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Leseprobe - Albert Knorr

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Chess ebenfalls damit an. „Lass dir besser keine Dummheiten einfallen.“<br />

Ohne zu hetzen, überstieg Chess die Glaseinfassung und bückte sich nach dem Stein.<br />

„Ganz langsam! Und lass uns deine Hände sehen.“<br />

Wie befohlen drehte die Archäologin den Stein ohne jede Hast um. Ich hab’s bestimmt<br />

nicht eilig. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Hiob beginnt sich Sorgen zu machen und hier<br />

auftaucht. Du weißt es und ich weiß es. Dich stört es und mir hilft es.<br />

Im hellen Sand glänzte golden ein Schlüssel an einem pyramidenförmigen Anhänger.<br />

„Wirf ihn her!“, befahl der Glatzkopf.<br />

Wortlos folgte Chess der Anweisung, und der Schlüssel landete in seiner Hand.<br />

„Find’ raus, ob er passt. Beeil dich.“ Shahid sah Chess argwöhnisch an, sagte aber nichts zu<br />

ihr.<br />

Auch Chess schwieg. Hoffentlich wird er nicht misstrauisch.<br />

„Mustafa!“ Es war die Stimme des Mannes, den er am Eingang zurückgelassen hatte. „Das<br />

Handy hat schon wieder geläutet.“<br />

„Dann schalt es eben aus“, brüllte Shahid nach vorne. Er wusste, dass der israelische<br />

Geheimdienst das Handy längst angepeilt hatte. Alons Verstärkung war auf dem Weg, und<br />

es würde nicht mehr lange dauern, bis sie hier auftauchte.<br />

„Gibt es hier drinnen kein Licht?“, fragte der Kahlkopf, nachdem er die Tür des<br />

Geräteraums geöffnet hatte. Seine Hand drückte mehrfach auf einen Schalter an der Wand.<br />

Chess schüttelte den Kopf. „Die Birne ist kaputt.“<br />

„Dann gehen wir eben gemeinsam rein“, drängte Shahid sie mit der Waffe im Anschlag.<br />

Natürlich wusste Chess, dass ihre Glühbirne nicht defekt war. Es kam ihr sehr gelegen, dass<br />

es sich um eine Speziallampe mit UV-Licht handelte. Einmal aufgedreht brauchte sie<br />

mehrere Minuten, bis ihr violettes Licht in voller Kraft erstrahlte. Abgesehen von einigen<br />

Haustieren ihres Bruders enthielt der Geräteraum nur das, was man darin erwarten konnte.<br />

Er war nur deutlich größer als übliche Geräteräume.<br />

Shahid drückte seine Waffe gegen Chess’ Schläfe. „Los jetzt, holen wir, was mir gehört.“<br />

„Woher wussten Sie überhaupt, dass ich die Nägel habe?“, versuchte sie auf Zeit zu spielen.<br />

Shahid grunzte verächtlich. „Das war doch offensichtlich, nachdem wir im Labor...“<br />

Ein lautes Scheppern unterbrach seinen Satz. Chess war mit dem Bein gegen den Stiel einer<br />

Schaufel gestoßen und hatte sie umgeworfen.<br />

„Pass doch auf!“, herrschte er sie an.<br />

„Wie denn? Ich seh’ ja kaum die Hand vor meinen...“<br />

Es wurde hell. Shahid hatte sein Feuerzeug hervorgeholt und hielt es neben Chess’ Kopf.<br />

„Das sollte fürs Erste reichen.“<br />

Verdammt! Ich hasse Raucher. Das Sturmfeuerzeug passte so gar nicht in ihren Plan. Selbst<br />

wenn es versehentlich hinunterfällt... Die Flamme brennt vermutlich weiter. Chess brauchte<br />

das, was Hiob einen Plan B nannte. Und sie brauchte ihn sofort.<br />

„Sie sollten hier nicht mit offenem Feuer hantieren“, sagte sie mit zittriger Stimme, sank ein<br />

16<br />

Stück in die Knie und strich mit ihrer Hand über einen orangefarbenen Blechkanister.<br />

„Sehen Sie...“<br />

Eine ganze Reihe Kanister neben einem Rasenmäher gaben dem Ägypter eine vage<br />

Vorstellung davon, was sie ihm zu sagen versuchte. Wenn er eines nicht wollte, dann in die<br />

Luft fliegen. Das Feuerzeug erlosch.<br />

Die Sicht war jetzt schlechter als zuvor, weil die Augen sich erst wieder an die Dunkelheit<br />

gewöhnen mussten. Chess nutzte die Gelegenheit und rieb ihre Hand rasch noch an dem<br />

Kanister, ehe sie vorsichtig wieder aufstand.<br />

„Was hat Davids Frau damit zu tun?“, versuchte sie, Shahid erneut in ein Gespräch zu<br />

verwickeln.<br />

„Du stellst zu viele Fragen! Wo sind die Nägel?“<br />

„Wir haben sie in eine Schatulle gelegt und in einen Glasschrank gestellt.“ Chess schluckte<br />

lautlos. „Hiob meinte, das wäre besser, wegen der Luftfeuchtigkeit“, ergänzte sie und<br />

wusste, dass sie Shahid damit wieder an das Ticken der Uhr erinnerte, die eindeutig gegen<br />

ihn arbeitete. „Es muss hier irgendwo sein.“<br />

„Du hast gesagt, du weißt, wo sie sind“, die Stimme klang gereizt und die Pistolenmündung<br />

scheuerte schmerzhaft über Chess’ Schläfe.<br />

Sie ertastete ein Wandregal. „Hier sind wir richtig. Die Schatulle muss hier in einem<br />

Glasschrank sein.“ Sie spürte die glatte Oberfläche des rechteckigen Glasbehälters.<br />

„Hier drin.“ Behutsam schob sie eine Glasplatte zur Seite, die als Deckel diente. Ali hat mir<br />

oft gezeigt, wie einfach es ist, in das Terrarium zu greifen, ohne gestochen zu werden. Er<br />

hat es aber nie getan, wenn er die Tiere dabei nicht sehen konnte.<br />

Das schwache Streulicht aus dem Glashaus reichte nicht weit genug in den Geräteraum, um<br />

auch nur ansatzweise etwas erkennen zu können. Für Shahid war es unmöglich zu sehen,<br />

wie sich auf Chess’ Stirn Schweißtropfen bildeten und ihre Hand zu zittern begann. Ich<br />

weiß, dass ihr mich längst bemerkt habt, auch wenn ich euch nicht sehen kann.<br />

Ganz langsam griff ihr nackter Unterarm durch die Öffnung.<br />

„Was dauert da so lange?“ Shahid presste noch einmal mit Nachdruck seine Pistole gegen<br />

Chess’ Kopf. „Gib mir endlich diese Nägel.“<br />

Irgendwas ist gerade an meiner Hand vorbeigelaufen. Ich glaube nicht, dass es eine gute<br />

Idee war sie hier reinzustecken. „Ich hab’ sie“, log Chess und versuchte jede ruckartige<br />

Bewegung zu vermeiden.<br />

„Dann her damit, bevor ich dich gleich hier umlege.“<br />

Die Archäologin musste all ihren Mut zusammennehmen. Trotz des Benzingeruchs auf<br />

ihrer Hand konnten die Skorpione im Terrarium sie jeden Moment angreifen.<br />

„Irgendwas hat sich verklemmt. Mein Arm ist zu kurz, um richtig hinzukommen.“<br />

„Jetzt reicht es aber.“ Er nahm seine Pistole in die rechte Hand und beugte sich seitlich über<br />

Chess. Seine Linke rutschte an ihrem ausgestreckten Arm entlang, bis er etwas Glattes,<br />

Hölzernes ertastete. Ungeduldig riss er daran herum und versuchte die Schatulle zu packen.

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