Vattenfall my Highlights Ausgabe 1/2024
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Perspektive<br />
wechseln tut gut<br />
Soziales Engagement ist eine Bereicherung für die Gesellschaft und für das<br />
eigene Leben. Aber wo anfangen? Wir fragen nach bei Wibke Kähler-Siemssen.<br />
Als Geschäftsführerin der Patriotischen Gesellschaft in Hamburg bringt sie<br />
unterschiedlichste Menschen zusammen. Denn ihr Motto lautet: „Alles im Leben<br />
ist Begegnung.“<br />
V<br />
iele von uns würden sich gern<br />
sozial engagieren. Doch der<br />
Wunsch trifft häufig auf den<br />
Zeitmangel in unserem durchgeplanten<br />
Alltag. Aber in diesem Jahr haben<br />
wir mit dem Bonustag eine gute Gelegenheit,<br />
neue Wege einzuschlagen.<br />
Frau Kähler-Siemssen, was wäre<br />
aus Ihrer Sicht eine gute Idee, um<br />
den Extratag des Schaltjahres <strong>2024</strong><br />
wirksam zu nutzen?<br />
Einen geschenkten Tag würde ich in<br />
zwölf geschenkte Stunden teilen und<br />
diese wertvollen kleinen Zeitgeschenke<br />
dafür nutzen, in unterschiedlichen<br />
Bereichen über den Tellerrand zu<br />
schauen. Der Besuch von Vorträgen<br />
oder Veranstaltungen ist eine gute<br />
Möglichkeit, den eigenen Blick zu<br />
weiten. Diese Art von Impulsen bieten<br />
wir mit der Patriotischen Gesellschaft<br />
an. Eine weitere Anregung ist, sich in<br />
einer der Stunden mit folgenden drei<br />
Fragen zu beschäftigen: Was kann ich<br />
gut? Was braucht die Gesellschaft?<br />
Was macht mir Spaß? Und in der<br />
Schnittmenge dieser drei Bereiche<br />
findet sich der Spot für meinen persönlichen<br />
Wirkungskreis in Bezug auf<br />
soziales Engagement. Und ja, das soll<br />
Spaß machen und stärkt ganz nebenbei<br />
unsere Demokratie.<br />
Sie sprechen gerade soziales<br />
Engagement an. Was genau meinen<br />
Sie damit und was macht das für<br />
Sie aus?<br />
Soziales Engagement sehe ich als<br />
eine Bereicherung des eigenen Lebens,<br />
nicht als Punkt auf der To-do-<br />
Liste. Menschen erfahren dadurch<br />
Selbstwirksamkeit und Wertschätzung.<br />
Mit der Patriotischen Gesellschaft<br />
bieten wir unterschiedliche<br />
Arbeitskreise, in denen alle willkommen<br />
sind, die aktiv mitarbeiten<br />
wollen.<br />
So organisieren wir zum Beispiel jährlich<br />
die „Kinderstadt Hamburg“, in der<br />
Kinder zwei Wochen lang ihre eigene<br />
Stadt kreieren. Dabei ist Nachhaltigkeit<br />
ein hochrelevantes Thema und<br />
beispielsweise der Einsatz von recycelten<br />
oder geliehenen Materialien<br />
im Projekt eine Kernforderung der<br />
Kinder.<br />
Ein weiteres großartiges Beispiel ist<br />
der Umbau eines alten Parkhauses<br />
in der Hamburger Innenstadt zum<br />
partizipativen Wohnprojekt. Die Trägergenossenschaft<br />
Gröninger Hof ist<br />
aus einer Veranstaltung der Patriotischen<br />
Gesellschaft entstanden.<br />
Was würden Sie unseren Lesenden<br />
empfehlen, wenn sie einfach selbst<br />
irgendwo anfangen möchten, sich<br />
zu engagieren?<br />
Menschen mit weniger Zeit in ihrer<br />
aktuellen Lebensphase können zum<br />
Beispiel Mitglied in einem Förderverein<br />
werden. Und zu einem späteren<br />
Zeitpunkt können sie daran anknüpfen<br />
und sich dort ehrenamtlich engagieren.<br />
Das Wichtigste scheint mir zu sein,<br />
ins Gespräch zu kommen. Mit unse-<br />
rem Programm „Seitenwechsel“ ermöglichen<br />
wir den Austausch zwischen<br />
Unternehmen der Wirtschaft<br />
und sozialen Einrichtungen. Für eine<br />
Woche arbeiten beispielsweise Führungskräfte<br />
in Obdachloseneinrichtungen,<br />
Suchtkliniken, Gefängnissen<br />
oder Hospizen mit.<br />
Mit unserem Programm „Next Generation<br />
Social“ haben wir darüber<br />
hinaus ein Format für junge Erwachsene<br />
ins Leben gerufen, in dem<br />
16- bis 25-Jährige über mehrere<br />
Monate mit sozialen Einrichtungen<br />
und Menschen in schwierigen Lebensphasen<br />
in Kontakt kommen, und<br />
zwar niedrigschwellig: online, in mehreren<br />
kurzen Sessions und kostenfrei.<br />
Sie haben auch selbst einen<br />
Seitenwechsel vollzogen. Was<br />
nehmen Sie daraus mit?<br />
Bei meinem persönlichen Seitenwechsel<br />
war ich in einer Tageseinrichtung<br />
für Obdachlose im Einsatz.<br />
Ich habe unter anderem einen<br />
Straßensozialarbeiter begleitet und<br />
bin mit dem Mitternachtsbus mitgefahren.<br />
Dabei war meine Fachkompetenz<br />
nicht gefragt, ich habe einfach<br />
mitgemacht. Ich war beeindruckt von<br />
der Art und Weise, wie wertschätzend<br />
die Mitarbeitenden dort mit den<br />
Klient:innen umgegangen sind und<br />
wie hochprofessionell und herzlich die<br />
Zusammenarbeit war. Das war 2018,<br />
doch ist mir das noch heute sehr<br />
präsent und ich habe daraus viel für<br />
meine Führungsrolle gelernt.<br />
Wibke Kähler-Siemssen<br />
ist Geschäftsführerin<br />
Informieren Sie sich über die Aktivitäten<br />
der Patriotischen Gesellschaft<br />
von 1765 e. V.<br />
und Projekte der Patriotischen Gesellschaft.<br />
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