Entscheidung des BFH - Haufe.de
Entscheidung des BFH - Haufe.de
Entscheidung des BFH - Haufe.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
» Einkommensteuer<br />
Betriebsvermögenseigenschaft von Grundstücken<br />
nach Umlegungsverfahren<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
<strong>BFH</strong>, 23.09.2009, IV R 70/06, HI 2269688<br />
Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren<br />
eingebrachten Grundstücks setzt sich nur insoweit an <strong>de</strong>m zugeteilten<br />
Grundstück fort, als dieses in Erfüllung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sollanspruchs gem. § 56<br />
Abs. 1 Satz 1 BauGB zugeteilt wird.<br />
Die Zuordnung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>n Sollanspruch übersteigen<strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ellen Teils<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks zum Betriebs- o<strong>de</strong>r Privatvermögen richtet sich<br />
nach <strong>de</strong>n allgemeinen Beurteilungskriterien im Ertragsteuerrecht<br />
(§ 4 Abs. 1 EStG).<br />
» Sachverhalt<br />
Ein Landwirt hatte seinen Betrieb auf einen seiner Söhne übertragen,<br />
dabei aber ein von einem an<strong>de</strong>ren Sohn als Gartenland genutztes<br />
Grundstück zurückbehalten. Dieses Grundstück (II) stammte ebenso<br />
wie ein an<strong>de</strong>res Grundstück (III) aus einem Umlegungsverfahren,<br />
in das <strong>de</strong>r Landwirt ein kleineres Grundstück (I) eingebracht hatte.<br />
Weil die bei <strong>de</strong>r Umlegung zugeteilten Grundstücke größer als das<br />
eingebrachte Grundstück waren, hatte <strong>de</strong>r Landwirt eine Zuzahlung<br />
geleistet. Das Finanzamt sah in <strong>de</strong>r Zurückbehaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks<br />
eine Entnahme. Dem schloss sich das FG an, reduzierte aber <strong>de</strong>n<br />
Entnahmegewinn u.a. dadurch, dass es die auf das Grundstück II<br />
entfallen<strong>de</strong> Zuzahlung im Umlegungsverfahren abzog.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Auch <strong>de</strong>r <strong>BFH</strong> ging von einer Entnahme aus, allerdings nur im<br />
Umfang eines i<strong>de</strong>ellen Teils <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundstücks, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Verhältnis<br />
<strong>de</strong>r in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücksfläche<br />
zu <strong>de</strong>r insgesamt zugeteilten Grundstücksfläche entspricht.<br />
» Praxishinweis<br />
Zu beantworten war die Frage, ob und inwieweit die zugeteilten<br />
Grundstücke Betriebsvermögen wer<strong>de</strong>n, wenn das eingebrachte<br />
Grundstück Betriebsvermögen war. Zivilrechtlich sind die zugeteilten<br />
Grundstücke Surrogat <strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücke. Daraus<br />
wird ertragsteuerlich abgeleitet, dass sich die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
<strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücke an <strong>de</strong>n zugeteilten Grundstücken<br />
fortsetzt.<br />
Dies kann aber nur insoweit gelten, als die zugeteilten Grundstücke<br />
nicht größer als die eingebrachten Grundstücke sind. Die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
darüber hinausgehen<strong>de</strong>r Grundstücksflächen<br />
ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Fehlen die Voraussetzungen<br />
für Betriebsvermögen, sind die erhaltenen Grundstücke<br />
anteilig als Privatvermögen zu behan<strong>de</strong>ln.<br />
Laut <strong>BFH</strong> kommt es danach nicht etwa zu einer gedanklichen Parzellierung<br />
<strong>de</strong>r Grundstücke, wobei eine <strong>de</strong>r eingebrachten Grundstücksfläche<br />
entsprechen<strong>de</strong> „Parzelle“ <strong>de</strong>m Betriebsvermögen und <strong>de</strong>r Rest<br />
<strong>de</strong>m Privatvermögen zugerechnet wird. Vielmehr wird <strong>de</strong>r gesamte<br />
Einkommensteuer<br />
FAKTEN & NACHRICHTEN<br />
zugeteilte Grundbesitz i<strong>de</strong>ell teils als Betriebsvermögen und teils als<br />
Privatvermögen behan<strong>de</strong>lt. Wird ein Teil dieses Grundbesitzes veräußert<br />
o<strong>de</strong>r außerbetrieblich genutzt, kommt es <strong><strong>de</strong>s</strong>halb immer zu einer<br />
Realisierung anteiliger stiller Reserven. Dabei ist die Zuzahlung für<br />
die Mehrzuteilung als Anschaffungskosten <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten zugeteilten<br />
Grundbesitzes zu behan<strong>de</strong>ln.<br />
Michael Wendt, Richter am <strong>BFH</strong>, aus: <strong>BFH</strong>/PR 3/2010,<br />
durch die Redaktion gekürzt.<br />
Behin<strong>de</strong>rungsbedingte Umbauten als<br />
außergewöhnliche Belastung<br />
<strong>BFH</strong>, 22.10.2009, VI R 7/09, HI2269689<br />
Aufwendungen für <strong>de</strong>n behin<strong>de</strong>rtengerechten Umbau eines Hauses<br />
können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie<br />
so stark unter <strong>de</strong>m Gebot <strong>de</strong>r sich aus <strong>de</strong>r Situation ergeben<strong>de</strong>n<br />
Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwerts<br />
in Anbetracht <strong>de</strong>r Gesamtumstän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Einzelfalls in <strong>de</strong>n<br />
Hintergrund tritt.<br />
» Sachverhalt<br />
A erlitt 1999 einen Schlaganfall und ist seither schwerbehin<strong>de</strong>rt.<br />
Um weiter in gewohnter Umgebung leben zu können, ließ A im Jahr<br />
2000 in sein Haus u.a. eine Rollstuhlrampe, ein behin<strong>de</strong>rtengerechtes<br />
Bad und eine neue Küche ein- sowie das Arbeits- zum Schlafzimmer<br />
umbauen. Die nicht von <strong>de</strong>r Krankenkasse getragenen Kosten<br />
von 139.715 DM machte er als außergewöhnliche Belastung geltend.<br />
Finanzamt und FG gewährten nur <strong>de</strong>n Behin<strong>de</strong>rten- und <strong>de</strong>n Pflege-<br />
Pauschbetrag, lehnten <strong>de</strong>n Abzug <strong>de</strong>r Umbaukosten als außergewöhnliche<br />
Belastung aber ab. Der <strong>BFH</strong> hob die Vorentscheidung auf.<br />
» <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>BFH</strong><br />
Behin<strong>de</strong>rten- und Pflege-Pauschbetrag gelten nur laufen<strong>de</strong> und<br />
typische Mehraufwendungen ab, sie erfassen keine „zusätzlichen<br />
Krankheitskosten". Die Umbaukosten sind zwangsläufig. Der unvorhersehbare<br />
Schlaganfall und die daraus resultieren<strong>de</strong> Behin<strong>de</strong>rung<br />
machten die Umbauten unausweichlich.<br />
Es bleibt offen, ob <strong>de</strong>r Kritik an <strong>de</strong>r Gegenwertlehre gefolgt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Im Urteilsfall liegt kein aus <strong>de</strong>n Umbauten resultieren<strong>de</strong>r<br />
realer Gegenwert vor. Möglich wäre die Beweiserhebung durch<br />
Sachverständige, ob <strong>de</strong>r Steuerpflichtige einen Gegenwert für seine<br />
Aufwendungen erhält. Allein die mögliche Nutzung <strong>de</strong>r Umbauten<br />
durch nichtbehin<strong>de</strong>rte Familienangehörige ist je<strong>de</strong>nfalls kein realer<br />
Gegenwert. Insoweit kann auf die Jahrzehnte alte Rechtsprechung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> VI. Senats zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n, wonach die Erlangung eines<br />
etwaigen Gegenwerts bei stark unter <strong>de</strong>m Gebot <strong>de</strong>r Zwangsläufigkeit<br />
stehen<strong>de</strong>n Aufwendungen in <strong>de</strong>n Hintergrund rückt.<br />
Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, Aufwendungen für außergewöhnliche<br />
Belastungen über ihren Nutzungszeitraum zu verteilen.<br />
Allerdings ist aus Billigkeitsgrün<strong>de</strong>n ein Wahlrecht <strong>de</strong>nkbar, die Aufwendungen<br />
über <strong>de</strong>n Nutzungszeitraum verteilt abzuziehen, wenn<br />
ein zu geringer Gesamtbetrag <strong>de</strong>r Einkünfte <strong>de</strong>m vollen Abzug <strong>de</strong>r<br />
Aufwendungen entgegensteht.<br />
3 _ 10 SteuerConsultant 7