6_2023 Leseprobe
Ausgabe 5_2023 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2023</strong><br />
burg der spezifische Methanertrag im<br />
Batch-Gärtest um 1 bis 13 Prozent höher.<br />
Bei überständigem Erntegut von badenwürttembergischen<br />
Streuobstwiesen<br />
konnten sogar Steigerungen des spezifischen<br />
Methanertrages um bis zu 28<br />
Prozent gegenüber der unbehandelten<br />
Kontrolle nachgewiesen werden. „Eine<br />
Desintegration ist immer dann sinnvoll,<br />
wenn die spezifischen Methanerträge<br />
unter 200 l pro kg oTS liegen“, erklärte<br />
Dr. Lemmer. Er machte unmissverständlich<br />
deutlich, dass bei nur rund 1.000 m³<br />
Methanertrag pro Hektar die Wirtschaftlichkeit<br />
bei diesem Inputmaterial in der<br />
Regel nicht gegeben ist – auch nicht mit<br />
Inanspruchnahme diverser Förderprogramme.<br />
Grüne Elektronen und Moleküle<br />
Andreas Weber vom Bundesverband<br />
der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.<br />
(BDEW) referierte über die „Zukünftige<br />
Rolle von Biogas zur Sicherung unserer<br />
Energieversorgung“. „Die Gaswirtschaft<br />
versteht sich als Partner von Politik und<br />
Gesellschaft bei der tiefgreifenden Transformation<br />
der Gasversorgung. Das zukünftige<br />
Energiesystem ist integrativ und resilient.<br />
Es basiert auf „grünen“ Elektronen<br />
und „grünen“ Molekülen, eröffnete er<br />
seinen Vortrag.<br />
Es werde keine reine Elektrifizierung geben.<br />
Es werde grünen Wasserstoff und<br />
Biogas ebenso geben wie erneuerbaren<br />
Strom. Wasserstoff und Biogas seien<br />
elementarer Teil eines solchen Energiesystems.<br />
Eine Erhöhung der Biomethaneinspeisung<br />
in das Gasnetz könne dazu<br />
beitragen, einen Teil der Erdgasimporte<br />
zu ersetzen.<br />
Die EU-Kommission wolle mit der RePowerEU-Strategie<br />
die Abhängigkeit von fossilen<br />
Brennstoffen weiter reduzieren. Dafür<br />
solle die Biomethanerzeugung in Europa<br />
bis 2030 verzehnfacht werden. Dies sei<br />
zwar keine verbindliche Strategie, aber<br />
eine Ausrichtung, aus der sich politische<br />
Prozesse ergeben könnten. Die potenziell<br />
erreichbare Biomethanmenge sieht Weber<br />
bei 100 Terawattstunden, was etwa 10<br />
Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs<br />
entspreche – und dies, ohne den Anbau<br />
von Energiepflanzen zu erhöhen. Die Biomethanproduktion<br />
könne durch ungenutzte<br />
Potenziale von Rest- und Abfallstoffen<br />
ausgeweitet werden.<br />
Biomethan-Strategie notwendig<br />
Weber erwartet aktuell eher eine Stagnation<br />
beim Biomethanzubau. „Es bedarf daher<br />
dringend einer politischen Strategie<br />
und damit verlässlicher Rahmenbedingungen“,<br />
forderte Weber. Der BDEW habe<br />
einen 10-Punkte-Plan für eine nachhaltige<br />
Erhöhung der Biomethaneinspeisung<br />
vorgelegt. Maßnahmen für eine nachhaltige<br />
Erhöhung der Biomethaneinspeisung<br />
sind laut Weber:<br />
a) Eine verlässliche Bestimmung der<br />
zukünftigen Rolle von Biomethan im<br />
Rahmen der geplanten nationalen Biomassestrategie.<br />
b) Dabei sollten ambitionierte, jährliche<br />
Ausbauziele mit Fokus auf Rest- und Abfallstoffe,<br />
Klärgas sowie fortschrittliche<br />
Einsatzstoffe definiert werden.<br />
Die 10 Punkte des BDEW kurz und knapp:<br />
1. Maximale Produktionskapazität von<br />
Biomethan durch Nutzung der technischen<br />
Möglichkeiten bei Bestandsanlagen<br />
dauerhaft erhöhen.<br />
2. Umstellung von der Vor-Ort-Verstromung<br />
auf Biomethanproduktion und<br />
-einspeisung vereinfachen.<br />
3. Realisierungszeiträume durch vereinfachte<br />
und weniger aufwändige Genehmigungsverfahren<br />
verkürzen beim<br />
Neubau von Biomethananlagen.<br />
4. Biomethaneinspeisung in der Gasnetzzugangsverordnung<br />
neu regeln.<br />
5. Die Nachweisführung für die Nachhaltigkeit<br />
und Treibhausgasminderung<br />
vereinfachen.<br />
6. EU-weiten Handel mit Biomethan<br />
ermöglichen.<br />
7. Fördermodell zum Ausbau der Biomethanproduktion<br />
über Carbon Contracts<br />
for Difference (CCfD) einführen.<br />
8. Nutzungsbedingungen für Biomethan<br />
im EEG, KWKG und GEG<br />
verbessern.<br />
9. Die Vergärung von Bioabfällen<br />
inklusive Aufbereitung zu Biomethan<br />
verpflichtend machen.<br />
10. Energetische Biomassenutzung an<br />
Biomethananlagen fördern.<br />
Langfristige Anwendungsmöglichkeiten<br />
von Biomethan sieht der BDEW im nicht<br />
elektrifizierbaren Verbrauch sowie in der<br />
stofflichen Nutzung in Industrie und Mittelstand.<br />
In der chemischen Industrie<br />
könne Biomethan als Rohstoff und wertvoller<br />
Kohlenstoff-Lieferant zum Einsatz<br />
kommen, wie zum Beispiel für eine nachhaltige<br />
Ammoniak- und Wasserstoffherstellung.<br />
Zu Synthesegas umgewandelt<br />
könnten aus Biomethan verschiedene<br />
Basischemikalien entstehen.<br />
Nicht alle Gasleitungen werden<br />
weitergenutzt<br />
Als nicht-elektrifizierbare Bereiche nannte<br />
Weber beispielsweise die Luft- und<br />
Schifffahrt. Wasserstoff, Bio-CNG und<br />
Bio-LNG sowie Derivate davon würden als<br />
alternative Kraftstoffe eine unverzichtbare<br />
Rolle spielen. Darüber hinaus sei<br />
Biomethan wichtig zur Absicherung der<br />
Wärme- und Stromversorgung. Wie der<br />
BDEW-Mitarbeiter ausführte, kann die<br />
Gasinfrastruktur wie folgt transformiert<br />
werden: „Die Gasinfrastrukturen, über<br />
die heute vorwiegend Erdgas transportiert<br />
wird, bilden die Basis für die zukünftige<br />
klimaneutrale Gasversorgung. Deren notwendige<br />
Transformation besteht aus vier<br />
Komponenten:<br />
1. Herstellung der Wasserstoff-Readiness<br />
und Umstellen bestehender Infrastrukturen<br />
auf Wasserstoff.<br />
2. Bau neuer Wasserstoff-Infrastrukturen.<br />
3. Weiternutzung bestehender Infrastrukturen<br />
mit Biomethan.<br />
4. Stilllegung von Infrastrukturen, wo<br />
Gasanwendungen vollständig durch<br />
Elektrifizierung oder Wärmenetze<br />
ersetzt werden.“<br />
Wofür grüne Gase zukünftig konkret eingesetzt<br />
werden und in welchen Mengen,<br />
sei heute in Teilen noch unklar. Es gibt<br />
erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich<br />
technologischer, wirtschaftlicher, geopolitischer<br />
und gesellschaftlicher Entwicklungen.<br />
Wegen dieser Unwägbarkeiten sei<br />
eine resiliente Gestaltung der Energiewende<br />
notwendig.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
0 54 09/90 69 426<br />
martin.bensmann@biogas.org<br />
www.biogas.org<br />
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