OFFENE TORE - Orah.ch
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<strong>OFFENE</strong> <strong>TORE</strong> 1 / 2009 30<br />
Seths Zeit hindur<strong>ch</strong>, als ein verborgen Rei<strong>ch</strong>, und währete bis Abraham, wel<strong>ch</strong>em der<br />
Bund von Christo im Fleis<strong>ch</strong>e bestättigt ward« (Mm 30, 36).<br />
Böhme knüpft zu Beginn seiner Deutung der biblis<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te von Abraham und<br />
seiner Söhne Ismael und Isaak an das Bild von den beiden Linien mit dem Hinweis an,<br />
dass si<strong>ch</strong> in Abraham Gottes Sohn und der gefallene Adam einander gegenüberstehen<br />
und Gott Adam »wieder in seinen Bund, Wort und Willen« (Mm 40, 15) aufgenommen<br />
hat. Aus Abraham gehen deshalb zwei Linien hervor, nämli<strong>ch</strong> Ismael als der erstgeborene<br />
Sohn und dann Isaak als der zweitgeborene. In diesen beiden Brüdern, »sind die<br />
zwey Rei<strong>ch</strong>e vorgebildet, als in Ismael das Rei<strong>ch</strong> der Natur, und in Isaac das Rei<strong>ch</strong> der<br />
Gnaden« (Mm 40, 2). Das Rei<strong>ch</strong> der Natur hat seinen Urstand aus der Eigens<strong>ch</strong>aft des<br />
Vaters, das heißt aus dem Zorn, und es muß allezeit »das erste seyn, soll eine Creatur<br />
geboren werden. Herna<strong>ch</strong> kommt erst das Rei<strong>ch</strong> der Gnaden, das die Natur einnimmt,<br />
glei<strong>ch</strong>wie zuvor muß ein Feuer seyn, soll ein Li<strong>ch</strong>t seyn; das Feuer gebieret das Li<strong>ch</strong>t,<br />
und das Li<strong>ch</strong>t ma<strong>ch</strong>t das Feuer in si<strong>ch</strong> offenbar, es nimt das Feuer als die Natur in si<strong>ch</strong><br />
ein, und wohnet in dem Feuer« (Mm 40, 2 f.). Mit dieser Symbolik von Feuer und Li<strong>ch</strong>t<br />
bezieht si<strong>ch</strong> Böhme wieder auf die zwei Prinzipien in Gott, nämli<strong>ch</strong> auf den Zorn des<br />
Vater und auf die Liebe des Sohnes, »wel<strong>ch</strong>e zwey in Einem Wesen sind« (Mm 40, 4.),<br />
und verweist damit auf die eigentli<strong>ch</strong>e metaphysis<strong>ch</strong>e Grundlage seiner Figuraldeutung<br />
der beiden Brüder Ismael und Isaak. Der metaphysis<strong>ch</strong>e Ursprung für den Gegensatz<br />
von Feuer und Li<strong>ch</strong>t oder Zorn und Liebe besteht für Böhme in der Bewegung der göttli<strong>ch</strong>en<br />
Eigens<strong>ch</strong>aft, dur<strong>ch</strong> wel<strong>ch</strong>e Gott die Natur bewegt und Ges<strong>ch</strong>öpfe hervorgebra<strong>ch</strong>t<br />
hat. Aus dieser s<strong>ch</strong>öpferis<strong>ch</strong>en Bewegung sind die beiden Eigens<strong>ch</strong>aften Zorn und<br />
Liebe, die in Gott in Einheit sind, in der Natur in zwei gegensätzli<strong>ch</strong>e Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
ges<strong>ch</strong>ieden worden. Der Sinn dieser Gegensätzli<strong>ch</strong>keit besteht für Böhme darin »daß im<br />
Streite und Wiederwillen das Geheimniß Gottes, als die unsi<strong>ch</strong>tbare Welt offenbar würde,<br />
und in ein ringendes Spiel ginge. Denn so nur einerley Wille wäre, so thäten alle<br />
Wesen nur Ein Ding, aber im Widerwillen erhebet si<strong>ch</strong> ein iedes in si<strong>ch</strong> selber zu seinem<br />
Sieg und Erhöhung; und in diesem Streite stehet alles Leben und Wa<strong>ch</strong>sen, und<br />
dadur<strong>ch</strong> wird die Göttli<strong>ch</strong>e Weisheit offenbar, und kommt in eine Formung zur Bes<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>keit,<br />
und zur Freudenrei<strong>ch</strong>: denn in der Überwindung ist Freude, aber ein einiger<br />
Wille ist ihm selber ni<strong>ch</strong>t offenbar; Denn es ist weder Böses no<strong>ch</strong> Gutes in ihme, weder<br />
Freude no<strong>ch</strong> Leid; und obs wäre, so muß si<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong> das Eine, als der einige Wille, erst in<br />
ein Wiederspiel in ihme selber einführen, auf dass er si<strong>ch</strong> möge offenbaren « (Mm 40, 7<br />
f.).<br />
2.2. Ismael als Bild und Figur des Islam<br />
Entspre<strong>ch</strong>end diesem innergöttli<strong>ch</strong>em Ineinander oder »Wiederspiel« der beiden ewigen<br />
Prinzipien in Gott stehen si<strong>ch</strong> auf der irdis<strong>ch</strong>en Ebene der Heilsges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te die Figuren