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SPEZIAL LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT<br />
Quelle: David Mottes<br />
Schafe als Landschaftspfleger<br />
SIE SIND KAUM ZU ÜBERSEHEN, DIE ÜBER 150 SCHAFE, DIE SEIT ENDE DEZEMBER IM UNTERLAND ENTLANG DES ETSCH-<br />
DAMMS WEIDEN. DABEI HANDELT ES SICH UM EIN PILOTPROJEKT ZUR DAMMPFLEGE: TIERE STATT MASCHINEN SOZUSAGEN.<br />
Wer letzthin im Unterland entlang des Etschdamms spazieren<br />
war, der könnte eine tierische Begegnung gemacht haben: Eine<br />
Herde Schafe ist auf der orografisch rechten Seite der Etsch unterwegs,<br />
auf der gegenüberliegenden Seite des Radwegs also. <strong>Die</strong> 150<br />
Tiere grasen am Etschdamm. Gestartet sind sie Ende Dezember<br />
in Salurn. „Wir ziehen Richtung Norden, immer dem Futter nach”,<br />
erklärt Daniel Paratscha, der die Tiere gemeinsam mit seiner<br />
Partnerin Sandra Hofer hütet. <strong>Die</strong> meisten der 150 Schafe sind<br />
Villnösser Brillenschafe, mit ihnen ziehen zwölf Ziegen, zehn<br />
Hunde und ein Esel. „Der trägt Gepäck oder die jungen Lämmer<br />
in einer Satteltasche, wenn es ihnen zwischendurch zu anstrengend<br />
ist“, erklärt Sandra Hofer. <strong>Die</strong> 32-Jährige stammt aus Klausen, hat<br />
eigentlich Betriebswirtschaft studiert und ist erst vor einem Jahr<br />
durch ihren Freund zur Hirtin geworden. Daniel Paratscha aus<br />
Stern im Gadertal ist 36 Jahre alt und seit zwölf Jahren als Hirte<br />
auf verschiedenen Almen unterwegs. Dass das Paar mit seiner<br />
Herde nun am Etschdamm weiden darf, ist einem Pilotprojekt zu<br />
verdanken, das gemeinsam mit dem Landesamt für Wildbachverbauung<br />
Süd ins Leben gerufen wurde.<br />
GRASEN ALS DAMMPFLEGE<br />
„Wir beweiden von Dezember bis zum Sommerbeginn Ende Mai<br />
den Etschdamm mit unseren Tieren, wir machen eine sogenannte<br />
Winterweide“, erklärt Hofer, „danach gehts für die Tiere auf die<br />
Alm.” Da es im Etschtal sehr mild sei, gebe es auch im Winter<br />
genügend zu fressen. Für Trinkwasser sorgt die Etsch. „Und wenn<br />
es mal schneit, füttern wir Heu. Außerdem bekommen die Tiere<br />
auch Kraftfutter“, so die Hirtin. Engpässe habe es bislang noch<br />
keine gegeben. Eigentlich hätte die Herde lediglich zwischen Salurn<br />
und Pfatten unterwegs sein sollen, mittlerweile ist sie aber weiter<br />
Richtung Norden gezogen: „<strong>Die</strong> Schafe haben alles abgegrast.<br />
Deshalb wird das Projekt nun bis nach Lana ausgeweitet.” <strong>Die</strong><br />
Beweidung der Dämme durch Schafe bringt mehreren Studien<br />
zufolge Vorteile mit sich: Durch das Kurzhalten der Grasnarbe<br />
sorgen die Tiere dafür, dass sich das Wurzelgeflecht der Gräser<br />
verdichtet. Außerdem transportieren Schafe in ihrem Fell Samen<br />
und Arten und können für mehr Biodiversität sorgen. „Vor allem<br />
aber soll der ‚goldene Tritt‘ der leichten Schafe zur Verfestigung<br />
des Dammes beitragen“, weiß Hirtin Sandra Hofer. In Deutschland<br />
etwa wird diese schonende und ökologische Methode der Uferpflege<br />
vor allem an den Deichen der Nordseeküste erfolgreich eingesetzt.<br />
NEUE WEIDEFLÄCHEN<br />
Nun ist diese Art der Dammpflege also auch in Südtirol angekommen,<br />
doch leicht war es nicht, es gab Verzögerungen durch<br />
bürokratische Hürden. „Weil in Südtirol die Wanderweidewirtschaft<br />
verboten ist, mussten erst einige Anpassungen gemacht werden“,<br />
erklärt Sandra Hofer. So musste etwa erst ein Weidekodex für<br />
die zu beweidenden Flächen entlang des Etschdamms erstellt<br />
werden. Über mehrere Gemeindegrenzen hinweg wurden neue<br />
Weideflächen ausgewiesen. Außerdem mussten die Schafe gegen<br />
die Blauzungenkrankheit geimpft werden, die Ziegen wurden auf<br />
das CAE-Virus getestet.<br />
SCHUTZ VOR WÖLFEN<br />
Wenn es Nacht wird, treiben Hirten und Hirtenhunde die Tiere<br />
in einen elektrisch gesicherten Nachtpferch. <strong>Die</strong> fünf Herdenschutzhunde<br />
sorgen für ihren Schutz, und zwar vor Wildtieren. „Man hofft,<br />
dass nichts passiert, aber man kann nie wissen. Raubtiere ziehen<br />
auch durch die Täler“, weiß Daniel Paratscha. „Bis jetzt hatten wir<br />
48 // JÄNNER/FEBRUAR <strong>2024</strong>