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RECHNUNGSLEGUNG<br />
IFRS Update:<br />
Bilanzierung von langfristigen<br />
Stromlieferverträgen<br />
Die Bilanzierung von langfristigen Stromlieferverträgen bzw. deren Ausgestaltung<br />
bringt oft eine Vielzahl an komplexen Fragen mit sich, mit meist auch wesentlichen<br />
Auswirkungen auf die Bilanz und Erfolgsrechnung. Eine frühzeitige Einbindung von<br />
Fachleuten im Accounting ist dabei unabdingbar.<br />
Frederik Schmachtenberg I Tim Rau<br />
Langfristige Stromlieferverträge, in der Praxis<br />
oft auch Power Purchase Agreements (PPAs)<br />
genannt, sind Vereinbarungen zwischen<br />
einem Stromerzeuger und einem Unternehmen,<br />
bei denen der Erzeuger sich verpflichtet,<br />
eine bestimmte Menge an Strom zu<br />
einem festgelegten Preis über einen längeren<br />
Zeitraum zu liefern, während das Unternehmen<br />
zur Abnahme der fest gelegten Menge<br />
zum fixierten Preis vertraglich verpflichtet ist.<br />
Dabei können solche Verträge grundsätzlich<br />
für jede Art von Unternehmen mit Stromverbrauch<br />
von Interesse sein. Insbesondere vor<br />
dem Hinter grund, dass immer mehr Unternehmen<br />
Strom aus nach weislich erneuerbaren<br />
Energiequellen beziehen wollen, haben<br />
PPAs erheblich an Bedeutung gewonnen.<br />
Sie bieten dem Abnehmer Planungssicherheit<br />
in Bezug auf die lang fristigen<br />
Energiekosten und einen verlässlichen<br />
Zugang zu erneuerbaren Energien. Oftmals<br />
sind entsprechende Nachweise, sogenannte<br />
« Renewable Energy Certificates» (REC),<br />
Teil des Vertrags und werden vom Stromproduzenten<br />
mit geliefert. Diese REC werden<br />
von den Unternehmen dann in der<br />
Regel als Nachweis in der CO 2<br />
-Bilanzierung<br />
ver wendet. Aber auch die Stromproduzenten<br />
profitieren von Planungssicherheit und<br />
können mit Hilfe von PPAs die Produktionsanlagen<br />
mit einer stabilen und planbaren<br />
Rendite betreiben.<br />
«Die Bilanzierung von langfristigen Stromlieferverträgen<br />
bzw. deren Ausgestaltung bringt oft eine<br />
Vielzahl an komplexen Fragen mit sich, mit meist auch<br />
wesentlichen Auswirkungen auf die Bilanz und Erfolgsrechnung.»<br />
Bilanzierung von langfristigen<br />
Stromlieferverträgen unter IFRS<br />
Die Bilanzierung langfristiger Stromlieferverträge<br />
unter IFRS ist komplex. Um<br />
eine korrekte bilanzielle Abbildung zu<br />
gewährleisten, müssen die meist individuell<br />
ausgestalteten Verträge genau analysiert<br />
werden und verschiedene Aspekte berücksichtigt<br />
werden. Im Folgenden wird auf eine<br />
Auswahl von bilanziellen Herausforderungen<br />
für den Stromabnehmer in diesem Zusammenhang<br />
eingegangen:<br />
1. Art des Vertrags<br />
Grundsätzlich werden zwei Arten von PPAs<br />
unterschieden:<br />
Bei physischen PPAs verpflichtet sich der<br />
Stromerzeuger, den Strom physisch an den<br />
Abnehmer zu liefern. Die Lieferung erfolgt<br />
dabei gegen Bezahlung der bezogenen<br />
Strommenge, welche ebenfalls im Vertrag<br />
definiert ist. Die physische Lieferung erfolgt<br />
entweder «on-site», was eine direkte<br />
räumliche Nähe von Erzeugung und Verbrauch<br />
voraussetzt, oder «off-site» über die<br />
Einspeisung in ein definiertes Stromnetz.<br />
Virtuelle PPAs ermöglichen die Entkopplung<br />
von physischen Stromflüssen und finanziellen<br />
Geldflüssen. Eine direkte physische Lieferung<br />
findet bei diesen Verträgen nicht statt.<br />
Der Strom erzeuger produziert die vereinbarte<br />
Menge an Strom und speist diese dann zu<br />
Spotpreisen in das lokale Stromnetz ein. Der<br />
Stromverbraucher bezieht den Strom aus<br />
seinem lokalen Netz und zahlt dafür ebenfalls<br />
den Spotpreis. Vertraglich vereinbaren<br />
beide Parteien, dass der Stromverbraucher<br />
dem Stromproduzenten einen fixen Preis pro<br />
Megawattstunde zahlt und dafür den Spotpreis<br />
erhält. Die Abrechnung erfolgt dabei<br />
über die Nettodifferenz zwischen Spot- und<br />
Fixpreis. Beim virtuellen PPA handelt es sich<br />
somit um ein rein finanzielles Produkt.<br />
2. Klassifizierung<br />
Die Klassifizierung eines PPAs ist abhängig<br />
von der Art des Vertrages und der spezifischen<br />
Vertrags ausgestaltung. So kann<br />
ein PPA unter Umständen als Leasingvertrag<br />
nach IFRS 16 Leasingverhältnisse gelten,<br />
sofern der Stromabnehmer Kontrolle<br />
über die im Vertrag definierten Anlagen<br />
hat. Häufiger jedoch wird es um die Frage<br />
gehen, ob ein derivatives Finanzinstrument<br />
12 <strong>veb</strong>.ch | <strong>Standard</strong> 4 I 2023