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HANDBUCH - Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft eV

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<strong>HANDBUCH</strong><br />

zur Kompetenzfeststellung<br />

in Klasse 7<br />

KomPo7 –<br />

das hessenweite Kompetenzfeststellungsverfahren


Impressum<br />

Handbuch<br />

Herausgeber<br />

<strong>Bildungswerk</strong> <strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e. V.<br />

Emil-von-Behring-Str. 4<br />

60439 Frankfurt a. M.<br />

Telefon: 069 95808-251<br />

Telefax: 069 95808-259<br />

eMail: kompo7@bwhw.de<br />

Redaktion<br />

Bettina Eiserloh, Rolf Klatta, René Marc, Norbert Schultze<br />

Bildnachweis<br />

istockphoto<br />

För<strong>der</strong>ung<br />

Das Verfahren KomPo7 wird durchgeführt im Rahmen des Projektvorhabens KomPo7 verankern. Das Projektvorhaben<br />

wird geför<strong>der</strong>t aus Mitteln des Landes Hessen, <strong>der</strong> Regionaldirektion Hessen <strong>der</strong> Bundesagentur<br />

für Arbeit, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie aus dem Europäischen Sozialfonds<br />

und ist Teil <strong>der</strong> hessenweiten Strategie zur „Optimierung <strong>der</strong> lokalen Vermittlungsarbeit bei <strong>der</strong> Schaffung<br />

und Besetzung von Ausbildungsplätzen in Hessen“ [OloV].<br />

Rechtlicher Hinweis<br />

Das Verfahren KomPo7 ist im Rahmen <strong>der</strong> Strategie OloV vom <strong>Bildungswerk</strong> <strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e.V.<br />

mit öffentlichen För<strong>der</strong>mitteln entwickelt worden. Untrennbar mit <strong>der</strong> Anwendung dieses Verfahrens ist eine<br />

modulare Lehrkräfte- und Mitarbeiterfortbildung verbunden, die von allen an KomPo7 beteiligten Fach- und<br />

Lehrkräften zu absolvieren ist. Eine Durchführung von KomPo7 setzt daher zwingend die Absolvierung <strong>der</strong><br />

oben benannten Fortbildung voraus. Das <strong>Bildungswerk</strong> behält sich ausdrücklich vor, gegen Institutionen, die<br />

das Verfahren ohne vorherige Schulung durchführen, juristisch vorzugehen.<br />

Stand<br />

Version 1.6, 01.07.2011<br />

Frankfurt a. M. im Juli 2011<br />

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Inhalt<br />

Vorwort<br />

1. Umsetzungshintergrund<br />

Handbuch<br />

2. Kompetenzfeststellungen – wissenschaftlicher Hintergrund und Methodik<br />

2.1. Zum Begriff <strong>der</strong> Kompetenz: Definitionen, Modelle, Niveaus<br />

2.2. Kompetenzbereiche<br />

2.3. Beobachtung in handlungs- und simulationsorientierten Verfahren<br />

2.4. Verfahren zur Kompetenzfeststellung<br />

3. Das Verfahren KomPo7<br />

3.1. Aufbau<br />

3.2. Bausteine<br />

3.3. Ablauf<br />

3.4. Ergebnisdokumentation<br />

3.5. Individuelle För<strong>der</strong>ung<br />

3.6. Organisatorischer Rahmen<br />

4. Schlussbemerkungen<br />

Literatur<br />

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Vorwort<br />

Handbuch<br />

Kompetenzfeststellungen, die anschließende transparente und aussagekräftige Dokumentation <strong>der</strong><br />

festgestellten individuellen Kompetenzen bspw. im Berufswahlpass sowie eine darauf aufbauende<br />

individuelle För<strong>der</strong>ung spielen eine wichtige Rolle in <strong>der</strong> beruflichen Orientierung <strong>der</strong> Schülerinnen<br />

und Schüler. Mithilfe von Kompetenzfeststellungsverfahren werden ihnen individuelle Perspektiven<br />

eröffnet. So können Sie im Berufsfindungsprozess qualifiziert beraten, begleitet und erfolgreich in<br />

den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integriert werden.<br />

Das Verfahren KomPo7 unterstützt die beginnende Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern<br />

<strong>der</strong> Bildungsgänge Haupt- und Realschule. Es wurde in den Jahren 2008 und 2009 vom <strong>Bildungswerk</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e.V. entwickelt und erprobt. Seit dem Schuljahr 2009/10 wird<br />

KomPo7 von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des <strong>Bildungswerk</strong>s und des Vereins für Sozialpolitik,<br />

Bildung und Berufsför<strong>der</strong>ung e.V. – gemeinsam mit Lehrkräften <strong>der</strong> beteiligten Schulen –<br />

durchgeführt.<br />

Perspektivisch werden die Schulen in die Lage versetzt, das Instrument selbstständig und ohne<br />

externe Unterstützung anzuwenden. Zu diesem Zweck wird begleitend die modulare Fortbildungsreihe<br />

„Kompetenz macht Schule“ angeboten. Hier werden Lehrkräfte in die theoretischen Grundlagen<br />

von Kompetenzfeststellungen eingewiesen, in <strong>der</strong> qualifizierten Beobachtung geschult und<br />

lernen das Verfahren KomPo7 kennen.<br />

In diesem Handbuch werden das Verfahren KomPo7 vorgestellt, die wissenschaftlichen Grundlagen<br />

erläutert und auf bisherige Erfahrungen in <strong>der</strong> Durchführung Bezug genommen. Die mit Kom-<br />

Po7 befassten Lehrkräfte finden auf den folgenden Seiten wichtige Informationen, Anregungen und<br />

Hinweise. Das Handbuch dient aber auch dazu, KomPo7 interessierten Fachkräften in und außerhalb<br />

Hessens näher zu bringen.<br />

Für zertifizierte Lehrkräfte, Trainerinnen und Trainer wurde darüber hinaus ein Arbeitsbuch entwickelt,<br />

in dem alle für die Durchführung relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.<br />

Das <strong>Bildungswerk</strong> ist bestrebt, KomPo7 stetig weiter zu entwickeln und zu optimieren. Für Hinweise<br />

und Anregungen, die sich aus <strong>der</strong> Lektüre dieses Handbuches o<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> praktischen Umsetzung<br />

ergeben, ist das Projektbüro dankbar. Die entsprechenden Kontaktdaten finden Sie auf <strong>der</strong><br />

letzten Seite.<br />

Frankfurt a. M. im Juli 2011<br />

<strong>Bildungswerk</strong> <strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e.V.<br />

Projektbüro KomPo7 verankern<br />

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Handbuch<br />

1. Umsetzungshintergrund<br />

Die Akteure des <strong>Hessischen</strong> Ausbildungspaktes haben im Rahmen <strong>der</strong> landesweiten Strategie zur<br />

„Optimierung <strong>der</strong> lokalen Vermittlungsarbeit bei <strong>der</strong> Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen<br />

in Hessen“ Qualitätsstandards formuliert, um die Ausbildungsreife von Schulabgängerinnen<br />

und Schulabgängern zu verbessern und diese schneller und gezielter in Ausbildung zu vermitteln.<br />

Diese Standards werden seit März 2008 in den hessischen Landkreisen und Kommunen umgesetzt.<br />

Zur Unterstützung des OloV-Prozesses werden weitere Vorhaben geför<strong>der</strong>t. Das gemeinsam vom<br />

<strong>Hessischen</strong> Kultusministerium, dem <strong>Hessischen</strong> Ministerium für <strong>Wirtschaft</strong>, Verkehr und Landesentwicklung<br />

und <strong>der</strong> Regionaldirektion Hessen <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit geför<strong>der</strong>te Programm<br />

„Kompetenzen entdecken, Potenziale nutzen – Berufswahl gestalten“ [KOMPO] stellt hier einen<br />

wesentlichen Baustein dar. Kernbestandteil des seit August 2009 laufenden Landesprogramms ist<br />

die Durchführung von Kompetenzfeststellungen in <strong>der</strong> Jahrgangsstufe 7 <strong>der</strong> hessischen Schulen<br />

mit den Bildungsgängen Haupt- und Realschule in Form des Verfahrens KomPo7.<br />

Darüber hinaus haben das Land Hessen und das Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

[BMBF] vereinbart, dass die Potenzialanalysen, die den Teilprogrammen Berufseinstiegsbegleitung-Bildungsketten<br />

[BerEB-Bk] sowie Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren<br />

Berufsbildungsstätten [BOP] des Bundesprogrammes Abschluss und Anschluss – Bildungsketten<br />

bis zum Ausbildungsabschluss vorgeschaltet sind, an den jeweils beteiligten hessischen Schulen<br />

ebenfalls im Rahmen von KomPo7 durchgeführt werden [ab 01.01.2011].<br />

Mit dem daraus resultierenden Gesamtprojekt KomPo7 verankern verfolgen das Land Hessen und<br />

die Regionaldirektion Hessen <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit das Ziel, KomPo7 an hessischen Schulen<br />

flächendeckend und nachhaltig zu verankern.<br />

Das <strong>Bildungswerk</strong> <strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e. V. [bwhw] übernimmt die Umsetzung des daraus<br />

resultierenden Projektvorhabens KomPo7 verankern. Das Vorhaben wird geför<strong>der</strong>t aus Mitteln des<br />

Landes Hessen, <strong>der</strong> Regionaldirektion Hessen <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit, des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung sowie des Europäischen Sozialfonds.<br />

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Handbuch<br />

2. Kompetenzfeststellungen –<br />

wissenschaftlicher Hintergrund und Methodik<br />

2.1. Zum Begriff <strong>der</strong> Kompetenz: Definitionen, Modelle, Niveaus<br />

Der Begriff <strong>der</strong> Kompetenz ist ebenso vieldeutig wie die gängigen wissenschaftlichen Definitionen,<br />

die sich je nach empirischem Blickwinkel deutlich unterscheiden. An dieser Stelle wird auf eine<br />

ausführliche Darstellung <strong>der</strong> unterschiedlichen Herangehensweisen an den Kompetenzbegriff verzichtet.<br />

Um das dem Verfahren KomPo7 zugrunde liegende Kompetenzverständnis zu erläutern, ist<br />

es gleichwohl notwendig, einige gängige Definitionen kurz zu beleuchten.<br />

So werden Kompetenzen zunächst als Eigenschaften definiert, „durch die sich erfolgreiche Arbeitskräfte<br />

von weniger erfolgreichen unterscheiden“ [White 1959]. Roth hingegen bezieht in seine Definition<br />

neben <strong>der</strong> Fachlichkeit auch die in <strong>der</strong> Persönlichkeit liegenden Kompetenzen [Soft Skills] mit<br />

ein, indem er von <strong>der</strong> „Gesamtheit <strong>der</strong> Fähigkeiten des Menschen [sachliche, soziale und personale<br />

Kompetenzen] …“ ausgeht [Roth 1971].<br />

Den aktuellen Diskurs zum Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen und dem<br />

daraus resultierenden Deutschen Qualifikationsrahmen prägen insbeson<strong>der</strong>e zwei Kompetenzdefinitionen,<br />

die jeweils die berufliche Handlungsfähigkeit in den Vor<strong>der</strong>grund stellen: Demnach versteht<br />

Klieme Kompetenzen als „Verbindung zwischen Wissen und Können, als Befähigung zur<br />

Bewältigung von Situationen bzw. Aufgaben“ [Klieme 2007]. Erpenbeck und Rosenstiel definieren<br />

Kompetenzen als „Disposition zur Selbstorganisation menschlichen Handelns, das kreative Denkhandeln<br />

eingeschlossen“. Diese Selbstorganisationsdispositionen können Erfahrungen, Fähigkeiten,<br />

Willenskomponenten, Wissen und Werte beinhalten [Erpenbeck & Rosenstiel 2007].<br />

Die letztgenannten Definitionen gehen also von einem Kompetenzbegriff aus, <strong>der</strong> weit über das<br />

reine Vorhandensein von Fachkenntnissen hinausgeht. Dieses breit angelegte Verständnis von<br />

Kompetenzen bildet auch das theoretische Fundament des Verfahrens KomPo7.<br />

Bei einer intensiveren Betrachtung <strong>der</strong> Definitionen wird allerdings deutlich, dass Kompetenzen<br />

zunächst ein hypothetisches Konstrukt sind. Sie sind nicht unmittelbar beobachtbar – wenn von<br />

Kompetenzen gesprochen wird, denkt man vielmehr an konkrete Situationen, in denen eine Person<br />

ein bestimmtes Verhalten zeigt. Die Beobachtung dieser Situationen führt uns zu dem Schluss,<br />

dass die Person das Verhalten nur zeigen kann, weil sie über die notwendige[n] Kompetenz[en]<br />

verfügt. Um diese Annahme im Rahmen von Kompetenzfeststellungen wissenschaftlich zu fundieren,<br />

ist es notwendig, für jede Kompetenz geeignete Indikatoren zu entwickeln und anzuwenden.<br />

Es wird also ein Maßstab benötigt, wie in <strong>der</strong> betrachteten Situation richtig gehandelt werden soll,<br />

um vom „Beobachtbaren“ auf das „Unbeobachtbare“ schließen zu können. Das jeweilige Kompetenzniveau<br />

wird anhand des Vorhanden- o<strong>der</strong> Nichtvorhandenseins sowie <strong>der</strong> Ausprägung bestimmter<br />

Kriterien/Indikatoren bestimmt. Mittels geeigneter Verfahren müssen diese Kriterien überprüft<br />

werden. Ebenso muss das Niveau festgelegt werden, ab dem sich <strong>der</strong> Experte vom Laien<br />

unterscheidet.<br />

Beispiel: Geburtstagstortenbackkompetenz [nach Reinisch]<br />

Paul backt eine Geburtstagstorte für Lea. Um herauszufinden, ob Paul über ein hohes Maß an Geburtstagstortenbackkompetenz<br />

verfügt, ist es zunächst notwendig, die verschiedenen Dimensionen <strong>der</strong> untersuchten<br />

Kompetenz deutlich zu machen:<br />

� Formale Dimension [Wunsch, dem Geburtstagskind eine Freude zu machen]<br />

� Selbstkompetenz [Willen, die Aufgabe engagiert zu erledigen]<br />

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Handbuch<br />

� Inhaltliche Dimension [Wissen über Zutaten, Herstellungsverfahren und Funktionsweisen von Küchengeräten]<br />

� Methodenkompetenz [Fähigkeit, Arbeitshandlungen anhand eines Handbuchs/Rezepts in <strong>der</strong> richtigen<br />

Reihenfolge durchführen zu können]<br />

� Ästhetische Kompetenz [Wissen über Gestaltungsmöglichkeiten von Torten und das Anbringen von<br />

Tortenschmuck]<br />

Daraufhin wird Paul im Herstellungsprozess beobachtet – außerdem wird das Produkt anhand zuvor festgelegter<br />

Kriterien begutachtet:<br />

� Paul ist sehr kompetent, wenn <strong>der</strong> gebackene Teig locker [Kriterium: Konsistenz], gut schmeckend<br />

[Kriterium: Geschmack] und leicht gebräunt [Kriterium: Färbung] ist.<br />

� Er ist weniger kompetent wenn <strong>der</strong> gebackene Teig etwas fest [Kriterium: Konsistenz], etwas fade [Kriterium:<br />

Geschmack] und zu dunkel [Kriterium: Färbung] ist.<br />

Ergebnis: Aufgrund seiner kognitiven, motivationalen, volitionalen Strukturen und seiner psychomotorischen<br />

Fähigkeiten ist Paul WILLENS und in <strong>der</strong> LAGE, eine Geburtstagstorte für Lea zu backen. Er verfügt also<br />

über eine Geburtstagstortenbackkompetenz.<br />

[Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Holger Reinisch: Vortrag auf einer internen Tagung des Projektes „DECVET – Leistungspunktesystem<br />

für die berufliche Bildung“ in Jena am 02.12.2008.]<br />

2.2. Kompetenzbereiche<br />

Es wurde dargelegt, dass sich für jede Situation, in <strong>der</strong> Personen ein bestimmtes Verhalten zeigen<br />

o<strong>der</strong> ein bestimmtes Verhalten erwartet wird, ein Kompetenzmodell entwickeln lässt. Hinsichtlich<br />

beruflicher Eignung und Orientierung muss aber nur ein kleiner Ausschnitt aus <strong>der</strong> Fülle von Kompetenzen<br />

betrachtet werden, die eine Person besitzt o<strong>der</strong> im Sinne <strong>der</strong> Ausbildungsreife besitzen<br />

sollte. Es geht also nicht darum, sämtliche vorhandenen Kompetenzen einer Schülerin/eines Schülers<br />

in ihrer gesamten Breite zu eruieren. Im Zuge des Ausbildungspaktes von Bundesregierung<br />

und <strong>Wirtschaft</strong> wurden erstmalig systematisch Kriterien zur Ausbildungsreife definiert in fünf Kompetenzkategorien<br />

[schulische Basiskenntnisse, psychologische Leistungsmerkmale, Merkmale des<br />

Arbeits- und Sozialverhaltens, physische Merkmale, Berufswahlreife] mit den entsprechenden Indikatoren<br />

unterteilt [Bundesagentur für Arbeit 2009].<br />

In KomPo7 werden vor allem die Merkmale des Arbeits- und Sozialverhaltens <strong>der</strong> Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer überprüft. Dazu gehören:<br />

� Soziale Kompetenzen [Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Teamfähigkeit, Umgangsformen<br />

etc.]<br />

� Personale Kompetenzen [Leistungsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Sorgfalt, Durchhaltevermögen/Frustrationstoleranz<br />

etc.]<br />

� Methodische Kompetenzen [Lernkompetenz, Problemlösefähigkeit, Selbstorganisation/Selbstständigkeit<br />

etc.].<br />

2.3. Beobachtung in handlungs- und simulationsorientierten Verfahren<br />

Bisher wurde deutlich gemacht, dass sich Kompetenzen nur schwer erfassen lassen, da sie in <strong>der</strong><br />

Regel nur in Interaktion mit an<strong>der</strong>en Personen „sichtbar“ werden. Ein Verfahren, mit dem Kompetenzen<br />

erfasst werden können, ist die Methode <strong>der</strong> Beobachtung in handlungs- und simulationsorientierten<br />

Verfahren. In Aufgaben mit arbeits- und lebensweltlichem Bezug zeigen Schülerinnen und<br />

Schüler Verhaltensweisen, von denen auf berufliche Basiskompetenzen geschlossen werden kann.<br />

Die Beobachtung ist somit als „… das systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinnlich<br />

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Handbuch<br />

wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens“ [Atteslan<strong>der</strong> 1995] bzw. als „… ein<br />

Verfahren, das auf die zielorientierte Erfassung sinnlich wahrnehmbarer Tatbestände gerichtet ist,<br />

wobei <strong>der</strong> Beobachter seine Beobachtung zu systematisieren und die einzelnen Beobachtungsakte<br />

zu kontrollieren hat“ [Grümer 1974] zu verstehen.<br />

Bei <strong>der</strong> qualitativen Beobachtung können Kompetenzdeterminanten für bestimmte Aufgaben vorgegeben<br />

werden, denen beobachtete Verhaltensweisen zugeordnet werden. Ein Vorteil dieser Variante<br />

ist, dass Beobachterinnen und Beobachter sich nur auf bestimmte Verhaltensweisen und<br />

Kompetenzindikatoren konzentrieren müssen. Nachteil dieser Form ist die Neigung vieler Beobachterinnen<br />

und Beobachter, die Kompetenzraster möglichst vollständig auszufüllen und somit auch<br />

Verhaltensweisen zu protokollieren, die nicht deutlich zutage getreten sind. Ebenso bleiben gezeigte<br />

Kompetenzen, die nicht im Raster zu finden, aber u. U. dennoch bedeutsam sind, unbeachtet.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit ist die freie Beobachtung. Hierbei werden positiv wie negativ auffällige<br />

Verhaltensweisen und Kompetenzindikatoren während <strong>der</strong> Aufgabenbearbeitung auf einem leeren<br />

Blatt notiert und erst im Nachhinein bestimmten Kompetenzkategorien zugeordnet. Der Vorteil dieses<br />

Verfahrens ist, dass nur auffällige Beobachtungen notiert werden und Beobachterinnen bzw.<br />

Beobachter sich vollständig auf die Beobachtungssituation konzentrieren können, ohne parallel<br />

Zuordnungen zu Kompetenzkategorien vornehmen zu müssen. Bei <strong>der</strong> freien Beobachtung können<br />

zudem mehr Kompetenzbereiche pro Übung berücksichtigt werden.<br />

Da Beobachtungen durch Individuen vorgenommen werden, unterliegen sie einer subjektiven<br />

Komponente: Die Wahrnehmung <strong>der</strong> Beobachterinnen und Beobachter wird einerseits beeinflusst<br />

durch die Erfahrungen <strong>der</strong> Person, ihren kulturellen Hintergrund bzw. ihre Normen, Werte und Einstellungen<br />

– an<strong>der</strong>erseits durch die Beschaffenheit <strong>der</strong> Sinnesorgane <strong>der</strong> beobachtenden Person.<br />

Somit kann eine Vielzahl von Fehlern auftreten:<br />

� Einstellungsfehler: Beobachtungen werden verallgemeinert und mit Vorurteilen versehen<br />

� „Halo-Effekt“: einzelne Eigenschaften o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s hervorstehende Merkmale werden für<br />

die ganze Person verallgemeinert [„Der kriegt dann das an<strong>der</strong>e auch nicht zustande!“]<br />

� Erwartungseffekte: bestimmte Kleidung o<strong>der</strong> z. B. ein Piercing führen zu bestimmten Erwartungen<br />

� Normfehler: die Probanden werden aneinan<strong>der</strong> gemessen; in einer sehr schlechten Gruppe<br />

kommt ein durchschnittlich guter Teilnehmer besser weg<br />

� Milde- und Strengefehler: negativ bewertete Verhaltensweisen werden aus Güte ausgeblendet<br />

o<strong>der</strong> aus Strenge überbewertet<br />

� Emotionale Beteiligung: z. B. persönliches Interesse an einer Person<br />

� Logische Fehler: wer nicht pünktlich ist, ist unzuverlässig; wer zittert, ist nervös etc.<br />

� Observer Drift: Ermüdung <strong>der</strong> Beobachterinnen und Beobachter – ablenkende Gedanken<br />

� Mangelnde Beherrschung des Kategoriensystems<br />

� Kontrasteffekt: es werden beson<strong>der</strong>s die Eigenschaften beobachtet, die im Gegensatz zu den<br />

Persönlichkeitsmerkmalen <strong>der</strong> Beobachterin/des Beobachters stehen<br />

� Effekt des ersten Eindrucks: <strong>der</strong> erste Eindruck wird auf die betreffende Person übertragen<br />

[„So einen Typen hatten wir doch schon mal...“]<br />

� Fehler <strong>der</strong> zentralen Tendenz: Proband/-innen werden „in <strong>der</strong> Mitte“ eingeordnet<br />

� Verurteilung durch Wortwahl: im Beobachtungsbogen werden Zuschreibungen wie „labil“, „depressiv“,<br />

„nicht lernwillig“ etc. verwendet<br />

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Handbuch<br />

� Mangelnde Trennschärfe <strong>der</strong> Beobachtungskategorien<br />

� Schlechte Sicht/ungünstige Akustik: z. B. in zu kleinen/zu großen Räumen<br />

� Reaktivität <strong>der</strong> Personen: untypisches Verhalten <strong>der</strong> Probanden in <strong>der</strong> Beobachtungssituation.<br />

Um die Fehlerwahrscheinlichkeit in <strong>der</strong> Beobachtung zu minimieren, wird bei KomPo7 eine Reihe<br />

von Maßnahmen ergriffen [vgl. BIBB 2007], z. B.:<br />

� Einsatz ausschließlich von geschulten Beobachter/-innen<br />

� mehrfache Wechsel in <strong>der</strong> Gruppenzusammensetzung <strong>der</strong> Beobachteten<br />

� Rotations- und Mehraugenprinzip bei den Beobachter/-innen<br />

� zeitliche Trennung von Beobachtung und Bewertung<br />

� Bewertungen müssen an konkreten Beispielen aus dem Beobachtungsprotokoll belegt werden.<br />

Das Berufsbildungswerk Waiblingen gGmbH hat im Rahmen <strong>der</strong> Entwicklung des Verfahrens<br />

hamet2 Kriterien für den Beobachtungs- und Bewertungsprozess formuliert und im Akronym BAK-<br />

QuER zusammengefasst, die im Rahmen von KomPo7 ebenfalls berücksichtigt werden:<br />

Beobachten/Analysieren freie Beobachtung und Protokollierung<br />

Kategorisieren Zuordnung zu Beobachtungskategorien im Anschluss an die Beobachtung<br />

Qualifizieren Bewertung <strong>der</strong> Beobachtungen<br />

Evaluation Überprüfung <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Einzelbeobachtungen in einer Beobachterkonferenz<br />

Response Abschluss einer Kompetenzfeststellung ist immer die individuelle<br />

Rückmeldung <strong>der</strong> Ergebnisse an die Probanden<br />

2.4. Verfahren zur Kompetenzfeststellung<br />

Quelle: bbw Waiblingen gGmbH<br />

Verfahren zur Kompetenzfeststellung müssen entsprechend <strong>der</strong> Testtheorie den Kriterien <strong>der</strong> Validität,<br />

Reliabilität und Objektivität gerecht werden. Objektivität bezeichnet hierbei die Unabhängigkeit<br />

des Verfahrens vom Messenden/Beobachter. Reliabilität gibt an, inwieweit unter gleichen Bedingungen<br />

die gleichen Ergebnisse erreicht werden. Validität zeigt auf, wie genau ein Verfahren<br />

den zu messenden Gegenstand erfasst.<br />

Es hängt vom jeweiligen Verfahren und den zu bestimmenden Kompetenzkategorien ab, in welchem<br />

Ausmaß diesen Kriterien entsprochen werden muss. Die Bandbreite reicht hierbei von<br />

psychometrischen, psychologisch fundierten und statistisch abgesicherten Messverfahren bis hin<br />

zu beobachtungsgestützten Verfahren.<br />

Als mögliche Differenzierungskategorien für Verfahren zur Kompetenzfeststellung sind folgende<br />

Punkte zu nennen:<br />

� Standardisierungsgrad des Verfahrens<br />

� Form <strong>der</strong> Kompetenzermittlung [bspw. papier- o<strong>der</strong> computergestützt]<br />

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Handbuch<br />

� Einzel- o<strong>der</strong> Gruppenverfahren<br />

� <strong>Wirtschaft</strong>lichkeit/Kosten.<br />

Bei <strong>der</strong> Auswahl eines Verfahrens für den Einsatz an Schulen spielen aber auch die folgenden Aspekte<br />

eine Rolle:<br />

� notwendige Personalausstattung<br />

� Alter <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler und <strong>der</strong>en persönlicher Entwicklungsstand<br />

� Möglichkeit <strong>der</strong> Einbindung in den Schulalltag<br />

� individuelle Fragestellung vor Beginn <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung.<br />

Aktuell wird von unterschiedlichsten Anbietern eine große Bandbreite an Kompetenzfeststellungsverfahren<br />

angeboten, die den beschriebenen Kriterien in unterschiedlicher Weise gerecht werden.<br />

Viele Verfahren weisen einen hohen Standardisierungsgrad auf, unterscheiden sich aber hinsichtlich<br />

ihrer Aussagekraft, <strong>der</strong> Kosten und <strong>der</strong> an die Durchführenden gerichteten Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />

An dieser Stelle darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei je<strong>der</strong> Kompetenzfeststellung<br />

um eine Momentaufnahme handelt und sich Kompetenzausprägungen aufgrund von individueller<br />

För<strong>der</strong>ung und persönlicher Entwicklung verän<strong>der</strong>n können. Daher empfiehlt es sich, berufliche<br />

Basiskompetenzen – insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> hier behandelten Zielgruppe [Schülerinnen und<br />

Schüler <strong>der</strong> Jahrgangsstufe 7 im Alter von 11 bis 13 Jahren] – in regelmäßigen Abständen neu zu<br />

erheben. Dies gilt es beim Einsatz von Kompetenzfeststellungsverfahren im Rahmen <strong>der</strong> schulischen<br />

Berufsorientierung zu beachten. Im Verfahren KomPo7 wird dieser Weiterentwicklung von<br />

Kompetenzen aufgrund von psychosozialen Reifeprozessen u. a. in <strong>der</strong> Abschlussdokumentation<br />

Rechnung getragen.<br />

10/21


Handbuch<br />

3. Das Verfahren KomPo7<br />

Mit <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung in Klasse 7 werden Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern sowie die<br />

beteiligten Lehrkräfte für die anstehende Phase <strong>der</strong> beruflichen Orientierung sensibilisiert. Auf Basis<br />

<strong>der</strong> Erhebung grundlegen<strong>der</strong> sozialer, personaler und methodischer Kompetenzen soll sich die<br />

weitere berufliche För<strong>der</strong>ung und Beratung <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler durch die Schule und die<br />

Agentur für Arbeit ausrichten. KomPo7 unterstützt die beginnende Berufsorientierung von Schülerinnen<br />

und Schülern als Bestandteil ihrer Lebensplanung und hilft ihnen, eigene Stärken und Interessen<br />

kennen zu lernen. Untrennbar mit <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung verbunden ist eine anschließende<br />

individuelle För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufswahl- und Ausbildungsreife. Diese bildet die Basis für eine<br />

realistische und passgenaue Berufswahl <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler als Grundlage für einen<br />

erfolgreichen Übergang von <strong>der</strong> Schule in die Arbeitswelt.<br />

Ziel <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung ist es nicht, Schülerinnen und Schüler hinsichtlich ihrer vorhandenen<br />

Kompetenzen miteinan<strong>der</strong> zu vergleichen o<strong>der</strong> ihre Eignung für einzelne Berufe zu überprüfen.<br />

Ihnen sollen vielmehr berufsfeldbezogene Perspektiven anhand ihrer Stärken, Interessen und Neigungen<br />

eröffnet werden.<br />

Das Verfahren KomPo7 zeichnet sich somit durch die folgenden Vorteile aus:<br />

� Flankierung durch eine Lehrkräftequalifizierung, die es den Schulen ermöglicht, das Verfahren<br />

mittelfristig eigenständig durchzuführen<br />

� Betonung <strong>der</strong> personalen, methodischen und sozialen Kompetenzen als entscheidende Ressourcen<br />

und Ausgangsfaktoren für die individuelle Berufsorientierung<br />

� Handlungsorientierung sowie die Kombination von Selbst- und kriteriengeleiteter Fremdeinschätzung<br />

erlauben den Verzicht auf kostspielige Lizenzen<br />

� Frühzeitige Berücksichtigung <strong>der</strong> Sichtweise <strong>der</strong> <strong>Wirtschaft</strong> durch Einbeziehung eines betrieblichen<br />

Vertreters<br />

� Ergebnisdokumentation in Form eines individuellen Berichts unter Verzicht auf rein quantitative<br />

Aussagen [Skalenwerte o<strong>der</strong> Noten] o<strong>der</strong> Standard-Textbausteinen.<br />

Ob <strong>der</strong> Einstieg in die Phase <strong>der</strong> beruflichen Orientierung bereits in <strong>der</strong> Jahrgangsstufe 7 erfolgen<br />

sollte, wird in Fachkreisen immer wie<strong>der</strong> kontrovers diskutiert. Unabhängig von konkreten Regelungen<br />

und Strukturen, die einzelne Schulen o<strong>der</strong> Bildungsgänge betreffen, sprechen u. a. folgende<br />

Gründe für eine frühzeitige berufliche Orientierung:<br />

� Die Schülerinnen und Schüler können sich informieren und erste praktische Erfahrungen machen,<br />

ohne dass sie gleich eine konkrete Entscheidung für o<strong>der</strong> gegen einen Beruf o<strong>der</strong> eine<br />

Berufsrichtung treffen müssen.<br />

� An vielen Schulen wurde außerdem die Erfahrung gemacht, dass sich die meisten Schülerinnen<br />

und Schüler <strong>der</strong> 7. Klassen, im Unterschied zu späteren Klassenstufen, noch offen und<br />

unverkrampft auf das Thema Berufsorientierung einlassen.<br />

� Darüber hinaus veröffentlichen Betriebe ihre Ausbildungsstellen heute sehr frühzeitig – teilweise<br />

bis zu 17 Monate vor Ausbildungsbeginn. Eine alleinige Verortung <strong>der</strong> schulischen Berufsorientierung<br />

im vorletzten und letzten Schuljahr steht somit dem Ziel eines unmittelbaren Übergangs<br />

<strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler von <strong>der</strong> Schule in den Beruf entgegen.<br />

11/21


3.1. Aufbau<br />

Handbuch<br />

Kernelemente von KomPo7 sind eine qualifizierte Selbsteinschätzung <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler,<br />

ein Berufsinteressentest, eine Fremdeinschätzung durch pädagogische Fachkräfte, die Gegenüberstellung<br />

<strong>der</strong> Selbst- und Fremdeinschätzung sowie das In-Beziehung-Setzen <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Kompetenzen mit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Wirtschaft</strong> bzw. eines Berufsfeldes.<br />

Folgendes Schaubild verdeutlicht den Aufbau des Verfahrens KomPo7:<br />

Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung<br />

Allgemeiner Interessen-Struktur-Test ©<br />

[AIST-R]<br />

Beobachtung<br />

� handlungsorientierte Übungen<br />

� erlebnispädagogische Ansätze<br />

� Job-Interview<br />

Fragebogen zur Selbsteinschätzung Erfassungsbogen zur Fremdeinschätzung<br />

Job-Interview<br />

Fähigkeiten und Interessen<br />

mit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitswelt in Beziehung setzen<br />

Kompetenzprofil<br />

mit individuellen För<strong>der</strong>empfehlungen<br />

Feedbackgespräch<br />

Schulische und außerschulische För<strong>der</strong>maßnahmen<br />

auf dem Weg in den Beruf<br />

Es wird empfohlen, nach etwa sechs Monaten einen Reflexionstag durchzuführen, an dem den<br />

Schülerinnen und Schülern persönliche Erfahrungen, Verän<strong>der</strong>ungen und Entwicklungen seit <strong>der</strong><br />

12/21


Handbuch<br />

ersten Kompetenzfeststellung gespiegelt und damit für den individuellen Berufswahlprozess nutzbar<br />

gemacht werden.<br />

3.2. Bausteine<br />

Selbsteinschätzungsbogen<br />

Die Selbsteinschätzung ist eine Möglichkeit zur individuellen Exploration von Interessen und Neigungen.<br />

Diese kann frei in Aufsatzform sowie im Rahmen von Interviewsituationen stattfinden,<br />

aber auch durch mehr o<strong>der</strong> weniger standardisierte Fragebögen unterstützt bzw. ausschließlich mit<br />

diesen durchgeführt werden.<br />

Bei KomPo7 kommt ein Fragebogen zum Einsatz, <strong>der</strong> den Schülerinnen und Schülern die eigenen<br />

Interessen und Neigungen bewusst machen soll und auf einem entsprechenden Dokument des<br />

Berufswahlpasses aufbaut. Hinsichtlich <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Kompetenzkategorien wurde das in<br />

KomPo7 verwendete Instrument an das Kategoriensystem des Kriterienkataloges zur Ausbildungsreife<br />

angepasst.<br />

Berufsinteressentest<br />

Als Berufsinteressentest kommt <strong>der</strong> Allgemeine Struktur-Interessen-Test [AIST-R] auf <strong>der</strong> Basis<br />

des Modells von J. L. Holland zum Einsatz. Der AIST-R dient <strong>der</strong> Erfassung schulisch-beruflicher<br />

Interessen. Er besteht aus 60 Items, anhand <strong>der</strong>er sechs Interessendimensionen gemessen werden:<br />

R Praktisch-technische Interessen [Realistic]<br />

I Intellektuell-forschende Interessen [Investigative]<br />

A Künstlerisch-sprachliche Interessen [Artistic]<br />

S Soziale Interessen [Social]<br />

E Unternehmerische Interessen [Enterprising]<br />

C Konventionelle Interessen [Conventional]<br />

Quelle: Beltz Test, Hogrefe Verlag, 1. Revision, Auflage 2005<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund steht nicht die Zuschreibung bestimmter Berufe, son<strong>der</strong>n die Exploration von Interessen<br />

und Orientierungen bezüglich bestimmter Berufsfel<strong>der</strong>. Bei den Schülerinnen und Schülern<br />

können somit Interessen o<strong>der</strong> Desinteressen bzgl. <strong>der</strong> überprüften Interessendimensionen o<strong>der</strong><br />

eine gänzlich am Anfang stehende Berufsorientierung festgestellt werden. Der Test wird in einer<br />

papier- o<strong>der</strong> PC-gestützten Variante angeboten. Die Bearbeitung dauert zwischen 10 und 15 Minuten<br />

– die Auswertung <strong>der</strong> papiergestützten Variante erfor<strong>der</strong>t einen Aufwand von ebenfalls 10 bis<br />

15 Minuten pro Bogen. Bei <strong>der</strong> PC-Variante erfolgt die Auswertung computergestützt. Für die<br />

Durchführung und Auswertung ist eine Einweisung bzw. Schulung notwendig. 1.000 Durchführungen<br />

kosten in <strong>der</strong> Papiervariante ca. 1,50 €, in <strong>der</strong> PC-gestützten Durchführung ca. 2,20 € pro<br />

Proband [aktuelle Preise unter www.testzentrale.de].<br />

Beobachtung handlungsorientierter und/o<strong>der</strong> erlebnispädagogischer Übungen<br />

Im Rahmen des Verfahrens werden mehrere handlungsorientierte bzw. erlebnispädagogische<br />

Gruppenaufgaben durchgeführt. In Kapitel 2.3. wurden die wissenschaftlichen Grundlagen für die<br />

Methode <strong>der</strong> Beobachtung beschrieben. Abgeleitet für KomPo7 bedeutet dies, dass die Beobachtung<br />

bei je<strong>der</strong> Übung aufs Neue gestartet wird. Dabei werden die Beobachtungen frei protokolliert,<br />

ohne dass diese gleich bestimmten Kriterien zugeordnet o<strong>der</strong> bewertet werden.<br />

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Handbuch<br />

Die Ergebnisse werden in Beobachterkonferenzen besprochen und objektiviert. Am Ende des Verfahrens<br />

kommen die Beobachterinnen und Beobachter so zu einer qualifizierten Einschätzung, die<br />

letztlich den Ergebnissen <strong>der</strong> Selbsteinschätzung gegenüber gestellt wird [s. Feedback-Gespräch].<br />

Die Fremdeinschätzung bezieht sich ausschließlich auf die Beobachtungen während <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung.<br />

Wie die Schülerinnen und Schüler im Laufe des Schuljahres im Unterricht von<br />

den Lehrkräften wahrgenommen werden, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Vor diesem<br />

Hintergrund ist es von Vorteil, wenn die Beobachterinnen und Beobachter, die von ihnen beobachteten<br />

Schülerinnen und Schüler nicht aus dem Unterricht kennen. Da eine <strong>der</strong>artige Zuordnung im<br />

schulischen Alltag nicht immer möglich ist, werden zur Bewertung <strong>der</strong> Proband/-innen ausschließlich<br />

die Beobachtungsprotokolle herangezogen. Die Gefahr von Einstufungen aus „dem Bauch<br />

heraus“, die sich auf unspezifische, nicht explizit belegbare Vorerfahrungen beziehen, wird somit<br />

minimiert. Das Beobachtungsverhältnis während des Verfahrens ist 1:4. Um das Mehraugenprinzip<br />

zu gewährleisten, beobachten während des kompletten Verfahrens je zwei Personen acht Schülerinnen<br />

bzw. Schüler. Darüber hinaus findet ein Rotationsverfahren Anwendung – eine „Neuzuordnung“<br />

<strong>der</strong> Proband/-innen ist hierbei sowohl während einer Übung als auch zwischen den Übungen<br />

möglich.<br />

Job-Interview<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung ist die Herstellung eines ersten Bezuges<br />

<strong>der</strong> individuellen Neigungen und Interessen <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler zu den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Wirtschaft</strong>. Vor diesem Hintergrund werden Unternehmensvertreter/-innen aktiv in die<br />

Durchführung von KomPo7 einbezogen, um die Schülerinnen und Schüler über die in <strong>der</strong> Region<br />

gegebenen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten zu informieren und Einblicke in die Berufspraxis<br />

zu ermöglichen. Dazu hält <strong>der</strong>/die Betriebsvertreter/-in einen Kurzvortrag über sein/ihr Unternehmen<br />

und über Ausbildungsmöglichkeiten in dieser Branche. Außerdem findet ein Job-Interview mit<br />

von den Schülerinnen und Schülern im Vorfeld vorbereiteten Fragen statt. Dabei sollen Schwellenängste<br />

abgebaut und die Grundlage für nachfolgende Kontakte zu Unternehmen im Rahmen von<br />

Bildungsmessen, Betriebserkundungen etc. im Verlauf des Berufsorientierungsprozesses gelegt<br />

werden. Im Anschluss an das Interview erhalten die Teilnehmenden die Aufgabe, dieses nachzubereiten<br />

und <strong>der</strong> Gesamtgruppe zu präsentieren. Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung und<br />

Ergebnispräsentation werden beobachtet.<br />

Das Job-Interview wird von allen Beteiligten als sehr positiver und wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung<br />

hervorgehoben. Die Unternehmen können auf diese Weise den Kompetenzerwerb<br />

aktiv mitgestalten und dem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken, indem sie die<br />

Schülerinnen und Schüler frühzeitig mit den Anfor<strong>der</strong>ungen und Erwartungen <strong>der</strong> <strong>Wirtschaft</strong> vertraut<br />

machen. Darüber hinaus haben Unternehmen Gelegenheit, Kooperationen mit Schulen zu<br />

initiieren, auszubauen und – in Abstimmung mit <strong>der</strong> Schule – gezielt für eine Ausbildung in ihrem<br />

Betrieb zu werben.<br />

Feedbackgespräch<br />

Nach Auswertung des AIST-R und <strong>der</strong> Beobachtungen findet ein Feedbackgespräch mit den Jugendlichen<br />

unter Beteiligung einer zuständigen Lehrkraft statt. Ziel des Gesprächs ist es, die Schülerinnen<br />

und Schüler dabei zu unterstützen, Ansatzpunkte für ihre weitere berufliche Orientierung<br />

zu finden. Zunächst werden die Ergebnisse <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung <strong>der</strong> Selbsteinschätzung <strong>der</strong><br />

Jugendlichen gegenübergestellt – die Schülerinnen und Schüler erkennen so ihren Entwicklungsstand<br />

und erfahren individuelle Fähigkeiten bzw. Potenziale. Darüber hinaus werden die sich daraus<br />

ableitenden Optionen zur Auswahl eines Berufsfeldes/Betriebes für das in Klasse 8 stattfindende<br />

Praktikum bzw. die in einer Bildungsstätte stattfindende praktische Erprobung besprochen.<br />

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Handbuch<br />

Schließlich erhält die Lehrkraft Hinweise, wie sie die Empfehlungen und Ergebnisse <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung<br />

in einen individuellen För<strong>der</strong>plan aufnehmen und in <strong>der</strong> Arbeit mit dem Berufswahlpass<br />

berücksichtigen kann.<br />

3.3. Ablauf<br />

Die Kompetenzfeststellung kann entwe<strong>der</strong> an drei aufeinan<strong>der</strong>folgenden Tagen o<strong>der</strong> innerhalb<br />

eines überschaubaren Zeitrahmens [zwei Wochen] durchgeführt werden. Wird die Kompetenzfeststellung<br />

en bloc durchgeführt, ist es wichtig, dass handlungsbestimmte Elemente sich mit Einzelaufgaben<br />

und Vorbereitungen abwechseln, um das Interesse, die Aufmerksamkeit und die Motivation<br />

<strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler aufrecht zu erhalten. Liegen zwischen den einzelnen Durchführungszeitpunkten<br />

mehrere Tage, ist soweit möglich darauf zu achten, dass die gleichen Beobachterinnen<br />

und Beobachter eingesetzt werden. Im Folgenden wird ein idealtypischer Ablaufplan für<br />

KomPo7 an drei aufeinan<strong>der</strong>folgenden Tagen dargestellt.<br />

Tag 1 | Zeit Inhalte Personaleinsatz<br />

Vorgespräch Klärung Tagesablauf, Einteilung <strong>der</strong> bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

07:45 – 08.30 Gruppen, Organisatorisches<br />

Begrüßung Vorstellung und Erläuterungen zu bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

08:30 – 08:40 KomPo7<br />

Einstieg<br />

08:40 – 09:00<br />

Selbsteinschätzungsbogen bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

09:00 – 09:10 Pause<br />

Durchführung Handlungsorientierte Übung 4 Beobachter/-innen<br />

09:10 – 10:10<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

10:10 – 10:30 Pause<br />

Besprechung<br />

10:30 – 10:40<br />

Erläuterung AIST-R<br />

bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

Durchführung Allgemeiner Interessen-Struktur- bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

10:40 – 11:00 Test [AIST-R]<br />

11:00 – 11:20 Pause<br />

Vorbereitung Vorbereitung auf das Job-Interview 4 Beobachter/-innen<br />

11:20 – 12:00<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

Durchführung Erlebnispädagogische Übung 4 Beobachter/-innen<br />

12:00 – 12:20<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

Abschluss Abschluss des 1. Tages<br />

bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

12:20 – 13:00 Feedbackrunde<br />

Ausblick auf 2. Tag<br />

13:00 – 13:30 Pause<br />

Auswertung<br />

13:30 – 15:00<br />

Beobachterkonferenz bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

Tag 2 | Zeit Inhalte Personaleinsatz<br />

Begrüßung<br />

08:00 – 08:15<br />

Einstieg bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

Durchführung Handlungsorientierte Übung 4 Beobachter/-innen<br />

08:15 – 09:00<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

09:00 – 09:20 Pause<br />

Durchführung Job-Interview 4 Beobachter/-innen<br />

09:20 – 10:30<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

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Handbuch<br />

10:30 – 10:50 Pause<br />

Durchführung Nachbereitung des Job-Interviews 4 Beobachter/-innen<br />

10:50 – 11:30<br />

[je 16er-Gruppe]<br />

Durchführung Präsentation des Job-Interviews 4 Beobachter/-innen<br />

11:30 – 12:20<br />

[4 Gruppen à 4 Schüler/-innen]<br />

Abschluss Abschluss des 2. Tages<br />

bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

12:20 – 13:00 Feedbackrunde<br />

13:00 – 13:30 Pause<br />

Auswertung<br />

13.30 – 15.00<br />

Beobachterkonferenz bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

Tag 3 | Zeit Inhalte Personaleinsatz<br />

08:00 – 13:00 Individuelle Feedbackgespräche bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

13:00 – 13:30 Pause<br />

13.30 – 14.00 Allgemeines Auswertungsgespräch bwhw-Mitarbeiter/-innen, Lehrkräfte<br />

Je nach zeitlicher Unterrichtsorganisation sollten die einzelnen Elemente <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung an die<br />

Unterrichts- und Pausenzeiten angepasst werden. Die Dauer <strong>der</strong> einzelnen Aufgaben und Übungen kann je<br />

nach Gruppenzusammensetzung und Schulform variieren. Zudem kann die Reihenfolge <strong>der</strong> Übungen individuell<br />

gestaltet werden. Für den Beobachtungsprozess ist es allerdings von Vorteil, die handlungsorientierten<br />

Übungen nicht am gleichen Tag durchzuführen [„Tagesform“ <strong>der</strong> Probanden].<br />

Die Gesamtstruktur des Verfahrens KomPo7 lässt sich anhand <strong>der</strong> nachfolgenden Darstellung<br />

verdeutlichen:<br />

1. Tag 2. Tag 3. Tag<br />

[Gruppen-]Übungen<br />

mit freier Beobachtung<br />

Beobachterkonferenz<br />

Tagesauswertung<br />

3.4. Ergebnisdokumentation<br />

[Gruppen-]Übungen<br />

und Job-Interview<br />

mit freier Beobachtung<br />

Beobachterkonferenz<br />

Tagesauswertung<br />

Beobachterkonferenz<br />

Gesamtauswertung<br />

Individuelle<br />

Rückmeldung<br />

Für alle Schülerinnen und Schüler werden die Ergebnisse <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung und des<br />

AIST-R in einem individuellen Kompetenzprofil zusammengefasst. Wichtig bei <strong>der</strong> Ergebnisdokumentation<br />

ist, dass keine Reduktion <strong>der</strong> Beobachtungsergebnisse auf nominelle Werte o<strong>der</strong> Noten<br />

stattfindet, son<strong>der</strong>n eine verbalisierte schriftliche Darstellung erfolgt. Gründe hierfür sind:<br />

� die Verwert- und Beurteilbarkeit <strong>der</strong> Ergebnisse auch nach einem längeren Zeitraum<br />

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Handbuch<br />

� die Möglichkeit einer individuellen Darstellung von Kompetenzen außerhalb von reinen Kategorienzuschreibungen<br />

� das Setzen eines Gegenpunktes zum schulischen Notensystem<br />

� die Möglichkeit einer wohlwollenden und ressourcenorientierten Darstellung.<br />

Das KomPo7-Kompetenzprofil beinhaltet folgende Abschnitte:<br />

� Beschreibung <strong>der</strong> eingesetzten Verfahren<br />

� Ergebnisse des AIST-R<br />

� Ergebnisse <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung [Fremdeinschätzung]<br />

� Handlungsempfehlungen.<br />

Bei den Empfehlungen stehen <strong>der</strong> aktuelle Stand <strong>der</strong> beruflichen Orientierung und <strong>der</strong> Ausblick auf<br />

die nächsten Schritte im Vor<strong>der</strong>grund. Hinweise auf Angebote <strong>der</strong> Schule, <strong>der</strong> Agentur für Arbeit<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kommune runden die Empfehlungen ab.<br />

3.5. Individuelle För<strong>der</strong>ung<br />

Aus einer Kompetenzfeststellung ergibt sich in <strong>der</strong> Regel ein För<strong>der</strong>bedarf, <strong>der</strong> aber ebenso individuell<br />

ist wie die Kompetenzen, die jede Schülerin o<strong>der</strong> je<strong>der</strong> Schüler besitzt. Je nachdem, wie groß<br />

die Anzahl <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler ist, die eine Kompetenzfeststellung durchlaufen haben,<br />

und wie viele davon einen gemeinsamen Bedarf haben, kann die För<strong>der</strong>ung an <strong>der</strong> Schule organisiert<br />

werden.<br />

Die einfachste Art <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung ist es, alle bereits an einer Schule innerhalb und außerhalb des<br />

Unterrichts existierenden För<strong>der</strong>möglichkeiten und -angebote auf Grundlage <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Kompetenzfeststellung zu bewerten und Schülerinnen und Schüler hinsichtlich einer Teilnahme zu<br />

beraten. So können fakultative Angebote <strong>der</strong> Schule, wie z. B. Arbeitsgemeinschaften einzelnen<br />

Schülerinnen und Schülern gezielt offeriert werden.<br />

Je nach Schulgröße und den jeweiligen Rahmenbedingungen können darüber hinaus spezielle<br />

Angebote wie Sozialkompetenztraining in Kooperation mit regionalen Trägern, <strong>der</strong> Jugendpflege<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Agentur für Arbeit initiiert werden. Im Zuge <strong>der</strong> Programms „selbstständige Schule“ haben<br />

Schulen zunehmend die Möglichkeit, eigene und auf ihre Bedürfnisse und die Bedürfnisse ihrer<br />

Schülerinnen und Schüler abgestimmte Angebote zu entwickeln und anzubieten.<br />

Auch ein binnendifferenzierter Unterricht kann bspw. die Kommunikationsfähigkeit von einzelnen<br />

Schülerinnen und Schülern stärken, indem ihnen in Gruppenarbeiten bestimmte Rollen bei <strong>der</strong><br />

Aufgabenbearbeitung zugewiesen werden.<br />

Die Ergebnisse von KomPo7 können auch als Anlass o<strong>der</strong> Grundlage für Elterngespräche dienen,<br />

um konkrete Absprachen zu treffen o<strong>der</strong> Betriebspraktika o. ä. vorzubereiten.<br />

Um einen Überblick über För<strong>der</strong>bedarfe und konkrete För<strong>der</strong>maßnahmen zu erhalten, wird eine<br />

tabellarische Aufstellung für alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse empfohlen. In dieser können<br />

die individuellen Bedarfe, die Art und Weise <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung sowie die Zeitpunkte einzelner<br />

Maßnahmen übersichtlich festgehalten werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass nicht<br />

nur etwaige Defizite son<strong>der</strong>n auch die Stärken weiter geför<strong>der</strong>t werden. Darüber hinaus sollte <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>prozess im Berufswahlpass dokumentiert werden, um den individuellen Entwicklungsverlauf<br />

für alle am Berufsorientierungsprozess Beteiligten nachvollziehbar zu machen.<br />

17/21


Handbuch<br />

3.6. Organisatorischer Rahmen<br />

Räumlichkeiten<br />

Für die Durchführung von KomPo7 wird pro 16er-Gruppe mindestens ein großer Raum benötigt.<br />

Da viele Übungen in Gruppen mit vier Schülerinnen und Schülern erfolgen, sind zwei Räume sinnvoller.<br />

Um zu verdeutlichen, dass es sich bei <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung um eine beson<strong>der</strong>e Situation<br />

handelt o<strong>der</strong> um eine „neutrale“ Atmosphäre außerhalb <strong>der</strong> gewohnten Schulumgebung zu<br />

schaffen, empfiehlt es sich u. U., die Kompetenzfeststellung auch an außerschulischen Lernorten<br />

durchzuführen.<br />

Materialien<br />

Die Anleitungen zu den Übungen, die bei KomPo7 eingesetzt werden, Beobachtungsbögen sowie<br />

die Vorlagen zur Selbst- und Fremdeinschätzung, Musterkompetenzprofile etc. werden vom bwhw<br />

in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Der jeweiligen Übungsanleitung ist <strong>der</strong> Materialbedarf<br />

zu entnehmen. Die benötigten Materialien wie Kopierpapier, Scheren, Klebestifte, Klebeband,<br />

Buntstifte, Lineale, Flipchart usw. sind in <strong>der</strong> Regel bereits bei den Schülerinnen und Schülern<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule vorhanden.<br />

Der Allgemeine Interessen-Struktur-Test ist ein standardisiertes Testverfahren zur Ermittlung schulisch-beruflicher<br />

Interessen. Dieser Test kann in zwei Formen erworben werden [vgl. 3.2.].<br />

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Handbuch<br />

4. Schlussbemerkungen<br />

Es ist wenig sinnvoll, eine Kompetenzfeststellung um ihrer selbst willen durchzuführen o<strong>der</strong> um mit<br />

ihr einen Aspekt aus dem Berufsorientierungscurriculum <strong>der</strong> jeweiligen Schule zu erfüllen. Wichtig<br />

ist das Vorhandensein einer passgenauen, auf die Proband/-innen bezogenen Fragestellung. Bei<br />

KomPo7 ist das Erkenntnisinteresse die Basiserhebung von sozialen, personalen und methodischen<br />

Kompetenzen, um Schülerinnen und Schüler sowie <strong>der</strong>en Eltern für die Phase <strong>der</strong> beruflichen<br />

Orientierung zu sensibilisieren und erste Anhaltspunkte für eine mögliche För<strong>der</strong>ung durch<br />

Eltern und Fachkräfte zu geben.<br />

Vor <strong>der</strong> tatsächlichen Durchführung einer Kompetenzfeststellung sind zudem folgende Punkte zu<br />

bedenken:<br />

� Welche Form und welches Ausmaß an Kompetenzfeststellung sind notwendig?<br />

� Personen, die mit <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung befasst sind, sollten eine entsprechende Ausbildung,<br />

Einweisung o<strong>der</strong> Schulung durchlaufen haben.<br />

� Kompetenzfeststellungsverfahren sollten entsprechend ihrer Konzeption durchgeführt werden.<br />

Fehlerhaft und/o<strong>der</strong> unvollständig durchgeführte Kompetenzfeststellungen liefern min<strong>der</strong>wertige<br />

Ergebnisse.<br />

� Der Datenschutz muss immer an erster Stelle stehen – sowohl bei <strong>der</strong> Kompetenzfeststellung<br />

selbst als auch bei <strong>der</strong> Dokumentation, Aufbewahrung, Einsichtnahme durch Dritte [nicht beteiligte<br />

Lehrkräfte, Agentur für Arbeit etc.] und Vernichtung nicht mehr benötigter Unterlagen [z. B.<br />

Beobachtungsbögen].<br />

Kompetenzfeststellungen an Schulen können nur dann erfolgreich etabliert werden, wenn die darin<br />

eingebundenen Lehrkräfte über ein Grundverständnis des zugrundeliegenden Kompetenzbegriffs<br />

verfügen, fundiert in ihre Rolle als Beobachterin bzw. Beobachter eingewiesen wurden und Kompetenzfeststellungen<br />

als ihre Aufgabe und wichtigen Bestandteil <strong>der</strong> Berufsorientierung ihrer Schülerinnen<br />

und Schüler verstehen. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass die Schulleitung das Anliegen<br />

unterstützt und die notwendigen personellen, zeitlichen, räumlichen und organisatorischen<br />

Ressourcen bereitstellt.<br />

Schließlich ist <strong>der</strong> Einsatz eines Verfahrens zur Kompetenzfeststellung nur sinnvoll, wenn sich eine<br />

individuelle För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler anschließt. Diese sollte dazu dienen, die<br />

Stärken <strong>der</strong> Jugendlichen weiter aus- und etwaige Defizite abzubauen, um einen erfolgreichen<br />

Übergang von <strong>der</strong> Schule in den Beruf zu ermöglichen.<br />

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Handbuch<br />

Literaturverzeichnis und weiterführende Literatur<br />

ATTESLANDER, P. [1995]: Methoden <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung, 8. überarb. Auflage, Berlin,<br />

de Gruyter.<br />

BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT [Hrsg.] [2009]: Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs<br />

– Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife, Nürnberg.<br />

BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG [Hrsg.] [2007]: Qualitätsstandards für Verfahren zur Kompetenzfeststellung<br />

im Übergang Schule-Beruf, Bonn/Moers, BIBB/IMBSE.<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG [Hrsg.] [2008]: Kompetenzerfassung in pädagogischen<br />

Handlungsfel<strong>der</strong>n – Theorien, Konzepte und Methoden, Bildungsforschung Band 26,<br />

Bonn.<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG [Hrsg.] [2006]: Praxis und Perspektiven zur<br />

Kompetenzentwicklung vor dem Übergang Schule-Berufsbildung, Schriftenreihe zum BQF-<br />

Programm, Band II b, Berlin.<br />

ERPENBECK, J. & ROSENSTIEL, L. v. [Hrsg.] [2007]: Handbuch Kompetenzmessung, 2. Auflage,<br />

Stuttgart, Schäffer-Poeschel.<br />

GRÜMER, K.-W. [1974]: Beobachtung, Stuttgart, Teubner.<br />

HEIDELBERGER INSTITUT BERUF UND ARBEIT [Hrsg.] [2004]: Kompetenzfeststellung – ein Weg zur<br />

erfolgreichen Vermittlung in Ausbildung und Arbeit, Darmstadt.<br />

INSTITUT FÜR BERUFLICHE BILDUNG, ARBEITSMARKT- UND SOZIALPOLITIK [Hrsg.] [2007]: Kompetenzen<br />

feststellen – Ausbildungsreife för<strong>der</strong>n, Berichte und Materialien, Band 18, Offenbach.<br />

INSTITUT FÜR BERUFLICHE BILDUNG, ARBEITSMARKT- UND SOZIALPOLITIK [Hrsg.] [2002]: Kompetenzfeststellung,<br />

Teil I: Grundlagen, Berichte und Materialien, Band 8, Offenbach.<br />

REINERS, A. [2007]: Praktische Erlebnispädagogik, 8. überarb. Auflage, Augsburg, Ziel.<br />

ROTH, H. [1971]: Pädagogische Anthropologie, Band 2, Entwicklung und Erziehung, Hannover.<br />

WHITE, R. W. [1959]: Motivation reconsi<strong>der</strong>ed: The concept of competence, Psychological Review<br />

66, 297-333.<br />

20/21


Handbuch<br />

Kontakt und weiterführende Informationen<br />

<strong>Bildungswerk</strong> <strong>der</strong> <strong>Hessischen</strong> <strong>Wirtschaft</strong> e.V.<br />

Projektbüro KomPo7 verankern<br />

Telefon-Hotline: 06151 2710-15<br />

eMail: kompo7@bwhw.de<br />

Weitere Informationen zum Projektvorhaben KomPo7 verankern und zum Kompetenzfeststellungsverfahren<br />

Kompo7 finden Sie im Internet unter:<br />

www.kompo7.de<br />

www.bwhw.de<br />

FÖRDERUNG<br />

Das Projektvorhaben KomPo7 verankern wird geför<strong>der</strong>t aus Mitteln des Landes Hessen, <strong>der</strong> Regionaldirektion<br />

Hessen <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung<br />

sowie aus dem Europäischen Sozialfonds.<br />

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