Geschäftsbericht 2008
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jetzt die politische Vernunft und der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz die Frage<br />
stellen, ob es richtig ist, dass die Kapitalerträge mit 25 Prozent und die Arbeitserträge<br />
mit 45 Prozent besteuert werden. Stellen wir uns eine GmbH mit zwei Brüdern als<br />
Gesellschaftern vor. Der eine gibt das Geld, der andere managt das Geschäft. Jeder<br />
geht am Jahresende mit 1 Mio. Euro Überschuss nach Hause. Dann ist der Kapitalgeber<br />
mit 25 Prozent besteuert, der Arbeitende mit 45 Prozent. Dieses Konzept kann<br />
keine Zukunft haben. Es gibt hierfür nur eine Lösung – auch die Erträge aus Arbeit<br />
müssen mit 25 Prozent besteuert werden. Wenn der Staat zu den benötigten Erträgen<br />
kommen will, geht das nur, wenn er alle Privilegien und Ausnahmen abschafft.<br />
Wenn es uns wirklich gelänge, im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, dass ein<br />
Viertel dem Staat zusteht, wüsste jeder wieder, was sich im Steuerrecht gehört. Das<br />
jetzige Recht schafft kein Rechtsbewusstsein. Im Schachspiel mit der Finanzbehörde<br />
herrscht Wettbewerb. Wer viel Steuern zahlt, muss sich den intellektuellen Selbstvorwurf<br />
machen, dass er nicht clever genug gespielt habe. Das ist nicht die Gleichheit<br />
und Rechtsstaatlichkeit, die das Grundgesetz meint. Aber wenn die Regel gilt, dass<br />
jeder für den in Deutschland verdienten Euro 25 Cent zahlt, dann wird sich das<br />
Denken ändern. Das Steuerrecht wird als staatsbürgerliche Pflicht verstanden.<br />
Verantwortungseigentum und unternehmerisches Ethos<br />
Prof. Dr. Dr. h. c.<br />
Paul Kirchhof<br />
Festrede zum<br />
100-jährigen Jubiläum<br />
der Melitta Gruppe.<br />
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