Entscheidung des BFH - Haufe.de
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Mat.-Nr. 03053-5107 15,40 EURO<br />
SteuerConsultant<br />
Die kompakte Information für steuer- und wirtschaftsberaten<strong>de</strong> Berufe<br />
Steuerrecht<br />
<strong>BFH</strong> zur steuerwirksamen Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer Abfindung beim Arbeitnehmer ~ StB/RA Dr. Falk Loose 22<br />
Vorläufige (Steuer-)Festsetzung, Solidaritätszuschlag und Abgeltungsteuer ~ Dipl.-Finw. Werner Becker 24<br />
Wirtschaftsrecht<br />
Mitgehangen, mitgefangen – die Haftung von Anlegern geschlossener Fonds ~ RA Dr. Stefan Lammel 13<br />
Vertragsmanagement als Insolvenzschutz ~ RA Dr. Jan Roth 28<br />
Unternehmensberatung<br />
Geschäftskonten: Alternativen nutzen 34<br />
Mikrokredite: Interessante Finanzierungsform für Kleinunternehmer 38<br />
Mehrwertsteuerpaket, Verrechnungspreise & Co.<br />
Handlungsbedarf bei<br />
Mitarbeiterentsendungen<br />
Überblick und Gestaltungsempfehlungen >> 16<br />
9 7 8 364 8 00005 2<br />
1 0003<br />
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3/2010
EDITORIAL<br />
Beliebt ist er nicht: <strong>de</strong>r zur Vorsicht Mahnen<strong>de</strong>, auch<br />
„Be<strong>de</strong>nkenträger“ genannt. In Zeiten <strong>de</strong>r Krise stufen Unternehmensmandanten,<br />
die keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />
haben, sich als soli<strong>de</strong> ein. Gera<strong>de</strong> diese Mandanten<br />
auf Handlungsbedarf hinsichtlich ihrer Unternehmensstrukturen<br />
hinzuweisen mag befremdlich erscheinen. Doch Insolvenzverwalter<br />
wissen, wie gefährlich schlechte Verträge,<br />
gesellschaftsrechtliche Fehler o<strong>de</strong>r eine nachlässige Vermischung<br />
von Privat- und Firmenvermögen sind. Schon ein<br />
einziger wettbewerbsrechtlicher Verstoß o<strong>de</strong>r eine fehlgeschlagene<br />
Haftungsbegrenzung durch unwirksame AGBs<br />
können die Existenz eines Unternehmens bedrohen. Ein<br />
wirksamer Schutz vor <strong>de</strong>rlei Ungemach kann ein Vertragsmanagement,<br />
auch „Legal Risk Analyse “ sein. Wie Vertragsmanagement<br />
als Insolvenzschutz wirken kann erläutert<br />
Anke Kolb-Leistner, Chefredakteurin RA/FAStR/FA f. Insolvenzrecht Dr. Jan Roth, Frankfurt am<br />
Main, ab Seite 28.<br />
Ein gutes Vertragsmanagement geht über eine rein juristische<br />
Prüfung hinaus. Häufig wer<strong>de</strong>n etwa Steuernachzahlungen<br />
fällig, weil Verträge <strong>de</strong>m Steuerberater nicht zur<br />
Prüfung vorgelegt wer<strong>de</strong>n. Daher ist ein wesentlicher Bestandteil die<br />
konsequente Prüfung bestehen<strong>de</strong>r und neu abgeschlossener Verträge<br />
aus steuerlicher Sicht. Dies ist nicht nur für <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen von<br />
Vorteil. Wer seinen Mandanten überzeugen kann, ein Vertragsmanagement<br />
einzuführen, profitiert auch als steuerlicher Berater von einer intensiveren<br />
Mandantenbeziehung.<br />
Eine inspirieren<strong>de</strong> Lektüre<br />
wünscht Ihnen<br />
Ihre<br />
Anke Kolb-Leistner<br />
RAin/FAStR<br />
SteuerConsultant Fachbeirat<br />
Unbequeme<br />
Wahrheiten<br />
Um „SteuerConsultant“ für die Leser optimal zu gestalten, hat die Redaktion einen prominent besetzten<br />
Fachbeirat ins Leben gerufen, <strong>de</strong>r sie unterstützt:<br />
StB Prof. Dr. Dieter Endres, Vorstand Pricewaterhouse Coopers, Frankfurt am Main; vBP/StB Dr.<br />
Harald Grürmann, Präsidiumsmitglied BStBK, Lüneburg; Prof. Dr. Johanna Hey, Direktorin <strong><strong>de</strong>s</strong> Instituts<br />
für Steuerrecht <strong>de</strong>r Uni Köln; WP/StB Gunther Hübner, Partner bei Hübner & Hübner, Wien; Prof. Dr.<br />
Monika Jachmann, Richterin am <strong>BFH</strong>, München; WP/StB Prof. Dr. H.-Michael Korth, Vizepräsi<strong>de</strong>nt DStV,<br />
Hannover; CFP/CEP Dr. Jörg Richter, Geschäftsführer Institut für Qualitätssicherung und Prüfung von<br />
Finanzdienstleistungen GmbH, Hannover; WP/StB/RA Dr. Bernd Rödl, Geschäftsführen<strong>de</strong>r Gesellschafter<br />
bei Rödl & Partner, Nürnberg; WP/StB Dr. Ferdinand Rüchardt, Vorstand Ecovis, München; RA Dr. Rolf<br />
Schwedhelm, Partner bei Streck, Mack, Schwedhelm, Köln; RA Dr. Alexan<strong>de</strong>r George Wolf, Hauptgeschäftsführer<br />
StB-Verband Nie<strong>de</strong>rsachsen Sachsen-Anhalt, Hannover;<br />
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INHALT<br />
FAKTEN & NACHRICHTEN > 06<br />
Aktuelle Urteile, Verwaltungsanweisungen und neue gesetzliche Regelungen mit Praxishinweisen mit u.a. folgen<strong>de</strong>n Beiträgen:<br />
08 Einkommensteuer:<br />
Investitionsabzugsbetrag: Absicht (fast) ausschließlich<br />
betrieblicher Nutzung, (<strong>BFH</strong>)<br />
08 Steuerwirksame Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer<br />
Abfindung, (<strong>BFH</strong>)<br />
11 Auswirkungen <strong><strong>de</strong>s</strong> BilMoG auf die Anerkennung von<br />
Organschaften, (BMF)<br />
FACHBEITRÄGE > 16<br />
» Schwerpunktthema<br />
16 Mitarbeiterentsendungen<br />
Aktuelle Entwicklungen sind die Neuerungen im<br />
Umsatzsteuerrecht, die gestiegene Aufmerksamkeit,<br />
die die Finanzverwaltung Verrechnungspreisen<br />
widmet, sowie die neue EWG-Verordnung zum<br />
Sozialversicherungsrecht VO (EWG, Nr. 883/2004).<br />
WP/StB Ulrike Hasbargen,<br />
RAin/FAStR Dr. Ulrike Höreth, Stuttgart<br />
20 Checklisten Mitarbeiterentsendungen<br />
13 Aktueller Beratungsanlass Wirtschaftsrecht:<br />
Die Haftung von Anlegern geschlossener Fonds<br />
RA Dr. Stefan Lammel, Freiburg<br />
14 Checkliste: Vorsteuervergütungsverfahren:<br />
II. Im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige<br />
Unternehmen<br />
15 Praxis Vermögensgestaltungsberatung:<br />
Assekuranzlösungen<br />
Dr. Jörg Richter, Hannover<br />
>> Den Monat im Überblick fin<strong>de</strong>n Sie auf > Seite 6<br />
» Steuerrecht<br />
22 <strong>BFH</strong> zur steuerwirksamen Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses<br />
einer Abfindung beim Arbeitnehmer<br />
Nach einem aktuellen <strong>BFH</strong>-Urteil kann <strong>de</strong>r Zufluss einer<br />
Abfindung steueroptimal verschoben wer<strong>de</strong>n.<br />
StB/RA Dr. Falk Loose, München<br />
24 Vorläufige (Steuer-)Festsetzung, Solidaritätszuschlag<br />
und Abgeltungsteuer<br />
Die Verfassungsmäßigkeit <strong>de</strong>r Solidaritätszuschlags<br />
beschäftigt <strong>de</strong>rzeit wie<strong>de</strong>r die Gerichte.<br />
Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Namborn<br />
26 Umsatzsteuerliche Auswirkungen <strong>de</strong>r Beschäftigung<br />
von Mitarbeitern im Zivildienst und im Freiwilligen<br />
Sozialen Jahr<br />
Der <strong>BFH</strong> hat die Grundsätze für die Zusammenarbeit mit<br />
einer an<strong>de</strong>ren gemeinnützigen Organisation zur Erfüllung<br />
eines begünstigten Zwecks ver<strong>de</strong>utlicht.<br />
StB/RB Ulrich Goetze, Wunstorf<br />
» Wirtschaftsrecht<br />
28 Vertragsmanagement als Insolvenzschutz<br />
Häufig führen vermeidbare Probleme zur Insolvenz.<br />
Gefahrenquelle sind etwa schlechte Verträge,<br />
gesellschaftsrechtliche Fehler o<strong>de</strong>r schlicht Nachlässigkeit<br />
im Umgang mit sonstigen rechtlichen Themen.<br />
RA/FAStR/FA f. InsolvR Dr. Jan Roth, Frankfurt a.M.<br />
Alle Beiträge fin<strong>de</strong>n Sie im Artikelarchiv unter www.steuer-consultant.<strong>de</strong>.<br />
Für Beiträge, die mit diesem Logo gekennzeichnet sind, fin<strong>de</strong>n Sie dort zu<strong>de</strong>m elektronische Arbeitshilfen.<br />
4 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
42<br />
Foto: Deutsche Messe Hannover 30<br />
KANZLEI & PERSÖNLICHES > 30<br />
Lange Zeit machte Dubai als Ort<br />
auf sich aufmerksam, an <strong>de</strong>m<br />
scheinbar Unmögliches möglich<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Vernetzte Welten lautet das Motto<br />
<strong>de</strong>r Cebit 2010. Auch Steuerberater<br />
eilen nach Hannover, um sich auf <strong>de</strong>n<br />
neuesten Stand <strong>de</strong>r Dinge zu bringen.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
» Finanzen<br />
SteuerConsultant 03.2010<br />
30 Geldanlage. Jahrelang galten Geldanlagen in<br />
Schwellenlän<strong>de</strong>rn als renditeträchtig, doch die<br />
Dubai-Krise im vergangenen Jahr schreckte die<br />
Anleger auf.<br />
» Unternehmensberatung<br />
34 Geschäftskonten. Gelitten hat das Ansehen <strong>de</strong>r<br />
Banken in <strong>de</strong>n letzten Monaten. Doch viele Unternehmer<br />
schrecken zurück, die Bank zu wechseln.<br />
38 Mikrokredite: Noch hat sich die I<strong>de</strong>e hierzulan<strong>de</strong><br />
nicht durchgesetzt, doch insbeson<strong>de</strong>re Grün<strong>de</strong>r und<br />
Kleinstunternehmen können profitieren.<br />
» Kanzleimanagement<br />
42 Cebit. Anfang März herrscht in Hannover Hochbetrieb,<br />
auch Kanzlei-Software-Anbieter stellen aus.<br />
44 Haftpflicht. Das seit 2008 gültige Versicherungsvertragsgesetz<br />
hat zu vielen Än<strong>de</strong>rungen geführt.<br />
48 Suchmaschinenoptimierung für die eigene Kanzlei-<br />
Website ist heutzutage ein „Muss“.<br />
49 Deutscher Finanzgerichtstag Köln.<br />
Die Wirtschaftsfreiheit und die Grenzen staatlicher<br />
Gestaltungsmacht stan<strong>de</strong>n im Mittelpunkt.<br />
52 Interview. Prof. Dr. Heurung, Universität Siegen,<br />
über <strong>de</strong>n Masterstudiengang „Accounting, Auditing<br />
and Taxation“.<br />
54 Nachrichten. Unter <strong>de</strong>n geschlossenen Beteiligungen<br />
waren 2009 die Immobilienfonds am gefragtesten.<br />
56 Datenschutzrichtlinien sind ein zentrales Organisationsmittel<br />
für die Umsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Datenschutzes.<br />
57 Übersteuert: Merkwürdigkeiten <strong>de</strong>r Steuerberaterbranche,<br />
aufgegrifffen von WP/StB Georg Wengert,<br />
Singen.<br />
58 Vorschau und Impressum<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 5
FAKTEN & NACHRICHTEN<br />
Aktuelle Urteile und Verwaltungsanweisungen im Überblick<br />
Einkommensteuer<br />
07 Betriebsvermögenseigenschaft von Grundstücken<br />
nach Umlegungsverfahren, (<strong>BFH</strong>)<br />
07 Behin<strong>de</strong>rungsbedingte Umbauten als<br />
außergewöhnliche Belastung, (<strong>BFH</strong>)<br />
08 Investitionsabzugsbetrag: Absicht (fast)<br />
ausschließlich betrieblicher Nutzung, (<strong>BFH</strong>)<br />
08 Steuerwirksame Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer<br />
Abfindung, (<strong>BFH</strong>)<br />
09 AfA-Bemessungsgrundlage nach Einlage zum<br />
Teilwert, (<strong>BFH</strong>)<br />
09 Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rechtsprechung: Kein allgemeines<br />
Aufteilungs- und Abzugsverbot aus § 12 Nr. 1<br />
Satz 2 EStG, (<strong>BFH</strong>)<br />
10 Zusammentreffen von außeror<strong>de</strong>ntlichen und <strong>de</strong>m<br />
Progressionsvorbehalt unterliegen<strong>de</strong>n Einkünften,<br />
(<strong>BFH</strong>)<br />
10 Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen,<br />
(<strong>BFH</strong>)<br />
11 Auswirkungen <strong><strong>de</strong>s</strong> BilMoG auf die Anerkennung<br />
von Organschaften, (BMF)<br />
Umsatzsteuer<br />
11 Anspruch auf Eretilung einer Steuernummer für<br />
Umsatzsteuerzwecke, (<strong>BFH</strong>)<br />
12 Voraussetzungen für Vorsteuerabzug einer<br />
Grundstücksgemeinschaft, (<strong>BFH</strong>)<br />
* Die Urteilskommentierungen stammen aus <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r <strong>Haufe</strong> Mediengruppe erscheinen<strong>de</strong>n Zeitschrift<br />
<strong>BFH</strong>/ PR und wur<strong>de</strong>n durch die Redaktion gekürzt.<br />
6 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
» Einkommensteuer<br />
Betriebsvermögenseigenschaft von Grundstücken<br />
nach Umlegungsverfahren<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
<strong>BFH</strong>, 23.09.2009, IV R 70/06, HI 2269688<br />
Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren<br />
eingebrachten Grundstücks setzt sich nur insoweit an <strong>de</strong>m zugeteilten<br />
Grundstück fort, als dieses in Erfüllung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sollanspruchs gem. § 56<br />
Abs. 1 Satz 1 BauGB zugeteilt wird.<br />
Die Zuordnung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>n Sollanspruch übersteigen<strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ellen Teils<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks zum Betriebs- o<strong>de</strong>r Privatvermögen richtet sich<br />
nach <strong>de</strong>n allgemeinen Beurteilungskriterien im Ertragsteuerrecht<br />
(§ 4 Abs. 1 EStG).<br />
» Sachverhalt<br />
Ein Landwirt hatte seinen Betrieb auf einen seiner Söhne übertragen,<br />
dabei aber ein von einem an<strong>de</strong>ren Sohn als Gartenland genutztes<br />
Grundstück zurückbehalten. Dieses Grundstück (II) stammte ebenso<br />
wie ein an<strong>de</strong>res Grundstück (III) aus einem Umlegungsverfahren,<br />
in das <strong>de</strong>r Landwirt ein kleineres Grundstück (I) eingebracht hatte.<br />
Weil die bei <strong>de</strong>r Umlegung zugeteilten Grundstücke größer als das<br />
eingebrachte Grundstück waren, hatte <strong>de</strong>r Landwirt eine Zuzahlung<br />
geleistet. Das Finanzamt sah in <strong>de</strong>r Zurückbehaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks<br />
eine Entnahme. Dem schloss sich das FG an, reduzierte aber <strong>de</strong>n<br />
Entnahmegewinn u.a. dadurch, dass es die auf das Grundstück II<br />
entfallen<strong>de</strong> Zuzahlung im Umlegungsverfahren abzog.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Auch <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> ging von einer Entnahme aus, allerdings nur im<br />
Umfang eines i<strong>de</strong>ellen Teils <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Verhältnis<br />
<strong>de</strong>r in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücksfläche<br />
zu <strong>de</strong>r insgesamt zugeteilten Grundstücksfläche entspricht.<br />
» Praxishinweis<br />
Zu beantworten war die Frage, ob und inwieweit die zugeteilten<br />
Grundstücke Betriebsvermögen wer<strong>de</strong>n, wenn das eingebrachte<br />
Grundstück Betriebsvermögen war. Zivilrechtlich sind die zugeteilten<br />
Grundstücke Surrogat <strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücke. Daraus<br />
wird ertragsteuerlich abgeleitet, dass sich die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
<strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücke an <strong>de</strong>n zugeteilten Grundstücken<br />
fortsetzt.<br />
Dies kann aber nur insoweit gelten, als die zugeteilten Grundstücke<br />
nicht größer als die eingebrachten Grundstücke sind. Die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
darüber hinausgehen<strong>de</strong>r Grundstücksflächen<br />
ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Fehlen die Voraussetzungen<br />
für Betriebsvermögen, sind die erhaltenen Grundstücke<br />
anteilig als Privatvermögen zu behan<strong>de</strong>ln.<br />
Laut <strong>BFH</strong> kommt es danach nicht etwa zu einer gedanklichen Parzellierung<br />
<strong>de</strong>r Grundstücke, wobei eine <strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücksfläche<br />
entsprechen<strong>de</strong> „Parzelle“ <strong>de</strong>m Betriebsvermögen und <strong>de</strong>r Rest<br />
<strong>de</strong>m Privatvermögen zugerechnet wird. Vielmehr wird <strong>de</strong>r gesamte<br />
Einkommensteuer<br />
FAKTEN & NACHRICHTEN<br />
zugeteilte Grundbesitz i<strong>de</strong>ell teils als Betriebsvermögen und teils als<br />
Privatvermögen behan<strong>de</strong>lt. Wird ein Teil dieses Grundbesitzes veräußert<br />
o<strong>de</strong>r außerbetrieblich genutzt, kommt es <strong><strong>de</strong>s</strong>halb immer zu einer<br />
Realisierung anteiliger stiller Reserven. Dabei ist die Zuzahlung für<br />
die Mehrzuteilung als Anschaffungskosten <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten zugeteilten<br />
Grundbesitzes zu behan<strong>de</strong>ln.<br />
Michael Wendt, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Behin<strong>de</strong>rungsbedingte Umbauten als<br />
außergewöhnliche Belastung<br />
<strong>BFH</strong>, 22.10.2009, VI R 7/09, HI2269689<br />
Aufwendungen für <strong>de</strong>n behin<strong>de</strong>rtengerechten Umbau eines Hauses<br />
können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie<br />
so stark unter <strong>de</strong>m Gebot <strong>de</strong>r sich aus <strong>de</strong>r Situation ergeben<strong>de</strong>n<br />
Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwerts<br />
in Anbetracht <strong>de</strong>r Gesamtumstän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Einzelfalls in <strong>de</strong>n<br />
Hintergrund tritt.<br />
» Sachverhalt<br />
A erlitt 1999 einen Schlaganfall und ist seither schwerbehin<strong>de</strong>rt.<br />
Um weiter in gewohnter Umgebung leben zu können, ließ A im Jahr<br />
2000 in sein Haus u.a. eine Rollstuhlrampe, ein behin<strong>de</strong>rtengerechtes<br />
Bad und eine neue Küche ein- sowie das Arbeits- zum Schlafzimmer<br />
umbauen. Die nicht von <strong>de</strong>r Krankenkasse getragenen Kosten<br />
von 139.715 DM machte er als außergewöhnliche Belastung geltend.<br />
Finanzamt und FG gewährten nur <strong>de</strong>n Behin<strong>de</strong>rten- und <strong>de</strong>n Pflege-<br />
Pauschbetrag, lehnten <strong>de</strong>n Abzug <strong>de</strong>r Umbaukosten als außergewöhnliche<br />
Belastung aber ab. Der <strong>BFH</strong> hob die Vorentscheidung auf.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Behin<strong>de</strong>rten- und Pflege-Pauschbetrag gelten nur laufen<strong>de</strong> und<br />
typische Mehraufwendungen ab, sie erfassen keine „zusätzlichen<br />
Krankheitskosten". Die Umbaukosten sind zwangsläufig. Der unvorhersehbare<br />
Schlaganfall und die daraus resultieren<strong>de</strong> Behin<strong>de</strong>rung<br />
machten die Umbauten unausweichlich.<br />
Es bleibt offen, ob <strong>de</strong>r Kritik an <strong>de</strong>r Gegenwertlehre gefolgt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Im Urteilsfall liegt kein aus <strong>de</strong>n Umbauten resultieren<strong>de</strong>r<br />
realer Gegenwert vor. Möglich wäre die Beweiserhebung durch<br />
Sachverständige, ob <strong>de</strong>r Steuerpflichtige einen Gegenwert für seine<br />
Aufwendungen erhält. Allein die mögliche Nutzung <strong>de</strong>r Umbauten<br />
durch nichtbehin<strong>de</strong>rte Familienangehörige ist je<strong>de</strong>nfalls kein realer<br />
Gegenwert. Insoweit kann auf die Jahrzehnte alte Rechtsprechung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> VI. Senats zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n, wonach die Erlangung eines<br />
etwaigen Gegenwerts bei stark unter <strong>de</strong>m Gebot <strong>de</strong>r Zwangsläufigkeit<br />
stehen<strong>de</strong>n Aufwendungen in <strong>de</strong>n Hintergrund rückt.<br />
Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, Aufwendungen für außergewöhnliche<br />
Belastungen über ihren Nutzungszeitraum zu verteilen.<br />
Allerdings ist aus Billigkeitsgrün<strong>de</strong>n ein Wahlrecht <strong>de</strong>nkbar, die Aufwendungen<br />
über <strong>de</strong>n Nutzungszeitraum verteilt abzuziehen, wenn<br />
ein zu geringer Gesamtbetrag <strong>de</strong>r Einkünfte <strong>de</strong>m vollen Abzug <strong>de</strong>r<br />
Aufwendungen entgegensteht.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 7
FAKTEN & NACHRICHTEN Einkommensteuer<br />
» Praxishinweis<br />
Der <strong>BFH</strong> ist nicht nur <strong>de</strong>r Einschätzung <strong><strong>de</strong>s</strong> FG <strong>de</strong>utlich entgegengetreten,<br />
dass die Aufwendungen für einen behin<strong>de</strong>rtengerechten<br />
Umbau nicht zwangsläufig seien. Be<strong>de</strong>utsam ist auch, dass er an <strong>de</strong>r<br />
„Gegenwertlehre“ zweifelt und mehrfach <strong>de</strong>r Auffassung <strong><strong>de</strong>s</strong> bisher<br />
zuständigen III. Senats nicht folgt. Man beachte: Die Zuständigkeit<br />
für außergewöhnliche Belastungen ist 2009 auf <strong>de</strong>n VI. Senat übergegangen.<br />
Dr. Stefan Schnei<strong>de</strong>r, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Investitionsabzugsbetrag: Absicht (fast)<br />
ausschließlich betrieblicher Nutzung<br />
<strong>BFH</strong>, 26.11.2009, VIII B 190/09, HI2269690<br />
1. Für einen betrieblichen Pkw, <strong>de</strong>r auch privat genutzt wer<strong>de</strong>n<br />
soll, kann die Absicht <strong>de</strong>r ausschließlich o<strong>de</strong>r fast ausschließlich<br />
betrieblichen Nutzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Pkw dadurch dargelegt wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r<br />
Steuerpflichtige geltend macht, <strong>de</strong>n (ausreichen<strong>de</strong>n) betrieblichen<br />
Nutzungsanteil mittels eines Fahrtenbuchs zu dokumentieren.<br />
2. Dem steht bei summarischer Prüfung nicht entgegen, dass <strong>de</strong>r<br />
Steuerpflichtige für ein im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Geltendmachung <strong><strong>de</strong>s</strong> Investitionsabzugsbetrags<br />
vorhan<strong>de</strong>nes Fahrzeug <strong>de</strong>n privaten Nutzungsanteil<br />
unter Anwendung <strong>de</strong>r sog. 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S.<br />
2 EStG) ermittelt (gegen BMF, Schreiben v. 8.5.2009, BStBl 2009 I<br />
S. 633, Rn. 47).<br />
» Sachverhalt<br />
Ein GbR-Gesellschafter beantragte einen Investitionsabzugsbetrag<br />
nach § 7g EStG als Son<strong>de</strong>rbetriebsausgabe für einen anzuschaffen<strong>de</strong>n<br />
Pkw. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil er für <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Pkw auf die 1 %-Regelung zurückgegriffen hatte. Aussetzung <strong>de</strong>r<br />
Vollziehung gewährte das Finanzamt im Gegensatz zum FG nicht.<br />
Die vom FG hiergegen zugelassene Beschwer<strong>de</strong> wies <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> als<br />
unbegrün<strong>de</strong>t zurück.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Die Gewährung <strong><strong>de</strong>s</strong> Investitionsabzugsbetrags setzt u.a. voraus, dass<br />
<strong>de</strong>r Steuerpflichtige beabsichtigt, das Wirtschaftsgut voraussichtlich<br />
min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens bis zum En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>m Wirtschaftsjahr <strong>de</strong>r Anschaffung<br />
o<strong>de</strong>r Herstellung folgen<strong>de</strong>n Wirtschaftsjahrs (fast) ausschließlich<br />
betrieblich zu nutzen. Nicht geregelt ist, wie diese Nutzungsabsicht<br />
zu belegen ist. Hierfür ist unstrittig eine Prognose über das künftige<br />
Nutzungsverhalten erfor<strong>de</strong>rlich, inwieweit dabei aber Tatsachen aus<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit heranzuziehen sind, ist zweifelhaft und kann<br />
nur im Einzelfall geprüft wer<strong>de</strong>n. § 7g EStG bezweckt einen Anreiz<br />
für künftige Investitionen, sodass <strong>de</strong>r „Blick in die Zukunft" für die<br />
Anwendung <strong>de</strong>r Vorschrift wesentlich ist. Erkenntnisse aus <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
sind allenfalls hilfsweise heranzuziehen.<br />
Das BMF geht davon aus, dass die Inanspruchnahme <strong>de</strong>r 1 %-Regelung<br />
für das vorhan<strong>de</strong>ne Fahrzeug auf das anzuschaffen<strong>de</strong> Fahrzeug<br />
übertragbar ist, sodass eine voraussichtlich (fast) ausschließlich<br />
betriebliche Nutzung zu verneinen ist. Dem ist nicht zu folgen. Die<br />
Anwendung <strong>de</strong>r 1 %-Regelung in <strong>de</strong>r Vergangenheit bin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen<br />
nicht für die Zukunft. Ihm steht es frei, für ein neues<br />
Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen und so die (fast) ausschließlich<br />
betriebliche Nutzung nachzuweisen. Es kommt allein darauf an, ob<br />
die künftige (fast) ausschließlich betriebliche Nutzung <strong><strong>de</strong>s</strong> neu anzuschaffen<strong>de</strong>n<br />
Fahrzeugs plausibel ist.<br />
» Praxishinweis<br />
Diese Überlegungen hat <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> in einem Verfahren <strong><strong>de</strong>s</strong> vorläufigen<br />
Rechtsschutzes entwickelt, in <strong>de</strong>m nur eine summarische Rechtsprüfung<br />
stattfin<strong>de</strong>t. Die Beurteilung wür<strong>de</strong> in<strong><strong>de</strong>s</strong> auch in einem Hauptsacheverfahren<br />
kaum an<strong>de</strong>rs ausfallen.<br />
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Steuerwirksame Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses<br />
einer Abfindung<br />
<strong>BFH</strong>, 11.11.2009, IX R 1/09, HI2279442<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses<br />
einer Abfindung o<strong>de</strong>r eines Teilbetrags einer solchen beim Arbeitnehmer<br />
in <strong>de</strong>r Weise steuerwirksam gestalten, dass sie <strong>de</strong>ren ursprünglich<br />
vorgesehene Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt<br />
verschieben.<br />
» Sachverhalt<br />
Frau K erhielt bei <strong>de</strong>r Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Jahr<br />
01 eine Abfindung, die nach <strong>de</strong>m Sozialplan im Jahr 01 fällig war.<br />
Sie nahm noch im Jahr 01 ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer<br />
Auffanggesellschaft auf. Noch vor Fälligkeit vereinbarten K und ihr<br />
Arbeitgeber, <strong>de</strong>n steuerpflichtigen Teil <strong>de</strong>r Abfindung erst im Jahr<br />
02 auszuzahlen. Das Finanzamt erfasste auch <strong>de</strong>n steuerpflichtigen<br />
Teil <strong>de</strong>r Abfindung bereits im Jahr 01. Zu Unrecht, wie das FG befand.<br />
Der <strong>BFH</strong> bestätigte die <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> FG.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Ist eine Abfindung nach <strong>de</strong>m Sozialplan bereits bei Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Arbeitsverhältnisses im Jahr 01 fällig, vereinbaren die Parteien <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Arbeitsvertrags in<strong><strong>de</strong>s</strong>, <strong>de</strong>n steuerpflichtigen Betrag im Jahr 02 auszuzahlen,<br />
weil das für <strong>de</strong>n Arbeitnehmer günstiger ist, spricht eigentlich<br />
alles für einen Zufluss erst im Jahr 02.<br />
Dieser Eindruck trügt nicht. Denn nach § 11 Abs. 1 EStG bezieht<br />
<strong>de</strong>r Arbeitnehmer nicht laufend gezahlten Arbeitslohn (also z.B. die<br />
Abfindung) in <strong>de</strong>m Kalen<strong>de</strong>rjahr, in <strong>de</strong>m er ihm zufließt. Er muss über<br />
<strong>de</strong>n Arbeitslohn wirtschaftlich verfügen können. Die Fälligkeit allein<br />
führt nicht zum Zufluss. Die Parteien <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsvertrags können<br />
zivilrechtlich <strong>de</strong>n Erfüllungszeitpunkt und damit auch die steuerrechtliche<br />
Zuordnung <strong>de</strong>r Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum<br />
gestalten. Sie können je<strong>de</strong>nfalls vor <strong>de</strong>r ursprünglich vereinbarten<br />
Fälligkeit eine vorherige Vereinbarung wie<strong>de</strong>r än<strong>de</strong>rn.<br />
8 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Dieser Vertragsän<strong>de</strong>rung steht eine etwaige Vorrangigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Sozialplans<br />
nicht entgegen. Zwar gelten solche Betriebsvereinbarungen<br />
nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend. Jedoch hat<br />
im Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher<br />
Regelung das Günstigkeitsprinzip Vorrang.<br />
Dr. Bernd Heuermann, Richter am <strong>BFH</strong>, aus <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Hinweis <strong>de</strong>r Redaktion: Zu diesem Urteil siehe auch <strong>de</strong>n Beitrag<br />
von Loose, StC 2010, H 3, S. 22, in diesem Heft.<br />
AfA-Bemessungsgrundlage nach Einlage<br />
zum Teilwert<br />
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<strong>BFH</strong>, 18.08.2009, X R 40/06, HI2266143<br />
Bemessungsgrundlage für Absetzungen für Abnutzung nach Einlage<br />
ist die Differenz zwischen <strong>de</strong>m Einlagewert und <strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Einlage<br />
bei <strong>de</strong>n Überschusseinkunftsarten bereits in Anspruch genommenen<br />
planmäßigen und außerplanmäßigen Absetzungen.<br />
» Sachverhalt<br />
K vermietete ein Gebäu<strong>de</strong> (Herstellungskosten 416.000 DM) an ihren<br />
Ehemann, einen Einzelunternehmer. Nach <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Tod übernahm<br />
K das Einzelunternehmen. Bis dahin hatte sie 232.000 DM AfA<br />
abgesetzt. Der Teilwert <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebäu<strong><strong>de</strong>s</strong> im Einlagezeitpunkt betrug<br />
820.000 DM. Als Bemessungsgrundlage für die weitere AfA setzte<br />
das Finanzamt die Differenz zwischen <strong>de</strong>n ursprünglichen Herstellungskosten<br />
(416.000 DM) und bereits beanspruchten AfA (232.000<br />
DM) an. K legte dagegen <strong>de</strong>r AfA <strong>de</strong>n Einlagewert (820.000 DM)<br />
abzüglich beanspruchter AfA (232.000 DM) zugrun<strong>de</strong>. FG und <strong>BFH</strong><br />
bestätigten die Ansicht von K.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Als Einlagewert ist <strong>de</strong>r Teilwert anzusetzen; das steht nicht im Wi<strong>de</strong>rspruch<br />
zu § 7 Abs. 1 S. 5 EStG, da die Vorschrift keinen beson<strong>de</strong>ren<br />
Einlagewert bestimmt. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG umschreibt eine vom<br />
Einlagewert abweichen<strong>de</strong> eigenständige AfA-Bemessungsgrundlage,<br />
nicht eine Begrenzung <strong><strong>de</strong>s</strong> AfA-Volumens. AfA-Bemessungsgrundlage<br />
„nach Einlage" ist die Differenz zwischen <strong>de</strong>m Einlagewert und <strong>de</strong>r<br />
vor <strong>de</strong>r Einlage bei <strong>de</strong>n Überschusseinkünften bereits in Anspruch<br />
genommenen AfA.<br />
Bei zum Teilwert eingelegten Wirtschaftsgütern ist mit „Anschaffungs-<br />
o<strong>de</strong>r Herstellungskosten" <strong>de</strong>r Einlagewert gemeint. § 7 Abs. 1<br />
Satz 5 EStG will die AfA nach <strong>de</strong>r Einlage begrenzen, um zu verhin<strong>de</strong>rn,<br />
dass im Anschluss an AfA im Bereich <strong>de</strong>r Überschusseinkünfte<br />
nach <strong>de</strong>r Einlage „doppelt" abgeschrieben wer<strong>de</strong>n kann. Wür<strong>de</strong> die<br />
Bemessungsgrundlage nach Einlage auf die „historischen Anschaffungs-<br />
o<strong>de</strong>r Herstellungskosten" begrenzt, hätte dies aber zur Folge,<br />
dass im Privatvermögen gebil<strong>de</strong>te stille Reserven nicht abgeschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n könnten und bis zum Ausschei<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Wirtschaftsguts<br />
„eingefroren" wären.<br />
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG regelt nur, dass AfA nicht doppelt beansprucht<br />
wer<strong>de</strong>n darf. Der Einlagewert wird davon nicht berührt. Sind die<br />
vor <strong>de</strong>r Einlage im Privatvermögen entstan<strong>de</strong>nen stillen Reserven<br />
höher als die vor <strong>de</strong>r Einlage berücksichtigte AfA, ist die Bemessungsgrundlage<br />
gem. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG aus <strong>de</strong>m Einlagewert<br />
abzüglich <strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>r Einlage berücksichtigten AfA zu ermitteln.<br />
Die Bemessungsgrundlage besteht aus <strong>de</strong>m Restbuchwert <strong><strong>de</strong>s</strong> Wirtschaftguts<br />
im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Einlage und <strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Einlage gebil<strong>de</strong>ten<br />
stillen Reserven, die abgeschrieben wer<strong>de</strong>n dürfen, bis <strong>de</strong>r<br />
nicht weiter abschreibbare Restbuchwert in Höhe <strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>r Einlage<br />
angesetzten AfA erreicht ist.<br />
» Praxishinweis<br />
Der Leitsatz bezieht sich nur auf <strong>de</strong>n Fall, dass die stillen Reserven<br />
die bereits beanspruchte AfA übersteigen. Er ist nicht anwendbar,<br />
wenn vor <strong>de</strong>r Einlage keine stillen Reserven gebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
diese geringer waren als die bereits beanspruchte AfA.<br />
Dr. Jutta Förster, Richterin am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010, durch die<br />
Redaktion gekürzt.<br />
Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rechtsprechung:<br />
Kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot<br />
aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG<br />
<strong>BFH</strong>, 21.09.2009, GrS 1/06, HI2276796<br />
1. Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich<br />
(betrieblich) und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in<br />
abziehbare Werbungskosten o<strong>de</strong>r Betriebsausgaben und nicht abziehbare<br />
Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe<br />
<strong>de</strong>r beruflich und privat veranlassten Zeitanteile <strong>de</strong>r Reise aufgeteilt<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und<br />
nicht von untergeordneter Be<strong>de</strong>utung sind.<br />
2. Das unterschiedliche Gewicht <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Veranlassungsbeiträge<br />
kann es jedoch im Einzelfall erfor<strong>de</strong>rn, einen an<strong>de</strong>ren<br />
Aufteilungsmaßstab heranzuziehen o<strong>de</strong>r ganz von einer Aufteilung<br />
abzusehen.<br />
» Sachverhalt<br />
Strittig ist, ob Aufwendungen für eine teils beruflich, teils privat veranlasste<br />
Reise in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare<br />
private Kosten anhand <strong>de</strong>r beruflichen und privaten Zeitanteile <strong>de</strong>r<br />
Reise aufgeteilt wer<strong>de</strong>n können. Im Urteilsfall hatte ein EDV-Controller<br />
eine 4-tägige Computermesse in Las Vegas besucht; anschließend<br />
blieb er noch 3 Tage privat in <strong>de</strong>n USA. Das FG hatte die Kosten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Hin- und Rückflugs aufgeteilt (4/7 Werbungskosten und 3/7 als<br />
private Kosten).<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Ist bei einer gemischt veranlassten Reise die berufliche o<strong>de</strong>r private<br />
Veranlassung nicht von völlig untergeordneter Be<strong>de</strong>utung, sind die<br />
Aufwendungen grundsätzlich aufzuteilen. Ihr beruflich veranlasster<br />
Teil ist notfalls zu schätzen und abziehbar. Dies gilt auch für Reisekostenteile,<br />
die sowohl <strong>de</strong>n beruflichen als auch <strong>de</strong>n privaten Reiseteil<br />
betreffen, hier also die Kosten <strong>de</strong>r Hin- und Rückreise nach Las Vegas.<br />
Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kann auf die beruflichen und<br />
privaten Zeitanteile einer Reise zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />
Daran, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ein allgemeines Aufteilungs- und<br />
Abzugsverbot enthält, wird nicht mehr festgehalten. Dem objektiven<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 9
FAKTEN & NACHRICHTEN Einkommensteuer / Umsatzsteuer<br />
Nettoprinzip und <strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>r Besteuerung nach <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit<br />
ist zu entnehmen, dass berufliche Kostenanteile, soweit<br />
abgrenzbar, auch abziehbar sein müssen. Auch wenn die berufliche<br />
Veranlassung von Auslandsreisen häufig schwierig festzustellen ist<br />
und von <strong>de</strong>r Darstellung durch <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen abhängt, ist<br />
<strong>de</strong>r Abzug nicht a priori ausgeschlossen. Falls nach Ausschöpfung<br />
aller Ermittlungsmaßnahmen gewichtige Zweifel an <strong>de</strong>r beruflichen<br />
Veranlassung bleiben, schei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Abzug insgesamt aus. Ist aber die<br />
berufliche Veranlassung unzweifelhaft und lediglich <strong>de</strong>r Höhe nach<br />
schwierig zu ermitteln, ist <strong>de</strong>r Anteil eben zu schätzen.<br />
» Praxishinweis<br />
Begrenzt wird die erweiterte Aufteilungsmöglichkeit durch die Grundüberlegung,<br />
dass zwischen Reisekosten sowie grundsätzlich nicht<br />
abziehbaren und nicht aufteilbaren Aufwendungen für die Lebensführung<br />
zu differenzieren ist: Kosten <strong>de</strong>r Lebensführung sind durch<br />
steuerliche Existenzminima, Son<strong>de</strong>rausgaben und außergewöhnliche<br />
Belastungen abziehbar (subjektives Nettoprinzip) und insoweit abgegolten.<br />
Dies gilt z. B. für bürgerliche Kleidung, Brille, Armbanduhr,<br />
Schuhsohlen und Hörgerät; ob ein <strong>de</strong>nnoch gegebener beruflicher<br />
Mehraufwand berücksichtigt wird, bleibt <strong>de</strong>r <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Gesetzgebers überlassen.<br />
Falls objektivierbare Kriterien für eine Trennung <strong>de</strong>r beruflichen<br />
und privaten Veranlassungsbeiträge fehlen, schei<strong>de</strong>t ein Abzug<br />
<strong>de</strong>r Aufwendungen insgesamt aus. Allerdings kann von <strong>de</strong>m zeitbezogenen<br />
Aufteilungsmaßstab abgewichen wer<strong>de</strong>n. Nimmt z. B.<br />
ein Arbeitnehmer auf Weisung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitgebers einen beruflichen<br />
Termin wahr, können die Kosten <strong>de</strong>r Hin- und Rückreise selbst dann<br />
in vollem Umfang beruflich veranlasst sein, wenn <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
<strong>de</strong>n beruflichen Pflichttermin mit einem Privataufenthalt verbin<strong>de</strong>t,<br />
auch wenn <strong>de</strong>r private Teil <strong>de</strong>r Reise länger als <strong>de</strong>r berufliche Teil ist.<br />
Entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> muss auch für Selbstständige gelten.<br />
Dr. Stefan Schnei<strong>de</strong>r, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Zusammentreffen von außeror<strong>de</strong>ntlichen und <strong>de</strong>m<br />
Progressionsvorbehalt unterliegen<strong>de</strong>n Einkünften<br />
<strong>BFH</strong>, 22.09.2009, IX R 93/07, HI2266150<br />
Hat <strong>de</strong>r Steuerpflichtige neben außeror<strong>de</strong>ntlichen Einkünften i. S. v.<br />
§ 34 Abs. 2 EStG auch steuerfreie Einnahmen i. S. v. § 32b Abs. 1<br />
EStG bezogen, sind diese in <strong>de</strong>r Weise in die Berechnung nach § 34<br />
Abs. 1 EStG einzubeziehen, dass sie in voller Höhe <strong>de</strong>m verbleiben<strong>de</strong>n<br />
zu versteuern<strong>de</strong>n Einkommen hinzugerechnet wer<strong>de</strong>n (Anschluss an<br />
<strong>BFH</strong>, Urteil v. 17.1.2008, VI R 44/07, <strong>BFH</strong>/NV 2008 S. 666).<br />
» Sachverhalt<br />
Arbeitnehmer K bezog eine Entschädigung von 56.526 EUR, welche<br />
die Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 34 Abs. 1 EStG erfüllte, sowie steuerfreie<br />
Aufstockungsbeträge von 3.951 EUR, die <strong>de</strong>m Progressionsvorbehalt<br />
unterlagen. Das Finanzamt wandte die integrierte Metho<strong>de</strong> an und<br />
berechnete eine Einkommensteuer von 8.900 EUR. Das FG bevorzugte<br />
eine additive Metho<strong>de</strong> und kam zu einer Einkommensteuer von 6.605<br />
EUR. Der <strong>BFH</strong> hob die <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> FG auf.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Das Finanzamt berechnete die Einkommensteuer, in<strong>de</strong>m es neben<br />
<strong>de</strong>n außeror<strong>de</strong>ntlichen Einkünften die steuerfreien Einnahmen so<br />
einbezog, dass sie zu Ermittlung <strong><strong>de</strong>s</strong> Steuersatzes nach § 32b Abs.<br />
2 EStG jeweils in voller Höhe zum verbleiben<strong>de</strong>n zu versteuern<strong>de</strong>n<br />
Einkommen addiert wur<strong>de</strong>n, statt sie nur zu einem Fünftel hinzuzurechnen.<br />
Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG beträgt die für die außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />
Einkünfte anzusetzen<strong>de</strong> Einkommensteuer das Fünffache <strong>de</strong>r Differenz<br />
zwischen <strong>de</strong>r Einkommensteuer für das um diese Einkünfte<br />
vermin<strong>de</strong>rte zu versteuern<strong>de</strong> Einkommen (verbleiben<strong><strong>de</strong>s</strong> zu versteuern<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Einkommen) und <strong>de</strong>r Einkommensteuer für das verbleiben<strong>de</strong><br />
zu versteuern<strong>de</strong> Einkommen zuzüglich 1/5 dieser Einkünfte.<br />
In<strong>de</strong>m das Gesetz auf „die Einkommensteuer“ Bezug nimmt, die auf<br />
das verbleiben<strong>de</strong> zu versteuern<strong>de</strong> Einkommen entfällt, verweist es<br />
auf die Tarifvorschriften, zu <strong>de</strong>nen auch § 32b EStG gehört. Deshalb<br />
schreibt das Gesetz eine integrierte Steuerberechnung vor. Die<br />
additive Metho<strong>de</strong> hat im Gesetz keine Grundlage. Die Fünftelung<br />
bezieht sich nur auf die außeror<strong>de</strong>ntlichen Einkünfte, nicht auf die<br />
<strong>de</strong>m Progressionsvorbehalt unterliegen<strong>de</strong>n Einkünfte. Diese sind erst<br />
bei <strong>de</strong>r Ermittlung <strong>de</strong>r nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG maßgeben<strong>de</strong>n<br />
Einkommensteuerbeträge zu berücksichtigen.<br />
Daher ist auch bei <strong>de</strong>r Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG<br />
<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re Steuersatz <strong><strong>de</strong>s</strong> § 32b Abs. 2 EStG auf das zu versteuern<strong>de</strong><br />
Einkommen anzuwen<strong>de</strong>n. Das läuft <strong>de</strong>m Zweck <strong><strong>de</strong>s</strong> Progressionsvorbehalts<br />
nicht zuwi<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r eine Steuerentlastung verhin<strong>de</strong>rn<br />
will, die sich daraus ergibt, dass aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong> progressiven Tarifs<br />
auf das zu versteuern<strong>de</strong> Einkommen infolge <strong>de</strong>r Steuerfreiheit <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m Progressionsvorbehalt unterliegen<strong>de</strong>n Einkünfte ein niedrigerer<br />
Steuersatz anzuwen<strong>de</strong>n wäre als bei Steuerpflicht dieser Einkünfte.<br />
Allerdings darf die Anwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 32b EStG auch nicht zu einer<br />
höheren Steuerbelastung führen als bei einer Steuerpflicht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m<br />
Progressionsvorbehalt unterliegen<strong>de</strong>n Einkünfte.<br />
Dr. Bernd Heuermann, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen<br />
<strong>BFH</strong>, 18.11.2209, X R 34/07, HI2276791<br />
1. Im zeitlichen Geltungsbereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Alterseinkünftegesetzes geleistete<br />
Beiträge zu <strong>de</strong>n gesetzlichen Rentenversicherungen sind als<br />
Son<strong>de</strong>rausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Senatsbeschlusses<br />
v. 1.2.2006, X B 166/05, <strong>BFH</strong>/NV 2006 S. 876). Hiergegen<br />
bestehen keine verfassungsrechtlichen Be<strong>de</strong>nken.<br />
2. Der im Jahr 2005 im Fall <strong>de</strong>r Zusammenveranlagung zu berücksichtigen<strong>de</strong><br />
Grundfreibetrag ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n.<br />
» Sachverhalt<br />
Die Eheleute F und M machten für das Jahr 2005 Vorsorgeaufwendungen<br />
von insgesamt 4.760 EUR geltend. Daneben entrichteten M<br />
und sein Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge von je 3.733 EUR.<br />
Diese führten zu einem abziehbaren Betrag von 747 EUR. Nach <strong>de</strong>r<br />
Günstigerprüfung berücksichtigte das Finanzamt die gesamten Vorsorgeaufwendungen<br />
mit 4.013 EUR. Die Eheleute for<strong>de</strong>rten dagegen<br />
u.a. <strong>de</strong>n vollen Abzug <strong>de</strong>r Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene<br />
Werbungskosten. Das FG wies die Klage ab.<br />
10 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Der <strong>BFH</strong> hat sowohl die Verfassungsmäßigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Abzugs <strong>de</strong>r Altersvorsorgeaufwendungen<br />
als auch die <strong>de</strong>r Höhe <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundfreibetrags<br />
bejaht.<br />
§ 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG soll die steuerliche Behandlung <strong>de</strong>r<br />
unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme einheitlich<br />
in das Prinzip <strong>de</strong>r nachgelagerten Besteuerung überführen.<br />
Bei <strong>de</strong>r verfassungsrechtlichen Überprüfung waren die endgültigen<br />
Regelungen und die Übergangsvorschriften für Altersvorsorgeaufwendungen<br />
bis 2025 zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Die Kernaussagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Urteils sind:<br />
Altersvorsorgeaufwendungen sind ihrer Rechtsnatur nach – zum<br />
größten Teil – vorweggenommene Werbungskosten. Der Gesetzgeber<br />
konnte diese Aufwendungen – unabhängig von ihrer Rechtsnatur<br />
– mit konstitutiver Wirkung <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rausgaben zuordnen.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r endgültigen Regelung (ab 2025) dient die Begrenzung<br />
<strong>de</strong>r Abzugsfähigkeit <strong>de</strong>r Altersvorsorgeaufwendungen trotz<br />
voller Besteuerung <strong>de</strong>r Altersrenten <strong>de</strong>r Vermeidung von Missbräuchen;<br />
sie verletzt nicht das objektive Nettoprinzip. Die Einbeziehung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung führt<br />
zur Gleichbehandlung <strong>de</strong>r selbstständig und nichtselbstständig<br />
tätigen Steuerpflichtigen und ist nicht zu beanstan<strong>de</strong>n.<br />
Die Übergangsregelung, nach <strong>de</strong>r im Jahr 2005 zunächst nur 20 %<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmerbeitrags geltend gemacht wer<strong>de</strong>n können, kann<br />
trotz <strong>de</strong>r erheblichen Einschränkung <strong><strong>de</strong>s</strong> objektiven Nettoprinzips<br />
und <strong>de</strong>r Ungleichbehandlung <strong>de</strong>r Arbeitnehmer im Verhältnis zu<br />
Beamten noch gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Der <strong>de</strong>m Gesetzgeber eingeräumte sehr weite Gestaltungsspielraum<br />
fin<strong>de</strong>t seine Grenze im Verbot <strong>de</strong>r Doppelbesteuerung.<br />
Dieses kann aber nur im Zusammenwirken mit <strong>de</strong>r Besteuerung<br />
<strong>de</strong>r Altersrenten geprüft wer<strong>de</strong>n, also bei Renteneintritt <strong><strong>de</strong>s</strong> Steuerpflichtigen.<br />
Der Grundfreibetrag von 15.328 EUR für Ehepaare im Jahr 2005 ist<br />
verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber konnte sich hierbei zu Recht an<br />
<strong>de</strong>n Regelsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> SGB II orientieren.<br />
» Praxishinweis<br />
Das Urteil ist eine von 5 Grundsatzentscheidungen, in <strong>de</strong>nen die<br />
beschränkte Abzugsfähigkeit <strong>de</strong>r Altersvorsorgeaufwendungen als<br />
noch verfassungsmäßig akzeptiert wur<strong>de</strong>. Daneben hat <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> insbeson<strong>de</strong>re<br />
entschei<strong>de</strong>n, dass<br />
die Regelung über die begrenzte Abziehbarkeit von sonstigen<br />
Vorsorgeaufwendungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n<br />
ist (<strong>BFH</strong>, Urteil v. 18.11.2009, X R 6/08);<br />
es verfassungsrechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n ist, dass Altersvorsorgeaufwendungen<br />
nicht als Freibetrag auf <strong>de</strong>r Lohnsteuer-Karte<br />
eintragbar sind (<strong>BFH</strong>, Urteil v. 09.12.2009, X R 28/07).<br />
Es ist zu erwarten, dass das BVerfG die Gelegenheit erhalten wird,<br />
bei<strong>de</strong> Grundfragen einer verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen.<br />
Das letzte Wort ist damit noch nicht gesprochen.<br />
Dr. Jutta Förster, Richterin am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Auswirkungen <strong><strong>de</strong>s</strong> BilMoG auf die Anerkennung<br />
von Organschaften<br />
BMF, 14.01.2010, IV C 2 - S 2770/09/1000<br />
Das Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>ministerium <strong>de</strong>r Finanzen(BMF) führt in seinem Erlass<br />
aus, wie sich die Än<strong>de</strong>rungen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 301 AktG und § 249 HGB durch<br />
das Bilanzrechtsmo<strong>de</strong>rnisierungsgesetz auf die steuerliche Anerkennung<br />
von Organschaften auswirken.<br />
Es ist gefragt wor<strong>de</strong>n, inwieweit sich die Än<strong>de</strong>rung einzelner Bilanzierungsvorschriften<br />
durch das Gesetz zur Mo<strong>de</strong>rnisierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Bilanzrechts<br />
- BilMoG - vom 25.05.2009, BGBl. I 2009 Seite 1102 auf die<br />
steuerliche Anerkennung ertragsteuerlicher Organschaftsverhältnisse<br />
auswirkt.<br />
1. Zur Än<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> Höchstbetrags <strong>de</strong>r Gewinnabführung nach §<br />
301 AktG<br />
Die steuerliche Anerkennung <strong>de</strong>r Organschaft bleibt durch die Än<strong>de</strong>rung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> § 301 AktG i. V. m. § 268 Abs. 8 HGB grundsätzlich unberührt.<br />
Bei <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>r Gewinnabführung sind jedoch die<br />
Neuregelungen zum Höchstbetrag <strong>de</strong>r Gewinnabführung nach § 301<br />
AktG ungeachtet ggf. abweichen<strong>de</strong>r vertraglicher Vereinbarungen<br />
zwingend zu beachten.Für Organgesellschaften in <strong>de</strong>r Rechtsform <strong>de</strong>r<br />
GmbH for<strong>de</strong>rt § 17 Satz 2 Nr. 1 KStG nicht, dass die Begrenzung <strong>de</strong>r<br />
Gewinnabführung gem. § 301 AktG in <strong>de</strong>n Gewinnabführungsvertrag<br />
ausdrücklich aufgenommen wird.<br />
2. Zur Än<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 249 HGB<br />
Wird das Wahlrecht nach Artikel 67 Abs. 3 EG-HGB n. F. zur Beibehaltung<br />
<strong>de</strong>r im Jahresabschluss für das letzte vor <strong>de</strong>m 1. Januar 2010<br />
beginnen<strong>de</strong> Geschäftsjahr bestehen<strong>de</strong>n nach § 249 Abs. 1 Satz 3 und<br />
Abs. 2 HGB in <strong>de</strong>r bis zum 28. Mai 2009 gelten<strong>de</strong>n Fassung gebil<strong>de</strong>ten<br />
Aufwandsrückstellungen nicht ausgeübt, stellt die daraus resultieren<strong>de</strong><br />
Auflösung dieser Rückstellungen sowie die unmittelbare Einstellung<br />
<strong>de</strong>r aufgelösten Beträge in eine Gewinnrücklage keine Verletzung <strong>de</strong>r<br />
Grundsätze <strong><strong>de</strong>s</strong> § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG dar. -kl-<br />
» Umsatzsteuer<br />
Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer<br />
für Umsatzsteuerzwecke<br />
<strong>BFH</strong>, 23.09.2009, II R 66/07, HI2266149<br />
Hat eine natürliche Person durch Anmeldung eines Gewerbes ernsthaft<br />
die Absicht bekun<strong>de</strong>t, unternehmerisch i. S. d. § 2 UStG tätig zu<br />
wer<strong>de</strong>n, ist ihr außer in Fällen eines offensichtlichen, auf die Umsatzsteuer<br />
bezogenen Missbrauchs auf Antrag eine Steuernummer für<br />
Umsatzsteuerzwecke zu erteilen.<br />
» Sachverhalt<br />
K, ein polnischer Staatsangehöriger, erklärte im Fragebogen zur<br />
Betriebseröffnung, ein Gewerbe aufgenommen zu haben. Seinen<br />
Antrag auf Erteilung einer Steuernummer lehnte das Finanzamt<br />
mangels Selbstständigkeit <strong>de</strong>r Tätigkeit ab.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 11
FAKTEN & NACHRICHTEN Umsatzsteuer<br />
Das FG verpflichtete das Finanzamt, eine Steuernummer zu erteilen.<br />
K habe hierauf einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, da er sonst im<br />
Rechtsverkehr nicht handlungsfähig sei.<br />
Dem folgte <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong>.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Zwar ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch von Unternehmern auf<br />
Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke we<strong>de</strong>r im<br />
Gemeinschafts- noch im <strong>de</strong>utschen Recht ausdrücklich vorgesehen; er<br />
ergibt sich aber mittelbar aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, wonach<br />
eine Rechnung u. a. die Steuer- o<strong>de</strong>r Umsatzsteuer-I<strong>de</strong>ntifikationsnummer<br />
enthalten muss.<br />
Dies wird letztlich in § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG für <strong>de</strong>n Unternehmer<br />
aufgegriffen, <strong>de</strong>r danach u. a. bei Leistungen an Unternehmer verpflichtet<br />
ist, binnen 6 Monaten nach Ausführung <strong>de</strong>r Leistung eine<br />
Rechnung auszustellen. Im Gegenzug kann <strong>de</strong>r Leistungsempfänger<br />
die Vorsteuer nur abziehen, wenn er eine Rechnung mit Steuernummer<br />
besitzt.<br />
Die Steuernummer ist regelmäßig Voraussetzung für ein selbstständiges<br />
Tätigwer<strong>de</strong>n, soweit nicht ausnahmsweise allein Umsätze<br />
ausgeführt wer<strong>de</strong>n, für die die Ausstellung einer Rechnung mit Steuernummer<br />
nicht vorgeschrieben ist.<br />
Der Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke<br />
besteht bereits dann, wenn <strong>de</strong>r Antragsteller ernsthaft erklärt,<br />
selbstständig tätig wer<strong>de</strong>n zu wollen. Wenn die Erteilung <strong>de</strong>r Steuernummer<br />
regelmäßig Voraussetzung für ein solches Tätigwer<strong>de</strong>n ist,<br />
kann sie nicht davon abhängig gemacht wer<strong>de</strong>n, dass eine solche<br />
Tätigkeit bereits aufgenommen wur<strong>de</strong>.<br />
Etwas an<strong>de</strong>res gilt nur in offensichtlichen Missbrauchsfällen. Dabei<br />
muss sich „<strong>de</strong>r Missbrauch auf die Umsatzsteuer beziehen“, in<strong>de</strong>m<br />
z. B. beabsichtigt wird, <strong>de</strong>n Vorsteuerabzug für zu Privatzwecken<br />
bezogene Lieferungen o<strong>de</strong>r Leistungen zu Unrecht zu beanspruchen.<br />
Das wie<strong>de</strong>rum muss das Finanzamt darlegen und im Prozess nachweisen.<br />
Gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Steuernummer für<br />
Umsatzsteuerzwecke kann nicht eingewandt wer<strong>de</strong>n, dass sich daraus<br />
eine Bindungswirkung für die spätere Festsetzung von Umsatzsteuer<br />
o<strong>de</strong>r Umsatzsteuer-Vorauszahlungen ergäbe.<br />
Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Bindungswirkung besteht<br />
in<strong><strong>de</strong>s</strong> nicht. Beim Erlass von Umsatzsteuerbeschei<strong>de</strong>n ist vielmehr<br />
die Unternehmereigenschaft eigenständig zu prüfen und zwar ohne<br />
dass es auf die Erteilung einer Steuernummer ankommt.<br />
Dr. Andreas Herlinghaus, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Voraussetzungen für Vorsteuerabzug einer<br />
Grundstückgemeinschaft<br />
<strong>BFH</strong>, 23.09.2009, XI R 14/08, HI2266144<br />
Einer Grundstücksgemeinschaft steht <strong>de</strong>r Vorsteuerabzug aus Rechnungen<br />
für Mo<strong>de</strong>rnisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen eines<br />
Wohn- und Geschäftshauses nicht zu, wenn nach außen nur einer<br />
<strong>de</strong>r Gemeinschafter als Vertragspartner auftritt, ohne offen zu legen,<br />
dass er auch im Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> an<strong>de</strong>ren Gemeinschafters han<strong>de</strong>lt, und<br />
wenn die Rechnungen nur an ihn adressiert sind.<br />
» Sachverhalt<br />
Die aus <strong>de</strong>n Eheleuten H bestehen<strong>de</strong> Grundstücksgemeinschaft G ließ<br />
von 1994 bis 1996 Baumaßnahmen an einem Gebäu<strong>de</strong> ausführen. Das<br />
Gebäu<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Jahren 1997 bis 2003 teils selbst genutzt, teils<br />
zu Wohnzwecken und teils gewerblich vermietet.<br />
Im Jahr 2004 optierte G für die Gewerbeeinheiten rückwirkend zur<br />
Steuerpflicht, beantragte eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG<br />
und machte Vorsteuer aus laufen<strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Gewerbeeinheiten<br />
geltend.<br />
Das Finanzamt versagte dies, weil Ehemann H alleiniger Auftraggeber<br />
sei und die Rechnungen nur an ihn adressiert seien. Das FG gab <strong>de</strong>r<br />
Klage statt. Der <strong>BFH</strong> hob die Vorentscheidung auf und verwies die<br />
Sache zurück.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>r Vorsteuerberichtigung hat das FG nicht festgestellt,<br />
ob G das Gebäu<strong>de</strong> bei Leistungsbezug ihrem Unternehmen zugeordnet<br />
und es sich bei <strong>de</strong>n Bauleistungen um nachträgliche Herstellungskosten<br />
gehan<strong>de</strong>lt hat.<br />
Im Übrigen hat das FG zu Unrecht angenommen, eine unternehmerisch<br />
tätige Gemeinschaft sei auch dann zu Vorsteuerabzug und<br />
-berichtigung berechtigt, wenn nicht sie, son<strong>de</strong>rn einer <strong>de</strong>r Gemeinschafter<br />
Auftraggeber und Rechnungsadressat sei.<br />
» Praxishinweis<br />
Der Vorsteuerabzug aus (nachträglichen) Herstellungskosten setzt<br />
voraus, dass das gemischt genutzte Gebäu<strong>de</strong> zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t anteilig<br />
<strong>de</strong>m Unternehmen zugeordnet wur<strong>de</strong>. Dazu ist eine durch Indizien<br />
gestützte Zuordnungsentscheidung <strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmers bei <strong>de</strong>r<br />
Anschaffung o<strong>de</strong>r Herstellung notwendig; die Zuordnung kann nicht<br />
unterstellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Voraussetzung für <strong>de</strong>n Vorsteuerabzug, dass Lieferungen und<br />
Leistungen für das Unternehmen ausgeführt wor<strong>de</strong>n sind, ist erfüllt,<br />
wenn <strong>de</strong>r Unternehmer <strong>de</strong>r Leistungsempfänger ist.<br />
Leistungsempfänger ist, wer aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Leistung zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n<br />
Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet<br />
ist.<br />
Ob eine Gemeinschaft Leistungsempfänger ist, hängt davon ab, ob<br />
<strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> gegenüber <strong>de</strong>m Auftragnehmer im eigenen Namen<br />
o<strong>de</strong>r berechtigterweise in ihrem Namen aufgetreten ist. Einer unternehmerisch<br />
tätigen Gemeinschaft steht <strong>de</strong>r Vorsteuerabzug nicht zu,<br />
wenn Auftraggeber und Leistungsempfänger die einzelnen Bauherren<br />
sind.<br />
Der Vorsteuerabzug erfor<strong>de</strong>rt, dass <strong>de</strong>r Unternehmer eine Rechnung<br />
besitzt, in <strong>de</strong>r er selbst bezeichnet wird.<br />
Dementsprechend kann eine Gemeinschaft aus einer Rechnung, die<br />
nur auf einen ihrer Gesellschafter ausgestellt wor<strong>de</strong>n ist, keinen Vorsteuerabzug<br />
vornehmen.<br />
Die Berichtigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG erfor<strong>de</strong>rt<br />
ebenso wie <strong>de</strong>r Vorsteuerabzug, dass <strong>de</strong>r Unternehmer die Lieferung<br />
o<strong>de</strong>r Leistung „für sein Unternehmen" erworben hat.<br />
Monika Völlmeke, Richterin am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
12 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
» Anlage in Geschlossenen Fonds<br />
Traditionell erfolgt ein erheblicher Teil <strong>de</strong>r Geldanlagen in Deutschland<br />
in sogenannten geschlossenen Fonds. Es han<strong>de</strong>lt sich hierbei<br />
um Gesellschaften, die in bestimmte Immobilien (z.B. Einkaufs- o<strong>de</strong>r<br />
Bürozentren), Schiffe, Filme o.ä. investieren. Die Initiatoren grün<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Fond, werben Anleger und führen die Geschäfte (z.T. über<br />
Managementgesellschaften o.ä.). Die Einflussmöglichkeiten <strong>de</strong>r Anleger<br />
auf die Geschäftsführung sind häufig sehr eingeschränkt.<br />
Als Rechtsform für <strong>de</strong>n Fond wird regelmäßig eine Personengesellschaft<br />
gewählt. Die Grün<strong>de</strong> hierfür sind vielfältig: Gesellschaftsrechtlich<br />
schlägt <strong>de</strong>r Vorteil zu Buche, dass Anteile kosten- und zeitsparend<br />
ohne notarielle Beurkundung übertragen wer<strong>de</strong>n können und (außer<br />
bei <strong>de</strong>r GmbH & Co. KG) nicht die strengen Regeln <strong>de</strong>r Kapitalaufbringung<br />
und -erhaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>utschen Kapitalgesellschaftsrechts gelten<br />
(ohnehin sind die Initiatoren bei <strong>de</strong>r Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesellschaftsvertrags<br />
weitgehend frei). Darüber hinaus kann bei <strong>de</strong>r Rechtsform<br />
<strong>de</strong>r GbR die ggf. unerwünschte Publizität <strong><strong>de</strong>s</strong> Han<strong>de</strong>lsregisters vermie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Es kommen steuerliche Vorteile hinzu, die insbeson<strong>de</strong>re<br />
in <strong>de</strong>r Möglichkeit <strong>de</strong>r direkten Verlustzurechnung liegen (d.h.<br />
Anfangsverluste aus <strong>de</strong>r Anlage können mit sonstigen Einkünften <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anlegers verrechnet wer<strong>de</strong>n). Allerdings wur<strong>de</strong>n diese Möglichkeit<br />
durch die Begrenzung <strong>de</strong>r Verlustverrechnung auf <strong>de</strong>n individuellen<br />
Anlagebetrag (§ 15a EStG) stark eingeschränkt.<br />
Viele Jahre waren Auflage und Vertrieb von geschlossenen Fonds<br />
weitgehend frei möglich. Seit 2004 unterliegen die Initiatoren<br />
regelmäßig einer Prospektpflicht, was die Informationsmöglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Anleger <strong>de</strong>utlich verbessert. Es ist jedoch nicht leicht, die<br />
relevanten Risiken einem solchen (meist umfangreichen) Prospekt<br />
zu entnehmen.<br />
» Die Gesetzliche Haftung als Gesellschafter von<br />
Geschlossenen Fonds<br />
Die Geldanlage in einen geschlossenen Fond ist nichts an<strong>de</strong>res als<br />
die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer GbR, oHG o<strong>de</strong>r KG.<br />
Was vielen Anlegern nicht klar ist - sie übernehmen damit auch die<br />
allgemeinen Haftungsrisiken <strong>de</strong>r jeweiligen Rechtsform.<br />
Bei einer GbR und oHG be<strong>de</strong>utet dies grundsätzlich die unbeschränkte<br />
Haftung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anlegers für alle Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r Gesellschaft und<br />
zwar in voller Höhe! Verbindlichkeiten entstehen insbeson<strong>de</strong>re bei<br />
Aufnahme von Krediten durch <strong>de</strong>n Fond zur Finanzierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Projekts.<br />
Z.T. wird dies aus steuerlichen Grün<strong>de</strong>n von Beginn an geplant,<br />
z.T. wird es notwendig, wenn das Projekt teurer wird, als ursprünglich<br />
kalkuliert o<strong>de</strong>r nicht alle Fondsanteile veräußert wer<strong>de</strong>n können.<br />
Bei <strong>de</strong>r Kommanditgesellschaft ist die Haftung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anleger-Kommanditisten<br />
zwar auf seine Haftsumme beschränkt und ausgeschlossen,<br />
soweit er diese einbezahlt hat. Aber es kommt immer wie<strong>de</strong>r vor,<br />
Wirtschaftsrecht FAKTEN & NACHRICHTEN<br />
Aktueller Beratungsanlass Wirtschaftsrecht<br />
» Mitgehangen, mitgefangen – die Haftung von Anlegern geschlossener Fonds<br />
Geschlossene Immobilien-, Schiffs- und sonstige Fonds wer<strong>de</strong>n regelmäßig als Personengesellschaft aufgelegt.<br />
Angesichts <strong>de</strong>r versprochenen Renditen und/o<strong>de</strong>r Steuerersparnisse machen sich die wenigsten Anleger Gedanken<br />
um eine mögliche Haftung – das kann sich rächen.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
dass auch in Verlustjahren Ausschüttungen erfolgen, um die Anleger<br />
bei <strong>de</strong>r Stange zu halten. In diesem Fall lebt insoweit die Haftung<br />
<strong>de</strong>r Kommanditisten wie<strong>de</strong>r auf. Auch enthalten viele Gesellschaftsverträge<br />
Nachschusspflichten <strong>de</strong>r Kommanditisten, die allerdings<br />
ausdrücklich vereinbart sein müssen und nicht nur verklausuliert<br />
und „im Kleingedruckten“ stehen dürfen.<br />
» Mögliche Haftungsbeschränkungen<br />
Haftungsbeschränkungen bei geschlossenen Fonds sind möglich.<br />
Zunächst kann dies über die Wahl <strong>de</strong>r Rechtsform erfolgen – bei<br />
einer GmbH & Co. KG sind die Haftungsrisiken <strong>de</strong>r Gesellschafter auf<br />
das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Dann ist „nur noch“ darauf<br />
zu achten, dass nicht vertraglich Haftungsübernahmen o<strong>de</strong>r Nachschusspflichten<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r durch Ausschüttung nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>ner Gewinne das Haftungsrisiko wie<strong>de</strong>r auflebt.<br />
Bei <strong>de</strong>r GbR / oHG ist eine allgemeine Haftungsbeschränkung nicht<br />
möglich. Die vor einigen Jahren propagierte Verwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zusatzes<br />
„m.b.H.“ hat <strong>de</strong>r BGH als unzureichend eingestuft. Allein die individualvertragliche<br />
Vereinbarung einer Beschränkung <strong>de</strong>r Haftung auf<br />
das Gesellschaftsvermögen mit <strong>de</strong>m Vertragspartner führt zu einem<br />
Ausschluss <strong>de</strong>r persönlichen Haftung. Doch hierzu sind Gläubiger<br />
häufig nicht bereit. Insbeson<strong>de</strong>re finanzieren<strong>de</strong> Banken lassen sich<br />
allenfalls auf die Vereinbarung einer quotalen Beschränkung <strong>de</strong>r<br />
Haftung entsprechend <strong>de</strong>m jeweiligen Gesellschaftsanteil ein (ist ein<br />
Anleger mit 1% am Fond beteiligt, trifft ihn auch eine Haftung i.H.v. 1<br />
% <strong>de</strong>r Verbindlichkeit). Diese maximale Haftungsbeschränkung (die<br />
im Darlehensvertrag zwischen <strong>de</strong>m Fond und <strong>de</strong>r Bank ausdrücklich<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n muss!) bezieht sich auf <strong>de</strong>n Nominalbetrag <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Darlehens. Etwaige Rückzahlungen (sei es seitens <strong><strong>de</strong>s</strong> Fonds o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>rer Anleger) reduzieren die Haftungsgrenze nicht. Denn das<br />
Insolvenzrisiko <strong><strong>de</strong>s</strong> einzelnen Anlegers sollen <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Mitanleger und<br />
-gesellschafter und nicht die finanzieren<strong>de</strong> Bank tragen (so kürzlich<br />
wie<strong>de</strong>r das OLK Köln (13 U 168/09)).<br />
RA Dr. Stefan Lammel<br />
ist als Rechtsanwalt in <strong>de</strong>r Sozietät Graf von<br />
Westphalen in Freiburg tätig.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 13
FAKTEN & NACHRICHTEN Anzahlungen<br />
Vorsteuervergütungsverfahren:<br />
II. Im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmen<br />
» Überblick über die wichtigsten Details <strong>de</strong>r Regelungen und betroffene Mandantengruppen<br />
Durch das Mehrwertsteuerpaket wur<strong>de</strong> zum 01.01.2010 auch das Vorsteuer-Vergütungsverfahren neu geregelt.<br />
Daher sind viele Neuerungen zu beachten.<br />
Diese Tabelle steht für Sie auch als Arbeitsvorlage unter www.steuer-consultant.<strong>de</strong> zur Verfügung. Dort fin<strong>de</strong>n Sie auch das<br />
BMF-Schreiben zum Verfahren <strong>de</strong>r Vorsteuervergütung (BMF, 03.12.2009, IV B 9 S - 7359/09/100001).<br />
Regelung Betroffene Mandanten<br />
Antragsstellung<br />
Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, <strong>de</strong>m im Inland von<br />
einem Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung<br />
gestellt wor<strong>de</strong>n ist, kann über die zuständige Stelle in <strong>de</strong>m Mitgliedstaat, in<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Unternehmer ansässig ist, bei <strong>de</strong>r zuständigen Behör<strong>de</strong> im Inland einen<br />
Antrag auf Vergütung dieser Steuer stellen. Für die Vergütung <strong>de</strong>r Vorsteuerbeträge<br />
im Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist ausschließlich das Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>zentralamt für<br />
Steuern (BZSt) zuständig (§ 5 Abs. 1 Nr. 8 FVG).<br />
Antragsfrist<br />
Die Vergütung ist binnen neun Monaten nach Ablauf <strong><strong>de</strong>s</strong> Kalen<strong>de</strong>rjahres, in<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vergütungsanspruch entstan<strong>de</strong>n ist, zu beantragen (§ 61 Abs. 2 UStDV).<br />
Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tbeträge<br />
Die Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tbeträge für Jahresanträge o<strong>de</strong>r Anträge für <strong>de</strong>n letzten Zeitraum<br />
eines Kalen<strong>de</strong>rjahres wer<strong>de</strong>n von bisher 25 € auf 50 € angehoben. Stellt <strong>de</strong>r<br />
Unternehmer einen Antrag für einen Zeitraum von min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens drei Monaten,<br />
muss die Antragssumme min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 400 € betragen.<br />
Beizufügen<strong>de</strong> Unterlagen<br />
Dem Vergütungsantrag sind auf elektronischem Weg die Rechnungen und<br />
Einfuhrbelege beizufügen, wenn das Entgelt für <strong>de</strong>n Umsatz o<strong>de</strong>r die Einfuhr<br />
min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 1.000 €, bei Rechnungen über <strong>de</strong>n Bezug von Kraftstoffen min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens<br />
250 € beträgt.<br />
Teilweise nicht- abzugsfähige Umsätze<br />
Einem Unternehmer, <strong>de</strong>r im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze<br />
ausführt, die zum Teil <strong>de</strong>n Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer<br />
höchstens in <strong>de</strong>r Höhe vergütet, in <strong>de</strong>r er in <strong>de</strong>m Mitgliedstaat, in <strong>de</strong>m er ansässig<br />
ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre<br />
(§ 18 Abs. 9 Satz 3 UStG.<br />
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet<br />
ansässige Unternehmen mit vergütngsfähigen<br />
Umsätzen im Ausland<br />
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet<br />
ansässige Unternehmen mit vergütngsfähigen<br />
Umsätzen im Ausland<br />
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet<br />
ansässige Unternehmen mit vergütngsfähigen<br />
Umsätzen im Ausland<br />
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet<br />
ansässige Unternehmen mit vergütngsfähigen<br />
Umsätzen im Ausland<br />
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet<br />
ansässige Unternehmen mit teils<br />
vergütngsfähigen, teils nicht vergütungsfähigen<br />
Umsätzen im Ausland<br />
14 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Praxis Vermögensgestaltungsberatung<br />
» Assekuranzlösungen<br />
» Fall aus <strong>de</strong>r Praxis<br />
Die Mandanten Seburin sind seit gut 10 Jahren glücklich verheiratet.<br />
Bei<strong>de</strong> sind selbstständig, sie betreibt eine Boutique, er ist als Unternehmensberater<br />
tätig. Das zu versteuern<strong>de</strong> Einkommen liegt bei ca.<br />
250.000 Euro, je<strong><strong>de</strong>s</strong> Jahr leicht ansteigend.<br />
Die Eheleute, 42 und 34 Jahre alt, genießen das Leben und brauchen<br />
gut 10.000 Euro je<strong>de</strong>n Monat für Nahrung, Urlaub, Kleidung und die<br />
eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Annehmlichkeit. Zu<strong>de</strong>m müssen sie die Finanzierung<br />
ihres Eigenheims bedienen. Von Versicherungen halten bei<strong>de</strong><br />
nicht viel. Allerdings ist ein guter Freund neuerdings als Versicherungsvertreter<br />
tätig und möchte die Eheleute Seburin von <strong>de</strong>r Notwendigkeit<br />
eines umfassen<strong>de</strong>n Versicherungsschutzes überzeugen.<br />
Der Mann nutzt je<strong><strong>de</strong>s</strong> Gespräch mit seinen Freun<strong>de</strong>n, um mehr o<strong>de</strong>r<br />
weniger geschickt mit „Horror-Storys“ aus seiner angeblich täglichen<br />
Arbeit die Eheleute zu sensibilisieren. „Neulich ist ein Unternehmensberater<br />
wie du tödlich verunglückt, nun steht die Ehefrau vor<br />
<strong>de</strong>r Pleite!“ ist eine dieser Geschichten.<br />
Die Erfahrung lehrt: Die Mehrzahl <strong>de</strong>r Unternehmer geht mit ihren<br />
privaten und beruflichen Risiken nicht professionell um. Ähnlich wie<br />
bei <strong>de</strong>r Geldanlage wer<strong>de</strong>n irgendwann irgendwelche Versicherungen<br />
abgeschlossen. Das Gefühl „Jetzt bin ich erstmal abgesichert“ tut<br />
dann gut. Einmal abgeschlossen, wird die Versicherung nicht mehr<br />
angerührt und überprüft. Dass das fatale Folgen haben kann, ist<br />
bekannt. Legendär ist die Geschichte <strong><strong>de</strong>s</strong> Familienvaters, <strong>de</strong>r eine<br />
hohe Risikolebensversicherung mit 25 Jahren abgeschlossen hat und<br />
anschließend geheiratet hat. Im Glauben, dass seine Ehefrau abgesichert<br />
ist, prüfte er nicht, was er damals vereinbart hatte. Damals hatte<br />
er seine Verlobte, die aber nicht seine Ehefrau wur<strong>de</strong>, als bezugsberechtigt<br />
eingesetzt. Als er nun starb, blieb seine Ehefrau ohne die<br />
Versicherungsleistung. Diese erhielt die Ex – rechtlich korrekt und<br />
bin<strong>de</strong>nd.<br />
Vermögensgestaltung FAKTEN & NACHRICHTEN<br />
Ein Thema unter Beratern wird immer wie<strong>de</strong>r kontrovers diskutiert. Haben in <strong>de</strong>r Vermögensgestaltung<br />
auch Versicherungen etwas zu suchen? O<strong>de</strong>r sollen sich an<strong>de</strong>re Experten, z. B. Versicherungsvertreter,<br />
darum kümmern?<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Dr. Jörg Richter, CFP, CEP, CFEP,<br />
leitet das Institut für Qualitätssicherung und<br />
Prüfung von Finanzdienstleistungen GmbH, Hannover.<br />
Er ist Fachbeirat <strong><strong>de</strong>s</strong> SteuerConsultant,<br />
Partner <strong><strong>de</strong>s</strong> StB-Verbands Nie<strong>de</strong>rsachsen Sachsen-Anhalt<br />
e. V. und Mitglied <strong>de</strong>r Private Banking<br />
Prüfinstanz. Er gilt als führen<strong>de</strong>r Experte in <strong>de</strong>r<br />
Beratung Vermögen<strong>de</strong>r.<br />
Telefon: 05 11/36 07 70<br />
» 3 Risikotypen<br />
Daher gilt: Zu einem guten Vermögensgestaltungsberatung gehört<br />
auch ein professionelles Management <strong>de</strong>r Risiken, die nichts mit<br />
<strong>de</strong>m Kapitalmarkt zu tun haben. Diese lassen sich grundsätzlich in<br />
drei Kategorien aufteilen:<br />
3.1. Existenzzerstören<strong>de</strong> Risiken: Das sind diejenigen Risiken, <strong>de</strong>ren<br />
Eintritt die finanzielle Katastrophe für <strong>de</strong>n Mandanten und seine<br />
Familie be<strong>de</strong>utet. Hier sind beson<strong>de</strong>rs die Haftpflichtrisiken – auch im<br />
betrieblichen Bereich - zu nennen. Gemäß <strong><strong>de</strong>s</strong> Bürgerlichen Gesetzbuchs<br />
haftet je<strong>de</strong>r für Schä<strong>de</strong>n, die er anrichtet – unbegrenzt.<br />
Zu dieser Gruppe zählen auch die Berufsunfähigkeit und <strong>de</strong>r Tod <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
„Hauptverdieners“ o<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>r Eheleute. Das gilt insbeson<strong>de</strong>re dann,<br />
wenn kein umfangreiches Vermögen vorhan<strong>de</strong>n ist. Bei Seburins ist<br />
dieses <strong>de</strong>r Fall. Zwar könnte <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Partner durch sein Einkommen<br />
für <strong>de</strong>n Lebensunterhalt mehr o<strong>de</strong>r weniger sorgen, aber es stellt<br />
sich z. B. die Frage, ob das Eigenheim gehalten wer<strong>de</strong>n kann.<br />
3.2. Existenzbedrohen<strong>de</strong> Risiken: Zu nennen sind hier die Risiken<br />
Hausrat-Scha<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Leitungswasser-Scha<strong>de</strong>n am eigenen Gebäu<strong>de</strong>.<br />
Hohe Schä<strong>de</strong>n könnten die finanzielle Belastbarkeit extrem strapazieren.<br />
3.3. Existenzneutrale Risiken: Hierzu zählen z. B. <strong>de</strong>r Verlust <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Reisegepäcks o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fahrrad-Diebstahl. Wenn hier etwas passiert,<br />
kann das ärgerlich sein, ist aber kein Drama.<br />
» Diagnosekompetenz gefragt<br />
Was ein Steuerberater gut leisten kann, ist im Rahmen seiner Vermögensgestaltungsberatung<br />
die Kategorie Nr. 3.1 im Blick zu behalten<br />
und zum Thema zu machen. Auch die Risikokategorie Nr. 3.2 kann<br />
er in das Beratungsgespräch integrieren, ohne dabei zum Versicherungsvertreter<br />
zu mutieren. Es geht im Kern um die Sicherung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Vermögens und <strong>de</strong>r Liquidität im Falle eines Falles. Dies ist eine Beratung<br />
über Risiken - nicht über Versicherungen. Die Beratung kann<br />
mit Hilfe eines guten Finanzplanungsprogramms erfolgen. Hilfreich<br />
sind Szenariorechnungen, z. B. „Was passiert finanziell, wenn <strong>de</strong>r<br />
Mann o<strong>de</strong>r die Frau stirbt?“. Ergibt die Analyse einen Absicherungsbedarf,<br />
kann dies von einem spezialisierten Makler (verdient i. d. R.<br />
bei Vertragsabschluss) o<strong>de</strong>r Versicherungsberater (darf nur gegen<br />
Honorar beraten!) übernommen wer<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>n Punkt gebracht: Der<br />
Steuerberater sollte im Rahmen <strong>de</strong>r Vermögensgestaltungsberatung<br />
seine Diagnosekompetenz in <strong>de</strong>n Ring werfen. Die Gestaltungskompetenz,<br />
also die konkrete Absicherung <strong>de</strong>r Lösungen sollte er – nicht<br />
zuletzt aus stan<strong><strong>de</strong>s</strong>rechtlichen Grün<strong>de</strong>n – <strong>de</strong>legieren.<br />
Übrigens: Dem Unternehmerpaar fehlen im To<strong><strong>de</strong>s</strong>fall von Herrn<br />
Seburin gut 1.200.000 Euro, bei <strong>de</strong>r Berufsunfähigkeit 2.700 Euro<br />
je Monat.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 15
FACHBEITRÄGE Mitarbeiterentsendung<br />
» WP/StB Ulrike Hasbargen, RAin/FAStR Dr. Ulrike Höreth, Stuttgart<br />
Mitarbeiterentsendungen:<br />
Aktuelle Rechtsentwicklungen<br />
Mehrwertsteuerpaket, Verrechnungspreise<br />
und Sozialversicherungsrecht<br />
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich Global Mobility wer<strong>de</strong>n dominiert von <strong>de</strong>n Neuregelungen im<br />
Umsatzsteuerrecht aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong> zum 01.01.2010 in Kraft getretenen Mehrwertsteuerpakets, <strong>de</strong>r gestiegenen<br />
Aufmerksamkeit, die die Finanzverwaltung Verrechnungspreisen widmet, sowie <strong>de</strong>r zum 01.05.2010<br />
in Kraft treten<strong>de</strong>n neuen EWG-Verordnung zum Sozialversicherungsrecht (VO (EWG) Nr. 883/2004).<br />
Hinzu tritt das insbeson<strong>de</strong>re durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgetretene Erfor<strong>de</strong>rnis, Kosten<br />
einzusparen. Damit verbun<strong>de</strong>n ist <strong>de</strong>r Trend, langfristige Entsendungen durch kürzere Auslandsaufenthalte<br />
zu ersetzen. Diese Umstän<strong>de</strong> sollten die Unternehmen veranlassen, ihre Entsen<strong>de</strong>verträge bzw.<br />
Entsen<strong>de</strong>richtlinien zu überprüfen und ggf. anzupassen.<br />
» 1. Mitarbeiterentsendungen<br />
und Umsatzsteuer<br />
Nicht je<strong>de</strong> Mitarbeiterentsendung entspricht <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren. Und sogar<br />
innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Steuerrechts ist nach verschie<strong>de</strong>nen Gesichtspunkten<br />
zu differenzieren, welche Art einer Entsendung vorliegt, <strong>de</strong>nn in<br />
je<strong>de</strong>m Rechtsgebiet, wie etwa <strong>de</strong>m Umsatzsteuerrecht o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n für<br />
Verrechnungspreise entwickelten Verwaltungsgrundsätzen, liegt ein<br />
unterschiedliches Verständnis zugrun<strong>de</strong>. Es kommt also jeweils auf<br />
<strong>de</strong>n Einzelfall und auf das jeweilige Rechtsgebiet an. Im Umsatzsteuerrecht<br />
war etwa bisher ein Mitarbeiter, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Heimatgesellschaft<br />
für drei Jahre als Sales Manager zur ausländischen Tochtergesellschaft<br />
entsandt wird, an<strong>de</strong>rs zu behan<strong>de</strong>ln als ein Fachmitarbeiter,<br />
<strong>de</strong>r im Gastland innerhalb eines kurzen Zeitraumes ein IT-Problem zu<br />
lösen hat. Während die Entsendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sales Managers aus umsatzsteuerlichen<br />
Gesichtspunkten als Überlassung einer Arbeitskraft und<br />
damit als sog. Personalgestellung zu betrachten ist, ist die kurzfristige<br />
Dienstreise <strong><strong>de</strong>s</strong> IT-Spezialisten eher als Leistungserbringung<br />
<strong>de</strong>r Heimatgesellschaft gegenüber <strong>de</strong>r ausländischen Gesellschaft<br />
zu qualifizieren – bisher mit unterschiedlichen umsatzsteuerlichen<br />
Folgen.<br />
Ab <strong>de</strong>m 01.01.2010 hat das Umsatzsteuerrecht im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> sog.<br />
Mehrwertsteuer-Pakets grundlegen<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen erfahren, die sich<br />
auch auf Mitarbeiterentsendungen auswirken.<br />
1.1. Umsatzsteuerliche Behandlung einer Personalgestellung<br />
Nichts geän<strong>de</strong>rt hat sich im Umsatzsteuerrecht an <strong>de</strong>m bisherigen<br />
Klassiker <strong>de</strong>r Mitarbeiterentsendungen, <strong>de</strong>r Personalgestellung.<br />
Der Ort <strong>de</strong>r Leistung einer Personalgestellung an einen an<strong>de</strong>ren<br />
Unternehmer bestimmt sich sowohl nach bisherigem Umsatzsteuerrecht<br />
(§ 3a Abs. 4 Nr. 7 UStG) als auch nach Inkrafttreten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Mehrwertsteuer-Pakets zum 1.1.2010 (§ 3a Abs. 2 UStG 2010) nach<br />
<strong>de</strong>m Ort <strong><strong>de</strong>s</strong> Leistungsempfängers, respektive <strong>de</strong>r Betriebsstätte <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Leistungsempfängers.<br />
Personalgestellungen von Unternehmen aus <strong>de</strong>r EU o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Drittlandsgebiet<br />
an <strong>de</strong>utsche Unternehmer gelten somit als an <strong>de</strong>m Ort <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Leistungsempfängers erbracht und unterliegen in Deutschland <strong>de</strong>m<br />
Reverse-Charge-Verfahren, § 13b UStG. Personalgestellungen durch<br />
einen <strong>de</strong>utschen Unternehmer an einen ausländischen Unternehmer<br />
gelten als im Ausland erbracht.<br />
Eine Personalgestellung wird angenommen, wenn ein Arbeitgeber<br />
einem Dritten vorübergehend Arbeitskräfte überlässt und die Arbeitnehmer<br />
dann <strong>de</strong>n Weisungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten unterliegen. Dabei kann entwe<strong>de</strong>r<br />
das bisherige Arbeitsverhältnis fortbestehen. Möglich ist aber<br />
auch, dass die Arbeitnehmer während <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Beschäftigung<br />
bei <strong>de</strong>m dritten Unternehmen aus <strong>de</strong>m bisherigen Arbeitsverhältnis<br />
ausschei<strong>de</strong>n und arbeitsvertragliche Beziehungen für diese Zeit nur<br />
zu <strong>de</strong>m dritten Unternehmen bestehen.<br />
1.2. Umsatzsteuerliche Behandlung von sonstigen Leistungen<br />
Allerdings wird die klassische Mitarbeiterentsendung in zahlreichen<br />
Unternehmen, nicht zuletzt aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kostenersparnis, durch<br />
kurzfristige projektbezogene Entsendungen abgelöst, die eher als<br />
konkrete Dienstleistung im Rahmen eines Projekts und nicht als<br />
Bereitstellung von Personal einzustufen sind.<br />
Für die Erbringung solcher Dienstleistungen fehlte bisher in Einzelfällen<br />
innerhalb <strong>de</strong>r EU eine ein<strong>de</strong>utige Regelung wie sie in <strong>de</strong>n<br />
Fällen <strong>de</strong>r Personalgestellung schon bisher bestand. Sie wur<strong>de</strong>n von<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen EU-Mitgliedstaaten vielmehr bis En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> letzten<br />
Jahres zum Teil unterschiedlich beurteilt. Damit wur<strong>de</strong> auch die Frage,<br />
ob Mehrwertsteuer im Heimatstaat o<strong>de</strong>r über das Reverse-Charge-<br />
16 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Verfahren im Gastland zu bezahlen war, unterschiedlich beantwortet.<br />
Als Grundregel galt bisher das sog. Ursprungslandprinzip und die<br />
Besteuerung erfolgte im Zweifel am Ort <strong><strong>de</strong>s</strong> Leisten<strong>de</strong>n. Dieses<br />
Ursprungslandprinzip wur<strong>de</strong> durch das Mehrwertsteuerpaket EUweit<br />
von <strong>de</strong>m sog. Empfängerortsprinzip abgelöst. Danach erfolgt<br />
die Besteuerung am Ort <strong><strong>de</strong>s</strong> Leistungsempfängers. Falls die sonstige<br />
Leistung für eine Betriebsstätte <strong><strong>de</strong>s</strong> empfangen<strong>de</strong>n Unternehmens<br />
erbracht wird, ist Ort <strong>de</strong>r Leistung <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r Betriebsstätte.<br />
Damit ist ab 2010 die Unterscheidung, ob eine Personalgestellung vorliegt,<br />
o<strong>de</strong>r ob an<strong>de</strong>re Leistungen erbracht wer<strong>de</strong>n (z. B. Management-<br />
Unterstützung, Bearbeitung eines konkreten Projekts) in <strong>de</strong>r Praxis<br />
für die umsatzsteuerliche Behandlung nicht mehr von Be<strong>de</strong>utung,<br />
weil nach <strong>de</strong>r neuen Grundregel auch bei <strong>de</strong>n sonstigen Leistungen<br />
das Empfängerortprinzip gilt und die wenigen verbliebenen Son<strong>de</strong>rregelungen<br />
in aller Regel für die hier besprochene Thematik kaum<br />
noch Be<strong>de</strong>utung haben.<br />
1.3. Reverse-Charge-Verfahren für alle grenzüberschreitend<br />
erbrachten Leistungen<br />
Gemäß <strong><strong>de</strong>s</strong> Mehrwertsteuerpakets unterliegen alle grenzüberschreitend<br />
erbrachten Leistungen <strong>de</strong>m Reverse-Charge-Verfahren in <strong>de</strong>m<br />
Staat <strong>de</strong>r Leistungserbringung. Der Erbringer <strong>de</strong>r sonstigen Leistung<br />
hat in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer auszuweisen.<br />
Umsatzsteuer wird vielmehr vom Leistungsempfänger im Rahmen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Reverse-Charge-Verfahrens geschul<strong>de</strong>t.<br />
Aus umsatzsteuerlicher Sicht gilt somit bei Mitarbeiterentsendungen,<br />
gleichgültig ob diese als Personalgestellung o<strong>de</strong>r als Dienstleistung<br />
zu betrachten sind, Folgen<strong><strong>de</strong>s</strong>:<br />
In Inbound-Fällen befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Ort einer Personalgestellung bzw.<br />
<strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r Leistung in Deutschland. Die Mitarbeiterentsendung ist<br />
in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Das empfangen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utsche Unternehmen hat die geschul<strong>de</strong>te Umsatzsteuer an das<br />
Finanzamt zu <strong>de</strong>klarieren. Sofern die Voraussetzungen von § 15<br />
Abs. 1 Nr. 4 UStG vorliegen, kann <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Leistungsempfänger<br />
die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.<br />
In Outbound-Fällen liegt bei Personalentsendungen <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r Leistung<br />
regelmäßig im Ausland. Der leisten<strong>de</strong> Unternehmer hat eine<br />
Rechnung ohne <strong>de</strong>n Ausweis <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Umsatzsteuer an das<br />
ausländische Unternehmen zu stellen. Bei Leistungsempfängern in<br />
<strong>de</strong>r EU ist zu<strong>de</strong>m die USt-ID in <strong>de</strong>r Rechnung anzugeben, § 14a<br />
Abs. 1 UStG.<br />
Die neuen Mehrwertsteuerbestimmungen haben somit signifikante<br />
Auswirkungen auf die Buchhaltung, das Finanzsystem und die Rechnungsstellung<br />
<strong>de</strong>r beteiligten Unternehmen.<br />
1.4. Abgabe einer Zusammenfassen<strong>de</strong>n Meldung<br />
Ab 2010 ist gemäß §§ 18a, 18b UStG innerhalb <strong>de</strong>r EU die Abgabe<br />
einer Zusammenfassen<strong>de</strong>n Meldung (ZM) zusätzlich erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
wenn steuerpflichtige sonstige Leistungen sowie Personalgestellungen<br />
an in an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaaten ansässige Leistungsempfänger<br />
erbracht wer<strong>de</strong>n, für die diese Leistungsempfänger in <strong>de</strong>m Mitgliedstaat,<br />
in <strong>de</strong>m sie ansässig sind, die Umsatzsteuer schul<strong>de</strong>n. Hierfür<br />
ist die USt-ID <strong><strong>de</strong>s</strong> ausländischen Leistungsempfängers anzugeben.<br />
Ferner muss die ZM die Summe <strong>de</strong>r Bemessungsgrundlagen <strong>de</strong>r<br />
an <strong>de</strong>n Leistungsempfänger erbrachten steuerpflichtigen sonstigen<br />
Leistungen enthalten. Die Leistungen sind in <strong>de</strong>m Mel<strong>de</strong>zeitraum<br />
anzugeben, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r leisten<strong>de</strong> Unternehmer die entsprechen<strong>de</strong><br />
Rechnung ausgestellt hat. Sie sind spätestens in <strong>de</strong>m Monat anzugeben,<br />
<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Monat <strong>de</strong>r Leistungserbringung folgt, so dass sich<br />
eine verzögerte Rechnungsstellung nicht auf die ZM auswirkt. Wer<strong>de</strong>n<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
die zu mel<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Bemessungsgrundlagen <strong>de</strong>r sonstigen Leistungen<br />
in <strong>de</strong>r ZM verspätet abgegeben, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n, § 18a Abs. 8 Satz 2 UStG. Im Übrigen ist die nicht<br />
vollständige, nicht richtige, nicht rechtzeitige o<strong>de</strong>r überhaupt nicht<br />
abgegebene ZM eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von<br />
bis zu 5.000 Euro geahn<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann, § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG.<br />
Des Weiteren sind die sonstigen Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG<br />
2010 (und damit auch Personalgestellungen) an EU-Unternehmer<br />
getrennt von an<strong>de</strong>ren nicht steuerbaren sonstigen Leistungen (z.B.<br />
Personalgestellung an einen Empfänger im Drittland) in <strong>de</strong>r Umsatzsteuervoranmeldung<br />
getrennt voneinan<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>klarieren.<br />
Um <strong>de</strong>n erweiterten Angaben in <strong>de</strong>r ZM und in <strong>de</strong>r Umsatzsteuer-<br />
Voranmeldung nachkommen zu können, ist die Buchhaltung entsprechend<br />
anzupassen.<br />
» 2. Mitarbeiterentsendung und<br />
Verrechnungspreise<br />
2.1. Verrechnungspreise im Fokus <strong>de</strong>r Finanzverwaltungen<br />
In Zukunft dürften Streitigkeiten über die angemessenen Verrechnungspreise<br />
zwischen <strong>de</strong>n Steuerbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Mitarbeiterentsendung<br />
beteiligten Staaten noch zunehmen. In <strong>de</strong>r Folge kann<br />
es zu einer unerwünschten Doppelbesteuerung für internationale<br />
Konzerne kommen.<br />
2.2. Verrechnungspreise bei Mitarbeiterentsendungen<br />
Als Verrechnungspreise wer<strong>de</strong>n allgemein diejenigen Preise bezeichnet,<br />
mit <strong>de</strong>nen konzernangehörige Unternehmen untereinan<strong>de</strong>r<br />
erbrachte Leistungen berechnen. Für die Finanzverwaltung sind die<br />
Verrechnungspreise von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung, da diese als Mittel<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n können, um Gewinne zu verlagern und auf diese<br />
Weise international unterschiedliches Steuergefälle auszunutzen.<br />
Aus diesem Grund hat die Finanzverwaltung Maßstäbe ausgearbeitet,<br />
an <strong>de</strong>nen sich ein Verrechnungspreis messen lassen muss. Die<br />
Finanzverwaltung geht dabei von <strong>de</strong>m „Arm’s length principle“ aus,<br />
d.h. es ist <strong>de</strong>r Preis zugrun<strong>de</strong> zu legen, <strong>de</strong>r auch unter unabhängigen<br />
Dritten von einem or<strong>de</strong>ntlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter<br />
unter gleichen Umstän<strong>de</strong>n vereinbart wor<strong>de</strong>n wäre. Auch unter<br />
Verrechnungspreisgesichtspunkten ist zwischen einer klassischen<br />
Mitarbeiterentsendung und <strong>de</strong>r Erbringung von – kurzfristigen -<br />
Dienstleistungen zu differenzieren. Hier gilt Folgen<strong><strong>de</strong>s</strong>:<br />
Eine Arbeitnehmerentsendung im Sinne <strong>de</strong>r Verrechnungspreise<br />
zeichnet sich durch eine befristete Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei<br />
einem verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen aus und zwar unabhängig davon,<br />
ob zwischen <strong>de</strong>m Arbeitnehmer und <strong>de</strong>m verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen<br />
ein Arbeitsvertrag geschlossen wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r das verbun<strong>de</strong>ne Unternehmen<br />
nur <strong>de</strong>r sog. wirtschaftliche Arbeitgeber ist. Eine Arbeitnehmerentsendung<br />
wird für Zwecke <strong>de</strong>r Verrechnungspreisermittlung<br />
angenommen, wenn <strong>de</strong>r Arbeitnehmer in <strong>de</strong>n Geschäftsbetrieb<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens integriert ist, er <strong>de</strong>r Weisungsbefugnis<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens unterliegt und es zu einer<br />
wirtschaftlichen Lohnübernahme durch Weiterberechnung sowohl<br />
<strong>de</strong>r direkten als auch <strong>de</strong>r indirekten Lohnkosten kommt bzw. kommen<br />
sollte.<br />
Stellt <strong>de</strong>r Auslandseinsatz eines Arbeitnehmers in diesem Sinne eine<br />
Arbeitnehmerentsendung dar, liegt kein Leistungsaustausch vor und<br />
<strong>de</strong>mzufolge darf kein Gewinnzuschlag erfolgen. Vielmehr ist zur korrekten<br />
Verrechnungspreisermittlung die sog. Kostenaufschlagsmetho<strong>de</strong><br />
(cost plus) anzuwen<strong>de</strong>n. Danach sind <strong>de</strong>r Arbeitnehmerentsendung<br />
alle direkten und indirekten Aufwendungen zuzuordnen, soweit sie<br />
das Ergebnis <strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n und/o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Unter-<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 17
FACHBEITRÄGE Mitarbeiterentsendung<br />
nehmens gemin<strong>de</strong>rt haben und im wirtschaftlichen Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r Tätigkeit im Entsen<strong>de</strong>zeitraum stehen – und zwar unabhängig,<br />
ob sie zum steuerpflichtigen Arbeitslohn <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers<br />
gehören o<strong>de</strong>r nicht. Zu diesem Aufwand gehören etwa neben <strong>de</strong>n laufen<strong>de</strong>n<br />
und einmaligen Bezügen <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers weitere Kostenbestandteile<br />
einer Entsendung wie beispielsweise Zuführungen zur<br />
Altersvorsorge, Sozialversicherungsbeiträge im Heimatstaat und im<br />
Tätigkeitsstaat <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers, Auslandszulagen, Ausgleichszahlungen<br />
für höhere Lebenshaltungskosten, Reise- und Umzugskosten,<br />
Ersatz von Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung<br />
sowie Schulgeld und Internatskosten (BMF-Schreiben vom<br />
09.11.2001, Az. IV B 4 – S 1341 – 20/01, BStBl I 2001, S. 796).<br />
Dagegen ist bei kurzfristigen Leistungserbringungen im Ausland<br />
die Zugrun<strong>de</strong>legung eines allgemeinen Marktpreises die adäquate<br />
Metho<strong>de</strong> zur Bestimmung <strong>de</strong>r Verrechnungspreise. In diesem Fall<br />
stellt das entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unternehmen <strong>de</strong>m aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmen<br />
diejenigen Kosten in Rechnung, die ein externer Dienstleister<br />
beanspruchen wür<strong>de</strong>.<br />
2.3. Auswirkungen auf Entsen<strong>de</strong>verträge<br />
Aus Verrechnungspreisgesichtpunkten ist eine klare Abgrenzung und<br />
Definition <strong>de</strong>r konkreten Tätigkeit im Entsen<strong>de</strong>vertrag be<strong>de</strong>utsam.<br />
Dabei spielen insbeson<strong>de</strong>re die folgen<strong>de</strong>n Faktoren eine große Rolle:<br />
die Dauer <strong>de</strong>r Entsendung, die Weisungsbefugnis über <strong>de</strong>n entsandten<br />
Arbeitnehmer, an<strong>de</strong>re Dienstleistungen, die im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r Entsendung erbracht wer<strong>de</strong>n, und in welchem Interesse die<br />
Entsendung erfolgt. Maßgeblich ist immer <strong>de</strong>r konkrete Einzelfall.<br />
Die Finanzämter prüfen im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Verrechnungspreisen<br />
genau, ob die Tätigkeit im ausschließlichen Interesse <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens liegt, o<strong>de</strong>r ob die Auslandstätigkeit<br />
durch das Interesse <strong><strong>de</strong>s</strong> entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n bzw. eines übergeordneten<br />
Unternehmens veranlasst ist. Denn das Unternehmen, in <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Interesse<br />
<strong>de</strong>r entsandte Arbeitnehmer tätig wird, hat auch die Kosten <strong>de</strong>r<br />
Entsendung zu tragen.<br />
Dabei wird zunächst einmal unterstellt, dass <strong>de</strong>r entsandte Arbeitnehmer<br />
im Interesse und für Rechnung <strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens<br />
tätig wird.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re dann, wenn <strong>de</strong>m entsandten Arbeitnehmer eine über<br />
<strong>de</strong>m Lohnniveau <strong><strong>de</strong>s</strong> Tätigkeitsstaates liegen<strong>de</strong> Vergütung bezahlt<br />
wird, kann auch ein Interesse <strong><strong>de</strong>s</strong> entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Unternehmens<br />
bestehen. Dieses Interesse kann sich etwa daran zeigen, dass <strong>de</strong>r<br />
Arbeitnehmer Planungs-, Koordinierungs- o<strong>de</strong>r Kontrollfunktionen<br />
für das entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unternehmen wahrnimmt, o<strong>de</strong>r dass <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
seine gesammelten Auslandserfahrungen im entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen einbringt. Sofern das entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unternehmen die<br />
Aufwendungen <strong>de</strong>r Entsendung trägt, ist das an <strong>de</strong>r Entsendung<br />
bestehen<strong>de</strong> wirtschaftliche Interesse nachzuweisen. Dieses sollte in<br />
<strong>de</strong>m Entsen<strong>de</strong>vertrag klar festgeschrieben sein.<br />
Sofern die Entsendung im Interesse <strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens<br />
liegt, stellt die <strong>de</strong>utsche Finanzverwaltung in Inbound-Fällen<br />
zu<strong>de</strong>m eine Kosten-Nutzen-Analyse an. Danach wird unterstellt, dass<br />
ein or<strong>de</strong>ntlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nur Personal<br />
beschäftigen wür<strong>de</strong>, das er für seinen Betrieb benötigt, und er auch<br />
nur <strong>de</strong>n Aufwand tragen wür<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r ihm für die Beschäftigung eines<br />
vergleichbaren Arbeitnehmers bei sonst gleichen Verhältnissen entstehen<br />
wür<strong>de</strong>. Maßgeblich ist <strong>de</strong>r gesamte im Zusammenhang mit<br />
<strong>de</strong>r Beschäftigung <strong><strong>de</strong>s</strong> ausländischen Arbeitnehmers entstehen<strong>de</strong><br />
Aufwand. Sofern <strong>de</strong>r nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer bei<br />
<strong>de</strong>m aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmen höhere Kosten verursacht als lokale<br />
Arbeitnehmer in entsprechen<strong>de</strong>r Position, muss das aufnehmen<strong>de</strong><br />
Unternehmen darlegen, dass <strong>de</strong>r höhere Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesamtaufwan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
im Interesse <strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens gezahlt wird, etwa<br />
weil Spezialkenntnisse vorhan<strong>de</strong>n sind, die es <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
ermöglichen, über <strong>de</strong>n Ausgleich <strong><strong>de</strong>s</strong> Mehraufwan<strong><strong>de</strong>s</strong> hinausgehen<strong>de</strong><br />
höhere Erlöse zu erzielen.<br />
Um eine Entsendung im Hinblick auf die Verrechnungspreise „wasserdicht“<br />
zu gestalten, sollten sämtliche Umstän<strong>de</strong> und Beweggrün<strong>de</strong><br />
für die Entsendung umfassend dokumentiert wer<strong>de</strong>n. Denn bei einer<br />
grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Arbeitnehmerentsendung im Unternehmensverbund<br />
bestehen gemäß § 90 Abs. 2 AO umfangreiche Auskunfts- und<br />
Beweismittelbeschaffungspflichten, die sich sowohl auf die gesamten<br />
Kosten <strong>de</strong>r Entsendung als auch auf die Interessenlage beziehen,<br />
nach <strong>de</strong>r sich die Zuordnung <strong>de</strong>r Tätigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> entsandten Arbeitnehmers<br />
und <strong>de</strong>r Kosten richtet. Neben <strong>de</strong>m Entsen<strong>de</strong>vertrag eignen sich<br />
als Nachweis hierfür etwa ein zusätzlicher Dienstleistungsvertrag,<br />
eine genaue Tätigkeitsbeschreibung, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Entsendung zugrun<strong>de</strong><br />
liegen<strong>de</strong> Schriftverkehr, konkrete Tätigkeitsnachweise in Form von<br />
Protokollen, aber auch Vergleichsgehälter im lokalen Arbeitsmarkt,<br />
Gewinnprognosen <strong><strong>de</strong>s</strong> aufnehmen<strong>de</strong>n Unternehmens, Nachweise<br />
über die Höhe <strong>de</strong>r Lohnaufwendungen vor <strong>de</strong>r Entsendung sowie<br />
eine Kosten-/Nutzen-Analyse (benefit test) bezüglich <strong><strong>de</strong>s</strong> Lohnaufwan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
und <strong><strong>de</strong>s</strong> Erfolgsbeitrages <strong><strong>de</strong>s</strong> entsandten Arbeitnehmers etc.<br />
(siehe auch BMF-Schreiben vom 09.11.2001, Az. IV B 4 – S 1341<br />
– 20/01, BStBl I 2001, S. 796). Diese Unterlagen sollten als Beleg<br />
zusammen mit einer Ausfertigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Entsen<strong>de</strong>vertrages vom<br />
Arbeitgeber in <strong>de</strong>n Personalunterlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Expatriates aufbewahrt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
» 3. Neue VO (EWG) Nr. 883/2004<br />
Zu einer weiteren Neuerung innerhalb <strong>de</strong>r Europäischen Union trägt<br />
die am 1.5.2010 in Kraft treten<strong>de</strong> neue Sozialversicherungsverordnung<br />
VO-EG 883/2004 bei, wonach sich in bestimmten Sachverhalten<br />
Än<strong>de</strong>rungen hinsichtlich <strong>de</strong>r Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Sozialversicherungsrechts ergeben.<br />
3.1. Aktuelle Rechtslage<br />
Grundsätzlich sorgen zwischenstaatliche bzw. multilaterale Abkommen<br />
über soziale Sicherheit dafür, dass die jeweiligen bestehen<strong>de</strong>n<br />
nationalen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen auch für<br />
Arbeitnehmer gelten können, die für eine bestimmte Dauer ins Ausland<br />
entsandt wer<strong>de</strong>n.<br />
Voraussetzung für einen Verbleib im Sozialversicherungssystem<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Heimatlan<strong><strong>de</strong>s</strong> ist bei einer Entsendung innerhalb <strong>de</strong>r EU, dass<br />
sich <strong>de</strong>r arbeitsvertragliche Entgeltanspruch <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers ausschließlich<br />
gegen <strong>de</strong>n entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Arbeitgeber richtet, vor <strong>de</strong>m Auslandseinsatz<br />
<strong>de</strong>utsches Recht maßgeblich war und die Entsendung auf<br />
zwölf Monate begrenzt ist, d.h. <strong>de</strong>r Arbeitnehmer nach Beendigung<br />
<strong>de</strong>r Entsendung nach Deutschland zurückkehrt, wobei eine Verlängerung<br />
um weitere zwölf Monate grundsätzlich möglich ist.<br />
Im EU-Ausland tätige Arbeitnehmer führen eine Entsen<strong>de</strong>bescheinigung<br />
– das sog. Formular E 101 – mit sich, anhand <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sie im<br />
Bedarfsfall gegenüber ausländischen Behör<strong>de</strong>n nachweisen können,<br />
dass sie weiterhin <strong>de</strong>m Sozialversicherungsrecht <strong><strong>de</strong>s</strong> Heimatlan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
unterliegen.<br />
3.2. Ab 1.5.2010 gelten<strong><strong>de</strong>s</strong> Recht<br />
Die bisher bestehen<strong>de</strong>n Regelungen bei grenzüberschreiten<strong>de</strong>r<br />
Beschäftigung in <strong>de</strong>r EU, die auf <strong>de</strong>r VO (EWG) Nr. 1408/71 beruhen,<br />
wer<strong>de</strong>n mit Wirkung ab <strong>de</strong>m 01.05.2010 mo<strong>de</strong>rnisiert und durch<br />
die VO (EG) Nr. 883/2004 abgelöst. Die neue Verordnung sowie die<br />
18 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
dazugehörige Durchführungs-Verordnung gelten zunächst nur im<br />
Verhältnis zu <strong>de</strong>n 27 EU-Mitgliedstaaten. In Bezug auf die Schweiz<br />
und die drei EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) fin<strong>de</strong>t<br />
die neue Verordnung erst Anwendung, sofern die dafür vorgesehenen<br />
formellen Ratifizierungsverfahren abgeschlossen sind.<br />
Die neue Verordnung bezieht sich u.a. auf Arbeitnehmer eines Mitgliedstaates<br />
und <strong>de</strong>ren Familienangehörige. An<strong>de</strong>rs als die bisherige<br />
VO (EWG) Nr. 1408/71 fin<strong>de</strong>t die neue Verordnung ab <strong>de</strong>m 1.5.2010<br />
noch keine Anwendung auf Drittstaatsangehörige. Für diesen Personenkreis<br />
bleibt zunächst weiterhin die bisherige VO (EWG) 1408/71<br />
anwendbar.<br />
Grundsätzlich gilt im Sozialversicherungsrecht das sog. Territorialitätsprinzip,<br />
wonach sich die Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zu<br />
einem Sozialversicherungssystem nach <strong>de</strong>m Ort richtet, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Arbeitnehmer beschäftigt ist. Ausnahmen gelten z.B. für entsandte<br />
Arbeitnehmer. Nach neuem Recht muss, damit das Recht <strong><strong>de</strong>s</strong> Heimatlan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
im Rahmen einer Entsendung weiterhin Anwendung fin<strong>de</strong>n<br />
kann, u.a. weiterhin eine arbeitsvertragliche Bindung zwischen <strong>de</strong>m<br />
Arbeitnehmer und <strong>de</strong>m ihn entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Unternehmen bestehen.<br />
Dies ist dann <strong>de</strong>r Fall, wenn das Entgelt von <strong>de</strong>m entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen gezahlt wird und <strong>de</strong>r entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Arbeitgeber die<br />
Weisungsbefugnis über <strong>de</strong>n in das Ausland entsandten Arbeitnehmer<br />
beibehält. Ferner muss <strong>de</strong>r Arbeitnehmer gewöhnlich für das<br />
entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unternehmen arbeiten. Auch darf <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
nicht von einem an<strong>de</strong>ren entsandten Arbeitnehmer abgelöst wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn seine Entsen<strong>de</strong>zeit abgelaufen ist. An diesen Voraussetzungen<br />
hat sich nichts geän<strong>de</strong>rt. Zu<strong>de</strong>m muss <strong>de</strong>r entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Arbeitgeber<br />
gewöhnlich im Entsen<strong><strong>de</strong>s</strong>taat tätig sein. Damit dieses Kriterium erfüllt<br />
ist, muss er im Entsen<strong><strong>de</strong>s</strong>taat mehr als bloße interne Verwaltungstätigkeiten<br />
ausüben.<br />
Eine wesentliche Neuregelung besteht aber darin, dass <strong>de</strong>r Entsen<strong>de</strong>zeitraum<br />
auf 24 Monate ausge<strong>de</strong>hnt wird. Dies soll <strong>de</strong>r Verwaltungsvereinfachung<br />
dienen. Soll die Entsendung von vornherein mehr als<br />
24 Monate betragen, ist hingegen von Anfang an eine Ausnahmevereinbarung<br />
erfor<strong>de</strong>rlich.<br />
3.3. Auswirkungen auf die Entsen<strong>de</strong>praxis<br />
Für <strong>de</strong>n Arbeitgeber wird die Umsetzung <strong>de</strong>r neuen Verordnung<br />
voraussichtlich zunächst einen höheren Verwaltungsaufwand als bisher<br />
be<strong>de</strong>uten. An<strong>de</strong>rseits bieten sich im Einzelfall aber auch Möglichkeiten,<br />
die laufen<strong>de</strong>n Verpflichtungen für die von ihm international<br />
beschäftigten Arbeitnehmer zu reduzieren.<br />
Die Umsetzung <strong>de</strong>r neuen Verordnung wird für <strong>de</strong>n Arbeitgeber<br />
hauptsächlich in Bezug auf administrative und Nachweispflichten<br />
eine größere Herausfor<strong>de</strong>rung darstellen, da eine lückenlose Einhaltung<br />
<strong>de</strong>r neuen Bestimmungen sichergestellt wer<strong>de</strong>n muss. Eine<br />
übergangsrechtliche Regelung ist insoweit von Be<strong>de</strong>utung, als in<br />
bestimmten Fällen beantragt wer<strong>de</strong>n kann, anstelle <strong>de</strong>r bisherigen<br />
Regelungen die neue Verordnung anzuwen<strong>de</strong>n. Dies kann für <strong>de</strong>n<br />
Arbeitgeber und/o<strong>de</strong>r Arbeitnehmer Beitragsvorteile mit sich bringen.<br />
Außer<strong>de</strong>m ist zu überlegen, wie sich die <strong>de</strong>rzeitig bestehen<strong>de</strong>n<br />
internen Prozesse so verän<strong>de</strong>rn lassen, dass Anträge auf die<br />
weitere Anwendung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften über soziale<br />
Sicherheit gemäß <strong>de</strong>r neuen Anfor<strong>de</strong>rungen effektiv vorbereitet und<br />
bearbeitet wer<strong>de</strong>n können. Zusätzlich sollte überdacht wer<strong>de</strong>n, wie<br />
sich die laufen<strong>de</strong>n Belastungen (Höhe <strong>de</strong>r abzuführen<strong>de</strong>n Sozialversicherungsbeiträge)<br />
durch eine entsprechen<strong>de</strong> Strukturierung<br />
internationaler Arbeitnehmereinsätze und durch die Anwendung <strong>de</strong>r<br />
neuen Verordnung reduzieren lassen – z. B. durch eine geän<strong>de</strong>rte<br />
Vertragsgestaltung.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Schließlich führt eine Än<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Sozialversicherungsrechts<br />
grundsätzlich auch zu einer Än<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs<br />
auf Sozialversicherungsleistungen. Insbeson<strong>de</strong>re aus Sicht <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Arbeitnehmers sollten diese Auswirkungen (z. B. Höhe <strong>de</strong>r Rente,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Kin<strong>de</strong>rgel<strong><strong>de</strong>s</strong> und <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitslosengel<strong><strong>de</strong>s</strong> etc.) vergleichend<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
» 4. Ergebnis<br />
Vor <strong>de</strong>m Hintergrund sämtlicher dieser Än<strong>de</strong>rungen haben Unternehmen<br />
ihre Entsen<strong>de</strong>verträge und –praxis zu überprüfen und Anpassungen<br />
vorzunehmen. Dabei sollten insbeson<strong>de</strong>re klare Definitionen<br />
<strong>de</strong>r Auslandstätigkeiten für umsatzsteuerliche, sozialversicherungsrechtliche<br />
und Zwecke <strong>de</strong>r Verrechnungspreise in <strong>de</strong>n Entsen<strong>de</strong>verträgen<br />
enthalten sein. Zu<strong>de</strong>m sind Leistungen und Entgelt aus<br />
umsatzsteuerlichen und Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verrechnungspreise zu dokumentieren.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong> stärker wachsen<strong>de</strong>n Informationsaustauschs<br />
von Steuerbehör<strong>de</strong>n über die Grenzen hinweg und<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Geldbedarfs <strong>de</strong>r Staaten wer<strong>de</strong>n die Län<strong>de</strong>rfinanzverwaltungen<br />
<strong>de</strong>n Verrechnungspreisen eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung beimessen. Streitigkeiten<br />
zwischen <strong>de</strong>n Unternehmen und <strong>de</strong>n beteiligten Finanzverwaltungen<br />
wer<strong>de</strong>n zunehmen; und es droht <strong>de</strong>n Unternehmen möglicherweise<br />
eine doppelte Besteuerung in bei<strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn. Die mit einer<br />
Arbeitnehmerentsendung verbun<strong>de</strong>nen Risiken eines Arbeitgebers<br />
und sich rechtskonform verhalten zu können, haben sich durch die<br />
aktuellen Entwicklungen erhöht und erfor<strong>de</strong>rn, dass man sich diesen<br />
Bereich genauer ansieht, um sie frühzeitig zu erkennen.<br />
WP/StB Ulrike Hasbargen<br />
leitet die Service Line Human Capital von Ernst<br />
& Young in Deutschland, Österreich und <strong>de</strong>r<br />
Schweiz. Ferner ist sie Leiterin <strong>de</strong>r Steuerabteilung<br />
von Ernst & Young in München.<br />
RAin/FAStR Dr. Ulrike Höreth<br />
ist Senior-Managerin bei Ernst & Young in<br />
Stuttgart. Sie war zunächst im National Office<br />
Tax tätig. Seit März 2009 ist sie für das Knowledge-Management<br />
und die Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>de</strong>r Service Line Human Capital verantwortlich.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 19
FACHBEITRÄGE Mitarbeiterentsendung<br />
Arbeitshilfen<br />
zur Mitarbeiterentsendung<br />
Bei <strong>de</strong>r Frage, welche Rechtsvorschriften im Falle <strong>de</strong>r<br />
Abordnung einer Mitarbeiters ins Ausland gelten sind<br />
Prüfungsschemata hilfreich. Es ist zunächst zu prüfen,<br />
ob eine Ausstrahlung nach § 4 SGB IV vorliegt. Es ist danach<br />
zu differenzieren, ob die Personalgestellung auf maximal<br />
12 Monate befristet ist. Danach ist zuunterschei<strong>de</strong>n,<br />
ob <strong>de</strong>r Arbeitnehmer in Län<strong>de</strong>r mit o<strong>de</strong>r ohne Abkommensregelung<br />
versetzt wird.<br />
Prüfungsschema Ausstrahlung nach § 4 SGB IV<br />
Wird <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> inländischenBeschäftigungsverhältnisses<br />
ins<br />
Ausland entsandt?<br />
ja<br />
Ist die Entsendung<br />
zeitlich befristet?<br />
ja<br />
Bleibt <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
in <strong>de</strong>n inländischen<br />
Betrieb integriert?<br />
ja<br />
Ausstrahlung liegt vor<br />
Die <strong>de</strong>utschen<br />
Rechts vorschriften<br />
gelten weiter, ggf.<br />
sind Abkommensregelungen<br />
zu beachten.<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
Keine Ausstrahlung<br />
Keine Ausstrahlung<br />
Keine Ausstrahlung<br />
Ausstrahlung liegt<br />
nicht vor<br />
Die <strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften<br />
gelten<br />
nicht weiter.<br />
Abordnung von "gewöhnlichem Personal" innerhalb<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> EWR bis zu zwölf Monaten<br />
Arbeitgeber stellt<br />
Antrag auf Ausstellung<br />
<strong>de</strong>r Bescheinigung E 101<br />
beim zuständigen Sozialversicherungsträger.<br />
Zuständiger Sozialversicherungsträger<br />
prüft<br />
<strong>de</strong>n Antrag.<br />
Han<strong>de</strong>lt es sich um<br />
einen im Inland beschäftigten<br />
Arbeitnehmer?<br />
ja<br />
Besteht während <strong>de</strong>r<br />
Entsendung weiterhin<br />
die arbeitsrechtliche<br />
Bindung zum <strong>de</strong>utschen<br />
Arbeitgeber?<br />
ja<br />
Ist die Entsendung im<br />
Voraus auf nicht mehr als<br />
zwölf Monate befristet?<br />
ja<br />
Wird ein an<strong>de</strong>rer Arbeitnehmer<br />
abgelöst, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />
Entsen<strong>de</strong>zeitraum abläuft?<br />
nein<br />
Bescheinigung E 101<br />
wird vom zuständigen<br />
Sozialversicherungsträger<br />
ausgestellt.<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Bescheinigung E 101<br />
wird vom zuständigen<br />
Sozialversicherungsträger<br />
nicht ausgestellt, es<br />
gelten die Rechtsvorschriften<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Beschäftigungsstaats.<br />
Quelle: <strong>Haufe</strong> Praxishilfen für die Personalarbeit Quelle: <strong>Haufe</strong> Praxishilfen für die Personalarbeit<br />
20 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Abordnung in Staaten, mit <strong>de</strong>nen<br />
bilaterale Abkommen bestehen<br />
Arbeitgeber stellt formlosen<br />
Antrag auf Ausstellung<br />
<strong>de</strong>r Bescheinigung<br />
über die anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Rechtsvorschriften beim<br />
zuständigen Sozialversicherungsträger.<br />
Zuständiger Sozialversicherungsträger<br />
prüft<br />
<strong>de</strong>n Antrag.<br />
Han<strong>de</strong>lt es sich um einen<br />
im Inland beschäftigten<br />
Arbeitnehmer?<br />
ja<br />
Besteht während <strong>de</strong>r<br />
Ent sendung weiterhin<br />
die arbeitsrechtliche<br />
Bindung zum <strong>de</strong>utschen<br />
Arbeitgeber?<br />
ja<br />
Ist die Entsendung im<br />
Voraus befristet?<br />
ja<br />
Wird die im Abkommen<br />
vorgesehene Zeitgrenze<br />
eingehalten?<br />
nein<br />
Bescheinigung über<br />
die anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Rechtsvorschriften wird<br />
vom zuständigen Sozialversicherungsträger<br />
ausgestellt.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Bescheinigung über die<br />
an zuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Rechtsvorschriften<br />
wird vom<br />
zuständigen Sozialversicherungsträger<br />
nicht ausgestellt,<br />
es gelten die<br />
Rechtsvorschriften <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Beschäftigungsstaats.<br />
Quelle: <strong>Haufe</strong> Praxishilfen für die Personalarbeit<br />
Abordnung in Staaten ohne Abkommensregelung<br />
Arbeitgeber stellt<br />
formlosen Antrag<br />
auf Feststellung <strong>de</strong>r<br />
Weitergeltung <strong>de</strong>r<br />
Rechtsvorschriften beim<br />
zuständigen Sozialversicherungsträger.<br />
Zuständiger Sozialversicherungsträger<br />
prüft<br />
<strong>de</strong>n Antrag.<br />
Han<strong>de</strong>lt es sich um einen<br />
im Inland beschäftigten<br />
Arbeitnehmer?<br />
ja<br />
Besteht während <strong>de</strong>r<br />
Entsendung weiterhin<br />
die arbeitsrechtliche<br />
Bindung zum <strong>de</strong>utschen<br />
Arbeitgeber?<br />
ja<br />
Ist die Entsendung im<br />
Voraus befristet?<br />
ja<br />
Entsendung nach § 4<br />
SGB IV liegt vor, die<br />
<strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften<br />
gelten weiter.<br />
Da eine Abkommensregelung<br />
fehlt, kann es<br />
auch zur Versicherungs-<br />
und Beitragspflicht nach<br />
<strong>de</strong>n Rechtsvorschriften<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Beschäftigungsstaats<br />
kommen.<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Keine Entsendung<br />
Bescheinigung über die<br />
anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Rechtsvorschriften<br />
wird vom<br />
zuständigen Sozialversicherungsträger<br />
nicht<br />
ausgestellt, es gelten die<br />
Rechtsvorschriften <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Beschäftigungsstaats.<br />
Quelle: <strong>Haufe</strong> Praxishilfen für die Personalarbeit<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 21
FACHBEITRÄGE Steuerrecht<br />
» StB/RA Dr. Falk Loose<br />
<strong>BFH</strong> zur steuerwirksamen Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Zuflusses einer Abfindung beim Arbeitnehmer<br />
Der <strong>BFH</strong> hat in einer <strong>Entscheidung</strong> vom 11.11.2009 (IX R 1/09) entschie<strong>de</strong>n, dass Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer Abfindung o<strong>de</strong>r eines Teilbetrags einer solchen beim<br />
Arbeitnehmer in <strong>de</strong>r Weise steuerwirksam gestalten können, dass sie <strong>de</strong>ren ursprünglich vorgesehene<br />
Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt verschieben können.<br />
» 1. Abfindung an Arbeitnehmer –<br />
Steuerlicher Zuflusszeitpunkt<br />
Für <strong>de</strong>n betriebsbedingten Verlust <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsplatzes wird in Sozialplänen<br />
regelmäßig die Zahlung einer Abfindung geregelt. Die Lohnsteuer<br />
auf Abfindungen als eine Form <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitslohns entsteht in<br />
<strong>de</strong>m Zeitpunkt, in <strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>m Arbeitnehmer im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 11<br />
Abs. 1 Satz 1 EStG zufließen (vgl. § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Dieser<br />
Zuflusszeitpunkt bestimmt auch <strong>de</strong>n einkommensteuerlichen Veranlagungszeitraum,<br />
in <strong>de</strong>m die Abfindung zu erfassen ist (vgl. 38a<br />
Abs. 1 Satz 3 EStG). Für <strong>de</strong>n entlassenen Arbeitnehmer kann die<br />
Frage, in welchem Veranlagungszeitraum die Abfindung aufgrund<br />
ihres Zuflusses zu versteuern ist, in Anbetracht <strong>de</strong>r veranlagungszeitraumbezogenen<br />
Steuerprogression von erheblicher finanzieller<br />
Relevanz sein.<br />
Der Zufluss einer Abfindung ist nach <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong>-Rechtsprechung<br />
gegeben, sobald <strong>de</strong>r Steuerpflichtige über die Abfindungssumme<br />
wirtschaftlich verfügen kann. Die Fälligkeit eines Anspruchs allein<br />
bewirkt grundsätzlich noch nicht <strong>de</strong>n gegenwärtigen Zufluss, wobei<br />
ihr jedoch Indizwirkung für <strong>de</strong>n Übergang <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Verfügungsmacht<br />
zukommt. Zur steuerlichen Relevanz <strong><strong>de</strong>s</strong> Fälligkeitszeitpunkts<br />
einer Abfindung und eines vor Eintritt <strong>de</strong>r Fälligkeit erfolgen<strong>de</strong>n<br />
Hinausschiebens <strong>de</strong>r Fälligkeit durch die Vertragsparteien<br />
hat <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> kürzlich ausdrücklich Stellung genommen.<br />
» 2. <strong>BFH</strong>-<strong>Entscheidung</strong><br />
Nach <strong>de</strong>m Sachverhalt <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong>-<strong>Entscheidung</strong> vom 11.11.2009 (IX R<br />
1/09) war in einem Sozialplan vom 26.9.2000 geregelt, dass Abfindungen<br />
bei rechtlicher Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsverhältnisses mit<br />
<strong>de</strong>m Arbeitgeber fällig wer<strong>de</strong>n. Der Arbeitgeber schloss im Oktober<br />
2000 mit <strong>de</strong>m Kläger als Arbeitnehmer auf <strong>de</strong>r Grundlage eines sog.<br />
Interessenausgleichs einen Vertrag über die Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
zum 14.11.2000. Mit Schreiben <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitgebers vom<br />
26.10.2000 bestätigte dieser gegenüber <strong>de</strong>m Arbeitnehmer, dass, wie<br />
mit <strong>de</strong>m Arbeitnehmer vereinbart, ein Teil <strong>de</strong>r Abfindungszahlung<br />
erst im Januar 2001 zur Auszahlung gebracht wird. Die Auszahlung<br />
wur<strong>de</strong> entsprechend vorgenommen.<br />
Das Finanzamt betrachtete die gesamte Abfindung als <strong>de</strong>m Arbeitnehmer<br />
bereits im Jahr 2000 zugeflossen und berücksichtigte die<br />
gesamte Abfindung folglich in <strong>de</strong>r Veranlagung <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 2000.<br />
Es vertrat die Auffassung, dass mit <strong>de</strong>m Sozialplan die Fälligkeit<br />
<strong>de</strong>r Abfindungszahlung bereits zwingend auf <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Ausschei<strong>de</strong>ns <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers festgelegt wor<strong>de</strong>n sei, das später<br />
vertraglich auf <strong>de</strong>n 14.11.2000 terminiert wur<strong>de</strong>, und <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
somit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über <strong>de</strong>n gesamten<br />
Abfindungsbetrag bereits im Jahr 2000 erhalten habe, von <strong>de</strong>r<br />
er durch die Fälligkeitsvereinbarung, die die Fälligkeit eines Teils<br />
<strong>de</strong>r Abfindungssumme auf <strong>de</strong>n Januar 2001 hinausschob, Gebrauch<br />
gemacht habe.<br />
Der <strong>BFH</strong> hat diese Auffassung zurückgewiesen und die <strong>Entscheidung</strong><br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> FG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (v. 20.11.2008, 3 K 101/05) in <strong>de</strong>r<br />
Vorinstanz bestätigt. Nach <strong>de</strong>m <strong>BFH</strong> können Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
<strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer Abfindung o<strong>de</strong>r eines<br />
Teilbetrags einer solchen beim Arbeitnehmer in <strong>de</strong>r Weise steuerwirksam<br />
gestalten, dass sie <strong>de</strong>ren ursprünglich vorgesehene Fälligkeit<br />
(vorliegend 14.11.2000) vor ihrem Eintritt (hier im Oktober 2000)<br />
auf einen späteren Zeitpunkt (hier Januar 2001) verschieben können.<br />
Er hat hierzu ausgeführt, dass die Fälligkeit eines Anspruchs allein<br />
- vor seiner Erfüllung - noch nicht zu einem gegenwärtigen Zufluss<br />
führe, son<strong>de</strong>rn entschei<strong>de</strong>nd allein <strong>de</strong>r uneingeschränkte, volle wirtschaftliche<br />
Übergang <strong><strong>de</strong>s</strong> geschul<strong>de</strong>ten Gutes o<strong>de</strong>r das Erlangen <strong>de</strong>r<br />
wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis darüber sei. Grundsätzlich<br />
könnten Gläubiger und Schuldner einer Geldfor<strong>de</strong>rung im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r zivilrechtlichen Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Erfüllungszeitpunkts auch die<br />
steuerrechtliche Zuordnung <strong>de</strong>r Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum<br />
gestalten. Folglich könne es ihnen auch nicht verwehrt sein,<br />
eine zuvor getroffene Vereinbarung vor <strong>de</strong>r ursprünglich vereinbarten<br />
Fälligkeit im Einvernehmen und bei<strong>de</strong>rseitigem Interesse wie<strong>de</strong>r zu<br />
än<strong>de</strong>rn. Rechtsmissbrauch im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 42 AO komme in <strong>de</strong>rartigen<br />
Fällen nach <strong>de</strong>m <strong>BFH</strong> nicht in Betracht.<br />
StB/RA Dr. Falk Loose<br />
ist in <strong>de</strong>r Praxisgruppe Steuerrecht <strong>de</strong>r internationalen<br />
Sozietät Lovells LLP in München tätig.<br />
Lovells ist JUVE Kanzlei <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres für Steuerrecht<br />
2009<br />
22 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Der <strong>BFH</strong> sieht in <strong>de</strong>m Hinausschieben <strong>de</strong>r Fälligkeit hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Abfindungsbetrags vor <strong>de</strong>m Eintritt <strong><strong>de</strong>s</strong> ursprünglich vereinbarten<br />
Fälligkeitszeitpunkts keine wirtschaftliche Verfügung durch <strong>de</strong>n<br />
Arbeitnehmer. Der Abfindungsanspruch entstehe vielmehr beim<br />
Ausschei<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitnehmers am 14.11.2000 bereits mit einer<br />
Fälligkeitsbestimmung auf <strong>de</strong>n Januar 2001.<br />
Schließlich stellte <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> fest, dass sich eine an<strong>de</strong>re Würdigung <strong>de</strong>r<br />
Vertragsgestaltung auch nicht aus einer etwaigen Vorrangigkeit <strong>de</strong>r<br />
Fälligkeitsregelung im Sozialplan ergebe. Zwar gelten Betriebsvereinbarungen<br />
und somit auch Sozialpläne unmittelbar und zwingend (vgl.<br />
§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Jedoch gelte nach allgemeiner Ansicht<br />
zwischen Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Regelung<br />
grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip. Vorliegend sieht <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong><br />
die Günstigkeit <strong>de</strong>r einzelvertraglichen Fälligkeitsregelung in <strong>de</strong>r<br />
intendierten günstigeren Steuerfolge, die sich angesichts <strong>de</strong>r veranlagungszeitraumbezogenen<br />
Steuerprogression ergeben kann.<br />
Steuerwirksame Gestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer Abfindung -<br />
Zufluss von nicht laufend gezahltem Arbeitslohn (<strong>BFH</strong>, 11.11.2009 - IX R 1/09)<br />
» Leitsätze<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können <strong>de</strong>n<br />
Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuflusses einer Abfindung<br />
o<strong>de</strong>r eines Teilbetrags einer solchen beim<br />
Arbeitnehmer in <strong>de</strong>r Weise steuerwirksam<br />
gestalten, dass sie <strong>de</strong>ren ursprünglich vorgesehene<br />
Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf<br />
einen späteren Zeitpunkt verschieben .<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Tatbestand<br />
1. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger)<br />
wer<strong>de</strong>n im Streitjahr 2000 zusammen<br />
zur Einkommensteuer veranlagt.<br />
Die Klägerin erhielt von ihrem früheren<br />
Arbeitgeber (A GmbH) anlässlich <strong>de</strong>r<br />
Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
eine Abfindung in Höhe von 75.000 DM.<br />
Hierzu enthält die maßgebliche<br />
Betriebsvereinbarung (Sozialplan) vom<br />
26. September 2000 folgen<strong>de</strong> Regelung:<br />
"Die Abfindung wird bei rechtlicher<br />
Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
mit A... fällig und ist bereits vor Fälligkeit<br />
vererblich. Erhebt allerdings ein<br />
Arbeitnehmer gegen eine ihm erklärte<br />
Kündigung Kündigungsschutzklage,<br />
tritt Fälligkeit erst nach Abschluss <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Klageverfahrens, infolge<strong><strong>de</strong>s</strong>sen das<br />
Arbeitsverhältnis en<strong>de</strong>t, ein." Die<br />
Betriebsvereinbarung en<strong>de</strong>te nach<br />
Abschluss <strong>de</strong>r in einem sog. Interessenausgleich<br />
aufgeführten personellen<br />
Maßnahmen. Auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Interessenausgleichs schlossen die Klägerin,<br />
die A GmbH und die A+B GmbH<br />
» 3. Praxisfolgen<br />
Die <strong>BFH</strong>-<strong>Entscheidung</strong> räumt Arbeitgebern und Arbeitnehmern die<br />
Möglichkeit ein, <strong>de</strong>n Zuflusszeitpunkt einer Abfindung grundsätzlich<br />
steuerwirksam zu gestalten und selbst im Falle einer zunächst vereinbarten<br />
Fälligkeit diese vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt<br />
zu verschieben. Hierdurch kann <strong>de</strong>r Arbeitnehmer erreichen,<br />
dass ihm die Abfindungssumme nicht mehr im Jahr <strong>de</strong>r Beendigung<br />
seines Arbeitsverhältnisses zufließt, in <strong>de</strong>m er sich aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
bis dahin erhaltenen laufen<strong>de</strong>n Arbeitslohns gegebenenfalls in einer<br />
hohen Steuerprogression befin<strong>de</strong>t und auch die auf die Abfindung<br />
anwendbare steuerpriviligieren<strong>de</strong> Fünftelregelung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 34 EStG<br />
keine ausreichen<strong>de</strong> Abmil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Steuerbelastung bewirkt. Der<br />
<strong>BFH</strong> hat in einem weiteren anhängigen Verfahren (IX R 12/09) bald<br />
Gelegenheit, seine mit diesem <strong>BFH</strong>-Urteil veröffentlichte Auffassung<br />
zu bestätigen. An<strong>de</strong>rerseits bleibt die Reaktion <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
auf das Urteil abzuwarten.<br />
einen dreiseitigen Vertrag über die<br />
Beendigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
<strong>de</strong>r Klägerin bei <strong>de</strong>r A GmbH und die<br />
Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses<br />
bei <strong>de</strong>r Auffanggesellschaft<br />
A+B GmbH. Danach en<strong>de</strong>te das<br />
Arbeitsverhältnis mit Ablauf <strong><strong>de</strong>s</strong> 14.<br />
November 2000; mit Wirkung zum 15.<br />
November 2000 trat die Klägerin in das<br />
bis zum 30. November 2002 befristete<br />
neue Arbeitsverhältnis ein. Eine etwaige<br />
Abfindung nach <strong>de</strong>m Interessenausgleich<br />
und <strong>de</strong>m Sozialplan sollte direkt<br />
von <strong>de</strong>r A GmbH an <strong>de</strong>n jeweiligen Mitarbeiter<br />
abgerechnet und ausbezahlt<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Vertrag wur<strong>de</strong> mit Unterzeichnung<br />
durch alle drei Vertragsparteien<br />
wirksam. Er wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r A<br />
GmbH am 17. Oktober 2000, von <strong>de</strong>r<br />
Klägerin am 31. Oktober 2000 und von<br />
<strong>de</strong>r A+B GmbH am 15. November 2000<br />
unterschrieben. Mit Schreiben vom 26.<br />
Oktober 2000 bestätigte die A GmbH<br />
<strong>de</strong>r Klägerin ihren Abfindungsanspruch<br />
nach <strong>de</strong>m Sozialplan in Höhe von 75.000<br />
DM im Einzelnen wie folgt: "Wie ebenfalls<br />
besprochen und von Ihnen<br />
gewünscht, wird <strong>de</strong>r steuerpflichtige<br />
Teil <strong>de</strong>r Abfindungszahlung in Höhe von<br />
51.000 DM im Januar zur Auszahlung<br />
gebracht. Die Auszahlung <strong><strong>de</strong>s</strong> steuerfreien<br />
Anteils <strong>de</strong>r Abfindung in Höhe von<br />
24.000 DM erfolgt bei Austritt mit <strong>de</strong>r<br />
Novemberabrechnung." Die Abfindung<br />
wur<strong>de</strong> entsprechend ausgezahlt.<br />
2. In <strong>de</strong>r Einkommensteuererklärung für<br />
das Jahr 2000 erklärte die Klägerin <strong>de</strong>n<br />
steuerpflichtigen Teil <strong>de</strong>r Abfindung in<br />
Höhe von 51.000 DM nicht. Die Einkommensteuererklärung<br />
für das Jahr 2001<br />
enthält <strong>de</strong>n zweiten Abfindungsteilbetrag<br />
von 51.000 DM als Versorgungsbezüge<br />
für mehrere Jahre.<br />
3. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Beklagte und Revisionskläger<br />
(das Finanzamt --FA--) die Klägerin<br />
zunächst antragsgemäß für das Jahr<br />
2000 veranlagt hatte, teilte er im<br />
Dezember 2002 mit, dass <strong>de</strong>r Klägerin<br />
die gesamte Abfindung bereits im Jahr<br />
2000 zugeflossen sei. Im Einkommensteuerbescheid<br />
für 2001 ließ das FA <strong>de</strong>n<br />
Teilbetrag von 51.000 DM außer Ansatz.<br />
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 <strong>de</strong>r Abgabenordnung<br />
(AO) erließ es einen Einkommensteuerän<strong>de</strong>rungsbescheid<br />
für das Jahr<br />
2000 und erfasste von <strong>de</strong>r Abfindung<br />
einen Betrag von 5.004 DM als laufen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitslohn (Weihnachtsgeld)<br />
sowie <strong>de</strong>n steuerpflichtigen Restbetrag<br />
in Höhe von 45.996 DM als ermäßigt<br />
nach § 34 Abs. 1 <strong><strong>de</strong>s</strong> Einkommensteuergesetzes<br />
(EStG) zu besteuern<strong>de</strong> Abfindung.<br />
Im Bescheid für das Jahr 2000<br />
wur<strong>de</strong>n Nachzahlungszinsen von 217<br />
EUR festgesetzt.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 23
FACHBEITRÄGE Steuerrecht<br />
» Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Namborn<br />
Vorläufige (Steuer-)Festsetzung,<br />
Solidaritätszuschlag und Abgeltungsteuer<br />
Er ist zwischenzeitlich in die Jahre gekommen, <strong>de</strong>r Solidaritätszuschlag. Seine Verfassungsmäßigkeit<br />
beschäftigt <strong>de</strong>rzeit wie<strong>de</strong>r die Gerichte. Das Zusammenspiel mit <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer zeigt eindrucksvoll,<br />
wie vermeintliche Steuervereinfachung in das Gegenteil verkehrt wird.<br />
» 1. Hintergrund<br />
Der Bund <strong>de</strong>r Steuerzahler hatte bereits 2006 das Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verfassungsgericht<br />
(BVerfG) angerufen. Mit Beschluss vom 11.2.2008 hat<br />
das Gericht die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> allerdings ohne Begründung<br />
nicht zur <strong>Entscheidung</strong> angenommen.<br />
Zwischenzeitlich hat <strong>de</strong>r 7. Senat <strong><strong>de</strong>s</strong> Nie<strong>de</strong>rsächsischen Finanzgerichts1<br />
einen weiteren Vorstoß in Richtung Karlsruhe unternommen,<br />
weshalb die Finanzämter Beschei<strong>de</strong> über die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />
für die Kalen<strong>de</strong>rjahre ab 2005 seit En<strong>de</strong> letzten<br />
Jahres nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig erlassen. 2 In<br />
diesem Zusammenhang taucht zwangsläufig die Frage auf, ob und<br />
wie sich diese Vorläufigkeit auf die seit 2009 gelten<strong>de</strong> Abgeltungsteuer<br />
auswirkt.<br />
» 2. Geson<strong>de</strong>rter Steuertarif für Kapitaleinkünfte<br />
und Steuerabzug an <strong>de</strong>r Quelle<br />
Für private Kapitalerträge gilt seit <strong>de</strong>m Veranlagungszeitraum 2009<br />
grundsätzlich ein Steuersatz von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag. Ist<br />
<strong>de</strong>r Steuerpflichtige kirchensteuerpflichtig, ermäßigt sich dieser Tarif<br />
nach Maßgabe <strong><strong>de</strong>s</strong> § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG, weil für diese Kirchensteuer<br />
kein Son<strong>de</strong>rausgabenabzug (mehr) nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG<br />
im Veranlagungsverfahren gewährt wird.<br />
Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen grundsätzlich <strong>de</strong>r Kapitalertragsteuer.<br />
Die Höhe <strong>de</strong>r Kapitalertragsteuer beträgt regelmäßig<br />
25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Welche Kapitaleinnahmen<br />
<strong>de</strong>m Steuerabzug unterliegen, ist in § 43 EStG abschließend<br />
geregelt.<br />
Der Kapitalertragsteuerabzug hat bei einem Privatanleger grundsätzlich3<br />
abgelten<strong>de</strong> Wirkung, soweit sie nicht zu <strong>de</strong>n Einkünften aus<br />
Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger<br />
Arbeit o<strong>de</strong>r aus Vermietung und Verpachtung gehören (§ 32d Abs.<br />
1 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG).<br />
» 3. Veranlagungsoptionen<br />
Nach § 32d Abs. 6 EStG kann <strong>de</strong>r Steuerpflichtige beantragen, die<br />
(sämtliche) Einkünfte aus Kapitalvermögen in die allgemeine Veranlagung<br />
einzubeziehen und <strong>de</strong>m individuellen Steuersatz zu unterwerfen,<br />
wenn dies für ihn günstiger ist (Günstigerprüfung).Liegt <strong>de</strong>r<br />
persönliche Steuersatz über <strong>de</strong>m Abgeltungsteuersatz, gilt <strong>de</strong>r Antrag<br />
als nicht gestellt und die Kapitaleinkünfte unterliegen insoweit <strong>de</strong>m<br />
linearen Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag<br />
und ggf. Kirchensteuer.<br />
Daneben besteht auch die Veranlagungsoption nach § 32d Abs. 4 EStG<br />
zum pauschalen Steuersatz. Die „beson<strong>de</strong>re“ Veranlagung kommt<br />
regelmäßig in Betracht, wenn für <strong>de</strong>n Kapitalertragsteuerabzug günstige<br />
Umstän<strong>de</strong> nicht o<strong>de</strong>r nicht in vollem Umfang berücksichtigt<br />
wor<strong>de</strong>n sind. Hierzu enthält § 32d Abs. 4 EStG eine beispielhafte,<br />
nicht abschließen<strong>de</strong> („insbeson<strong>de</strong>re“) Aufzählung. Die tarifliche Einkommensteuer<br />
erhöht sich um <strong>de</strong>n nach § 32d Abs. 1 EStG ermittelten<br />
Betrag. Gleichzeitig wird die bereits auf diese Kapitalerträge<br />
erhobene Kapitalertragsteuer angerechnet. Entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> gilt für<br />
<strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.<br />
» 4. Kapitalertragsteueranmeldung<br />
als Verwaltungsakt<br />
Die Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in <strong>de</strong>m<br />
Zeitpunkt, in <strong>de</strong>m die Kapitalerträge <strong>de</strong>m Gläubiger zufließen. In diesem<br />
Zeitpunkt haben u. a. <strong>de</strong>r Schuldner <strong>de</strong>r Kapitalerträge bzw. die<br />
die Kapitalerträge auszahlen<strong>de</strong> Stelle (Steuerabzugsverpflichteten)<br />
<strong>de</strong>n Steuerabzug für Rechnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gläubigers <strong>de</strong>r Kapitalerträge vorzunehmen<br />
(§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Steuerabzugsverpflichteten<br />
haben die innerhalb eines Monats einbehaltene Steuer nebst Solidaritätszuschlag<br />
und Kirchensteuer jeweils bis zum 10. <strong><strong>de</strong>s</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />
Monats an das Finanzamt abzuführen, das für die Besteuerung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Steuerabzugsverpflichteten nach <strong>de</strong>m Einkommen zuständig ist (vgl.<br />
§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG). Zu<strong>de</strong>m ist die Steuer bis zu diesem Zeitpunkt<br />
nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei <strong>de</strong>m für <strong>de</strong>n Abführen<strong>de</strong>n<br />
zuständigen Finanzamt auf elektronischem Weg nach Maßgabe<br />
<strong>de</strong>r Steuerdaten-Übermittlungsverordnung anzumel<strong>de</strong>n (vgl. § 45a<br />
Abs. 1 EStG). Dem Gläubiger <strong>de</strong>r Kapitalerträge ist darüber hinaus<br />
auf Verlangen eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem<br />
Muster auszustellen, die die nach § 32d EStG erfor<strong>de</strong>rlichen Angaben<br />
enthält (§ 45a Abs. 2 Satz 1 EStG). 4<br />
Die (Kapitalertragsteuer-)Anmeldung ist eine Steuererklärung i. S.<br />
d. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO. Eine Festsetzung <strong>de</strong>r Steuer durch Steuerbescheid<br />
ist regelmäßig nicht erfor<strong>de</strong>rlich (vgl. § 167 Satz 1 AO),<br />
<strong>de</strong>nn mit Eingang <strong>de</strong>r Steueranmeldung bei <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong> hat<br />
die Anmeldung (nur) die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter <strong>de</strong>m<br />
1) Insi<strong>de</strong>rn auch als „Balke-Senat“ bekannt.<br />
2) Vgl. BMF, 07.12.2009, IV A 3-S 0338/07/10010, BStBl I 2009 S. 1509.<br />
3) Wegen <strong>de</strong>r Ausnahmen vgl. § 32d Abs. 2 EStG.<br />
24 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung (§ 168 Satz 1 AO). Das gilt unabhängig<br />
davon, ob <strong>de</strong>r Anmel<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Steuerschuldner ist o<strong>de</strong>r nicht. Da insoweit<br />
ein Steuerbescheid nicht ergeht, kommt es u. a. bezüglich <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />
auch nicht zu einer vorläufigen Steuerfestsetzung.<br />
Der Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung entfällt nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO<br />
regelmäßig mit Ablauf <strong>de</strong>r vierjährigen Festsetzungsfrist. Solange <strong>de</strong>r<br />
Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung wirksam ist, kann die Steueranmeldung<br />
(Steuerfestsetzung) je<strong>de</strong>rzeit von Amts wegen o<strong>de</strong>r auf Antrag <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anmel<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> von <strong>de</strong>r Anmeldung betroffenen Steuerpflichtigen5<br />
geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
Gegen die Kapitalertragsteueranmeldung ist auch ein Einspruch nach<br />
§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO durch <strong>de</strong>n Steuerschuldner statthaft. 6<br />
» 5. Folgerungen für die Besteuerungspraxis<br />
Steuerpflichtige, bei <strong>de</strong>nen die Kapitalertragsteuer und insbeson<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>r Solidaritätszuschlag ordnungsgemäß einbehalten und abgeführt<br />
wor<strong>de</strong>n ist kommen nicht in <strong>de</strong>n Genuss <strong><strong>de</strong>s</strong> vom BMF angeordneten<br />
Vorläufigkeitsvermerks. Denn nach § 167 Satz 1 AO wird insoweit<br />
keine Steuerfestsetzung durch einen Steuerbescheid vorgenommen.<br />
7 Um die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags vorläufig i. S. <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
BMF-Schreibens vom 07.12.2009 vorzunehmen, wäre es erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
jeweils einen Steuerbescheid zu erlassen. Da dieses Verfahren<br />
für die Finanzverwaltung mit einem erheblichen und nicht mehr zu<br />
vertretenen Kosten- und Arbeitsaufwand verbun<strong>de</strong>n wäre, wer<strong>de</strong>n die<br />
Finanzämter diesen Weg von Amts wegen wohl nicht beschreiten.<br />
Ungeachtet <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sind die Finanzämter für <strong>de</strong>n Fall, dass das BVerfG<br />
die Erhebung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags rückwirkend8 für verfassungswidrig<br />
erklären sollte, jedoch verpflichtet, die als Steuerfestsetzung<br />
unter <strong>de</strong>m Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung gelten<strong>de</strong>n Steueranmeldungen<br />
nach § 164 Abs. 2 AO zu än<strong>de</strong>rn, solange <strong>de</strong>r Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung<br />
besteht. Da die Festsetzungsfrist für das Jahr 2009 betreffen<strong>de</strong><br />
Steueranmeldungen frühestens am 31.12.2013 abläuft, kann bis zu<br />
diesem Zeitpunkt eine geän<strong>de</strong>rte Steuerfestsetzung vorgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Allerdings stehen <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen verfahrensrechtlich geeignete<br />
Instrumentarien zur Verfügung, um (<strong>de</strong>nnoch) von einer –<br />
möglicherweise günstigen – <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> BVerfG in Bezug auf<br />
die Verfassungsmäßigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags profitieren zu<br />
können.<br />
Der Steuerentrichtungspflichtige o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Steuerpflichtige können<br />
gegen die entsprechen<strong>de</strong> Kapitalertragsteueranmeldung Einspruch<br />
einlegen und beantragen, dass das Finanzamt hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Solidaritätszuschlags eine vorläufige Festsetzung vornimmt. Gegen<br />
diesen Weg könnten jedoch – soweit es um die Einspruchseinlegung<br />
durch <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen geht - praktische Erwägungen<br />
sprechen. Selbst wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige die Steuernummer auf<br />
<strong>de</strong>r Steuerbescheinigung vorfin<strong>de</strong>t, weiß er nicht mit Sicherheit,<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Dipl.-Finanzwirt Werner Becker<br />
ist als Sachbearbeiter beim Ministerium <strong>de</strong>r<br />
Finanzen <strong><strong>de</strong>s</strong> Saarlan<strong><strong>de</strong>s</strong> für das (außer-)gerichtliche<br />
Rechtsbehelfsverfahren und das Steuerberatungswesen<br />
zuständig.<br />
wann die Kapitalertragsteueranmeldung beim zuständigen Finanzamt<br />
eingegangen ist. Damit besteht die Gefahr, dass die Rechtsbehelfsfrist<br />
bereits abgelaufen und <strong>de</strong>r Einspruch <strong>de</strong>mzufolge unzulässig<br />
ist. 9 Ungeachtet <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sollte von dieser Möglichkeit nur<br />
Gebrauch gemacht wer<strong>de</strong>n, wenn darüber hinaus die Aussetzung<br />
<strong>de</strong>r Vollziehung begehrt wird. 10<br />
Steuerpflichtige können zu<strong>de</strong>m im Veranlagungsverfahren nach<br />
§ 32d Abs. 6 EStG beantragen, die Günstigerprüfung durchzuführen.<br />
Dann wer<strong>de</strong>n auch die <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer unterliegen<strong>de</strong>n<br />
Kapitalerträge in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen<br />
und <strong>de</strong>r tariflichen Einkommensteuer unterworfen, sofern dies für<br />
<strong>de</strong>n Steuerpflichtigen günstiger ist. Damit einhergehend erfolgt in<br />
<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Einkommensteuerbescheid verbun<strong>de</strong>nen Bescheid<br />
über die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags insoweit auch eine<br />
Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags. Die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />
- zunächst auf die Abgeltungsteuer und nunmehr<br />
auf die tarifliche Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage – ist<br />
in diesem Fall vom Vorläufigkeitsvermerk erfasst.<br />
Darüber hinaus kann auch die Veranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG<br />
in <strong>de</strong>n dort (beispielhaft und nicht abschließend) aufgeführten<br />
Fällen beantragt wer<strong>de</strong>n. Dann wird eine Steuerfestsetzung entsprechend<br />
§ 32d Abs. 3 Satz 2 EStG durchgeführt, d. h. für diese<br />
(<strong>de</strong>r Abgeltungsteuer unterliegen<strong>de</strong>n) Kapitalerträge erhöht sich<br />
die tarifliche Einkommensteuer um <strong>de</strong>n nach § 32d Abs. 1 EStG<br />
ermittelten Betrag; entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> gilt auch für <strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag<br />
und die Kirchensteuer. Allerdings dürfte die Durchführung<br />
<strong>de</strong>r Veranlagung ausschließlich vor <strong>de</strong>m Hintergrund, in <strong>de</strong>n<br />
„Genuss“ einer vorläufigen Steuerfestsetzung in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />
Solidaritätszuschlag zu kommen m. E. durch die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> §<br />
32d Abs. 4 EStG nicht ge<strong>de</strong>ckt sein.<br />
» 6. Fazit<br />
Steuerpflichtige, die nicht automatisch in <strong>de</strong>n Genuss einer vorläufigen<br />
Steuerfestsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags im Rahmen <strong>de</strong>r Veranlagung<br />
kommen, stehen verfahrensrechtlich nicht „im Regen“, falls das<br />
BVerfG rückwirkend die Verfassungswidrigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuschlags feststellen<br />
sollte. Allerdings sind die aufgezeigten verfahrensrechtlichen<br />
Möglichkeiten für alle Beteiligten mit einem erheblichen Kosten- und<br />
Arbeitsaufwand verbun<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re muss <strong>de</strong>r Steuerpflichtige<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r „optionalen“ Veranlagungen sämtliche Steuerbescheinigungen<br />
vorlegen. Von einer Steuervereinfachung kann damit hier<br />
auch nach Einführung <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer keine Re<strong>de</strong> sein.<br />
4) Vgl. im Einzelnen BMF, 24.11.2008, IV C 1 - S 2401/08/10001, BStBl I 2008, S. 973.<br />
5) Vgl. zur Lohnsteueranmeldung <strong>BFH</strong>, 21.10.2009, I R 70/08, DB 2010, S. 87.<br />
6) Vgl. <strong>BFH</strong>, 20.07.2005, VI R 165/01, BStBl II 2005, S. 890.<br />
7) Das Problem stellt sich im Übrigen auch bei <strong>de</strong>r Lohnsteueranmeldung und dort insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei <strong>de</strong>r pauschalierten Lohnsteuer.<br />
8) Dies dürfte angesichts <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Haushaltslage <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong> und <strong>de</strong>r pro-futuro-<br />
Rechstsprechung <strong><strong>de</strong>s</strong> BVerfG aber eher unwahrscheinlich sein.<br />
9) Vgl. auch Kämmerer, Abgeltungsteuer und das Verbot <strong><strong>de</strong>s</strong> Werbungskostenabzugs -<br />
Dargestellt am Beispiel <strong>de</strong>r Besteuerung von fremdfinanzierten Lebensversicherungen,<br />
DStR 2010, S. 27, 30, unter 3.2.<br />
10) Nach <strong>de</strong>m BMF-Schreiben v. 01.04.2009, IV A 4 3 – S 0338/07/10010, BStBl I 2009,<br />
S. 510, kommt eine Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung in <strong>de</strong>n Fällen <strong><strong>de</strong>s</strong> sog. „Vorläufigkeitskatalogs“<br />
nur in Betracht, soweit die Finanzbehör<strong>de</strong>n hierzu durch BMF-Schreiben o<strong>de</strong>r<br />
gleich lauten<strong>de</strong> Erlasse <strong>de</strong>r obersten Finanzbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r angewiesen wor<strong>de</strong>n<br />
sind. Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags besteht eine solche Weisung (bislang)<br />
nicht.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 25
FACHBEITRÄGE Umsatzsteuer<br />
» StB/RB Ulrich Goetze, Wunstorf<br />
Umsatzsteuerliche Auswirkungen <strong>de</strong>r<br />
Beschäftigung von Mitarbeitern im Zivildienst<br />
und im Freiwilligen Sozialen Jahr<br />
Der Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>finanzhof hat in seiner <strong>Entscheidung</strong> vom 23.07.2009 – V R 93/07 als weiteren Maßstab<br />
zur Beurteilung einer Umsatzsteuerbefreiung die Zusammenarbeit mit einer an<strong>de</strong>ren gemeinnützigen<br />
Organisation zur Erfüllung eines begünstigten Zwecks ver<strong>de</strong>utlicht.<br />
» 1. Freiwilliges Soziales Jahr<br />
Für junge Menschen im Alter von 16 - 27 Jahren bietet das Freiwillige<br />
Soziale Jahr (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ)<br />
eine Grundlage, sich bürgerschaftlich zu engagieren. Es han<strong>de</strong>lt sich<br />
dabei um ein Bildungs- und Orientierungsjahr (von 6 bis 18 Monaten),<br />
das von einem öffentlichen o<strong>de</strong>r freien Maßnahmeträger (meist<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>verbän<strong>de</strong>) pädagogisch begleitet wird. Der Arbeitseinsatz <strong>de</strong>r<br />
Freiwilligen erfolgt nicht beim Träger, son<strong>de</strong>rn wird in überwiegend<br />
praktischer Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen<br />
bzw. in Einrichtungen, die im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Natur- und Umweltschutzes<br />
tätig sind (Einsatzstellen), geleistet. Die Rahmenbedingungen und<br />
Vertragsverhältnisse zwischen Freiwilligen, Maßnahmeträger und<br />
Einsatzstellen sind im Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) geregelt.<br />
Diese bietet die gesetzliche Grundlage für dreiseitige Vereinbarungen<br />
zwischen Freiwilligen, Trägern und Einsatzstellen.<br />
1. 1 Steuerliche Auswirkungen<br />
Die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen und die steuerlichen<br />
Auswirkungen sind je nach Vertragsgestaltung im Einzelfall<br />
unterschiedlich. Die Finanzverwaltung (FinMin Hessen, Erlass vom<br />
12.6.2008, S 7175 A - 18 - II 51 und OFD Frankfurt v. 8.7.2008, S 7100<br />
A - 271 - St 11) vertritt folgen<strong>de</strong> Auffassung:<br />
1.1.1 Zweiseitige Vereinbarung zwischen Freiwilligem<br />
und Maßnahmeträger sind steuerpflichtig<br />
Die Freiwilligen leisten ihren Dienst bei einer gemeinnützigen Einsatzstelle.<br />
Nach <strong>de</strong>m Vertrag zwischen Maßnahmeträger und Einsatzstelle<br />
ersetzt die Einsatzstelle <strong>de</strong>m Maßnahmeträger das Taschengeld, die<br />
Sozialversicherungsbeiträge und zahlt ihm einen bestimmten monatlichen<br />
Betrag (z.B. 100 EUR), <strong>de</strong>r pauschal die Kosten <strong><strong>de</strong>s</strong> Trägers<br />
für Verwaltung, Lohnbuchhaltung, Gehaltsabrechnung, Abwicklung<br />
<strong>de</strong>r Sozialversicherungspflicht sowie die gesetzlich vorgeschriebene<br />
pädagogische und sozialpädagogische Betreuung ab<strong>de</strong>ckt.Nach <strong>de</strong>r<br />
getroffenen Vereinbarung bestehen Rechtsbeziehungen zwischen<br />
<strong>de</strong>m Freiwilligen und <strong>de</strong>m Maßnahmeträger. Die Einsatzstelle setzt<br />
<strong>de</strong>n Freiwilligen im Rahmen eines Vertrages mit <strong>de</strong>m Maßnahmeträger<br />
ein. Nach Ansicht <strong>de</strong>r Finanzverwaltung liegt ein umsatzsteuerrechtliches<br />
Leistungsaustauschverhältnis zwischen Träger und Einsatzstelle<br />
in Form einer umsatzsteuerpflichtigen Personalüberlassung<br />
vor. Für diese Leistung kommt keine Umsatzsteuerbefreiung in Frage,<br />
da sie im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfolgen.<br />
Die Umsätze unterliegen <strong>de</strong>m Regelsteuersatz von 19 %.<br />
1.1.2 Dreiseitige Vereinbarung zwischen Freiwilligem,<br />
Maßnahmeträger und Einsatzstelle sind steuerfrei<br />
Nach <strong>de</strong>m Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) kann auch eine<br />
dreiseitige Vereinbarung zwischen Träger, Einsatzstelle und Freiwilligem<br />
geschlossen wer<strong>de</strong>n. Bei Abschluss einer solchen Vereinbarung<br />
liegt keine umsatzsteuerbare Überlassung <strong>de</strong>r Freiwilligen<br />
durch <strong>de</strong>n Träger an die jeweilige Einsatzstelle vor. Die dreiseitige<br />
Vereinbarung begrün<strong>de</strong>t ein Rechtsverhältnis, wonach die beteiligten<br />
Einsatzstellen und Träger jeweils für die sie betreffen<strong>de</strong>n Rechte und<br />
Pflichten ausschließlich und unmittelbar berechtigt und verpflichtet<br />
sind. Demnach wer<strong>de</strong>n die Einsatzstellen aus <strong>de</strong>m Arbeitseinsatz <strong>de</strong>r<br />
Freiwilligen aus <strong>de</strong>r Vereinbarung unmittelbar berechtigt und sind<br />
im Gegenzug auch hinsichtlich <strong>de</strong>r von ihr übernommenen Zahlung<br />
<strong>de</strong>r Sozialversicherungsbeiträge und <strong><strong>de</strong>s</strong> sog. Taschengel<strong><strong>de</strong>s</strong> selbst<br />
verpflichtet. Es liegt damit keine entgeltliche Personalüberlassung<br />
durch <strong>de</strong>n Maßnahmeträger mehr vor.<br />
Erhebt <strong>de</strong>r Träger für seine Verwaltungsleistungen ein Entgelt von <strong>de</strong>n<br />
Einsatzstellen, liegt insoweit nach <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
eine umsatzsteuerbare und mit 19 % umsatzsteuerpflichtige Leistung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Trägers vor. Soweit die Einsatzstellen an <strong>de</strong>n Maßnahmenträger<br />
ein Entgelt für Leistungen im Bereich <strong>de</strong>r Bildungsarbeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Trägers<br />
zu leisten, können diese nach § 4 Nr. 22a UStG steuerfrei sein.<br />
» 2. Freiwilligendienst als Ersatzdienst<br />
für <strong>de</strong>n Wehrdienst<br />
Anerkannte Kriegsdienstverweigerer haben die Möglichkeit, nicht<br />
zum Zivildienst herangezogen zu wer<strong>de</strong>n, wenn sie sich statt<strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />
zu einem freiwilligen Dienst nach <strong>de</strong>m Jugendfreiwilligendienstegesetz<br />
(JFDG) verpflichten. Der Freiwilligendienst als Ersatzdienst für<br />
<strong>de</strong>n Wehrdienst erfolgt als zweiseitige Vereinbarung zwischen Freiwilligem<br />
und Maßnahmeträger. Zwischen <strong>de</strong>m Maßnahmeträger und<br />
<strong>de</strong>r Einsatzstelle <strong><strong>de</strong>s</strong> Freiwilligen liegt eine umsatzsteuerpflichtige<br />
Personalüberlassung vor.<br />
26 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
3. Zivildienstleisten<strong>de</strong><br />
Das Zivildienstgesetz (ZDG) enthält zum FSJ vergleichbare Regelungen<br />
bei <strong>de</strong>r Beschäftigung von Zivildienstleisten<strong>de</strong>n. Das Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amt<br />
für Zivildienst überträgt beispielsweise Verbän<strong>de</strong>n die Aufgabe,<br />
gemeinnützige Organisationen hinsichtlich <strong>de</strong>r Anerkennung als<br />
Beschäftigungsstelle und im laufen<strong>de</strong>n Betrieb zu beraten, zugleich<br />
wer<strong>de</strong>n die Zivildienstleisten<strong>de</strong>n betreut. Der Verband erhält für seine<br />
Tätigkeit vom Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amt eine Vergütung.<br />
3.1 Umsatzsteuerfreiheit nach <strong>de</strong>r MwStSystRL<br />
Der Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>finanzhof kommt in einem aktuellen Fall <strong>de</strong>r Beschäftigung<br />
von Zivildienstleisten<strong>de</strong>n (<strong>BFH</strong> v. 23.7.2009 - R 93/07) zu einer<br />
an<strong>de</strong>ren steuerrechtlichen Würdigung als die Finanzverwaltung.<br />
Strittig war im entschie<strong>de</strong>nen Fall die umsatzsteuerliche Behandlung<br />
<strong>de</strong>r Vergütungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amtes an einen Wohlfahrtsverband im<br />
Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> Zivildienstgesetzes.<br />
Der <strong>BFH</strong> hielt die Umsatzsteuerbefreiung nach Artikel 132 Abs. 1 g<br />
<strong>de</strong>r Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) für einschlägig.<br />
Danach sind eng mit <strong>de</strong>r Sozialfürsorge und <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit<br />
verbun<strong>de</strong>ne Leistungen von <strong>de</strong>r Umsatzsteuer befreit. Entgegen <strong>de</strong>r<br />
Ansicht <strong>de</strong>r Finanzverwaltung bezogen sich die vom Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amt<br />
gezahlten Vergütungen nicht allgemein auf Verwaltungstätigkeiten,<br />
son<strong>de</strong>rn sie dienten ausschließlich dazu, <strong>de</strong>n Einsatz von Zivildienstleisten<strong>de</strong>n<br />
bei <strong>de</strong>n Beschäftigungsstellen zu ermöglichen. Sowohl die<br />
Unterstützung <strong>de</strong>r Beschäftigungsstellen als auch bei <strong>de</strong>r Betreuung<br />
<strong>de</strong>r Zivildienstleisten<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lt es sich um Leistungen, die<br />
ausschließlich und unmittelbar darauf gerichtet sind, <strong>de</strong>n Einsatz<br />
von Zivildienstleisten<strong>de</strong>n im sozialen Beeich zu ermöglichen und<br />
durchzuführen. Derartige Leistungen weisen die erfor<strong>de</strong>rliche Nähe<br />
zum sozialen Bereich auf und können daher steuerfrei als eng mit<br />
<strong>de</strong>r Sozialfürsorge und <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit verbun<strong>de</strong>ne Dienstleistungen<br />
sein.<br />
3.1.1 Leistungen im steuerbegünstigten Zweckbetrieb<br />
Weiterhin hält <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> diese Leistungen als unerlässlich im Sinne von<br />
Art. 132 Abs. 2b MwStSystRL, da ohne sie <strong>de</strong>r Einsatz <strong>de</strong>r Zivildienstleisten<strong>de</strong>n<br />
bei <strong>de</strong>n einzelnen Beschäftigungsstellen we<strong>de</strong>r vorbereitet<br />
noch koordiniert o<strong>de</strong>r überwacht wer<strong>de</strong>n kann. Die nach Artikel 133<br />
Abs. 1g <strong>de</strong>r MwStSystRL weiter erfor<strong>de</strong>rliche Anerkennung als Einrichtung<br />
mit sozialem Charakter kann sich aus <strong>de</strong>r Zugehörigkeit<br />
zu einem anerkannten Verband <strong>de</strong>r freien Wohlfahrtspflege ergeben<br />
(vgl. <strong>BFH</strong> v. 17.2.2009 – XI R 67/06).<br />
Die Vergütungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amtes für Zivildienst an <strong>de</strong>n Wohlfahrtsverband<br />
sind <strong>de</strong>mnach insoweit steuerfrei, wie die Zivildienstleisten<strong>de</strong>n<br />
tatsächlich Aufgaben im sozialen Bereich durchführten. Nicht<br />
begünstigt sind Aufgaben beispielsweise in <strong>de</strong>n Bereichen Umwelt-<br />
o<strong>de</strong>r Naturschutz o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Landschaftspflege. Die Vergütungen für<br />
diese letztgenannten Einsatzbereiche unterliegen <strong>de</strong>m ermäßigten<br />
Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG, wenn sie in einem<br />
Zweckbetrieb (§ 64 Abs. 1 AO) ausgeübt wer<strong>de</strong>n. Ein Zweckbetrieb<br />
setzt nach § 65 AO voraus, dass er in seiner Gesamtrichtung dazu<br />
dient, die steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1<br />
AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n können (§ 65 Nr. 2 AO) und <strong>de</strong>r Betrieb zu steuerpflichtigen<br />
Betrieben <strong>de</strong>rselben o<strong>de</strong>r ähnlichen Art nicht in größerem Umfang<br />
in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung <strong>de</strong>r steuerbegünstigten Zwecke<br />
unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO) (vgl. <strong>BFH</strong> v. 9.4.1987 – V R<br />
150/78).<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
3.1.2 Wettbewerb zu gewerblichen Unternehmen<br />
Bei <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r Vergütungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amts für Zivildienst<br />
an einen Wohlfahrtsverband kommt es darauf an, dass die<br />
Tätigkeit das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
steuerbegünstigten Zwecks ist (vgl. <strong>BFH</strong>, 01.08.2002 – V R 21/01).<br />
Dabei kann <strong>de</strong>r Satzungszweck auch in Zusammenarbeit mit an<strong>de</strong>ren<br />
Körperschaften erreicht wer<strong>de</strong>n. So ist etwa die Werbung für<br />
Blutspen<strong>de</strong>n auch dann notwendige Voraussetzung für die Erfüllung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Satzungszwecks, wenn die Blutspen<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Blutabnahme<br />
bis zur Lieferung <strong><strong>de</strong>s</strong> Blutes an Krankenhäuser durch eine an<strong>de</strong>re<br />
Person erfolgt (<strong>BFH</strong>, 18.03.2004 – V R 101/01). Entsprechend ist es<br />
nicht erfor<strong>de</strong>rlich, dass die Zivildienstleisten<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Träger tätig<br />
waren. Die Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 65 Nr. 2 AO sind vielmehr unter<br />
Einbeziehung <strong>de</strong>r Tätigkeiten <strong>de</strong>r vom Verband betreuten Beschäftigungsstellen<br />
zu prüfen.Der <strong>BFH</strong> sieht keinen Wettbewerb zu <strong>de</strong>m<br />
Regelsteuersatz unterliegen<strong>de</strong>n Konkurrenten (§ 65 Nr. 3 AO), da<br />
nach <strong>de</strong>m Zivildienstgesetz nur Verbän<strong>de</strong> für die ihnen angehören<strong>de</strong>n<br />
Beschäftigungsstellen beauftragt wer<strong>de</strong>n können.<br />
» 4. Zusammenfassung<br />
Der Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>finanzhof beurteilt die Beschäftigung von Zivildienstleisten<strong>de</strong>n<br />
von Wohlfahrtsverbän<strong>de</strong>n, die diese gemeinsam mit angeschlossenen<br />
Einsatzstellen einsetzen, an<strong>de</strong>rs als die Finanzverwaltung<br />
als Tätigkeiten im steuerbegünstigten Zweckbetrieb. Im Zweckbetrieb<br />
unterliegen diesbezügliche Umsätze daher <strong>de</strong>m Steuersatz von 7 %<br />
nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG, soweit sie nicht umsatzsteuerbefreit<br />
sind. Die Steuerbefreiung ergibt sich nach <strong>de</strong>r Auslegung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
aus <strong>de</strong>m tatsächlichen Einsatz <strong>de</strong>r Zivildienstleisten<strong>de</strong>n in sozialen<br />
Bereichen (Art. 133 Abs. 1g), bei <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r –und Jugendbetreuung<br />
(Art. 133 Abs. 1h), bei Sport- und Körperertüchtigung (Art. 133<br />
Abs. 1m). Dabei wer<strong>de</strong>n gemeinsam von zwei o<strong>de</strong>r mehr steuerbegünstigten<br />
Organisationen erbrachte Leistungen zusammengerechnet.<br />
Soweit Mitarbeiter im Freiweilligen Sozialen Jahr unter <strong>de</strong>n gleichen<br />
Rahmenbedingungen wie Zivildienstleisten<strong>de</strong> beschäftigt wer<strong>de</strong>n,<br />
sind diese Leistungen mit <strong>de</strong>m ermäßigten Steuersatz zu besteuern,<br />
soweit sie nicht steuerbefreit sind.<br />
Der Gesichtspunkt, dass Leistungen von mehreren Organisationen <strong>de</strong>r<br />
gemeinsamen Erfüllung <strong><strong>de</strong>s</strong> steuerbegünstigten Satzungszwecks aller<br />
beteiligten Körperschaften dienen und verschie<strong>de</strong>ne Teilleistungen<br />
somit in einer Gesamtbetrachtung insgesamt als steuerfrei zu beurteilen<br />
sind, muss zur Neubewertung von weiteren Leistungsbeziehungen<br />
führen.<br />
StB Ulrich Goetze<br />
ist als Referent und Autor tätig. Sein Schwerpunkt<br />
ist das Stiftungs- und Vereinssteuerrecht.<br />
In diesem Bereich wirkt er auch als Gutachter<br />
und leistet Einzelberatungen.<br />
www.ugoetze.<strong>de</strong><br />
3 _ 10 SteuerConsultant 27
FACHBEITRÄGE Wirtschaftsrecht<br />
» RA, FAStR, FA f. Insolvenzrecht Dr. Jan Roth, Frankfurt am Main<br />
Vertragsmanagement als Insolvenzschutz<br />
O<strong>de</strong>r: Hinterher weiß man alles besser…<br />
In Zeiten <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise ist ein signifikanter Anstieg von Insolvenzen zu verzeichnen. Das vermag<br />
auf <strong>de</strong>n ersten Blick nieman<strong>de</strong>n zu verwun<strong>de</strong>rn, sind doch fast alle Branchen betroffen. Die Praxis <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Insolvenzverwalters zeigt aber, dass sehr oft auch hausgemachte Probleme maßgeblich zur Insolvenz<br />
beigetragen haben. Gefahrenquelle sind oft schlechte Verträge, gesellschaftsrechtliche Fehler o<strong>de</strong>r schlicht<br />
Nachlässigkeit im Umgang mit sonstigen rechtlichen Themen. Für die Mandanten kann es sehr hilfreich<br />
sein, wenn gera<strong>de</strong> die steuerlichen Berater sie rechtzeitig sensibilisieren.<br />
» 1. Einleitung<br />
Kernstück <strong>de</strong>r Bewältigung rechtlicher Gefahren ist eine juristische<br />
Unternehmensbegleitung, die sich in jüngerer Zeit schnell verbreitet.<br />
Man bezeichnet sie in Fachkreisen als „Legal Risk Management“.<br />
Dabei stehen nicht nur unternehmensinterne rechtliche Aspekte<br />
auf <strong>de</strong>r Agenda, son<strong>de</strong>rn es geht auch darum, sicherzustellen, dass<br />
Gesellschafter und Unternehmer im Fall <strong>de</strong>r Krise ihres Unternehmens<br />
nicht ihr privates Vermögen verlieren können. Grundvoraussetzung<br />
ist jedoch, dass <strong>de</strong>r Unternehmer rechtzeitig Vorsorge für<br />
<strong>de</strong>n Krisenfall trifft. Dafür sind zwei Hür<strong>de</strong>n zu überwin<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>r<br />
Unternehmer muss zunächst die Gefahren erkennen und auch die<br />
Bereitschaft mitbringen, sich mit <strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>r Fälle auseinan<strong>de</strong>r zu<br />
setzen und entsprechen<strong>de</strong> Vorsorge zu betreiben. Vielfach ist jedoch<br />
zu erkennen, dass viel Zeit mit Zielen und Perspektiven verbracht<br />
wird, Risiken jedoch nicht analysiert und angegangen wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Vorsorge ist dabei im Grun<strong>de</strong> genommen ganz einfach. Darunter sind<br />
standardisierte Checklisten und Strukturen zu verstehen, von spezialisierten<br />
Rechtsanwälten entwickelt, die sich auch je<strong>de</strong>r Mittelständler<br />
zu Nutzen machen kann. Da hier standardmäßige Prüfungsraster<br />
entwickelt sind, sind die entstehen<strong>de</strong>n Kosten sehr überschaubar<br />
und keineswegs nur für Großkonzerne gedacht.<br />
» 2. Legal Risk Analyse<br />
Zunächst wird beim Legal Risk Management eine Risikoanalyse betrieben.<br />
Unternehmer sollten genau wissen, welchen juristischen Risiken<br />
ihr Unternehmen ausgesetzt ist und welche sich minimieren o<strong>de</strong>r gar<br />
ausschalten lassen. Im Fokus stehen dabei zunächst hausgemachte<br />
Risiken. Unklar formulierte Verträge und marken- o<strong>de</strong>r wettbewerbsrechtliche<br />
Verstöße sind beispielsweise eine Gefahrenquelle. Weitere<br />
Gefahren können beispielsweise die nicht vollständige Einzahlung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Stammkapitals einer GmbH sein. Viele Unternehmen wollen ihre<br />
Haftung durch AGB begrenzen. Dafür muss aber auch sichergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass sie wirksam sind und auch zur Anwendung kommen,<br />
was allzu oft unerkanntermaßen nicht <strong>de</strong>r Fall ist. Eine weitere häufig<br />
unterschätzte Gefahr von kleinen Unternehmen ist die Vermischung<br />
von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen. Vereinzelt treten<br />
sogar GmbHs auf, bei <strong>de</strong>nen GmbH-Konto und Privatkonto <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesell-<br />
schafters i<strong>de</strong>ntisch sind. Wer frem<strong><strong>de</strong>s</strong> Vermögen verwaltet und nicht<br />
sicherstellt, dass eine Vermischung von Fremd- und Eigenvermögen<br />
ausgeschlossen ist, setzt sich einem leicht vermeidbaren, aber u.U.<br />
sehr hohen Haftungsrisiko aus. Ist ein Gesellschafter an mehreren<br />
Gesellschaften beteiligt, die sich von ihrem Tätigkeitsfeld und vom<br />
Gesellschaftszweck her überschnei<strong>de</strong>n, gerät er leicht in eine gefährliche<br />
persönliche Haftung, die ihn im Insolvenzfall um die wirtschaftliche<br />
Existenz bringen kann.<br />
Solche Risiken sind leicht vermeidbar, können im Einzelfall aber verheeren<strong>de</strong><br />
Folgen haben.<br />
Ebenfalls unter die Lupe genommen wer<strong>de</strong>n langjährig erprobte<br />
Gestaltungen im Hinblick auf mögliche gesetzliche Än<strong>de</strong>rungen<br />
o<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Rechtsprechung. Häufig entstehen gera<strong>de</strong> im<br />
Rahmen von steuerlichen Betriebsprüfungen gigantische Steuernachzahlungspflichten,<br />
weil sich Gesetzgebung o<strong>de</strong>r die Rechtsprechung<br />
geän<strong>de</strong>rt hat und die steuerliche Gestaltung nicht regelmäßig<br />
überprüft und angepasst wor<strong>de</strong>n ist. Wer Mietwohnungen am Markt<br />
anbietet und in seinen standardisierten Mietverträgen noch erwartet,<br />
dass seine Mieter in regelmäßigen Abstän<strong>de</strong>n Schönheitsreparaturen<br />
durchführen, könnte bei Auszug <strong>de</strong>r Mieter auf nicht unerheblichen<br />
Zusatzkosten sitzen bleiben. Solche Risiken können frühzeitig erkannt<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn jemand nach ihnen sucht.<br />
» 3. Legal Risk Management – die Beseitigung<br />
von Risiken für die Gesellschaft<br />
Das eigentliche „Legal Risk Management“ beginnt nach <strong>de</strong>r Analyse<br />
und hat zum Ziel, rechtliche Risiken beherrschbar zu machen. Ein<br />
erfolgreiches Legal Risk Management ist wie eine gesundheitliche<br />
Prophylaxe: nach Außen hin verän<strong>de</strong>rt sich zunächst nichts, man<br />
beugt jedoch vermeidbaren Krankheiten vor. Bestehen<strong>de</strong> Vertragsverhältnisse<br />
sind bei erkannten Mängeln zu optimieren bzw. zu<br />
ergänzen.<br />
Ein weiteres Mittel zur Minimierung von Gefahren stellt die Risiko-<br />
Diversifizierung dar. Wenn ein Unternehmen lediglich in einer einzigen<br />
Gesellschaft betrieben wird, sind die Spielräume für Gestaltungen<br />
gering und die Risiken hoch. Solche Ein-Gesellschafts-Unter-<br />
28 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
nehmen sollten daher aufgeteilt wer<strong>de</strong>n, um die operativen Risiken<br />
von <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>m Unternehmen gehaltenen Vermögen, welches unverzichtbar<br />
für die weitere wirtschaftliche Tätigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmens<br />
ist, durch optimierte Vertragsgestaltung zu trennen.<br />
» 4. Vermeidung von Folgeinsolvenzen<br />
Wie eingangs erwähnt ziehen Unternehmensinsolvenzen oftmals<br />
Privatinsolvenzen nach sich. Wenn es Geschäftsführern und Gesellschaftern<br />
nicht gelingt, ihr persönliches Vermögen aus <strong>de</strong>r Insolvenz<br />
<strong>de</strong>r GmbH herauszuhalten, stehen sie zumeist nicht nur vor <strong>de</strong>m<br />
finanziellen Ruin, son<strong>de</strong>rn sie verbauen sich die Möglichkeit eines<br />
Neustarts. Dabei wirkt offenbar die Insolvenz auf viele Beteiligte<br />
wie ein Schreckgespenst, <strong>de</strong>n es um je<strong>de</strong>n Preis, auch um <strong>de</strong>n Preis<br />
weiterer Kapitalzuflüsse in ein maro<strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmen, zu vermei<strong>de</strong>n<br />
gilt. Gut informierte Unternehmer wissen es besser: die Insolvenz<br />
ist auch eine Chance für einen Neustart. Behält ein Unternehmer die<br />
nötige Finanzkraft, um <strong>de</strong>m Insolvenzverwalter im Rahmen einer<br />
sog. übertragen<strong>de</strong>n Sanierung wichtige Unternehmensteile abkaufen<br />
und ohne Verbindlichkeiten neu starten zu können, kann sowohl das<br />
Kerngeschäft <strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmens gerettet wie auch die Privatinsolvenz<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmers vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Es kommt also darauf<br />
an, <strong>de</strong>n Überblick zu behalten, sich mit <strong>de</strong>m Thema Insolvenz auseinan<strong>de</strong>rzusetzen<br />
und sich Kapital für Notfälle aufzuheben, welches<br />
auf keinen Fall zur Bedienung von Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
verwen<strong>de</strong>t wird.<br />
Darüber hinaus gilt es, rechtlich wasserdichte Verhältnisse zu schaffen,<br />
um Rückgriffe zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
In nahezu je<strong>de</strong>m Insolvenzverfahren macht <strong>de</strong>r Insolvenzverwalter<br />
Ansprüche gegen Geschäftsführer, Gesellschafter und verbun<strong>de</strong>ne<br />
Unternehmen geltend – oft mit Erfolg. Dabei hätten die durchschlagen<strong>de</strong>n<br />
Ansprüche in <strong>de</strong>n meisten Fällen vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
können.<br />
Gesellschafter in <strong>de</strong>r Krise begehen oftmals einen verständlichen,<br />
aber mit katastrophalen Folgen verbun<strong>de</strong>nen Fehler: Sie nehmen in<br />
Anbetracht <strong>de</strong>r bevorstehen<strong>de</strong>n Insolvenz ihrer GmbH Vermögenswerte<br />
aus <strong>de</strong>r Gesellschaft heraus. Dies hat natürlich zivilrechtliche<br />
Folgen in Form von Rückerstattungsansprüchen, aber auch strafrechtliche,<br />
weil <strong>de</strong>r Bankrotttatbestand erfüllt wird. Wenn ein Unternehmen<br />
in die Krise gerät, soll es möglichst so, wie es ist, in die Insolvenz<br />
geführt wer<strong>de</strong>n. Der Zeitpunkt zum Han<strong>de</strong>ln wur<strong>de</strong> bereits verpasst.<br />
Wichtige Vermögenspositionen müssen vor Eintritt <strong>de</strong>r Krise insolvenzfest<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n, um für einen Neustart zur Verfügung zu<br />
stehen. Auch dies ist ein Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Legal Risk Managements.<br />
Geschäftsführer haften beispielsweise auch für Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft außerhalb ihres satzungsmäßigen Gesellschaftszwecks.<br />
Die Praxis zeigt, dass solche oft mehr<strong>de</strong>utig formuliert o<strong>de</strong>r nicht an<br />
die Entwicklung eines Unternehmens angepasst wor<strong>de</strong>n sind. Ein<br />
nicht unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Teil <strong>de</strong>r Vorsorge besteht darin, <strong>de</strong>n eingetragenen<br />
Gesellschaftszweck auf <strong>de</strong>n aktuellen Stand zu bringen.<br />
In Mehrgesellschaftsstrukturen (Konzernen) können für Geschäftsführer<br />
und Gesellschafter Risiken aus rechtlich unzulässigem Verhalten<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Konzernstruktur resultieren. Dabei ist es erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
dass sich Geschäftsführer und Gesellschafter von <strong>de</strong>m Gedanken<br />
trennen, dass man im Innenverhältnis es „nicht so genau“ nehmen<br />
müsse .So können sich insbeson<strong>de</strong>re im Finanzmanagement mitunter<br />
Praktiken einspielen, die einen permanenten Verstoß gegen die gelten<strong>de</strong>n<br />
Kapitalerhaltungsvorschriften darstellen und dadurch sowohl<br />
Geschäftsführer als auch verbun<strong>de</strong>ne Unternehmen, also Mutter-,<br />
Tochter- und sogar Schwestergesellschaften in erhebliche Haftung<br />
bringen. Je<strong>de</strong> Gesellschaft in einem Konzernverhältnis kann nach<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
außen auftreten und Verträge mit Dritten abschließen. Diese verlassen<br />
sich wie<strong>de</strong>rum darauf, dass <strong>de</strong>r Gesellschaft nicht das Kapital<br />
entzogen wird, um die Verbindlichkeiten zu bedienen. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
das Cash Pooling, also die Finanzmittelverwendung über mehrere<br />
Gesellschaften hinweg, unterliegt starkem Fluss in <strong>de</strong>r Rechtsprechung<br />
und kann u. U. eine extrem hohe persönliche Haftung <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsführer nach sich ziehen. Eine regelmäßige rechtliche Anpassung<br />
bestehen<strong>de</strong>r Strukturen an die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Rechtslage<br />
ist daher erfor<strong>de</strong>rlich.<br />
In Konzernen, die aus einer Vielzahl von Gesellschaften bestehen,<br />
sind oft Konzernumlageverträge vorhan<strong>de</strong>n, durch die bei einer<br />
Gesellschaft anfallen<strong>de</strong> Kosten nach bestimmten Schlüsseln auf<br />
an<strong>de</strong>re Konzerngesellschaften verteilt wer<strong>de</strong>n. Konzernumlagen<br />
können Geschäftsführer in die persönliche Haftung bringen, wenn<br />
sie nicht präzise formuliert sind und die Verpflichtungen <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Gesellschaften genau <strong>de</strong>finieren o<strong>de</strong>r ein Geschäftsführer<br />
eine Verteilung hinnimmt, die zu einseitig ist. Im schlimmsten Fall<br />
können Gesellschafter o<strong>de</strong>r Geschäftsführer in die unbeschränkte<br />
persönliche Haftung kommen. Konzernumlageverträge o<strong>de</strong>r faktisch<br />
gelebte Konzernumlagen, <strong>de</strong>nen keine vertraglichen Vereinbarungen<br />
zu Grun<strong>de</strong> liegen, müssen daher ebenfalls regelmäßig juristischer<br />
Prüfung unterzogen und angepasst wer<strong>de</strong>n.<br />
» 5. Fazit<br />
Eine „Legal Risk Analyse“ zeigt, welchen juristischen Risiken<br />
Geschäftsführer, Gesellschafter und Unternehmen ausgesetzt sind.<br />
Diese Gefahren sind nicht zu unterschätzen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>ren Realisierung<br />
be<strong>de</strong>utet oftmals das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Existenz <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Betroffenen. Dagegen können frühzeitig erkannte Gefahren zumeist<br />
mit geringem Kostenaufwand beseitigt o<strong>de</strong>r zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t minimiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch ist es vorteilhaft einen Überblick darüber zu haben,<br />
welche Gefahren bestehen, die sich nicht beseitigen lassen und<br />
in welcher Höhe. Für diese kann im Einzelfall eine Versicherung<br />
abgeschlossen wer<strong>de</strong>n, es kann aber auch überprüft wer<strong>de</strong>n, welche<br />
Versicherungen ggf. entbehrlich sind. Es bietet sich ferner an,<br />
bestehen<strong>de</strong> Unternehmensstrukturen unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>r<br />
Vermögenssicherung so zu ordnen, dass unternehmerisches Vermögen<br />
im Krisenfall aus einer Insolvenz herausgehalten und für<br />
an<strong>de</strong>rweitige Unternehmungen nutzbar ist. Vorsorge treffen hilft, <strong>de</strong>n<br />
Ernstfall berechenbar zu machen. Eine häufig zu hören<strong>de</strong> Klage im<br />
Insolvenzverfahren lautet: „Hätte ich mich doch vorher mit <strong>de</strong>m Ernstfall<br />
auseinan<strong>de</strong>rgesetzt“. In <strong>de</strong>r Tat haben diejenigen, die rechtzeitig<br />
Vorsorge betreiben viele Möglichkeiten, sich und ihr Unternehmen im<br />
Fall <strong>de</strong>r Insolvenz zu retten, <strong>de</strong>nnoch machen gera<strong>de</strong> im Mittelstand<br />
zu wenige Unternehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch.<br />
RA, FAStR, FA InsolvR<br />
Dr. Jan Roth<br />
ist Partner <strong>de</strong>r Kanzlei Jost Roth Collegen und<br />
Lehrbeauftragter <strong>de</strong>r Universität Frankfurt.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 29
KANZLEI & PERSÖNLICHES Finanzen<br />
Dubai<br />
Der Morgen danach<br />
Jahrelang galten Geldanlagen in Schwellenlän<strong>de</strong>rn, auf Englisch „Emerging Markets“, als renditeträchtig.<br />
Die „Dubai-Krise“ im vergangenen Jahr warf ihren Schatten auf alle Emerging Markets. Dabei bieten sich gera<strong>de</strong><br />
jetzt gute Investmentmöglichkeiten – für spekulative Anleger.<br />
Ein Weltwun<strong>de</strong>r soll er wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r geplante<br />
und mehr als 1.000 Meter hohe Nakheel<br />
Turm im futuristischen Stadtteil Nakheel<br />
Harbour von Dubai in <strong>de</strong>n Vereinigten Arabischen<br />
Emiraten. Vor fünf Jahren hat es <strong>de</strong>n<br />
Stadtteil eigentlich noch nicht gegeben, <strong>de</strong>r<br />
unweit <strong><strong>de</strong>s</strong> Luxushotels Burj al Arab liegt,<br />
damals hatte dort noch <strong>de</strong>r Wüstenstaub<br />
das Sagen. Der Turm soll dann <strong>de</strong>n im Januar<br />
2010 eingeweihten Burj Khalifa um 172<br />
Meter übertrumpfen. „Die Arbeiten sollen<br />
im kommen<strong>de</strong>n Jahr beginnen“, versprach<br />
Chris O’Donnell, Chef <strong>de</strong>r staatlichen Baugesellschaft<br />
Nakheel Properties, im Oktober<br />
2008, doch schon am 14. Januar 2009 kündigte<br />
das Immobilienunternehmen an, das<br />
Projekt für ein Jahr ruhen zu lassen. Heute,<br />
ein Jahr danach, hat sich immer noch nichts<br />
getan.<br />
Unter<strong><strong>de</strong>s</strong>sen baten die Scheiche im November<br />
2009 ihre Gläubiger um einen Zahlungsaufschub,<br />
die Immobilienmaschinerie <strong><strong>de</strong>s</strong> 4,1<br />
Quadratkilometer kleinen Emirats geriet<br />
ins Stocken. Gerüchte um eine Zahlungsunfähigkeit<br />
Dubais machten die Run<strong>de</strong>. Die<br />
Finanzwelt war um <strong>de</strong>n neuen Begriff „Dubai-<br />
Krise“ reicher.<br />
Höhere Schwankungsbreite,<br />
erhöhte Ausfallrisiken<br />
Diese Finanzkrise machte <strong>de</strong>utlich, dass Geldanlagen<br />
abseits ausgetretener Investmentpfa<strong>de</strong><br />
riskant sind. „Die Risiken bestehen<br />
darin, dass die Börsen- und Devisenkurse dieser<br />
Län<strong>de</strong>r durch eine höhere Schwankungsbreite<br />
und erhöhte Ausfallrisiken gekennzeichnet<br />
sind. Dies spiegelt sich häufig in<br />
einem schlechten Rating wi<strong>de</strong>r“, erklärt Errit<br />
Schlossberger, Geschäftsführer <strong><strong>de</strong>s</strong> Finanz-<br />
und Vergleichsportals FinanceScout24 mit<br />
Lange Zeit machte Dubai als Ort auf<br />
sich aufmerksam, an <strong>de</strong>m scheinbar<br />
Unmögliches möglich wur<strong>de</strong>.<br />
Sitz in München. Dem gegenüber stehe die<br />
Chance auf überdurchschnittliche Gewinne,<br />
da diese Märkte oft ein höheres Wirtschaftswachstum<br />
als etablierte aufweisen, erläutert<br />
Schlossberger.<br />
Die Dubai-Krise steht inzwischen für risikoreiche<br />
Geldanlagen in Schwellenlän<strong>de</strong>rn<br />
und hat sich in <strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>utscher Privatanleger<br />
festgesetzt, <strong>de</strong>nn plötzlich sind sie<br />
selbst betroffen: Allein mittels geschlossener<br />
Immobilienfonds sind <strong>de</strong>utsche Investoren<br />
mit rund 800 Millionen Euro an Bauprojekten<br />
im Wüstenemirat beteiligt, schätzt man bei<br />
Feri Rating & Research aus <strong>de</strong>m hessischen<br />
Bad Homburg.<br />
Die Aussichten waren einfach zu verlockend,<br />
manch ein Zeitungsartikel zu rosarot gefärbt.<br />
Wer vor zehn Jahren in Dubais Immobilienmarkt<br />
mitmischte, konnte gute Profite<br />
erzielen, die durch das Doppelbesteuerun-<br />
30 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Geschlossene Fonds sind Sache für Profis<br />
Dr. Errit Schlossberger ist Geschäftsführer <strong><strong>de</strong>s</strong> Finanz- und Vergleichsportals<br />
Financescout24 mit Sitz in München.<br />
SteuerConsultant: Emerging Markets<br />
locken mit hohen Renditen, bergen<br />
aber auch Gefahren. Wie erreichen<br />
Privatanleger die gesun<strong>de</strong> Mischung<br />
aus Chance und Risiko?<br />
Dr. Errit Schlossberger: Es empfiehlt<br />
sich, nicht mehr als zehn Prozent <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
gesamten Anlagevermögens in Wachstumsmärkte<br />
zu investieren und auch<br />
diesen Betrag auf verschie<strong>de</strong>ne Assetklassen<br />
wie Staats- und Unternehmensanleihen,<br />
Aktien und Immobilien aufzuteilen.<br />
Darüber hinaus ist ein Sparplan<br />
zu empfehlen, um über <strong>de</strong>n sogenannten<br />
Cost-Average-Effekt durch regelmäßige<br />
gleich hohe Einzahlungen von langfristig<br />
steigen<strong>de</strong>n Märkten zu profitieren.<br />
SteuerConsultant: Bleiben wir auf<br />
<strong>de</strong>m Aktienmarkt. Was tun, wenn ein<br />
Anleger bei <strong>de</strong>r Auswahl von einzelnen<br />
Aktien nicht „sattelfest“ ist?<br />
Dr. Errit Schlossberger: Nun, wer sich<br />
bei <strong>de</strong>r Auswahl von Einzelwerten nicht<br />
sicher ist, sollte zu Produkten wie In<strong>de</strong>xfonds<br />
greifen, die ganze Märkte abbil<strong>de</strong>n,<br />
ohne dass hohe Gebühren für ein aktives<br />
Fondsmanagement anfallen.<br />
Aber selbst dann sollten Stopp-Loss-<br />
Limits gesetzt wer<strong>de</strong>n, um Verluste zu<br />
begrenzen: Denn wer ein Wertpapier mit<br />
50 Prozent Verlust veräußert und dafür<br />
ein neues Wertpapier kauft, muss mit<br />
seinem neuen Investment 100 Prozent<br />
Gewinn erzielen, um seinen ursprünglichen<br />
Einsatz wie<strong>de</strong>r zu erreichen.<br />
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SteuerConsultant: Wie verhält es sich<br />
bei Auslandsanleihen, die gera<strong>de</strong> bei<br />
Schwellenlän<strong>de</strong>rn hohe Renditen versprechen?<br />
Dr. Errit Schlossberger: Anleihen sollten<br />
nur dann gekauft wer<strong>de</strong>n, wenn das<br />
Ausfallrisiko überschaubar ist. Hinweise<br />
darauf geben die Rating-Agenturen<br />
und die Spreads, also die Renditeunterschie<strong>de</strong><br />
zu Anleihen erstklassiger<br />
Schuldner wie <strong>de</strong>n USA o<strong>de</strong>r Deutschland.<br />
Je höher diese Spreads ausfallen,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>to riskanter das Investment.<br />
SteuerConsultant: Stichwort Dubai-<br />
Fonds – es ist schwer, objektive<br />
Kriterien für eine Risikoprüfung bei<br />
geschlossenen Immobilienfonds zu<br />
erhalten, gera<strong>de</strong> wenn dieser im Ausland<br />
investiert…<br />
Dr. Errit Schlossberger: Geschlossene<br />
Beteiligungen unterliegen in Deutschland<br />
<strong>de</strong>r Aufsicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>amts für<br />
Finanzdienstleistungen. Diese Prüfung<br />
ist jedoch, an<strong>de</strong>rs als zum Beispiel im<br />
Nachbarland Österreich, nur eine Vollständigkeitsprüfung.<br />
Es erfolgt keine<br />
inhaltliche Prüfung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anlagekonzepts,<br />
<strong>de</strong>r Verträge, <strong>de</strong>r Prognoserechnung und<br />
<strong>de</strong>r angeführten Risiken. Auch müssen<br />
die Prüfer keine Haftpflichtversicherung<br />
über das gesamte Emissionsvolumen<br />
abschließen. Eine Einschätzung <strong>de</strong>r<br />
tatsächlichen Risiken, wie es von einem<br />
Analysten erwartet wird, ist damit nicht<br />
verbun<strong>de</strong>n. Vor allem „Soft Facts“, wie<br />
die Erfahrung <strong><strong>de</strong>s</strong> Managements, wer<strong>de</strong>n<br />
gar nicht erst bewertet …<br />
SteuerConsultant: …was <strong>de</strong>r Privatanleger<br />
erst recht nicht kann…<br />
Dr. Errit Schlossberger: Geschlossene<br />
Immobilienfonds in Schwellenlän<strong>de</strong>rn<br />
sollten <strong>de</strong>n Profis vorbehalten bleiben.<br />
Wer <strong>de</strong>nnoch vom Immobiliensektor in<br />
Emerging Markets profitieren möchte,<br />
kann dies mit Aktien o<strong>de</strong>r Fonds aus diesem<br />
Sektor tun.<br />
gsabkommen zwischen Deutschland und<br />
<strong>de</strong>n Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)<br />
grundsätzlich unangetastet blieben.<br />
Dubai wird auch heute noch gerne als reiches<br />
Ölland bestaunt, das Träume von Superlativen<br />
verwirklicht – doch die Wirklichkeit<br />
sieht an<strong>de</strong>rs aus. Dubai ist eines von sieben<br />
Emiraten, die seit 1971 die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate (VAE) bil<strong>de</strong>n. Öl trägt nur<br />
fünf Prozent zum Bruttosozialprodukt bei,<br />
<strong>de</strong>n Rest teilen sich die Bauwirtschaft, die<br />
Finanz- und Dienstleistungsbranche. Vom<br />
Ölreichtum <strong>de</strong>r VAE profitiert vor allem das<br />
Emirat Abu Dhabi.<br />
Dubais Zukunftsprojekte profitieren<br />
von ausländischen Investoren<br />
Das Geld für die Zukunftsprojekte in Dubai<br />
hat seine Wurzeln im Ausland. Weitere<br />
Hochhäuser sind bereits geplant, warten auf<br />
Investorengel<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>n ersten Spatenstich,<br />
so lief das jahrelang. „Oftmals wur<strong>de</strong>n Projekte<br />
als sogenannte ‚Off Plan Properties’<br />
verkauft“, erklärt Bernhard Dames, Fachmann<br />
für geschlossene Immobilienfonds bei<br />
<strong>de</strong>r Berliner Ratingagentur Scope Analysis.<br />
Auf <strong>de</strong>utsch: Immobilien, die noch gar nicht<br />
existierten, wur<strong>de</strong>n mehrmals hintereinan<strong>de</strong>r<br />
gewinnbringend weiterverhökert, „Das<br />
funktioniert wie ein Schneeballsystem“, so<br />
Dames.<br />
Er und seine Kollegen von Feri haben sich vor<br />
Jahren aus <strong>de</strong>r Bewertung von Dubai-Fonds<br />
zurückgezogen, nach<strong>de</strong>m immer mehr neue<br />
– und im Immobilienmarkt unerfahrene –<br />
Fondsanbieter im Markt mitmischten. Dames:<br />
„Unter solchen Vorgaben verläuft je<strong>de</strong> vernünftige<br />
Einschätzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Chance-Risiko-<br />
Verhältnisses im San<strong>de</strong> ...“<br />
Die Berichterstattung in <strong>de</strong>n Medien ist zwischenzeitlich<br />
eher pessimistisch, nicht ohne<br />
Grund: Nach Erkenntnissen <strong>de</strong>r Beratungsgesellschaft<br />
Proleads aus Dubai liegen Bauvorhaben<br />
im Wert von 454 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
<strong>de</strong>rzeit auf Eis. Die genaue Summe kennt niemand,<br />
offizielle Seiten halten sich be<strong>de</strong>ckt.<br />
Zu<strong>de</strong>m hat Deutschland das Doppelbesteuerungsabkommen<br />
zum Jahresen<strong>de</strong> 2008 aufgekündigt.<br />
Die Renditeversprechungen <strong>de</strong>r<br />
Fondsinitiatoren waren plötzlich nicht mehr<br />
zu halten, <strong>de</strong>r Geldfluss stoppte.<br />
Die weltweite Finanzkrise belastete zusätzlich<br />
die Finanzmetropole auf <strong>de</strong>r arabischen<br />
Halbinsel, die „Immobilienblase Dubai“ war<br />
geplatzt und mit ihr die Rechenakrobatik von<br />
manchem geschlossenen Immobilienfondsprodukt.<br />
Schwachstellen treten ans Licht. Der „Dubai-<br />
1.000-Fonds“ gilt als jüngstes Para<strong>de</strong>beispiel:<br />
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die<br />
3_ 10 SteuerConsultant 31
KANZLEI & PERSÖNLICHES Finanzen<br />
Fondsbetreiber. Allerdings bietet auch je<strong>de</strong><br />
Krise Chancen. Das gilt für keine Region<br />
stärker als für die Schwellenlän<strong>de</strong>r. „Risikobewusste<br />
Anleger fin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit weltweit<br />
beste Investment-Chancen“, so <strong>de</strong>r Tenor<br />
von Anlageexperten auf <strong>de</strong>m Fachkongress<br />
„Fonds Professionell“ im Januar dieses Jahres<br />
in Mannheim.<br />
„Emerging Markets profitieren nicht nur von<br />
günstigen Bewertungen – auch die Gewinnerwartungen<br />
steigen“, resümiert James Syme,<br />
Fondsmanager bei <strong>de</strong>r Investmentgesellschaft<br />
Barings mit Sitz in London. Er betrachtet die<br />
Emerging Markets auf Zwölf-Monatssicht<br />
weiterhin als „sehr attraktiv.“<br />
Edouard Carmignac, Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> französischen Vermögensverwalters<br />
Carmignac Gestion aus Paris, spricht gar von<br />
einer „weltwirtschaftlichen Neuordnung“:<br />
„Die Analysten haben ihre Prognosen zu<br />
spät angehoben, sodass sich die Gewinnerwartungen<br />
als zu niedrig erweisen wer<strong>de</strong>n.<br />
Da sich die Konjunkturdaten aber bessern,<br />
gibt es unserer Ansicht nach noch Spielraum<br />
für positive Gewinnrevisionen.“<br />
IWF erwartet für Emerging Markets<br />
ein BIP-Plus von fünf Prozent<br />
Der Internationale Währungsfonds (IWF)<br />
rechnet in <strong>de</strong>n Schwellenlän<strong>de</strong>rn für 2009<br />
mit einem Anstieg <strong><strong>de</strong>s</strong> Bruttoinlandsprodukts<br />
(BIP) um gut 1,7 Prozent. Für 2010 liegen die<br />
Schätzungen bei 5,1 Prozent. Im Vergleich<br />
dazu hören sich die Konjunkturerwartungen<br />
für die entwickelten Län<strong>de</strong>r mit 1,3 Prozent<br />
im laufen<strong>de</strong>n Jahr beschei<strong>de</strong>n an.<br />
Andrew Cole, Fondsstratege bei Barings in<br />
London: „Die <strong>de</strong>rzeitige Erholung wird für<br />
ein recht or<strong>de</strong>ntliches, wenn auch im langfristigen<br />
Vergleich unterdurchschnittliches<br />
Weltwirtschaftswachstum sorgen.“ Doch: „Es<br />
wird län<strong>de</strong>rspezifische Unterschie<strong>de</strong> geben“,<br />
warnt Cole. Seine Prognose: Angesichts <strong>de</strong>r<br />
hohen Volatilität kommt es auf eine sorgfältige<br />
Auswahl <strong>de</strong>r Anlageklassen ebenso an<br />
wie auf <strong>de</strong>n richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt.<br />
Die größten Chancen für Anleger sehen die<br />
Barings-Analysten in Asien. Hier erwarten<br />
sie eine „V-förmige“ Erholung, ein schnelles<br />
Anziehen <strong>de</strong>r Konjunktur. In <strong>de</strong>n USA und<br />
in Kontinentaleuropa hingegen wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Konjunkturverlauf eher „U-förmig“ verlaufen.<br />
Das Wachstum bleibt <strong>de</strong>mnach noch<br />
eine gewisse Zeit schwach, bevor es zu einer<br />
echten Erholung kommt. Wenn das Wachstum<br />
wie<strong>de</strong>r anzieht, dürfte auch die private<br />
Nachfrage in Asien steigen. Beson<strong>de</strong>rs optimistisch<br />
ist man bei Barings für Taiwan,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Verhältnis zum chinesischen Fest-<br />
» Emerging Markets<br />
Anleger, die sich für exotische Märkte interessieren, sollten über<br />
das notwendige Fachwissen verfügen. Eine kurze Einführung.<br />
1. BRIC-Staaten. „BRIC“ steht für die Anfangsbuchstaben <strong>de</strong>r Staaten Brasilien, Russland,<br />
Indien und China. Die Wortneuschöpfung tauchte 2003 erstmalig auf wird<br />
Jim O´Neill, Chefvolkswirt von Goldman Sachs, zugeschrieben. Diese vier Staaten<br />
haben ein jährliches Wirtschaftswachstum zwischen fünf und zehn Prozent. Die<br />
BRIC-Staaten vereinen 40 Prozent <strong>de</strong>r Weltbevölkerung. Der Begriff BRICK-Staaten<br />
umfasst zusätzlich auch Südkorea.<br />
2. Emerging Markets bezeichnen die Finanzmärkte in <strong>de</strong>n Schwellenlän<strong>de</strong>rn. Die<br />
Re<strong>de</strong> ist von rund 40 Län<strong>de</strong>rn in Lateinamerika, Südostasien und Europa, die auf<br />
<strong>de</strong>m Sprung vom Entwicklungs- zum Industrieland sind.<br />
3. Schwellenlän<strong>de</strong>r ist ein Begriff <strong>de</strong>r auf Län<strong>de</strong>r angewandt wird, die nicht mehr zu<br />
<strong>de</strong>n Entwicklungslän<strong>de</strong>rn zählen, aber auch noch nicht zu <strong>de</strong>n reichen Industrienationen.<br />
Sie weisen meist sehr hohe Wachstumsraten auf. Dadurch ergeben sich<br />
für Anleger gute Chancen, aber auch hohe Risiken. Häufig wird <strong>de</strong>r Begriff Schwellenlän<strong>de</strong>r<br />
als synonym für Emerging Markets verwen<strong>de</strong>t.<br />
land sich entspannt hat. Die Fondsmanager<br />
rechnen damit, dass viel Kapital in <strong>de</strong>n taiwanesischen<br />
Aktienmarkt zurückfließt. Für<br />
Fondsmanager Sreejith Banerji von Vontobel<br />
Asset Management mit Sitz in Zürich steht<br />
Indien im Vor<strong>de</strong>rgrund: „Die indische Bevölkerung<br />
ist weit jünger als die chinesische und<br />
im Gegensatz zum großen Nachbarn China<br />
wird die Regierung die gesamte Infrastruktur<br />
komplett und mit großer Energie mo<strong>de</strong>rnisieren.“<br />
Da in Indien zu<strong>de</strong>m in mehreren Wahlen<br />
kommunistische Bewegungen zurückgedrängt<br />
wur<strong>de</strong>n, sei <strong>de</strong>r Weg nun frei für eine<br />
Privatisierung <strong>de</strong>r staatlichen Industrie.<br />
Der unangefochtene Champion sowohl für<br />
Investoren als auch für Fondsmanager bleibt<br />
aber China. Dabei darf aber nicht übersehen<br />
wer<strong>de</strong>n, dass sich das Wirtschaftswun<strong>de</strong>r<br />
im Reich <strong>de</strong>r Mitte gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Ballungszentren<br />
und entlang <strong>de</strong>r Küste abspielt, das<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>innere verharrt auf <strong>de</strong>m Niveau eines<br />
Entwicklungslands mit beschei<strong>de</strong>nem Pro-<br />
Kopf-Einkommen.<br />
Stephen King, Chefvolkswirt von HSBC am<br />
Hauptsitz <strong>de</strong>r Bank in London, blickt hingegen<br />
nach Russland. „Der Schwerpunkt <strong>de</strong>r<br />
Weltwirtschaft verlagert sich zusehends<br />
Richtung Osten. Die Emerging Markets jagen<br />
von einem Erfolg zum nächsten und treiben<br />
damit wahrscheinlich sogar die weltweite<br />
Konjunkturerholung voran.“<br />
Die Län<strong>de</strong>rallokation spielt bei <strong>de</strong>r Investmentgesellschaft<br />
Barings eine wichtige<br />
Rolle. Und so konzentriert sich <strong>de</strong>r Fonds<br />
auf Län<strong>de</strong>r mit stabilen Fundamentaldaten,<br />
Leistungsbilanzüberschüssen und guten<br />
Staatsfinanzen. „Aufgrund dieser Kriterien<br />
sind zentraleuropäische Län<strong>de</strong>r wie Polen,<br />
Ungarn und Tschechien nicht im Portfolio<br />
vertreten“, erklärt Barings. Grund: Das wirtschaftliche<br />
Wachstum in diesen Län<strong>de</strong>rn war<br />
in <strong>de</strong>n fünf Jahren vor <strong>de</strong>m Abschwung nicht<br />
stabil genug.<br />
Schwäche auf russischem Markt<br />
als Kaufgelegenheit genutzt<br />
In Osteuropa steht Russland auf <strong>de</strong>r Kaufposition<br />
<strong>de</strong>r Fondsgesellschaft. Im Gegensatz<br />
zu vielen Wettbewerber hat Barings-Fondsmanager<br />
James Syme die Marktschwäche als<br />
Kaufgelegenheit betrachtet und damit sein<br />
Russland-Portfolio im kommen<strong>de</strong>n Jahr weiter<br />
erhöht. Nach seiner Ansicht könnte das<br />
russische BIP wie<strong>de</strong>r auf jährliche fünf bis<br />
sechs Prozent steigen – vergleichbar mit <strong>de</strong>n<br />
Jahren 1998 bis 2007. „Eine positive Überraschung<br />
für <strong>de</strong>n Markt“, fin<strong>de</strong>t Syme.<br />
Im Quartett <strong>de</strong>r größten Schwellenlän<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Welt – Brasilien, Russland, Indien, China,<br />
(BRIC) – spielt Brasilien, <strong>de</strong>rzeit achtgrößte<br />
Volkswirtschaft <strong>de</strong>r Welt, eine beson<strong>de</strong>re<br />
Rolle. In <strong>de</strong>n vergangenen zwölf Monaten<br />
gewann <strong>de</strong>r Börsenin<strong>de</strong>x Bovespa 48 Prozent<br />
an Wert hinzu. Staatspräsi<strong>de</strong>nt Luiz Inácio<br />
Lula da Silva sorgt für politische Stabilität und<br />
<strong>de</strong>r Rohstoffboom <strong>de</strong>r vergangenen Jahre für<br />
32 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
hohe Kapitalzuflüsse. Die Auslandsschul<strong>de</strong>n<br />
wur<strong>de</strong>n abgebaut und die jährliche Inflation<br />
auf 4,4 Prozent gesenkt – für Brasilien ein<br />
historisch niedriger Wert. Das Wirtschaftswachstum<br />
in diesem Jahr soll zwischen drei<br />
und fünf Prozent liegen.<br />
Eine Gefahr für Brasilien sehen Analysten in<br />
<strong>de</strong>r festen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>währung – diese belastet<br />
das Exportgeschäft. „Der Real wird seinen<br />
Aufwärtstrend fortsetzen. Bewertungsfragen<br />
spielen wirklich keine Rolle“, schätzt Paulo<br />
Leme, Volkswirt bei Goldman Sachs in Frankfurt<br />
am Main. James Syme, Barings-Fondsmanager<br />
aus London, weist auf die anstehen<strong>de</strong><br />
Präsi<strong>de</strong>ntschaftswahlen im Oktober 2010 hin,<br />
was zu einer hohen Volatilität auf Brasiliens<br />
Finanzmarkt führen könnte.<br />
Symes Kollege und Geschäftsführer von<br />
Barings, Oliver Morath, ergänzt: „Zusammenfassend<br />
sind wir <strong>de</strong>r Auffassung, dass<br />
es Raum für weitere Kurssteigerungen in <strong>de</strong>n<br />
Emerging Markets geben wird und sich die<br />
entwickelten Märkte auch 2010 gut entwickeln<br />
wer<strong>de</strong>n. Für alle diejenigen unter uns,<br />
die <strong>de</strong>n Einstieg noch nicht gewagt haben: Es<br />
ist noch nicht zu spät!“<br />
In Schwellenlän<strong>de</strong>rn breit aufstellen<br />
und Investitionssumme begrenzen<br />
Wer als Privatanleger in Schwellenlän<strong>de</strong>r investieren<br />
will tut gut daran, breit aufgestellt<br />
zu sein und die Investitionssumme zu begrenzen.<br />
„Maximal zehn Prozent <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten<br />
Anlagevermögens in Schwellenlän<strong>de</strong>rn<br />
investieren – das reicht vollkommen aus“,<br />
erläutert Dr. Errit Schlossberger, Geschäftsführer<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Finanz- und Vergleichsportals<br />
FinanceScout24 aus München. Zu<strong>de</strong>m sollte<br />
auf unterschiedliche Assetklassen gesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n (siehe Interview Seite 31).<br />
Eine gute Streuung erreichen Anleger in<br />
<strong>de</strong>r Regel über Fondsprodukte, die an <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nen Börsen <strong>de</strong>r Schwellenlän<strong>de</strong>r<br />
investiert sind. Mit Wertsteigerungen um 105<br />
Prozent in <strong>de</strong>n vergangenen fünf Jahren überzeugend<br />
waren beispielsweise folgen<strong>de</strong>:<br />
1. Baring Global Emerging Markets Fund<br />
(ISIN: IE0004850503)<br />
2. Comgest Growth Emerging Markets Cap.<br />
(ISIN: IE0033535182)<br />
3. JPM Emerging Markets Equity A (ISIN:<br />
LU0053685615).<br />
Zwischenzeitlich gibt es auch börsengehan<strong>de</strong>lte<br />
Fondsprodukte, sogenannte Exchange<br />
Tra<strong>de</strong>d Funds, mit Anlageschwerpunkt<br />
Emerging Markets. Wer als Anleger etwa auf<br />
steigen<strong>de</strong> Kurse in Brasilien setzen will, kann<br />
über <strong>de</strong>n ETF Lyxor Brazil einsteigen, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Aktienin<strong>de</strong>x IBovespa (ISIN: FR0010408799)<br />
zugrun<strong>de</strong> liegt. Eine langfristige Strategie in<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
China lässt sich via ETF db x-trackers FTSE/<br />
Xinhua China 25 von <strong>de</strong>r Emittentin Deutsche<br />
Bank verfolgen (ISIN: LU0292109856).<br />
Wer schließlich nach <strong>de</strong>n Turbulenzen um<br />
die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands auf<br />
steigen<strong>de</strong> Aktienkurse in Athen setzen will,<br />
wird mit <strong>de</strong>m ETF Lyxor MSCI Greece fündig<br />
(ISIN: FR0010405431).<br />
Schlossberger von FinanceScout24 warnt:<br />
„Ganz allgemein sollten Anleger aber be<strong>de</strong>nken,<br />
dass die Märkte <strong>de</strong>r Schwellenlän<strong>de</strong>r<br />
häufig in ‚Sippenhaft’ genommen wer<strong>de</strong>n:<br />
Gerät ein einzelnes Land in Zahlungsschwierigkeiten,<br />
fallen oft auch Anleihen- und Aktienkurse<br />
in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn, obwohl dort gar<br />
keine Probleme bekannt sind.“<br />
Unter<strong><strong>de</strong>s</strong>sen geht <strong>de</strong>r Vertrieb von Dubai-<br />
Immobilienfonds weiter. Fondsanbieter reizen<br />
mit hohen Renditeversprechungen, ungeachtet<br />
<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung im neuen Doppelbesteuerungsabkommen<br />
zwischen Deutschland und<br />
<strong>de</strong>n VAE, weg von <strong>de</strong>r Freistellungs- hin zur<br />
Anrechnungsmetho<strong>de</strong>. Dennoch heißt es<br />
noch in <strong>de</strong>r Pressemitteilung eines Fonds-<br />
Vertriebspartners aus <strong>de</strong>m Jahr 2009: „Bis<br />
En<strong>de</strong> 2011, also in nur zirka drei Jahren, sollen<br />
durch <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l und Vermietung mit<br />
Immobilien für die Anleger bis zu 140 Prozent<br />
Ausschüttungen erwirtschaftet wer<strong>de</strong>n.“<br />
Selbst für Dubai-Fürsprecher war dies damals<br />
gewagt. Die Internet-Seite <strong><strong>de</strong>s</strong> Fondsanbieters<br />
ist mittlerweile verwaist, die Inhalte nicht<br />
mehr verfügbar.<br />
In <strong>de</strong>n Pressemitteilungen einschlägiger Fondsinitiatoren<br />
ist die Re<strong>de</strong> von „prognostizierten<br />
jährlichen Gewinnausschüttungen, die bei<br />
15 Prozent liegen sollen“. Renditezahlungen<br />
seien zeitnah vorgesehen. Die Re<strong>de</strong> ist von<br />
„vorverhan<strong>de</strong>lten Investmentmöglichkeiten.“<br />
Auf <strong>de</strong>m Entrée <strong>de</strong>r Internet-Seite eines Fondsanbieters<br />
heißt es auch heute noch: „Dubai –<br />
Hier wer<strong>de</strong>n Visionen zur Realität.“<br />
Wer heute in Dubai-Immobilienfonds investiert,<br />
sollte die Realität zulasten <strong>de</strong>r Visionen<br />
übergewichten, auch wenn <strong>de</strong>r Preisverfall<br />
mit Schnäppchen lockt. Fondsanalyst Bernhard<br />
Dames von Scope Analysis: „Anleger<br />
sollten sich genauestens über das Fondsprodukt,<br />
und vor allem über seinen Initiator<br />
informieren.“ Dames weist darauf hin, dass<br />
von <strong>de</strong>n großen etablierten Fondsgesellschaften<br />
kaum einer im Bereich Dubai-Fonds<br />
tätig ist. „Doch gera<strong>de</strong> bei kleineren Fondsanbietern,<br />
die ihr erstes Immobilienprojekt<br />
begleiten, ist Skepsis angezeigt“, warnt <strong>de</strong>r<br />
Scope-Analyst.<br />
Rechtsanwalt Jörg Seifert von Al Sharif Advocates<br />
& Legal Consultants aus Dubai rät:<br />
„Investoren sollten sich auf bereits bestehen<strong>de</strong><br />
Objekte konzentrieren, die nicht mehr im<br />
Bau begriffen sind.“ Auch für geschlossene<br />
Dubai-Immobilienfonds hat er einen Rat<br />
parat: „Anleger sollte sich <strong>de</strong>n Fonds gut aussuchen<br />
und sich von <strong>de</strong>n Initiatoren ein Wirtschaftsprüfer-Prospektgutachten<br />
nach <strong>de</strong>m<br />
Standard <strong><strong>de</strong>s</strong> Instituts <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer<br />
vorlegen lassen.“ Der Investor muss sich im<br />
Klaren darüber sein, dass er auch heute noch<br />
bei vielen Immobilienprojekten <strong>de</strong> facto auf<br />
Baupläne setzt. Die Endabrechnung kommt<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Laufzeit, wenn überhaupt.<br />
Dubai 1.000 – eine Baugrube,<br />
1.000 erzürnte Anleger<br />
Das wissen heute auch die Anleger <strong><strong>de</strong>s</strong> Hotelfonds<br />
„Dubai 1.000“: Sie investierten zwischen<br />
2005 und 2006 gut 24 Millionen Euro<br />
in Immobilienprojekte in Dubai. Prognostiziert<br />
wur<strong>de</strong> eine Rendite von 9,8 Prozent<br />
pro Jahr. Die Bilanz nach vier Jahren: Eine<br />
Baugrube und 1.000 erzürnte Anleger. Was<br />
können betrogene Investoren tun? „Wir raten<br />
allen Anlegern, sich schnellstmöglich von<br />
einem auf Kapitalanlagerecht spezialisierten<br />
Rechtsanwalt vertreten zu lassen“, empfiehlt<br />
Claudia Lun<strong>de</strong>rstedt-Georgi, Geschäftsführerin<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Deutschen Verbraucherschutzrings<br />
(DVS) in Erfurt.<br />
Die Behör<strong>de</strong>n im Wüstenemirat haben reagiert:<br />
Investoren können sich nun auf <strong>de</strong>r<br />
Internet-Seite <strong>de</strong>r staatlichen Immobilien-<br />
Aufsichtsbehör<strong>de</strong> Dubais über <strong>de</strong>n Baustatus<br />
„ihrer“ Immobilien informieren (www.rpdubai.ae).<br />
Auch sollen Bauträger künftig keine<br />
Immobilien mehr veräußern dürfen, bis sie<br />
das Bauland nicht zu 100 Prozent erworben<br />
haben o<strong>de</strong>r über 20 Prozent Eigenmittel für<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Bau verfügen.<br />
Was wird aus <strong>de</strong>m Nakheel Tower? Der<br />
1.000-Meter-Turm soll trotz Baustopp, wie<br />
geplant, im Jahre 2020 stehen, erklärt die<br />
Immobiliengruppe Nakheel. Dann soll <strong>de</strong>r<br />
höchste Turm <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r neue Stolz Dubais<br />
sein. Allein das Geld fehlt. Derzeit.<br />
Manfred Ries<br />
ist ausgebil<strong>de</strong>ter<br />
Bankkaufmann und<br />
Finanzjournalist.<br />
Als fester freier Mit -<br />
arbeiter <strong><strong>de</strong>s</strong> Steuer-<br />
Consultant schreibt<br />
<strong>de</strong>r Autor schwerpunktmäßig<br />
über<br />
die Bereiche private Geldanlage und Mittelstandsfinanzierung.<br />
E-Mail: manfred.ries@haufe.<strong>de</strong><br />
3_ 10 SteuerConsultant 33
KANZLEI & PERSÖNLICHES Unternehmensberatung<br />
Geschäftskonten<br />
Alternativen nutzen<br />
Erheblich gelitten hat <strong>de</strong>r Ruf und das Ansehen <strong>de</strong>r Banken in <strong>de</strong>n letzten Monaten, insbeson<strong>de</strong>re wegen <strong>de</strong>r<br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r Finanzkrise. Doch trotz aller Unzufrie<strong>de</strong>nheit scheuen sich viele Unternehmer, Konsequenzen<br />
zu ziehen und sich eine neue Bank zu suchen. Die Grün<strong>de</strong> sind unterschiedlich.<br />
Franz Fehrenbach hat eigentlich keinen<br />
Hang zu dramatischen Auftritten. Doch was<br />
<strong>de</strong>r Vorstandschef <strong><strong>de</strong>s</strong> Automobilzulieferers<br />
Bosch En<strong>de</strong> Januar <strong>de</strong>r verdutzten Öffentlichkeit<br />
verkün<strong>de</strong>te, war harter Tobak. „Ist eine<br />
Bank <strong>de</strong>r Meinung, die Finanzierung von Boni<br />
sei Unternehmenszweck, dann machen wir<br />
mit ihr keine Geschäfte mehr“, verkün<strong>de</strong>te<br />
er und for<strong>de</strong>rte indirekt an<strong>de</strong>re Unternehmen<br />
auf, es ihm gleichzutun. Sprach’s und<br />
kündigte nach Presseangaben postwen<strong>de</strong>nd<br />
sämtliche Geschäftsbeziehungen mit einem<br />
beson<strong>de</strong>rs Boni-freudigen Geldinstitut. Nur<br />
Effekthascherei? Die symbolische Wirkung<br />
ist je<strong>de</strong>nfalls enorm. Denn es zeigt, dass<br />
Unternehmer und Freiberufler <strong>de</strong>m Gehabe<br />
<strong>de</strong>r Banken nicht machtlos ausgeliefert sind,<br />
wenn sie <strong>de</strong>nn wollen.<br />
Viele Unternehmen und Freiberufler kochen<br />
vor Wut und Enttäuschung, wenn sie daran<br />
<strong>de</strong>nken, dass die Banken aus <strong>de</strong>n Verfehlungen<br />
<strong>de</strong>r letzten Jahre nichts gelernt haben.<br />
Nicht nur, dass einige Beinahe-Pleitebanken<br />
wie<strong>de</strong>r ungeniert Boni zahlen. Ärger bereitet<br />
auch, dass viele Unternehmen Kredite nur<br />
noch zu höheren Konditionen o<strong>de</strong>r gleich gar<br />
nicht mehr bekommen. Erhöht haben viele<br />
Banken und Sparkassen auch die Zinsen für<br />
Überziehungskredite und Gebühren. Erst<br />
jüngst kritisierte <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verband <strong>de</strong>r<br />
Verbraucherzentralen die überhöhten Gebühren<br />
für das Geldabheben an verbundfrem<strong>de</strong>n<br />
Automaten als „kollektiven Wucher“.<br />
Grund für einen Bankenwechsel gäbe es<br />
also genug.<br />
Viele Unternehmer können sich<br />
nicht zum Wechsel durchringen<br />
In <strong>de</strong>r Praxis allerdings tun sich viele Unternehmer<br />
und Freiberufler schwer, eine einmal<br />
bestehen<strong>de</strong> Bankverbindung zu kündigen.<br />
Eine Untersuchung auf <strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r<br />
Krise, 2008, lies noch an<strong>de</strong>res vermuten. Die<br />
West<strong>de</strong>utsche Genossenschafts-Zentralbank<br />
aus Düsseldorf kam in einer vom Nürnberger<br />
Marktforschungsinstitut GfK vorgenommenen<br />
repräsentativen Befragung zu <strong>de</strong>m<br />
Ergebnis, dass die <strong>de</strong>utschen Großbanken<br />
nicht nur viel Geld, son<strong>de</strong>rn auch ihr Image<br />
verloren hatten.<br />
Gut ein Viertel <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>bürger hatte<br />
damals Zweifel, ob Banken, die sich an <strong>de</strong>n<br />
Kredit- und Immobilienmärkte verzocken,<br />
auch in an<strong>de</strong>ren Geschäftsfel<strong>de</strong>rn professio-<br />
» Checkliste<br />
Sechs Ratschläge Tipps für<br />
<strong>de</strong>n Wechsel <strong><strong>de</strong>s</strong> Girokontos<br />
1. Höhe <strong>de</strong>r Guthabenverzinsung: Normalerweise<br />
haben Girokonten keine Guthabenverzinsung.<br />
Einige Banken bieten <strong>de</strong>rzeit aber<br />
zwischen 0,5 und 1,5 Prozent an.<br />
2. Höhe <strong>de</strong>r Überziehungszinsen: Die Sollzinsen<br />
sind sehr variabel und liegen meist zwischen<br />
elf und 17 Prozent<br />
3. Kosten für die Überweisungen (online /<br />
Beleghaft): Hier lohnt es sich, die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Buchungen im Monat abzuschätzen, um<br />
kostenlose Konten mit Transaktionsgebühren<br />
und solche mit festen Kontoführungsgebühren<br />
vergleichen zu können.<br />
4. Zahl <strong>de</strong>r Geldautomaten: Wichtig, wenn Sie<br />
viel unterwegs sind und Zugriff auf das Konto<br />
haben müssen.<br />
5. Ausstellung von Zweitkarten: Wenn Mitarbeiter<br />
o<strong>de</strong>r Partner Zugriff auf das Konto<br />
o<strong>de</strong>r die Kontoauszüge haben sollen, sollten<br />
kostenlose Zweitkarten ohne großen Aufwand<br />
ausgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
6. Zusätzliche Leistungen: Dazu zählen kostenlose<br />
Kreditkarten, Tagesgeldkonten für Rücklagen<br />
o<strong>de</strong>r Treuhän<strong>de</strong>rkonten.<br />
nell arbeiten können. Die Volks- und Raiffeisenbanken<br />
schnitten da noch verhältnismäßig<br />
gut ab. Konsequenzen zogen aber we<strong>de</strong>r<br />
die Verbraucher noch die Firmenkun<strong>de</strong>n. Bei<br />
Letzteren dürfte das auch daran liegen, dass<br />
sich Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />
34 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
in <strong>de</strong>r Krise als relativ verlässliche Partner<br />
gezeigt haben. Die wenigsten dieser Institute<br />
beteiligten sich am „Kreditroulette“. Hinzu<br />
kommt das traditionell enge Verhältnis von<br />
Unternehmern zu diesen Banken.<br />
Marktanteil <strong>de</strong>r Sparkassen im<br />
Kreditgeschäft liegt bei 43 Prozent<br />
Der Marktanteil <strong>de</strong>r Sparkassen-Finanzgruppe<br />
liegt im Kreditgeschäft mit Unternehmen und<br />
Selbstständigen bei rund 43 Prozent. Die Großbanken<br />
vergeben 16 Prozent, die Genossenschaftsbanken<br />
rund 14 Prozent <strong>de</strong>r Kredite.<br />
Bei kleineren Unternehmen dürfte <strong>de</strong>r Anteil<br />
<strong>de</strong>r Genossenschaftsbanken und Sparkassen<br />
zulasten <strong>de</strong>r Privatbanken noch größer sein.<br />
Immerhin stellt sich bei <strong>de</strong>n Banken eine<br />
gewisse Einsicht ein. Das Vertrauen <strong>de</strong>r Kun-<br />
<strong>de</strong>n habe in <strong>de</strong>r Krise <strong>de</strong>utlich gelitten, stellt<br />
Jan Schildbach, Analyst bei <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Bank Research aus Frankfurt am Main, in<br />
seinem Bericht „Globale Bankentrends nach<br />
<strong>de</strong>r Krise“ fest. Kurzfristig dürfte <strong>de</strong>r Reputationsverlust<br />
für die Banken keine allzu<br />
schmerzlichen Folgen haben, so seine Einschätzung,<br />
<strong>de</strong>nn die Kun<strong>de</strong>n sind offenbar<br />
zu bequem, sich eine neue Bank zu suchen.<br />
Folge: Die „Flucht“ <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n hält sich in<br />
Grenzen. We<strong>de</strong>r verloren die Privatbanken<br />
in <strong>de</strong>r Krise massiv Firmenkun<strong>de</strong>n noch verzeichneten<br />
Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />
einen Ansturm.<br />
Vereinzelt stellten vor allem Sparkassen<br />
und Genossenschaftsbanken einen leichten<br />
Zuwachs an Firmenkun<strong>de</strong>n fest. Bankenanalyst<br />
Schildbach sieht die negativen Auswir-<br />
kungen für die Banken erst auf längere Sicht.<br />
So dürften seiner Ansicht nach die Lobbyisten<br />
in Berlin und Brüssel weit weniger Gehör fin<strong>de</strong>n<br />
als vor <strong>de</strong>r Krise. Zu<strong>de</strong>m sehen viele gute<br />
Leute die Banken nicht mehr unbedingt als<br />
attraktiven Arbeitsplatz.<br />
Verstärkte Regulierung schränkt<br />
Spielraum <strong>de</strong>r Banken ein<br />
Bei<strong><strong>de</strong>s</strong> hat Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Mittelstand.<br />
Zum einen, weil eine verstärkte Regulierung<br />
<strong>de</strong>n Spielraum <strong>de</strong>r Banken auch im Umgang<br />
mit <strong>de</strong>n Unternehmenskun<strong>de</strong>n einschränken<br />
wird. Zum an<strong>de</strong>ren, weil die Qualität <strong>de</strong>r<br />
Betreuung und Beratung sinken wird.<br />
Letzteres ist heute schon leidvolle Realität.<br />
Mittelständische Unternehmen fühlen sich<br />
von ihren Banken schlecht beraten, stellte<br />
Die Banken haben<br />
<strong>de</strong>rzeit kein gutes<br />
Ansehen bei <strong>de</strong>n<br />
Unternehmern. Dennoch<br />
haben nur wenige<br />
die Konsequenzen<br />
gezogen und sich für<br />
ein an<strong>de</strong>res Kreditinstitut<br />
entschie<strong>de</strong>n.<br />
3_ 10 SteuerConsultant 35
KANZLEI & PERSÖNLICHES Unternehmensberatung<br />
eine aktuelle Studie <strong><strong>de</strong>s</strong> Deutschen Instituts<br />
für Servicequalität (DISQ) aus Hamburg<br />
fest.<br />
An Fachkompetenz <strong>de</strong>r Berater, so die Ergebnisse<br />
<strong>de</strong>r Studie, mangelt es beson<strong>de</strong>rs bei<br />
<strong>de</strong>n wichtigen Themen Existenzgründung,<br />
Finanzierung von Investitionsvorhaben und<br />
Altersvorsorge. Die Commerzbank bot dabei<br />
offensichtlich noch das beste Bild. Sie wur<strong>de</strong><br />
zum Sieger gekürt, da Service und das Fachwissen<br />
im Bereich Finanzierung laut DISQ<br />
überzeugten. Die Deutsche Bank kam auf<br />
Rang zwei, die Hamburger Sparkasse wur<strong>de</strong><br />
Dritter.<br />
Für mittelständische Unternehmer mit einem<br />
großen Finanzierungs- und Beratungsbedarf<br />
mag dieses Ergebnis eine Orientierung sein.<br />
Freiberufler und kleine Selbstständige bringt<br />
ein solcher Test kaum weiter.<br />
Kostengünstiges Girokonto<br />
für Freiberufler ein Problem<br />
Sie haben oft schon Probleme, ein kostengünstiges<br />
Girokonto zu bekommen. Zum Beispiel<br />
zickt <strong>de</strong>r Testsieger, die Commerzbank,<br />
wenn Freiberufler bei ihr ein privates Girokonto<br />
eröffnen wollen. Was je<strong>de</strong>r Angestellte<br />
SteuerConsultant: Hat sich durch die Krise<br />
<strong>de</strong>r Umgang <strong>de</strong>r Banken mit selbstständigen<br />
Unternehmern verän<strong>de</strong>rt?<br />
Günther Hieber: Die Gangart ist wesentlich<br />
härter gewor<strong>de</strong>n. Das liegt aber nicht<br />
nur an <strong>de</strong>n Banken, son<strong>de</strong>rn hauptsächlich<br />
daran, dass diesen von <strong>de</strong>r Aufsichtsbehör<strong>de</strong><br />
strengere Vorschriften gemacht wer<strong>de</strong>n, was<br />
die Kreditvergabe anbelangt.<br />
SteuerConsultant: Bei welchen Banken<br />
sind Selbstständige Ihrer Meinung nach<br />
am besten aufgehoben?<br />
Günther Hieber: Ich kann generell sagen,<br />
Genossenschaftsbanken und Sparkassen sind<br />
sofort kostenlos bekommt, bleibt Selbstständigen<br />
verwehrt. Die Alternative ist das Aktiv-<br />
Konto für 5,90 Euro pro Monat – Buchungen<br />
kosten extra.<br />
Die Commerzbank ist kein Einzelfall – ob<br />
private Geschäftsbanken, Sparkassen o<strong>de</strong>r<br />
Genossenschaftsinstitute: Alle unterschei<strong>de</strong>n<br />
zwischen privaten Angestellten und Selbstständigen<br />
beziehungsweise Freiberuflern.<br />
Ein Vergleich <strong>de</strong>r Konditionen lohnt sich allemal.<br />
Für ein Firmenkonto kommen im Jahr<br />
schnell zwischen 100 und 300 Euro Gebühren<br />
für die Kontoführung, Kreditkarten, Kontoauszüge<br />
und Überweisungen zusammen.<br />
Neben <strong>de</strong>n Kontoführungsgebühren zahlt <strong>de</strong>r<br />
Firmenkun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Regel für je<strong>de</strong> Kontobewegung<br />
extra.<br />
Auf <strong>de</strong>r Suche nach kostenlosen Firmenkonten<br />
wer<strong>de</strong>n Selbstständige nur bei wenigen<br />
Internet-Banken fündig. Dazu gehören zum<br />
Beispiel die Münchner DAB, die Berliner DKB<br />
Bank, die Deutsche Skatbank aus Altenburg<br />
in Thüringen o<strong>de</strong>r die Hamburger Netbank.<br />
Der Knackpunkt: Viele dieser Konten sind<br />
an Bedingungen geknüpft. So kommen bei<br />
<strong>de</strong>r DKB Bank nur bestimmte Freiberufler<br />
wie Steuerberater, Ärzte o<strong>de</strong>r Anwälte in <strong>de</strong>n<br />
Interview<br />
„Liquidität wird das A und O<br />
<strong>de</strong>r nächsten 18 Monate sein“<br />
Eine härtere Gangart zwischen Banken und Unternehmern hat RA/FAStR Günther<br />
Hieber, seit Februar 2008 Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verbands <strong>de</strong>r Selbständigen, in <strong>de</strong>r<br />
Finanzkrise beobachtet. Hieber hat seine Kanzlei in Kernen (Ba<strong>de</strong>n-Württemberg).<br />
immer noch diejenigen, die auf die kleineren<br />
und mittleren Betriebe wesentlich eher eingehen<br />
als die Großbanken. Wir können feststellen,<br />
dass mehr als die Hälfte <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r<br />
im Bund <strong>de</strong>r Selbständigen bei <strong>de</strong>n Volks- und<br />
Raiffeisenbanken sind. Fast 40 Prozent sind bei<br />
<strong>de</strong>r Sparkassen-Gruppe. Bei <strong>de</strong>n Großbanken<br />
sind gera<strong>de</strong> einmal rund sechs Prozent.<br />
SteuerConsultant: Unter welchen<br />
Umstän<strong>de</strong>n sollen Unternehmen die Bank<br />
wechseln?<br />
Günther Hieber: Generell lässt sich sagen:<br />
Wenn das Vertrauen in die Bank fehlt. Aber:<br />
Wenn die Banken überall die Finger drin-<br />
Genuss eines kostenlosen Firmenkontos. Bei<br />
<strong>de</strong>r Skatbank, einer Zweignie<strong>de</strong>rlassung <strong>de</strong>r<br />
thüringischen Volksbank Altenburger Land<br />
aus Schmölln, sind es generell alle Freiberufler,<br />
die unter <strong>de</strong>n § 18 Abs. 1 <strong><strong>de</strong>s</strong> Einkommenssteuergesetzes<br />
fallen.<br />
Auf Zusatzgebühren für<br />
Buchungen per Beleg achten<br />
Achten sollten Unternehmer auf die Zusatzgebühren<br />
für Buchungen, die per Beleg eingereicht<br />
wer<strong>de</strong>n. Ein wirklich günstiges Konto<br />
bietet alle Kontotransaktionen kostenlos an.<br />
Zu<strong>de</strong>m sollten an<strong>de</strong>re – leiten<strong>de</strong> - Angestellte<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Betriebs Karten für die Kontoauszugsdrucker<br />
o<strong>de</strong>r zusätzliche Kreditkarten,<br />
etwa für weitere Geschäftsführer o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Außendienst, möglichst kostenlos erhalten.<br />
Ganz ohne Eigennutz machen die Banken das<br />
natürlich nicht. Sie setzen auf <strong>de</strong>n Verkauf<br />
von zusätzlichen Produkten.<br />
Die DKB Bank schreibt auf <strong>de</strong>r Internet-Seite<br />
ganz offen, dass Freiberufler die Möglichkeit<br />
haben, die „Angebote für die reibungslose<br />
Abwicklung Ihres Geschäftsbetriebs und die<br />
Vermögensanlage zu nutzen“. So sollen die<br />
Kun<strong>de</strong>n „Investitionsvorhaben, wie zum Bei-<br />
RA/FAStR Günther<br />
Hieber, Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verbands <strong>de</strong>r<br />
Selbständigen<br />
haben, kommen Sie gar nicht so leicht raus.<br />
Denken Sie nur an die Vorfälligkeitsentschädigungen<br />
bei Krediten. Diese Frage ist also<br />
ziemlich theoretisch. Sie können oft gar nicht<br />
wechseln.<br />
Außer<strong>de</strong>m ist es auch oft gar nicht ratsam.<br />
Wenn Sie bei Ihrer Bank noch eine Kreditlinie<br />
haben, die nicht gekürzt wur<strong>de</strong>, sollten Sie<br />
einen Wechsel tunlichst vermei<strong>de</strong>n. Die neue<br />
Bank wird Ihnen diese Linie vielleicht nicht<br />
gewähren. Als Kreditnehmer halten Sie lieber<br />
mal die Füße still, knirschen mit <strong>de</strong>n Zähnen<br />
und hoffen, dass Ihnen die Linie bleibt. Denn<br />
Liquidität wird das A und O <strong>de</strong>r nächsten 18<br />
Monate sein.<br />
36 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
spiel eine Mandantenstammfinanzierung,<br />
realisieren“. Um nicht von Versicherungs-<br />
und Kreditangeboten überhäuft zu wer<strong>de</strong>n,<br />
sollten Unternehmer bei <strong>de</strong>r Kontoeröffnung<br />
unmissverständlich klarmachen,<br />
dass es nur um ein Girokonto geht. Das<br />
gilt insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>n Filialbanken. In<br />
diesen en<strong>de</strong>n die meisten Erstgespräche<br />
mit <strong>de</strong>r Frage: „Wie steht es sonst um Ihre<br />
Finanzen und Versicherungen?“<br />
Manche Freiberufler schaffen es, ihr Firmenkonto<br />
als Privatkonto bei <strong>de</strong>r Bank<br />
durchzubekommen. Ratsam ist das nicht<br />
immer. Gera<strong>de</strong> bei Freiberuflern ist eine<br />
getrennte Kontoführung sinnvoll, um<br />
<strong>de</strong>n Überblick über die Finanzen nicht<br />
zu verlieren. Ein zusätzliches Tagesgeldkonto<br />
auf <strong>de</strong>m monatlich die Zahlungen<br />
für die Umsatz- und Einkommenssteuer<br />
überwiesen wer<strong>de</strong>n, verhin<strong>de</strong>rt einen<br />
Kardinalfehler, <strong>de</strong>n viele Selbstständige<br />
begehen: Sie freuen sich über die hohen<br />
Summen auf ihrem Konto und vergessen,<br />
dass ein Großteil davon <strong>de</strong>m Staat gehört.<br />
Unverzichtbar ist die Trennung, wenn<br />
mehrere Personen Zugriff auf das Konto<br />
haben sollen. Dann geht an einem eigenen<br />
Geschäftskonto kein Weg mehr vorbei.<br />
Häufig lässt sich das neue Konto<br />
nach einer Woche nutzen<br />
Der Wechsel <strong>de</strong>r Bankverbindung dauert<br />
in <strong>de</strong>r Regel ein Gespräch lang. Bis das<br />
neue Konto genutzt wer<strong>de</strong>n kann, vergeht<br />
meist eine gute Woche. Den gesamten<br />
Aufwand sollten Freiberufler aber nicht<br />
unterschätzen. Denn <strong>de</strong>r meist großartig<br />
beworbene „Kontoumzugsservice“ <strong>de</strong>r<br />
Banken ist weit weniger hilfreich als er<br />
sein könnte. Die meiste Arbeit bleibt am<br />
Kun<strong>de</strong>n hängen.<br />
Oft sind es nur die Daueraufträge, die die<br />
Bank auf das neue Konto umschreibt. Lastschriften<br />
muss <strong>de</strong>r Unternehmer selbst<br />
ummel<strong>de</strong>n, Briefbögen und Buchhaltungs-<br />
Software än<strong>de</strong>rn. Das kann je nach Umfang<br />
ein paar Arbeitstage in Anspruch nehmen.<br />
Daher will <strong>de</strong>r abrupte Bankwechsel gut<br />
überlegt sein. Besser ist es, ein zweites<br />
Konto bei einer weiteren Bank zu eröffnen<br />
und dann nach und nach die Geschäfte<br />
darüber abzuwickeln. Nur Freiberufler, die<br />
relativ wenige Buchungsvorgänge haben,<br />
können <strong>de</strong>n Wechsel innerhalb weniger<br />
Stun<strong>de</strong>n vollziehen.<br />
Zu <strong>de</strong>n Verlierern gehören die ausländischen<br />
Banken. Diese hatten im Boom<br />
ihre Chance gewittert, am florieren<strong>de</strong>n<br />
Kreditmarkt <strong>de</strong>r Firmenkun<strong>de</strong>n teilzuhaben.<br />
Mit günstigen Konditionen und laxen<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Kreditprüfungen lockten sie so manchen<br />
Unternehmer. Als sie durch ihre restlichen<br />
Finanzgeschäfte in <strong>de</strong>n Abgrund stürzten,<br />
zwangen die als Notretter herbeigesprungenen<br />
Staaten die Banken, ihre Auslandsaktivitäten<br />
einzustellen.<br />
Zurück blieben Mittelständler, die um ihre<br />
Kredite bangten, die heimischen Banken<br />
bangten mit. Sie saßen oft als Co-Darlehensgeber<br />
o<strong>de</strong>r durch ältere Verbindlichkeiten<br />
mit im Boot. Viele <strong>de</strong>utsche Banken nutzten<br />
die Chance, verloren gegangene Kun<strong>de</strong>n<br />
zurückzuholen. „Allerdings können Sparkassen<br />
und Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>banken gemeinsam mit<br />
<strong>de</strong>n genossenschaftlichen Instituten nicht<br />
<strong>de</strong>n starken Rückzug ausländischer und privater<br />
Banken aus <strong>de</strong>m Mittelstandsgeschäft<br />
vor allem in <strong>de</strong>n vergangenen zwei Jahren<br />
in vollem Umfang auffangen“, gab En<strong>de</strong> vergangenen<br />
Jahres Peter Schnei<strong>de</strong>r, Präsi<strong>de</strong>nt<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Sparkassenverbands Ba<strong>de</strong>n-Württemberg,<br />
zu. Die meisten aber ließen die Unternehmen<br />
nicht hängen. Mal bereitwillig, mal zähneknirschend<br />
übernahmen viele Banken die Kredite<br />
<strong>de</strong>r ausländischen Konkurrenz.<br />
Die Rettung hat ihren Preis. Wer einen Kredit<br />
möchte, muss sich heute einer intensiven<br />
Durchleuchtung durch die Kreditinstitute<br />
stellen. Das Rating, die Beurteilung <strong>de</strong>r finanziellen<br />
Leistungskraft <strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmens,<br />
spielt dabei mehr <strong>de</strong>nn je die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle. Für viele Unternehmer bleibt dieser<br />
Vorgang ein undurchschaubares Instrument.<br />
Das bemängelt auch das DISQ. Weniger als<br />
je<strong><strong>de</strong>s</strong> zweite Institut erläuterte laut Studie<br />
transparent und ausführlich, wie das Rating<br />
zustan<strong>de</strong> kommt. Hinweise zu <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Verbesserung<br />
wur<strong>de</strong>n nur in je<strong>de</strong>m zweiten<br />
Fall genannt. „Das Rating ist das Na<strong>de</strong>löhr<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelstan<strong><strong>de</strong>s</strong> - durch eine gute Beratung<br />
kann eine individuelle Kreditklemme<br />
verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n“, mahnt RA/StB Stefan<br />
Buschmann, Chef <strong>de</strong>r ebenfalls an <strong>de</strong>r Umfrage<br />
beteiligten Buschmann Wirtschafts- und<br />
Steuerberatungs GmbH aus Hamburg.<br />
Die strengeren Bonitätsprüfungen treffen in<br />
erster Line investitionsintensive Unternehmen,<br />
die über eine schlechte Eigenkapitalbasis<br />
verfügen. Bei <strong>de</strong>n meisten Kleinbetrieben<br />
und Selbstständigen ist <strong>de</strong>r Kapitalbedarf<br />
weitaus geringer. „Von einer Kreditklemme<br />
kann <strong>de</strong>rzeit nicht die Re<strong>de</strong> sein“, konstatiert<br />
auch Patrick A<strong>de</strong>nauer aus Köln, Präsi<strong>de</strong>nt<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Verbands <strong>de</strong>r Familienunternehmer.<br />
Kleineren Firmen machen ohnehin weniger<br />
die strengen Prüfungen zu schaffen als die<br />
hohen Risikoaufschläge <strong>de</strong>r Banken. Eine<br />
Umfrage <strong>de</strong>r Unternehmensberatung Ernst &<br />
Young zeigt die Richtung auf. Demnach erwarten<br />
80 Prozent <strong>de</strong>r Bankmanager angesichts<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> höheren Ausfallrisikos höhere Zinsen bei<br />
Unternehmenskrediten. Und auch für Freiberufler,<br />
die meist als Privatkun<strong>de</strong>n gesehen<br />
wer<strong>de</strong>n, wird es in vielen Fällen teurer. Über<br />
40 Prozent <strong>de</strong>r Banker rechnet mit steigen<strong>de</strong>n<br />
Zinsen bei Ratenkrediten. „Für die Unternehmen<br />
wird es im neuen Jahr ten<strong>de</strong>nziell noch<br />
schwieriger wer<strong>de</strong>n, neue Kredite zu bekommen“,<br />
resümiert Dirk Müller-Tronnier, Leiter<br />
Banking & Capital Markets bei Ernst & Young.<br />
„Wir sind beim Thema Kreditklemme noch<br />
immer nicht über <strong>de</strong>n Berg.“<br />
Unternehmer beklagen<br />
Kommunikation mit Banken<br />
Dabei geht es <strong>de</strong>n meisten Unternehmern<br />
noch nicht einmal um die günstigsten Konditionen.<br />
Ein Hauptproblem ist die Kommunikation<br />
zwischen Bank und Unternehmer. So<br />
wünschen sich die Mittelständler mehr <strong>Entscheidung</strong>skompetenz<br />
bei ihren Ansprechpartnern<br />
in <strong>de</strong>r Bank.<br />
Dass Anspruch und Wirklichkeit auseinan<strong>de</strong>rfallen,<br />
kennt auch Ingrid Kessler von <strong>de</strong>r<br />
Firma Kessler Druck aus <strong>de</strong>m bayerischen<br />
Bobingen. „Die Banken rennen uns das<br />
Haus ein, was sie alles können, und dann<br />
verabschie<strong>de</strong>n sie sich wie<strong>de</strong>r“, klagt Kessler.<br />
Ansprechpartner seien auf einmal nicht mehr<br />
zu erreichen. „Nach<strong>de</strong>m die Konten eröffnet<br />
waren, kümmerte sich keiner mehr um <strong>de</strong>n<br />
Rest.“<br />
Sie hat daraus die Konsequenzen gezogen.<br />
Von <strong>de</strong>n fünf Banken, zu <strong>de</strong>nen das Unternehmen<br />
einmal Geschäftsbeziehungen unterhielt,<br />
sind nur noch drei übrig geblieben. „Letztlich<br />
bleibt man bei <strong>de</strong>r Bank hängen, die sich um<br />
einen kümmert. Dafür zahlt man vielleicht<br />
sogar ein bisschen mehr“, lautet ihr Resümee.<br />
Damit liegt sie ganz auf <strong>de</strong>r Linie von Bosch-<br />
Chef Fehrenbach. Vielleicht ist es ja mehr als<br />
ein symbolischer Akt, wenn Selbstständige<br />
und Unternehmer ihre Verbindung zu ihrer<br />
Bank über<strong>de</strong>nken.<br />
Alexan<strong>de</strong>r<br />
Heintze<br />
Der Diplom-Ökonom<br />
arbeitet als Autor für<br />
Wirtschaftsmagazine<br />
wie Euro am Sonntag,<br />
Capital und Fonds &<br />
Co. Er schreibt hauptsächlich<br />
über Immobilienthemen,<br />
Geschlossene Fonds und Reits.<br />
E-Mail: presse@heintze-net.<strong>de</strong><br />
3_ 10 SteuerConsultant 37
KANZLEI & PERSÖNLICHES Unternehmensberatung<br />
Mikrokredit<br />
Alternativer Weg<br />
zu kleinem Geld<br />
Noch hat sich die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r Mikrofinanzierung in Deutschland nicht flächen<strong>de</strong>ckend<br />
verbreitet. Dabei bietet sie gera<strong>de</strong> Kleinstunternehmen und Grün<strong>de</strong>rn eine gute Option,<br />
schnell und unbürokratisch an frisches Geld zu kommen.<br />
Diese <strong>Entscheidung</strong> konnte die Bank einfach<br />
nicht mehr nachvollziehen. Da hätten<br />
Bernd Closmann und seine Kollegin Maria<br />
Naber eine Münchner Werbeagentur, in <strong>de</strong>r<br />
sie angestellt waren, übernehmen können<br />
– mit festem Kun<strong>de</strong>nstamm und sicheren<br />
Umsätzen.<br />
Aber was taten sie? Sie entschie<strong>de</strong>n sich,<br />
eine eigene Agentur zu grün<strong>de</strong>n und von<br />
vorne anzufangen. Dieses Risiko wollte die<br />
Bank nicht mittragen, zumal die Grün<strong>de</strong>r<br />
keine Sicherheiten hatten. Sie verweigerte<br />
<strong>de</strong>n Kredit. „Dabei hätten wir nur wenig Geld<br />
gebraucht“, berichtet Closmann. „Es ging ja<br />
lediglich um die Büroausstattung.“ Trotz <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Neins <strong>de</strong>r Bank blieben die bei<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r<br />
bei ihrem Kurs.<br />
Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Tipp<br />
kam vom Gutachter<br />
Als sie schließlich für die Beantragung eines<br />
Gründungszuschusses ihren Business-Plan<br />
beurteilen lassen mussten, gab ihnen <strong>de</strong>r<br />
Gutachter <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tipp. Sie<br />
sollten es doch bei einem Mikrofinanzierer<br />
versuchen.<br />
Sofort vereinbarten die bei<strong>de</strong>n Werber einen<br />
Termin, stellten ihr Konzept vor und brachten<br />
ergänzen<strong>de</strong> Unterlagen und Bürgen bei.<br />
Schon nach zwei Wochen hatten sie die benötigten<br />
15.000 Euro für <strong>de</strong>n Start. „Der Mikrofinanzierer<br />
hat uns einfach ganz persönlich<br />
zugetraut, dass wir unsere I<strong>de</strong>e unternehmerisch<br />
stemmen.“ Das war vor vier Jahren.<br />
Mittlerweile bedienen die Münchner mit ihrer<br />
Firma Bam Industries Kun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n unterschiedlichsten<br />
Branchen. Zu<strong>de</strong>m können sie<br />
es sich sogar leisten, Anfragen abzulehnen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Auftrag o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Auftraggeber<br />
ihnen nicht gefallen.<br />
Closmann und Nabers Geschichte ist kein<br />
Einzelfall. Vor allem kleine und kleinste<br />
Unternehmen o<strong>de</strong>r Existenzgrün<strong>de</strong>r machen<br />
ähnliche Erfahrungen. Sie brauchen eher<br />
kleinvolumige Kredite, die ein Projekt o<strong>de</strong>r<br />
Betriebsmittel finanzieren, Einnahmeausfälle<br />
o<strong>de</strong>r -verschiebungen überbrücken o<strong>de</strong>r eben<br />
auch erste Gründungsinvestitionen ermöglichen.<br />
Doch trotz <strong>de</strong>r kleinen Summen blocken<br />
die Hausbanken oft ab.<br />
Dass eine Mikrofinanzierung in solchen<br />
Fällen eine interessante Alternative bietet,<br />
beginnt sich in Deutschland langsam herumzusprechen.<br />
„Mikrofinanzierung steht nach<br />
<strong>de</strong>r Definition <strong>de</strong>r EU für kleinvolumige Kredite<br />
von höchstens 25.000 Euro. Sehr häufig<br />
geht es jedoch um weit niedrigere Summen<br />
zwischen 1.000 und 10.000 Euro“, erläutert<br />
Margarita Tchouvakhina. Sie ist Abteilungsdirektorin<br />
in <strong>de</strong>r volkswirtschaftlichen Abteilung<br />
<strong>de</strong>r KfW Bankengruppe in Frankfurt am<br />
Main.<br />
„Für Banken haben solche Kleinstkredite<br />
ein ungünstiges Ertrags-Kosten-Verhältnis“,<br />
erläutert sie. Denn Aufwand, Zeit und Kosten<br />
sind fix und damit bei kleinen Kreditsummen<br />
genauso hoch wie bei großen. Unterm Strich<br />
verdienen die Banken also nur wenig o<strong>de</strong>r<br />
nichts an Kleinkrediten. „Und wenn zum<br />
Aufwand dann ein gewisses Ausfallrisiko<br />
hinzukommt, weil <strong>de</strong>r Erfolg einer Gründung<br />
naturgemäß nicht klar vorauszusehen<br />
ist o<strong>de</strong>r Sicherheiten fehlen, kann die Bank<br />
<strong>de</strong>n Kreditwunsch ablehnen.“<br />
An diesem Punkt kommt die Mikrofinanzierung<br />
ins Spiel, wobei es in Deutschland<br />
<strong>de</strong>rzeit zwei spezifische Vertriebswege gibt:<br />
1. Mikrokredite wer<strong>de</strong>n als För<strong>de</strong>rkredite<br />
von <strong>de</strong>r KfW und an<strong>de</strong>ren För<strong>de</strong>rbanken in<br />
Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Hausbanken ausgereicht.<br />
„Wenn wir dabei sind, erleichtert<br />
das <strong>de</strong>n Hausbanken die Kreditentscheidung,<br />
<strong>de</strong>nn durch unsere Haftungsfreistellung und<br />
Bearbeitungszuschüsse wer<strong>de</strong>n Risiko und<br />
Bearbeitungskosten für die Kreditinstitute<br />
annehmbarer“, erklärt Tchouvakhina. So<br />
ermöglichte die KfW allein im Jahr 2009<br />
Mikrokredite von insgesamt 115 Millionen<br />
Euro.<br />
2. Seit einigen Jahren gibt es die sogenannten<br />
Mikrofinanzierer. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich<br />
nicht um Banken, son<strong>de</strong>rn um Beratungsorganisationen<br />
für Existenzgrün<strong>de</strong>r und Selbstständige,<br />
die Mikrokredite an ihre Kun<strong>de</strong>n<br />
vermitteln. Seit <strong>de</strong>m Jahr 2004 bün<strong>de</strong>ln sie<br />
ihre Kompetenz im Deutschen Mikrofinanz<br />
Institut e.V. (DMI) in Berlin. Das DMI entwickelte<br />
mit ihnen gemeinsame Produkte und<br />
Vergabemaßstäbe. 13 Mikrofinanzierer sind<br />
bis heute über das DMI akkreditiert, vier weitere<br />
warten auf ihre Zulassung.<br />
Mikrofinanzierer wollen in diesem<br />
Jahr 800 Kredite vergeben<br />
Zusammen vergaben die Mikrofinanzierer<br />
im Jahr 2009 rund 360 Kredite, in diesem<br />
Jahr sollen es 800 wer<strong>de</strong>n. „Mikrofinanzierer<br />
sind somit eine Alternative zu <strong>de</strong>n herkömmlichen<br />
Kreditgebern – und oft auch dann noch<br />
eine Option, wenn an<strong>de</strong>re Kreditgeber mit<br />
o<strong>de</strong>r ohne öffentliche Hilfe aus Kosten- und<br />
Risikogrün<strong>de</strong>n schon endgültig ‚Nein‘ gesagt<br />
haben“, <strong>de</strong>finiert Markus Weidner, Geschäftsführer<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> DMI.<br />
Die Mikrofinanzierung spielt aber nicht nur<br />
bei Existenzgründungen eine Rolle. „Diese<br />
machen nur eine Hälfte <strong>de</strong>r Kredite aus“,<br />
38 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
etont Markus Weidner. „Die an<strong>de</strong>re Hälfte<br />
geht an schon länger bestehen<strong>de</strong>, kleine<br />
Unternehmen.“<br />
Übrigens zu ähnlichen Bedingungen wie<br />
bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Instituten: Der Zinssatz für<br />
einen Mikrokredit beträgt bei allen Mikrofinanzierern<br />
<strong>de</strong>rzeit zehn Prozent. „Wenn alles<br />
gut läuft, kann <strong>de</strong>r Zinssatz im nächsten Jahr<br />
durch Zuschüsse <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong> auf fünf Prozent<br />
gesenkt wer<strong>de</strong>n.“<br />
Ausgeklügeltes Mo<strong>de</strong>ll<br />
<strong>de</strong>r Betreiber sorgt für Gewinn<br />
Stellt sich die Frage, warum sich Kleinkredite<br />
bei Verteilung über die Mikrofinanzierer<br />
rechnen, wenn das bei <strong>de</strong>r Hausbank nicht<br />
<strong>de</strong>r Fall ist. Das liegt an <strong>de</strong>m ausgeklügelten<br />
Mo<strong>de</strong>ll, das unter an<strong>de</strong>rem das DMI, die<br />
KfW und die GLS Bank in Bochum gemeinsam<br />
entwickelt haben. Letztere hat sich auf<br />
sozial-ökologische Geldanlagen und Finanzierungen<br />
spezialisiert. Sie vergibt in Deutschland<br />
<strong>de</strong>n Löwenanteil <strong>de</strong>r Mikrokredite über<br />
Mikrofinanzierer. Das Mo<strong>de</strong>ll basiert auf<br />
einer Arbeitsteilung: „Die Mikrofinanzierer<br />
sind die alleinigen Ansprechpartner <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n,<br />
sie prüfen <strong>de</strong>n Kreditantrag und nehmen<br />
uns als Bank damit <strong>de</strong>n Betreuungsaufwand<br />
ab, wir reichen <strong>de</strong>n Kredit dann nur noch<br />
aus und verwalten ihn“, erklärt Falk Zientz<br />
von <strong>de</strong>r GLS Bank. „Damit lohnt sich für eine<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
» Mikrofinanzierung im Überblick<br />
Die wichtigsten Aspekte in Sachen Mikrokredite,<br />
zusammengefasst in acht Punkten.<br />
1. Direkter Kontakt zu <strong>de</strong>n Kreditnehmern: Im Sinne von „Personalkrediten“<br />
stehen ihre Motivation, ihre I<strong>de</strong>en und Fähigkeiten im Mittelpunkt.<br />
2. Schneller, unkomplizierter Zugang zu Fremdkapital.<br />
3. Angefangen mit kleinsten Kreditbeträgen (ab 1.000 Euro) wird das Unternehmen<br />
schrittweise aufgebaut. So kann schnell aus Fehlern gelernt wer<strong>de</strong>n, und die<br />
Kreditaufnahme erfolgt eng am Bedarf.<br />
4. Als Sicherheiten dienen beispielsweise Kleinstbürgschaften. Sie helfen, die<br />
Ernsthaftigkeit <strong>de</strong>r Kreditaufnahme zu prüfen und bin<strong>de</strong>n das persönliche<br />
Umfeld ein.<br />
5. Auf Krisensituationen wird sehr schnell reagiert und gemeinsam nach<br />
konstruktiven Lösungen gesucht.<br />
6. Mikrofinanzorganisationen arbeiten lokal vernetzt mit Banken, Wirtschaftsför<strong>de</strong>rern,<br />
Arbeitsagenturen, Unternehmen und an<strong>de</strong>ren.<br />
7. Die regional in <strong>de</strong>r ganzen Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>republik verteilten Mikrofinanzierer haben<br />
sich im Deutschen Mikrofinanz Institut (DMI) in Berlin zusammengeschlossen.<br />
Auf <strong>de</strong>r Homepage <strong><strong>de</strong>s</strong> DMI fin<strong>de</strong>n Sie nicht nur <strong>de</strong>taillierte Informationen zum<br />
Konzept und zur Vergabepraxis, son<strong>de</strong>rn auch viele Beispiele und die Kontaktdaten<br />
<strong>de</strong>r regionalen Mikrofinanzierer. Internet: www.mikrofinanz.net.<br />
8. Die KfW als För<strong>de</strong>rbank spielt in <strong>de</strong>r Mikrofinanzszene sowohl als I<strong>de</strong>en- als<br />
auch als Geldgeber eine wichtige Rolle. Sie ermöglicht Mikrokredite im Ausland<br />
wie in Deutschland. Hierzulan<strong>de</strong> sind es <strong>de</strong>rzeit drei Produkte, mit <strong>de</strong>nen sie im<br />
Mikrofinanzsegment am Markt ist: Das KfW-Startgeld, <strong>de</strong>r Unternehmerkredit<br />
und Kredite aus <strong>de</strong>m Konjunkturson<strong>de</strong>rprogramm. Außer<strong>de</strong>m ist die KfW am<br />
Mikrofinanzfonds beteiligt. Internet: www.kfw.<strong>de</strong>.<br />
Quelle: www.mikrofinanz.net, eigene Recherchen.<br />
Mikrokredite spielen für<br />
viele, insbeson<strong>de</strong>re kleinere<br />
Unternehmen, eine wichtige<br />
Rolle.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 39
KANZLEI & PERSÖNLICHES Unternehmensberatung<br />
Bank auch ein kleiner Kredit.“ Die Mikrofinanzierer<br />
selbst erhalten in <strong>de</strong>r Regel Honorare<br />
von <strong>de</strong>n Kreditnehmern, zusätzlich oft<br />
auch Gel<strong>de</strong>r aus öffentlichen Programmen.<br />
Daneben zahlt ihnen <strong>de</strong>r im Jahr 2004<br />
gegrün<strong>de</strong>te Mikrofinanzfonds Gratifikationen.<br />
Dieser Fonds wird von 80 Privatpersonen,<br />
<strong>de</strong>r GLS Bank, <strong>de</strong>r KfW, verschie<strong>de</strong>nen<br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>ministerien sowie aus <strong>de</strong>m Europäischen<br />
Sozialfonds gespeist und soll jetzt vom<br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>arbeitsministerium auf 100 Millionen<br />
Euro aufgestockt wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Fonds sichert die kreditgeben<strong>de</strong>n Banken<br />
gegen Ausfälle ab und zahlt <strong>de</strong>n Mikrofinanzierern<br />
eine Gratifikation. „Diese erhalten<br />
sie, wenn sie zum En<strong>de</strong> eines Geschäftsjahres<br />
weniger als zehn Prozent Kreditausfall<br />
hatten“, erklärt Zientz, Geschäftsführer<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Fonds. „Wenn sie nach <strong>de</strong>r Startphase,<br />
in <strong>de</strong>r wir uns ja noch befin<strong>de</strong>n, ihr Geschäft<br />
so erfolgreich betreiben wie ihre Kollegen im<br />
europäischen Ausland, wer<strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>n<br />
Gratifikationen in Zukunft ungefähr <strong>de</strong>n Aufwand<br />
für die Betreuung <strong>de</strong>r Kredite <strong>de</strong>cken<br />
können.“<br />
Die Zeichen dafür stehen gut. Denn tatsächlich<br />
haben die Mikrofinanzierer <strong>de</strong>rzeit im<br />
Schnitt nur vier bis sechs Prozent Ausfälle<br />
im Jahr. „Wenn sie mehr hätten, müssten<br />
sie übrigens umgekehrt in <strong>de</strong>n Fonds zahlen,<br />
<strong>de</strong>nn sie sind in <strong>de</strong>r Haftung für <strong>de</strong>n<br />
Kredit.“<br />
Niedrige Zahl <strong>de</strong>r Ausfälle dank<br />
spezifischer Vergabeverfahren<br />
Dass die Ausfälle so niedrig sind, liegt wie<strong>de</strong>rum<br />
an <strong>de</strong>m spezifischen Vergabeverfahren.<br />
„Es ging bei <strong>de</strong>r Mikrofinanzierung seit<br />
jeher und im wahrsten Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortes<br />
um Personalkredite. Der Finanzierer muss<br />
<strong>de</strong>r Person an sich zutrauen, dass sie ihr<br />
Geschäft im Griff hat – und so auch <strong>de</strong>n<br />
Dr. Gabriele<br />
Lüke<br />
ist freie Wirtschaftsjournalistin<br />
aus München<br />
und beschäftigt<br />
sich vor allem mit mittelstandsrelevanten<br />
Themen. Sie schreibt<br />
unter an<strong>de</strong>rem regelmäßig<br />
für „ProFirma“, einem Schwestermagazin<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> „SteuerConsultants“, aus <strong>de</strong>r<br />
<strong>Haufe</strong>-Mediengruppe. .<br />
E-Mail: g.lueke@imprime.<strong>de</strong><br />
Foto: KfW<br />
„Kleinstkredite haben für<br />
Banken ein ungünstiges Ertrags-<br />
Kosten-Verhältnis.“<br />
Margarita Tchouvakhina,<br />
KfW Bankengruppe, Frankfurt am Main<br />
Kredit zurückzahlen kann“, erklärt Prof. Dr.<br />
Alexan<strong>de</strong>r Kritikos, Ökonom am Deutschen<br />
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in<br />
Berlin, <strong>de</strong>r die Mikrofinanzszene seit vielen<br />
Jahren wissenschaftlich begleitet. „Das fin<strong>de</strong>t<br />
er durch gezieltes Fragen heraus: Wie<br />
unternehmerisch <strong>de</strong>nkt <strong>de</strong>r Kreditnehmer,<br />
wie entscheidungsfähig ist er, und wie gut<br />
kennt er seinen Markt? Zu<strong>de</strong>m begleiten die<br />
Mikrofinanzierer die Kreditnehmer, intervenieren<br />
wenn nötig.“<br />
Kritikos betont: „Das Rating basiert damit<br />
vor allem auf Psychologie und persönlicher<br />
Betreuung und weniger auf Papier.“ Was aber<br />
nicht heißt, dass Papier überhaupt keine Rolle<br />
spielt. Natürlich wollen auch die Mikrofinanzorganisationen<br />
ein Konzept inklusive<br />
Finanzplanung, eine Selbstauskunft über<br />
die aktuelle Finanzsituation, Sicherheiten,<br />
Vertrags- o<strong>de</strong>r Auftragskopien, Gewerbeamtsbescheinigungen<br />
und eine Schufa-Auskunft<br />
– wobei ein Schufa-Eintrag noch nicht das<br />
Aus für <strong>de</strong>n Kredit be<strong>de</strong>utet. „Damit verlangen<br />
die Mikrofinanzierer <strong>de</strong>utlich weniger<br />
Papier als die Hausbank – und es muss eben<br />
auch kein ausgefeilter Business-Plan sein“,<br />
betont Kritikos<br />
Worauf die Mikrofinanzorganisationen hingegen<br />
beson<strong>de</strong>ren Wert legen, sind zwei bis<br />
drei Bürgen. „Wenn Menschen aus <strong>de</strong>r Familie<br />
und <strong>de</strong>m Freun<strong><strong>de</strong>s</strong>kreis bereit sind zu bürgen,<br />
heißt das auch, dass sie an <strong>de</strong>n Kreditnehmer<br />
als Unternehmer glauben. Denn sie<br />
sind bereit, in die Bresche zu springen, wenn<br />
etwas schiegeht“, erklärt Giampaolo Silves-<br />
tri, Vorstand <strong>de</strong>r Monex Mikrofinanzierung<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg in Stuttgart. Monex ist<br />
einer <strong>de</strong>r 13 beim DMI akkreditierten Mikrofinanzierer.<br />
Die Bürgen sind damit ganz entschei<strong>de</strong>nd<br />
für die Kreditzustimmung. Zu<strong>de</strong>m<br />
sorgen sie für <strong>de</strong>n nötigen sozialen Druck,<br />
wenn es bei <strong>de</strong>r Rückzahlung hakt. „Weil wir<br />
Mikrofinanzierer haften, sind wir letztendlich<br />
in gewisser Weise Bürgen. Das schafft eine<br />
zusätzliche persönliche Rückzahlungsverpflichtung<br />
auch uns gegenüber.“<br />
Alexan<strong>de</strong>r Kritikos bringt es auf <strong>de</strong>n Punkt:<br />
„Diese Kombination aus wenig Papier, Psychologie,<br />
Betreuung und Bürgen reduziert<br />
nicht nur das Risiko, sie macht aus <strong>de</strong>n<br />
Mikrokrediten auch ein schlankes Produkt,<br />
das schnell vergeben wird.“<br />
Auch für Marion Bress war dies entschei<strong>de</strong>nd.<br />
Die Friseurmeisterin aus Dortmund machte<br />
sich 2002 selbstständig. Das Geschäft lief<br />
gut, doch zwei Jahre später trennte sie sich<br />
von ihrem Ehemann, zusätzliche finanzielle<br />
Belastungen musste sie schnell stemmen. Als<br />
die Bank ihr nicht entgegenkommen wollte,<br />
wandte sie sich schließlich an einen Mikrofinanzierer<br />
in Dortmund. „Dass ich die Option<br />
auf einen Kredit überhaupt bekommen habe,<br />
war wichtig. Dass er schnell und unbürokratisch<br />
vergeben wur<strong>de</strong>, auch“, erklärt Bress.<br />
„Zu<strong>de</strong>m habe ich aber durch die Gespräche<br />
und die persönliche Betreuung auch die<br />
Bestätigung erhalten, dass ich trotz <strong>de</strong>r Probleme<br />
auf <strong>de</strong>m richtigen Weg war.“<br />
Nach Ansicht von Alexan<strong>de</strong>r Kritikos müssen<br />
die Mikrofinanzierer jetzt in die nächste<br />
Run<strong>de</strong> gehen: „Die Strukturen stehen, nun<br />
muss die I<strong>de</strong>e bekannter wer<strong>de</strong>n, sich stärker<br />
als Alternative zu <strong>de</strong>n Standardfinanzangeboten<br />
etablieren, damit sie auch immer weniger<br />
auf öffentliche Töpfe angewiesen ist.“<br />
Manche Banken schicken Kun<strong>de</strong>n<br />
gleich zu Mikrofinanzierern<br />
Immerhin schicken in manchen Regionen die<br />
Hausbanken die Unternehmer o<strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r<br />
gleich zum Mikrofinanzierer, wenn sie selbst<br />
nicht aktiv wer<strong>de</strong>n wollen. So hofft das DMI,<br />
künftig jährlich min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 3.000 Kleinstkredite<br />
vergeben zu können. Bis En<strong>de</strong> 2011 will<br />
es flächen<strong>de</strong>ckend in Deutschland vertreten<br />
sein.„Die Zahl <strong>de</strong>r Kleinstunternehmen ist in<br />
<strong>de</strong>n vergangenen 20 Jahren um eine Million<br />
gestiegen und wird durch die rege Gründungsaktivität<br />
weiter zunehmen. 20 Prozent<br />
von ihnen haben nach unseren Erhebungen<br />
Interesse an Mikrokrediten“, erklärt Kritikos.<br />
„Das zeigt, wie hoch <strong>de</strong>r volkswirtschaftliche<br />
Bedarf für diese Finanzierungsart auch in<br />
Deutschland ist. Sie schließt eine Finanzierungslücke.“<br />
40 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
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Die NRW.BANK för<strong>de</strong>rt Unternehmensgründungen mit zinsgünstigen Krediten, Darlehen<br />
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(Westfalen-Lippe). www.nrwbank.<strong>de</strong>
KANZLEI & PERSÖNLICHES Kanzleimanagement<br />
Cebit 2010<br />
Vernetzt und verkabelt<br />
Zum 11. Mal herrscht Hochbetrieb in <strong>de</strong>n Messehallen in Hannover-Laatzen, <strong>de</strong>m Messestandort <strong>de</strong>r Cebit.<br />
Zentrales Thema in diesem Jahr: „Connected Worlds“. Auch zahlreiche Steuerberater eilen jährlich nach Hannover,<br />
um sich von <strong>de</strong>n Software -Anbietern auf <strong>de</strong>n neusten Stand <strong>de</strong>r Dinge bringen zu lassen.<br />
Die Zahl <strong>de</strong>rer, die ihr Angebot speziell auf<br />
die Steuerberatung zuschnei<strong>de</strong>n und auf <strong>de</strong>r<br />
Cebit in Hannover präsentieren, ist relativ<br />
überschaubar. Dazu zählen unter an<strong>de</strong>rem<br />
folgen<strong>de</strong> fünf Anbieter: Addison, Datev, HMD,<br />
Simba und <strong>Haufe</strong>-Lexware, in <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r<br />
„SteuerConsultant“ erscheint.<br />
Für die Addison-Gruppe, mittlerweile Teil<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Wolters-Kluwers Verlagsgruppe, steht<br />
die diesjährige Cebit nach eigenen Angaben<br />
im Zeichen einer nachhaltigen Produktivitätsverbesserung.<br />
Bisher, so <strong>de</strong>r Anbieter in<br />
einer Pressemitteilung, seien es die meisten<br />
Anwen<strong>de</strong>r von Software-Lösungen gewohnt,<br />
Menüfunktionen willkürlich zu nutzen.<br />
Addison biete hier als gegenwärtig einziger<br />
Hersteller eine prozessgesteuerte Software<br />
an und habe damit komplette Arbeitsabläufe<br />
und Arbeitsvorgänge auch in <strong>de</strong>r Administration<br />
standardisiert.<br />
Dadurch lassen sich, so das Versprechen<br />
von Addison, Arbeitszeiten für Routineauf-<br />
gaben oft um über 20 Prozent reduzieren.<br />
Hintergrund sei die komplette Integration<br />
<strong>de</strong>r Software für Kanzleiorganisation in einer<br />
einzigen Software, was nach Angaben <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anbieters erhebliche Vorteile habe.<br />
Ein neu gestalteter Arbeitsplatz in <strong>de</strong>r Software<br />
selbst soll es <strong>de</strong>m Mitarbeiter ermöglichen,<br />
so Addison, sämtliche Routinearbeitsvorgänge<br />
mithilfe voreingestellter automatischer<br />
Prozesse zu beschleunigen. Der<br />
Anbieter verspricht eine Einsparung von bis<br />
zu zwei Stun<strong>de</strong>n pro Mitarbeiter. Ebenfalls<br />
auf <strong>de</strong>r Cebit wollen die Ludwigsburger neue<br />
und erweiterte Arbeitsvorlagen präsentieren,<br />
die die tägliche Arbeit reduzieren sollen.<br />
Datev stellt neue prozessorientierte<br />
Software-Generation vor<br />
Der größte unter <strong>de</strong>n Anbietern im Bereich<br />
Steuerberatung ist die Datev, die in Hannover<br />
die sogenannte prozessorientierte Software-<br />
Generation Datev Pro präsentiert. Interessen-<br />
ten, so Benedikt Le<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Datev-Pressestelle,<br />
können sich diese neue Software auch<br />
vor Ort vorführen lassen. Weiterer Schwerpunkt<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Datev-Ausstellungsstands ist das<br />
Thema elektronische Rechnungen. Damit, so<br />
die Nürnberger, ließen sich diese auf einfache<br />
Art akzeptieren und versen<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>r Datev<br />
E-Rechnung soll ein durchgängiges System<br />
zum Prüfen, Signieren, Archivieren und<br />
Buchen elektronischer Rechnungen möglich<br />
sein. Die Funktion ist eine Erweiterung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anwendungspakets Unternehmen online.<br />
Vereinfachungen im Umgang mit <strong>de</strong>m<br />
Aspekt Sicherheit verspricht Datev beim<br />
Produkt Datevnet. In Zukunft sollen Nutzer<br />
für <strong>de</strong>n Internet-Zugang einen vorkonfigurierten<br />
Router erhalten, <strong>de</strong>r sich ohne weitere<br />
Einstellungen in Betrieb nehmen lässt.<br />
Die Wartung, aber auch die <strong>de</strong>r Zugangs-<br />
Software erfolgt per Fernzugriff über das<br />
Rechenzentrum, verspricht die Genossenschaft.<br />
42 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Foto: Deutsche Messe Hannover<br />
Künftig will die Datev auch die Telekommunikationsanlagen<br />
für die Kanzleien ihrer<br />
Mitglie<strong>de</strong>r virtuell in ihrem Rechenzentrum<br />
betreiben. Das Angebot heißt Datev Voice<br />
Service Providing. Damit soll es <strong>de</strong>n Kanzleien<br />
auch möglich sein, sich die Daten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Nutzers – parallel zum Gespräch – direkt auf<br />
<strong>de</strong>n Bildschirm zu rufen, dank <strong>de</strong>r Technik<br />
Computer Telephony Integration (CTI).<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware mit neuer Version<br />
von Steuer Office Premium<br />
Die <strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH aus Freiburg im<br />
Breisgau, in <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r „SteuerConsultant“<br />
erscheint, präsentiert neue Entwicklungen<br />
das <strong>Haufe</strong> Steuer Office Premiums. Inzwischen<br />
umfasst das Produkt nicht nur die<br />
Steuerrechtsdatenbank, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
Bereiche Weiterbildung, Fachwissen und<br />
Mandantenservice. Damit sollten die Steuerberater<br />
einen umfassen<strong>de</strong>n Service nutzen<br />
können, von <strong>de</strong>r Erstinformation bis hin zum<br />
Mandantengespräch.<br />
Beson<strong>de</strong>rer Schwerpunkt beim <strong>Haufe</strong> Steuer<br />
Office Premium ist das integrierte Weiterbildungspaket,<br />
das ausgewählte Online-Seminare<br />
zu aktuellen Themen, Reformen und<br />
Gesetzesän<strong>de</strong>rungen umfasst. Damit will<br />
<strong>de</strong>r Anbieter es Experten ermöglichen, alle<br />
relevanten Än<strong>de</strong>rungen und Neuerungen im<br />
Blick zu haben. So soll die gesamte Kanzlei<br />
immer auf <strong>de</strong>m Laufen<strong>de</strong>n bleiben.<br />
Nach Angaben von <strong>Haufe</strong>-Lexware beinhaltet<br />
das Produkt nicht nur Fachinformation zum<br />
gesamten Steuer- und Wirtschaftsrecht, son<strong>de</strong>rn<br />
auch zu Personal- und Rechnungswesen,<br />
betriebswirtschaftliche Beratung und<br />
Kanzleimanagement. Die digital integrierten<br />
<strong>Haufe</strong> Praxiskommentare zu allen wichtigen<br />
Steuerarten run<strong>de</strong>n das Angebot ab.<br />
Auch die „Lexware Neue Steuerkanzlei 2010“<br />
wird in Hannover präsentiert und richtet<br />
sich an alle Steuerberater, die in erster Linie<br />
Selbstständige und kleine Unternehmen beraten.<br />
Das Produkt umfasst, so <strong>Haufe</strong>-Lexware,<br />
unter an<strong>de</strong>rem eine Mandantenverwaltung,<br />
in <strong>de</strong>r sich alle Adress- und Firmendaten<br />
<strong>de</strong>r Klienten zentral erfassen und pflegen<br />
lassen.<br />
Mit <strong>de</strong>r Leistungs- und Tätigkeitserfassung<br />
lässt sich, wie <strong>de</strong>m Produktnamen entnommen<br />
wer<strong>de</strong>n kann, die Tätigkeiten <strong>de</strong>r Kanzleimitarbeiter<br />
erfassen, zugleich aber auch<br />
bestimmten Mandanten zuordnen. Ebenfalls<br />
können die Anwe<strong>de</strong>r Rechnungen gemäß <strong>de</strong>r<br />
Steuerberatergebührenverordnung erstellen.<br />
Hier, so <strong>Haufe</strong>-Lexware in einer Pressemitteilung,<br />
diene die Leistungserfassung als<br />
„Spickzettel“ und liefere korrekte Informationen<br />
zur Rechnungsstellung.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
» Aussteller auf<br />
<strong>de</strong>r Cebit 2010<br />
Addison<br />
Software und Service GmbH<br />
Halle 5, Stand B18<br />
Datev eG<br />
Halle 2, Stand A40<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Halle 5, Stand F26<br />
HMD-Software AG<br />
Halle 5, Stand D36<br />
Simba Computer Systems GmbH<br />
Halle 5, Stand A46<br />
Unter <strong>de</strong>m Programmpunkt „Sammelelster/<br />
Elsterzentrale“ schließlich lassen sich alle<br />
Elsterformulare wie Umsatzsteuervor- und<br />
Lohnsteueranmeldung für die Mandanten<br />
zentral in einem Vorgang versen<strong>de</strong>n. Teil<br />
<strong>de</strong>r neuen Steuerkanzlei ist auch eine professionelle<br />
Steuererklärungs-Software, die<br />
alle großen Veranlagungsarten ab<strong>de</strong>cken<br />
soll. Hinzu kommt Fachwissen für die Steuerkanzlei,<br />
das – so <strong>Haufe</strong>-Lexware – „alles<br />
Wissenswerte zu Buchführung und Bilanzierung,<br />
betrieblichen und privaten Steuern,<br />
Entgeltabrechnung, Finanzplanung und Controlling<br />
aus einer Hand“ umfasst.<br />
Software-Generation Pro<br />
steht bei HMD im Mittelpunkt<br />
HMD präsentiert sich nicht nur mit einem<br />
völlig neuen und <strong>de</strong>utlich größeren Stand –<br />
für die Besucher, so <strong>de</strong>r Anbieter, gibt es auch<br />
mehr zu sehen als zuvor. Im Mittelpunkt <strong>de</strong>r<br />
diesjährigen Ausstellung steht dabei die Vorstellung<br />
<strong>de</strong>r neuen Software-Generation HMD<br />
Pro. Die schon seit einigen Jahren begonnene<br />
Wen<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Entwicklung hin zu sachbearbeiterorientierten<br />
Oberflächen und Prozessorientierter<br />
Arbeitsweise ist mit HMD Pro<br />
vollständig und integiert umgesetzt, so das<br />
Unternehmen in einer Pressemitteilung.<br />
Während das Personal-Cockpit die Sachbearbeitertätigkeiten<br />
steuert und übersichtlich<br />
anzeigt, was alles zu tun ist, befasst sich das<br />
neue Cockpit Pro mit <strong>de</strong>r Frage, wie die Dinge<br />
zu tun sind und welche Informationen für die<br />
einzelnen Aufgaben benötigt wer<strong>de</strong>n. Dabei<br />
sei <strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Zusammenstellung<br />
seiner „Mandantenbearbeitungsoberfläche“<br />
völlig frei und nicht an Vorgaben gebun<strong>de</strong>n.<br />
Ein weiteres Cebit-Thema ist erneut die digitale<br />
Belegerkennung, die sich nach Ansicht<br />
von HMD bei <strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>rn durchgesetzt<br />
hat. Deswegen präsentieren die An<strong>de</strong>chser<br />
eine komplett neue Version ihres Belegerkennungsprogramms<br />
Sky Master: Damit, so HMD<br />
in einer Pressemitteilung, lassen sich alle<br />
Mandantenbelege automatisiert erkennen<br />
und an die Finanzbuchhaltung übergeben.<br />
Nun gebe es komfortablere Bearbeitungsmöglichkeiten<br />
als früher, außer<strong>de</strong>m lasse sich das<br />
Erkennungsprogramm in die Umgebung <strong>de</strong>r<br />
hauseigenen Programme besser einbin<strong>de</strong>n.<br />
Neu bei HMD ist die Präsentation von<br />
Lösungen <strong>de</strong>r Verbundpartner. Dazu zählt<br />
etwa eine komplettierte Lösung von Ed-Lohn<br />
<strong>de</strong>r Lohn- und Gehaltsabrechnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Eurodata-Rechenzentrums.<br />
Simba mit mehr Personal und<br />
größerer Standfläche<br />
Simba reagiert auf <strong>de</strong>n wachsen<strong>de</strong>n Besucheransturm<br />
mit mehr Personal auf einer<br />
größeren Standfläche. Beson<strong>de</strong>res Interesse,<br />
so das Unternehmen aus Ostfil<strong>de</strong>rn in Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg, gelte <strong>de</strong>r neuen Software-<br />
Oberfläche und <strong>de</strong>r „Mandanten-Infobox“. Sie<br />
zeige <strong>de</strong>n Nutzern die wichtigsten Daten eines<br />
Mandanten: Ansprechpartner mit Durchwahl<br />
und E-Mail, <strong>de</strong>n zuständigen Mitarbeiter,<br />
Gesprächsnotizen, Postein- und Postausgang<br />
o<strong>de</strong>r abgelegte Auswertungen.<br />
Die Zusammenstellung <strong>de</strong>r Informationen, so<br />
Simba in einer Pressemitteilung, sei variabel<br />
und wer<strong>de</strong> vom Benutzer individuell festgelegt.<br />
Damit könne je<strong>de</strong>r Mitarbeiter die für ihn<br />
relevanten Informationen sehen.<br />
Weiterer Schwerpunkt bei Simba ist die Fertigstellung<br />
<strong>de</strong>r neuen Jahresplanung: Damit<br />
lassen sich verschie<strong>de</strong>ne Versionen einer Planung<br />
nebeneinan<strong>de</strong>r speichern und abrufen.<br />
Alle Planwerte wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Jahreswert<br />
und <strong>de</strong>n einzelnen Monatswerten angezeigt.<br />
Ein einfacher Doppelklick genüge, um einzelne<br />
Werte zu verän<strong>de</strong>rn. Eine Übernahme<br />
neuer Planwerte erfolge dabei automatisch,<br />
zum Beispiel aus <strong>de</strong>n Istwerten <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorjahrs<br />
o<strong>de</strong>r früheren Planungsversionen.<br />
Rüdiger Frisch<br />
ist Redakteur bei „SteuerConsultant“ und<br />
betreut das Ressort Kanzlei & Persönliches<br />
mit <strong>de</strong>n Bereichen Finanzen, Unternehmensberatung<br />
und Kanzleimanagement.<br />
E-Mail: ruediger.frisch@haufe.<strong>de</strong><br />
3_ 10 SteuerConsultant 43
KANZLEI & PERSÖNLICHES Kanzleimanagement<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
VVG sorgt für<br />
viele Än<strong>de</strong>rungen<br />
Das am 1.1.2008 in Kraft getretene reformierte Versicherungsvertragsgesetz (VVG)<br />
bringt zahlreiche Än<strong>de</strong>rungen für die Haftpflichtversicherung <strong>de</strong>r wirtschaftsprüfen<strong>de</strong>n<br />
rechts- und steuerberaten<strong>de</strong>n Berufe mit sich.<br />
Eine Vielzahl von Versicherungsfällen ist<br />
noch nach <strong>de</strong>m alten VVG zu beurteilen. Ist<br />
nämlich bei einem Altvertrag, d. h. bei einem<br />
Versicherungsvertrag, <strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>m 1.1.2008<br />
abgeschlossen wur<strong>de</strong>, bis zum 31.12.2008 <strong>de</strong>r<br />
Versicherungsfall eingetreten, so ist nach Art.<br />
1 Abs. 2 EGGVG insoweit das VVG a. F. weiter<br />
anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
gilt das sogenannte Verstoßprinzip:<br />
Versicherungsfall ist <strong>de</strong>rjenige<br />
Verstoß, für <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Folgen ein Dritter <strong>de</strong>n<br />
Versicherungsnehmer auf Scha<strong>de</strong>nsersatz<br />
in Anspruch nimmt (Prölss/Martin, VVG,<br />
27. Aufl., § 149 Rn 12). Wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Spätscha<strong>de</strong>nrisikos<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
wird daher über<br />
einen längeren Zeitraum das VVG a. F. noch<br />
von Be<strong>de</strong>utung sein.<br />
Folgen<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen im VVG n. F. sind aber<br />
auch für die Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
von Relevanz:<br />
1. Obliegenheitsverletzung<br />
Bisher war danach zu differenzieren, ob<br />
die Obliegenheitsverletzung auf einfacher<br />
o<strong>de</strong>r grober Fahrlässigkeit o<strong>de</strong>r sogar auf<br />
Vorsatz beruhte. Im ersteren Fall war <strong>de</strong>r<br />
Versicherer zur Leistung verpflichtet; die<br />
grobe Fahrlässigkeit hatte zur Folge, dass<br />
<strong>de</strong>r Versicherer leistungsfrei wur<strong>de</strong>, falls <strong>de</strong>r<br />
Versicherungsnehmer nicht <strong>de</strong>n Kausalitätsgegenbeweis<br />
führen konnte (Gräfe/Brügge,<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>n-Haftpflichtversicherung,<br />
Teil F Rn 59 ff.); vorsätzliches Verhalten hatte<br />
schließlich nach <strong>de</strong>n Versicherungsbedingungen<br />
grundsätzlich die Leistungsfreiheit<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers zur Folge.<br />
Abgemil<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> diese Rechtsfolge durch<br />
die sogenannte Relevanzrechtsprechung,<br />
wonach es darauf ankam, ob die vorsätzliche,<br />
aber für <strong>de</strong>n Versicherer folgenlose Obliegenheitsverletzung<br />
generell geeignet war, die<br />
berechtigten Interessen <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
ernsthaft zu gefähr<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Versicherungsnehmer<br />
ein erhebliches Verschul<strong>de</strong>n<br />
zur Last fiel (BGH NJW 1986, 1100). Die<br />
Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung<br />
nach Eintritt <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsfalls regeln<br />
nunmehr ausdrücklich § 28 Abs. 2 bis 4 VVG.<br />
Nunmehr kann <strong>de</strong>r Versicherer bei <strong>de</strong>r grob<br />
fahrlässigen Obliegenheitsverletzung entsprechend<br />
<strong>de</strong>r Schwere <strong><strong>de</strong>s</strong> Verschul<strong>de</strong>ns <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Versicherungsnehmers seine Leistung kürzen;<br />
die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung<br />
führt grundsätzlich zur Leistungsfreiheit.<br />
Falls jedoch die Obliegenheitsverletzung für<br />
<strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>r Leistungspflicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
nicht ursächlich gewor<strong>de</strong>n ist, ist<br />
<strong>de</strong>r Versicherer nach wie vor zur Leistung<br />
verpflichtet. Dies gilt nur dann nicht, wenn<br />
<strong>de</strong>r Versicherungsnehmer die Obliegenheit<br />
arglistig verletzt hat.<br />
Voraussetzung für die Leistungsfreiheit ist im<br />
Übrigen – wie bereits unter Geltung <strong>de</strong>r Relevanzrechtsprechung<br />
(OLG Köln VersR 2002,<br />
1409) –, dass <strong>de</strong>r Versicherer <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer<br />
über die Rechtsfolgen in <strong>de</strong>r<br />
Obliegenheitsverletzung belehrt hat.<br />
2. Abschaffung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anerkenntnisverbots<br />
Eine Vereinbarung, nach welcher <strong>de</strong>r Versicherer<br />
nicht zur Leistung verpflichtet ist,<br />
wenn ohne seine Einwilligung <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
<strong>de</strong>n Dritten befriedigt o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />
Anspruch anerkennt, ist nunmehr gemäß<br />
§ 105 VVG unwirksam. Diese Regelung hat<br />
aber nicht zur Folge, dass <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
zulasten <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers einen vermeintlichen<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch anerkennen<br />
kann; vielmehr stellt das mit <strong>de</strong>m<br />
Versicherer nicht abgestimmte Anerkenntnis<br />
keine Obliegenheitsverletzung mehr dar. Es<br />
zieht damit keine <strong>de</strong>ckungsrechtlichen Folgen<br />
nach sich.<br />
Erkennt <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer mehr an,<br />
als <strong>de</strong>m Dritten zusteht, so geht <strong>de</strong>r Mehr-<br />
Unbhängig von ihrer Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
sollten Steuerberater<br />
stets Vorsicht bei <strong>de</strong>r<br />
Beratung ihrer Mandanten<br />
walten lassen.<br />
betrag zulasten <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers<br />
(BT-Drucks. 16/3945 S. 86). Denn <strong>de</strong>r Versicherer<br />
hat ihn gegenüber <strong>de</strong>m Dritten nur<br />
in <strong>de</strong>m Umfang freizustellen, <strong>de</strong>r sich ohne<br />
das Anerkenntnis ergeben hätte. Gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Versicherer trägt <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
die Darlegungs- und Beweislast, dass <strong>de</strong>r<br />
Anspruch in <strong>de</strong>m Umfang <strong><strong>de</strong>s</strong> abgegebenen<br />
Anerkenntnisses besteht (Hinsch-Timm, Das<br />
neue Versicherungsvertragsgesetz, Teil D<br />
Rn 21).<br />
3. Abschaffung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Abtretungsverbots<br />
Künftig kann die Abtretung <strong><strong>de</strong>s</strong> Freistellungsanspruchs<br />
gemäß § 108 Abs. 2 VVG durch<br />
AVB nicht mehr ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Wird<br />
<strong>de</strong>r Freistellungsanspruch an <strong>de</strong>n geschädigten<br />
Dritten abgetreten, hat dieser letztlich<br />
einen Direktanspruch gegen <strong>de</strong>n Versicherer;<br />
<strong>de</strong>r Freistellungsanspruch wan<strong>de</strong>lt sich in<br />
<strong>de</strong>r Person <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten in einen Zahlungsanspruch<br />
um (BGH VersR 1978, 557).<br />
Diese Regelung wirft zahlreiche durch die<br />
Rechtsprechung noch nicht geklärte Fragen<br />
auf. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob<br />
<strong>de</strong>r Versicherungsnehmer gegen <strong>de</strong>n Versicherer<br />
auch nach <strong>de</strong>r Abtretung noch einen<br />
Rechtsschutzanspruch hat. Fraglich ist auch,<br />
ob <strong>de</strong>r zwischen <strong>de</strong>m Dritten und <strong>de</strong>m Versicherer<br />
geführte Prozess Bindungswirkung<br />
im Verhältnis zum Versicherungsnehmer<br />
entfaltet.<br />
Offen ist hier zum einen, ob <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
nochmals in einem separaten<br />
44 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Prozess gegen <strong>de</strong>n Versicherer die Frage <strong>de</strong>r<br />
Deckung prüfen lassen kann; zum an<strong>de</strong>ren<br />
ist ungeklärt, ob haftungsrechtliche Feststellungen<br />
in <strong>de</strong>m Urteil zwischen <strong>de</strong>m Dritten<br />
und <strong>de</strong>m Versicherer Bindungswirkung zulasten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers entfalten.<br />
Dieses Problem stellt sich insbeson<strong>de</strong>re<br />
dann, wenn <strong>de</strong>r Freistellungsanspruch nur<br />
erfüllungshalber an <strong>de</strong>n Dritten abgetreten<br />
wur<strong>de</strong> und letzterer seinen Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />
wie<strong>de</strong>r gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer<br />
geltend macht, nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Prozess<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherer wegen fehlen<strong>de</strong>r<br />
Deckung verloren hat (vgl. hierzu Langheid<br />
VersR 2007, 865; Grote/Schnei<strong>de</strong>r BB 2008,<br />
2689).<br />
4. Wegfall <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren<br />
Verjährungsvorschriften<br />
An die Stelle <strong>de</strong>r kenntnisunabhängigen<br />
Verjährung nach § 12 VVG a. F. treten nunmehr<br />
die §§ 194 ff. BGB. In <strong>de</strong>r Praxis wer<strong>de</strong>n<br />
sich hierdurch aber keine wesentlichen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen ergeben, weil bereits nach<br />
altem Recht für die Frage <strong>de</strong>r Verjährung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Deckungsanspruchs die Anspruchserhebung<br />
durch <strong>de</strong>n Dritten entschei<strong>de</strong>nd war<br />
(OLG Karlsruhe GI 2006, 191); dies wird in<br />
<strong>de</strong>r Regel auch <strong>de</strong>r Zeitpunkt <strong>de</strong>r Kenntniserlangung<br />
sein.<br />
Eine Verän<strong>de</strong>rung ergibt sich nur insoweit,<br />
als die Verjährungsfrist nunmehr drei statt<br />
zwei Jahre beträgt.<br />
5. Direktanspruch <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten<br />
Bislang hatte <strong>de</strong>r Dritte gegen <strong>de</strong>n Haftpflichtversicherer<br />
nie einen eigenen direkten<br />
Anspruch. Letztlich war er darauf angewiesen,<br />
seinen Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch gegen<br />
<strong>de</strong>n Versicherungsnehmer gerichtlich titulieren<br />
zu lassen. Mithilfe dieses Titels hatte er<br />
sodann die Möglichkeit, <strong>de</strong>n Freistellungsanspruch<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers gegen <strong>de</strong>n<br />
Versicherer zu pfän<strong>de</strong>n und sich überweisen<br />
zu lassen.<br />
Diese Möglichkeit besteht auch noch nach<br />
neuem Recht (Schwintowski/Brömmelmeyer,<br />
Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht,<br />
§ 115 Rn 7), allerdings hat <strong>de</strong>r<br />
Geschädigte nunmehr unter <strong>de</strong>n engen<br />
Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 115 VVG auch die<br />
Möglichkeit, <strong>de</strong>n Haftpflichtversicherer<br />
direkt in Anspruch zu nehmen. Die für die<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflicht-Versicherung<br />
relevanten Fälle sind in § 115 Abs. 1 Nr. 1<br />
und Nr. 2 VVG geregelt. Danach besteht die<br />
Möglichkeit, <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherer geltend zu machen,<br />
wenn über das Vermögen <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers<br />
das Insolvenzverfahren eröffnet<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Eröffnungsantrag mangels Masse<br />
abgewiesen wor<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r ein vorläufiger<br />
Insolvenzverwalter bestellt wor<strong>de</strong>n ist. Ferner<br />
ist ein Direktanspruch gegeben, wenn <strong>de</strong>r<br />
Aufenthalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers unbekannt<br />
ist; an die Feststellung dieser Voraussetzungen<br />
sind jedoch hohe Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
zu stellen (Baumann/Sandkühler, Das neue<br />
Versicherungsvertragsgesetz, S. 118).<br />
Der Umfang <strong>de</strong>r Leistungspflicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
richtet sich grundsätzlich nach <strong>de</strong>r<br />
Einstandspflicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers<br />
(Akzessorietät); bei § 115 VVG han<strong>de</strong>lt es sich<br />
um einen Fall <strong><strong>de</strong>s</strong> gesetzlichen Schuldbeitritts.<br />
Der Versicherer kann in <strong>de</strong>m gegen ihn<br />
geführten Prozess sämtliche Einwendungen<br />
und Einre<strong>de</strong>n erheben, die auch <strong>de</strong>m Versicherungsnehmer<br />
im Haftungsprozess zugestan<strong>de</strong>n<br />
hätten bzw. zustehen wür<strong>de</strong>n.<br />
Darüber hinaus kann <strong>de</strong>r Versicherer natürlich<br />
auch Einwendungen aus <strong>de</strong>m Versicherungsverhältnis<br />
erheben, beispielsweise<br />
wenn <strong>de</strong>r geltend gemachte Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />
nicht unter das vom Versicherungsvertrag<br />
ge<strong>de</strong>ckte Risiko fällt. Zu <strong>de</strong>nken<br />
ist hier neben <strong>de</strong>n ausdrücklich geregelten<br />
Risikoausschlüssen vor allem auch an die<br />
nicht ge<strong>de</strong>ckten Erfüllungsersatzansprüche<br />
(siehe hierzu Hinweise zur Berufshaftpflichtversicherung,<br />
GI 1983, 12).<br />
Der vom Versicherungsnehmer zu tragen<strong>de</strong><br />
Selbstbehalt kann allerdings künftig <strong>de</strong>m<br />
Dritten nicht mehr entgegengehalten wer<strong>de</strong>n,<br />
§ 114 Abs. 2 S. 2 VVG. Die Einwendungen<br />
und Einre<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>r Versicherer<br />
erheben kann, beziehen sich jedoch nicht<br />
auf Obliegenheiten, gegen die <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
verstoßen hat. Ein Verstoß<br />
gegen Obliegenheiten führt grundsätzlich<br />
nicht zum Erlöschen <strong>de</strong>r Eintrittspflicht im<br />
Außenverhältnis.<br />
Die Verjährung <strong><strong>de</strong>s</strong> Direktanspruchs unterliegt<br />
<strong>de</strong>r gleichen Verjährung wie <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer.<br />
Sie beginnt mit <strong>de</strong>m Zeitpunkt,<br />
zu <strong>de</strong>m die Verjährung <strong><strong>de</strong>s</strong> Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruchs<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer<br />
beginnt. Dieser Gleichlauf <strong>de</strong>r Verjährung<br />
wird dadurch konsequent fortgesetzt, dass<br />
die Hemmung, die Ablaufhemmung und <strong>de</strong>r<br />
Neubeginn <strong>de</strong>r Verjährung auch gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Versicherungsnehmer und umgekehrt<br />
wirken.<br />
Nach <strong>de</strong>r Anmeldung <strong><strong>de</strong>s</strong> Direktanspruchs<br />
verjährt also bis zur Beendigung <strong>de</strong>r dadurch<br />
bewirkten Hemmung auch <strong>de</strong>r gegen <strong>de</strong>n<br />
Versicherungsnehmer gerichtete Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />
nicht. Dies soll auch dann<br />
gelten, wenn <strong>de</strong>r geltend gemachte Anspruch<br />
die Deckungssumme übersteigt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ver-<br />
3_ 10 SteuerConsultant 45
KANZLEI & PERSÖNLICHES Kanzleimanagement<br />
sicherer im Innenverhältnis leistungsfrei ist<br />
(Schwintowski/Brömmelmeyer, a. a. O., § 115<br />
Rn 31). Die Verjährung wird einseitig durch<br />
die bloße Anmeldung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs beim<br />
Versicherer gehemmt. Erfor<strong>de</strong>rlich ist aber,<br />
dass die Anmeldung durch <strong>de</strong>n geschädigten<br />
Dritten erfolgt.<br />
Eine Anmeldung <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsfalles<br />
allein durch <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer hat<br />
grundsätzlich keine verjährungshemmen<strong>de</strong><br />
Wirkung, da er durch die Anmeldung nur<br />
seinen versicherungsrechtlichen Obliegenheiten<br />
nachkommen will (OLG München<br />
VersR 1975, 510). Die Hemmung <strong>de</strong>r Verjährung<br />
wirkt bis zu <strong>de</strong>m Zeitpunkt, zu <strong>de</strong>m die<br />
abschließen<strong>de</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
<strong>de</strong>m Anspruchsteller in Schriftform zugeht.<br />
Auf die Rechtsprechung zur Beendigung <strong>de</strong>r<br />
Hemmung <strong>de</strong>r Verjährung bei Einschlafenlassen<br />
von Verhandlungen (BGH NJW-RR 2001,<br />
1168) kommt es hier also nicht an.<br />
Welche Anfor<strong>de</strong>rungen an die Anmeldung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs zu stellen sind, ergibt sich<br />
aus <strong>de</strong>m Gesetz nicht ein<strong>de</strong>utig. Die Anmeldung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs soll jedoch <strong>de</strong>m Versicherer<br />
eine Vorstellung vom ungefähren<br />
Umfang <strong><strong>de</strong>s</strong> Scha<strong>de</strong>ns und damit seiner Leistungspflicht<br />
geben (OLG Düsseldorf NJW-<br />
RR 1990, 472). Es reicht <strong>de</strong>mnach nicht aus,<br />
wenn <strong>de</strong>r Anspruchsteller sich alleine darauf<br />
beschränkt, die Pflichtverletzung, die <strong>de</strong>m<br />
Versicherungsnehmer vorzuwerfen ist, im<br />
Einzelnen darzulegen.<br />
Ob <strong>de</strong>m Anspruchsteller ein Scha<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n<br />
ist, richtet sich vielmehr nach <strong>de</strong>r<br />
Alternativgestaltung, die er bei ordnungsgemäßer<br />
Beratung gewählt hätte (BGH DStR<br />
2008, 1306). Auch diese Alternativgestaltung<br />
ist substantiiert darzulegen; an<strong>de</strong>rnfalls hat<br />
die Anmeldung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs keine verjährungshemmen<strong>de</strong><br />
Wirkung.<br />
6. Umfang <strong>de</strong>r Leistungspflicht<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Dritten<br />
In welchem Umfang <strong>de</strong>r Versicherer gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Dritten leistungspflichtig ist, wenn<br />
ein sogenanntes „krankes“ Versicherungsverhältnis<br />
vorliegt, regelt § 117 VVG. Das kranke<br />
Versicherungsverhältnis ist dadurch geprägt,<br />
dass <strong>de</strong>r Versicherer im Innenverhältnis, also<br />
im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer,<br />
leistungsfrei ist.<br />
Die Grün<strong>de</strong> hierfür können beispielsweise<br />
in Obliegenheitsverletzungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers<br />
liegen. Dieses kranke Versicherungsverhältnis<br />
kann <strong>de</strong>m Dritten nicht<br />
entgegengehalten wer<strong>de</strong>n; im Verhältnis zu<br />
ihm wird vielmehr ein Versicherungsverhältnis<br />
fingiert (BGH GI 2003, 161).<br />
Sofern das kranke Versicherungsverhältnis<br />
dazu führt, dass seitens <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
im Innenverhältnis keine Leistungen mehr<br />
erbracht wer<strong>de</strong>n müssen, hat dies auf Seiten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsnehmers zur Folge, dass<br />
er gegenüber <strong>de</strong>m Versicherer keine Mitwirkungspflichten<br />
mehr hat. Befriedigt jedoch<br />
<strong>de</strong>r Versicherer <strong>de</strong>n Dritten, geht <strong><strong>de</strong>s</strong>sen For<strong>de</strong>rung<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer auf<br />
<strong>de</strong>n Versicherer über.<br />
Das Urteil, das <strong>de</strong>r Dritte gegen <strong>de</strong>n Versicherer<br />
erwirkt hat, hat für <strong>de</strong>n Regressanspruch<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer Bindungswirkung<br />
(Schwintowski/Brömmelmeyer, a. a.<br />
O., § 17 Rn 7), so dass <strong>de</strong>r Versicherungsnehmer<br />
faktisch auch im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> kranken<br />
Versicherungsverhältnisses gehalten ist, <strong>de</strong>n<br />
» Tipp<br />
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Haftrechtsprechung <strong>de</strong>r<br />
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Versicherer weiter zu unterstützen.<br />
Der Umfang <strong>de</strong>r Leistungspflicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherers<br />
besteht nur im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> versicherten<br />
Risikos und nur in <strong>de</strong>m Umfang, als<br />
läge ein gesun<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsverhältnis<br />
vor (BT-Drucks. 16/3945 S. 89). Die im Versicherungsverhältnis<br />
relevanten Risikoausschlüsse<br />
kommen daher auch hier zum Tragen.<br />
Schließlich besteht die Leistungspflicht<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Dritten nur im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tversicherungssumme.<br />
Eine höher vereinbarte Deckungssumme<br />
kommt <strong>de</strong>m Dritten nicht zugute.<br />
7. Obliegenheiten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten<br />
Die §§ 119, 120 VVG regeln die Obliegenheiten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten gegenüber <strong>de</strong>m Versicherer<br />
und die Rechtsfolgen eines Verstoßes. Danach<br />
hat <strong>de</strong>r Dritte ein Scha<strong>de</strong>nereignis, aus <strong>de</strong>m<br />
er einen Anspruch nach § 115 Abs. 1 VVG<br />
herleiten will, <strong>de</strong>m Versicherer innerhalb von<br />
zwei Wochen, nach<strong>de</strong>m er von <strong>de</strong>m Scha<strong>de</strong>nereignis<br />
Kenntnis erlangt hat, in Textform<br />
anzuzeigen. Ebenfalls hat er <strong>de</strong>m Versicherer<br />
unverzüglich in Textform anzuzeigen, wenn<br />
er <strong>de</strong>n Anspruch gegen <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer<br />
gerichtlich geltend macht.<br />
Diese Anzeigeobliegenheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten besteht<br />
unabhängig davon, ob ein krankes o<strong>de</strong>r ein<br />
gesun<strong><strong>de</strong>s</strong> Versicherungsverhältnis vorliegt.<br />
Die Anzeige bei einer gerichtlichen Geltendmachung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Anspruchs hat in <strong>de</strong>r Form zu<br />
erfolgen, dass es <strong>de</strong>m Versicherer möglich ist,<br />
bei <strong>de</strong>r gerichtlichen Feststellung <strong><strong>de</strong>s</strong> Scha<strong>de</strong>ns<br />
und <strong>de</strong>r Ansprüche mitzuwirken und<br />
seine Interessen zu vertreten. Hierzu gehört<br />
es, das Datum <strong>de</strong>r eingereichten Klage und<br />
das angerufene Gericht mitzuteilen sowie<br />
eine Kopie <strong>de</strong>r Klageschrift zur Verfügung<br />
zu stellen; die Pflichten gehen weiter, wenn<br />
bereits zuvor mit <strong>de</strong>m Versicherer korrespondiert<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
In diesem Fall sind auch das Aktenzeichen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Verfahrens, eventuelle Termine sowie allgemein<br />
<strong>de</strong>r Stand <strong><strong>de</strong>s</strong> Verfahrens mitzuteilen<br />
(Schwintowski/Brömmelmeyer, a. a. O., § 119<br />
Rn 28 mwN).<br />
Eine Obliegenheitsverletzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten<br />
führt nicht dazu, dass dieser seinen Anspruch<br />
gegen <strong>de</strong>n Versicherer verliert. Rechtsfolge<br />
ist vielmehr, dass sich die Ersatzpflicht <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Versicherers darauf beschränkt, wie er stün<strong>de</strong>,<br />
wenn die Obliegenheit ordnungsgemäß<br />
erfüllt wor<strong>de</strong>n wäre; auf diese Rechtsfolge<br />
muss allerdings <strong>de</strong>r Versicherer hinweisen<br />
(§ 120 VVG). Bei fehlen<strong>de</strong>r Unterrichtung hat<br />
das Haftpflichturteil gegenüber <strong>de</strong>m Versicherer<br />
keine Bindungswirkung.<br />
Bei Pfändung und Überweisung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Deckungsanspruchs kann er daher Grund<br />
und Umfang <strong>de</strong>r Haftung bestreiten (vgl. OLG<br />
Düsseldorf NJW-RR 2000, 248); die durch <strong>de</strong>n<br />
Haftungsprozess verursachten Kosten hat <strong>de</strong>r<br />
Versicherer dann ebenfalls nicht zu übernehmen<br />
(Schwintowski/Brömmelmeyer, a. a. O.,<br />
§§ 119, 120 Rn 51).<br />
Bis die erste Rechtsprechung speziell zu Fragen,<br />
die das VVG n. F. betreffen und für die<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflichtversicherung<br />
von Relevanz sind, ergangen ist, wird noch<br />
einige Zeit verstreichen. Das VVG a. F. hat,<br />
wie eingangs dargestellt, auch nach wie vor<br />
noch erhebliche Be<strong>de</strong>utung.<br />
RA Rafael Meixner<br />
ist seit <strong>de</strong>m Jahr 2001 bei HDI-Gerling Firmen<br />
und Privat Versicherung AG, Hannover, in<br />
<strong>de</strong>r Vermögensscha<strong>de</strong>nhaftpflicht-Abteilung<br />
beschäftigt.<br />
Hier ist Meixner zuständig für Scha<strong>de</strong>nfälle<br />
von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern,<br />
Rechtsanwälten und Notaren.<br />
E-Mail: info@hdi-gerling.<strong>de</strong><br />
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KANZLEI & PERSÖNLICHES Serie Marketing<br />
Suchmaschinenoptimierung<br />
Wer sucht, sollte fin<strong>de</strong>n<br />
Suchmaschinen wie Google gelten als Ergänzung o<strong>de</strong>r aber Nachfolge <strong><strong>de</strong>s</strong> Telefonbuchs.<br />
Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, kurz SEO) <strong>de</strong>r eigenen Kanzlei-<br />
Webseite ist heute praktisch Pflicht, um in <strong>de</strong>r Flut <strong>de</strong>r Angebote nicht unterzugehen.<br />
Sie können als Steuerberater die besten<br />
Angebote, die tollsten Mitarbeiter und günstigsten<br />
Preise haben, wenn dies potenzielle<br />
Mandanten nicht wissen, nützt Ihnen das gar<br />
nichts. Daher ist die Suchmaschinenoptimierung,<br />
kurz SEO, wichtig: Fin<strong>de</strong>n Interessenten<br />
Ihre Kanzlei im Web, ist dies <strong>de</strong>r erste richtige<br />
Schritt, sie auch weiterzuempfehlen.<br />
SEO sorgt dafür, Besucher und insbeson<strong>de</strong>re<br />
die „interessanten“ darunter auf Ihre Homepage<br />
zu lenken. Denken Sie <strong><strong>de</strong>s</strong>wegen schon<br />
bei <strong>de</strong>r Erstellung <strong>de</strong>r Webseite an SEO. Vor<br />
Beginn sollten Sie sich genau überlegen, was<br />
Sie im Web erreichen möchten:<br />
Welche Dienstleistungen zeichnen Ihre<br />
Kanzlei aus?<br />
Welche Mandanten wollen Sie ansprechen -<br />
Grün<strong>de</strong>r, Ärzte o<strong>de</strong>r Gastronomen?<br />
Dieses Konzept bestimmt bereits <strong>de</strong>n Aufbau<br />
und die Gestaltung <strong>de</strong>r Seite mit, die<br />
für bestimmte Suchbegriffe optimiert wer<strong>de</strong>n<br />
soll.<br />
Mit welchen Wörtern wird <strong>de</strong>r Mandant<br />
suchen? Sie benötigen zunächst gar keine<br />
exakten Suchbegriffe, nur ein paar Anknüpfungspunkte<br />
für die weitere Recherche.<br />
Wie sieht es im Wettbewerbsumfeld aus?<br />
Schätzen Sie die Lage ein. Es ist beispielsweise<br />
völlig unrealistisch zu <strong>de</strong>nken, mit<br />
<strong>de</strong>n Schlagworten „Steuerberater“ und „Berlin“<br />
ganz oben auf <strong>de</strong>r ersten Ergebnisseite<br />
zu lan<strong>de</strong>n.<br />
Um ein dauerhaft zufrie<strong>de</strong>nstellen<strong><strong>de</strong>s</strong> Ergeb-<br />
Johann Aglas<br />
ist Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>r Atikon Marketing<br />
& Werbung GmbH im<br />
österreichischen Leonding.<br />
Atikon hat sich<br />
auf das Marketing und<br />
die Homepage-Gestaltung<br />
für Steuerberater<br />
spezialisiert.<br />
E-Mail: johann.aglas@atikon.com<br />
www.atikon.com<br />
nis zu erzielen, braucht es vor allem zwei Faktoren:<br />
Zeit und eine Agentur, die sich ständig<br />
darum kümmert. Denn normalerweise wird<br />
eine neue Homepage innerhalb von sechs bis<br />
acht Wochen in <strong>de</strong>n Suchmaschinenin<strong>de</strong>x<br />
aufgenommen, allerdings ist das Ranking nur<br />
mäßig bis schlecht, eine Vorsichtsmaßnahme,<br />
um kurzfristigen Spam zu verhin<strong>de</strong>rn.<br />
Homepage muss von Suchmaschine<br />
für gut befun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
Eine Homepage muss sich erst profilieren<br />
um für „gut“ befun<strong>de</strong>n zu wer<strong>de</strong>n, aber <strong>de</strong>r<br />
Vorgang lässt sich nicht beschleunigen. Erfahrungsgemäß<br />
verbessert sich das Ranking nach<br />
<strong>de</strong>r Aufnahme in <strong>de</strong>n In<strong>de</strong>x ständig, kann<br />
sogar mehrere Monate dauern, in einem heiß<br />
umkämpften Markt sogar Jahre.<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r Agentur ist es, diesen Prozess zu<br />
überwachen. Falls sich das Ranking nicht wie<br />
gewünscht entwickelt, können Profis spezielle<br />
Maßnahmen ergreifen. Suchmaschinenbetreiber<br />
än<strong>de</strong>rn zu<strong>de</strong>m ständig ihre Verfahren:<br />
Ist etwa eine Homepage heute gut gerankt,<br />
kann dies schon morgen an<strong>de</strong>rs sein. Wenn<br />
die Suchmaschine die richtigen Infos erhält,<br />
was Sie auf Ihrer Webseite anbieten, kann sie<br />
potenzielle Mandanten auf Ihre Kanzlei-Seite<br />
führen. SEO-Experten wissen, wie Sie Ihre<br />
Homepage bereits bei <strong>de</strong>r Erstellung so konzipieren,<br />
dass Suchmaschinen sie bestmöglich<br />
„lesen“ können.<br />
Ein Beispiel: Ein Chocolatier hat sich auf Pralinen<br />
spezialisiert und sich für je<strong>de</strong> seiner Kreationen<br />
einen innovativen Namen, wie „Amelie“<br />
o<strong>de</strong>r „Diana“ überlegt. Er stellt tolle Fotos auf<br />
seine Seite, die „zum Anbeißen“ aussehen und<br />
schreibt <strong>de</strong>n Namen und <strong>de</strong>n Preis darunter.<br />
Aber: Suchmaschinen können nur Namen und<br />
Preise <strong>de</strong>r Pralinen fin<strong>de</strong>n und daher mit diesen<br />
Informationen wenig anfangen. Dadurch<br />
wer<strong>de</strong>n zum Beispiel über Google kaum Besucher<br />
auf diese Seite kommen.<br />
Lösung: Der Chocolatier muss <strong>de</strong>r Suchmaschine<br />
die Pralinen ausführlich mit Worten<br />
beschreiben, ihren Geschmack und Geruch,<br />
die Verpackung o<strong>de</strong>r Motive auf <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn<br />
„erklären“. Somit ist es Suchmaschinen mög-<br />
» Serienplaner<br />
Teil 40 –<br />
SteuerConsultant 02/2010<br />
Corporate Wording<br />
Teil 41 –<br />
SteuerConsultant 03/2010<br />
Suchmaschinenmarketing<br />
Teil 42 –<br />
SteuerConsultant 04/2010<br />
Kanzlei als Marke<br />
Abonnenten-Service<br />
Abonnenten können im Internet<br />
unter www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
das Themenarchiv nutzen und<br />
unter an<strong>de</strong>rem alle Teile <strong>de</strong>r Serie<br />
„Marketing“ kostenlos nachlesen.<br />
lich, hier einen Zusammenhang zwischen<br />
„leckere Pralinen“ und <strong>de</strong>r betroffenen Webseite<br />
herzustellen. Wer auf <strong>de</strong>r Suche nach diesen<br />
süßen Köstlichkeiten ist, <strong>de</strong>m wird dann<br />
zum Beispiel von Google „<strong>de</strong>r Weg gezeigt“.<br />
I<strong>de</strong>alerweise verlinken an<strong>de</strong>re Webseiten mit<br />
<strong>de</strong>m Hinweis „Hier fin<strong>de</strong>n Sie leckere Pralinen!“<br />
auf die Webseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Chocolatiers und<br />
empfehlen diesen somit weiter.<br />
SEO ist ein Rennen um die vor<strong>de</strong>rsten Platzierungen.<br />
Wichtig dabei ist es, fair zu bleiben<br />
– man spricht von ethischer Suchmaschinenoptimierung.<br />
Es gibt auch illegitime Metho<strong>de</strong>n,<br />
die Webseiten durch Spam-Praktiken unter<br />
Umstän<strong>de</strong>n schnell auf die besten Plätze zu<br />
beför<strong>de</strong>rn. Derartige Techniken können Sie<br />
getrost an<strong>de</strong>ren überlassen, auf lange Sicht<br />
lohnt sich das nicht. Denn die Suchmaschinen<br />
erkennen solche Tricks, verbannen diese<br />
Seiten aus <strong>de</strong>ren In<strong>de</strong>x und „bestrafen“ –<br />
auch nach „Bereinigung“ <strong>de</strong>r Webseite – die<br />
damit in Zusammenhang stehen<strong>de</strong>n Inhalte<br />
und Internet-Adressen. Oft wer<strong>de</strong>n sie lange<br />
Zeit mit niedriger Relevanz und somit einer<br />
schlechten Platzierung gewertet. Dennoch:<br />
Richtig gemachte Suchmaschinenoptimierung<br />
gibt Ihnen eine günstige Möglichkeit, sich im<br />
Wettkampf zu positionieren.<br />
48 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
7. Deutscher Finanzgerichtstag in Köln<br />
Steuerrecht in<br />
<strong>de</strong>r Finanzkrise<br />
Wirtschaftsfreiheit, Grenzen <strong>de</strong>r staatlichen Gestaltungsmacht, Notwendigkeit<br />
steuerlicher Lenkungsmaßnahmen, Risiken <strong>de</strong>r Krise für Wohlstand und Demokratie –<br />
auf <strong>de</strong>m 7. Deutschen Finanzgerichtstag in Köln wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n über 350 Kongressbesuchern<br />
aus Finanzgerichtsbarkeit, Lehre, Verwaltung und Beratung ein breites<br />
Themenspektrum geboten.<br />
Jürgen Brandt, Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>s</strong> Deutschen<br />
Finanzgerichtstags, for<strong>de</strong>rte in seiner Begrüßung<br />
von <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>regierung die versprochenen<br />
Steuervereinfachungen ein. Klarheit<br />
und Verständlichkeit, so Brandt, seien ein<br />
Grundanliegen und auch ohne Steuersenkungen<br />
zu bewerkstelligen.<br />
Eine Feststellung, <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>finanzhof-Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Dr. h.c. Wolfgang Spindler beipflichtete.<br />
Verständliches Steuerrecht sei, so Spindler,<br />
eine gesetzgeberische Pflicht, keine Kür. Nur<br />
ein verständliches Steuerrecht wer<strong>de</strong> auch<br />
akzeptiert. Elementar für die Steuermoral<br />
sei auch die Frage <strong>de</strong>r Akzeptanz <strong><strong>de</strong>s</strong> Steuerrechts,<br />
erklärte er. Sein Rezept: Das Steuerrecht<br />
müsse von Lenkungsmaßnahmen entschlackt<br />
wer<strong>de</strong>n. Spindler betonte auch die<br />
richterliche Verantwortung für Steuerrechtsvereinfachung<br />
und -klarheit. Selbstkritisch<br />
merkte er an, dass einige Finanzgerichtsurteile<br />
aber eher zur Verunsicherung beitrügen,<br />
statt Klarheit zu schaffen.<br />
Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Steuersenkungs<strong>de</strong>batten<br />
erklärte Kölns neuer Oberbürgermeister<br />
Jürgen Roters die kommunalen Nöte<br />
<strong>de</strong>r Stadt. Die Krise sei hier verspätet, dafür<br />
aber mit voller Wucht angekommen. Allein<br />
in Köln sei das Gewerbesteueraufkommen<br />
um 20 Prozent zurückgegangen. Der städtische<br />
Haushalt umfasst 3,1 Milliar<strong>de</strong>n Euro,<br />
das Defizit liege bei 540 Millionen Euro.<br />
Wegen <strong>de</strong>r Anhebung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rfreibeträge<br />
durch das Wachstumsbeschleunigungs-<br />
Prof. Dr. Claudia Ossola-Haring<br />
ist Rektorin <strong>de</strong>r Fachhochschule im<br />
ba<strong>de</strong>n-württembergischen Calw und feste<br />
freie Mitarbeiterin <strong><strong>de</strong>s</strong> SteuerConsultants.<br />
E-Mail: claudia.ossola-haring@haufe.<strong>de</strong><br />
gesetz kämen neun Millionen Euro weniger<br />
in die Stadtkasse. Roters Fazit: Die Kommunen<br />
sind strukturell unterfinanziert, er<br />
for<strong>de</strong>rt eine Neugestaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Strukturausgleichs.<br />
Mit <strong>de</strong>m augenzwinkern<strong>de</strong>n Bekenntnis von<br />
Heiner Geißler, ehemaliger CDU-Generalsekretär,<br />
er habe in seinem politischen Leben<br />
noch nie mit Finanzrichtern zu tun gehabt<br />
startete er seinen Vortrag „Die Risiken <strong>de</strong>r<br />
Weltfinanzkrise für Wohlstand und Demokratie“.<br />
Warum, so fragte Geißler, dürfe o<strong>de</strong>r<br />
müsse <strong>de</strong>r Staat Banken retten, nicht aber<br />
ein Land wie Griechenland? Warum habe die<br />
Finanzindustrie so großen Einfluss bekommen?<br />
Weil, so seine Antwort, ein Betrag von<br />
rund 100 Billionen US-Dollar keinen realen<br />
Gegenwert, zum Beispiel durch das Weltinlandsprodukt,<br />
habe.<br />
Geißler: „Realwirtschaft steht<br />
im Bann <strong>de</strong>r Finanzindustrie“<br />
Die Realwirtschaft stehe im Bann <strong>de</strong>r Finanzindustrie<br />
und habe in <strong>de</strong>n USA einen Anteil<br />
von 43 Prozent an <strong>de</strong>r Gesamtwirtschaft, so<br />
Geißler: „Hier we<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Schwanz mit <strong>de</strong>m<br />
Hund“ und „Der Diener wird zum Herrn“.<br />
Dieser Kapitalismus habe nichts mit sozialer<br />
Marktwirtschaft zu tun. Ohne geordneten<br />
Wettbewerb gäbe es nur Oligopole und Monopole.<br />
Mit <strong>de</strong>r Globalisierung <strong>de</strong>r Wirtschaft,<br />
so Geißler, habe <strong>de</strong>r Untergang <strong>de</strong>r sozialen<br />
Marktwirtschaft begonnen.<br />
Bei <strong>de</strong>n Steuern sei <strong>de</strong>r philosophische<br />
Aspekt verloren gegangen, es wer<strong>de</strong> nur noch<br />
„fiskalisiert“. Die Abschaffung <strong>de</strong>r Pendlerpauschale<br />
sei aus Fiskalgesichtspunkten<br />
heraus richtig gewesen, habe jedoch ein<br />
„katastrophales“ Menschenbild vermittelt:<br />
Steuerpolitik sei Gesellschafts- und Sozialpolitik.<br />
Ausgaben für Sozialpolitik seien kein<br />
„verlorenes“ Geld.<br />
Der Finanzgerichtstag fand dieses<br />
Jahr zum siebten Mal in Köln statt.<br />
Über „Wirtschaftsfreiheit und Gestaltungsmacht<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Staates auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundgesetzes“<br />
sprach <strong>de</strong>r Verfassungsrichter<br />
Michael Eichberger. Kerstin Schnei<strong>de</strong>r von<br />
<strong>de</strong>r Wuppertaler „Schumpeter School of<br />
Business and Economics“ analysierte „Notwendigkeit<br />
und Grenzen steuerpolitischer<br />
Lenkungsmaßnahmen in <strong>de</strong>r Finanzkrise“.<br />
Welchen „Anfor<strong>de</strong>rungen an das Unternehmenssteuerrecht<br />
in <strong>de</strong>r Finanzkrise“ genügen<br />
müsse, erklärte Wolfgang Haas, Leiter<br />
<strong>de</strong>r BASF-Steuerabteilung. Norbert Herzig<br />
von <strong>de</strong>r Kölner Universität referierte über die<br />
„Finanzkrise und Reform <strong><strong>de</strong>s</strong> Bilanzsteuerrechts“,<br />
Finanzrichter Matthias Loose zeigte<br />
„Das Spannungsverhältnis von Insolvenz-<br />
und Steuerrecht“ auf.<br />
» Termin<br />
Der 8. Finanzgerichtstag fin<strong>de</strong>t<br />
am 24. Januar 2011 in Köln statt.<br />
Das Thema „Steuerrechtsgestaltung in <strong>de</strong>r<br />
Finanzkrise“, mo<strong>de</strong>riert von Finanzrichter<br />
Hans Peter Korte, diskutierten Steffen<br />
Neumann, Finanzministerium Nordrhein-<br />
Westfalen, WP/StB Harald Elster, Präsi<strong>de</strong>nt<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Steuerberaterverbands Köln, Ekkehart<br />
Reimer, Universität Hei<strong>de</strong>lberg, RA Harald<br />
Schaumburg, Bonn, Karoline Linnert, Senatorin<br />
für Finanzen und Bürgermeisterin <strong>de</strong>r<br />
Freien Hansestadt Bremen, sowie MdB Volker<br />
Wissing (FDP).<br />
Fazit: Auf <strong>de</strong>r Kölner Steuerfachtagung wur<strong>de</strong>n<br />
viele Antworten gegeben und noch mehr<br />
Fragen gestellt, welchen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
das Steuerrecht in einer (Finanz-)Krise genügen<br />
muss.<br />
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in <strong>de</strong>r Berufswelt, die erfor<strong>de</strong>rlichen fachwissenschaftlichen<br />
Kenntnisse und Metho<strong>de</strong>n so<br />
vermitteln, dass es sie zu wissenschaftlicher<br />
Reflexion, zur Anwendung wissenschaft-<br />
licher Erkenntnisse, Metho<strong>de</strong>n und zu verantwortlichem<br />
Han<strong>de</strong>ln in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Berufsfel<strong>de</strong>rn befähigt.<br />
Basis <strong><strong>de</strong>s</strong> Masterstudiengangs soll ein sechssemestriges<br />
Bachelorstudiums in Betriebswirtschaftslehre<br />
– o<strong>de</strong>r eines an<strong>de</strong>ren<br />
gleichwertigen Studiums – sein, das mit <strong>de</strong>m<br />
Bachelor of Science abschließt.<br />
Im Masterstudiengang sollen <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n<br />
vertiefte Kenntnisse, Metho<strong>de</strong>n und Theorien<br />
sowie für <strong>de</strong>ren Anwendung notwendige<br />
Qualifikationen zu betriebswirtschaftlichen<br />
Berufsfel<strong>de</strong>rn wie etwa <strong>de</strong>r Steuerberatung,<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfung, <strong>de</strong>r Revision o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensberatung vermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />
SteuerConsultant: Welche Zielgruppen<br />
haben Sie mit Ihrem Studiengang im Fokus<br />
– außer <strong>de</strong>n Absolventen eines betriebswirtschaftlichen<br />
Bachelorstudiums und<br />
Absolventen <strong><strong>de</strong>s</strong> 1. juristischen Staatsexamens?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Als Zielgruppe<br />
kommen grundsätzlich Absolventen infrage,<br />
die einen Bachelorstudiengang mit einem<br />
hinreichen<strong>de</strong>n betriebswirtschaftlichen<br />
Anteil abgeschlossen haben.<br />
Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften,<br />
Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht<br />
„Mit <strong>de</strong>n fachlichen Inhalten <strong>de</strong>r Module <strong><strong>de</strong>s</strong> Masterstudiengangs<br />
wer<strong>de</strong>n die Anfor<strong>de</strong>rungen in Bezug auf das Wirtschaftsprüferexamen<br />
erfüllt, hinsichtlich ihrer Vertiefung gehen die Inhalte sogar teilweise<br />
über die Anfor<strong>de</strong>rungen hinaus.“ Prof. Dr. Rainer Heurung, Universität Siegen<br />
<strong>de</strong>r Universität Siegen beispielsweise zeichnet<br />
sich durch seine Interdisziplinarität<br />
aus.<br />
Deswegen gelten neben Absolventen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
betriebswirtschaftlichen Bachelorstudiums<br />
auch Absolventen <strong><strong>de</strong>s</strong> Studiengangs Wirtschaftsinformatik<br />
und Wirtschaftsrecht als<br />
Zielgruppen. Ebenso gehören hier Absolventen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> 1. juristischen Staatsexamens<br />
dazu, da aufgrund einer Anrechnungsmöglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Teilprüfung „Wirtschaftsrecht“<br />
im späteren Wirtschaftsprüfungsexamen<br />
<strong>de</strong>r Zugang zum Beruf „Wirtschaftsprüfer“<br />
erleichtert wird.<br />
Insgesamt stehen Absolventen eines betriebs-<br />
wirtschaftlichen Bachelorstudiums und <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
1. Juristischen Staatsexamens dabei stärker<br />
im Fokus <strong><strong>de</strong>s</strong> Masterstudiengangs. Steuerberater<br />
mit langjähriger Berufserfahrung<br />
hingegen nicht.<br />
SteuerConsultant: Wie viele Anmeldungen<br />
haben Sie für das erste Semester gehabt?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Zu Beginn <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Wintersemesters 2009/10 haben 34 Kommilitonen<br />
<strong>de</strong>n Masterstudiengang begonnen.<br />
SteuerConsultant: Die Hochschule für<br />
Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen<br />
in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg bietet <strong>de</strong>n<br />
dreisemestrigen Vollzeit-Masterstudiengang<br />
„Accounting, Auditing und Taxation“<br />
seit 2007 an. War dieser Ausbildungsgang<br />
in irgen<strong>de</strong>iner Weise Vorbild?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Es erfolgte keine<br />
Orientierung an <strong>de</strong>m Masterstudiengang <strong>de</strong>r<br />
Kollegen aus Nürtingen-Geislingen.<br />
SteuerConsultant: Sie verweisen in Ihren<br />
Online-Informationen unter an<strong>de</strong>rem<br />
darauf, dass im Hinblick auf das Wirtschaftsprüfungsexamen<br />
„erhebliche Teile<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Prüfungsstoffs ... anerkannt wer<strong>de</strong>n<br />
und die Wirtschaftsprüferanwärter nicht<br />
mehr die komplette Prüfung vor <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüferkammer“<br />
ablegen müssen.<br />
Mit wie vielen Stu<strong>de</strong>nten rechnen Sie<br />
langfristig, die mithilfe Ihres Studiums das<br />
Wirtschaftsprüferexamen anstreben?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Genaue Angaben<br />
zu Stu<strong>de</strong>ntenzahlen sind diesbezüglich aufgrund<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> gera<strong>de</strong> gestarteten Studiengangs<br />
noch nicht prognostizierbar.<br />
Nach ersten Befragungen <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten wer-<br />
52 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Professor Dr. Rainer Heurung<br />
ist seit 1998 Inhaber <strong><strong>de</strong>s</strong> Lehrstuhls für<br />
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbeson<strong>de</strong>re<br />
Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche<br />
Steuerlehre an <strong>de</strong>r Universität<br />
Siegen in Nordrhein-Westfalen.<br />
E-Mail: heurung@suwi.uni-siegen.<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n sich rund zwei Drittel <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen<br />
Masterstu<strong>de</strong>nten für ein späteres Wirtschaftsprüferexamen<br />
entschei<strong>de</strong>n. Geht man von<br />
jährlich 50 bis 70 neuen Anmeldungen für<br />
<strong>de</strong>n Masterstudiengang aus, so wür<strong>de</strong>n sich<br />
zukünftig jährlich etwa 40 Stu<strong>de</strong>nten für das<br />
Wirtschaftsprüferexamen entschei<strong>de</strong>n.<br />
SteuerConsultant: Welche Perspektive<br />
haben Ihrer Ansicht nach Stu<strong>de</strong>nten Ihres<br />
Studiengangs, die nicht Wirtschaftsprüfer<br />
wer<strong>de</strong>n wollen?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Der Studiengang<br />
soll neben <strong>de</strong>m Berufsfeld Wirtschaftsprüfung<br />
<strong>de</strong>n Weg zum Berufsfeld <strong>de</strong>r Steuerberatung<br />
ebnen.<br />
Weiterhin qualifiziert <strong>de</strong>r Studiengang die<br />
Studieren<strong>de</strong>n für anspruchsvolle Stellen in<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung und in Unternehmen<br />
– im Bereich <strong>de</strong>r Rechnungslegung, <strong>de</strong>r<br />
internen Revision und im Controlling o<strong>de</strong>r als<br />
Finanzanalyst.<br />
SteuerConsultant: In Ihren Online-Informationen<br />
heißt es auch, dass mit <strong>de</strong>r<br />
Regulierung <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüferordnung<br />
Ausbildung und Zugang zum Beruf <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Wirtschaftsprüfers vereinfacht sei. Rechnen<br />
Sie künftig mit mehr Kandidaten, die<br />
das Wirtschaftsprüfungsexamen ablegen?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Ja. Durch die Novellierung<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftsprüferordnung hat <strong>de</strong>r<br />
Gesetzgeber die Ausbildung und somit <strong>de</strong>n<br />
Zugang zum Beruf <strong><strong>de</strong>s</strong> Wirtschaftsprüfers<br />
vereinfacht. Daraus resultiert die Anerkennung<br />
von Teilprüfungen im Wirtschaftsprüferexamen,<br />
welche bereits im Masterstudiengang<br />
„Accounting, Auditing and Taxation“<br />
erfolgreich abgelegt wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Mit <strong>de</strong>n fachlichen Inhalten <strong>de</strong>r Module <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Masterstudiengangs wer<strong>de</strong>n die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
in Bezug auf das Wirtschaftsprüferexamen<br />
erfüllt, hinsichtlich ihrer Vertiefung<br />
gehen die Inhalte sogar teilweise über<br />
die Anfor<strong>de</strong>rungen hinaus. Somit wird durch<br />
<strong>de</strong>n Masterstudiengang eine optimale Vorbereitung<br />
für ein späteres Wirtschaftsprüferexamen<br />
gewährleistet.<br />
SteuerConsultant: Ihr Studiengang<br />
umfasst vier Vollzeit-Semester. Bieten<br />
Sie das Studium als klassisches Präsenzstudium<br />
an o<strong>de</strong>r überlegen Sie auch, eine<br />
E-Learning-Version über das Internet<br />
anzubieten?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Das Studium wird<br />
als klassisches Präsenzstudium angeboten.<br />
Ein Angebot über „E-Learning“ ist nicht vorgesehen.<br />
SteuerConsultant: Warum sollten sich<br />
Interessenten, die das Wirtschaftsprüfungsexamen<br />
anstreben, gera<strong>de</strong> für Ihren<br />
Studiengang in Siegen entschei<strong>de</strong>n?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Der Masterstudiengang<br />
ist ein anwendungsorientierter<br />
» Informationen<br />
Einzelheiten zum Studiengang<br />
„Master of Accounting, Auditing<br />
and Taxation“ an <strong>de</strong>r Universität<br />
Siegen können Sie unter<br />
www.uni-siegen.<strong>de</strong> abrufen.<br />
Das Gespräch führte<br />
Rüdiger Frisch,<br />
Redakteur SteuerConsultant<br />
Im nächsten SteuerConsultant<br />
lesen Sie ein Interview<br />
mit einem Repräsentanten aus<br />
<strong>de</strong>r Fortbildungsszene.<br />
Studiengang, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Ausbildung sämtliche<br />
Fachgebiete beinhaltet, die im WP-Examen<br />
im Bereich Prüfungswesen und Steuerrecht<br />
gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Damit bietet <strong>de</strong>r Studiengang<br />
eine optimale Vorbereitung auf das<br />
spätere Wirtschaftsprüferexamen.<br />
SteuerConsultant: Wie hoch sind die Studienkosten<br />
pro Semester?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Die Kosten belaufen<br />
sich auf rund 700 Euro, die sich aus Studiengebühren<br />
in Höhe von 500 Euro und zirka<br />
200 Euro für ein Nordrhein-Westfalen-Semester-Ticket<br />
für Stu<strong>de</strong>nten zusammensetzen.<br />
SteuerConsultant: Rechnet sich Ihrer<br />
Ansicht nach langfristig die Fortbildung<br />
zum Wirtschaftsprüfer für bereits berufstätige<br />
Steuerberater ?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Ich <strong>de</strong>nke ja. Die<br />
Wirtschaftsprüfung hat zahlreiche Vorbehaltsaufgaben.<br />
Wirtschaftsprüfer arbeiten<br />
in Berufsfel<strong>de</strong>rn, die übergreifen<strong>de</strong> Kenntnisse<br />
und Erfahrungen in <strong>de</strong>r Betriebswirtschaftslehre<br />
und im Wirtschaftsrecht voraussetzen.<br />
SteuerConsultant: Denken Sie, dass die<br />
Nachfrage nach Wirtschaftsprüfern in <strong>de</strong>n<br />
kommen<strong>de</strong>n fünf bis zehn Jahren zunehmen<br />
wird?<br />
Prof. Dr. Rainer Heurung: Ja. In <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfungspraxis<br />
besteht zurzeit schon<br />
eine hohe Nachfrage an jungen Nachwuchskräften.<br />
Beispielsweise stellt nun die Ausweitung <strong>de</strong>r<br />
Corporate Governance durch <strong>de</strong>n Gesetzgeber<br />
ein typisches Tätigkeitsfeld für Wirtschaftsprüfer<br />
dar.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 53
KANZLEI & PERSÖNLICHES Nachrichten<br />
Immobilienfonds entwickeln sich am besten<br />
Unter <strong>de</strong>n geschlossenen Beteiligungen waren 2009 die Immobilienfonds am gefragtesten. Zwar musste auch<br />
dieses Segment einen Rückgang verkraften, allerdings war dieser geringer als beim Gesamtmarkt.<br />
Initiatoren geschlossener Fonds haben 2009<br />
mit 5,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro bei Anlegern <strong>de</strong>utlich<br />
weniger Eigenkapital als im Jahr zuvor eingesammelt.<br />
Im Vergleich zum Vorjahr ging<br />
das platzierte Eigenkapitalvolumen damit um<br />
46,3 Prozent zurück. Das gesamte Fondsvolumen<br />
umfasste 9,6 Milliar<strong>de</strong>n Euro, was<br />
einem Rückgang gegenüber <strong>de</strong>m Vorjahr um<br />
46,7 Prozent entspricht. Diese Zahlen hat die<br />
Gesamtmarktstudie <strong>de</strong>r Beteiligungsmo<strong>de</strong>lle<br />
2010 ergeben, die Feri Euro Rating Services<br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>regierung: Kurzarbeiterregeln<br />
könnten gelockert wer<strong>de</strong>n<br />
aus Bad Homburg Mitte Februar veröffentlicht<br />
hat. Immobilienfonds konnten ihren Marktanteil<br />
von 34 auf 46,1 Prozent ausbauen. Beim<br />
platzierten Eigenkapital mussten sie einen<br />
Rückgang um 27,3 Prozent hinnehmen. Nach<br />
3,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro 2008 reichte es 2009 nur<br />
noch für 2,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro.<br />
Eine Ausnahme bil<strong>de</strong>n Immobilienfonds mit<br />
<strong>de</strong>m Investitionsziel Deutschland. Sie konnten<br />
Feri zufolge das Platzierungsergebnis aus<br />
<strong>de</strong>m Jahr 2008 mit knapp über einer Milliar<strong>de</strong><br />
Euro Eigenkapital halten.<br />
An<strong>de</strong>rs als <strong>de</strong>r Verband geschlossener Fonds,<br />
<strong>de</strong>r für Deutschland-Immobilienfonds einen<br />
Zuwachs um 12,49 Prozent registriert hatte,<br />
sieht Feri aber auch hier keinen Zuwachs.<br />
Die viel diskutierte Renaissance <strong>de</strong>r Wohnimmobilie<br />
spiegle sich nicht in <strong>de</strong>n Platzierungsergebnissen<br />
wi<strong>de</strong>r, so Feri. Wohnimmobilienfonds,<br />
die in Deutschland investierten,<br />
verzeichneten einen Rückgang <strong><strong>de</strong>s</strong> Marktanteils<br />
von 26,1 Prozent (2008) auf 12,5<br />
Prozent (2009). Demgegenüber haben Einzelhan<strong>de</strong>lsimmobilienfonds<br />
<strong>de</strong>utlich zugelegt.<br />
Der Marktanteil hat sich im Vergleich<br />
zum Vorjahr verdreifacht und liegt bei 32,2<br />
Prozent.<br />
US-Immobilienfonds konnten im vergangenen<br />
Jahr nur 180 Millionen Euro Eigenkapital einsammeln,<br />
ein Minus gegenüber 2008 von<br />
69 Prozent. Hollandfonds hingegen erlebten<br />
In <strong>de</strong>r schwarz-gelben Regierungskoalition wird eine weitere Lockerung <strong>de</strong>r<br />
Regeln zum Kurzarbeitergeld nicht mehr ausgeschlossen. Auch <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>rat<br />
for<strong>de</strong>rte die Regierung zu weitgreifen<strong>de</strong>ren Regelungen auf.<br />
Die IG Metall und die Arbeitgeber for<strong>de</strong>rten für ihren geplanten Jobsicherungspakt<br />
in <strong>de</strong>r Metallindustrie, Betriebe mit Kurzarbeit auch über 2010 hinaus von Sozialabgaben<br />
zu entlasten.<br />
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher <strong>de</strong>r CDU/CSU-Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>tagsfraktion, Karl Schiewerling,<br />
sagte <strong>de</strong>m „Han<strong>de</strong>lsblatt“ Mitte Februar dazu, dass er sich eine Verlängerung<br />
<strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Sozialbeiträge bei Kurzarbeit auch über <strong>de</strong>n Winter 2010/11<br />
hinaus vorstellen könne – falls die wirtschaftliche Situation weiter angespannt bleibe.<br />
Auch die FDP will sich <strong>de</strong>n Überlegungen zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t nicht verschließen: „Wir wer<strong>de</strong>n<br />
uns das genau ansehen und im Lichte <strong>de</strong>r Arbeitsmarktentwicklung prüfen“, sagte<br />
FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb. Die schwarz-gelbe Regierung hatte im Herbst zwar<br />
die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld für eine Zeit bis maximal Juni 2012 auf 18<br />
Monate verlängert.<br />
2009 einen starken Zuwachs. Das platzierte<br />
Eigenkapital lag mit 250 Millionen Euro 237<br />
Prozent über <strong>de</strong>m Vorjahresergebnis. Damit<br />
konnten Hollandfonds 2009 zum ersten Mal<br />
mehr Eigenkapital platzieren als US-Immobilienfonds.<br />
Termine<br />
Steuerrecht<br />
12. und 13. März in Berlin<br />
Aktuelle Entwicklungen im<br />
internationalen Steuerrecht<br />
• Teilnahmegebühr: 495 Euro*<br />
• Veranstalter: Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>steuerberaterkammer<br />
• Telefon: 030 / 24 00 87 28<br />
24. und 25. März in München<br />
49. Münchner Steuerfachtagung<br />
• Teilnahmegebühr: 490 Euro*<br />
• Veranstalter: Münchner Steuerfachtagung<br />
e.V.<br />
• Telefon: 0 89 / 60 03 57 37<br />
Management<br />
20. April in Kiel<br />
Optimales Marketing für alle<br />
• Teilnahmegebühr: 499,20 Euro*<br />
• Veranstalter: Steuerberaterverband<br />
Schleswig-Holstein<br />
• Telefon: 04 31 / 99 79 70<br />
Betriebswirtschaft<br />
11. Mai in Düsseldorf<br />
Übergabe von Arztpraxen und<br />
Gesellschafterwechsel bei Gemeinschaftspraxen<br />
• Teilnahmegebühr: 150 Euro*<br />
• Veranstalter: Steuerberaterverband<br />
Düsseldorf e.V.<br />
• Telefon: 0211 / 66 90 60<br />
* Preise verstehen sich zzgl. MwSt.<br />
54 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
DStV for<strong>de</strong>rt Gleichstellung<br />
mit Rechtsanwälten<br />
Der Deutsche Steuerberaterverband kritisiert die Absicht<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>regierung, nur für die Berufsgruppe <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwälte <strong>de</strong>n gesetzlichen Schutz vor strafprozessualen<br />
Maßnahmen stärken zu wollen.<br />
In einer Presseerklärung for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Deutsche Steuerberaterverband<br />
e.V. (DStV) die Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>regierung dazu auf, Steuerberater<br />
und Rechtsanwälte gesetzlich gleich zu behan<strong>de</strong>ln und<br />
für bei<strong>de</strong> Berufsgruppen <strong>de</strong>n Schutz zeitgleich in Kraft treten<br />
zu lassen. Damit hat <strong>de</strong>r DStV Mitte Februar auf <strong>de</strong>n Entwurf<br />
eines „Gesetzes zur Stärkung <strong><strong>de</strong>s</strong> Schutzes von Vertrauensverhältnissen<br />
zu Rechtsanwälten im Strafprozessrecht“ <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>justizministeriums reagiert.<br />
Eine Nichteinbeziehung <strong>de</strong>r Steuerberater stelle nach Ansicht<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Verbands einen Verstoß gegen <strong>de</strong>n Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
aus Art. 3 Abs. 1 GG dar und verkenne völlig,<br />
so <strong>de</strong>r DStV in <strong>de</strong>r Presseerklärung, „dass das Vertrauensverhältnis<br />
<strong>de</strong>r Steuerberater zu ihren Mandanten in völlig<br />
gleicher Weise <strong><strong>de</strong>s</strong> Schutzes vor strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen<br />
bedarf, wie es auch bei Rechtsanwälten<br />
<strong>de</strong>r Fall ist.“ Ebenso weißt <strong>de</strong>r Verband darauf hin, dass die<br />
Berufsgruppen <strong>de</strong>r Rechtsanwälte und die <strong>de</strong>r Steuerberater<br />
einan<strong>de</strong>r gleichgestellt seien, die gleichen Berufspflichten<br />
hätten und Organe <strong>de</strong>r Steuerrechtspflege seien.<br />
95 Prozent aller E-Mails sind Spam<br />
Der Anteil unerwünschter Werbemails am gesamten<br />
E-Mail-Aufkommen bleibt trotz erheblicher Anstrengungen<br />
zur Spam-Bekämpfung weiterhin hoch und stellt<br />
E-Mail-Anbieter vor große Probleme.<br />
Trotz aller Bemühungen zur Spam-Bekämpfung und Vermeidung<br />
ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r unerwünschten Massen-Werbe-Mails<br />
immer noch unverän<strong>de</strong>rt hoch. So kommt etwa eine Untersuchung<br />
<strong>de</strong>r Europäischen Agentur für Internet-Sicherheit<br />
(ENISA), auf die <strong>de</strong>r Branchenverband Bitkom jetzt hinweist,<br />
zu <strong>de</strong>m Ergebnis, dass 95 Prozent <strong>de</strong>r verschickten E-Mails<br />
als Spam einzustufen sind.<br />
Von 100 verschickten E-Mails sortieren die E-Mail-Anbieter<br />
bereits 80 als offensichtliche Werbe-Mails aus. Von <strong>de</strong>n 20<br />
Nachrichten, die <strong>de</strong>n Empfänger dann noch erreichen, lan<strong>de</strong>n<br />
jedoch noch weitere 15 im Spam-Ordner, sodass letztlich<br />
nur fünf von 100 E-Mails tatsächlich erwünscht sind. Diese<br />
Zahlen ergeben sich aus <strong>de</strong>r Befragung von über 90 E-Mail-<br />
Anbietern aus 30 Län<strong>de</strong>rn, die zusammen rund 80 Millionen<br />
E-Mail-Konten betreiben. Gesetzliche Verbote haben bislang<br />
kaum eine Verbesserung gebracht, da die meisten Spam-<br />
Versen<strong>de</strong>r im Ausland sitzen und kaum zu belangen sind.<br />
Statt<strong><strong>de</strong>s</strong>sen setzen die E-Mail-Dienstleister auf technische<br />
Lösungen, die jedoch aufwendig und teuer sind.<br />
So gibt laut <strong>de</strong>r ENISA-Studie rund je<strong>de</strong>r Dritte <strong>de</strong>r großen<br />
E-Mail-Anbieter pro Jahr knapp eine Million Euro für technische<br />
Maßnahmen zur Spam-Filterung aus.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Nachrichten KANZLEI & PERSÖNLICHES<br />
Ich bin schon bei <strong>Haufe</strong>.<br />
Mit <strong>Haufe</strong> haben Sie alle<br />
Än<strong>de</strong>rungen zum Jahreswechsel<br />
im Blick. Versprochen.<br />
Es wird einiges auf Sie zukommen im neuen Jahr. BilMoG und das<br />
Mehrwertsteuerpaket sind nur Teile einer wahren Än<strong>de</strong>rungsfl ut.<br />
Machen Sie sich auf neue steuerrechtliche Regelungen wie das<br />
Wachstumsbeschleunigungsgesetz gefasst. Und bereiten Sie sich<br />
auf weitere zahlreiche Einzelregelungen aus <strong>de</strong>m Konjunkturpaket II,<br />
JStG 2010 o<strong>de</strong>r Bürgerentlastungsgesetz vor. Mit <strong>Haufe</strong> Steuer<br />
Office Premium sind Sie immer bestens informiert. Sie erfahren<br />
übersichtlich strukturiert, welche Themen zum Jahreswechsel für Sie<br />
wichtig sind – und natürlich, wie Sie sie umsetzen können.<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/shop/steuern
KANZLEI & PERSÖNLICHES Serie Datenschutz<br />
Datenschutzrichtlinien<br />
Kurzanleitung<br />
für die Kanzlei<br />
Bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Datenschutzes in <strong>de</strong>r Kanzlei ist die Datenschutzrichtlinie<br />
ein zentrales Organisationsmittel, das die Verantwortlichkeiten und Maßnahmen zur<br />
Erreichung <strong><strong>de</strong>s</strong> gesetzlich gefor<strong>de</strong>rten Datenschutzniveaus zusammenfasst. Für die Mitarbeiter<br />
stellt diese Richtlinie eine Kurzanleitung zum Datenschutz in <strong>de</strong>r Kanzlei dar.<br />
Das Datenschutzrecht kennt <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r<br />
Datenschutzrichtlinie eigentlich nicht. Dennoch<br />
empfiehlt es sich, bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Datenschutzes auf dieses Organisationsmittel<br />
zurückzugreifen: Sie soll allen Mitarbeitern<br />
einen kurzen und kompakten Überblick über<br />
<strong>de</strong>n Stellenwert <strong><strong>de</strong>s</strong> Datenschutzes in ihrer<br />
Kanzlei, <strong>de</strong>n gesetzlichen Regelungen und<br />
<strong>de</strong>n getroffenen und einzuhalten<strong>de</strong>n Datenschutzmaßnahmen<br />
vermitteln.<br />
Der Datenschutz besteht aus technischen<br />
und organisatorischen Maßnahmen. Viele<br />
Datenschutzziele lassen sich nur erreichen,<br />
wenn die Mitarbeiter <strong>de</strong>r Kanzlei die internen<br />
Verfahrensanweisungen zum Datenschutz<br />
umsetzen. Daher ist es unabdingbar, dass<br />
die Kanzleileitung das Thema Datenschutz<br />
ernsthaft angeht, Verantwortung und eine<br />
Vorbildfunktion übernimmt.<br />
Um eine möglichst hohe Akzeptanz <strong>de</strong>r<br />
Richtlinie bei <strong>de</strong>n Kanzleimitarbeitern zu<br />
erreichen, empfiehlt es sich, schon bei <strong>de</strong>r<br />
Erstellung möglichst viele Mitarbeiter einzubin<strong>de</strong>n.<br />
Die Datenschutzrichtlinie muss nicht<br />
durch die Kanzleileitung selbst ausgearbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n, wichtig ist jedoch, dass sie ihre<br />
Erstellung initiiert, sie später verabschie<strong>de</strong>t<br />
Stephan Rehfeld,<br />
Diplom-Ökonom, ist<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Scope<br />
& Focus GmbH, IT-Tochter<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Steuerberaterverbands<br />
Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />
Sachsen-Anhalt e.V. und<br />
externer Datenschutzbeauftragter. E-Mail:<br />
information@scope-and-focus.com<br />
www.scope-and-focus.com<br />
und die getroffenen Regelungen selbst einhält.<br />
Wertvolle Hinweise zu Inhalt und Aufbau<br />
einer Datenschutzrichtlinie lassen sich<br />
<strong>de</strong>m BSI-Standard 100-2 (S. 21 ff, „Erstellung<br />
einer Leitlinie zur Informationssicherheit“,<br />
analog), aber auch <strong>de</strong>m 36. Tätigkeitsbericht<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> hessischen Datenschutzbeauftragten (S.<br />
220 ff.) entnehmen.<br />
Vor <strong>de</strong>r Erstellung einer Datenschutzrichtlinie<br />
muss sich <strong>de</strong>r Kanzleiinhaber zunächst<br />
Gedanken machen, wer <strong>de</strong>r Adressat <strong>de</strong>r<br />
Datenschutzrichtlinie ist. In <strong>de</strong>n meisten<br />
Fällen sind dies die eigenen Mitarbeiter.<br />
Allerdings lässt sich die Datenschutzrichtlinie<br />
auch gegenüber Dritten kommunizieren,<br />
etwa um bei Mandanten Vertrauen zu<br />
gewinnen.<br />
Datenschutzrichtlinie sollte auf<br />
Adressaten zugeschnitten sein<br />
Die Datenschutzrichtlinie sollte kurz, knapp<br />
und verständlich sein und sich am Adressatenkreis<br />
orientieren. Das unabhängige<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>zentrum für <strong>de</strong>n Datenschutz Schleswig-Holstein<br />
(ULD) weißt explizit darauf hin,<br />
in <strong>de</strong>r Datenschutzrichtlinie kein „Juristen<strong>de</strong>utsch“<br />
zu verwen<strong>de</strong>n. Auch soll sich die<br />
Datenschutzrichtlinie an <strong>de</strong>n „betrieblichen<br />
Abläufen“ und nicht an <strong>de</strong>r „Normenstruktur“<br />
ausrichten. In Anlehnung an <strong>de</strong>n Vorschlag<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> hessischen Datenschutzbeauftragten bietet<br />
sich folgen<strong>de</strong> Glie<strong>de</strong>rung an:<br />
1. Stellenwert und Ziele <strong><strong>de</strong>s</strong> Datenschutzes<br />
in <strong>de</strong>r Kanzlei<br />
2. Übernahme <strong>de</strong>r Verantwortung für die<br />
Durchsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Datenschutzes durch die<br />
Kanzleileitung, Nennung von Ansprechpartnern<br />
3. Erläuterung <strong>de</strong>r datenschutzrechtlichen<br />
Grundbegriffe<br />
4. Beschreibung <strong>de</strong>r allgemeinen Datenschutzmaßnahmen,<br />
beispielsweise Aus-<br />
» Serienplaner<br />
Teil 15 – SteuerConsultant 03/10<br />
Datenschutzmanagement<br />
Teil 16 – SteuerConsultant 04/10<br />
Datenschutzrichtlinien<br />
Teil 17 – SteuerConsultant 05/10<br />
Organisatorische<br />
Regelungen treffen<br />
Abonnenten-Service<br />
Abonnenten können im Internet<br />
unter www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
das Themenarchiv nutzen und<br />
unter an<strong>de</strong>rem alle Teile <strong>de</strong>r Serie<br />
„Datenschutz“ kostenlos nachlesen.<br />
kunft, Benachrichtigung, Löschung, Verfahrensbeschreibung<br />
5. Beschreibung <strong>de</strong>r technischen und organisatorischen<br />
Maßnahmen, beispielsweise<br />
Passwortverfahren, Umgang mit Wechseldatenträgern<br />
6. Nutzung privater Hard- und Software in<br />
<strong>de</strong>r Kanzlei, Einsatz von Kanzlei-Betriebsmitteln<br />
zu privaten Zwecken<br />
7. Internet- und E-Mail-Nutzung<br />
8. Bekanntmachung <strong>de</strong>r Datenschutzrichtlinie<br />
Eine Datenschutzrichtlinie ist nur sinnvoll,<br />
wenn sie <strong>de</strong>n Mitarbeitern bekannt ist, die<br />
personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten.<br />
Somit sollte bei Neueinstellungen<br />
die Datenschutzrichtlinie, zusammen mit <strong>de</strong>n<br />
Unterlagen zur Unterrichtung auf <strong>de</strong>n Datenschutz<br />
(§ 5 BDSG) und <strong>de</strong>r Verpflichtung auf<br />
<strong>de</strong>n Datenschutz, ausgehändigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Um die Wichtigkeit <strong>de</strong>r Datenschutzrichtlinie<br />
zu unterstreichen, empfiehlt es sich, die Mitarbeiter<br />
unterschreiben zu lassen, dass sie<br />
die Richtlinie zur Kenntnis genommen haben.<br />
Außer<strong>de</strong>m sollen alle Mitarbeiter Zugang zur<br />
Datenschutzrichtlinie haben, etwa in Form<br />
eines Aushangs am schwarzen Brett o<strong>de</strong>r<br />
über das Intranet <strong>de</strong>r Kanzlei.<br />
Eine Datenschutzrichtlinie hat übrigens strategischen<br />
Charakter: Der Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>beauftragte<br />
für <strong>de</strong>n Datenschutz empfiehlt in <strong>de</strong>r Maßnahme<br />
M 7.1 <strong><strong>de</strong>s</strong> Bausteins 1.5 Datenschutz, die<br />
Richtlinie alle drei bis fünf Jahre zu überarbeiten.<br />
Aktualisierungen können aber auch,<br />
anlassabhängig durch aktuelle Rechtsprechung<br />
o<strong>de</strong>r Gesetzesän<strong>de</strong>rungen, in kürzeren<br />
Intervallen notwendig sein.<br />
56 SteuerConsultant 3_ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Übersteuert<br />
Es herrscht <strong>de</strong>rzeit sehr große Verunsicherung über die rechtliche<br />
und moralische Zulässigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Ankaufs <strong>de</strong>r bei einer Schweizer<br />
Bank entwen<strong>de</strong>ten Daten-CD durch die <strong>de</strong>utsche Finanzverwaltung.<br />
Es ist bemerkenswert, mit welcher Leichtigkeit die Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>regierung<br />
ihre Genehmigung zu diesem fragwürdigen Geschäft<br />
erteilt hat. Dieser Vorgang bewegt die Steuerzahler, die Politik und<br />
die Öffentlichkeit in Deutschland und in <strong>de</strong>r Schweiz heftig und<br />
wird in <strong>de</strong>n Medien sehr kontrovers diskutiert.<br />
Die Regierung und die Politik in unserem Land wer<strong>de</strong>n weiter an<br />
Vertrauen verlieren. „Sage mir, mit wem du gehst und ich sage dir,<br />
wer du bist!“ Nach dieser Regel können die Menschen die Qualität<br />
ihrer Regierung beurteilen, nach<strong>de</strong>m sie nun sogar offiziell<br />
mit Kriminellen gegen ihre Bürger „<strong>de</strong>alt“ und dies <strong>de</strong>n Bürgern als<br />
rechtmäßiges und moralisch einwandfreies Han<strong>de</strong>ln verkaufen will.<br />
Solange die rechtliche Zulässigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Erwerbs <strong>de</strong>r gestohlenen<br />
Daten-CD nicht verfassungsrechtlich gegenteilig beschie<strong>de</strong>n ist,<br />
müssen wir davon ausgehen, dass <strong>de</strong>r Ankauf ein rechtswidriges<br />
Geschäft mit Kriminellen darstellt.<br />
Auch wenn mit sehr formaljuristischen Begründungen eingewen<strong>de</strong>t<br />
wird, es han<strong>de</strong>le sich nicht um strafbare Hehlerei, ist <strong>de</strong>r Deal<br />
einer zur Gesetzeskonformität verpflichteten Regierung eines<br />
<strong>de</strong>mokratischen Rechtsstaats nicht würdig.<br />
Mit <strong>de</strong>m Erwerb stellt sich unsere Regierung auf dieselbe Stufe mit<br />
<strong>de</strong>m Dieb <strong>de</strong>r Daten-CD und mit <strong>de</strong>n Steuerbetrügern.<br />
Dabei nimmt die Regierung anscheinend ganz bewusst in Kauf,<br />
dass sie mit <strong>de</strong>rartigen Machenschaften einen weltweiten Markt<br />
für gestohlene Steuerdaten gegen die eigenen Bürger eröffnet.<br />
Bei Geschäften mit Kriminellen überschreitet die Regierung die<br />
Grenze <strong>de</strong>r guten Sitten und wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>n moralischen Wertvorstellungen,<br />
die wir Bürger von unserer <strong>de</strong>mokratisch gewählten<br />
Regierung erwarten dürfen.<br />
Merkwürdigkeiten <strong>de</strong>r Steuerberatung KANZLEI & PERSÖNLICHES<br />
WP/StB Dipl.- Kfm. Georg Wengert<br />
ist Vorstand <strong>de</strong>r Wengert AG,<br />
Wirtschaftsprüfung,<br />
Steuerberatung, Singen<br />
Der staatliche Deal mit Kriminellen<br />
und seine Folgen<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Bei eventuellen Straverfolgungsmaßnahmen rate ich daher dazu<br />
<strong>de</strong>n Gerichtsweg zu beschreiten, wenn nötig bis zum Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verfassungsgericht.<br />
Denn nur das Verfassungsgericht als höchste<br />
rechtliche Instanz unseres Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> kann letztlich über die steuerliche<br />
und strafrechtliche Verwertbarkeit <strong>de</strong>r gestohlenen Daten<br />
entschei<strong>de</strong>n.<br />
Die alles überragen<strong>de</strong> fiskalische Steuerdiskussion hat Staat und<br />
Bürger entzweit. Die Zeiten, als Staat und Bürger als Einheit verstan<strong>de</strong>n<br />
wur<strong>de</strong>, sind für immer vorbei. Sie stehen sich als feindliche<br />
Lager gegenüber.<br />
Wie könnte man dieses Dilema lösen? Meiner Ansicht nach ist<br />
eine umfassen<strong>de</strong> Amnestieregelung zwingend geboten und die<br />
einzig wirksame Möglichkeit, um die unversteuerten Milliar<strong>de</strong>n<br />
aus <strong>de</strong>n weltweiten Steueroasen wie<strong>de</strong>r zurück in unser Land heim<br />
zu holen, wo sie in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
dringend gebraucht wer<strong>de</strong>n.<br />
Hierbei könnte man sich dabei an die Bedingungen für die Steueramnestie<br />
in Italien halten, die dort schon ab 15.9. 2009 läuft und<br />
am 15.4. 2010 en<strong>de</strong>t, von Anfang an mit großem Erfolg. In <strong>de</strong>n<br />
ersten vier Monaten sind dadurch nahezu 100 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
nach Italien transferiert wor<strong>de</strong>n. Die Steuersätze wur<strong>de</strong>n mit<br />
5 bis 7 % sehr mo<strong>de</strong>rat festgesetzt.<br />
Nur <strong>de</strong>rart niedrige Steuersätze kann das bislang nicht ver-steuerte<br />
gewaltige Kapital zur Rückkehr veranlassen, für das schon die<br />
Strafverjährung eingetreten ist, <strong>de</strong>nn das sind die wirklich wesentlichen<br />
Kapitalbeträge. Ohne <strong>de</strong>rlei interessante Steuer-Anreize<br />
kann das im Ausland versteckte Kapital nicht zurückgeholt wer<strong>de</strong>n.<br />
Nur wenn dieses Geld wie<strong>de</strong>r nach Deutschland kommt, ist unserem<br />
Staat und seiner gesamten Bevölkerung gedient.<br />
Die aufgrund <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit aufgebauten Drohkulissse zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Steuermehreinnahmen aufgrund von Selbstanzeigen sind <strong>de</strong>mgegenüber<br />
ein relativ geringer Betrag. Und zu teuer erkauft.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 57
IMPRESSUM VORSCHAU<br />
ISSN 1866-8690,<br />
3. Jahrgang<br />
Zitiervorschlag: StC 2008, H 9, S. 34.<br />
Verlag:<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Munzinger Straße 9<br />
D-79111 Freiburg<br />
Verlagsleitung: Reiner Straub<br />
Tel.: 07 61/36 83-0<br />
www.haufe.<strong>de</strong>, www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Redaktion:<br />
RAin/FAStR Anke Kolb-Leistner<br />
(Chefredakteurin), Tel.: -213, Fax: -820-213,<br />
E-Mail: anke.kolb-leistner@haufe.<strong>de</strong><br />
Rüdiger Frisch (Chef vom Dienst), Tel.: -214,<br />
Fax: -820-214, E-Mail: ruediger.frisch<br />
@haufe.<strong>de</strong><br />
Freie Mitarbeiter:<br />
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E-Mail: claudia.ossola-haring@haufe.<strong>de</strong><br />
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E-Mail: manfred.ries@haufe.<strong>de</strong><br />
Redaktionsassistenz:<br />
Sabine Schmie<strong>de</strong>r, Tel.: 07 61/36 83-957,<br />
Fax: -820-957,<br />
E-Mail: redaktion@steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Johann Aglas, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker,<br />
Alexan<strong>de</strong>r Heintze, StB/RB Ulrich Goetze,<br />
WP/StB Ulrike Hasbaren, RAin/FAStR<br />
Dr. Ulrike Höreth, RA Dr. Stefan Lammel,<br />
StB/RA Dr. Falk Loose, Dr. Gabriele Lüke,<br />
RA Rafael Meixner, Stephan Rehfeld,<br />
Dr. Jörg Richter, RA Dr. Jan Roth<br />
Herstellung:<br />
Grafik/Layout:<br />
Kerstin Fikentscher, Hanjo Tews<br />
Druck:<br />
Echter Druck, Würzburg<br />
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zur Feststellung <strong>de</strong>r Verbreitung<br />
von Werbeträgern e.V. (IVW)<br />
Verbreitete Auflage : 20.047 (4. Quartal 2009)<br />
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verantwortlich für Anzeigen, Fax: -477,<br />
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Anzeigendisposition:<br />
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April 2010<br />
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Topthema<br />
Steuerberater im Visier<br />
Im Zuge steigen<strong>de</strong>r strafrechtlicher Verfolgung von Steuerpflichtigen<br />
rückt auch <strong>de</strong>r steuerliche Berater in das Visier von<br />
Finanzverwaltung und Staatsanwalt. Dies bringt viele Fragen<br />
mit sich. Was ist etwa zu tun, wenn die Steuerkanzlei durchsucht<br />
wird? Eine gute Vorbereitung kann sehr hilfreich sein.<br />
Themen<br />
> Die Ausgabe 04/2010 erscheint am 2.4.2010<br />
Leistungen im Sportbereich:<br />
Die Umsatzsteuer im Spannungsfeld zwischen Gemeinnützigkeit<br />
und europäischer Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.<br />
Prüfungsmetho<strong>de</strong>n:<br />
Um eine effektivere Besteuerungskontrolle bemüht sich die<br />
Projektgruppe „NiPt“ (Neue interaktive Prüfungstechnik).<br />
Teambildung:<br />
Gute Teams bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kern effizienter Beratungsarbeit in <strong>de</strong>n<br />
Steuerkanzleien. Doch Mitarbeiter müssen miteinan<strong>de</strong>r „können“,<br />
um eine schlagkräftige Mannschaft zu formen. Ratschläge und<br />
Praxistipps für Kanzleien, um gute Teams zu formen.<br />
Autos für die Kanzlei:<br />
Gut zu Gesicht stehen sollte <strong>de</strong>r Geschäftswagen <strong>de</strong>m Kanzleichef<br />
und seinen Mitarbeitern, doch gleichzeitig keine Honorardiskussion<br />
mit <strong>de</strong>n Mandanten provozieren. Viele Kriterien sollte <strong>de</strong>r „i<strong>de</strong>ale“<br />
Geschäftswagen erfüllen: Zuverlässigkeit, geringe Anschaffungskosten,<br />
geringer Verbrauch und wenig Neidpotenzial.<br />
58 SteuerConsultant 3 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>