CDUintern Konstanz Ausgabe 1/2024
Mitteilungsmagazin des CDU-Kreisverbandes Konstanz
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<strong>CDUintern</strong> | KREISVERBAND KONSTANZ | <strong>Ausgabe</strong> Nr. 1/<strong>2024</strong><br />
4<br />
Aus dem Kreisverband – Neujahrsempfang<br />
nach Artikel 23 galt als juristisch aufwändig<br />
aber als der zügigste Weg, um<br />
die Einheit konkret und rechtssicher<br />
umzusetzen. Das Gegenteil war ja durch<br />
den saarländischen Ministerpräsidenten<br />
Oskar Lafontaine in die Diskussion<br />
geworfen worden: Abwarten, nichts<br />
überstürzen, zwei Staaten beibehalten.<br />
Doch das war glücklicherweise weder<br />
der Standpunkt der CDU, noch passte es<br />
auch nur ansatzweise zur Grundeinstellung<br />
von Wolfgang Schäuble, dem<br />
Zaudern und Zögern fremd waren –<br />
gründliche Überlegung und fachliche<br />
Fundierung hingegen nicht.<br />
So war also die Abwägung von Wunsch<br />
und Wirklichkeit bestimmend für diesen<br />
historischen Prozess. Manchmal<br />
bleibt für Geschichte ja wenig Zeit, die<br />
Wolfgang Schäuble, dem auch ideologische<br />
Vorstellungen wesensfremd waren,<br />
mit seinem besonderen Pragmatismus<br />
nutzte und zum Nutzen des deutschen<br />
Volkes steuerte.<br />
Bundeshauptstadt Berlin<br />
Beispielhaft für diesen Pragmatismus<br />
ist auch die Debatte um die Bundeshauptstadt:<br />
Als de Maizière und Krause den<br />
Wechsel der Bundeshauptstadt von<br />
Bonn nach Berlin im Einigungsvertrag<br />
fixieren wollten, in Bonn dagegen der<br />
Umzugswille sich in Grenzen hielt, errang<br />
Schäuble den entscheidenden<br />
Kompromiss: Berlin sollte im Vertrag<br />
„Hauptstadt“ heißen, über den Sitz von<br />
Bundespräsident und Parlament sollte<br />
aber später entschieden werden. Und<br />
so votierten am 20. September 1990<br />
Volkskammer und Bundestag für das<br />
Transformationsgesetz zu Herstellung<br />
der Deutschen Einheit, sodass am 03.<br />
Oktober 1990 die neu gebildeten Bundesländer<br />
der Bundesrepublik beitreten<br />
konnten. Die meisten von uns können<br />
sich lebhaft daran erinnern.<br />
Bezüglich der Hauptstadt kam es<br />
dann auch wie von Schäuble vorgeschlagen,<br />
und die Bundestagsdebatte<br />
vom 20. Juni 1991 wurde geradezu historisch.<br />
Es wurde nicht zuletzt aufgrund<br />
Wolfgang Schäubles starkem<br />
Plädoyer für die Stadt an der Spree entschieden.<br />
Übrigens nachdem der Bundestag<br />
das 1957 schon einmal getan<br />
hatte.<br />
„Teilen (so hatte Schäuble gesagt)<br />
heißt, dass wir gemeinsam bereit sein<br />
müssen, die Veränderungen miteinander<br />
zu tragen, die sich durch die deutsche<br />
Einheit ergeben.“ Und: „Deswegen<br />
bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie<br />
mit mir für Berlin.“ Wenn also vorher<br />
gesagt wurde, Wolfgang Schäuble<br />
stand für die alte Bundesrepublik, so<br />
stand er genauso glaubwürdig und<br />
auch historisch für die neue Bundesrepublik,<br />
die Republik der Wiedervereinigung.<br />
Natürlich hat die Deutsche<br />
Einheit viele Väter, viele Mütter und einen<br />
Kanzler. Aber wenn in vielen Texten<br />
von Schäuble als Architekt der Einheit<br />
die Rede ist, so gehören diese Qualitäten<br />
untrennbar dazu: Pragmatisch<br />
Handeln, vor allem Handeln, nicht klagen,<br />
sondern sich in den Dienst der Sache<br />
stellen. Dabei höchste Ansprüche<br />
an Professionalität an sich und andere<br />
stellen. Das kann - und auch das wissen<br />
wir - bisweilen Wohl und Wehe<br />
sein. Das lässt sich nur glaubhaft umsetzen,<br />
wenn man den Menschen in<br />
den Mittelpunkt seiner Weltsicht stellt.<br />
Wolfgang Schäuble hat dies immer<br />
wieder sehr deutlich gemacht. Zuletzt<br />
habe ich im Spiegel folgendes von ihm<br />
gelesen: Ja, sagte er mit Immanuel<br />
Kant, der Mensch sei eben aus krummem<br />
Holz geschnitzt.<br />
Man kann unser Menschenbild kaum<br />
besser auf den Punkt bringen, denn<br />
daraus resultiert vieles, worüber wir<br />
uns in der CDU in den vergangenen<br />
Jahren Gedanken gemacht haben.<br />
Denn der Mensch im Mittelpunkt ist<br />
auch Ankerpunkt dessen, was die<br />
Christlich Demokratische Union ausmacht.<br />
Der Mensch in seiner unmittelbar<br />
und aus der Schöpfung abgeleiteten<br />
Würde ist sowohl mit seinen Chancen<br />
als auch mit seiner Fehlerhaftigkeit<br />
Bezugspunkt unserer Politik. Und<br />
daraus resultieren Freiheit und Verantwortung<br />
und schließlich jener Wertekanon,<br />
den wir als Christdemokraten<br />
unserem Handeln und Denken voranstellen,<br />
der Respekt, Solidarität, Subsidiarität<br />
und Nächstenliebe umfasst.<br />
Das liebe Freundinnen und Freunde<br />
leitet unsere Kultur auf die beste Weise,<br />
ist unsere Leitkultur. Dafür, diese<br />
Grundwerte ganz selbstverständlich in<br />
der Politik gelebt, umgesetzt und in<br />
seinen zahlreichen Reden, Interviews<br />
und Kommentaren transportiert zu<br />
haben, steht Wolfgang Schäuble. Und<br />
darin bleibt er allen Demokratinnen<br />
und Demokraten ein lebendiges Vorbild.<br />
Dr. Fabio Crivellari