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RegionalSport - 15.02.2024

Das Sportmagazin im Norden

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Hamburger SV<br />

Zweieinhalb Jahre begeisternder Fußball:<br />

Das machte den HSV unter Walter aus – Defensivprobleme nahmen zuletzt überhand<br />

Daran scheiterte Tim Walter beim HSV<br />

Die kritischen Stimmen<br />

wurden am Wochenende<br />

nach der 3:4-Heimniederlage<br />

gegen Hannover 96 immer<br />

lauter, am Montag folgte dann<br />

die Verkündung mit einem<br />

Paukenschlag: Trainer Tim<br />

Walter wird gemeinsam mit<br />

seinen Co-Trainern Julian<br />

Hübner und Filip Tapalovic<br />

freigestellt.<br />

Zweieinhalb Jahre begeisterte<br />

der HSV mit seinem spektakulären<br />

Offensivfußball die Stadt.<br />

Nicht grundlos strömten die<br />

Fans wieder in Scharen ins Stadion,<br />

um ihre Mannschaft anzufeuern.<br />

Walter hat die Mannschaft<br />

und die Fans geeint und<br />

sich auch in schweren Zeiten<br />

schützend vor sein Team gestellt.<br />

Zweimal wurde der Aufstieg<br />

in der Relegation verpasst,<br />

einmal ging es ins DFB-Pokal-<br />

Halbfinale, doch dann war es<br />

nach 956 Tagen vorbei.<br />

„Die Entscheidung ist mir definitiv<br />

nicht leichtgefallen. Wir<br />

haben hier in den letzten zweieinhalb<br />

Jahren einiges aufgebaut<br />

und in der Stadt sowie bei<br />

den Menschen eine neue Euphorie<br />

entfacht. Diesen Weg,<br />

den wir eingeschlagen haben,<br />

wollten wir nicht einreißen lassen.<br />

Wir haben die Gefahr gesehen,<br />

dass das ein Stück aus dem<br />

Ruder läuft und haben uns deswegen<br />

zum Handeln gezwungen<br />

gesehen“, erklärte Sportvorstand<br />

Jonas Boldt auf der Pressekonferenz<br />

am Montag.<br />

Drei Heimniederlagen in Folge,<br />

dazu nur sechs Punkte und<br />

neun Gegentore aus den jüngsten<br />

vier Spielen nach der Winterpause.<br />

Entsprechend ratlos<br />

wirkte Walter auf der Pressekonferenz<br />

nach der 3:4-Niederlage<br />

gegen Hannover am Freitag<br />

– genauso wie seine Spieler. Deren<br />

Unterstützung, Walters<br />

Faustpfand, hatte er noch immer<br />

in der Hand. „Es gibt keinen<br />

Spieler, der gesagt hat: Der<br />

Trainer muss weg. Ich habe eine<br />

Verunsicherung in der Mannschaft<br />

gespürt, die deutlich größer<br />

war als zuvor, wo wir auch<br />

Spiele verloren haben und<br />

schwierigere Situationen hatten.<br />

Es ist eine unnötige Situation,<br />

die wir uns selbst schwer<br />

gemacht haben. Die Überzeugung,<br />

dass wir den Karren umdrehen,<br />

habe ich zuletzt nicht<br />

mehr gespürt“, führte Boldt<br />

aus.<br />

Am Ende war es zu einfach,<br />

dass Walter extern häufig die<br />

individuellen Fehler seiner<br />

Spieler monierte, obwohl die<br />

Defensive zu selten stabil stand.<br />

Über die drei Spielzeiten stieg<br />

der Gegentorschnitt pro Spiel<br />

von 1,03 über 1,32 auf 1,48. Das<br />

zu verbessern war der klare<br />

Auftrag in der Winterpause –<br />

und Walter scheiterte ausgerechnet<br />

im eigenen Stadion krachend<br />

daran. „Wir haben beim<br />

Auftakt auf Schalke gezeigt,<br />

dass das gar nicht so große Themen<br />

sind, die wir anpassen<br />

müssen. Wir krempeln nicht alles<br />

um, sondern bauen mit den<br />

Leuten, die da sind, darauf auf,<br />

damit wir das Potenzial wieder<br />

auf die Straße bringen und Ruhe<br />

und Stabilität reinbringen“,<br />

blickte Boldt auf die Zukunft –<br />

in der am Saisonende die Bundesliga-Rückkehr<br />

stehen soll.<br />

Abschied: Tim Walter stand<br />

gegen Hannover 96 das<br />

letzte als verantwortlicher<br />

Cheftrainer an der Linie.<br />

Am Sonntag wurde ihm die<br />

Freistellung mitgeteilt.<br />

Foto: Ruhnke<br />

Das Fundament dafür hätte<br />

dann auch Tim Walter gelegt<br />

(Sebastian Nieden)<br />

Kommentar von Sebastian Nieden zur Beurlaubung von Trainer Tim Walter:<br />

Jonas Boldt hat sich verzockt<br />

Die Töne von Jonas Boldt waren<br />

in der Pressekonferenz am<br />

Montag selbstkritisch. Zurecht:<br />

Es ist keine zwei Monate her,<br />

da sprach sich der Sportvorstand<br />

noch - entgegen interner<br />

Bedenken - für eine Weiterbeschäftigung<br />

von Tim Walter<br />

aus.<br />

Dass nach nur vier Spielen die<br />

Rolle rückwärts folgte, gefährdet<br />

das gesamte Saisonziel. Unantastbar<br />

war Walter schon im<br />

Winter nicht. Wenn Boldt von<br />

dem gemeinsamen Aufstieg<br />

überzeugt gewesen wäre, hätte<br />

er es bis zum Saisonende<br />

durchziehen sollen. Schon klar:<br />

Nach zwei 3:4-Niederlagen im<br />

eigenen Stadion am Trainer<br />

festzuhalten, ist schwer begründbar.<br />

Doch bei entsprechenden<br />

Zweifeln an einer Weiterentwicklung,<br />

hätte die Trennung<br />

konsequenterweise vor<br />

Weihnachten erfolgen müssen.<br />

Denn so raubt Boldt einem<br />

Nachfolger die wichtige Vorbereitungszeit<br />

in der Winterpause.<br />

Im Nachhinein ist man immer<br />

schlauer. Doch die Hoffnung,<br />

dass Walter in wenigen<br />

Wochen seinen Spielstil anpasst<br />

– den er schon in Stuttgart<br />

und Kiel durchzog und der ihm<br />

beim VfB den Job kostete – war<br />

utopisch. Mit Merlin Polzin<br />

und Pit Reimers hat der HSV<br />

zwei junge Trainertalente in seinen<br />

Reihen, die beide das Zeug<br />

zum Cheftrainer haben – auch<br />

ein junges, dynamisches Duo<br />

sollte möglich sein. Mit Überzeugung<br />

den eigenen Weg der<br />

Nachwuchsförderung zu gehen,<br />

wäre ein starkes Zeichen – und<br />

im Gegensatz zu einem größeren<br />

externen Namen die zu bevorzugende<br />

Lösung. Sonst besteht<br />

das Risiko, dass Boldt seine<br />

gute und überlegte Arbeit<br />

beim HSV zunichte macht.<br />

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