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vznews, Deutschland, Januar 2024 Ausgabe 73

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Seite 4 vz news <strong>73</strong> / <strong>Januar</strong> <strong>2024</strong><br />

MEINUNGEN<br />

„Fehlendes<br />

Finanzwissen<br />

ist fatal“<br />

Carmela Aprea ist Professorin für Wirtschaftspädagogik.<br />

Ihre Studien zeigen, dass viele Menschen in <strong>Deutschland</strong><br />

zu wenig über Finanzen wissen und deshalb beim<br />

Anlegen gravierende Fehler machen.<br />

Carmela Aprea, Professorin für Wirtschaftspädagogik, Universität Mannheim<br />

© ZVG<br />

Frau Professor Aprea, Sie forschen<br />

seit Jahren zur Wirtschaftsbildung<br />

in <strong>Deutschland</strong>. Wie steht es um das<br />

Finanzwissen der Deutschen?<br />

Es steht leider nicht zum Besten. In<br />

der Schule wird kaum Finanzwissen vermittelt:<br />

Statt zu erfahren, wie die Börse<br />

funktioniert, müssen 16-Jährige die<br />

Organisationsstruktur des IWF lernen.<br />

Um Geld sinnvoll anzulegen, braucht<br />

es aber fundierte Kenntnisse. Weil dieses<br />

Wissen fehlt, passieren viele Fehler,<br />

die gravierende Folgen haben.<br />

„Wer die Kapitalmärkte<br />

verstehen will, muss<br />

sich Zeit nehmen.“<br />

Welche Fehler beobachten Sie<br />

bei der Geldanlage und der Altersvorsorge<br />

besonders oft?<br />

Unsere Studien zeigen, dass sich<br />

Frauen und Männer signifikant unterscheiden,<br />

was das Anlageverhalten angeht.<br />

Viele Männer neigen dazu, ihr<br />

Wissen zu überschätzen und zu hohe<br />

Risiken einzugehen. Frauen dagegen<br />

unterschätzen sich oft und trauen sich<br />

gar nicht erst an das Thema heran.<br />

Beides ist fatal.<br />

Was sind die Folgen?<br />

Viele Anleger kaufen und verkaufen<br />

Wertpapiere aus einem Bauchgefühl<br />

heraus, das sich oft als falsch herausstellt.<br />

Deshalb verlieren sie Geld. Auch<br />

viele Berater handeln fragwürdig: Zum<br />

Beispiel werden 18-Jährige überredet,<br />

Lebensversicherungen oder Bausparverträge<br />

abzuschließen. Wer sich nicht auskennt,<br />

unterschreibt, ohne die Tragweite<br />

seiner Entscheidung zu kennen.<br />

Wie kann man es besser machen?<br />

Wer die Kapitalmärkte verstehen<br />

will, muss sich Zeit nehmen, anders<br />

geht es nicht. Ein Kurs an einer<br />

Volkshochschule mit anschließendem<br />

Selbststudium kann ein guter Weg<br />

sein. Die Auswahl an Finanzprodukten<br />

ist riesig und viele dieser Produkte<br />

sind sehr komplex. Auch mit finanziellem<br />

Basiswissen sind sie oft nicht zu<br />

verstehen. Aber zumindest kann man<br />

dann einschätzen, ob das Verhältnis<br />

zwischen Chancen und Risiken passt.<br />

Das klingt aufwendig …<br />

Ich respektiere es, wenn jemand<br />

sagt, er habe keinen Kopf für Finanzen.<br />

Wer seinen Lebensstandard im<br />

Alter aufrechterhalten möchte, kommt<br />

aber nicht darum herum, heute etwas<br />

dafür zu tun.<br />

Was raten Sie Menschen, die Geld<br />

langfristig anlegen möchten?<br />

Wenden Sie sich an verlässliche<br />

Experten. Das sind nicht unbedingt<br />

diejenigen, bei denen eine Beratung<br />

nichts kostet. Ich würde es so machen<br />

wie bei einer komplizierten Erkrankung:<br />

Erstens meinen Hausarzt fragen<br />

und zweitens die Meinung eines anderen<br />

Arztes einholen. Genauso sinnvoll<br />

ist es, bei der Geldanlage und der Altersvorsorge<br />

einen unabhängigen Finanzexperten<br />

mit einzubeziehen, statt<br />

blind dem Berater der Hausbank zu<br />

vertrauen. Am besten stellen Sie beiden<br />

Beratern dieselben Fragen. Dann<br />

können Sie besser vergleichen.<br />

ZUR PERSON<br />

Carmela Aprea ist seit 2018<br />

Professorin für Wirtschaftspädagogik<br />

an der Universität<br />

Mannheim. Gemeinsam mit Professorin<br />

Tabea Bucher-Koenen<br />

leitet sie darüber hinaus das<br />

Mannheim Institute for Financial<br />

Education. Zuvor war sie unter<br />

anderem Professorin für Wirtschafts<br />

pädagogik in Jena sowie<br />

Professorin für Berufsbildungsforschung<br />

im schweizerischen<br />

Lugano.

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