir sehr intensiv zu: Viele deiner<br />
Texte werden akribisch analysiert.<br />
Ich muss ein bisschen aufpassen, dass es nicht<br />
zu sehr Deutschunterricht-Musik wird. Unter<br />
meinen Videos steht manchmal, dass Songs von<br />
mir in der Schule analysiert werden – und Songs<br />
vom Lehrplan mag man doch aus Prinzip nicht.<br />
Deswegen pack ich vielleicht auch immer ein<br />
bisschen Edginess in die Songs.<br />
Du schlüpfst als Schauspielrapper in verschiedenste<br />
Rollen. Denkst du, dass es der Menschheit<br />
gut tun würde, wenn jeder öfter mal aus<br />
anderen Perspektiven auf die Welt schaut?<br />
Auf jeden Fall. Ich lade die Leute ein, die Perspektive<br />
zu wechseln, weil es in verhärteten Streitgesprächen<br />
das ist, was einen dem anderen näherbringt.<br />
Ich finde auch Fernsehformate schön, in<br />
denen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten<br />
zusammengesetzt werden, die sich dann auf einer<br />
menschlichen Ebene kennenlernen – und womöglich<br />
merken, dass sie gar nicht so unterschiedlich<br />
sind. Die es schaffen, die Perspektive des anderen<br />
einzunehmen, ihn zu verstehen – ohne ihre eigene<br />
Sichtweise aufgeben zu müssen.<br />
Wie diskutierst du?<br />
Wenn ich in eine Diskussion gerate, bin ich oft<br />
derjenige, der sich irgendwo in der Mitte ansiedelt<br />
– der gerade bei zwei streitenden Parteien<br />
eine moderierende Rolle annimmt und den roten<br />
Faden hochhält. Was mancher nicht versteht:<br />
Die Position in der Mitte einzunehmen, Grautöne<br />
zu sehen und nicht auf ein Extrem zu springen,<br />
ist nicht immer der leichte Weg. Oft wird<br />
man verwechselt mit jemandem, der sich nicht<br />
positionieren will, weil ihm das unangenehm<br />
wäre. Das ist bei mir nicht der Fall. Ich finde es<br />
uncool, wenn Leute aus Angst vor Anfeindungen<br />
nicht gewillt sind, Farbe zu bekennen. Man sollte<br />
zu seiner Meinung und zu seinem Wesen stehen<br />
– und meinem Wesen entspricht es eben, viele<br />
Seiten sehen zu können. Ins Extreme zu gehen<br />
wäre in meinem Fall unglaubwürdig – aber oft<br />
sind Leute auf diese Verweigerung allergisch. Sie<br />
wollen, dass du A oder B sagst, dass du dich eindeutig<br />
positionierst – sonst bist du am Ende auf<br />
keiner Seite willkommen. Man hat das Gefühl<br />
von Heimatlosigkeit und fühlt sich von allen Seiten<br />
verachtet. Aber die Position in der Mitte entspricht<br />
nun einmal meinem Wesen und ist das<br />
Authentischste, was ich tun kann und bin.<br />
Du hast mal gesagt, dass Kunst keine Wohlfühlzone<br />
sein darf, sondern auch mal kitzeln<br />
muss – aber nicht grundlos. Warum ist dieses<br />
Kitzeln so wichtig?<br />
Naja, muss ... Ich will keine Regeln für Kunst generell<br />
formulieren. Für mich persönlich ist das<br />
Spannende an der Kunst, dass sie mich rausholt<br />
aus normalen Denkmustern – und da bin ich<br />
nicht alleine. Warum investieren Menschen Geld<br />
in Musik & Co.? Wohl auch, weil sie Kind bleiben<br />
und Zugänge zu wilden, absurden Gedankenmustern<br />
behalten wollen, die im Job-Hamsterrad<br />
inmitten von Routinen verloren zu gehen scheinen.<br />
Da kommen wir Künstler ins Spiel. Da können<br />
wir kitzeln und Festgefahrenes lockert sich.<br />
Letzte Frage: Wann kommt endlich „Alligatoah<br />
– das Musical“ raus?<br />
Berechtigte Frage – die Idee ist mir immer schon<br />
sehr, sehr nah. Ich bin Musical-Fan, ich bin Bollywood-Fan,<br />
ich mag den Musik-Film, wo die Handlung<br />
durch Songs unterbrochen wird. Einmal<br />
mehr großer Kitsch, den ich sehr gut finde. Es ist<br />
also nicht unwahrscheinlich, dass es dieses Musical<br />
irgendwann geben wird. Ich wäre dabei.<br />
Mehr auf alligatoah.de, Facebook: Alligatoah,<br />
Instagram: alligatoahinfarbe<br />
Nächste NRW-Termine: 18.11. Westfalenhalle<br />
Dortmund, 20.11. Lanxess Arena Köln<br />
Jetzt Tickets<br />
sichern!<br />
Wo Musik zum fünften<br />
Element wird.<br />
Fr 03.11. – Fr 10.11.<strong>2023</strong><br />
Festival Hilary Hahn & Friends<br />
Die Stargeigerin gestaltet eine ganze<br />
Woche vom Babykonzert bis zum<br />
Solokonzert mit großem Orchester.<br />
So 12.11.<strong>2023</strong><br />
GoGo Penguin<br />
Das Trio an Klavier, Bass und Schlagzeug<br />
vermischt Elektronisches mit Jazz.<br />
Fr 17.11.<strong>2023</strong><br />
Klavierabend Grigory Sokolov<br />
Die Pianistenlegende spielt Werke von<br />
Mozart und Bach.<br />
So 19.11.<strong>2023</strong><br />
Jan Lisiecki & Kammerphilharmonie<br />
Bremen<br />
Tarmo Peltokoski dirigiert Beethoven<br />
und Mozart.<br />
So klingt nur Dortmund.<br />
konzerthaus-dortmund.de<br />
Mi 22.11.<strong>2023</strong><br />
Arienabend Philippe Jaroussky<br />
Der Countertenor hebt vergessene<br />
Schätze des Barock.<br />
Fr 24.11.<strong>2023</strong><br />
Mica Millar<br />
Preisgekrönte Newcomerin des modernen<br />
Soul<br />
Sa 02.12.<strong>2023</strong><br />
Lahav Shani, Pinchas Zukerman<br />
& Bamberger Symphoniker<br />
Bruckner Sinfonie Nr. 7<br />
Fr 15.12.<strong>2023</strong><br />
Adventskonzert Freiburger<br />
Barockorchester<br />
Chorwerke von Bach und Praetorius