Lathener Blättken Ausgabe 6
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Erna de Vries<br />
Ehrenbürgerin der Gemeinde Lathen, Trägerin des<br />
Bundesverdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland<br />
„Du wirst überleben und erzählen, was mit uns geschehen ist.“ Das waren<br />
die letzten Worte, die Erna de Vries als 19-jährige von ihrer Mutter<br />
auf der Lagerstraße im Konzentrationslager Auschwitz hörte. Sie hat<br />
ihre Mutter nie wieder gesehen. Bis zu ihrem letzten Tage kämpfte<br />
sie dafür, dass die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte nicht in<br />
Vergessenheit gerät.<br />
Die jüdische Mitbürgerin wurde 1923 in Kaiserlautern als Erna Korn<br />
geboren. Ihr Vater war evangelischer Christ, ihre Mutter Jüdin. Bis<br />
1937 besuchte sie die Franziskanerschule, eine private katholische<br />
Mädchenschule, danach eine jüdische Sonderklasse in Kaiserslautern.<br />
Nach der Pogromnacht 1938 war jüdischen Kindern ein Schulbesuch<br />
in Kaiserslautern überhaupt nicht mehr möglich. Im Frühjahr 1939<br />
kam sie nach Köln und arbeitete zunächst in einem jüdischen<br />
Altenheim im Bereich Hauswirtschaft. 1941 übernahm sie eine<br />
Tätigkeit in der Krankenpflege.<br />
Im Juli 1943 wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter in das<br />
Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Zusammen mit etwa<br />
700 weiteren Frauen wurde sie selektiert und im Todesblock<br />
untergebracht. Ein SS-Mann nahm Erna Korn und ein weiteres<br />
Mädchen aus der Gruppe heraus, kurz bevor die Frauengruppe auf die<br />
bereits vorfahrenden Lastwagen zur Vergasung getrieben wurde. Auf<br />
diesem Wege gelangte das Mädchen nach Ravensbrück. Ihre Mutter<br />
hat sie nie wieder gesehen - sie wurde am 08.11.1943 ermordet.<br />
Nach dem Krieg lernte Erna Korn 1947 in Köln ihren späteren<br />
Ehemann Josef de Vries kennen. Sie wohnten zunächst an der<br />
Bahnhofstraße in Lathen. 1951 errichtete die Familie ein Wohnhaus<br />
an der Hauptstraße. 1978 bezog Frau de Vries ein neues Haus an der<br />
Großen Straße, in dem sie bis zu ihrem letzten Tage lebte. Ihr Mann<br />
Josef starb 1981.<br />
Für ihr Engagement gegen das Vergessen verlieh ihr die Gemeinde<br />
Lathen 2004 die Ehrenbürgerschaft. Im März 2006 erhielt sie<br />
die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland, und am<br />
24.10.2014 wurde ihr für ihre Verdienste um die Aussöhnung in der<br />
Gesellschaft das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.<br />
Erna de Vries gab den Anstoß dazu, in Lathen einen Gedenkstein zur<br />
Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht aufzustellen und<br />
auch die Grund- und Oberschule wurde nach ihr benannt.<br />
Am 21. Oktober 2023 wäre Erna de Vries 100 Jahre alt geworden.<br />
Mit ihr hat die SG Lathen eine bedeutende Persönlichkeit verloren.<br />
Die Samtgemeinde Lathen wird ihr ein ehrendes Andenken<br />
bewahren.<br />
26 <strong>Lathener</strong> <strong>Blättken</strong> | <strong>Ausgabe</strong> 6 · 2023