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Chess ebenfalls damit an. „Lass dir besser keine Dummheiten einfallen.“<br />
Ohne zu hetzen, überstieg Chess die Glaseinfassung und bückte sich nach dem Stein.<br />
„Ganz langsam! Und lass uns deine Hände sehen.“<br />
Wie befohlen drehte die Archäologin den Stein ohne jede Hast um. Ich hab’s bestimmt<br />
nicht eilig. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Hiob beginnt sich Sorgen zu machen und hier<br />
auftaucht. Du weißt es und ich weiß es. Dich stört es und mir hilft es.<br />
Im hellen Sand glänzte golden ein Schlüssel an einem pyramidenförmigen Anhänger.<br />
„Wirf ihn her!“, befahl der Glatzkopf.<br />
Wortlos folgte Chess der Anweisung, und der Schlüssel landete in seiner Hand.<br />
„Find’ raus, ob er passt. Beeil dich.“ Shahid sah Chess argwöhnisch an, sagte aber nichts zu<br />
ihr.<br />
Auch Chess schwieg. Hoffentlich wird er nicht misstrauisch.<br />
„Mustafa!“ Es war die Stimme des Mannes, den er am Eingang zurückgelassen hatte. „Das<br />
Handy hat schon wieder geläutet.“<br />
„Dann schalt es eben aus“, brüllte Shahid nach vorne. Er wusste, dass der israelische<br />
Geheimdienst das Handy längst angepeilt hatte. Alons Verstärkung war auf dem Weg, und<br />
es würde nicht mehr lange dauern, bis sie hier auftauchte.<br />
„Gibt es hier drinnen kein Licht?“, fragte der Kahlkopf, nachdem er die Tür des<br />
Geräteraums geöffnet hatte. Seine Hand drückte mehrfach auf einen Schalter an der Wand.<br />
Chess schüttelte den Kopf. „Die Birne ist kaputt.“<br />
„Dann gehen wir eben gemeinsam rein“, drängte Shahid sie mit der Waffe im Anschlag.<br />
Natürlich wusste Chess, dass ihre Glühbirne nicht defekt war. Es kam ihr sehr gelegen, dass<br />
es sich um eine Speziallampe mit UV-Licht handelte. Einmal aufgedreht brauchte sie<br />
mehrere Minuten, bis ihr violettes Licht in voller Kraft erstrahlte. Abgesehen von einigen<br />
Haustieren ihres Bruders enthielt der Geräteraum nur das, was man darin erwarten konnte.<br />
Er war nur deutlich größer als übliche Geräteräume.<br />
Shahid drückte seine Waffe gegen Chess’ Schläfe. „Los jetzt, holen wir, was mir gehört.“<br />
„Woher wussten Sie überhaupt, dass ich die Nägel habe?“, versuchte sie auf Zeit zu spielen.<br />
Shahid grunzte verächtlich. „Das war doch offensichtlich, nachdem wir im Labor...“<br />
Ein lautes Scheppern unterbrach seinen Satz. Chess war mit dem Bein gegen den Stiel einer<br />
Schaufel gestoßen und hatte sie umgeworfen.<br />
„Pass doch auf!“, herrschte er sie an.<br />
„Wie denn? Ich seh’ ja kaum die Hand vor meinen...“<br />
Es wurde hell. Shahid hatte sein Feuerzeug hervorgeholt und hielt es neben Chess’ Kopf.<br />
„Das sollte fürs Erste reichen.“<br />
Verdammt! Ich hasse Raucher. Das Sturmfeuerzeug passte so gar nicht in ihren Plan. Selbst<br />
wenn es versehentlich hinunterfällt... Die Flamme brennt vermutlich weiter. Chess brauchte<br />
das, was Hiob einen Plan B nannte. Und sie brauchte ihn sofort.<br />
„Sie sollten hier nicht mit offenem Feuer hantieren“, sagte sie mit zittriger Stimme, sank ein<br />
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Stück in die Knie und strich mit ihrer Hand über einen orangefarbenen Blechkanister.<br />
„Sehen Sie...“<br />
Eine ganze Reihe Kanister neben einem Rasenmäher gaben dem Ägypter eine vage<br />
Vorstellung davon, was sie ihm zu sagen versuchte. Wenn er eines nicht wollte, dann in die<br />
Luft fliegen. Das Feuerzeug erlosch.<br />
Die Sicht war jetzt schlechter als zuvor, weil die Augen sich erst wieder an die Dunkelheit<br />
gewöhnen mussten. Chess nutzte die Gelegenheit und rieb ihre Hand rasch noch an dem<br />
Kanister, ehe sie vorsichtig wieder aufstand.<br />
„Was hat Davids Frau damit zu tun?“, versuchte sie, Shahid erneut in ein Gespräch zu<br />
verwickeln.<br />
„Du stellst zu viele Fragen! Wo sind die Nägel?“<br />
„Wir haben sie in eine Schatulle gelegt und in einen Glasschrank gestellt.“ Chess schluckte<br />
lautlos. „Hiob meinte, das wäre besser, wegen der Luftfeuchtigkeit“, ergänzte sie und<br />
wusste, dass sie Shahid damit wieder an das Ticken der Uhr erinnerte, die eindeutig gegen<br />
ihn arbeitete. „Es muss hier irgendwo sein.“<br />
„Du hast gesagt, du weißt, wo sie sind“, die Stimme klang gereizt und die Pistolenmündung<br />
scheuerte schmerzhaft über Chess’ Schläfe.<br />
Sie ertastete ein Wandregal. „Hier sind wir richtig. Die Schatulle muss hier in einem<br />
Glasschrank sein.“ Sie spürte die glatte Oberfläche des rechteckigen Glasbehälters.<br />
„Hier drin.“ Behutsam schob sie eine Glasplatte zur Seite, die als Deckel diente. Ali hat mir<br />
oft gezeigt, wie einfach es ist, in das Terrarium zu greifen, ohne gestochen zu werden. Er<br />
hat es aber nie getan, wenn er die Tiere dabei nicht sehen konnte.<br />
Das schwache Streulicht aus dem Glashaus reichte nicht weit genug in den Geräteraum, um<br />
auch nur ansatzweise etwas erkennen zu können. Für Shahid war es unmöglich zu sehen,<br />
wie sich auf Chess’ Stirn Schweißtropfen bildeten und ihre Hand zu zittern begann. Ich<br />
weiß, dass ihr mich längst bemerkt habt, auch wenn ich euch nicht sehen kann.<br />
Ganz langsam griff ihr nackter Unterarm durch die Öffnung.<br />
„Was dauert da so lange?“ Shahid presste noch einmal mit Nachdruck seine Pistole gegen<br />
Chess’ Kopf. „Gib mir endlich diese Nägel.“<br />
Irgendwas ist gerade an meiner Hand vorbeigelaufen. Ich glaube nicht, dass es eine gute<br />
Idee war sie hier reinzustecken. „Ich hab’ sie“, log Chess und versuchte jede ruckartige<br />
Bewegung zu vermeiden.<br />
„Dann her damit, bevor ich dich gleich hier umlege.“<br />
Die Archäologin musste all ihren Mut zusammennehmen. Trotz des Benzingeruchs auf<br />
ihrer Hand konnten die Skorpione im Terrarium sie jeden Moment angreifen.<br />
„Irgendwas hat sich verklemmt. Mein Arm ist zu kurz, um richtig hinzukommen.“<br />
„Jetzt reicht es aber.“ Er nahm seine Pistole in die rechte Hand und beugte sich seitlich über<br />
Chess. Seine Linke rutschte an ihrem ausgestreckten Arm entlang, bis er etwas Glattes,<br />
Hölzernes ertastete. Ungeduldig riss er daran herum und versuchte die Schatulle zu packen.