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BIBER 12_23 Fertig

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DER TEXT IST IN DER DEZEMBER-<br />

AUSGABE 2010 ERSCHIENEN.<br />

Fun Fact: Dieser<br />

Artikel ist bis heute der<br />

meistgeklickte Beitrag<br />

auf dasbiber.at.<br />

Dem Koran nach hat Sexualität einen<br />

großen Stellenwert im Islam. Ran darf<br />

man aber erst, wenn man verheiratet<br />

ist. Junge Muslime erzählen über ihre<br />

Gratwanderung zwischen frommer<br />

Tradition und dem Bedürfnis nach Lust.<br />

Von Anna Thalhammer und Linda Say, Collage: Zoe Opratko<br />

Sex und Islam – diese zwei Wörter in einem Satz zu<br />

verwenden ist schon hochexplosives Material und<br />

die Recherche zu diesem Artikel spiegelt das Dilemma<br />

wider, in dem sich junge Muslime befinden. „Das<br />

könnt ihr nicht drucken, ihr werdet alle Leser verlieren, denn<br />

darüber spricht man nicht“, wurde uns gesagt. Jemanden zum<br />

Reden zu bringen war nicht so einfach, denn die Angst erkannt<br />

zu werden, war groß. Dennoch dauerte jedes einzelne Interview<br />

mehr als eine Stunde und von vielen hörten wir „Ich bin<br />

so froh endlich einmal darüber reden zu können.“ Die Namen<br />

der Protagonisten wurden von der Redaktion geändert.<br />

MEHR ALS NUR SEX<br />

„Über Sex in dem Sinn habe ich mit meinen Eltern nie gesprochen.<br />

Nur, dass das Jungfernhäutchen bis zur Hochzeit nicht<br />

kaputt werden darf, das wurde mir eingebläut.“ Dunja ist 26<br />

Jahre alt, kommt aus dem Iran und ist in einer traditionellen<br />

muslimischen Familie groß geworden. Ihre Mutter, eine von vielen,<br />

„die es auch so erlebt hatten“, hat ihre Tochter nach eben<br />

diesen traditionellen Wertvorstellungen erzogen, die aber nicht<br />

unbedingt in Dunjas Welt passen.<br />

So lebt sie wie viele ihrer muslimischen Freunde in einer<br />

Doppelwelt zwischen überholten Moralvorstellungen und Löffelchenstellung.<br />

„Es geht nicht nur darum, dass ich keinen Sex<br />

haben darf. Den hatte ich schon mit 16. Das Problem ist viel<br />

tiefgreifender und dringt in etliche Bereiche des Lebens ein:<br />

ich durfte nie reiten, o.b. hab’ ich immer heimlich verwendet<br />

und die unbenutzten Binden in den Mistkübel geworfen. Reisen<br />

konnte ich nie. Jetzt lebe ich mit meinem Freund zusammen<br />

und hab ein Alibi-Zimmer in einem Mädchenstudentenheim. Ich<br />

habe mich nicht an ein sexloses Leben vor der Ehe gehalten<br />

und mir ist das bisschen Haut wurscht. Die Ehre einer Frau liegt<br />

nicht zwischen ihren Beinen. Aber vielen meiner Freundinnen<br />

ist das ganz wichtig. Sie haben dann eben Analsex, damit<br />

nichts passiert. Ich und viele andere führen ein ständiges Doppelleben,<br />

das aus einem Konstrukt von Lügen besteht.“<br />

Gerne würde Dunja mit ihren Eltern ihre Gefühle teilen und<br />

ihnen auch ihren Freund vorstellen, der das Versteckspiel seit<br />

Jahren mitspielt.<br />

„Aber für sie würde eine Welt einstürzen. Ich möchte das<br />

gute Verhältnis nicht gefährden“, sagt die schöne Perserin und<br />

zuckt ratlos mit den Schultern<br />

KEINE REINE FRAUENSACHE<br />

Wir treffen ein junges muslimisches Pärchen im Caféhaus, das<br />

während des Gesprächs nicht die Finger voneinander lassen<br />

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