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FOTO: STONED59 / F. ANTOLÍN HERNÁNDEZ / FLICKR.COM / CC2.0<br />

hoffmanns erzählungen � quadrat 03 / 2010<br />

Bob Dylan: „Ich als<br />

Jude hier auf dem Nazi-<br />

platz in Nürnberg!“<br />

HANSI HOFFMANN , PR-MANAGER DER SUPERSTARS, ERINNERT SICH<br />

Konzert-Guru Fritz Rau,<br />

erfolgreich erprobt in<br />

vielen Hundert Konzerten<br />

mit internationalen<br />

Superstars, tigerte hektisch rauchend und mit zerzausten<br />

Haaren immer wieder zwischen dem mittelgroßen Backstage-Zelt<br />

und der riesigen Bühne auf dem einstigen Reichsparteitag-Gelände in Nürnberg<br />

hin und her. Es war der 1. Juli 1978. Acht Monate zuvor hatte Rau in<br />

Los Angeles bei seinem Freund, dem Dylan-Manager Jerry Weintraub, den<br />

Mil lionenvertrag für die Europa-Tournee mit den allerersten Konzerten des<br />

Stars in Deutschland unterschrieben. chrieben. Am Ende der tagelangen<br />

Vertragsverhandlungen<br />

schlug dann Rau mutig<br />

dem Sänger vor, das Finale<br />

der Deutschland-Konzerte<br />

als Open Air auf dem ein-<br />

stigenReichsparteitag- gelände in Nürnberg zu ze-<br />

lebrieren, wohl wissend,<br />

was dieser Ort für den Juden<br />

Robert Allen Zimmermann<br />

alias Bob Dylan bedeuten<br />

musste.<br />

Als mir Fritz Rau von seinem<br />

Vertragspoker und dem Husarenstreich<br />

mit dem Aufmarschgelände<br />

der Nazis be-<br />

richtete, vergaß ich meine<br />

dampfende Kohlroulade in un-<br />

serem Bad Homburger Stamm-<br />

lokal „Wasserweibchen“. Bei i<br />

unserem Planungsgespräch für r<br />

die Dylan-Promotion in Deutsch-<br />

land konnte ich zögerliche Untertöne bei Rau heraushören, seine leichten<br />

Zweifel an dem Erfolg seines Nürnbergvorschlages. „Aber Dylan fand meine<br />

Idee nicht gut“, berichtete Rau. „Er kannte sogar das Gelände, denn er hatte<br />

diesen Nazi-Werbefi lm „Triumph des Willens“ von der Hitler-Verehrerin Leni<br />

Riefenstahl – eine Dokumentation des Nazi-Aufmarsches in Nürnberg – als<br />

Video zuhause!“<br />

Die US-Armee, die Teilbereiche des Geländes nutzte, gab problemlos ihr OK.<br />

Die Stadt Nürnberg, die fast eine halbe Million Mark als „Miete“ kassierte,<br />

machte durch idiotische Aufl agen nur Probleme. Sogar die Naziparolen an<br />

den riesigen Steinquadern musste der Veran-<br />

stalter sta selbst abkratzen. Die gigantische<br />

Soundanlage Sou auf der XXL-Bühne wurde durch<br />

Lautsprechertürme La<br />

inmitten des Geländes<br />

verstärkt. ve Immer wieder schauten wir in den<br />

Himmel. Hi Dicke, dunkle Regenwolken hingen<br />

über üb dem Platz, auf dem mehr als achtzig-<br />

tausend ta Dylan-Fans standen. Gitarrengott<br />

Eric E Clapton begeisterte die Massen, im to-<br />

senden s Beifall wurde die Bühne komplett<br />

abgeräumt, a nur ein schwarzes Barrelhouse-<br />

Piano P prangte in der Mitte. Der großartige<br />

Bluessänger B<br />

Champion Jack Dupree, zu-<br />

gleich g ein begnadeter Pianist, schaffte<br />

Momente der Besinnung nach dem kra-<br />

chenden Sound der Clapton Band.<br />

Fritz Rau schluckte die vierte Captagon-<br />

Pille für sein fl atterndes Nervenkostüm,<br />

trat die halbgerauchte Zigarette aus und<br />

zog mich in den Seitentrakt der Bühne.<br />

Noch im Finale-Applaus für den Blues-<br />

Heroe rollten die Techniker ein komplettes<br />

Bühnenset hinter einem Vorhang<br />

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