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HANDBUCH - Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft eV

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Handbuch<br />

wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens“ [Atteslan<strong>der</strong> 1995] bzw. als „… ein<br />

Verfahren, das auf die zielorientierte Erfassung sinnlich wahrnehmbarer Tatbestände gerichtet ist,<br />

wobei <strong>der</strong> Beobachter seine Beobachtung zu systematisieren und die einzelnen Beobachtungsakte<br />

zu kontrollieren hat“ [Grümer 1974] zu verstehen.<br />

Bei <strong>der</strong> qualitativen Beobachtung können Kompetenzdeterminanten für bestimmte Aufgaben vorgegeben<br />

werden, denen beobachtete Verhaltensweisen zugeordnet werden. Ein Vorteil dieser Variante<br />

ist, dass Beobachterinnen und Beobachter sich nur auf bestimmte Verhaltensweisen und<br />

Kompetenzindikatoren konzentrieren müssen. Nachteil dieser Form ist die Neigung vieler Beobachterinnen<br />

und Beobachter, die Kompetenzraster möglichst vollständig auszufüllen und somit auch<br />

Verhaltensweisen zu protokollieren, die nicht deutlich zutage getreten sind. Ebenso bleiben gezeigte<br />

Kompetenzen, die nicht im Raster zu finden, aber u. U. dennoch bedeutsam sind, unbeachtet.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit ist die freie Beobachtung. Hierbei werden positiv wie negativ auffällige<br />

Verhaltensweisen und Kompetenzindikatoren während <strong>der</strong> Aufgabenbearbeitung auf einem leeren<br />

Blatt notiert und erst im Nachhinein bestimmten Kompetenzkategorien zugeordnet. Der Vorteil dieses<br />

Verfahrens ist, dass nur auffällige Beobachtungen notiert werden und Beobachterinnen bzw.<br />

Beobachter sich vollständig auf die Beobachtungssituation konzentrieren können, ohne parallel<br />

Zuordnungen zu Kompetenzkategorien vornehmen zu müssen. Bei <strong>der</strong> freien Beobachtung können<br />

zudem mehr Kompetenzbereiche pro Übung berücksichtigt werden.<br />

Da Beobachtungen durch Individuen vorgenommen werden, unterliegen sie einer subjektiven<br />

Komponente: Die Wahrnehmung <strong>der</strong> Beobachterinnen und Beobachter wird einerseits beeinflusst<br />

durch die Erfahrungen <strong>der</strong> Person, ihren kulturellen Hintergrund bzw. ihre Normen, Werte und Einstellungen<br />

– an<strong>der</strong>erseits durch die Beschaffenheit <strong>der</strong> Sinnesorgane <strong>der</strong> beobachtenden Person.<br />

Somit kann eine Vielzahl von Fehlern auftreten:<br />

� Einstellungsfehler: Beobachtungen werden verallgemeinert und mit Vorurteilen versehen<br />

� „Halo-Effekt“: einzelne Eigenschaften o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s hervorstehende Merkmale werden für<br />

die ganze Person verallgemeinert [„Der kriegt dann das an<strong>der</strong>e auch nicht zustande!“]<br />

� Erwartungseffekte: bestimmte Kleidung o<strong>der</strong> z. B. ein Piercing führen zu bestimmten Erwartungen<br />

� Normfehler: die Probanden werden aneinan<strong>der</strong> gemessen; in einer sehr schlechten Gruppe<br />

kommt ein durchschnittlich guter Teilnehmer besser weg<br />

� Milde- und Strengefehler: negativ bewertete Verhaltensweisen werden aus Güte ausgeblendet<br />

o<strong>der</strong> aus Strenge überbewertet<br />

� Emotionale Beteiligung: z. B. persönliches Interesse an einer Person<br />

� Logische Fehler: wer nicht pünktlich ist, ist unzuverlässig; wer zittert, ist nervös etc.<br />

� Observer Drift: Ermüdung <strong>der</strong> Beobachterinnen und Beobachter – ablenkende Gedanken<br />

� Mangelnde Beherrschung des Kategoriensystems<br />

� Kontrasteffekt: es werden beson<strong>der</strong>s die Eigenschaften beobachtet, die im Gegensatz zu den<br />

Persönlichkeitsmerkmalen <strong>der</strong> Beobachterin/des Beobachters stehen<br />

� Effekt des ersten Eindrucks: <strong>der</strong> erste Eindruck wird auf die betreffende Person übertragen<br />

[„So einen Typen hatten wir doch schon mal...“]<br />

� Fehler <strong>der</strong> zentralen Tendenz: Proband/-innen werden „in <strong>der</strong> Mitte“ eingeordnet<br />

� Verurteilung durch Wortwahl: im Beobachtungsbogen werden Zuschreibungen wie „labil“, „depressiv“,<br />

„nicht lernwillig“ etc. verwendet<br />

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