Wolf Günter Thiel Suplement_1
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ten und unter Wahrung der Menschen-, und Naturrechte<br />
zukunftsfähig zu machen. Eindrucksvoll und bereits<br />
jetzt mutmachend und zukunftsweisend waren die<br />
Best-Practice-Beiträge über Bürgerprojekte der NGO<br />
„Uplift-Aufwind“ in Kirgistan von Maren Ernst und die<br />
Citizen Science-Ansätze „SafeCast“ von Azby Brown<br />
aus Japan.<br />
Regional, nachhaltig und transkulturell<br />
Ein Prinzip der UTOPIENALE 2022 war die Erfassung,<br />
das sich Nähern an Themen mit allen Sinnen. So sprachen<br />
die Walking Acts der Hochstelzentheater-Kindergruppe<br />
- „Die Sultaninnen der Altmark“ - , geleitet von<br />
der Künstlerin Chrissie Nierle, die Menschen einerseits<br />
audio-visuell und haptisch an im öffentlichen Raum<br />
der Hansestadt Salzwedel, andererseits mittels ihrer<br />
Kreis-Wogen-Bodeninstallation in der Old School<br />
Havelberg, dem zweiten Austragungsort der UTOPIE-<br />
NALE. Dort resümierten als regionale Diskutantinnen<br />
Cathleen Hoffmann (Fraktionsvorsitzende Bündnis90/<br />
Grüne, Altmarkkreis Salzwedel), Katharina Nabel (agroforst<br />
altmark) sowie Anne Buch (Bürgermeisterhof e.V.<br />
/ Wagen und Winnen e.V.), dass eine zukunftssichernde<br />
Akzeptanz von ökologischen, politischen und kulturellen<br />
Umbrüchen für einen radikalen Wandel notwendig<br />
sind, dies jedoch ein viel Mehr an Formaten der Bürgerbeteiligung<br />
und von Empowerment bedarf.<br />
Allen Modulen und Formaten dieser ersten UTOPIE-<br />
NALE lagen Erschwernisse und Herausforderungen<br />
zugrunde, die auch die „Methode Pascha“ spiegelt bzw.<br />
nicht überwinden kann. Einerseits ist es herausfordernd,<br />
ohne festes Budget oder institutionelle Förderung<br />
ein solches Vorhaben umzusetzen, andererseits<br />
formte jedoch gerade die prekäre Ausfinanzierung den<br />
gemeinsamen Willen, dieses Kooperationsvorhaben<br />
trotzdem gelingen zu lassen. Dies spiegelte insgesamt<br />
ein weiteres Moment von bürgerschaftlichem Engagement<br />
für „kulturelle Reserveräume“ (WG <strong>Thiel</strong>) in<br />
ländlichen Räumen, nämlich die Ambivalenz zwischen<br />
gut ausfinanzierten Top-Down-Großereignissen und<br />
Bottom-Up-Graswurzelprojekten wie der UTOPIENALE<br />
in den Hansestädten Salzwedel und Havelberg. Der Namenszusatz<br />
der Old School in Havelberg „institute for<br />
contemporary arts and cultural techniques” wurde sich<br />
selbst mittels der generations-, professions- und länderübergreifenden<br />
Involvierung von über zwei Dutzend<br />
praktizierender Utopist*innen durchaus gerecht und<br />
machte allen Beteiligten Mut und Appetit auf Mehr.<br />
Als nach drei Wochenenden und vielen Veranstaltungsmodulen<br />
die kurdischen Melodiebögen die Teilnehmenden<br />
in den Herbst entließen, schloss sich ein<br />
Kreis von Eindrücken und Rückschlüssen: Die UTO-<br />
PIENALE war ein gelungenes Experiment transdisziplinärer<br />
konkreter Praxis von Utopist*innen, die zwingend<br />
und dringend im Jetzt gebraucht werden, deren<br />
Konzepte, Mahnungen, Werke und Netzwerke nicht<br />
die Welt retten, jedoch ganz sicher dazu beitragen und<br />
anregen können.<br />
Dr. Mieste Hotopp-Riecke, Stockholm, Herbst 2022<br />
Weiterführende Literatur: Hotopp-Riecke, Mieste:<br />
Die Methode Pascha. In: Hotopp-Riecke / Theilig<br />
(Hrsg.): Zweiheimisch. Die Erben des Paschas von<br />
Magdeburg. Berlin 2022, S. 12-27.<br />
Sowada, Torsten u. Hotopp-Riecke (Hrsg.): Auf dem<br />
Lande alles dicht?: Ein interdisziplinäres Lesebuch<br />
über die kreative Füllung von Leerstand. Berlin 2020.<br />
Levitas, Ruth: Utopia as Method. The Imaginary<br />
Reconstitution of Society, Bristol 2013<br />
Bruno Raetsch<br />
2023 OLD SCHOOL ICA Havelberg<br />
Bruno Rätsch, XXX, 2021, Holz, Lack ,Schaumstoff, 40x40x39cm<br />
"Die Fragen nach dem Sinnentstehender Arbeiten, nach<br />
der contemporären, oder politischen Relevanz von in den<br />
Raum gestellten, aufgehängten oder an die Wand<br />
genagelten Bildern habe ich längst, weil sie mich immer<br />
nur behindern, aufgehört mir zu stellen. Es genügt erstmal,<br />
wenn sie nur für mich eine Bedeutung haben und mich<br />
interessieren. Das Andere passiert oder es passiert nicht.<br />
Es ist nicht wichtig, ob das, was ich mache Bildhauerei ist.<br />
Wichtig ist, daß die Bilder etwas machen. Plastisch und/<br />
oder tief in der Fläche. Bestenfalls auch beides oder mehr.<br />
Es ist immer ein Stück transformierte Zeit –<br />
ungefähr wie ein Tagebuch.<br />
Solange ich selbst das Gefühl habe, davon betroffen zu<br />
sein und wenn dies Spannung oder ein Gefühl von Druck<br />
in mir erzeugt, darf es bleiben.<br />
Wenn nicht, kommt es weg. Ganz einfach."<br />
Bruno Raetsch