Leben mit Tabus
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16<br />
CED<br />
instagram.com/<br />
liebesklang<br />
„Ihr seid nicht allein“<br />
Mehr als 320.000 Menschen in Deutschland leiden an den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen<br />
(CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Dennoch wissen viele Menschen<br />
nichts oder nur wenig darüber, das Thema wird trotz der hohen Zahl an Betroffenen<br />
häufig tabuisiert. Saskia hat eine CED. Im Interview erzählt sie ihre Geschichte.<br />
Redaktion Emma Howe<br />
Erkrankungen des Darms sind Tabuthemen.<br />
Warum ist das Ihrer Meinung nach so?<br />
Seit ich Mutter geworden bin, frage ich mich<br />
das sogar noch mehr. Bei Babys freuen wir uns<br />
über jeden Pups, da<strong>mit</strong> die kleinen Wesen sich<br />
nicht quälen. Ab einem gewissen Alter aber<br />
fängt die Gesellschaft an, uns beizubringen,<br />
dass Pupsen „iiih“ ist und man das bloß an<br />
einem stillen Ort zu machen hat. So<strong>mit</strong> wird<br />
uns als Kind schon suggeriert, dass das Thema<br />
Verdauung etwas ist, wofür man sich schämen<br />
muss. Dabei ist es das Natürlichste der Welt.<br />
Sie selbst leiden seit Ihrem 16. <strong>Leben</strong>sjahr<br />
an einer Darmerkrankung. Bitte klären Sie<br />
uns auf.<br />
Ich habe Morbus Crohn. Das ist eine chronisch-entzündliche<br />
Darmerkrankung und<br />
bedeutet, dass der Magen-Darm-Trakt sich<br />
immer wieder entzündet. Die Erkrankung<br />
verläuft in Schüben, was sie unberechenbar<br />
macht. Von heute auf morgen kann sich der<br />
Gesundheitszustand rapide ändern. Bei mir<br />
fing es <strong>mit</strong> Schleim im Stuhl an, dann kam Blut<br />
hinzu und ich ging zum Arzt.<br />
Der stellte jedoch eine andere Diagnose.<br />
Ja, zuerst bekam ich die Diagnose Colitis ulcerosa.<br />
Da ich anfangs keinerlei Schmerzen hatte<br />
und absolut nicht wusste, was diese Erkrankung<br />
<strong>mit</strong> einem machen kann, machte mir die<br />
Diagnose zunächst keine Sorgen. Ich dachte,<br />
<strong>mit</strong> ein bisschen Blut im Stuhlgang kann man<br />
irgendwie schon leben.<br />
Doch es blieb nicht dabei.<br />
Leider schlugen die Medikamente, die ich<br />
nehmen musste, nicht richtig an und mein<br />
Gesundheitszustand verschlechterte sich<br />
enorm. Ich hatte unerträgliche Schmerzen,<br />
die täglich schlimmer wurden. Nach der Entfernung<br />
meines Dickdarms erhielt ich die Diagnose<br />
Morbus Crohn. Ich war inzwischen 17<br />
Jahre alt und mein Alltag veränderte sich stark.<br />
Inwiefern?<br />
Starke Schmerzen und übermäßig viele<br />
Durchfälle hielten mich zu Hause fest. Ich<br />
musste nicht nur ständig ein Klo in meiner<br />
Nähe haben, auch mein Körper litt optisch<br />
sehr unter dieser Erkrankung. Durch das Kortison<br />
schwemmte ich auf, hatte das bekannte<br />
Mondgesicht und bekam Tag für Tag immer<br />
größere Dehnungsstreifen.<br />
Wie sind Sie da<strong>mit</strong> umgegangen?<br />
Ich muss sagen, diese Erkrankung hat mich<br />
auf ganzer Linie gefordert. Es ist normal, an<br />
einen Punkt zu kommen, an dem man nicht<br />
mehr kann oder will. Ich war mehr im Kran-