TRENDYone | Das Magazin – Ulm – März 2024

M12 Wirtschaft & Politik
Chris Kolonko
Travestiekünstler
„Ich persönlich habe nie Erfahrungen
mit Ausgrenzung machen müssen,
was meine Person angeht. Gegen
Vorurteile meiner sexuellen Orientierung
konnte ich stets mit Argumenten
und einem nicht provozierenden Auftreten
entgegenwirken. Von Anfang
an habe ich bei den Mitschülern, von
denen schon damals viele aus der Türkei
stammten, eingebracht und habe
immer eine Neugier auch von deren
Seite empfunden. Wir haben voneinander
gelernt. So konnte ich auch eine
Ausgrenzung meinerseits bei ausländischen
Mitbürgern umgehen. Mich
beunruhigt das Verhalten einiger Parteien
und deren Aussagen. Wir sollten
stolz sein, in einer Demokratie zu
leben, müssen aber auch darauf achten,
dass diese erhalten bleibt. Angst
ist ein Nährboden für Hetze, wenn
dann noch Verzweiflung und Wut im
Menschen aufkommen, werden Tatsachen
oft verdreht und führen zu
einer falschen Meinungsbildung. Es
gibt so viele positive Beispiele bei Mitbürgern,
die aus Flüchtlingsverhältnissen
kommen, diese werden aber eben
zu selten gesehen. Wer aus der Angst
heraus reagiert und agiert, dass ihm
jemand etwas wegnimmt, wird nie gerecht
handeln. Ich bewege mich viel in
der Welt und bekomme dadurch vielleicht
ein anderes Gefühl zu fremden
Gegebenheiten und Sitten als andere
Menschen. Wenn wir neugierig sind
und nicht nur ablehnend reagieren,
bekommen wir einen anderen Blick auf
alles, was uns fremd erscheint. Egal, ob
das eine sexuelle Orientierung ist, ein
ungewohntes Verhalten, eine Hautfarbe
oder eine fremde Staatsangehörigkeit.
Nur Neues kann bereichern! Ich
arbeite das ganze Jahr mit allen möglichen
Nationalitäten zusammen und
das oft auf recht engem Raum, wie
beispielsweise auf Kreuzfahrtschiffen.
Dort gibt es einen Kapitän und es gibt
Regeln, an die sich jeder zu halten hat.
Unsere Regierung in Deutschland gibt
uns leider das Gefühl, dass der Kapitän
nicht mehr so wirklich das Ruder in der
Hand hat, uns nicht mehr vor den bösen
Piraten schützt. So kommt es zur
Meuterei und Panik. In dieser Panik
fallen falsche Entscheidungen und geben
denen Gehör, die brüllen und eine
vorgetäuschte Sicherheit versprechen.
Hoffentlich lernen wir endlich aus der
Geschichte.“
GEGEN VORURTEILE MEINER
SEXUELLEN
ORIENTIERUNG KONNTE ICH
MIT ARGUMENTEN ENT-
GEGENWIRKEN!