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zubereiten?<br />
„Schmeckt es Ihnen etwa nicht?“<br />
„Doch... doch.“ Alon war kein Freund von Lügen aber unter diesen Umständen erschien<br />
ihm eine Ausnahme mehr als angebracht. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas<br />
Vergleichbares gegessen zu haben.“<br />
Ihre tiefgrünen Augen nahmen das Kompliment sichtlich erfreut auf, und ein Hauch von<br />
verlegener Röte erhellte ihre Wangen. „Ein altes Familienrezept.“<br />
Es kostete Alon viel Überwindung, Chess anzulügen, aber er brachte es einfach nicht übers<br />
Herz, sie auf die Klumpen in der Sauce anzusprechen, die er wie Sedimentstücke zwischen<br />
seinen Zähnen zerrieb. Ob sie es in Wirklichkeit auch lieber wegschütten würde? Er blickte<br />
sorgenvoll auf das, was sein übervoller Teller noch für ihn vorrätig hatte. Sie traut sich<br />
vielleicht nur meinetwegen nicht zu sagen, dass bei dem Essen etwas schiefgegangen ist.<br />
„Wissen Sie, was ich mich frage?“<br />
Alon dachte über eine Antwort nach, während er den Bissen hinunterwürgte. Das ist deine<br />
Chance! Sag ihr, dass du gegen Hühnchen allergisch bist. „Sie fragen sich bestimmt, was<br />
ich Ihnen servieren werde, wenn Sie meiner Gegeneinladung folgen.“<br />
Chess neigte den Kopf ein wenig zur Seite. Wenn ich ihr jemals folge. „Das auch“, räumte<br />
sie ein, „aber was mich im Moment viel mehr interessiert, ist, wer Ihnen den Jet zur<br />
Verfügung stellt, mit dem Sie und Hiob reisen.“<br />
„Die Citation?“<br />
„Die Citation.“<br />
„Ich bin nur ein Passagier. Hiob ist der Pilot. Er genießt das volle Vertrauen der<br />
Eigentümerin.“<br />
„Lenken Sie nicht ab, Alon. Außerdem habe ich Hiob bereits darauf angesprochen.“<br />
„Und?“, fragte Alon, als ob er die Antwort nicht längst kennen würde.<br />
„Er hält sich genau an das, was Sie ihm eingebläut haben.“<br />
Alons unschuldiger Blick wirkte wenig überzeugend – und er wusste das.<br />
„Wer ist diese millionenschwere Freundin, die Ihnen so selbstlos die Citation zur privaten<br />
Verwendung überlässt?“<br />
Im Erdgeschoss läutete das Telefon.<br />
„Bitte entschuldigen Sie.“ Chess sprang auf. „Überlegen Sie sich schon mal eine<br />
überzeugende Antwort“, rief sie in Richtung Küche zurück, während sie bereits auf dem<br />
Weg nach unten war.<br />
„Da brauch’ ich nicht lange zu überlegen“, murmelte Alon. Hiob und ich bleiben bei<br />
unserer bisherigen Version. Sein geschultes Auge suchte nach einer unverdächtigen<br />
Möglichkeit, den Teller leer zu bekommen, ehe seine Gastgeberin zurückkommen würde.<br />
Chess beugte sich währenddessen über den kleinen Beistelltisch und griff nach dem Telefon.<br />
„Ja, bitte?“<br />
Eine zutiefst verhasste Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung: „Es war ein<br />
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schwerer Fehler, die echten Kreuznägel hier im Haus zu behalten.“<br />
Chess stand da wie zur Salzsäule erstarrt.<br />
Währenddessen hatte Alon bei der Küchenspüle Maß genommen und zerteilte sein Essen<br />
hastig in abflussgerechte Stücke. Mit einem anständigen Messer könnte man dieses<br />
Hühnerleder sicher schneller schneiden. Er drehte sich immer wieder zur Tür um, weil er<br />
meinte, Chess’ Schritte auf der Treppe zu hören. In einer der Schubladen fand er ein<br />
Steakmesser. Hoffentlich hat sich nicht nur jemand verwählt.<br />
Doch der Anrufer hatte sich nicht verwählt. Er wusste ganz genau, wen er mit diesem Anruf<br />
in Panik versetzen wollte.<br />
„Shahid ist hier!“, schrie Chess. Ihre Stimme überschlug sich fast.<br />
Ausnahmesituationen wie diese waren für den Durchschnittsbürger in der Tat perfekt<br />
geeignet, um kopflos in Panik zu geraten. Für einen Agenten des Mossad allerdings liefen<br />
die nächsten, die entscheidenden, Sekunden streng nach Plan ab. Sich in solchen Momenten<br />
überhaupt noch an einen Plan zu erinnern, das war die eine Sache – sich dann aber auch<br />
daran zu halten, das war eine ganz andere. Was im Lehrbuch knochentrocken klang, war für<br />
die Agenten überlebenswichtig. Vorrangig sind präventive Gegenmaßnahmen einzuleiten,<br />
anschließend gilt es, die eigene Position an einem strategisch günstigen Punkt zu sichern.<br />
Erst dann ist an Hilfe für Dritte zu denken. Ein solcher Punkt musste nicht bloß einen guten<br />
Überblick bieten, vielmehr bedingte er auch einen leicht zu verteidigenden, sicheren Platz.<br />
Während der Ausbildung half den Agenten eine einfache Formel, die Zeit bis zum<br />
Erreichen des strategisch günstigsten Punktes abzuschätzen.<br />
Immer wenn Alon ein Gebäude zum ersten Mal betrat, suchte er nach solchen Punkten.<br />
Chess’ Haus bot mehrere Möglichkeiten. Alon entschied sich für das Zimmer neben dem<br />
Treppenabgang. Gemessen an der Strecke, die er bis dahin zurückzulegen hatte, gestand<br />
ihm die Formel sechs Sekunden zu. Anders als in anderen Lehrbüchern üblich, orientierte<br />
man sich beim Mossad an optimalen Reaktionszeiten und nicht an durchschnittlichen.<br />
Nach exakt sieben Sekunden erreichte Alon die Küchentür, wo sein rechter Unterarm völlig<br />
unerwartet Bekanntschaft mit einem Stiefel machte. Aus einer Drehung heraus traf ihn das<br />
gestreckte Bein eines versteckten Angreifers und trat seine Hand brutal gegen den<br />
Türrahmen. In hohem Bogen wurde Alons Dienstwaffe weggeschleudert. Das<br />
Überraschungsmoment war zweifellos nicht auf Seiten des Israelis. Die Faust eines zweiten<br />
Eindringlings tauchte wie aus dem Nichts auf und sauste auf Alons Gesicht zu. Doch Alon<br />
dachte gar nicht daran, den Schlag einzustecken. Stattdessen drehte er sich blitzschnell zur<br />
Seite und stach mit dem Steakmesser in seiner Linken zu. Nur unwesentlich länger als einen<br />
Wimpernschlag benötigte er, um zwei Treffer im Oberbauch seines Gegners zu landen,<br />
dann brach die Klinge. Bereits der erste Stich erwies sich als tödlich.<br />
Die Situation bot keinem der Beteiligten Zeit, über Strategien nachzudenken. Das Knie<br />
eines weiteren Angreifers verfehlte Alon nur knapp und durchschlug stattdessen die<br />
hölzerne Küchentür. Erst die dahinter befindliche Mauer vermochte die Wucht zu stoppen.